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3. Die Erneuerung der Akademie1

Welch Anblick ohnegleichen, geliebtes Vaterland!
Nun endlich will es tagen! Nun ist die Nacht gebannt!
Von blöden Vorurteilen, Irrtum und Barbarei,
Verscheucht aus Deinen Häusern, bist Du für ewig ftei!
Die schönen Künste jagen hinaus den wüsten Wahn;
Schon seh' ich ihre Helden in stolzem Zuge nahn,
Den Lorbeerkranz in Händen, den Zirkel und die Leier;
Die Wahrheit und der Ruhm
Geleiten sie zur Feier
In Mnemosynes Heiligtum.

Auf einem altersgrauen, geborstnen Säulentor,
Von roher Hand vernichtet, steigt sieghaft nun empor
Ein wundervoller Tempel, dem hehren Gott geweiht,
Der seine starte Hilfe der Kunst und Wahrheit leiht.
Und schon errichten Wissen, Vernunft und Geisteskraft,
Die mit vereintem Streben den Irrtum hingerafft,
Den Göttern, die sie schirmen, ein stolzes Ehrenmal,
Wie einst im Kapitol
Der hohe Ruhmessaal
Aufnahm der Siege Machtsymbol.

Unter der schnöden Herrschaft blinder Unwissenheit
Fiel diese Welt zur Beute dem Stumpfsinn weit und breit.
In ihren Eisenketten, von ihrem Wahn umnachtet,
Hat mit gelähmten Gliedern die Wahrheit lang geschmachtet.
Der Mensch war abergläubisch, verworfen, scheu und zag;
Doch da erschien die Wahrheit, und sieh, da ward es Tag!


1 Am 24. Januar 1744 war die neue „Akademie der Wissenschaften und schönen Literatur“ durch eine Sitzung im Berliner Schlosse eröffnet worden.