<17>ganz anders handelt, als ein gebildeter Chinese; daher denn das Temperament eines Engländers, tief wie Seneka, aber grillenhaft, etwas ganz anderes ist als der Mut und lächerlich-dumme Stolz eines Spaniers; daher denn ein Franzose mit einem Holländer so wenig Verwandtschaft hat wie die Lebhaftigkeit eines Affen mit der Schwerfälligkeit einer Schildkröte.

Von jeher erkannte man als die Seele der orientalischen Menschheit den Sinn der Beharrung bei der Lebensweise und den Sitten der Vorzeit, wovon sie niemals abgeht. Ihre Glaubenslehre, eine andere als die der Europäer, verpflichtet sie obendrein, niemals eine Unternehmung von sogenannten Ungläubigen zum Nachteil ihrer angestammten Herren zu begünstigen und gewissenhaft jeglichen Eingriff in ihren Glauben, jeglichen Umsturz ihrer Regierung zu verhüten. Auf diese Weise sichert die Sinnlichkeit ihrer Glaubensvorstellungen und die Unwissenheit, die nicht zuletzt sie so unverbrüchlich an ihren alten Sitten festhalten läßt, den Thron ihrer Herren wider die Begehrlichkeit der Eroberer. Ihre Denkweise verbürgt zuverlässiger die Dauer ihrer mächtigen Monarchie als ihre Staatsleitung.

Im Gegensatz zum Moslem ist die so völlig anders geartete seelische Veranlagung des französischen Volles ganz und gar oder mindestens zum guten Teil der Grund für die häufigen Umwälzungen in diesem Reiche: Leichtes Blut, unbeständiger Sinn war jederzeit ein Grundzug dieses liebenswürdigen Voltes. Die Franzosen sind unruhige und wilde Köpfe; gar bald langweilt sie, was den Reiz der Neuheit verlor; ihre Lust an der Veränderung hat vor den ernstesten Dingen noch nicht haltgemacht. Es scheint, als hätten es jene Kardinäle, die dort nacheinander, bald gehaßt, bald verehrt, das Reich lenkten, auf der einen Seite, bei der Niederwerfung der großen Herren, mit Machiavell gehalten, auf der andern Seite aber in ihrer Kenntnis der Volksseele es verstanden, die häufigen Stürme abzuwenden, die dem Throne der Herrscher immer wieder von der Untertanen leichtfertigem Sinne drohten.

Richelieu kannte nur ein Ziel seiner Politik: Niederwerfung der Großen, um die Königsmacht zu heben und sie zur Grundlage des Despotismus zu machen. Das gelang ihm in so hohem Maße, daß in diesem Augenblicke in Frankreich nur noch Spuren der alten Macht des Adels übrig sind und aller jener Standesvorrechte, die nach Ansicht der Könige der Hochadel des öfteren mißbrauchte.

Der Kardinal Mazarin trat in seines Vorgängers Fußtapfen. Trotz allem Widerstand, den er erfuhr, hatte er doch eine glückliche Hand und raubte obenein noch dem Parlamente seine alten Vorrechte, sodaß heutzutage das Ansehen dieser würdigen Körperschaft nur noch ein Schatten von ehedem ist; es ist ein Scheinwesen geworden, manchmal bildet sich's wohl ein, es könnte eines Tages noch einmal ein lebendiges Gebilde vorstellen, muß aber solchen Wahn regelmäßig bitter bereuen.

Die gleiche Politik, die jene beiden großen Staatsmänner zur Errichtung eines unbeschränkten Despotismus in Frankreich führte, gab ihnen das geschickte Mittel an die Hand, den leichtfertigen und unbeständigen Sinn der Nation, um ihre Gefähr-