<7>

Machiavells Grundsätze widersprechen ebenso gesunden sittlichen Begriffen wie eines Descartes Lehrgebäude dem Newtons. Dem kartesianischen Wirbel entspricht hier der alles wirkende Eigennutz. Dieses Staatslehrers Grundsätze sind ebenso verderbt, wie die Gedanken jenes Philosophen oberflächlich sind. Nichts kommt der Frechheit gleich, mit der dieser Schandpolitiker Anweisung zu den abscheulichsten Verbrechen gibt; ging's nach ihm, so stünde die empörendste Ungerechtigkeit in allen Ehren, sobald Selbstsucht und Ehrgeiz dahinterstehn. Untertanen sind Hörige, deren Leben und Tod ohne Einschränkung vom Willen des Fürsten abhangen, ungefähr wie die Schafe in der Hand des Züchters, dessen Zwecken ihre Milch dient und ihre Wolle, und der sie auch wohl abschlachten läßt, wenn's ihm paßt.

Meine Aufgabe ist's, jene irrigen und heUlosen Grundsätze im einzelnen zu widerlegen. Doch sei dies jeglichem Kapitel im besonderen vorbehalten, wie sein Gegenstand es mit sich bringt.

Aber so viel schon hier im allgemeinen: nach meinen Ausführungen über den Ursprung der Fürsten erscheint das Tun eines Usurpators noch empörender, als wenn man nur die Gewalttat als solche im Auge hat: er schlägt eben der Meinung und Absicht der Völker ins Gesicht, die einen Herren über sich gesetzt haben lediglich, damit der ihnen Schirm und Schutz sei, die nur unter dieser Bedingung sich ihm unterworfen haben! Während, wenn sie dem Zwingherrn gehorchen, sie damit sich selbst und ihre Habe preisgeben, um die Gier und die Laune eines oft grausamen und immer verabscheuten Tyrannen zu befriedigen.

Es gibt also nur drei Wege, auf rechtmäßige Weise Herr über ein Land zu werden: durch Erbfolge, durch Wahl durch die Völker, die zur Wahl ermächtigt sind, oder durch Eroberungen von feindlichen Provinzen in einem rechtmäßig unternommenen Kriege.

Ich bitte meine Leser, diese Bemerkungen über das erste Kapitel Machiavells nicht zu vergessen; sie sind gleichsam der Angelpunkt für alle meine folgenden Betrachtungen.