<I><II>

Die Werke Friedrichs des Großen
In deutscher Übersetzung
Zehn Bände
Mit Illustrationen
von Adolph V.Menzel
Verlag von Reimar Hobbing in Berlin
1 9 1 3

<III>

Die Werke Friedrichs des Großen
Sechster Band
Militärische Schriften
Herausgegeben von Gustav Berthold Volz
deutsch von
Friedrich v. Oppeln Bronikowski
Verlag von Reimar Hobbing in Berlin 1 9 1 3

<IV><V>

Einleitung des Herausgebers

Die von ihm aufgestellte Forderung, daß die Herrscher Preußens auch ihre eignen Feldherren sein müßten, die Forderung, die er im Politischen Testament von 1752 in dem Schlagwort des König-Connetable zusammenfaßte, hat König Friedrich selbst im Laufe seiner Regierung bis auf den letzten Buchstaben erfüllt. So exerzierte er persönlich seine Armee, zog an ihrer Spitze ins Feld. So griff er auch immer wieder zur Feder, um zur eignen Belehrung und zur Unterweisung seiner Generale die Grundsätze der Kriegskunst zu entwickeln. Dabei handelte es sich für ihn nicht um den Aufbau eines allgemeinen militärischen Systems, sondern nur Preußen, die Wehrhaftmachung der preußischen Armee, die Kriege, die sie aller politischen Wahrscheinlichkeit nach zu bestehen hatte, schwebten ihm dabei vor. Es waren also lediglich praktische Ziele, die er verfolgte.

Die militärischen Werke Friedrichs, die dieser Band enthält, zerfallen in zwei Hauptgruppen, in die „Grundlagen der Kriegskunst“ und in die „Einzelschriften“. Jene umfassen die sämtlich eigenhändig verfaßten Abhandlungen über die höhere Kriegführung, die nur für seine Nachfolger und seine Generale bestimmt sind, während die Auswahl der „Instruktionen“ und „Dispositionen“ in der zweiten Gruppe die Entwicklung der einzelnen Waffen vor Augen führen soll. Von der Aufnahme sind dagegen die „Reglements“ ausgeschlossen geblieben, da sie lediglich die Ausbildung, Verpflegung, den inneren Dienst, Ersatz usw. der Truppen betreffen.

Der Schwerpunkt des Bandes ruht in den Schriften der erstgenannten Gruppe. Sie enthalten die Summe der Anschauungen Friedrichs vom Kriege. An der Hand dieser Schriften läßt sich die Entwicklung seiner Auffassung verfolgen, umspannen sie doch einen Zeitraum von rund dreißig Jahren. Besonderes Interesse verdienen sie auch durch die kritischen Rückblicke, die er in ihnen auf seine eignen Feldzüge wirft; damit werden sie zu einer wichtigen Ergänzung seiner historischen Darstellungen.

Es bedarf noch einiger Erläuterungen über die Entstehung der Schriften dieser ersten Gruppe.

Ähnlich wie beim „Antimachiavell“ und den meisten historischen Werten sind auch bei den „Generalprinzipien des Krieges“ mehrere Fassungen zu unterscheiden. Die erste, noch unveröffentlichte, eine Frucht der im Ersten und Zweiten Schlesischen Kriege gesammelten Erfahrungen, stammt aus dem Jahre 1747; sie führt den Titel: „Instruktion für die Generale, die Detachements, Flügel, zweite Treffen und preußische Heere zu führen haben.“ Schon im Jahre darauf erfolgte eine eingreifende<VI> Umarbeitung dieses ersten Entwurfes, die am 2. April 1748 abgeschlossen wurde: diese neue Fassung sind „Die Generalprinzipien des Krieges“, die im folgenden zum Abdruck gelangen. Unter den mancherlei Änderungen, Zusätzen und Streichungen, die in ihnen sich finden, ist die bedeutsamste die Hinzufügung der Kapitel 26 bis 28. Eine Abschrift der „Generalprinzipien“ wurde auch dem Politischen Testament von 1752 angehängtVI-1. Als der König dann gegen Ende des Jahres 1752 eine deutsche Ausgabe dieser zweiten Fassung für seine Generale veranstaltetetVI-2, machte er noch eine Reihe von Zusätzen, die als Fußnoten dem Texte der „Generalprinzipien“ beigegeben sind.

Am Vorabend des Siebenjährigen Krieges, wahrscheinlich infolge der immer stär-keren Umwölkung des politischen Horizonts, sind gegen Ende des Jahres 1755 die „Gedanken und allgemeinen Regeln für den Krieg“ entstanden. Friedlich schrieb dies Werk zu seiner eignen Weiterbildung. General Winterfeldt, der einzige, dem er einen Einblick darin verstattete, nannte es enthusiastisch „eine unschätzbare Feldapotheke“, eine „Universalmedizin, um alle Verlegenheiten zu kurieren“.

Den unmittelbaren Niederschlag der Erfahrungen des neuen Waffenganges mit Österreich stellen die am 27. Dezember 1758 abgeschlossenen „Betrachtungen über die Taktik und einige Teile des Krieges“ dar. Auf zweierlei weist der König warnend in ihnen hin, auf die vervollkommnete Kunst der Österreicher, ihre Stellungen zu wählen und zu befestigen, und auf ihr ungeheures Aufgebot an Artillerie. Diese Tatsachen nötigten ihn, die eigne Kriegführung den veränderten Verhältnissen anzupassen.

Den kurzen Bemerkungen, die bereits dieser Aufsatz von 1758 darüber enthält, folgen dann die systematischen Ausführungen in den „Grundsätzen der Lagerkunst und der Taktik“, die, wie das Datum am Schlusse besagt, am 12. November 1770 beendet sind. Diese bilden das gewaltige Gegenstück zu den „Generalprinzipien des Krieges“.

Aber schon zwei Jahre zuvor hatte Friedrich im Rahmen des Politischen Testaments vom November 1768 die Gelegenheit ergriffen, um in großen Zügen dem Thronfolger ein Bild des preußischen Heeres zu entwerfen. Im Gegensatz zum früheren Testament von 1752VI-3 liegt in diesem der Schwerpunkt auf der Verwendung der Truppen im Felde. Daher stellt der König bei den einzelnen Waffen dem Dienst in Friedenszeiten den in Kriegszeiten gegenüber und fügt einen besonderen Abschnitt hinzu, der der Strategie oder, wie es dort heißt, den „Grundprinzipien des Krieges“ gewidmet ist.

Doch die Zahl der grundlegenden Schriften ist damit nicht erschöpft. Wieder wie 1755 war es die bedrohliche politische Lage, die den König zwanzig Jahre später zur Feder greifen ließ. Am 1. Dezember 1775 sind nach seinem eigenhändigen Vermerk die „Betrachtungen über die Feldzugspläne“ zum Abschluß gelangt. Nochmals ist in ihnen systematisch das Problem eines Krieges mit Österreich erörtert, unter dem dreifachen Gesichtspunkte, daß Preußen in der Lage sei, einen Offensivkrieg zu führen,<VII> daß es sich um einen Krieg handle, in dem die Kräfte beider Patteien sich die Wage hielten, daß Preußen sich auf einen Defensivkrieg beschränken müsse. In der Tat rechnete der König mit einem neuen Kriege gegen Österreich. Schon ward auf beiden Seiten gerüstet. Aber Friedrich lag selbst schwer krank an der Gicht danieder; „unter Schmerzen“ hatte er auch den Aufsatz niedergeschrieben — „scriptius in doloso“, wie er in seinem wunderlichen Latein neben dem Datum am Schlusse angibt. Man zweifelte an seiner Genesung. Er selbst war überzeugt, daß die Österreicher nur auf den Augenblick seines Todes warteten, um über Preußen herzufallen. Danach scheint diese Abhandlung wie der wenige Monate später entstandene „Abriß der preußischen Regierung“VII-1 gleichsam als Vermächtnis für den Thronfolger bestimmt gewesen zu sein. Allein die Gefahr ging vorüber, und erst drei Jahre später kam über die Frage der Erbfolge in Bayern der Krieg zum Ausbruch.

Zum Unterricht für die Quartiermeister, in denen die Vorläufer des heutigen Generalstabs zu erblicken sind, ist endlich 1777 die Schrift „Über Kriegsmärsche“ verfaßt.

Von der zweiten Gruppe, den „Einzelschriften“, sind die „Instruktionen“ und „Dispositionen“ bereits erwähnt. Sie ergingen aus dem Kabinett; zum Teil dienten ihnen eigenhändige Niederschriften des Königs als Grundlage, so z. B. den „Regeln für einen guten Bataillonskommandeur im Kriege“, der „Instruktion für die Generalmajore der Kavallerie“ von 1759, der Instruktion für Lattorff von 1753VII-2.

Daneben gehören zu dieser Gruppe noch zwei kriegswissenschaftliche Aussätze: der bisher noch nicht veröffentlichte „Plan der Verteidigung Schlesiens gegen Böh-men“, der das Gegenstück zu dem in den „Generalprinzipien“ entwickelten Defensivplan bildet, und die „Denkschrift, wie man den Gegner zwingt, seine Stellung an der Katzbach zu verlassen“. Diese ist ein Beispiel für eine Reihe ähnlicher Aussätze, in denen Friedrich die Lösung von Problemen unternimmt, die ihm die Geschichte seiner eigenen Feldzüge bot.

Die zu einer dritten Gruppe vereinigten „Militärischen Gedenkschriften“ umfassen neben den Gedächtnisreden auf Goltz und Stille noch den für die militärischen Anschauungen des Königs außerordentlich charakteristischen Aussatz über Karl XII. von Schweden, über dessen Entstehung das Erforderliche in einer Fußnote gegeben ist.

Den glänzenden Beschluß des Bandes bildet das dem Thronfolger gewidmete Lehrgedicht „Die Kriegskunst“, das, wie auch das Motto bezeugt, den allerersten Versuch in seiner Art darstellt. Darin faßt der König in gebundener Sprache die Lehre vom Kriege zusammen, und so wird auch dieses Gedicht, das viele Anklänge an die „Generalprinzipien“ enthält, für uns zu einer Quelle für die Erkenntnis seiner militärischen Anschauungen. Es ist im Frühjahr und Sommer 1751 entstanden und dann in die „Œvrez du philosophe de Sanssouci“ aufgenommen. Die An<VIII>regung zu dieser Dichtung gab ihm die nachgelassene Schrift des Grafen Moritz von Sachsen („Rêveries ou Mémoires sur l'art de Ia guerre“), wie aus seinem Schreiben vom 8. April 1751 an den Thronfolger hervorgeht, dem er scherzend bekennt: „Ich habe die Träumereien des Grafen von Sachsen bekommen. Sie haben mir großes Vergnügen bereitet. Um sie an Narrheit noch zu überbieten, bin ich darauf verfallen, die Lehren dieser Kunst in Verse zu setzen, so wie Ovid es mit der Liebeskunst gemacht hat.“

Um das Bild der militärischen Anschauungen König Friedrichs zu vervollständigen, sei der Leser endlich noch auf das Kapitel über das Heerwesen in den „Denkwürdigkeiten zur Geschichte des Hauses Brandenburg“VIII-1 verwiesen, auf den schon genannten Abschnitt des Politischen Testaments von 1752 und auf den gleichfalls erwähnten „Abriß der preußischen Regierung“ von 1776, sowie auf die verschiedenen Instruktionen für einzelne Generale, die in den Anhängen zu den historischen Werken mitgeteilt sind.

Der französische Text, der den Übersetzungen zugrunde liegt, ist gedruckt in den „Œuvres de Frédéric le Grand“ (Bd. 7: die Gedächtnisreden auf Goltz und Stille, sowie der Aufsatz über Karl XII.; Bd. 10: das Lehrgedicht „Die Kriegskunst“; Bd. 28: die „Generalprinzipien“, „Gedanken und allgemeine Regeln für den Krieg“, „Betrachtungen über die Taktik und einige Teile des Krieges“, die Instruktion für die Generalmajore der Kavallerie von 1759 und die Vorrede zum Auszug aus Folard; Bd 29: die „Grundsätze der Lagerkunst und der Taktik“, „Betrachtungen über die Feldzugspläne“, „Über Kriegsmärsche“, die „Regeln für einen guten Bataillonskommandeur im Kriege“ von 1773 und die Vorrede zum Auszug aus Quincy; Bd. 30: die Instruktionen usw. für die einzelnen Waffen, außer den „Regeln für einen guten Bataillonskommandeur“ von 1773, den Instruktionen für die Inspekteure der Infanterie von 1780 und für die Generalmajore der Kavallerie von 1759). Das „Militärische Testament von 1768“ ist veröffentlicht von A. 0. Taysen in den „Miscellaneen zur Geschichte König Friedrichs des Großen“ (herausgegeben auf Veranlassung und mit Unterstützung der Königlich Preußischen Archivverwaltung; Berlin 1878), die „Instruktion für die Inspecleurs der Infanterie-Regimenter“ von 1780 sowie die „Denkschrift, wie man den Gegner zwingt, seine Stellung an der Katzbach zu verlassen,“ von demselben in den Schriften: „Die militärische Tätigkeit Friedrichs des Großen im Jahre 1780“ (Berlin 1882) und „Zur Beurteilung des Siebenjährigen Krieges“ (Berlin 1882), die Zusätze von 1752 zum Text der „Generalprinzipien des Krieges“ von H. Dropsen (Jahrbücher für die deutsche Armee und Marine, Jahrgang 1904) und endlich der Aussatz „Plan der Verteidigung Schlesiens gegen Böhmen“ nach der bisher unbekannten Handschrift im Königlichen Hausarchiv zu Charlottenburg.

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I. Grundlagen der Kriegskunst

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Die Generalprinzipien des Krieges und ihre Anwendung auf die Taktik und Disziplin der preußischen Truppen (1748)

Die von mir geführten Kriege haben mir Gelegenheit zu gründlichem Nach, denken über die Grundsätze der großen Kunst gegeben, die so viele Reiche emporgebracht oder zerstört hat. Die römische Disziplin besieht nur noch bei uns. Folgen wir auch darin dem Beispiel der Römer, daß wir den Krieg zum Gegenstand unsres Studiums und den Frieden zur steten Übung machen3-1.

Ich habe es also für nützlich gehalten. Euch meine Betrachtungen mitzuteilen. Euch, die nach mir den größten Anteil am Befehl haben und denen schon eine Andeutung meiner Gedanken genügen muß, Euch endlich, die in meiner Abwesenheit nach meinen Prinzipien zu handeln haben.

In diesem Werke habe ich meine eigenen Betrachtungen mit denen vereint, die ich in den Schriften der größten Feldherren fand, und ein Ganzes daraus gemacht, das ich auf die Ausbildung unsrer Truppen angewandt habe.

Ich schreibe nur für meine Offiziere. Ich rede nur von dem, was auf den preußischen Dienst anwendbar ist, und fasse keine andren Feinde ins Auge als unsre Nachbaren; denn beide Worte sind leider zum Wechselbegriff geworden. Ich hoffe, meine Generale werden durch die Lektüre dieses Werkes mehr als durch alles, was ich ihnen mündlich sagen könnte, überzeugt sein und erkennen, daß die Disziplin unsres Heeres die Grundlage für den Ruhm und die Erhaltung des Staates ist. Wenn sie sie<4> unter diesem Gesichtspunkt betrachten, werden sie eifriger denn je die Ordnung bei den Truppen in voller Kraft aufrechterhalten, damit man nicht von uns sagen kann, wir hätten die Werkzeuge unsres Ruhmes in unsten Händen stumpf werden lassen. Es ist schön, sich Ruhm erworben zu haben. Es sei aber auch fern von uns, in straft licher Sicherheit einzuschlafen. Vielmehr müssen wir von langer Hand die Mittel vorbereiten, zu deren Gebrauch uns Zeit und Umstände Gelegenheit geben werden. Ich setze bei allen nachfolgenden Betrachtungen meine Reglements für die Armee4-1 voraus, die gleichsam der Katechismus meiner Offiziere sind, und handle in dieser Schrift nur von dem, was den Heerführer angeht und was das Größte und Schwierigste an der Kriegskunst ist.

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1. Kapitel Vorzüge und Mängel der preußischen Truppen

Unsre Truppen erfordern von ihrem Führer unendlichen Fleiß. Bei steter Wahrung der Disziplin müssen sie mit größerer Sorgfalt unterhalten und besser ernährt werden als vielleicht alle übrigen Truppen Europas.

Unsre Regimenter bestehen zur Hälfte aus Landeskindern, zur Hälfte aus Söldnern. Die letzteren, die kein Band an den Staat fesselt, suchen bei jeder Gelegenheit wegzulaufen. Darum ist es sehr wichtig, die Desertion zu verhüten. Einige unsrer Generale meinen, ein Mann sei nur ein Mann und der Verlust eines Einzelnen sei ohne Einfluß auf das Ganze. Das mag für andre Armeen zutreffen, aber nicht für die preußische. Desertiert ein ungeschickter Kerl und wird er durch einen andern Tölpel ersetzt, so ist das einerlei. Geht aber der Truppe ein Soldat verloren, den man zwei Jahre gedrillt hat, um ihm die nötige körperliche Gewandtheit beizubringen, und wird er schlecht oder garnicht ersetzt, so hat das auf die Dauer schlimme Folgen. Hat man doch gesehen, wie durch die Nachlässigkeit der Offiziere im Kleinen ganze Regimenter zugrunde gerichtet worden sind. Ich selbst habe solche gesehen, die durch Desertion ganz erstaunlich zusammenschmolzen. Derartige Verluste schwächen die Armee; denn die Zahl macht stets viel aus. Haltet Ihr also nicht die Hand darauf, so verliert Ihr Eure besten Kräfte und seid nicht imstande, sie zu ersetzen. Es gibt zwar Menschen genug in meinem Staate, aber ich frage Euch, ob viele den Wuchs haben wie unsre Soldaten? Und wenn auch, sind sie dann gleich ausgebildet?

Es ist also eine wesentliche Pflicht jedes Generals, der eine Armee oder ein einzelnes Korps kommandiert, der Desertion vorzubeugen. Das geschieht dadurch:

1. daß man nicht zu nahe an großen Wäldern kampiert, wenn die Kriegslage nicht dazu zwingt;

2. daß man die Soldaten oft in ihren Zelten visitieren läßt;

3. daß man Husarenpatrouillen rings um das Lager streifen läßt; 4. daß man nachts Jäger ins Getreide stellt und abends die Kavallerieposten verdoppelt, damit ihre Kette um so dichter ist;

<6>

5. daß man nicht duldet, daß die Leute auseinanderlaufen, sondern die Offiziere anhält, sie in Reih und Glied zum Stroh- und Wasserholen zu führen;

6. daß das Marodieren, die Quelle der größten Ausschreitungen, streng bestraft wird;

7. daß an Marschtagen die Wachen aus den Dörfern nicht eher zurückgezogen werden, als bis die Armee unter Gewehr sieht;

8. daß bei Nacht nur aus zwingenden Gründen marschiert wird;

9. daß den Leuten an Marschtagen streng verboten wird, Reih und Glied zu verlassen;

10. daß man neben der Infanterie Husarenpatrouillen herreiten läßt, wenn sie durch Wald marschiert;

11. daß man beim Marsche durch Defileen Offiziere an die Ein- und Ausgänge stellt, die die Truppen gleich wieder formieren6-1;

12. daß, wenn man zu Rückwärtsbewegungen genötigt ist, man dies den Truppen sorgfältig verbirgt und einen Vorwand dafür erfindet, den der Soldat gerne hört;

13. daß man stets dafür sorgt, daß es den Truppen an nichts fehlt, es sei Fleisch, Brot, Stroh, Branntwein usw.;

14. daß man nach den Ursachen forscht, wenn die Desertion bei einem Regiment oder einer Kompagnie einreißt, und feststellt, ob der Soldat seine Löhnung und alle ihm zustehenden Vergünstigungen regelmäßig bekommt, oder ob der Hauptmann eines Unterschleifes schuldig ist.

Nicht weniger Sorgfalt erfordert die Erhaltung der Disziplin. Man wird vielleicht sagen: dafür werden schon die Obersten sorgen! Aber das genügt nicht. Bei einer Armee muß alles bis zur Vollkommenheit getrieben werden, und man muß erkennen, daß alles, was geschieht, das Werk eines Einzigen ist. Der größte Teil einer Armee besieht aus nachlässigen Leuten. Sitzt der Heerführer ihnen nicht beständig auf den Hacken, so gerät die ganze kunstvolle und vollkommene Maschine sehr bald in Unordnung, und er verfügt nur noch in der Idee über eine wohldisziplimierte Armee. Man muß sich also daran gewöhnen, unaufhörlich zu arbeiten. Wer das tut, den wird die Erfahrung lehren, daß dies notwendig ist und daß alle Tage Mißbrauche abzustellen sind. Sie entgehen nur denen, die sich nicht die Mühe geben, darauf zu achten.

Diese beständige, mühsame Arbeit scheint zwar hart, aber ein Heerführer, der sie leistet, sieht sich dafür reichlich belohnt. Welche Erfolge kann er doch mit so beweglichen, tapferen, gut disziplinierten Truppen über den Feind erringen! Ein Heerführer, der bei andern Völkern für verwegen gälte, tut bei uns nur, was den Regeln entspricht. Er kann alles wagen und unternehmen, was Menschen zu vollbringen vermögen.

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Was läßt sich nicht mit so gut disziplinierten Truppen unternehmen! Die Ordnung ist der ganzen Armee zur Gewohnheit geworden. Die Pünktlichkeit ist bei Offizieren und Mannschaften so weit getrieben, daß jeder schon eine halbe Stunde vor der bestimmten Zeit fertig ist. Vom Offizier bis auf den letzten Gemeinen redet keiner, aber alle handeln, und der Befehl des Heerführers wird prompt befolgt. Versieht er also nur richtig zu kommandieren, so kann er der Ausführung seiner Befehle sicher sein. Unsre Truppen sind so behend und beweglich, daß sie im Handumdrehen sich in Schlachtordnung aufstellen. Bei der Schnelligkeit ihrer Bewegungen können sie fast niemals vom Feind überfallen werden. Wollt Ihr ein Feuergefecht führen: welche Truppen feuern so schnell wie die preußischen? Die Feinde sagen, man stände vor dem Rachen der Hölle, wenn man unsrer Infanterie gegenüberstände. Gilt es, nur mit dem Bajonett anzugreifen: welche Infanterie rückt besser als sie, mit festerem Schritt und ohne Schwanken dem Feinde zu Leibe? Wo findet man mehr Haltung in den größten Gefahren? Muß man schwenken, um dem Feind in die Flanke zu fallen, es ist im Augenblick geschehen und ohne die geringste Mühe zustande gebracht.

In einem Lande, wo der Militärstand der vornehmste ist, wo die Blüte des Adels in der Armee dient, wo alle Offiziere Leute von Stand und die Landeskinder, nämlich Söhne von Bürgern und Bauern, Soldaten sind, muß unter den Truppen auch Ehrgefühl herrschen. Und es herrscht in hohem Maße. Ich habe selbst gesehen, daß Offiziere lieber fallen als zurückweichen wollten. Offiziere wie Soldaten dulden unter sich keine Leute, die Schwachheit gezeigt haben, was man in andren Armeen gewiß nicht gerügt hätte. Ich habe schwer verwundete Offiziere und Soldaten gesehen, die Ihren Posten nicht verlassen noch sich zurückziehen wollten, um sich verbinden zu lassen.

Mit solchen Truppen könnte man die ganze Welt bezwingen, wären die Siege ihnen nicht ebenso verderblich wie ihren Feinden. Denn man kann mit ihnen alles untemehmen, wenn man nur Lebensmittel genug hat. Marschiert Ihr, so kommt Ihr den Feinden durch Schnelligkeit zuvor. Greift Ihr einen Wald an, so werft Ihr den Gegner hinaus. Stürmt Ihr gegen einen Berg an, so verjagt Ihr die Verteidiger von den Höhen. Laßt Ihr feuern, so richtet Ihr ein Blutbad an. Laßt Ihr die Kavallerie angreifen, so gibt es ein Gemetzel, bis der Feind vernichtet ist.

Da aber die Güte der Truppen allein nicht genügt und ein ungeschickter Heerführer all diese großen Vorzüge zunichte machen könnte, so will ich im folgenden von den Eigenschaften eines Feldherrn reden und die Regeln vorschreiben, die ich teils auf eigne Kosten lernte oder die große Feldherren uns hinterließen.

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2. Kapitel Feldzugspläne

Sobald man einen Krieg vorhat, werden Feldzugspläne entworfen. Da die Nachbarn eines Fürsten gewöhnlich seine Feinde sind, so wollen wir als solche die Russen, die Sachsen und vor allem die Österreicher ansehen. Politik und Kriegskunst müssen sich beim Entwerfen der Feldzugspläne die Hand reichen. Man muß die Stärke des Herrschers kennen, mit dem man Krieg führt, dessen Bundesgenossen und das Land, das den Schauplatz Eures Ruhmes oder Eurer Schande bilden wird. Was die Truppenzahl betrifft, so muß es Euch genügen, wenn Ihr 75 000 Mann gegen 100 000 ins Feld stellen könnt. Was die Bundesgenossen des Feindes angeht, so schont man entweder die Mächte, die er um Hilfe angeht, oder man erdrückt sie, bevor sie ihre Kräfte mit den andren vereinen können. Das Land, wohin man den Krieg tragen will, muß Euch so genau bekannt sein, wie einem Schachspieler das Schachbrett.

Im allgemeinen taugen alle Kriege nichts, bei denen wir uns zu weit von unsren Grenzen entfernen. Hat man doch alle Kriege, die andre Völker in dieser Weise geführt haben, unglücklich enden sehen8-1! Karls XII. Ruhm ging in den Einöden von Pultawa unter8-2. Kaiser Karl VI, vermochte sich in Spanien nicht zu behaupten8-3,<9> ebensowenig die Franzosen in Böhmen (1742). Alle Feldzugspläne, die auf weite Vorstöße angelegt sind, müssen also als schlecht verworfen werden.

Zur Verteidigung entwirft man andre Pläne als zum Angriff.

Ein Plan, der ausschließlich aufVerteidigung hinausläuft, taugt nichts. Er zwingt Euch zum Beziehen von festen Lagern; der Feind umgeht Euch, und da Ihr nicht zu kämpfen wagt, zieht Ihr Euch zurück. Der Feind umgeht Euch wieder, und beim Schluß der Rechnung findet sich, daß Ihr durch Euren Rückzug mehr Gelände einbüßt als durch eine verlorene Schlacht. Auch schmilzt Eure Armee durch Desertion mehr zusammen als durch den blutigsten Kampf. Eine so ausschließliche Defensive, wie ich sie hier meine, ist wertlos; denn bei ihr ist alles zu verlieren und nichts zu gewinnen. Einem solchen Verhalten ziehe ich also die Kühnheit eines Heerführers vor, der lieber zur rechten Zeit eine Schlacht wagt; dann hat er alles zu hoffen, und selbst im Unglücksfall bleibt ihm immer noch das Mittel der Defensive.

Ein offensiver Feldzugsplan erfordert genaue Prüfung der feindlichen Grenzen. Nach gründlicher Erwägung, wo man den Angriff beginnen will, bestimmt man entsprechend den Versammlungsort der Armee und sorgt endlich für die Lebensmittel.

Der größeren Klarheit halber will ich meine Prinzipien an Beispielen erläutern und Angriffspläne gegen Sachsen, Böhmen und Mähren entwerfen.

Gilt es, Sachsen anzugreifen, so muß man sich der Elbe bemächtigen. Für den Anfang des Unternehmens wäre Halle der bequemste Versammlungsort der Armee. Das Hauptdepot müßte in Halle sein, das Hauptmagazin in Magdeburg. Ein Feldherr, der sich nicht mit genug Lebensmitteln versieht, würde bald aufhören, ein Held zu sein, auch wenn er sonst größer als Cäsar wäre. Die Versorgung der Magazine muß man einem redlichen, verschwiegenen und geschickten Manne anvertrauen. Man versieht sich mit Mehl für ein ganzes Kriegsjahr, und die Armee selbst führt für drei bis vier Wochen Mehl mit sich. Ihr laßt eine Besatzung in Halle und achtet wohl darauf, daß der Feind Euer Magazin nicht durch Verräterei beschädigt. Hält der Feind stand, so müßt Ihr ihm eine Schlacht liefern, damit Ihr Eure Operationen weiter vortreiben könnt. Siegt Ihr, so schreitet Ihr zur Belagerung von Wittenberg. Damit macht Ihr Euch zum Herm der Elbe, die Euch Eure Lebensmittel zuführen soll, rückt an ihr entlang bis Dresden vor und bemächtigt Euch dieser Hauptstadt. Zugleich muß man sich folgende Fragen stellen: Setzt sich der Feind bei Meißen fest, wie kann ich ihn dann umgehen? Oder besetzt er die Kesselsdorfer Höhen, mit welchem Manöver kann ich ihn von da vertreiben? Ihr werdet dann auf den Gedanken kommen, entweder rechterhand zu marschieren und ihn zu umgehen, oder ein Detachement über die Elbe zu werfen und die Altstadt von Dresden anzugreifen. Dadurch kann der Gegner zum Rückzug gezwungen werden, oder man muß sich zum Angriff entschließen, wie der Fürst von Anhalt9-1.

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Habe ich Absichten auf Böhmen, so untersuche ich die ganze schlesische Grenze und finde dort vier Pässe, die wichtiger sind als die andren.

Der erste liegt nach der Lausitz zu, der zweite bei Schatzlar, der dritte bei Braunau, und der vierte führt aus der Grafschaft Glatz über Rückers und Reinerz stracks nach Königgrätz. Der bei Friedland, also der Lausitzer, taugt nichts; denn in der dortigen Gegend ist kein einziger haltbarer Platz in Schlesien, wo man Magazine errichten könnte. Auch führt dieser Paß nur in einen Winkel von Böhmen, und schließlich ist das Land dort gebirgig, zu Belästigungen geeignet und arm an Lebensmitteln. Der Paß bei Schatzlar hat fast die gleichen Nachteile, und wenn der Feind auf den Höhen hinter der Stadt lagert, so gibt es kein Mittel, ihn anzugreifen oder zu umgehen; denn die Straße nach Goldenöls ist ein schlimmer Engpaß und daher nur benutzbar, wenn kein Feind da ist. Da man ferner beim Heraustreten aus dieser Mördergrube noch am Silvawalde10-1 vorbei muß, so würde ich die Straße über Braunau von ziehen. Sie ist von allen, die von Schlesien nach Böhmen führen, die bequemste; denn Ihr habt Eure Magazine in Schweidnitz, d. h. in der Nähe, und wenn Ihr von dieser Seite in Böhmen eindringt, deckt Ihr zugleich ganz Niederschlesien, wogegen auf dem Wege von Glatz nach Böhmen nichts gedeckt wird. Außerdem ist die Straße über Braunau auch deshalb besser, weil bei allen Kriegen, die in Schlesien geführt werden, die Oder als Nährmutter der Armee zu betrachten ist. Die Oder stießt aber näher bei Schweidnitz als bei Glatz. Auch sind für unser Proviantfuhrwerk die Wege von Schweidnitz besser als die von Glatz. Da also der Weg über Braunau in jeder Hinsicht der zweckmäßigste ist, muß man ihn zum Angriffspunkt wählen.

Nachdem dies entschieden ist, errichte ich mein Magazin in Schweidnitz unter einer Bedeckung von 2 000 bis 3 000 Mann. Zugleich bestimme ich ein Korps von 7 000 Mann zur Deckung von Oberschlesien nach der Seite von Neustadt und ein andres von 3 000 Mann zur Deckung des oberen Oderlaufes zwischen Kosel und Brieg. Beide Korps sind unerläßlich. Sie decken die linke Flanke von Niederschießen gegen die Einfälle der Ungarn, die sonst bald Eure Proviantzüge hemmen und alle Maßregeln für die Verpflegung stören würden, die man im Rücken der Armee treffen muß. Beide Korps sind um so weniger gefährdet, als sich das eine nach Neiße, das andre nach Kosel oder Brieg zurückziehen kann.

Es ist schwer, die Art der Operationen in Böhmen zu bestimmen, ohne vorher festgestellt zu haben, worauf es abgesehen ist. Meine Erfahrung hat mir gezeigt, daß Böhmen leicht zu erobern, aber schwer zu behaupten ist. Wer Böhmen unterwerfen will, wird sich allemal täuschen, so oft er den Krieg dorthin trägt10-2. Um es zu erobern, muß man Österreich von der Donau und von Mähren angreifen. Dann fällt dies große Königreich von selbst, und man hat nur Besatzungen hinzuschicken.

Führen wir allein Krieg gegen die Königin von Ungarn, so werden unsre Feld, züge defensiv sein unter der Maske und den äußeren Formen des Offensivkrieges.<11> Ich stütze meine Meinung auf folgendes: Böhmen hat weder verteidigungsfähige Städte noch schiffbare Flüsse. Wir müssen also alle unsre Zufuhren aus Schlesien kommen lassen. Eine Bergkette, die zu Belästigungen wie geschaffen ist, trennt beide Staaten. Man schlage also den Feind, nehme ihm Städte weg — mit alledem hat man noch nichts gewonnen; denn die Städte sind nicht zu halten. Ihr dürft Eure Magazine darin nicht gefährden, und dringt Ihr tiefer in Feindesland ein, so schneiden die Bergpässe Euch von Euren Lebensmitteln, der Feind Euch von Euren rückwärtigen Verbindungen ab, und Ihr lauft Gefahr, daß Eure Armee verhungert. Wie kann man den Winter in einem solchen Lande verbringen? Wie seine Quartiere sichern? Wie den Truppen Ruhe geben, damit sie sich von den Strapazen erholen? Man wird vielleicht sagen: Haben wir nicht den Winter von 1741 auf 1742 in Böhmen verbracht?11-1 Zugegeben! Aber wir waren nicht allein dort. Die Franzosen beschäftigten die Österreicher derart, daß diese nicht an uns denken konnten.

Alle diese Umstände müssen also den Heerführer bestimmen, sich nach seinen Mitteln zu richten und einen ausführbaren Plan einem glänzenden vorzuziehen. Bei dem ganzen Unternehmen wird aber nichts Großes herauskommen, wofern wir nicht ein bedeutendes Übergewicht über die Österreicher haben. Bei gleichen Kräften jedoch dürfte sich der Feldzug darauf beschränken, daß man auf Kosten des Feindes lebt, solange man kampiert. Währenddessen muß man die ganze schlesische Grenze rein ausfouragieren, um zu verhindern, daß der Feind dort viele Truppen hält, und am Ende des Feldzuges muß man durch die Grafschaft Glatz, wo die Rückzugsstraßen noch am leidlichsten sind, nach Schlesien zurückkehren. Der ganze Landstrich an der schlesischen Grenze, den Ihr im Sommer ausfouragiert habt, wird Euch die Winterruhe sichern.

Will man Mähren angreifen, so sind ganz andre Pläne zu fassen. Drei Straßen führen dorthin: erstens von Glatz über Littau nach Olmütz, zweitens von Troppau über Sternberg, und drittens über Hultschin und Prerau. Ich wähle die über Iägerndorf, Zuckmantel und Sternberg, da sie Neiße am nächsten liegt. Sind meine Streitkräfte den feindlichen gleich, so detachiere ich 7 000 bis 8 000 Mann gegen Braunau und Schatzlar, um von dorther Niederschlesien zu decken. Diese Truppen leben auf Kosten Böhmens. Tritt der Feind in zu großer Überzahl auf, so finden sie allemal nahe und sichere Zuflucht in Schweidnitz. Ein zweites, noch stärkeres Detachement unter Führung des geschicktesten Offiziers im ganzen Heere schicke ich nach der Jablunka zur Deckung meiner linken Flanke gegen die Ungarn und zur Sicherung meiner Zufuhr und der übrigen Maßregeln, die ich in Oberschlesien für die Verpflegung der gegen Mähren bestimmten Armee treffen muß. Da meine Armee von ihren Lebensmitteln abhängt und diese lediglich von dem an der Jablunka stehenden Korps gedeckt werden, so liegt der Erfolg meiner Pläne in den Händen des Generals, der jenes Korps befehligt.

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Nach diesem Plane muß mein Hauptmagazin in Neiße und mein Depot in Troppau sein, und zwar, weil Troppau sich zur Verteidigung einrichten läßt, Jägerndorf aber durchaus nicht. Auch kann Troppau eine ziemlich starke Besatzung fassen, Jägerndorf aber kaum ein Bataillon. In Troppau errichte ich also ein Depot für drei Monate, außer den Lebensmitteln für einen Monat, die ich bei der Armee mitführe. In Sternberg lasse ich Erdwerke aufwerfen und Palisaden errichten; denn es ist auf der ganzen Straße der einzige Ort, der meinen Proviantzügen eine Art von Schutz bieten kann. Sind alle diese Vorkehrungen getroffen, so marschiert meine Armee auf Olmütz, und ich nehme 12 Mörser und 24 Feldgeschütze zur Belagerung mit. Alle Überschwemmungen, die der Feind rings um die Festung machen kann, lassen sich ableiten. Außerdem ist das Bett der March nicht tief. Wird also der Feind aus der Nachbarschaft verjagt, so kann sich Olmütz höchstens acht bis zehn Tage nach Eröffnung der Laufgräben halten. Der Angriff findet von Littau her statt.

Ist Olmütz erobert, so werden die Laufgräben zugeschüttet und die Breschen ausgefüllt. Zugleich wird das Magazin von Troppau unter guter Bedeckung nach Olmütz geschafft und durch das Magazin von Neiße wiederaufgefrischt. Alsdann geht man gegen den Feind vor, der sich wahrscheinlich bei Pohrlitz oder Wischau gelagert und dort seine Verluste ersetzt, vielleicht auch Verstärkung erhalten hat. Ihn in den Stellungen, die er einnehmen kann, zu umgehen, ist schwer; denn man muß sich den Rücken nach Olmütz freihalten, um dieses zu decken. Daher muß man den Feind, um Terrain zu gewinnen, womöglich zu einer Schlacht zwingen. Dann wird er sich nach Brünn zurückziehen und dort den letzten Widerstand zu leisten versuchen. Allem Anschein nach wird er dann auf den Höhen hinter dem Spielberg lagern. Das ist der kritischste Punkt des ganzen Feldzuges. Solange sich der Feind in der Nachbarschaft aufhält, wäre die Belagerung von Brünn zu schwierig, und ihn zu vertreiben wäre auch schwel. Um aber dennoch zum Ziel zu gelangen, bietet sich folgendes Mittel. Man schickt starke Streifkorps nach Österreich, damitdas Angstgeschrei der Wiener den feindlichen Heerführer zwingt, ihnen zu Hilfe zu eilen. Räumt der Feind seine Stellung, so muß man ihm auf den Leib rücken, um ihn zu schlagen, und nach errungenem Siege die Belagerung von Brünn vornehmen. Dazu läßt man die Belagerungsartillerie und Lebensmittel für drei Wochen aus Olmütz kommen. Brunn hat wenig zu bedeuten. Die Stadt kann sich acht Tage nach Eröffnung des Laufgrabens halten und das Schloß höchstens zwölf Tage.

Ist Brünn genommen, so schiebt man sein Magazin von Olmütz dahin vor, verproviantiert die Stadt wieder und marschiert gegen Znaim und Nikolsburg. Dadurch zwingt man den Feind zum Rückzuge nach Österreich. Obgleich die Österreicher Mähren mit ihrer Armee räumen, werden sie doch ihre leichten Truppen dorthin schicken. Die Anhänglichkeit des Volkes und die Geländebeschaffenheit werden sie durchaus begünstigen. Diese leichten Truppen werden sich zu Eurer Rechten in den Bergen von Kloster Saar bis nach Trebitsch und Gurein und zu Eurer Linken bei<13> Hradschin13-1 und Napagedl einnisten. Um sie völlig aus ihren Schlupfwinkeln zu verscheuchen, muß man die Zeit der Winterquartiere abwarten, und da bei Euren guten Erfolgen anzunehmen ist, daß die ungarischen Truppen ihre Absicht auf Oberschlesien aufgegeben haben, so kann man einen Teil des Korps, das ihnen an der Jablunka entgegengestellt war, dann in Mähren verwenden.

Wenn ich auch einen Feldzugsplan mißbillige, der sich auf die reine Defensive beschränkt, so bin ich mir doch bewußt, daß man nicht immer einen völligen Offensivkrieg führen kann. Ich verlange nur, daß dem Heerführer in der Defensive nicht durch irgend welche Befehle die Hände gebunden werden, sondern daß die Defensive vielmehr eine List sei, die das Selbstgefühl der Feinde reizt und sie zu Fehlern verleitet, aus denen ein geschickter Feldherr seinen Vorteil ziehen kann.

In der Defensive besieht die größte Kunst des Heerführers darin, seinen Feind auszuhungern. Das ist ein Mittel, bei dem er nichts aufs Spiel setzt, aber alles gewinnen kann. Dazu ist erforderlich, daß man durch Klugheit und gewandtes Benehmen das Spiel des Zufalls soweit als möglich ausschaltet. Der Hunger besiegt einen Menschen weit sicherer als der Mut des Gegners. Da aber die Wegnahme eines Proviantzuges oder der Verlust eines Magazins den Krieg noch nicht gleich beendigt und nur Schlachten zur Entscheidung führen, so muß man zum Erreichen seines Ziels beide Mittel anwenden.

Ich begnüge mich damit, zwei Defensivpläne nach meinen Prinzipien zu entwerfen: einen für Niederschlesien, den andren für die Kurmark.

Ich nehme an, die Österreicher wollen Niederschlesien von Böhmen her angreifen, und trete ihren Absichten folgendermaßen entgegen:

Ich errichte mein Hauptmagazin in Schweidnitz und lege 5 Bataillone und 3 Hu-sarenschwadronen hinein. Außerdem errichte ich ein Depot im Schlosse von Liegnitz, um den Feind begleiten zu können, falls er auf dieser Seite eindringen sollte. Erfordern es die Umstände, so schicke ich auch ein Detachement nach Neiße. Vor allem aber lege ich eine Besatzung von 7 Bataillonen und 3 Husarenregimentern nach Glatz, damit dies Korps in Böhmen eindringen, dem Feinde seine Zufuhr abschneiden und ihm wohl gar, wenn es möglich ist, sein Magazin in Königgrätz wegnehmen oder zerstören kann. Dadurch ginge der ganze Feldzug für die Österreicher verloren, und wir wären leichten Kaufs von ihnen befreit. Ich lasse meine Armee bei Schönberg und Liebau lagern, wodurch ich die Straße von Schatzlar decke. Dann sieht dem Feinde nur noch der Weg über Braunau nach Schlesien frei. Ich lasse mein Lager sogar verschanzen, um allen Anschein der Furcht zu erwecken. Dringt der Feind nun über Braunau in Schlesien ein, so lasse ich ihn ruhig vorrücken und lagere mich dann unversehens in seinem Rücken, wozu die Armee allerdings für vierzehn Tage Brot<14> und Mehl haben muß. Dadurch zwinge ich den Feind zur Schlacht, und da ich in seinem Rücken siehe, hängt es ganz von mir ab, ein Schlachtfeld zu wählen, das mir die größten Vorteile bietet. Durch dies Manöver setze ich nichts aufs Spiel, sobald die Befestigung von Schweidnitz vollendet ist. Dem Feind hingegen, wenn er unter solchen Umständen geschlagen wird, sieht kein Weg zum Rückzug mehr offen. Am genommen aber, die Österreicher gingen nur tastend vor, so muß ich über eins ihrer Detachements oder über ihre Avantgarde herfallen und alle List gebrauchen, um sie dreist zu machen, dann aber aus ihrer Verwegenheit Nutzen ziehen14-1.

Weit schwieriger ist die Verteidigung der Kurmark, weil sie ein offenes Land ist und die an Sachsen grenzenden Wälder für Lager und Märsche gleich ungünstig sind. Doch glaube ich, daß man sich folgendermaßen benehmen müßte.

Berlin, eine offene Stadt, erfordert als Landeshauptstadt meine größte Aufmerksamkeit. Es liegt nur 12 Meilen von Wittenberg. Ich nehme an, die feindliche Armee versammelt sich dort. Dann könnte der Feind drei Pläne ausführen. Der eine wäre, an der Elbe entlang zu marschieren; das aber würde ihm wegen Magdeburg schwer fallen, denn einen solchen Platz kann man nicht hinter sich lassen. Zweitens könnte der Feind über die Oder und den neuen Kanal14-2 kommen. Dann aber ließe er sein ganzes Land offen, und man könnte ihn durch einen Vorstoß gegen Wittenberg gleich nach Sachsen zurückwerfen. Der dritte Plan wäre der, stracks auf Berlin loszumarschieren. Die beste Defensive besteht darin, in Sachsen einzufallen, wie wir es im Winter 1745 getan haben14-3. Sich hinter die Spree oder Havel zurückziehen, hieße das Land preisgeben. Lieber würde ich meine Armee bei Brandenburg versammeln, meine Lebensmittel nach Brandenburg und Spandau schaffen, alle Havelbrücken außer denen zu Brandenburg und Spandau zerstören und einige Eilmärsche machen, um die Sachsen in ihrem eigenen Lande anzugreifen, sie zu schlagen und sie selbst in die Defensive zu werfen. Man sage, was man will, aber es gibt keinen andren Entschluß.

Am schwierigsten sind die Feldzugspläne, bei denen man sich vieler starker und mächtiger Feinde zu erwehren hat. Dann muß man seine Zuflucht zur Politik nehmen und seine Feinde untereinander zu entzweien suchen oder den einen und andern durch Vorteile, die man ihm verschafft, von ihnen trennen. In militärischer Hinsicht muß man dann zur rechten Zeit zu verlieren wissen (wer alles verteidigen will, verteidigt nichts), muß eine Provinz dem Feinde opfern14-4 und derweil mit seiner ganzen Macht den andern zu Leibe gehen, sie zur Schlacht zwingen und alles aufbieten, um sie zu vernichten. Dann muß man Detachements gegen die übrigen senden. Solche<15> Kriege richten die Heere durch die Strapazen und Märsche, die man ihnen zumutet, zugrunde, und dauern sie lange, so nehmen sie zuletzt doch ein schlimmes Ende.

Überhaupt müssen alle Feldzugspläne sich nach den Zeitumständen und der Art und Anzahl der Feinde richten, mit denen man zu tun hat. Man soll den Feind nie am grünen Tisch verachten, vielmehr sich an seine Stelle versetzen und sich fragen, was man in seiner Lage tun würde. Je mehr Hindernisse man in seinen Plänen voraussieht, desto weniger wird man nachher bei der Ausführung finden. Kurz, man muß alles voraussehen, alle Schwierigkeiten erkennen und sie zu beseitigen wissen.

3. Kapitel Die Verpflegung und das Feld Kriegskommissariat15-1

„Wenn man eine Armee aufbauen will“, sagte ein großer Feldherr, „muß man mit dem Magen anfangen; denn er bildet die Grundlage 15-2.“

Ich teile diesen Gegenstand in zwei Abschnitte. Der erste handelt davon, wo und wie man Magazine anlegen soll, der zweite davon, wie man seine Magazine transponieren muß. Die erste Regel ist, daß Ihr Euer Hauptmagazin stets hinter Euch, und zwar in einer befestigten Stadt anlegt. In unsren schlesischen und böhmischen Feldzügen hatten wir unser großes Magazin zu Breslau, und zwar, weil die Oder uns die Ergänzung sehr bequem machte. Legt man sein Hauptmagazin vor der Armee an, so läuft man Gefahr, es beim ersten Fehlschlag zu verlieren, und dann ist man aller Mittel bar. Legt man die Magazine aber staffelförmig hintereinander an, so führt man den Krieg mit Vernunft, und ein kleines Unglück kann nicht Euren gänzlichen Untergang nach sich ziehen. Die Magazine in der Kurmark müssen in Spandau und Magdeburg sein. Das Magdeburger dient wegen der Elbe bei einem Offensivkrieg gegen Sachsen, wie das Schweidnitzer bei einem Offensivkrieg gegen Böhmen.

In der Wahl der Kommissariatsbeamten muß man sehr vorsichtig sein. Denn sind es Betrüger, so verliert der Staat zu viel dabei. Darum muß man sie durch ehrliche Leute beaufsichtigen lassen.

Die Magazine werden auf zweierlei Art errichtet. Entweder läßt man vom Adel und von den Bauern Getreide zum Magazin liefern und schreibt es ihnen von der Kontribution15-3, und zwar nach der Kammertaxe ab, oder, wenn das Land selbst nicht<16> genug Vorrat an Getreide hat, schließt man Kontrakte mit Lieferanten. Der Kriegskommissar muß seine Kontrakte selbst machen und unterschreiben. Wir haben auch eigens gebaute Schiffe, um Mehl und Hafer auf den Kanälen und Flüssen zu befördern. Zu den Lieferanten muß man nur im äußersten Notfall seine Zuflucht nehmen. Es sind Wucherer, die den Preis aufschlagen und die Ware viel zu teuer verkaufen. Ferner muß man seine Magazine im voraus und beizeiten anlegen, damit alles vorrätig ist, wenn die Armee ihre Quartiere verläßt und ins Feld rückt. Mattet man zu lange damit, so verhindert entweder der Frost den Transport zu Wasser, oder die Wege werden so grundlos, daß man die nötigen Vorräte nur mit großen Schwierigkeiten zusammenbringen kann, oder die feindlichen Streifkorps durchkreuzen alle getroffenen Maßnahmen.

Außer den Brotwagen, die den Regimentern das Brot für fünf Tage nachfahren, hat das Kommissariat seine eigenen Proviantwagen. Dies Fuhrwerk zusammengenommen kann der Armee für einen Monat Proviant zuführen. Indes muß man, wo es möglich ist, die Flüsse benutzen; sie allein können eine Armee reichlich versorgen. Die Proviantwagen müssen mit Pferden bespannt sein. Wir haben einmal Ochsen benutzt, sind damit aber schlecht gefahren. Die Stallmeister, die bei den Proviant, wagen und dem Artilleriefuhrwerk sind, müssen die Pferde gut pstegen, und der Heer, sichrer muß streng darauf sehen; denn durch den Abgang der Pferde verringert sich die Zahl der Prooiantwagen und mithin auch die Zufuhr der Armee. Außerdem, wenn diese Pferde nicht gut verpflegt werden, halten sie die Anstrengungen nicht aus. Ihr verliert bei schweren Märschen Eure Pferde, Eure Prooiantwagen und Euer Mehl. Kommen solche Verluste öfter vor, so haben sie üble Folgen, die selbst die großen Kriegspläne beeinträchtigen. Daher muß der Heerführer besondere Aufmerksamkeit auf diese für ihn so wichtigen Einzelheiten lichten. Im Kriege gegen Sachsen haben wir die Elbe für uns, und zur Verteidigung Schlesiens die Oder. In Ostpreußen müßte man das Meer benutzen; in Böhmen und Mähren ist man allein auf die Prooiantwagen angewiesen.

Bisweilen errichtet man drei bis vier Lebensmitteldepots in einer Linie. So machten wir es 1742 in Böhmen. Wir hatten Magazine in Pardubitz, Nimburg, Podiebrad und Brandeis, damit wir dem Feinde zur Seite bleiben und ihm nach Prag folgen konnten, falls er seinen Marsch dorthin richtete. Beim letzten Feldzug in Böhmen (1745) lieferte Breslau den Proviant nach Schweidnitz und Schweidnitz nach Iaromircz, und von Iaromircz aus wurde die Armee versorgt. Außer den Proviantwagen führte die Armee eiserne Backöfen mit sich. Da sie nicht ausreichten, so habe ich sie vermehren lassen. An allen Ruhetagen muß Brot im voraus gebacken wer, den, und bei allen Unternehmungen muß man für zehn Tage Brot und Zwieback mitfühlen. Der Zwieback ist sehr nützlich, aber unsre Soldaten essen ihn nur in Suppen und wissen nichts damit anzufangen. Marschiert man in Feindesland, so bringt man seinen Mehlvorrat in einer der Armee benachbarten Stadt unter, in die <17>man eine Besatzung legt. Im Jahre 1745 hatten wir unfern Mehlvorrat in Böhmen, erst in Neustadt und nachher in Iaromircz, gegen Ende des Feldzuges aber in Trautenau. Wären wir weiter vorgerückt, so hätten wir nirgends ein sicheres Depot anlegen können als in Pardubitz. Ich habe für jede Kompagnie Handmühlen machen lassen, was von großem Nutzen sein wird. Getreide findet man überall. Mit Hilfe dieser Mühlen kann man es von den Soldaten mahlen lassen, die das Mehl an das Feld-Kriegskommissariat abliefern und dagegen gebackenes Brot aus dem Magazin erhalten. Mischt man dies Mehl zu gleichen Teilen mit dem Proviantmehl, so schont man die Magazine und kann sich länger in demselben Lager halten, als sonst. Auch erspart man sich dadurch viele Transporte.

Da ich bei den Transporten bin, will ich hier alles anschließen, was diesen Gegenstand betrifft. Die Stärke der Bedeckungen richtet sich nach dem Feinde, den man zu befürchten hat, und nach der Anzahl der zu bedeckenden Wagen. In die Städte, die der Proviantzug passiert, legt man Infanterie, um ihm Stützpunkte zu geben. Man schickt auch wohl öfters große Detachements zur Deckung der Proviantzüge ab, wie wir es in Böhmen getan haben. In schwierigen Gegenden deckt man die Proviantzüge am sichersten durch Infanterie, der wir nur wenige Husaren beigeben, um zu rekognoszieren und die Infanterie zu benachrichtigen, wo der Feind sich versteckt hält. Auch in der Ebene habe ich lieber Infanterie als Kavallerie zur Bedeckung genommen und bin dabei allemal gut gefahren. Wegen der übrigen Details solcher Bedeckungen berufe ich mich auf mein Reglement17-1 und setze nur noch hinzu, daß der Heerführer nie Vorsicht genug anwenden kann, um seine Proviantzüge zu sichern17-2.

4. Kapitel Marketender, Bier und Branntwein

Hat man einen Feldzug vor, so muß das Kommissariat an der Grenze genug Bier brauen und Branntwein brennen lassen, damit die Armee wenigstens für die erste Zeit gut versorgt ist. Sobald sie in Feindesland ist, bemächtigt man sich sofort aller Brauereien und Branntweinbrennereien in der Nähe des Lagers und läßt hauptsächlich Branntwein brennen, damit die Soldaten, die ihn nicht entbehren können,<18> keinen Mangel daran leiden. Was die Marketender betrifft, so muß man sie beschützen, besonders in Feindesland. Wenn die Bauern geflüchtet sind und ihre Häuser leer stehen, sodaß man aus der Provinz, in der man sieht, keine Lebensmittel beziehen kann, ist man zu schonungslosem Vorgehen berechtigt. Man schickt also Marketender und Soldatenweiber zum Fouragieren aus, um Feldfrüchte und Vieh einzuholen. Ferner muß man darauf sehen, daß bei der Armee ein billiger Preis für die Lebensmittel gemacht wird, sodaß der Soldat nicht übervorteilt wird, aber auch der Marketender bestehen kann. Ich setze hinzu, daß unste Soldaten im Felde täglich zwei Pfund Brot und wöchentlich zwei Pfund Fleisch umsonst bekommen. Zu dem Zweck läßt man bei den Proviantzügen, die unter Bedeckung zur Armee kommen, einige Rinderherden miltreiben. Diese Vergünstigung gebührt den armen Soldaten, besonders in Böhmen, wo man den Krieg nicht viel anders als in einer Wüste führt.

5. Kapitel Trockne und grüne Fourage

Die trockne Fourage wird in Magazinen gesammelt. Sie besteht aus Heu, Häcksel, Hafer, Gerste usw. Der Hafer darf nicht dumpfig oder hitzig sein, sonst bekommen die Pferde die Druse und werden gleich zu Beginn des Feldzuges dienstunfähig. Der Häcksel treibt den Pferden den Leib auf, ohne sie zu nähren, und man füttert ihn nur, weil es so Brauch ist. Das Aufspeichern der trocknen Fourage in Magazinen geschieht, um dem Feinde in der Eröffnung des Feldzuges zuvorzukommen, oder wenn man einen Winterfeldzug vorhat. Indes ist eine Armee gleichsam an ihre Magazine gekettet, solange sie nichts andres als trockne Fourage hat. Denn der Fouragetransport macht große Umstände wegen des zahllosen Fuhrwerks, das dazu nötig ist. Oft kann eine ganze Provinz nicht so viele Pferde und Wagen aufbringen, als erforderlich sind. Überhaupt, wenn man keine großen Flüsse zum Transport der trocknen Fourage benutzen kann, helfen auch die Magazine bei einem offensiven Feldzuge nichts. Im schlesischen Feldzug von 1741 habe ich meine ganze Kavallerie mit trockner Fourage unterhalten. Wir marschierten aber nur von Strehlen nach Schweidnitz, wo ein Magazin war, und von Schweidnitz nach Grottkau, wo wir in der Nähe von Brieg und der Oder waren.

Hat man einen Winterfeldzug vor, so läßt man für fünf Tage Heu flechten, das die Kavallerie auf ihren Pferden transportieren muß. Will man in Böhmen oder Mähren Krieg führen, so muß man warten, bis das Gras heraus ist, oder die ganze Kavallerie geht zugrunde.

<19>

Grüne Fourage und Getreide nimmt man vom Felde. Ist die Ernte vorbei, so werden die Dörfer ausfouragiert.

Rückt man in ein Lager, wo man eine Zeitlang zu bleiben beabsichtigt, so läßt man die Fourage rekognoszieren und verteilt sie, nachdem man zuvor ausgerechnet hat, wieviel Tage sie reichen kann. Die großen Fouragierungen geschehen stets unter Bedeckung von Kavallerie- und Infanterieabteilungen, deren Zahl sich nach der Nähe des Feindes und danach richtet, was man von ihm zu befürchten hat. Fouragiert wird entweder von der ganzen Armee oder fiügelweise. Die Fourageure versammeln sich an der Seite des Weges, den sie einschlagen sollen, oder auf einem Flügel, oder vor der Front, oder hinter der Armee. Die Husaren reiten voraus. Ist die Gegend eben, so folgt die Kavallerie. Bei Defileen marschiert Infanterie voraus. Ein Viertel der Fourageure folgt der Avantgarde; dann kommt die Bedeckung, die stets aus Infanterie und Kavallerie gemischt sein muß, dann wieder Fourageure, die Bedeckung und immer so weiter bis zum Schluß, den die Arrieregarde macht, dahinter ein Trupp Husaren.

NB. Die Infanterie nimmt bei allen Bedeckungen ihre Bataillonsgeschütze mit, und die Fourageure müssen stets mit Karabiner und Degen bewaffnet sein.

Kommt man an den Ort, wo fouragiert werden soll, so wird eine Postenkette gebildet. Die Bataillone werden in denDörfern hinter Zäune oderHohlwege gelegt und mit Kavallerieschwadronen gemischt. Ferner behält man eine Reserve zurück, die man ins Zentrum stellt, um sie nach der Seite zu werfen, wo der Feind einen Durchbruchversuch machen sollte. Die Husaren plänkeln mit dem Feinde, um ihn zu beschäftigen und ihn von der Fouragierung fortzulocken. Sind alle Maßregeln getroffen, so verteilt man das Feld abteilungsweise unter die Fourageure und verbietet ihnen, aus der Postenkette zu gehen. Der General, der die Fouragierung leitet, muß darauf achten, daß die Bunde groß und gut gemacht werden. Sind die Pferde beladen, so werden die Fourageure truppweise mit kleinen Bedeckungen ins Lager zurückgeschickt. Wenn alles weg ist, versammelt sich das Gros und bildet mit den Husaren die Nachhut.

In den Dörfern wird fast ebenso fouragiert, nur mit dem Unterschied, daß die Infanterie sich rings um das Dorf aufstellt, die Kavallerie aber seitwärts und dahinter, auf einem Gelände, wo sie fechten kann19-1. In bergigen Gegenden ist das Fouragieren schwierig; in solchen Fällen muß die Bedeckung fast ganz aus Infanterie und Husaren bestehen.

Will man in einem Lager in der Nähe des Feindes stehen bleiben, so nimmt man dem Feinde zunächst die Fourage zwischen beiden Lagern weg. Alsdann fouragiert man auf eine Meile rund um das Lager herum, und zwar nimmt man die am<20> weitesten entlegene Fourage zuerst und spart sich die Nächstliegende bis zuletzt auf. Bezieht man aber nur ein Lager auf dem Marsch oder zu kurzem Verweilen, so fouragiert man im Lager und in der Nachbarschaft20-1.

6. Kapitel Geländekenntnis

Es gibt zwei Arten, ein Land kennen zu lernen. Die erste, mit der man anfangen muß, ist, daß man die Landkarte der Provinz, in der man Krieg führen muß, genau studiert. Man merkt sich die Namen der großen Städte und der Flüsse und prägt sich die Gebirge ein. Nachdem man sich so einen allgemeinen Begriff vom ganzen Lande gemacht hat, muß man zur Kenntnis der einzelnen Gegenden schreiten. Da muß man wissen, wie die großen Straßen laufen, wie die Städte liegen, ob sie sich in verteidigungsfähigen Zustand setzen lassen oder nicht, von welcher Seite man sie angreifen kann, falls der Feind sich ihrer bemächtigt hat, und welche Besatzung zu ihrer Verteidigung nötig ist.

Man muß die Pläne der festen Plätze haben und deren Stärke und Schwäche daraus erlernen. Man muß den Lauf der Ströme und ihre verschiedene Tiefe kennen, wie weit sie schiffbar sind, wo sich Furten befinden, welche Flüsse im Frühjahr unbefahrbar und im Sommer ausgetrocknet sind. Diese Kenntnisse müssen sich bis auf die größten Moräste der Provinz erstrecken. Auf dem platten Lande muß man die fruchtbaren Gegenden von den unfruchtbaren unterscheiden und sich überlegen, welche Märsche der Feind machen kann, oder wie man selbst marschieren muß, um von einer großen Stadt zur andren oder von einem Fluß zum andren zu kommen. Auch muß man sich die besten Lager an jenen Straßen merken und aufzeichnen. Ebene Länder lernt man rasch kennen. Sie liegen wie eine ausgebreitete Landkarte vor einem. Dagegen sind waldige und bergige Länder schwer kennen zu lernen, weil die Aussicht stets beschränkt ist. Um sich aber diese wichtige Kenntnis doch zu erwerben, reitet man mit der Karte in der Hand auf die Berge und nimmt die Schulzen der benachbarten Dörfer, oder Jäger, Hirten und auch Schlächter mit sich. Trifft man einen Berg an, der die andern überragt, so muß man ihn besteigen, um sich einen Begriff von dem Landstrich zu machen, den man von dort übersehen kann. Man muß sich nach<21> allen Wegen erkundigen, sowohl um zu wissen, in wieviel Kolonnen man marschieren kann, wie auch, um im voraus Pläne zu machen, auf welchem Wege sich das feindliche Lager umgehen ließe, wenn es sich an der und der Stelle befände, oder wie man ihm in die Flanke kommen könnte, wenn es wo anders läge. Insbesondere muß man sorgfältig die Stellen auskundschaften, wo man defensive Lager beziehen könnte, falls das nötig wird, ferner Schlachtfelder und Orter, die der Feind besetzen könnte.

Vor allem aber muß man sich die wichtigsten Stellungen, die Schluchten gewisser Defileen und die günstigsten Positionen jener Gegenden einprägen und zugleich über alle Kriegsoperationen nachdenken, die dort stattfinden könnten, damit sich diese Vorstellungen so deutlich im Geiste ordnen, daß man nie in Verlegenheit kommt, wenn der Krieg sich dorthin zieht. Solche Betrachtungen müssen gründlich angestellt und wohl verarbeitet weiden, und man muß sich die nötige Zeit nehmen, die ein so wichtiger Gegenstand beansprucht. Hat man das erstemal nicht alles gut gesehen, so muß man zum zweitenmal hingehen und alles von neuem betrachten und prüfen.

Ich füge noch eine allgemeine Regel hinzu. Alle Lager, die man aussucht, mögen sie defensiv oder offensiv sein, müssen Holz und Wasser in der Nachbarschaft haben, und wenn auch die Front des Lagers stark ist, muß der Rücken doch offen bleiben, damit man leicht hinauskann.

Ist es erforderlich, die Kenntnis eines Nachbarlandes zu erwerben, wo man mit Anstand nichtderart reisen kann, so muß man geschickte Offiziere hinsenden, unter verschiedenen Vorwänden oder auch, wenn nötig, in Verkleidung. Man gibt ihnen an, worauf sie ihr Augenmerk richten sollen, und verzeichnet auf der Karte die Orte und Lager, über die sie Meldung abstatten. Kann man aber mit seinen eignen Augen sehen, soll man es stets tun.

7. Kapitel Das Augenmaß

Der sogenannte Feldherrnblick besteht in zweierlei. Das erste ist das Talent, auf der Stelle zu beurteilen, wieviel Truppen ein Gelände fassen kann. Das lernt sich nur durch Übung. Hat man selbst ein paar Lager abgesteckt, so bildet sich das Auge derart, daß man sich in den Maßen nur ganz wenig täuscht. Das andre weit höhere Talent besieht darin, beim ersten Blick alle Vorteile zu erkennen, die ein Gelände bieten kann. Dies Talent läßt sich erwerben und vervollkommnen, wofern man mit einer glücklichen Anlage zum Kriegführen geboren ist. Die Grundlage für diese Art Blick bildet unstreitig die Befestigungskunst. Für sie bestehen Regeln, die man auf die Stellung der Armeen anwendet. Daher wird ein geschickter Heerführer die ge<22>ringste Anhöhe, einen Hohlweg, einen Graben, einen Morast benutzen. Da nun auf einer Quadratmeile vielleicht zweihundert Stellungen möglich sind, wird sein Blick die beste sofort erfassen. Ein geschickter Heerführer wird die geringste Anhöhe zum Erkunden des Geländes und zur Wahl seiner Stellung benutzen. Ebenso wird er nach den Regeln der Befestigungskunst den schwachen Punkt der feindlichen Aufstellung wahrnehmen22-1.

Die Regeln der Befestigungskunst lehren uns, daß man sorgfältig die Höhen besetzt und solche auswählt, die nicht von andren Höhen beherrscht werden, daß man die Flügel anlehnt, um seine Flanken zu decken, daß man Stellungen einnimmt, die sich verteidigen lassen, aber keine, die ein Ehrenmann nicht behaupten kann, ohne seinen Ruf aufs Spiel zu setzen. Nach derselben Regel beurteilt man auch die schwachen Punkte des Feindes, mag die Schuld nun an dem ungünstigen Gelände oder an der verkehrten Aufstellung der Truppen oder an der Schwäche der Verteidigungseinrichtungen liegen.

Das führt mich zu dem Thema, wie man seine Truppen aufstellen muß, um das Gelände gut auszunutzen.

8. Kapitel Aufstellung der Truppen

Kenntnis und Wahl des Geländes sind wesentlich, aber man muß auch Vorteil daraus zu ziehen wissen, indem man den Truppen die richtigen Stellungen anweist. Unsre Kavallerie, die für herzhaftes Vorgehen geschult ist, muß Ebenen haben. Unsre Infanterie sieht an allen Orten gleich gut. Sie hat zur Verteidigung die Schußwaffe und zum Angriff das Bajonett. Da man aber bei Lagern, die in der Nähe des Feindes sind, auf seiner Hut sein muß und es bei so nahem Gegenüberstehen jeden Augenblick zum Gefecht kommen kann, sorgt man zunächst für seine Verteidigung.

Die meisten heutigen Schlachtordnungen sind fehlerhaft, weil man stets ein und dasselbe Schema befolgt, ohne sich dabei nach dem Gelände zu richten. Daraus entsieht eine falsche und schlechte Anwendung. Jede Waffe muß an den für sie passenden Fleck gestellt werden. Die Ebene wählt man für die Kavallerie. Das ist aber noch nicht genug; denn ist die Ebene nicht größer als 1 000 Schritte und von einem Gehölz begrenzt, so muß man voraussetzen, daß der Feind Infanterie in das Gehölz legt, um seine Kavallerie unter ihrem Feuer sammeln zu können. In diesem Falle<23> muß man seine Disposition ändern und an seinen äußersten Flügel Infanterie stellen, damit sie die eigene Kavallerie schützen kann. Bisweilen stellt man seine gesamte Kavallerie auf einen Flügel, bisweilen ins zweite Treffen. In andern Fällen sichert man seine beiden Flügel durch eine bis zwei Infanteriebrigaden. Die besten Stellungen für die Infanterie sind Anhöhen, Kirchhöfe, Hohlwege und Gräben. Stellt man seine Truppen derart auf, so braucht man nie einen feindlichen Angriff zu f´ürchten. Stellt man aber seine Kavallerie hinter einen Sumpf, so kann man nichts von ihr erwarten. Stellt man sie nahe an ein Gehölz, so kann der Feind Truppen hineinwerfen, sie von dort aus beschießen und in Verwirrung bringen, ohne daß sie sich wehren kann. Ebenso geht es, wenn Ihr Infanterie in der Ebene bloßstellt, ohne ihre Flanken zu sichern. Dann wird der Feind Euren Fehler benutzen und sie von der Seite angreifen, auf der sie sich nicht wehren kann. Man muß sich also stets nach dem Gelände lichten, wo man sich befindet.

In bergigem Gelände und bei festen Stellungen würde ich meine Kavallerie ins zweite Treffen nehmen und sie im ersten Treffen nur da gebrauchen, wo sie fechten kann; es wäre denn, daß man einige Schwadronen bereithält, um der feindlichen Infanterie in die Flanke zu fallen, falls sie einen Angriff wagt.

Ich füge noch als allgemeine Regel hinzu, daß bei allen Armeen, die gut geführt werden, in der Ebene eine Kavalleriereserve, aber in schwierigen Gegenden eine Reserve aus Infanterie mit einigen Dragonern oder Husaren gebildet werden muß23-1.

9. Kapitel Verschiedene Lager23-2

Der Heerführer muß sich sein Lager selbst wählen; denn von der Wahl des Ortes hängt der Erfolg seiner Unternehmungen ab. Das Lager wird bisweilen sein Schlachtfeld, und da in diesem Teile der Kriegskunst viel zu bedenken ist, so werde ich ziemlich ins Detail gehen müssen. In bezug darauf, wie die Truppen kampieren<24> müssen, berufe ich mich auf mein Reglement24-1 und rede hier nur von den großen Gesichtspunkten und von dem, was den Heerführer selbst betrifft.

Alle Lager, die man bezieht, dienen im großen und ganzen entweder zur Defensive oder zur Offensive.

I. Versammlungslager

Die Lager, in denen eine Armee sich zusammenzieht, gehören zur ersten Art. Bei ihnen richtet man sein Augenmerk nur auf die Bequemlichkeit der Truppen. Sie kampieren korpsweise, nicht weit von den Magazinen, doch so, daß die Armee sich in kurzer Zeit in Schlachtordnung aufstellen kann. Da solche Lager vom Feind entfernt sind, so hat man nichts zu befürchten. Der König von England lagerte sich in dieser Weise sehr unvorsichtig den Franzosen gegenüber am Mainufer und wäre bei Dettingen fast geschlagen worden24-2. Als Haupttegel bei der Wahl aller Lagerplätze gilt, daß die Truppen Holz und Waffer in der Nähe haben müssen. Die Preußen verschanzen sich in ihrem Lager, wie einst die Römer, sowohl zum Schutz gegen etwaige nächtliche Angriffe der leichten Truppen, die der Feind in großer Zahl hält, als auch, um die Desertion zu verhindern. Denn ich habe stets gefunden, daß wir weniger Deserteure hatten, wenn wir unser Lager mit einer zusammenhängenden Befestigung umgaben, als wenn wir diese Vorsichtsmaßregel unterließen.

II. Standlager

Stand oder Ruhelager bezieht man entweder, um zu warten, bis das Gras zum Schnitt heran ist oder bis die Absichten des Feindes deutlich hervortreten, um danach seine Maßregeln zu treffen. Da man in solchen Lagern nur Ruhe sucht, wählt man sie so, daß sie entweder durch einen Fluß oder durch einen Morast gedeckt sind, kurz, daß ihre Front unzugänglich ist. Solcherart war das Lager von Strehlen24-3. Sind die vor dem Lager fließenden Bäche zu klein, so staut man sie auf, um durch Überschwemmungen seinen Zweck zu erreichen.

Der Heerführer darf in solch einem Lager, wo er vom Feinde wenig zu besorgen hat, keineswegs müßig sein, sondern er wird sein ganzes Augenmerk auf seine Armee richten. Die Ruhe erlaubt ihm, die Zügel der Mannszucht straff anzuziehen und auf strenge Handhabung des Dienstes zu halten, wie es in meinem Reglement vorgeschrieben ist. Er muß darauf sehen, ob die Offiziere auf den Wachen aufpassen, ob sie alles wissen, was sie auf ihrem Posten zu tun haben, ob alle Kavallerie- und Infanteriewachen nach den von mir gegebenen Regeln ausgesetzt sind. Die Infanterie<25> muß wöchentlich dreimal exerzieren, die Rekruten täglich. Zuweilen müssen ganze Korps zusammen manövrieren. Auch die Kavallerie muß exerzieren, wenn sie nicht auf Fouragierung ist. Der Heerführer muß darauf halten, daß die jungen Pferde und die neuen Reiter gut dressiert werden. Er muß die Kriegsstärke eines jeden Korps prüfen, die Pferde mustern, die Offiziere belobigen, die für ihre Pferde gut gesorgt haben, und die streng tadeln, die sie vernachlässigt haben. Denn man muß nicht glauben, eine große Armee käme von selber in Zug. Überall sind nachlässige und faule Leute in großer Zahl darunter. Es ist Sache des Heerführers, sie beständig anzutreiben und zu ihrer Pflicht anzuhalten.

Dergestalt sind die Standlager, wenn sie in der angegebenen Weise benutzt werden, von unendlichem Nutzen, und die Ordnung und Gleichmäßigkeit im Dienste, die man in ihnen erneuert, hält für den ganzen Feldzug vor.

III. Lager zum Fouragieren

Die Lager zum Fouragieren werden zuweilen nahe, zuweilen weit vom Feinde bezogen. Ich will hier nur von den ersteren reden. Man wählt sie in den fruchtbarsten Gegenden und in einem Gelände, das entweder von Natur stark oder durch Aufwerfen einiger Verschanzungen befestigt wird. Die Lager zum Fouragieren müssen fest sein, wenn sie in der Nähe des Feindes sind; denn Fouragierungen sind immer als Absendung eines Detachements anzusehen. Oft ist ein Sechsiel, ja zuweilen sogar die Hälfte der ganzen Armee dabei. Das gibt dem Feind eine schöne Gelegenheit, Euch zu Eurem Nachteil anzugreifen, wenn die Festigkeit Eures Lagers ihn nicht davon abhält. Aber auch wenn Eure Stellung vorzüglich ist, wenn Ihr auch anscheinend nichts zu befürchten habt, so sind doch noch andre Vorsichtsmaßregeln zu treffen. Man muß die Tage und Orte, an denen man fouragieren will, geheim halten und dem General, der die Fouragierung leiten soll, die Disposition erst spät am Abend vorher geben. Überdies muß man so viel Patrouillen wie möglich ausschicken, um über die Bewegungen des Feindes Bescheid zu wissen, und womöglich am gleichen Tage fouragieren wie er; denn alsdann hat man weniger zu besorgen25-1.

Das Lager des Prinzen von Lothringen hinter Königgrätz war von Natur unangreifbar und zum Fouragieren sehr geeignet. Unser Lager bei Chlum war durch seine Befestigung stark, nämlich durch den Verhau, den ich auf dem rechten Flügel anlegen, und durch die Schanzen, die ich aufwerfen ließ, um die Front der Infanterie zu decken25-2.

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IV. Verschanzte Lager

Man verschanzt sein Lager, wenn man eine Stadt belagern oder ein schwieriges Defilee verteidigen will, wo man der Natur mit Befestigungswerken zu Hilfe kommen muß, um vor feindlichen Angriffen geschützt zu sein. Folgende Regeln sind bei allen Verschanzungen durchgehends zu beobachten: gute Wahl des Geländes, Benutzung aller Moräste, Flüsse, Überschwemmungen und Verhaue, wodurch sich der Umfang der Verschanzungen verringern läßt. Es ist besser, sie zu eng als zu weitläufig zu machen; denn nicht die Verschanzung hält den Feind auf, sondern die Truppen, die man ihm entgegenstellt. Ich würde also nie eine Verschanzung anlegen, wenn ich sie nicht mit einer zusammenhängenden Linie von Bataillonen besetzen und außerdem noch eine Infanteriereserve bereithalten könnte, um sie nach Bedarf zu verwenden. Auch Verhaue sind nur insofern gut, als sie von Infanterie verteidigt werden. Vor allem muß man darauf sehen, daß die Verschanzungen rund um die belagerte Stadt gut angelehnt sind. Sie stoßen gewöhnlich an einen Fluß. Dann muß der Verschanzungsgraben so tief in den Fluß hineingehen, daß man leinen Grund mehr erreicht und ihn nicht durchwaten kann. Läßt man diese Vorsicht außer acht, so läuft man Gefahr, umgangen zu werden. Ich füge noch hinzu, wenn man sich um eine Stadt, die man belagern will, verschanzt, so muß man sich vor allem im voraus mit Lebensmitteln versorgen. Auch müssen die Verschanzungen gut flankiert sein, damit der Feind auf jedem Angriffspunkt vier bis fünf Kreuzfeuer auszuhallen hat. Verschanzungen in Bergschluchten erfordern viel Sorgfalt und Vorsicht. Vor allem gilt es, seine Flanken gut zu sichern. Zu dem Zweck wirft man an beiden Flügeln Schanzen auf, an die sie sich anlehnen, und bisweilen wird die Verschanzung in der Flanke weitergeführt, damit die darin stehenden Truppen keine Umgehung zu befürchten haben. Geschickte Leute wissen den Feind zum Angriff auf bestimmte Punkte zu zwingen. Die befestigen sie dann doppelt, z. B. durch Vertiefung der Gräben, durch Palisaden und spanische Reiter an den Bermen, durch Verstärkung der Brustwehren, sodaß sie dem Geschützfeuer standhalten, und durch Anlage von Wolfsgruben an den gefährdetesten Stellen26-1.

V. Defensive Lager

Jetzt will ich von den Defensivlagern reden. Ihre Stärke liegt allein in dem Gelände. Sie haben keinen andern Zweck, als einen Angriff des Feindes zu verhindern.

Sollen solche Stellungen ihren Zweck völlig erreichen, so müssen Front und beide Seiten gleich stark sein, der Rücken aber muß frei und offen bleiben. Das ist bei Höhen<27> der Fall, die eine steil abfallende Front haben und in den Flanken durch Moräste gedeckt sind, wie beim Lager von Marschowitz, in dem der Prinz von Lothringen stand27-1. Oder sie müssen in der Front durch einen morastigen Fluß und in den Flanken durch Teiche gedeckt sein, wie das Lager bei Konopischt, wo wir im Jahre 1744 kampierten27-2. Oder man lagert im Schutze einer Festung, wie Feldmarschall Neipperg, der nach dem Verluste der Schlacht von Mollwitz ein vorzügliches Lager bei Neiße bezog. So, lange der Heerführer sich in dem festen Lager hält, das er sich ausgewählt hat, ist er unangreifbar. Macht aber der Feind einen Umgehungsversuch, so muß er seine Stellung räumen. Will er sich also in der Defensive halten und bezieht er zu dem Zweck feste lager, so muß er seine Wahl schon im voraus getroffen haben, damit er, wenn der Feind ihn umgeht, nichts weiter nötig hat, als in ein andres festes Lager in seinem Rücken zu marschieren. Böhmen ist das Land der festen Lager. Man muß dort immerfort solche beziehen, weil das Gelände höchst schwierig ist. Ich wiederhole: der Heerführer muß sich wohl hüten, durch schlechte Wahl seiner Stellungen unver-besserliche Fehler zu begehen und sich in eine Sackgasse zu begeben, nämlich in ein Gelände, in das er nur durch ein Defilee gelangen kann. Denn ist der Feind geschickt, so schließt dieser ihn darin ein, und da er zum Kämpfen keinen Platz hat, so muß er den größten Schimpf erfahren, der einem Soldaten begegnen kann, nämlich die Waffen zu strecken, ohne sich wehren zu können.

VI. Lager zur Deckung eines Landes

Bei den Lagern, die ein Land decken sollen, sieht man nicht sowohl auf die Stärke der Stellung, als auf den Ort selbst. Er ist der Angriffspunkt, wo der Feind durchbrechen kann. Es kommt dabei nicht auf alle Wege an, die der Feind überhaupt einschlagen kann, sondern auf den, der ihn zu seiner Hauptabsicht führt27-3, oder auf den Ort, bei dessen Besetzung man vom Feinde am wenigsten zu befürchten hat, ihm aber selbst große Besorgnis verursachen kann27-4, kurz, auf den Ort, der den Feind zu großen Umwegen und Märschen nötigt, mich aber in den Stand setzt, alle seine Absichten mit kleinen Bewegungen zu vereiteln. Das Lager bei Neustadt deckt ganz Niederschlesien und zugleich einen Teil von Oberschlesien gegen alle Unternehmungen einer in Mähren stehenden Armee. Man nimmt seine Stellung so, daß man Neustadt und den Fluß, die hotzenplotz, vor sich hat. Will der Feind dann zwischen Ott-machau und Glatz vordringen, so braucht man nur in die Gegend zwischen Neiße und Ziegenhals zu marschieren und dort ein recht festes Lager zu beziehen. Damit ist der Feind von Mähren abgeschnitten. Aus demselben Grunde wird der Feind es nicht wagen, in die Gegend von Kosel zu ziehen; denn rückt man alsdann in die Gegend<28> zwischen Troppau und Jägerndorf, wo man sehr gute und starke Lager beziehen kann, so schneidet man ihm alle Zufuhr ab. Zwischen Liebau und Schönberg ist, wie schon gesagt28-1, ein ebenso wichtiges Lager zur Deckung ganz Niederschlesiens gegen Böhmen. Man richtet sich an solchen Orten, so gut man kann, nach den angegebenen Regeln ein. Ich füge noch zweierlei hinzu. Erstens darf man an dem Orte, den man zum Schlachtfeld ausersehen hat, keine Zelte ausschlagen, und zweitens darf Euer Schlachtfeld nie weiter als einen halben Flintenschuß von Euch entfernt sein, wenn Ihr einen Fluß vor Euch habt.

Die Kurmark läßt sich durch kein Lager decken; denn das Land erstreckt sich über dreißig Meilen in der Länge und steht überall offen. Um es gegen Sachsen zu schützen, muß man Wittenberg nehmen und sich dort lagern oder auch dem Beispiel des Winterfeldzugs von 1745 folgen. Nach Hannover hin bietet das Lager von Werben Schutz und Bedeckung für das ganze Land.

VII. Offensive Lager

Die offensiven Lager müssen in der Front frei und an den Flügeln gedeckt sein, und zwar, weil man nichts von den Truppen verlangen kann, wenn man nicht die Vorsicht gebraucht, ihre Flanken zu decken, die der schwächste Teil aller Heere sind. Solcherart war unser Lager vor der Schlacht von Chotusitz im Jahre 1742, ferner das Lager bei Schweidnitz vor der Schlacht von Hohenfriedberg im Jahre 1745 und das von Neudorf bei Neiße im Jahre 1741. Ich muß noch hinzufügen, daß wir zwar die Dörfer auf unsren Flügeln oder vor unsrem Lager stets besetzen, aber die darin stehenden Truppen wieder hinausziehen, wenn es zur Schlacht kommt; denn in unsrer Nachbarschaft sind die Dörfer nur aus Holz und schlecht gebaut, und wenn der Feind sie in Brand steckt, wären die darin liegenden Truppen verloren. Von dieser Regel nehme ich aber Steinhäuser und Kirchhöfe aus, falls keine Holzbauten in der Nähe sind. Da wir indes grundsätzlich angreifen und uns nicht auf die Verteidigung beschränken, so dürfen solche Orte nur dann beseht werden, wenn sie vor unsrer Front oder vor den Flügeln liegen. Denn alsdann decken sie den Angriff unsrer Truppen und stören den Feind während der Schlacht beträchtlich28-2.

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10. Kapitel Sicherung des Lagers

Die Infanteriepiketts decken die Front des ersten Treffens. Hat man einen Fluß vor sich, so werden die Piketts bis ans Ufer vorgeschoben. Die Piketts des zweiten Treffens decken den Rücken der Armee. Die Piketts werden in die Feldschanzen gestellt, die durch eine leichte Umwallung29-1 miteinander verbunden werden. Dadurch wird das Lager verschanzt, wie es bei den Römern geschah. Die Dörfer, die auf den Flügeln und eine kleine Viertelmeile vor der Front der Armee liegen, werden besetzt, desgleichen die Stellungen, die eine Viertelmeile rechts oder links davon liegen, wenn sie ein Defilee, eine Brücke oder sonst einen Durchgang verteidigen. Die Feldwachen der Kavallerie werden nach den Regeln postiert, die ich in meinem Reglement aufgestellt habe29-2. Wir haben von 80 Schwadronen nie mehr als 300 Mann zur Wache gegeben. Eine Ausnahme wird nur gemacht, wenn man sehr nahe am Feinde sieht, besonders, wenn beide Armeen durch nichts getrennt sind. Gewöhnlich schiebt man nach der Seite, wo der Feind sieht, eine Avantgarde vor. Wir taten es nach rechts hin vor der Schlacht von Hohenfriedberg, als wir nach Schweidnitz marschierten, nach vorwärts vor unserm Einrücken in die Lausitz und unserm Marsche nach Naumburg am Queis29-3. Die Avantgarden müssen aus gemischten Truppen bestehen, z.B. aus 2 000 Husaren, 1500 Dragonern und 2000 Grenadieren. Jedesmal, wenn Ihr ein solches Korps vorschiebt, müßt Ihr es einem gewandten General anvertrauen. Da er nicht vorausrückt, um zu kämpfen, sondern um Nachricht zu schicken, so muß er ein gutes Lager hinter Defileen oder Gehölzen beziehen, in deren Besitz er ist. Ferner muß er beständig Patrouillen ausschicken, um zu jeder Stunde Bescheid zu wissen, was im feindlichen Lager vorgeht. Überdies müssen die Husaren, die Ihr im Lager habt, auf Euren Flanken und in Eurem Rücken patrouillieren, damit Ihr es an keiner Vorsichtsmaßregel fehlen laßt, die Euch vor den Unternehmungen des Feindes sichern kann. Setzen sich viele leichte Truppen zwischen Euch und Eure Avantgarde, so müßt Ihr dieser zu Hilfe marschieren; denn das ist ein Zeichen, daß der Feind etwas gegen sie vorhat. Um den Gegenstand zu erschöpfen, bemerke ich noch, daß die Generale, die kantonnieren, ihre Quartiere nur dann in Dörfern nehmen dürfen, wenn sie zwischen den Treffen liegen. Sonst laufen sie Gefahr, aufgehoben zu werden.

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11. Kapitel Wann und warum man Detachements ausschicken soll

Eine alte Kriegsregel, die ich hier nur wiederhole, besagt: wenn Ihr Eure Kräfte zersplittert, werdet Ihr im einzelnen geschlagen. Wollt Ihr eine Schlacht liefern, so müßt Ihr so viel Truppen wie möglich zusammenziehen; man kann sie niemals nützlicher anwenden. Diese Regel ist so untrüglich, daß alle Heerführer, die sie nicht beherzigt haben, es fast stets bereuen mußten. Weil das Detachement Albemarle bei Denain geschlagen wurde30-1, verlor der große Eugen seinen ganzen Feldzug. Starhemberg verlor in Spanien, als er von den Engländern getrennt war, die Schlacht bei Villaviciosa30-2. In den letzten Türkenfeldzügen wurde den Österreichern das Detachieren verhängnisvoll. Hildburghausen wurde bei Banjaluka geschlagen30-3, und Wallis erlitt eine Schlappe an den Ufern des Timot30-4. Ebenso wurden die Sachsen bei Kesselsdorf geschlagen30-5, weil sie den Prinzen von Lothringen nicht an sich gezogen hatten, wie sie es hätten tun können. Ich hätte verdient, bei Soor30-6 geschlagen zu werden, wenn die Gewandtheit meiner Generale und die Tapferkeit meiner Truppen mich nicht vor diesem Unglück bewahrt hätte. Also, wird man erwidern, soll man garnicht detachieren ? Ich antworte: man muß es zuweilen zwar tun, aber es ist stets ein sehr bedenkliches Manöver, das man nur aus triftigen Gründen machen soll, und auch nur zur rechten Zeit und wenn es die Umstände gestatten.

Geht Ihr offensiv vor, so detachiert niemals. Seid Ihr in einem offenen Lande und Herr einiger fester Plätze, so detachiert nur, um Eure Zufuhr zu sichern. So oft Ihr in Böhmen oder Mähren Krieg führt, müßt Ihr zur Sicherung Eurer Proviantzüge detachieren. Denn da sie die Gebirgskette passieren müssen, so ist es nötig, sie durch Detachements zu decken oder Korps hinzuschicken, die dort so lange kampieren und bleiben, bis Ihr genügende Lebensmittel für ein paar Monate habt und Herr eines festen Platzes in Feindesland seid, wo Ihr Euer Depot errichten könnt. Während Ihr solche Detachements ausschickt, müßt Ihr selbst feste Lager beziehen, in denen Ihr abwarten könnt, bis jene wieder zu Euch stoßen. Die Avantgarden rechne ich nicht zu den Detachements; denn sie bleiben in der Nähe der Armee, und man schickt sie nie zu weit vor.

In der Defensive ist man oft zum Detachieren gezwungen. Die Detachements, die ich in Oberschlesien hatte, waren, wie schon erwähnt30-7, in Sicherheit, da sie Festungen in der Nähe hatten. Die Detachementsführer müssen fest, kühn und vorsichtig sein Der Höchstkommandierende gibt ihnen allgemeine Instruktionen; sie aber müssen<31> sich selbst zu raten wissen, ob sie gegen den Feind vorgehen oder sich zurückziehen sollen, je nachdem die Umstände es erfordern. Vor überlegenen Kräften müssen sie allemal zurückweichen, aber auch ihre eigene Übermacht benutzen, wenn der Feind schwächer ist. Oft ziehen sie sich beim Anmarsch des Feindes in der Nacht zurück. Glaubt dieser dann, sie wären auf der Flucht, so kehren sie schnell wieder um, greifen ihn an und jagen ihn zurück. Die leichten Truppen des Feindes müssen sie verachten. Ein Detachementsführer muß zuerst für seine Sicherheit sorgen. Ist dies geschehen, so muß er Anschläge gegen den Feind machen; denn will er selbst ruhig schlafen, so darf er den Gegner nicht schlafen lassen, sondern muß immerfort Pläne gegen ihn schmieden. Gelingt es ihm dann, nur einen oder zwei auszuführen, so wirft er den Feind in die Defensive. Stehen solche Detachements in der Nähe der Armee, so halten sie Verbindung mit ihr durch irgend eine Stadt oder ein dahin führendes Gehölz.

Ein Verteidigungskrieg lädt von selbst zum Detachieren ein. Kleine Geister wollen alles verteidigen; vernünftige Leute aber sehen nur auf die Hauptsache, parieren die großen Schläge und dulden ein kleines Übel, um ein größeres zu vermeiden. Wer alles verteidigen will, verteidigt nichts. Das, woran man sich vor allem halten muß, ist die feindliche Armee: ihre Absichten gilt es zu erraten und sich ihnen mit allen Kräften entgegenzustemmen. Wir überließen Oberschlesien im Jahre 1745 der Plünderung der Ungarn, um den Absichten des Prinzen von Lothringen desto kräftiger entgegenzutreten 31-1, und detachierten nicht eher, als bis er tüchtig geschlagen war. Danach verjagte General Nassau die Ungarn binnen vierzehn Tagen aus ganz Oberschlesien.

Manche Heerführer detachieren, wenn sie den Feind angreifen wollen, damit solche detachierten Korps während des Kampfes eintreffen und dem Feind in den Rücken fallen. Das aber ist gefährlich; denn die Detachements können sich verirren und zu spät oder zu früh eintreffen. Karl XII. detachierte am Abend vor der Schlacht von Pultawa; das Detachement verirrte sich, und er wurde geschlagen. Als Prinz Eugen Cremona überrumpeln wollte31-2, ging sein Schlag fehl, weil das Detachament des Herzogs von Vaudemont, welches das Tor am Po angreifen sollte, zu spät kam. Während der Schlacht darf man nie detachieren, es sei denn so, wie es Turenne bei Kolmal tat31-3, wo er sein erstes Treffen der Front des Kurfürsten Friedrich Wilhelm gegenüberstellte, während sein zweites Treffen sich durch Hohlwege nach der Flanke des Kurfürsten zog, sie angriff und zum Weichen brachte. Oder auch wie der Marschall von Luxemburg in der Schlacht von Neerwinden (1693), wo er ein Infanterietorps durch das hohe Getreide in die Flanke des Prinzen Wilhelm von Oranien fallen ließ und durch dies Manöver die Schlacht gewann.

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Erst nach der Schlacht darf man detachieren, um die Zufuhr zu sichern, es sei denn, daß die Detachements sich höchstens eine halbe Meile vom Lager entfernen.

Zum Schluß dieses Abschnitts erinnere ich noch daran, daß am gefährlichsten und strafwürdigsten die Detachements sind, durch die das Heer um ein Drittel oder die Hälfte geschwächt wird.

12. Kapitel Die Talente des Heerführers

Ein vollkommener Feldherr besieht nur in der Idee, wie die Republik Platos, das Gravitationszentrum der Philosophen und der Stein der Weisen. Vollkommenheit ist den Menschen in nichts beschieden. Allein das Bewußtsein unsrer Unvollkommenheit darf uns nicht abhalten, Ideale aufzustellen, damit edle, von Ehrgefühl und Wetteifer beseelte Geister ihnen nahe kommen, wenn sie sie auch nicht ganz erreichen können.

Überhaupt sind es die großen Beispiele und Muster, die die Menschen bilden. Wenn schon Helden wie Eugen, Conde, Turenne oder Cäsar unsre Bewunderung erregen, wieviel mehr muß uns dann erst ein Bild ergreifen, das ihre verschiedenen Vollkommenheiten vereinigt darstellt! Wie vieler gegensätzlicher Tugenden bedarf es doch für einen Feldherrn!

Vor allem setze ich voraus, daß er ein Ehrenmann und ein guter Staatsbürger sei, Eigenschaften, ohne die alle Gewandtheit und Feldherrngaben mehr schädlich als nützlich sind. Ferner verlangt man von ihm Verstellungskunst und dabei doch den Anschein von Natürlichkeit, Sanftmut und Strenge, stetes Mißtrauen und unerschütterliche Ruhe. Er soll seine Soldaten aus Menschlichkeit schonen und doch zuweilen verschwenderisch mit ihrem Leben umgehen, soll mit dem Kopfe arbeiten und doch tatkräftig handeln, verschlossen und gründlich sein, über alles Bescheid wissen, nie eine Sache über einer andern vergessen und die kleinen Details, von denen so oft Großes abhängt, nicht vernachlässigen, noch als zu gering ansehen.

Alle diese Eigenschaften empfehle ich wegen ihrer Wichtigkeit, und zwar aus folgenden Gründen:

Die Kunst, seine Gedanken zu verbergen, oder die Versiellungskunst ist für jeden, der große Geschäfte zu leiten hat, unentbehrlich. Die ganze Armee liest aus der Miene des Heerführers, wie seine Sache sieht. Sie prüft die Ursachen seiner guten und schlechten Laune, seine Gebärden; mit einem Worte: nichts entgeht ihr. Ist er nachdenklich, so sagen die Offiziere: „Sicherlich hat unser General etwas Großes<33> vor.“ Sieht er traurig oder verdrießlich aus: „Ach!“ heißt es dann, „die Dinge stehen übel.“ Und ihre Einbildungskraft, die sich in leeren Mutmaßungen ergeht, sieht alles schlimmer, als es ist. Solche Gerüchte entmutigen; sie laufen durch die ganze Armee und dringen aus Eurem in das feindliche Lager. Darum muß der Heerführer wie ein Schauspieler sein und die Miene aufsetzen, die ihm die Rolle, die er spielen will, vorschreibt. Kann er das nicht über sich bringen, so muß er lieber eine Krankheit vorschützen oder sich irgend einen Scheingrund ausdenken, um die Öffentlichkeit irrezuführen. Trifft eine schlimme Nachricht ein, so stellt er sich, als mache er sich garnichts daraus, und prahlt mit der Zahl und Größe seiner Hilfsmittel. Er verachtet den Feind öffentlich und respektiert ihn im geheimen.

Hat im Kleinkrieg irgend eins seiner Streifkorps eine Schlappe erlitten, so untersucht er die Ursachen davon und findet allemal heraus, daß das falsche Benehmen oder die Unwissenheit des Führers daran schuld war. Er erklärt öffentlich, daß die Schuld an der erlittenen Schlappe nicht der mangelnden Tapferkeit der Truppen zuzuschreiben sei, untersucht die Fehler des Offiziers und gibt dadurch den andren eine Lehre. Derart erzieht er seine Offiziere und raubt den Truppen das Vertrauen aus ihre eigene Kraft nicht33-1.

Milde und Strenge sind bei den Soldaten abwechselnd angebracht. Der Heerführer muß populär sein. Er muß mit den Soldaten reden, wenn er an ihren Zelten vorbeikommt, oder auf dem Marsche. Bisweilen sieht er nach, was sie zu kochen haben, kümmert sich um ihre kleinen Bedürfnisse, tut sein möglichstes, um ihnen das Leben zu erleichtern, und erspart ihnen unnötige Anstrengungen. Dagegen muß er mit der ganzen Strenge des Gesetzes gegen Meuterer und Plünderer verfahren, keinen Widerspruch dulden, und wenn Exempel statuiert werden müssen, die Deserteure aufs strengste bestrafen. Kurz, alles, was den Dienst betrifft, muß mit Ernst und Nachdruck geschehen; alles übrige kann mit Nachsicht behandelt werden. Was die Offiziere betrifft, so lobt er die wackeren Taten, die sie vollbracht haben, ist leutselig gegen sie und erweist ihnen Gefälligkeiten. In allem jedoch, was ihre Pflicht angeht, muß er unnachsichtig sein und sie mit Gewalt dazu anhalten, falls sie sich vernachlässigen. Der Heerführer tut gut daran, mit den einsichtsvollsten Generalen seiner Armee öfters vom Kriege zu sprechen. Er bringt sie auf allgemeine Fragen, hört ihre Meinungen an, und äußern sie dann in der freien Unterhaltung eine verständige Ansicht, so muß er sie benutzen, ohne sich anmerken zu lassen, daß er die Sache gut findet. Ist sie nachher aber ausgeführt und gelungen, so muß er im Beisein vieler Offiziere sagen: „Den Erfolg dieser Sache verdanke ich dem und dem.“ Dadurch schmeichelt er der Eigenliebe der andren, erweckt ihr Interesse an den allgemeinen Dingen, und durch seine Bescheidenheit macht er sich keine Neider, sondern gewinnt Freunde.

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Die Normannen geben ihren Kindern eine Lebensregel mit: „Sei mißtrauisch!“ — „Gegen wen?“ — „Gegen jedermann.“ Im Kriege gilt das Mißtrauen beständig dem Feinde. Nur ein Tor traut ihm. Zuweilen aber schläfert Euch das Gefühl der Sicherheit ein. Ich verlange also von einem Heerführer, daß er auf die Pläne seiner Feinde stets ein wachsames Auge habe. Er ist die Schildwache seiner Armee. Er muß sehen, hören, vorausschauen und allem Unheil, das ihr widerfahren könnte, vorbeugen. Gerade nach den größten Erfolgen muß man dem Feind am meisten mißtrauen. Man hält ihn dann zumeist für entmutigt und verfällt bei all seinen Unternehmungen in Lethargie. Oft hält ein geschickter Feind Euch mit falschen Friedensvorschlägen hin. Fallt nicht leichtfertig in diese Schlinge und bedenkt, daß seine Absichten nicht ehrlich sein können!

Stets muß man sich die Lage überlegen, in der man sich befindet, und sich fragen: „Welche Pläne würde ich fassen, wenn ich an des Feindes Stelle wäre?“ Hat man sich dann mehrere solcher Pläne ausgedacht, so muß man über die Mittel nachsinnen, wie man sie zum Scheitern bringen könnte. Man muß dann vor allem sofort die etwaigen Mängel der eigenen Stellung, der Anordnung der Truppen, der Depots oder der Detachierungen verbessern. Und zwar muß das rasch geschehen; denn im Kriege können wenige Stunden entscheidend sein: da lernt man den Wert des Augenblicks schätzen. Aber das alles darf Euch nicht einschüchtern; denn die Kühnheit muß mit Vorsicht gepaart sein, und da sich der Erfolg eines Unternehmens niemals mathematisch beweisen läßt, so genügt es, wenn man es richtig anlegt. Den Ausgang muß man dann dem Schicksal überlassen. Alles läuft also darauf hinaus, daß man voraussieht, welchen Schaden der Feind einem tun kann. Dem muß man vorbeugen und ihm selber so viel Besorgnis einflößen, daß diese Besorgnis und Eure fortwährenden Unternehmungen ihn zur Defensive zwingen.

Wollt Ihr Euch die Liebe Eurer Soldaten erwerben, so überanstrengt oder exponiert sie niemals, ohne daß sie selbst einsehen, daß es notwendig ist. Seid ihr Vater und nicht ihr Henker. Bei Belagerungen schont man die Soldaten durch Laufgräben und in der Schlacht dadurch, daß man den Feind an seiner schwachen Stelle packt und rasch zu Werke geht. Je lebhafter die Angriffe sind, um so weniger Leute kosten sie. Indem Ihr die Schlachten kurz macht, verringert Ihr die Zeit, in der Ihr Verluste erleiden könnt. Derart geführt, bekommt der Soldat Zutrauen zu Euch und setzt sich freudig der Gefahr aus.

Die Hauptarbeit des Heerführers ist die Tätigkeit am grünen Tisch. Er muß Projekte entwerfen, Gedanken verknüpfen, auf seinen Vorteil sinnen, seine Hauptstellungen wählen, die Absichten des Feindes voraussehen, ihnen zuvorkommen und den Gegner unaufhörlich beunruhigen. Aber das genügt noch nicht. Er muß auch tätig sein, muß befehlen und ausführen und stets mit eigenen Augen sehen. Er muß also seine Lager selbst wählen, seine Feldwachen aussetzen und oft rund um das Lager reiten, um sich mit der Umgebung vertraut zu machen; dann wird ihm bei einem<35> unvermuteten Angriff nichts neu sein. Er muß sich das Gelände so gut eingeprägt haben, daß er seine Befehle nach allen Seiten geben kann, als ob er an Ort und Stelle wäre, und daß nichts geschehen darf, woran er nicht im voraus gedacht hätte. Dann werden auch seine Anordnungen stets richtig sein. Er muß daher über alles, was das Lager im einzelnen betrifft, nachdenken und es wiederholt besichtigen; denn öfters kommen die guten Gedanken über eine Sache erst nach mehrfacher Üben legung. Seid also tätig und unermüdlich und legt alle geistige und körperliche Trägheit ab, sonst werdet Ihr nie den großen Feldherren gleichkommen, die uns zum Vorbild dienen.

Ein alter Schriftsteller hat gesagt, man wäre kein Mann, wenn man nicht zu schweigen wüßte. Der Mangel an Verschwiegenheit, im bürgerlichen Leben nur ein geringer Fehler, wird beim Feldherrn zum größten Lasier; denn wenn er auch die schönsten Pläne von der Welt entworfen hat, sie aber ausplaudert, so erfährt sie der Feind und erstickt sie im Keime. Die erste Vorsichtsmaßregel ist, daß man allen Detache-mentsführern oder Festungskommandanten Chiffernschlüssel gibt, damit ein aufgefangener Brief nicht Eure ganzen Pläne verrät. Im Kriege verbirgt man sogar seine wirklichen Absichten, und da manche Unternehmung viele und mannigfache Vorbereitungen erfordert, so trifft man sie unter allerlei Vorwänden, um Die irrezuführen, die ihren Zweck ergründen wollen. Daher gibt man oft seine Befehle und Dispositionen erst spät am Vorabend des Tages, an dem man sie ausführen will. Um seine Pläne sicherer zu verbergen, darf man sich auch nicht zu oft der gleichen List bedienen, sondern muß damit wechseln und oft neue erfinden. Denn ein Heerführer ist von fünfzigtausend Neugierigen umgeben, die seine Absichten erraten wollen, und von Feinden, denen an ihrer Ergründung noch weit mehr liegt.

Der Heerführer muß alle seine Pläne mit Umsicht abwägen. Er sei langsam in seinen Überlegungen, aber rasch von Entschluß in der Schlacht und in unerwarteten Fällen. Er muß wissen, daß es immer noch besser ist, einen schlechten Entschluß zu fassen und ihn auf der Stelle auszuführen, als unentschlossen zu bleiben.

Auch darf der Heerführer seine Person nicht leichtsinnig aufs Spiel setzen, vor allem aber sich nie in die Gefahr bringen, vom Feinde gefangen zu werden35-1.

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13. Kapitel Kriegslisten

Im Kriege bedient man sich abwechselnd der Löwen- und der Fuchshaut. Oft gelingt die List, wo die Gewalt scheitern würde. Man muß also durchaus beide in Anwendung bringen. Der Gewalt kann man oft mit Gewalt begegnen, aber der List muß oft auch die Gewalt weichen. Sie ist eine Sehne mehr auf dem Bogen.

Unendlich ist die Zahl der Kriegslisten, und ich gedenke nicht, sie hier alle anzuführen. Der Zweck ist aber stets der gleiche: den Feind zu falschen Schritten zu verleiten, die man von ihm getan sehen möchte. Die List dient also dazu, die eigenen Absichten zu verhüllen und dem Feinde ganz andre vorzuspiegeln. Sind die Truppen im Begriff, sich zusammenzuziehen, so läßt man sie bisweilen Gegenmärsche machen, um den Feind zu beunruhigen und ihm den Ott zu verbergen, wo man seine Truppen wirklich versammeln und gleich darauf durchbrechen will. In einem Lande, wo Festungen vorhanden sind, lagert man an einem Otte, der zwei oder drei Plätze gleichzeitig bedroht. Wirft der Feind in alle zugleich Truppen, so schwächt er sich. Diesen Augenblick benutzt man, um über ihn herzufallen. Wirft er sich aber nach einer Seite, so wendet man sich nach der andern, wohin er keine Hilfe gesandt hat, und belagert den Platz. Wollt Ihr Euch eines wichtigen Paffes bemächtigen oder über einen Fluß gehen, so entfernt Ihr Euch von dem Otte, den Ihr passieren wollt, und lockt den Feind nach Eurer Seite. Habt Ihr dann alles im voraus disponiert<37> und seid Ihr dem Feinde um einen Marsch voraus, so wendet Ihr Euch unversehens nach dem Orte, wohin Ihr eigentlich wolltet, und bemächtigt Euch seiner.

Wollt Ihr dem Feind eine Schlacht liefern, er aber scheint ihr ausweichen zu wollen, so laßt Ihr aussprengen, Eure Armee habe sich geschwächt, oder Ihr spielt den Furchtsamen, eine Rolle, die wir vor der Schlacht bei Hohenfriedberg spielen mußten. Ich ließ nämlich Wege anlegen, als ob ich beim Anmarsch des Prinzen von Lothringen in vier Kolonnen nach Breslau marschieren wollte37-1. Seine Eigenliebe erleichterte mir die Täuschung. Er rückte in die Ebene hinab und wurde geschlagen.

Bisweilen zieht man sein Lager eng zusammen, damit es schwächer aussieht, und schickt kleine Detachements ab, die man für beträchtlich ausgibt, damit der Feind Eure Schwäche verachtet und sich seines Vorteils begibt. Hätte ich im Jahre 1745 die Absicht gehabt, Königgrätz und Pardubitz zu nehmen, so hätte ich nur zwei Märsche durch die Grafschaft Glatz gegen Mähren zu machen brauchen. Dann wäre der Prinz von Lothringen gewiß herbeigeeilt, weil diese Demonstration ihn um Mähren besorgt gemacht hätte, woher er seine Lebensmittel bezog, und er hätte Böhmen verlassen37-2. Denn der Feind wird immer besorgt sein, wenn man Festungen und Orte bedroht, die seine Verbindung mit der Hauptstadt sichern oder in denen er sein Magazin hat.

Hat man dagegen nicht die Absicht, eine Schlacht zu liefern, so gibt man sich für stärker aus, als man ist, und tut weiter nichts, als feste Haltung zu zeigen. Die Österreicher sind darin rechte Meister, und bei ihnen muß man in die Schule gehen, um dergleichen zu lernen. Eure feste Haltung erweckt den Anschein, als wolltet Ihr gern mit dem Feinde handgemein werden. Ihr laßt die verwegensten Pläne aussprengen. Oft glaubt der Feind dann, er möchte kein leichtes Spiel mit Euch haben, und hält sich gleichfalls in der Defensive.

Diese Kriegsweise besieht zum Teil in der Kunst, gute Stellungen zu wählen und sie nur im äußersten Notfall zu verlassen. Alsdann geht Euer zweites Treffen zuerst zurück, und das erste folgt ihm unvermerkt. Da Ihr Defileen vor Euch habt, so hat der Feind keine Gelegenheit, Euren Rückzug auszunutzen. Beim Rückzuge selbst wählt man zweideutige Stellungen, die dem Feinde zu denken geben. Seine Besorgnis macht ihn furchtsam, Ihr aber gelangt indirekt zu Eurem Ziele.

Eine andre Kriegslist besieht darin, daß man dem Feind mehrere Kolonnenspitzen präsentiert. Nimmt den Scheinangriff für den rechten, so ist er verloren. Durch List nötigt man den Feind auch zu Detachierungen und geht ihm zu Leibe, sobald er seine Detachements abgesandt hat. Eine der besten Kriegslisten ist die, daß man den Feind einschläfert, wenn die Zeit der Winterquartiere kommt, wo die Truppen sich auseinanderziehen. Man geht dann zurück, um nachher desto besser vorzudringen.<38> Zu dem Zwecke verteilt man die Truppen derart, daß man sie rasch wieder zusammenziehen kann. Dann fällt man über die Quartiere des Feindes her. Gelingt es, so kann man in vierzehn Tagen die Mißerfolge eines ganzen Feldzuges wettmachen. Man lese die beiden letzten Feldzüge Turennes und studiere sie oft. Es sind Meisterstücke von Kriegslisten aus neuerer Zeit.

Die Kriegslisten, deren man sich im Altertum bediente, sind jetzt den leichten Truppen zugefallen. Sie legen Hinterhalte und locken den Feind durch verstellte Flucht in Defileen, um ihn dann niederzuhauen. Heutzutage sind wohl wenige Feldherren mehr so unwissend, in so grobe Hinterhalte zu fallen. Allerdings geschah dies Karl XII. bei Pultawa durch den Verrat eines Tattarenfürsten38-1 und Peter dem Großen am Pruth durch die Schuld eines Landesfürsten (1711)38-2. Beide hatten ihnen Lebensmittel versprochen, konnten sie aber nicht beschaffen.

Über den Kleinkrieg der Streifkorps oder Detachements habe ich in meinem Militärreglement38-3 lang und breit gehandelt. Da ich nichts hinzufügen kann, verweise ich alle darauf, die sich ihr Gedächtnis in diesem Punkte auffrischen wollen38-4.

14. Kapitel Spione und ihre Anwendung und wie man sich Nachrichten vom Feinde verschafft

Wüßte man die Absichten des Feindes stets voraus, so wäre man ihm auch mit einer schwächeren Armee überlegen. Alle Heerführer suchen sich diesen Vorteil zu verschaffen, aber es gelingt ihnen nicht immer. Es gibt vier Arten von Spionen: kleine Leute, die sich zu diesem Handwerk hergeben, doppelte Spione, Spione in wichtiger Stellung und endlich solche, die man zu diesem leidigen Geschäft zwingt.

Die kleinen Leute, nämlich Bürger, die man ins feindliche Lager schickt, Bauern, Priester usw. können zu weiter nichts gebraucht werden, als zur Feststellung des feindlichen Lagerplatzes. Ihre Berichte sind zumeist so wirr und unverständlich, daß man dadurch Ungewisser wird, als wenn man in der größten Unwissenheit über den<39> Feind geblieben wäre. Auch die Aussagen der Überläufer taugen gewöhnlich nicht mehr. Der Soldat weiß wohl, was bei seinem Regiment vorgeht, weiter aber auch nichts, und die Husaren, die stets vor der Armee herumstreifen, wissen oft nicht einmal, wo sie ihr Lager hat. Trotzdem nimmt man ihre Aussagen zu Protokoll; das ist noch das einzige Mittel, um Nutzen daraus zu ziehen.

Der doppelten Spione bedient man sich, um dem Feinde falsche Nachrichten aufzubinden. In Schmiedeberg war ein Italiener, der den Österreichern als Spion diente. Wir machten ihm weis, wir würden uns beim Anmarsch des Feindes auf Breslau zurückziehen. Er brachte dem Prinzen von Lothringen diese Nachricht, und er wurde betrogen39-1.

Prinz Eugen hatte lange Zeit den Postmeister von Versailles in seinem Solde. Dieser Elende öffnete alle Sendungen des Hofes an die Generale und sandte Abschriften an den Prinzen, der sie meist eher bekam als die französischen Heerführer. Der Marschall von Luxemburg hatte einen Sekretär König Wilhelms gewonnen, der ihm von allem Nachricht gab. Der König kam dahinter und zog allen erdenklichen Vorteil aus dieser heiklen Sache. Er zwang den Verräter nämlich, an Luxemburg zu schreiben, daß die Alliierten am nächsten Tage eine große Fouragierung vornehmen würden. Die Franzosen wurden infolgedessen bei Steenkerken39-2 überrumpelt und wären fast gänzlich geschlagen worden, hätten sie nicht ausnehmend tapfer gefochten.

Für uns wäre es schwer, in einem Krieg gegen Österreich solche Spione zu halten. Nicht, als ob sich bei den Österreichern weniger Leute bestechen ließen als bei andern Nationen, sondern weil ihre leichten Truppen ihre Armee wie eine Wolle umgeben und niemand durchlassen, ohne ihn zu visitieren. Ich bin daher auf den Gedanken gekommen, ein paar von ihren Husarenoffizieren zu besiechen, vermittels deren man den Briefwechsel unterhalten könnte, da es nämlich Brauch ist, daß die Husaren, wenn sie miteinander herumplänkeln, bisweilen Waffenstillstand schließen und miteinander sprechen. Dabei könnten dann leicht Briefe übergeben werden.

Will man dem Feind falsche Nachrichten zukommen lassen oder Nachrichten von ihm erhalten, so läßt man einen zuverlässigen Soldaten zu ihm überlaufen. Er berichtet dort, was man will, oder streut auch heimlich Zettel im feindlichen Lager aus, um die Truppen zum Desertieren zu ermuntern. Dann kehrt er auf einem Umweg ins eigne Lager zurück.

Hat man in Feindesland gar kein andres Mittel, sich Nachrichten vom Gegner zu verschaffen, so bleibt noch eins übrig, das man ergreifen kann, obschon es hart und grausam ist. Man nimmt einen bemittelten Bürger, der Haus und Hof, Frau und Kinder hat, und gibt ihm einen gescheiten Menschen bei, den man als Knecht verkleidet, der aber die Landessprache verstehen muß. Der Bürger muß ihn als<40> Kutscher mitnehmen und sich ins feindliche Lager begeben, unter dem Vorwande, sich über die erlittene Unbill zu beschweren. Zugleich bedroht man ihn: wenn er Euren Mann nach genügendem Aufenthalt im feindlichen Lager nicht zurückbringe, werde man seine Frau und Kinder niederhauen und sein Haus plündern und anstecken. Dies Mittel habe ich anwenden müssen, als wir im Lager bei Chlum standen40-1, und ich hatte Erfolg damit.

Hinzugefügt sei noch, daß man die Spione freigebig, ja verschwenderisch bezahlen muß. Ein Mensch, der den Strick wagt, um Euch zu dienen, verdient schon, dafür belohnt zu werden.

15. Kapitel Kennzeichen, an denen man des Feindes Absichten erraten kann

Vor Eröffnung des Feldzuges erkennt man die Pläne des Feindes am sichersten daran, welchen Ort er für seine Magazine bestimmt. Legen z. B. die Österreicher ihre Magazine in Olmütz an, so kann man sicher sein, daß sie einen Angriff auf Oberschlesien vorhaben. Errichten sie die Magazine in Königgrätz, dann ist Schlesien nach Schweidnitz zu bedroht. Als die Sachsen die Kurmark angreifen wollten40-2, wiesen ihre Magazine den Weg, den sie einschlagen wollten; denn ihre Depots waren in Zittau, Görlitz und Guben, also auf dem geraden Wege nach Krossen. Das erste also, was man zu ermitteln hat, ist: wo errichtet der Feind seine Magazine? Die Franzosen haben, um den Verbündeten40-3 ihre Pläne zu verschleiern, doppelte Lebensmitteldepots angelegt, einige an der Maas, andere an der Scheide. Stehen die österreicher im Felde, so kann man ihre Marschtage erraten; denn sie haben die unverbrüchliche Regel, daß der Soldat an allen Marschtagen kochen muß. Sieht man also um 5 oder 8 Uhr früh viel Rauch in ihrem Lager, so kann man mit Sicherheit darauf rechnen, daß sie am selben Tage etwas unternehmen werden. So oft die Österreicher eine Schlacht liefern wollen, ziehen sie alle starten Detachements von leichten Truppen an sich. Sobald man das bemerkt, muß man auf seiner Hut sein. Greift man eine von Ungarn besetzte Stellung an und diese halten stand, so kann man daraus mit Bestimmtheit schließen, daß ihre Armee ganz nahe und bereit ist, sie zu unterstützen. Schieben sich ihre leichten Truppen zwischen Euch und ein von Euch ausgeschicktes Detachement, so könnt Ihr daraus schließen, daß der Feind Absichten auf das Detachement hat, und danach Eure Maßnahmen treffen. Ich füge noch hinzu: setzt<41> der Feind Euch jedesmal denselben General entgegen, so könnt Ihr ihm sein Benehmen ablernen und seine Absichten aus seinen Gewohnheiten und seiner Methode erraten41-1.

16. Kapitel Krieg im eignen Lande, auf neutralem Gebiet und in Feindesland. Unterschied der Religionen und Verhalten in den verschiedenen Fällen

Man führt Krieg in drei Arten von Ländern, nämlich im eignen Lande, auf neutralem Gebiet oder in Feindesland. Wäre es mir bloß um Glanz und Ruhm zu tun, so würde ich immer nur in meinem eignen Lande Krieg führen; denn man hat dabei alle Vorteile für sich. Jedermann dient als Spion, und der Feind kann nicht einen Schritt tun, ohne verraten zu werden. Man kann dreist große und kleine Streift korps ausschicken, kann den Angreifer überrumpeln und alle Hebel des Krieges, von den größten bis zu den kleinsten, gegen ihn in Bewegung setzen. Wird er geschlagen, so wird jeder Bauer zum Soldaten und ficht gegen ihn. Diese Erfahrung machte Kurfürst Friedrich Wilhelm nach der Schlacht bei Fehrbellin, wo die Bauern mehr Schweden totschlugen, als in der Schlacht selbst geblieben waren41-2. Ich für mein Teil habe das nach der Schlacht von Hohenfriedberg erlebt, wo die schlesischen Bergbewohner viele Flüchtlinge von der österreichischen Armee als Kriegsgefangene einbrachten41-3.

Wird der Krieg in neutralem Lande geführt, so scheint der Vorteil auf beiden Seiten gleich, und es kommt nur darauf an, wer von beiden das Vertrauen und die Liebe der Einwohner zu gewinnen weiß. Man hält deshalb streng auf Disziplin, verbietet das Marodieren und Plündern und bestraft es hart. Dem Feinde schiebt man die schlimmsten Absichten zu. In einem protestantischen Lande, wie Sachsen, spielt man die Rolle des Beschützers der lutherischen Religion und sucht in den Herzen des gemeinen Volkes, das in seiner Einfalt leicht zu betrügen ist, den Fanatismus zu schüren. In katholischen Ländern redet man nur von Toleranz, predigt<42> Mäßigung und wirft auf die Priester alle Schuld an der Erbitterung zwischen den christlichen Sekten, da diese ja in allen wesentlichen Glaubenslehren übereinstimmen.

Bei der Aussendung von Streifkorps muß man sich danach richten, welche Aufnahme man bei den Einwohnern findet. Im eignen Lande kann man alles wagen; auf neutralem Gebiet aber muß man schon behutsamer sein, falls man des Volkes oder doch der Mehrzahl der Einwohner nicht völlig sicher ist.

In ganz feindlichen Ländern, wie Böhmen oder Mähren, muß man sich nur auf ein ganz sicheres Spiel einlassen, aus den angeführten Gründen seine Streifkorps nicht leichtsinnig aussetzen und den Krieg so geschlossen wie möglich führen. Die leichten Truppen dienen dann größtenteils zur Deckung der Zufuhr. Man wähne nicht, daß sich das Volk dort jemals gewinnen lasse. Nur an den Hussiten im Königgrätzer Kreise hat man einen Rückhalt. Die Gutsherren sind Verräter, wenn sie sich auch wohlgesinnt stellen. Ein gleiches gilt von den Pfaffen und den Amtleuten; denn ihre Interessen sind mit denen des Hauses Österreich verknüpft, und da das eigne Interesse fast überall die Haupttriebfeder der menschlichen Handlungen ist, so darf man den Menschen nie trauen, wenn das ihre sich mit dem unsern nicht deckt. Das einzige, was einem noch verbleibt, ist der Fanatismus. Kann man das Volk bei seiner Gewissensfreiheit packen und ihm beibringen, daß es von den Pfaffen und Frömmlern bedrückt wird, so kann man sicher auf seinen Beistand rechnen. Das heißt aber, Himmel und Hölle für Eure Sache in Bewegung setzen42-1.

17. Kapitel Alle Märsche, die eine Armee machen kann

Eine Armee marschiert entweder, um Fortschritte in Feindesland zu machen, oder um ein vorteilhafteres Lager zu besetzen, oder um eine Verstärkung an sich zu ziehen, oder um eine Schlacht zu liefern, oder um sich zurückzuziehen.

Es ist eine allgemeine Regel, nachdem man für die Sicherheit des Lagers gesorgt hat, sofort alle Straßen, die von ihm ausgehen, und die ganze Umgegend rekognoszieren zu lassen, damit man seine Anordnungen für alle eintretenden Fälle zu treffen vermag. Zu dem Zweck schickt man unter allerlei Vorwänden starke Detachements nebst Ingenieuren und Quartiermeisiern aus. Sie begeben sich an alle Orte, die für einen Marsch in Betracht kommen, nehmen das Gelände auf und erkunden zugleich, in wieviel Kolonnen man marschieren kann. Man gibt diesen Detachements<43> Jäger mit, die sich die Straßen merken müssen, damit sie jede Kolonne führen können, falls der General mit der Armee dorthin rücken will. Die Offiziere erstatten Meldung über die Lokalität des Lagers, die Straßen, die zu ihm führen, die Beschaffenheit des Geländes, ob man Wälder, Berge, Ebenen oder Flüsse antrifft. Weiß der Heerführer über alle diese Einzelheiten Bescheid, so trifft er danach seine Dispositionen.

I. Gewöhnliche Märsche

Ist man nicht in zu großer Nähe des Feindes, so trifft der Heerführer seine Dispositionen etwa folgendermaßen. Ich nehme dabei an, daß vier Straßen nach dem neuen Lager führen.

Marschbefehl:

„Die Avantgarde bricht heute abend 8 Uhr unter dem Befehl von N. auf. Sie besteht aus 6 Grenadierbataillonen, I Infanterieregiment, 2 Dragonerregimentern zu 5 Schwadronen und 2 Husarenregimentern.

Alle Fourierschützen der Armee gehen mit der Avantgarde. Sie nimmt nur ihre Zelte mit; ihre große Bagage bleibt bei der Armee. Sie rückt zwei Meilen voraus, um das Defilee, den Fluß, den Berg, die Stadt, das Dorf oder die Ortschaft usw. zu besetzen, und wartet dort den Anmarsch der Armee ab. Dann rückt sie in das neue Lager, das sie abstecken läßt.

Die Armee folgt morgen früh um 3 Uhr in vier Kolonnen. Die Wachen in den Dörfern kehren zu ihren Regimentern zurück, sobald diese unter Gewehr stehen.

Die Kavallerie vom rechten Flügel beider Treffen marschiert rechts ab und bildet die erste Kolonne. Die Infanterie vom rechten Flügel beider Treffen marschiert rechts ab und bildet die zweite Kolonne. Die Infanterie vom linken Flügel beider<44> Treffen marschiert rechts ab und bildet die dritte Kolonne, und die Kavallerie vom linken Flügel marschiert rechts ab und bildet die vierte Kolonne.

Die Infanterieregimenter N. N. N. vom zweiten Treffen, die Dragonerregimen-ter N. N. vom zweiten Treffen und 3 Husarenregimenter unter dem Befehl des Generals N. decken die Bagage, die hinter den beiden Infanteriekolonnen folgt.

Vier Adjutanten führen die Aufsicht über die Bagagewagen und sorgen dafür, daß sie in guter Ordnung fahren und so dicht wie möglich zusammenbleiben.

Der Kommandeur der Arrieregarde läßt den Höchstkommandierenden rechtzeitig benachrichtigen, falls er Verstärkung braucht.

Die vier Kolonnen werden von den Jägern geführt, die die Straßen rekognosziert haben. Vor jeder Kolonne marschiert eine Abteilung Zimmerleute, nebst den Wagen mit Balken, Riegeln, Brettern usw. zum Brückenbau über kleine Flüsse.

Die Kolonnen haben sich während des Marsches nacheinander zu richten, damit keine mit der Spitze über, die andre hinauskommt. Die Generale haben darauf zu achten, daß ihre Bataillone geschlossen bleiben und dicht hintereinander marschieren, auch daß die Zugführer ihre Abstände gut einhalten.

Wenn ein Defilee passiert werden muß, marschiert die Spitze langsam oder macht halt, damit die Queue Zeit hat, hindurchzurücken und sich wieder anzuschließen.“

So ungefähr werden Marschbefehle gegeben. Sind Defileen, Gehölze oder Gebirge zu passieren, so teilt man die Kolonnen. Die Spitze besieht dann nur aus Infanterie, hinter der die Kavallerie schließt. Liegt eine Ebene in der Mitte, so weist man sie der Kavallerie an, und die Infanterie bildet die beiden Flügelkolonnen, die durch den Wald marschieren. Der Feind darf aber nicht zu nahe sein; denn in diesem Falle darf man nur ein paar Grenadierbataillone vor der Kavallerie hermarschieren lassen, um nicht die ganze Ordre de bataille zu zerreißen.

II. Märsche, um eine Verstärkung an sich zu ziehen

Soll eine Verstärkung sicher zur Armee stoßen, so ist es am besten, ihr durch ein schwieriges Gelände entgegenzurücken und sich dabei vor dem Feinde zurückzuziehen, um eine Schlacht zu vermeiden. Dank der Überlegenheit, die man durch die Verstärkung erhält, gewinnt man dem Feinde das Terrain, das man ihm sozusagen geliehen hat, nachher bald wieder ab.

III. Parallelmärsche

Muß man der feindlichen Stellung parallel marschieren, so geschieht es entweder nach rechts oder nach links, und zwar in zwei Treffen, deren jedes eine Kolonne bildet. Man schickt eine Avantgarde voraus und trifft im übrigen die weiter oben vorgeschriebenen Maßregeln. Solcherart waren alle Märsche, die wir von Franken<45>stein bis Hohenfriedberg machten, und zwar zur Rechten des Feindes45-1. Diese Anordnung ziehe ich allen andern vor; denn wenn man nur rechts- oder linksum macht, sieht die ganze Armee in Schlachtordnung, und das ist die schnellste Art, sich zu formieren. Hätte ich die Wahl, ich würde es beim Angriff auf den Feind stets so machen. Ich habe den Nutzen davon bei Hohenfriedberg und Soor gesehen45-2.

IV. Anmärsche zur Schlacht

Marschiert man gegen den Feind, um ihm eine Schlacht zu liefern, so entledigt man sich zuvor seiner ganzen Bagage und schickt sie unter Bedeckung zur nächsten Stadt. Dann bildet man eine Avantgarde, die der Armee höchstens eine kleine Vier-telmeile vorausrückt. Marschiert die Armee frontal gegen den Feind an, so müssen die Kolonnen nicht nur in gleicher Höhe nebeneinander bleiben, sondern auch, wenn sie sich dem Schlachtfelde nähern, sich genügend ausbreiten, damit die Truppen nicht mehr noch weniger Gelände einnehmen, als sie zum Aufmarsch brauchen. Das ist sehr schwierig. Gewöhnlich haben einige Bataillone leinen Platz oder es entstehen Lücken. Beim Anmarsch in Linie kommen solche Unzuträglichkeiten nie vor; darum halte ich ihn für den besten. Die Anmärsche zur Schlacht erfordern viel Vorsicht; der Heerführer muß behutsam vorgehen und das Gelände, ohne sich dabei selbst auszusetzen, in gewissen Abständen selbst rekognoszieren, damit er die verschiedenen Stellungen fertig im Kopfe hat, um sie benutzen zu können, falls der Feind ihm entgegenrückt. Zum Rekognoszieren des Geländes bedient man sich der Kirchtürme und Anhöhen45-3.

V. Rückzugsabmärsche

Die gewöhnlichen Rückzüge finden folgendermaßen statt. Man entledigt sich ein bis zwei Tage vor dem Marsche seiner Bagage, die man unter guter Bedeckung wegschickt. Dann teilt man die Armee in Kolonnen, je nach der Zahl der Straßen und der Beschaffenheit des Geländes. In der Ebene bildet die Kavallerie die Arrieregarde. In bedecktem Gelände übernimmt die Infanterie diese Aufgabe. In der Ebene marschiert die Armee in vier Kolonnen. Der rechte Infanterieflügel des zweiten Treffens marschiert rechts ab. Dann folgt der rechte Kavallenefiügel des zweiten Treffens. Beide zusammen bilden die vierte Kolonne. Der rechte Infanteriefiügel des ersten Treffens marschiert gleichfalls rechts ab, gefolgt vom rechten Kavallenefiügel des ersten Treffens, und bildet mit ihm die dritte Kolonne. Der linke Infanterieftügel und der linke Kaoalleriefiügel des ersten Treffens bilden die zweite Kolonne, und der linke Infanteriefiügel nebst dem linken Kavallenefiügel des zweiten Treffens die erste. Derart besieht die ganze Nachhut aus Kavallerie. Zur größeren Vorsicht wird sie von allen Husaren der Armee unterstützt.

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VI. Rückzüge durch Defileen, wenn man Berge hinter sich hat

Führt Euch Euer Rückzug durch Defileen, so müßt Ihr sie am Abend vorher durch Infanterie besetzen lassen und diese derart aufstellen, daß sie die Kolonnen, die sich durch das Defilee zurückziehen, überflügeln, damit die Wege des Defilees frei bleiben. Angenommen, Ihr geht in zwei Kolonnen zurück. Dann marschiert die Kavallerie vom rechten Flügel links ab, das zweite Treffen zuerst, und setzt sich an die Spitze der zweiten Kolonne. Der rechte Infanteriefiügel folgt, und zwar zuerst das zweite, dann das erste Treffen. An der Spitze der ersten Kolonne marschiert die Kavallerie des linken Flügels, ebenfalls links abgebrochen, das zweite Treffen zuerst. Dahinter folgt der linke Infanterieflügel, links abmarschiert, das zweite Treffen zuerst. Das sind Eure beiden Kolonnen. Sechs Bataillone, und zwar die letzten vom ersten Treffen, nebst 10 Husarenschwadronen bilden die Nachhut und stellen sich in Schlacht-ordnung vor das Defilee, während die Armee hindurchzieht, und zwar schachbrettförmig in zwei Treffen46-1. Die Truppen, die das Defilee schon durchschritten haben, müssen diese Nachhut unbedingt überflügeln, um sie durch ihr Feuer unterstützen zu können. Ist die ganze Armee hindurch, so rückt das erste Treffen der Nachhut durch die Zwischenräume des zweiten und geht durch das Defilee. Nach seinem Abmarsch macht das zweite Treffen das gleiche Manöver, wobei es vom Feuer der jenseits des Defilees aufgestellten Truppen unterstützt wird. Diese Truppen folgen dann zu allerletzt und bilden ihrerseits die Nachhut.

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A.

B.

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VII. Rückzüge über Flüsse

Das allerschwierigste Manöver ist ein Rückzug über einen Fluß angesichts des Feindes. Ich kann hiervon kein besseres Beispiel anführen als unfern Rückzug im Jahre 1744, wo wir bei Kolin über die Elbe gingen48-1. Da man aber an solchen Stellen nicht immer Städte findet, so will ich annehmen, man habe nur zwei Brücken zur Verfügung48-2. In diesem Falle muß man eine gute Verschanzung herstellen lassen, die beide Brücken umfaßt. Außerdem muß jede Brücke noch einen befestigten Brückenkopf erhalten. Ist dies geschehen, so schickt man Truppen und viel Geschütz aufs andre Ufer. Man wählt dazu eine hochgelegene, aber nicht zu stelle Ufersirecke, die das diesseitige Ufer beherrscht. Danach besetzt man die Hauptverschanzung mit Infanterie. Ist das geschehen, so geht die Infanterie zuerst über den Fluß. Die Kavallerie bildet die Nachhut und zieht sich schachbrettförmig durch die Verschanzung zurück, die den ersten Rückzug deckt. Ist alles hinüber, so besetzt man die beiden kleinen Brückenköpfe mit Infanterie. Dann zieht sich die Infanterie aus der großen Verschanzung zurück und geht ebenfalls über die Brücken. Drängt der Feind nach, so gerät er ins Feuer der beiden Brückenköpfe und der am andern Ufer postierten Truppen. Hat die Infanterie, die in der Verschanzung gestanden hat, den Fluß passiert, so werden die Brücken abgebrochen, und die in den Brückenköpfen befindlichen Truppen setzen in Schiffen über, unter dem Schütze der am andern Ufer Aufgestellten, die dann möglichst nahe heranrücken, um sie desto wirksamer zu verteidigen. Sobald die Pontons verladen sind, setzen sich die letzten Truppen gleichfalls in Marsch48-3.

18. Kapitel Vorsichtsmaßregeln beim Rückzuge gegen die Husaren und Panduren

Die Husaren und Panduren sind nur für die furchtbar, die sie nicht kennen. Sie fechten nur dann tapfer, wenn die Hoffnung auf Beute sie beseelt, oder wenn sie Schaden tun können, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen. Die erste Art von Tapferkeit üben sie gegen die Proviantzüge und die Bagage, die andre gegen Truppen, die sich zurückziehen müssen und die sie dann beständig beunruhigen. Unsre Truppen haben nichts Ernstliches von ihnen zu befürchten. Da jedoch ihre Art, den Feind zu <49>belästigen, den Marsch der Truppen aufhält und dabei ganz unnützerweise Leute tot, geschossen werden, so will ich hier die Methode angeben, die mir als die beste erscheint, um sie sich vom Leibe zu halten.

Zieht man sich in der Ebene zurück, so verjagt man die Husaren durch einige Kanonenschüsse und die Panduren durch Husaren und Dragoner, vor denen sie große Angst haben. Am meisten Unheil können die Panduren bei Rückzügen in schwierigem Gelände anrichten, wenn man durch Wald, durch Defileen oder Gebirge muß. Dann ist ein Verlust an Leuten fast unvermeidlich. Dabei ist nichts andres zu tun, als daß die Nachhut die Höhen besetzt und Front gegen den Feind macht. Ferner schickt man einzelne Züge neben den Marschkolonnen her, die sich beständig auf den Höhen oder in den Wäldern halten. Auch hat man einige Husarenschwadronen bei der Hand, die man gegen sie losläßt, wo das Gelände es irgend erlaubt. Man darf sich dabei aber nicht aufhalten, sondern muß seinen Marsch immer fortsetzen. Denn sich aufhalten, heißt nur unnütz Leute verlieren.

Die Panduren werfen sich auf die Erde und schießen aus dem Versteck, und wenn die Nachhut und die detachierten Züge die Höhen verlassen müssen, um der Armee im Weitermarsch zu folgen, so besetzen die Panduren die Höhen und schießen, weil sie da sicher sind, auf die Zurückgehenden. Da sie aber zerstreut fechten und sich hinter Anhöhen oder Bäumen verbergen oder auch am Boden liegen, so kann man ihnen weder mit Gewehrsalven noch mit Kartätschen viel schaden. Ich habe zwei solche Rückzüge im Jahre 1745 durchgemacht, den einen durch das Tal von Liebenthal auf dem Marsche nach Staudenz, und den andren von Trautenau nach Schatzlar49-1. Beim ersten hatten wir trotz aller erdenklichen Vorsichtsmaßregeln 60 Tote und Verwundete, beim zweiten über 200. Bei Rückzügen auf schwierigen Straßen darf man nur kleine Märsche machen, um mit den Panduren schneller fertig zu werden und Zeit zum Ergreifen desto besserer Vorsichtsmaßregeln zu gewinnen. Über eine deutsche Meile darf man dann nicht marschieren. Da man es nicht eilig hat, kann man dann öfter Jagd auf die Panduren machen, besonders wenn sie so unvorsichtig sind, sich in kleine Waldstücke zu legen, die man umgehen kann.

19. Kapitel Offensives Vorgehen gegen die feindlichen leichten Truppen

Wollen wir eine von leichten Truppen besetzte Stellung nehmen, so stürmen wir sie. Bei ihrer zerstreuten Fechtalt können sie regulären Truppen nicht standhalten. Ohne viel Federlesens wirft man einfach einige Truppen auf die Flanken des Korps,<50> das ihnen zu Hilfe rückt. Geht man dabei nur entschlossen zu Werke, so jagt man sie, wohin man will. Unsre Dragoner und Husaren attackieren sie geschlossen mit blanker Waffe. Solchen Attacken halten sie nicht stand, und so sind sie denn, ungeachtet ihrer Überzahl, auch stets geschlagen worden.

20. Kapitel Bewegungen, um den Feind zum Stellungswechsel zu zwingen

Wenn man glaubt, es genüge, mit der eignen Armee eine Bewegung zu machen, um den Feind zu zwingen, ein gleiches zu tun, so täuscht man sich sehr. Nicht die Bewegung ist das Entscheidende, sondern die Art, wie sie gemacht wird. Bloße Scheinbewegungen führen einen geschickten Feind nicht irre. Dazu bedarf es der Besetzung wichtiger Stellungen, die ernstliche Bedenken bei ihm erwecken und ihn zum Aufbruch nötigen. Daher muß man das Land gut kennen, nicht minder den feindlichen Heerführer, mit dem man zu tun hat, die Städte, an denen ihm am meisten gelegen ist, die Orte, wo seine Magazine sind und woher er seine Fourage bezieht. Alle diese Umstände muß man miteinander verknüpfen und reiflich erwägen und danach seine Projekte machen. Von zwei Heerführern wird auf die Dauer immer der das Spiel gewinnen, der die meisten Schachzüge hintereinander ersonnen hat.

Zu Anfang des Feldzuges zwingt der, welcher sein Heer zuerst zusammenzieht und zuerst vorrückt, um eine Stadt zu erobern oder eine Stellung einzunehmen, den Gegner dazu, sich nach seinen Bewegungen zu richten, und wirst ihn in die Defensive.

Wollt Ihr Euren Gegner im Laufe des Feldzuges zwingen, sein Lager zu wechseln, so müßt Ihr Euren Grund dazu haben, sei es, daß Ihr eine Stadt nehmen wollt, in deren Nähe er lagert, oder daß Ihr ihn in eine unfruchtbare Gegend treiben wollt, wo er sich nur mit Mühe verpflegen kann, oder schließlich, daß Ihr eine Schlacht zu liefern hofft, die Euch noch größere Vorteile verschafft. Liegt ein solcher Grund vor, so müßt Ihr einen Plan zur Ausführung entwerfen und ihn ins Wert setzen, dabei aber auch sehr sorgfältig erwägen, ob die Märsche, die Ihr deswegen macht, und die Lager, die Ihr beziehen wollt, Euch und Eure Armee nicht in weit größere Bedrängnis bringen können: z. B. wenn Ihr Euch von einer schlecht befestigten Stadt entfernt, in der Ihr Eure Lebensmittel habt, sodaß die leichten Truppen des Feindes sie in Eurer Abwesenheit beim ersten Anlauf erobern können. Oder wenn Ihr eine Stellung einnehmt, in der Euch der Feind durch eine Bewegung von Eurem Lande und Euren rückwärtigen Verbindungen abschneiden könnte. Oder auch, wenn Ihr Euch in ein Land werft, das Ihr aus Mangel an Fourage vielleicht bald wieder verlassen müßt. Aber nicht das allein ist zu erwägen. Ihr müßt Euch auch klar machen, was<51> etwa der Feind gegen Euch unternehmen kann und was er nicht zu tun vermöchte. Danach entwerft Ihr Euren Plan, es sei nun, in des Feindes Flanke zu lagern oder in ein Land einzufallen, aus dem er seine Lebensmittel bezieht, oder ihn von seiner Hauptstadt abzuschneiden, oder seine Magazine zu bedrohen oder ihm durch Eure Stellung die Fourage zu beschränken.

Um ein Beispiel anzuführen, das allen meinen Offizieren bekannt ist, will ich einen Plan entwerfen, wie wir es im Jahre 1745 hätten anstellen können, um den Prinzen von Lothringen zum Verlassen von Königgrätz und Pardubitz zu zwingen. Aus dem Lager von Diwetz hätten wir nach links abmarschieren und längs der Grafschaft Glatz auf Hohenmauth rücken müssen. Da die Österreicher ihr Magazin in Deutsch-Brod hatten und ihre Lebensmittel größtenteils aus Mähren bezogen, wären sie zum Marsche auf Landskron gezwungen worden. Damit wären Königgrätz und Pardubitz in unsre Hand gefallen, und die Sachsen, die durch jenen Marsch von der Heimat abgeschnitten worden wären, hätten sich gewiß von den Österreichern getrennt, um ihr eignes Land zu decken51-1. Was mich damals von jenem Marsch abhielt, war, daß ich mit der Einnahme von Königgrätz garnichts gewonnen hätte. Denn wären die Sachsen nach Hause gezogen, so hätte ich mich ebenfalls schwächen müssen, um dem Fürsten von Anhalt Verstärkungen zu schicken. Außerdem hatte ich in Glatz nicht Proviant genug, um während des ganzen Feldzuges aus diesem einzigen Magazin zu leben.

Auch durch Diversionen, die man von Detachements machen läßt, nötigt man den Feind, sein Lager zu wechseln. Alle Unternehmungen, auf die der Feind nicht gesaßt ist, machen ihn irre und bringen ihn zum Abzug. So z. B. Gebirgsübergänge, die er für unmöglich hält und die doch fast stets ausführbar sind, oder unvermerkte Flußübergänge. Man lese den Feldzug des Prinzen Eugen vom Jahre 1701 in Italien. Sein Zug über die Alpen warf alle Pläne Catinats über den Haufen. Wir alle wissen, welche Verwirrung 1744 bei der französischen Armee entstand, als der Prinz von Lothringen unerwartet über den Rhein ging51-2.

Ich schließe also, daß die gleichen Ursachen stets die gleichen Wirkungen haben werden. So oft ein General seine Bewegungen richtig berechnet und sie aus triftigen Gründen ausführt, wird er den Feind stets in die Defensive werfen und ihn dazu zwingen, sich nach ihm zu richten.

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21. Kapitel Flußübergänge

Steht der Feind am jenseitigen Ufer des Flusses, über den Ihr gehen wollt, so ist alle Gewalt vergebens, und Ihr müßt Eure Zuflucht zur List nehmen. Ist ein großer Strom zu passieren, so muß man sich Cäsars52-1 und des Prinzen Karl von Lothringen52-2 Rheinübergänge oder den Übergang des Prinzen Eugen über den Po52-3 zum Muster nehmen. Jene Feldherren schickten einige Detachements ab, um den Feind irrezuführen und ihm die Stelle zu verbergen, wo sie ihren Übergang bewerkstelligen wollten. An Orten, wo sie gar keine Absicht dazu hatten, ließen sie Ansialten zum Brückenschlag treffen, und ihre Hauptmacht gewann durch einen Nachtmarsch den nötigen Von sprung, um den Fluß zu überschreiten, bevor der Gegner es verhindern tonnte.

Man sucht sich solche Stellen aus, wo Inseln im Flusse den Übergang erleichtern, und hat auch gern am andern Ufer Waldungen oder sonst ein schwieriges Gelände, das den Feind am Angriff hindert, bevor Ihr herausgerückt seid. Die Maßregeln zu dergleichen Unternehmungen müssen ganz besonders sorgfältig getroffen werden, damit die Flöße, Pontons und alles Zubehör zur bestimmten Stunde an Ort und Stelle sind und jeder Pionier oder Schiffer weiß, was er zu tun hat. Vor allem muß man auch die Verwirrung verhüten, die bei solchen nächtlichen Unternehmungen nur zu leicht entsteht. Danach schickt man Truppen aufs andre Ufer, um daselbst Fuß zu fassen. Sie legen dort sogleich Verschanzungen und Verhaue an, die ihnen Deckung gewähren, bis die ganze Armee den Fluß überschritten hat. Bei allen Übergängen über breite Ströme muß man beide Brückenköpfe sorgfältig befestigen und gut besetzen. Man befestigt auch die Nächstliegenden Inseln zur Unterstützung der Verschanzungen, damit Euch der Feind in der Zeit, wo die Armee gegen ihn operiert, die Brücken nicht wegnehmen und zerstören kann.

Zum Übergang über schmale Flüsse wählt man eine Stelle, wo der Fluß eine Krümmung macht und das diesseitige Ufer hochliegt, sodaß es das andre beherrscht. Hier stellt man soviel Geschütze wie möglich auf und besetzt es mit Infanterie. Unter ihrem Schutze schlägt man seine Brücken und passiert sie alsdann. Da die Krümmung des Flusses das Gelände einschnürt, finden die schwächsten Abteilungen gleich eine Anlehnung. Man darf nur ganz langsam vorrücken und nur in dem Maße Terrain gewinnen, wie Truppen hinüberkommen und es besetzen können. Sind Furten vorhanden, so werden sie von der Kavallerie benutzt und zu dem Zweck hergerichtet.

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22. Kapitel Verteidigung von Flüssen

Nichts ist so schwer, wo nicht unmöglich, als dem Feind einen Flußübergang zu verwehren, besonders, wenn die Angriffsfront zu breit ist. Ich würde nie einen solchen Auftrag übernehmen, wenn die Angriffsfront mehr als acht deutsche Meilen betrüge. Auch müßten eine oder zwei Festungen auf dieser Strecke am Flusse liegen und sich ferner nirgends eine Furt befinden. Aber auch, wenn das alles der Fall ist, bedarf es noch einer gewissen Zeit, um sich auf die Unternehmungen des Feindes vorzubereiten.

Folgende Anordnungen wären zu treffen. Man läßt alle Schiffe fortnehmen, die sich auf dem Flusse befinden, und schafft sie nach den beiden Festungen, damit der Feind sie nicht benutzen kann. Ferner läßt man beide Flußufer erkunden, um zu ermitteln, welche Stellen den Übergang des Feindes begünstigen könnten. Liegen an diesen Stellen auf dem diesseitigen Ufer einige Bauernhäuser oder ein Kirchhof, den der Feind beim Übergang benutzen könnte, so läßt man sie sofort zerstören. Man merkt sich alle günstigen Übergangsstellen und entwirft für jede von ihnen einen besonderen Angriffsplan, und zwar an Ort und Stelle selbst. Dann läßt man große, breite Wege für mehrere Kolonnen am Ufer entlang auf der ganzen Verteidigungslinie anlegen, um bequem und ohne Hindernisse gegen den Feind vorrücken zu können. Sind alle diese Anstalten getroffen, so lagert man mit seiner Armee im Zentrum der Verteidigungslinie, sodaß man also zu den beiden Endpunkten nicht mehr als vier Meilen zu marschieren hat. Ferner bildet man sechzehn kleine Detachements unter Führung der geschicktesten und wachsamsten Husaren- oder Dragoneroffiziere der Armee. Acht davon verteilt man unter dem Befehl eines Generals nach rechts und acht unter einem andern General nach links. Ihre Aufgabe ist, über die Bewegungen des Feindes und den Ort, wo er über den Fluß will, Meldung zu erstatten. Tagsüber stellen sie Wachen aus, um alles, was vorgeht, zu beobachten. Des Nachts aber patrouillieren sie alle Viertelstunden dicht am Flusse und ziehen sich nicht eher zurück, als bis sie deutlich gesehen haben, daß der Feind eine Brücke schlägt und seine Spitze sie passiert hat. Die beiden Generale, sowie die beiden Festungskommandanten erstatten dem tzöchsikommandierenden täglich viermal Bericht. Auf den Wegen müssen Relais angelegt werden, damit die Meldungen rasch eintreffen und man sofort Nachricht hat, wenn der Feind den Fluß überschreitet. Pflicht des Heerführers ist es, sofort dorthin zu marschieren. Zu dem Zweck muß er seine Bagage schon fortgeschafft haben und stets auf dem Sprunge stehen. Da alle seine Dispositionen schon fertig sind, so gibt er den Generalen sofort diejenige, die für den betreffenden Ort paßt. Er muß rasch marschieren und seine ganze Infanterie nach<54> vorn nehmen; denn er muß voraussetzen, daß der Feind sich verschanzt hat. Darauf muß er ihn lebhaft und ohne Zaudern angreifen: dann kann er sich den glänzendsten Erfolg versprechen.

Der Übergang über kleine Flüsse ist schwerer zu verwehren. Man muß die Furten durch hineingeworfene Baumstämme ungangbar machen. Liegt aber das Ufer auf der Seite des Feindes höher, so ist aller Widerstand umsonst.

23. Kapitel Überfälle von Städten

Städte, die man überrumpeln will, müssen schlecht bewacht und schlecht befestigt sein. Haben sie Wassergräben, so ist der Überfall nur im Winter möglich. Man überfällt Städte mit einer ganzen Armee, wie es 1741 mit Prag geschaht54-1, oder nachdem man die Besatzung durch eine lange Blockade eingeschläfert hat, wie Erbprinz Leopold von Anhalt es mit Glogau machte54-2. Man überfällt sie auch mit Detachements, wie Prinz Eugen es mit Cremona versuchte54-3, und wie es den Österreichern mit Kosel gelang54-4. Die Hauptregel bei Überfällen ist, daß man die Festungswerke und das Innere der Stadt genau kennt, damit man die Angriffe nach der Örtlichkeit einrichten kann. Der Überfall von Glogau war ein Meisterstück, das alle, die Überfälle machen wollen, studieren müssen. Der von Prag war nicht so hervorragend; denn da eine schwache Besatzung eine sehr weitläufige Stadt zu verteidigen hatte, so war es nicht zu verwundern, daß sie nach wiederholten Angriffen erobert wurde. Kosel und Cremona fielen durch Verrat, und zwar ersteres durch einen Offizier der Besatzung, der zu den Österreichern überlief und ihnen entdeckte, daß die Vertiefung des Grabens noch nicht ganz beendigt war. Sie durchschritten ihn an einer seichten Stelle und eroberten die Festung.

Bei kleinen Städten sprengt man die Tore. Jedoch muß man vor sämtliche Tore Detachements schicken, damit der Feind sich nicht retten kann. Will man dabei Artillerie brauchen, so muß man sie so aufstellen, daß die Kanoniere vor dem Gewehrfeuer gedeckt sind; sonst läuft man Gefahr, das Geschütz zu verlieren.

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24. Kapitel Angriff und Verteidigung fester Plätze

I. Angriff

Die Belagerungskunst ist zum Handwerk geworden wie das Tischler- oder Uhrmacherhandwerl. Bestimmte untrügliche Regeln haben sich herausgebildet, nach denen alles stets denselben Gang geht. Die gleiche Theorie wird immer wieder auf den gleichen Fall angewandt. So weiß jedermann, daß für das Depot am Ende des Laufgrabens ein gedeckter Platz angelegt wird, daß man die erste Parallele so nahe wie möglich an den gedeckten Weg heranschiebt, daß man, außer bei besonderer Eile, Sappen benutzt, um die Leute zu schonen, daß man Schächte gräbt, um die Minen zu entdecken, daß man die Minen des Feindes ausbläst, daß man die Überschwemmungen nach vorheriger Nivellierung des Geländes abläßt, daß man stets den schwächsten Punkt angreift, daß die ersten Batteiien das Geschütz des Verteidigers zum Schweigen bringen55-1, daß man in dem Maße, wie man neue Parallelen anlegt, auch die Batterien näher an die Festung heranrückt, daß man bei der zweiten oder dritten Parallele Rikoschettbatterien errichtet, um die Wallinien zu bestreichen, daß man, sobald man auf dem Glacis ist, die Kontreskarpe stürmt und auf ihr Batterien55-2 errichtet, um in die vor dem Hauptwall liegenden Werte Bresche zu schießen, daß man diese Werte durch neue Sturmangriffe nimmt, bis man an die Kernumwallung herankommt, die man durch neue Batterien breschiert, um schließlich durch die Sturmgasse zum Hauptsturm zu schreiten, und daß der Kommandant dann kapituliert und die Stadt übergibt. Das alles ist genauer Berechnung unterworfen, sodaß man, auch wenn man abwesend ist, ziemlich genau ausrechnen kann, an welchem Tage etwa sich die Festung ergeben wird, sofern nicht außergewöhnliche Umstände eintreten oder ein besonders tüchtiger Kommandant die Fortschritte der Belagerer durch die Zähigkeit seines Widerstandes länger als gewöhnlich aufhält.

Ich will hier nicht wiederholen, was der Fürst von Anhalt55-3 und Vauban gesagt haben. Sie sind unsre Meister und haben eine Kunst, die vordem nur sehr wenigen bekannt war, in bestimmte Regeln gebracht. Ich füge nur einige Gedanken hinzu, die mir beim Nachdenken über diesen Gegenstand eingefallen sind. Sie lassen sich vielleicht benutzen, besonders, wenn die belagerten Plätze nur trockne Gräben besitzen und der General seine Absicht gut verbirgt. Ich glaube z. B., man könnte eine<56> Stadt von zwei Seiten angreifen. Nachdem man nahe genug an den gedeckten Weg herangekommen ist, um die Kontreskarpe zu stürmen, könnte man dann in der Nacht ein starkes Detachement, das man zu diesem Zweck bereitgestellt hat, von einer andren Seite gegen die Stadt anrücken lassen. Es müßte dort eine halbe Stunde vor Tagesanbruch stürmen. Zugleich müßten alle Geschütze der beiden Angriffsfronten feuern, damit der Feind im Glauben, Ihr wolltet die Kontreskarpe stürmen, sein ganzes Augenmerk auf die beiden offenen Angriffe richtet und die Überrumpelung durch das Detachement ohne Widerstand gelingt. Ich bin überzeugt, der Feind würde seine Kräfte nur gegen den einen oder andern der offenen Angriffe wenden und den dritten außer acht lassen. Das müßten die Belagerer benutzen und den Platz von dieser Seite erobern. Solche Unternehmungen darf man jedoch nur dann wagen, wenn die Zeit drängt und man gewichtige Gründe hat, die Belagerung rasch zu beenden.

II. Verteidigung

Durch nichts wird eine Festung besser verteidigt als durch Minen und Überschwemmungen. Es bedarf aber großer Geschicklichkeit, um alle ihre Vorteile zu erkennen und sie zur rechten Zeit zu benutzen. Die Kunst der Verteidigung fester Plätze besieht hauptsächlich darin, ihre Übergabe hinauszuschieben. Die Mittel zu diesem Zweck sind nicht immer die gleichen. Manche Offiziere legen zuviel Wert auf die Ausfälle. Mich dünkt aber, daß der Verlust eines einzigen Mannes für die Besatzung schwerer wiegt als der Verlust von zwölf Mann für die Belagerer. Große Ausfälle bringen schwere Verluste mit sich und führen sogar oft zu nichts. Ich würde sie als Festungskommandant nur dann machen, wenn die Armee, die mich entsetzen soll, heranrückt; dann würde ich bei meinem Ausfall nicht viel aufs Spiel setzen. Während der Schlacht zwischen dem Feind und dem Entsatzheer würde ich sogar die Laufgräben mit größter Energie angreifen, um den Feind dadurch abzulenken. Hätte ich aber keinen Entsatz zu erwarten und wäre lediglich auf meine eigenen Kräfte angewiesen, so würde ich alles daran setzen, Zeit zu gewinnen. Ich habe bei allen Belagerungen, die ich geleitet habe, die Wahrnehmung gemacht, daß ein einziger Flintenschuß die Schanzarbeiter in Verwirrung bringt. Sie reißen aus und sind die ganze Nacht lang nicht mehr zur Arbeit heranzukriegen. Ich habe mir also ausgedacht, wenn man allnächtlich zu verschiedenen Malen Ausfälle mit zwölf Mann auf die Schanzarbeiter machte, so würde man sie zerstreuen, und der Feind verlöre eine Nacht nach der andern. Derart würde ich, ohne etwas aufs Spiel zu setzen, viel ausrichten und meine Besatzung schonen, um sie dafür in den Werken zu benutzen, wo die wirtliche Verteidigung des Platzes anfängt. Dort würde ich mein Feuer von langer Hand vorbereiten56-1. Stände z. B. der Sturm auf den gedeckten Weg bevor, so ließe<57> ich nur wenige Leute dort, besetzte aber das unmittelbar dahinterliegende Werk und die Seitenwerke stark mit Infanterie und Geschütz und bereitete zwei Ausfälle vor. Dann fiele ich dem Feinde, während er sich dort einzubauen beginnt, in beide Flanken und jagte ihn fort. Dies Manöver kann der Kommandant beliebig oft wiederholen, und wird es gut ausgeführt, so ist es für den Feind sehr verlustreich.

III. Verteidigung gegen Überfälle

Vor Überfällen schützt man eine Festung, indem man das Vorgelände, besonders vor dem Zapfenstreich und vor der Reveille, oft rekognoszieren läßt. An Markttagen verdoppelt man die Wachen und läßt alle zur Stadt Kommenden auf Waffen untersuchen. Im Winter läßt man die Festungsgräben aufeisen und die Wälle mit Wasser begießen. Dann werden sie durch den Frost glatt und unersteiglich. Außerdem legt man in die der Festung benachbarten Häuser kleine Infanterieposten, die beim Anmarsch des Feindes Alarmschüsse abgeben. Auf die Wälle stellt man Posten von der Besatzung und behält sich eine Reserve zurück, um sie nach Bedarf zu verwenden57-1.

25. Kapitel Treffen und Schlachten

I. Überfall auf Lager

Sehr schwer ist es, die Österreicher in ihrem Lager zu überfallen, da sie in der Regel von leichten Truppen umgeben sind. Lagern zwei Armeen dicht beieinander, so kommt es gewöhnlich schnell zu einer Entscheidung, oder eine der beiden besetzt eine unangreifbare Stellung, die sie vor Überfällen deckt.

Zwischen großen Armeen kommt es also selten zu Überfällen, um so häufiger zwischen Detachements. Will man den Feind in seinem Lager überfallen, so darf er garnicht ahnen, daß er überfallen werden könnte, und muß sich entweder auf seine Überlegenheit, oder auf die Stärke seiner Stellung, oder auf seine Nachrichten oder schließlich auf die Wachsamkeit seiner leichten Truppen völlig verlassen. Bei allen Überfallsplänen, die man entwirft, ist die erste Bedingung, daß man die Gegend und die Stellung des Feindes genau kennt, ferner alle Straßen, die zu seinem Lager<58> führen. Auf Grund dieser Detailkenntnisse muß man seine allgemeine Disposition treffen. Als Führer der Kolonnen sucht man die geschicktesten Jäger aus, die am besten Bescheid wissen. Ferner muß man seine Absichten ganz geheim halten; denn das Geheimnis ist die Seele solcher Unternehmungen. Alsdann schickt man seine leichten Truppen unter allerlei Vorwänden voraus, in Wahrheit aber, um zu verhindern, daß nicht etwa ein elender Deserteur Euch verrate. Die Husaren verhindern auch, daß die feindlichen Patrouillen sich zu weit vorwagen und die Bewegungen Eurer Armee merken. Den Generalen gibt man ihre Instruktion, und zwar für alle möglichen Fälle, sodaß ein jeder, was auch eintreten möge, weiß, was er zu tun hat. Liegt das feindliche Lager in ebenem Gelände, so kann man eine Avantgarde von Dragonern, mit Husaren vermischt, bilden. Diese fallen dann mit verhängtem Zügel ins feindliche Lager ein, bringen alles in Verwirrung und hauen nieder, was ihnen vor die Klinge kommt. Man muß sie mit der ganzen Armee unterstützen, seine Infanterie nach vorn nehmen und vor allem den feindlichen Kavalleriefiügeln Infanterie entgegenstellen. Der Angriff der Avantgarde muß eine halbe Stunde vor Tagesanbruch beginnen. Die Armee darf dann nur 800 Schritt entfernt sein. Während des Marsches ist tiefstes Schweigen zu wahren. Die Soldaten dürfen auch nicht rauchen. Sobald der Angriff beginnt und der Tag anbricht, muß die Infanterie in vier bis fünf Kolonnen siracks auf das Lager losmarschieren, um die Avantgarde zu unterstützen. Vor Tagesanbruch darf sie nicht schießen; denn sonst könnte sie leicht die eignen Leute treffen. Sobald es jedoch hell wird, nimmt man die Stellen unter Feuer, die vom Angriff der Avantgarde unberührt geblieben sind, besonders aber die Kavallerieflügel, damit die Reiter leine Zeit zum Satteln und Zäumen haben,<59> zu Fuße davonlaufen und ihre Pferde im Stiche lassen. Der Feind wird bis auf die andre Seite des Lagers verfolgt, und die ganze Kavallerie wird auf ihn losgelassen, um seine Unordnung und Verwirrung auszunutzen. Läßt der Feind seine Waffen im Stich, so muß man ein starkes Detachement in seinem Lager als Wache zurücklassen und sich nicht mit Plündern aufhalten, sondern ihm mit aller erdenklichen Kraft nachsetzen, zumal sich nie wieder eine so schöne Gelegenheit finden wird, die feindliche Armee gänzlich zu vernichten und sich dadurch für den Rest des Feldzuges völlig freie Hand zu schaffen.

Eine solche Gelegenheit hatte mir das Glück am Tage der Schlacht von Mollwitz geboten; denn wir rückten auf Feldmarschall Neipperg los, ohne daß ein Feind sich zeigte. Seine Truppen kantonnierten in drei Dörfern, aber ich besaß damals noch nicht Einsicht und Geschicklichkeit genug, um Nutzen daraus zu ziehen. Folgendes hätte ich tun müssen: das Dorf Mollwitz zwischen zwei Infanteriekolonnen nehmen, es umstellen und angreifen; zugleich hätte ich nach den beiden andern Dörfern, wo die österreichische Kavallerie lag, Dragoner detachieren müssen, um sie in Verwirrung zu bringen, und Infanterie, um sie am Aussitzen zu hindern59-1. Sicherlich wäre dann ihre ganze Armee verloren gewesen.

C.

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II. Sicherung gegen Überfälle

Ich habe schon gesagt, was für Vorsichtsmaßregeln wir in unsern Lagern treffen und wie wir sie bewachen. Angenommen jedoch, der Feind könnte sich trotz all dieser Vorsichtsmaßregeln der Armee nähern, so würde ich folgendes anraten. Die Truppen müssen sich auf dem ihnen angewiesenen Gelände rasch in Schlachtordnung aufstellen. Die Kavallerie greift alles, was sie vor sich findet, ungestüm an. Die Infanterie aber bleibt in ihrer Stellung und unterhält das heftigste Schützenfeuer bis Tagesanbruch. Dann haben die Generale zu sehen, wie die Dinge liegen, ob vorgerückt werden muß, ob unsre Kavallerie siegreich gewesen oder geschlagen worden ist und was sie sonst unternehmen können. Bei solchen Gelegenheiten muß jeder General seinen eignen Entschluß fassen und selbständig handeln, ohne die Befehle des Armeeführers abzuwarten.

Ich für meinen Teil würde nie mitten in der Nacht angreifen; denn die Dunkelheit zieht Unordnung nach sich, und viele Soldaten tun ihre Pflicht nur dann, wenn man sie unter Augen hat und sie sich vor Strafe fürchten. Karl XII. griffim Jahre 1715 auf der Insel Rügen den Fürsten von Anhalt bei Nacht an, als dieser eben gelandet war60-1. Der König von Schweden hatte aber auch alle Ursache dazu; denn er wollte seine Schwäche verbergen, die bei Tage entdeckt worden wäre. Er hatte nur 4 000 Mann, griff mit ihnen 20 000 an und wurde geschlagen60-2.

III. Angriffe auf Verschanzungen

Müßt Ihr einen verschanzten Feind angreifen, so tut es gleich und laßt ihm keine Zeit zum Vollenden seiner Befestigung; denn was am ersten Tage gut wäre, wird am zweiten oft schlecht. Bevor Ihr aber angreift, erkundet die feindliche Stellung persönlich. Eure erste Disposition, die Wahl des Angriffspunktes, erleichtert oder erschwert Euren Erfolg. Die meisten Verschanzungen werden erobert, weil sie nicht hinreichend angelehnt sind. Die von Turin wurde vom Dora-Ufer her genommen, wo der Fürst von Anhalt Raum genug fand, sie zu umgehen (1706)60-3. Die von Malplaquet wurde durch das Gehölz in Villars' linker Flanke umgangen (1709). Wäre man gleich zu Anfang auf diesen Angriff gekommen, so hätten die Alliierten sich rund 15 000 Mann gespart. Lehnt sich die Verschanzung an einen Fluß, der aber dort eine Furt hat, so muß man sie an dieser Stelle angreifen. Die schwedischen Schanzen vor Stralsund wurden genommen, weil man sie vom Meeresufer her, das sich dort<61> durchwaten ließ, umging. Dadurch zwang man die Schweden, sie zu räumen (1715)61-1. Sind die feindlichen Verschanzungen zu weitläufig und für die in ihnen aufgestellten Truppen zu groß, so greift man sie an mehreren Stellen an und erobert sie dann gewiß. Doch muß man seine Dispositionen dann vor dem Feinde verbergen, damit er nicht Eure Absicht im Voraus merkt und Euch alle Kräfte entgegenwirft.

Hier eine Disposition für den Angriff auf eine Verschanzung, die durch Plan I klar wird. Ich bilde ein Treffen von 30 Bataillonen und lehne meinen linken Flügel an den Fluß N. Elf Bataillone führen den Angriff zur Linken aus, wo ich eindringen will, und neun zur Rechten. Die zum Angriff bestimmten Truppen werden in zwei Treffen mit Zwischenräumen schachbrettförmig aufgestellt. Die übrige Infanterie bildet das dritte und die Kavallerie, 400 Schritt hinter der Infanterie, das vierte Treffen. Auf diese Weise hält meine Infanterie den Feind in Respekt und ist gleich bei der Hand, um seine geringste falsche Bewegung auszunutzen.

Für jeden Angriff werden besondere Dispositionen getroffen. Jedem Angriff wird eine Anzahl von Schanzarbeitern mit Schaufeln, Hacken und Faschinen vorausgeschickt, um den Graben auszufüllen und Öffnungen für die Kavallerie zu machen, sobald man eingedrungen ist. Die angreifende Infanterie schießt nicht, bis sie die Verschanzung erstürmt hat; dann stellt sie sich auf der Brustwehr in Schlacht-

I.

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ordnung auf und feuert auf den Feind. Hierauf dringt die Kavallerie durch die von den Arbeitern hergestellten Öffnungen ein, marschiert auf und attackiert den Feind, sobald sie stark genug ist. Wird sie zurückgeworfen, so sammelt sie sich unter dem Feuer der Infanterie, bis endlich die ganze Armee eingedrungen und der Feind völlig verjagt ist.

IV. Verteidigung einer Verschanzung

Ich habe schon gesagt und wiederhole es: ich möchte meine Armee nie verschanzen, außer bei einer Belagerung; und auch dann wäre es besser, dem feindlichen Entsatzheere entgegenzurücken. Aber nehmen wir einmal an, man wollte sich verschanzen. Für diesen Fall will ich die vorteilhafteste Art angeben. Man wählt ein kleines Gelände, um es mit einer zusammenhängenden Reihe von Bataillonen besetzen und noch zwei bis drei starke Infanteriereserven zurückbehalten zu können, die beim Angriff da eingesetzt werden, wo der Feind den Hauptstoß führt. Man besetzt die Brustwehr mit Bataillonen und stellt die Reserven dahinter, sodaß sie nach allen Seiten gleich bei der Hand sind. Die Kavallerie wird hinter der Reserve in einem einzigen Treffen aufgestellt. Die Verschanzung muß gut angelehnt sein. Stößt sie an einen Fluß, so muß der Verschanzungsgraben so tief wie möglich in das Flußbett hineingeführt werden, damit sie nicht umgangen werden kann. Stößt sie an ein Gehölz, so macht man dort einen Flankenanschluß und legt davor einen möglichst starken Verhau an. Die Fleschen müssen so gut wie möglich flankiert werden. Den Graben macht man sehr breit und tief und vervollständigt die Verschanzung täglich durch Verstärkung der Brustwehr, durch Palisaden auf den Bermen, durch Wolfsgruben oder durch spanische Reiter rings um das ganze Lager. Euer Vorteil beruht wesentlich auf der Wahl der Stellung und auf gewissen fortifikatorischen Regeln, die man beobachten muß:

1. den Feind zu zwingen. Euch in schmaler Front anzugreifen,

2. ihn zu nötigen, daß er nur die Hauptpunkte Eurer Verschanzung angreift.

Zum besseren Verständnis siehe Plan II. Das Vorgelände wird einerseits durch Verhaue und andrerseits durch den Fluß beschränkt, und Ihr zeigt dem Angreifer eine Front, die ihn überflügelt. Euren rechten Flügel kann er nicht angreifen; denn sonst hätte er die Batterie am andern Flußufer in der Flanke und die Redoute des Zentrums im Rücken. Er hat also keinen andern Angriffspunkt als diese Redoute und muß sie außerdem noch von dem Verhau her angreifen. Da Ihr den Angriff dort erwartet, so wird diese Schanze von allen Werken am stärksten befestigt, und da Ihr nur diesen einen Punkt zu verteidigen habt, so wird Eure Aufmerksamkeit durch weiter nichts abgelenkt.

Plan III zeigt eine andre Art von Verschanzung mit vor- und zurückspringenden Redouten, die sich gegenseitig flankieren und durch eine Wallinie verbunden sind.

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II.

III.

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Diese Art von Befestigung macht die vorspringenden Redouten zu Angriffspunkten, und da ihrer nur wenige sind, so lassen sie sich rascher ausbauen, als wenn man die ganze Front gleichmäßig stark befestigen müßte. Das Infanteriefeuer der vorspringenden Redouten muß sich kreuzen; somit dürfen sie nicht mehr als 600 Schritt von einander entfernt sein. Unste Infanterie verteidigt eine Verschanzung durch ba, taillonsweises Feuern. Jeder Mann muß mit iao Schuß versehen sein. Außerdem stellt man so viel Geschütze wie möglich zwischen die Bataillone und auf die Spitzen der Redouten. Auf größere Entfernung schießen sie mit Kugeln, von 400 Schritt ab mit Kartätschen. Gesetzt nun, der Feind dränge trotz der Stärke der Verschanzung und der Heftigkeit des Feuers irgendwo ein, dann wirft sich die Infanteriereserve auf ihn und treibt ihn zurück. Weicht aber auch die Reserve zurück, dann muß die Kavallerie ihr Äußerstes tun, um den Feind zu werfen.

V. Warum die Verschanzungen oft gestürmt werden

Die meisten Verschanzungen werden gestürmt, weil sie nicht nach den Regeln angelegt sind, weil der Verteidiger umgangen wird, oder weil die Truppen feig sind, und well der Angreifer in seinen Bewegungen freier und kühner ist. Überdies haben Beispiele gezeigt, daß, wenn eine Verschanzung an einer Stelle gestürmt ist, die ganze Armee den Mut verliert und sie verläßt. Ich glaube jedoch, unste Truppen werden mehr Entschlossenheit zeigen und den Feind zurückwerfen, so oft er eingedrungen ist. Wozu aber sollen alle diese Erfolge dienen, da Euch die Verschanzung selbst an ihrer Ausnutzung hindert?

VI. Warum die Verteidigungslinien nichts taugen

Sind schon die Verschanzungen mit so vielen Mißständen verknüpft, so ergibt sich naturgemäß, daß die Verteidigungslinien noch viel weniger taugen. Diese Mode ist in den neueren Kriegen durch den Markgrafen Ludwig von Baden aufgebracht worden64-1. Er ließ Linien bei Bühl anlegen, und die Franzosen machten dann andre in Flandern während des Erbfolgetrieges. Ich bleibe dabei, daß sie nichts taugen; denn sie nehmen mehr Gelände ein, als man Truppen zu ihrer Besetzung hat. Greift man sie an mehreren Stellen an, so kann man gewiß sein, sie zu erobern. Folglich decken sie das Land nicht und führen zu weiter nichts, als daß sie die Truppen, die sie verteidigen sollen, um Ruf und Ehre bringen.

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VII. Wie man den Feind bei ungleichen Kräften schlagen kann

Ist der Feind den preußischen Truppen an Zahl überlegen, so muß man doch nicht am Siege verzweifeln. Aber dann müssen die Dispositionen des Heerführers den Mangel an Streitkräften wett machen. Schwache Armeen müssen bergige und durchschnittene Gegenden aufsuchen; denn dort ist jedes Gelände beschränkt und die größere Zahl nützt dem Feinde nichts, wenn er mit ihr nicht überflügeln kann; ja sie wird ihm bisweilen zur Last. Hinzugefügt sei, daß man die Flügel einer Armee in bergigem und durchschnittenem Gelände besser anlehnen kann als in der Ebene. Wir hätten niemals die Schlacht von Soor gewonnen, wenn uns das Gelände nicht begünstigt hätte. Denn obgleich die Zahl unsrer Truppen nur halb so groß war wie die der Österreicher, konnten diese uns doch nicht überflügeln. So stellte das Gelände eine Art von Ausgleich zwischen beiden Armeen her.

Meine erste Regel gilt also der Wahl des Geländes und die zweite dem Schlachtplane selbst. Bei solchen Gelegenheiten kann man meine schräge Schlachtordnung mit Erfolg anwenden. Man versagt dem Feind einen Flügel und verstärkt den andren, der zum Angriff bestimmt ist. Dieser greift einen Flügel des Feindes mit aller Kraft an, und zwar in der Flanke. Eine Armee von 100 000 Mann kann, in der Flanke gefaßt, von 30 000 Mann geschlagen werden; denn die Schlacht wird dann rasch entschieden. Siehe Plan l V. Hier führt mein rechter Flügel den Hauptstoß aus. Eine Infanterieabteilung zieht sich unvermerkt in das Gehölz, um der feindlichen Kavallerie in die Flanke zu fallen und den Angriff der eignen Kavallerie zu decken. Einige Husarenregimenter erhalten Befehl, den Feind im Rücken zu fassen; darauf geht die Armee vor. Sobald die feindliche Kavallerie geschlagen ist, fällt die im Gehölz siehende Infanterie der feindlichen in die Flanke, während die übrige Infanterie sie in der Front angreift. Der linke Flügel darf aber nicht eher vorrücken, als bis der linke feindliche Flügel völlig geschlagen ist. Die Vorteile solcher Anordnung sind:

1. Eine kleine Truppenzahl kann sich mit einem überlegenen Feind messen.

2. Ein Teil Eurer Armee greift den Feind auf der entscheidenden Seite an.

3. Werdet Ihr geschlagen, so ist nur ein Teil Eurer Armee geschlagen, und die übrigen drei Viertel, die noch frisch sind, decken den Rückzug.

VIII. Feste Stellungen

Hat der Feind eine feste Stellung inne, so muß man, bevor man zum Angriff schreitet, deren Stärke und Schwäche genau beobachten und stets die Stelle zum Angriff wählen, wo der geringste Widerstand zu erwarten ist. Angriffe auf Dörfer

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IV.

V.

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kosten so viel Menschenleben, daß ich es mir zur Regel gemacht habe, sie sorgfältig zu vermeiden, wenn ich nicht unbedingt dazu gezwungen bin; denn man kann den Kern seiner Infanterie dabei verlieren, und man wird in einem Menschenleben keine bessere ausbilden als die unsre.

Manche Generale behaupten, man könne eine feste Stellung nicht besser angreifen als im Zentrum. Nehmen wir eine solche Stellung an, bei der der Feind zwei Städte oder große Dörfer an den Flügeln hat. Sicherlich sind die Flügel verloren, wenn man das Zentrum durchbricht, und ein derartiger Angriff kann zu den glänzendsten Siegen führen. Ich gebe dafür einen Plan (Nr. V) und füge hinzu: wenn Ihr Erfolg habt, müßt Ihr den Angriff verstärken, und wenn Ihr die Stellung durchbrochen habt, müßt Ihr einen Teil des Feindes nach seinem rechten, den andern nach seinem linken Flügel aufrollen.

Bei den festen Stellungen ist nichts verderblicher als die mit Kartätschen feuernden Batterien, die schreckliche Verheerungen unter den Bataillonen anrichten. Ich habe bei Soor und bei Kesselsdorf Angriffe auf Batterien gesehen und beim Feinde beide Male den gleichen Fehler bemerkt67-1. Das hat mich auf einen Gedanken gebracht, den ich hier auf gut Glück mitteile.

Angenommen, man müsse eine Batterie von 15 Geschützen erobern, die sich nicht umgehen läßt. Ich habe gesehen, daß die Batterie durch ihr Feuer und das der sie unterstützenden Infanterie unangreifbar ist. Nur dank den Fehlern des Feindes

VI.

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haben wir die Batterien erobert. Unsre anstürmende Infanterie wich, halb ver, nichtet, zweimal zurück. Die feindliche Infanterie wollte sie verfolgen und brach aus ihrer Stellung vor. Infolgedessen mußte ihre eigne Artillerie das Feuer einstellen, und beim Gegenstoß drang unste Infanterie zugleich mit dem Feinde in die Batterie ein und eroberte sie. Diese beiden Erfahrungen haben mich auf den Gedanken ge, bracht, was unste Truppen damals ausführten, nachzuahmen, d. h. in zwei schach, brettförmig aufgestellten Treffen anzugreifen und dahinter zur Unterstützung ein paar Schwadronen Dragoner zu stellen. Das erste Treffen erhält Befehl, nur schwach anzugreifen und sich durch die Intervalle des zweiten zurückzuziehen, damit der Feind, durch diesen Scheinrückzug getäuscht, zur Verfolgung vordringt und seine Stellung verläßt. Dies ist der gegebene Augenblick, wo man vorrücken und herzhaft angreifen muß. Die Disposition hierzu gibt Plan VI.

IX. Verteidigung fester Stellungen

Mein Grundsatz ist, mich nie völlig auf eine feste Stellung zu verlassen, wofern ihre Unangreifbarkeit nicht zur Evidenz bewiesen ist. Die ganze Stärke unsrer Truppen liegt im Angriff; wir würden töricht handeln, wenn wir freiwillig darauf verzichteten. Nimmt man jedoch eine feste Stellung ein, so muß man darauf sehen, daß man die Höhen besetzt und die Flügel gut anlehnt. Alle Dörfer vor der Front oder auf den Flügeln der Armee würde ich in Brand stecken lassen, wofern der Wind den Rauch nicht in unser Lager treibt. Liegen jedoch ein paar gute, massive Häuser 1 000 Schritt vor der Front der Armee, so würde ich Infanterie hineinlegen, um den Feind zu beschießen und ihn während der Schlacht zu belästigen. Bei festen Stellung gen hat man sich wohl zu hüten, daß man seine Truppen nicht in ein Gelände stellt, wo sie nicht fechten können. Unser Lager bei Grottkau im Jahre 174168-1 taugte deshalb nichts, weil das Zentrum und der linke Flügel hinter unüberschreitbaren Sümpfen stand und allein ein Teil des rechten Flügels fechten tonnte. Villeroy wurde bei Ramillies (1706) geschlagen, weil er sich so aufgestellt hatte68-2. Sein linker Flügel war ihm ganz unnütz, und der Feind warf sich mit allen Kräften auf den rechten Flügel der Franzosen, der dem Anprall nicht widerstehen konnte. Ich glaube, die preußischen Truppen können so gut wie die andern feste Stellungen besetzen und sie für eine Weile benutzen, um die Vorteile der Artillerie auszunutzen. Sie müssen aber die Stellung auf einmal verlassen und dreist angreifen. Dadurch wird der Feind vom Angreifer zum Angegriffenen, und alle seine Pläne sind mit einem Schlage vernichtet. Außerdem hat alles, worauf der Feind nicht gefaßt war, eine vorzügliche Wirkung.

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X. Schlachten in durchschnittenem Gelände

Diese Art von Schlachten gehören durchaus ins Gebiet der Angriffe auf feste Stellungen. Man richtet seinen Stoß gegen den schwächsten Punkt des Feindes. Ich würde nie leiden, daß meine Infanterie bei solchen Gelegenheiten feuert; denn das hielte sie nur auf, und der Sieg hängt nicht von den Verlusten des Feindes, sondern von dem Terrain ab, das man gewinnt. Keck und in guter Ordnung an den Feind heranrücken und dabei Terrain gewinnen — das ist es, was zum Siege führt.

Als allgemeine Regel füge ich hinzu, daß in durchschnittenem und schwierigem Gelände die Schwadronen 15 Schritt Abstand halten müssen, während sie in der Ebene in geschlossener Front bleiben. Die Infanterielinie dagegen darf keine Lücken haben, außer denen für die Geschütze. Nur bei Angriffen auf Verschanzungen, auf Batterien und Dörfer, sowie bei Nachhutgefechten und Rückzügen stelle ich die In, fanterie und Kavallerie schachbrettförmig auf. Dann können die einzelnen Abtei, lungen sich ohne Verwirrung zurückziehen, oder das ganze erste Treffen kann durch das Einrücken des zweiten in die Intervalle auf einen Schlag verstärkt werden, und bei Rückzügen können die Treffen ohne Verwirrung zurückgehen und eins das andre unterstützen. Das ist eine Hauptregel.

XI. Schlacht in freiem Felde69-1

Hier bietet sich Gelegenheit zur Angabe einiger Hauptregeln, wie die Armee an, gesichts des Feindes zu formieren ist, einerlei, bei welcher Gelegenheit. Zunächst sind den Flügeln Richtungspunkte anzugeben. Man sagt z. B.: „Der rechte Flügel marschiert in der Richtung auf den Kirchturm auf, der linke in der Richtung auf die Windmühle.“ Ferner muß der General seine Truppen in der Hand behalten, damit sie leine falsche Stellung einnehmen. Man braucht mit dem Angriff nicht immer zu warten, bis die ganze Armee aufmarschiert ist. Denn das ist rasch geschehen, und durch Zögern könnte man seine Vorteile sehr zur Unzeit verlieren. Immerhin muß schon ein beträchtlicher Teil der Armee aufmarschiert sein, und das Augenmerk ist stets auf das erste Treffen zu richten. Daher kann man die Regimenter des ersten<70> Treffens, wenn sie noch nicht alle zur Stelle sind, ohne Rücksicht auf die Schlachtordnung durch Truppen aus dem zweiten Treffen ersetzen. Man lehnt beide Flügel an, oder doch wenigstens den, der den Hauptstoß führen soll.

Bei Schlachten in offenem Gelände muß der Angriff allgemein sein. Denn da der Feind alle seine Bewegungen frei hat, könnte er ein Korps, das Ihr nicht beschäftigt, benutzen, um Euch einen Strich durch die Rechnung zu machen. Ist einer der Kavalleriefiügel garnicht angelehnt, so hat der Führer des zweiten Kavallerietreffens, wo die Dragoner stehen, auch ohne besonderen Befehl die Pflicht, das erste Treffen

VII.

zu überflügeln, und ebenso müssen die Husaren, die das dritte Treffen bilden, die Dragoner ihrerseits überflügeln. Das ist eine Hauptregel. Die Gründe dazu sind diese: Macht der Feind eine Flankenbewegung gegen die Kürassiere des ersten Treffens, so fallen ihm Eure Dragoner und Husaren in die Flanke, und Eure Kavallerie hat dann nichts zu besorgen. Ferner stelle ich der Sicherheit halber je drei Bataillone in die Abstände zwischen dem rechten und linken Flügel beider Infanterie, treffen, wie Ihr aus Plan VII erseht. Wird dann auch die Kavallerie geschlagen, so kann sich Eure Infanterie doch halten, wie es bei Mollwitz der Fall war70-1. Der Führer des zweiten Infanterietreffens bleibt 302 Schritt hinter dem ersten. Sieht er dort irgend welche Lücke, so muß er sie sofort durch ein paar Bataillone des zweiten Treffens ausfüllen. In der Ebene muß man hinter dem Zentrum der Schlachtftont stets eine Kavalleriereserve haben und sie einem erprobten Offizier anvertrauen; denn er muß selbständig handeln. Sieht er, daß einer der Kavalleriefiügel<71> Hilfe braucht, so sprengt er mit seinen Leuten heran. Ist jener Flügel geschlagen, so fällt er dem verfolgenden Feind in die Flanke und gibt der Kavallerie dadurch Zeit, sich wieder zu sammeln und aufzustellen.

Die Kavallerie attackiert in vollem Galopp und eröffnet die Schlacht. Die Im fanterie marschiert im Geschwindschritt gegen den Feind. Die Bataillonskommam deure suchen die feindliche Front zu durchbrechen und lassen nicht eher feuern, als bis der Feind sich zur Flucht wendet. Fangen die Soldaten von selbst an zu schießen, so lassen die Kommandeure das Gewehr wieder schultern und beständig vorrücken. Sobald aber der Feind den Rücken kehrt, muß bataillonsweise gefeuert werden. Eine derart begonnene Schlacht wird bald ein Ende haben.

VIII.

Ich führe nun einen neuen Schlachtplan vor (siehe Plan VIII). Der Unterschied gegen den vorigen besieht darin, daß an den äußersten Kavalleriefiügeln Infanterie sieht, und zwar zur Unterstützung der Kavallerie. Bei Beginn der Schlacht muß sich das Feuer dieser Infanterie und das der Infanterieftügel der Schlachtfront gegen die feindliche Kavallerie richten, damit die eigene leichteres Spiel hat. Wirft der Feind einen Kavallerieflügel zurück, so kann er ihn nicht verfolgen; denn dann geriete er zwischen zwei Feuer, und unsre Kavallerie hätte Zeit, sich wieder zu sammeln. Isi aber unsre Kavallerie allem Anschein nach siegreich, so rückt die an den Flügeln siehende Infanterie der feindlichen zu Leibe, und die zwischen den beiden Tressen siehenden Bataillone machen eine Viertelschwenkung und bilden an ihrer Statt den<72> Flügel. Diese Bataillone nebst der Infanterie, die auf dem Flügel stand, greifen nun den Feind in der Flanke und im Rücken an, sodaß Ihr ihn leichten Kaufs abfertigt. Eure siegreiche Kavallerie darf der feindlichen keine Zeit zum Sammeln lassen. Sie muß sie vielmehr in guter Ordnung unaufhörlich verfolgen und sie nach Kräften von ihrer Infanterie abschneiden. Wird ihre Verwirrung vollständig, so läßt der Kavallerieführer sie durch die Husaren verfolgen und diese durch Kürassiere unterstützen. Zugleich schickt er die Dragoner auf die Straße, die die fliehende feindliche Infanterie einschlägt, um sie abzuschneiden und recht viele Gefangene zu machen.

Plan VIII unterscheidet sich von den beiden vorhergehenden dadurch, daß Dragonerschwadronen ins zweite Infanterietreffen gestellt werden, und zwar, weil ich bei allen Schlachten gegen die Österreicher bemerkt habe, daß ihre Bataillone sich zum Knäuel um ihre Fahnen ballen, sobald das Infanteriefeuer eine Viertelstunde gewährt hat. Bei Hohenfriedberg brach unsre Kavallerie in diese wirren Massen ein und machte haufenweise Gefangene72-1. Sind die Dragoner also gleich bei der Hand, so müßt Ihr sie dann auf die feindliche Infanterie loslassen, und sie werden sie sicher zusammenhauen.

Man wird sagen, daß ich das Schießen verbiete, und daß dieser Schlachtplan doch ganz auf das Feuer meiner Infanterie angelegt ist. Ich antworte, daß von zwei Fällen, die ich voraussehe, einer eintreten wird. Entweder wird meine Infanterie trotz des Verbotes schießen, oder, wenn sie mein Verbot achtet, wird der Feind ihr ebenfalls den Rücken kehren. In beiden Fällen muß man die Kavallerie auf ihn los, lassen, sobald er in Verwirrung gerät. Teils in der Front, teils in der Flanke angegriffen und zugleich durch das zweite Kavallerietreffen von hinten abgeschnitten, wird er fast Mann für Mann in Eure Hände fallen. Das wäre dann keine Schlacht mehr, sondern die völlige Vernichtung des Feindes, besonders, wenn sich in der Nähe kein Defilee befindet, das seine Flucht begünstigt.

Ich schließe diesen Abschnitt mit einer einzigen Betrachtung. Marschiert Ihr in Linie zur Schlacht, sei es nach rechts oder links, so müssen die Züge gut Abstand halten und weder drängen noch zu weit auseinanderkommen. Marschiert Ihr frontal72-2, so müssen die Züge und Bataillone dicht aufschließen, damit der Aufmarsch sich rasch abwickelt.

XII. Von der Artillerie

Ich unterscheide das schwere Geschütz von den Feldstücken der Bataillone. Das schwere Geschütz fährt bei Beginn der Schlacht auf den Höhen auf und das leichte 50 Schritt vor der Front. Beide müssen gut zielen und genau schießen. Ist man<73> bis auf 500 Schritt an den Feind heran, so werden die Bataillonsgeschütze von Menschenarmen gezogen. Sie können bei den Bataillonen bleiben und im Vor, rücken beständig schießen. Flieht der Feind, so rückt das schwere Geschütz vor und schickt ihm noch etliche Ladungen nach, um ihm gute Reise zu wünschen. Bei jedem Geschütz des ersten Treffens müssen 6 Kanoniere und 3 Zimmerleute von den Regimentern sein. Ich habe vergessen zu sagen, daß die Geschütze von 350, Schritt an mit Kartätschen feuern müssen.

XIII. Hauptregeln bei der Verfolgung

Wozu nutzt die Kunst des Siegens, wenn man seine Erfolge nicht auszunutzen versieht? Das Blut der Soldaten ganz umsonst vergießen, hieße sie unmenschlich zur Schlachtbank führen; und den Feind in gewissen Fällen nicht verfolgen, um seine Furcht zu vergrößern oder mehr Gefangene zu machen, hieße gewissermaßen nichts andres, als eine eben entschiedene Sache wieder in Frage stellen.

Doch können Mangel an Lebensmitteln oder Erschöpfung eine Armee an der Ver-folgung der Besiegten hindern. Der Mangel an Lebensmitteln ist Schuld des Heerführers. Liefert er eine Schlacht, so hat er einen Plan, und hat er einen Plan, so muß er alles zur Ausführung Nötige im voraus regeln. Mithin ist für acht bis zehn Tage Brot und Zwieback bereitzuhalten.

Was die Ermüdung betrifft, so muß man, falls sie nicht übermäßig war, an außerordentlichen Tagen auch Außerordentliches leisten. Nach errungenem Siege verlange ich also, daß die Regimenter, die am meisten gelitten haben, ein Detachement bilden, das sich der Verwundeten annimmt und sie nach dem vorher errichteten Lazarett bringt. Zuvörderst sorgt man für die eignen Verwundeten, versagt aber denen des Feindes die Menschlichkeit nicht. Die übrige Armee verfolgt den Feind bis zum ersten Defilee. Er wird in der ersten Bestürzung nirgends standhalten, sofern man ihm keine Zeit läßt, zur Besinnung zu kommen.

Indes müßt Ihr auch dann nach den Regeln kampieren und Euch nicht im Gefühl der Sicherheit wiegen. War der Sieg vollständig, so kann man Detachements abschicken, um entweder dem Feinde den Rückzug abzuschneiden, oder sich seiner Magazine zu bemächtigen, oder drei bis vier Städte zugleich zu belagern. Darüber kann ich keine allgemeine Regel aufstellen: man muß sich nach den Umständen richten. Ich setze nur hinzu, daß man sich niemals einbilden darf, alles getan zu haben, wenn noch etwas zu tun übrig bleibt. Auch darf man nicht glauben, ein geschickter Feind werde Eure Fehler nicht benutzen, obwohl er geschlagen ist.

<74>

XIV. Detachementsgefechte

Die gleiche Regel wie für Armeen an Schlachttagen gilt im kleinen auch für Detachementsgefechte. Können sich die Detachements eine kleine Verstärkung verschaffen, die während des Gefechts eintrifft, so entscheidet dies gewöhnlich den Sieg. Denn sieht der Feind solche Verstärkungen ankommen, so hält er sie für dreimal stärker und verliert den Mut. Hat unsre Infanterie nur mit Husaren zu tun, so stellt man sie meist in zwei Gliedern auf74-1. Dadurch wird ihre Front breiter, und sie schießt bequemer. Und es geschieht den Husaren viel Ehre, wenn man ihnen Im fanterie zwei Mann hoch entgegenstellt.

XV. Rückzug nach verlorener Schlacht

Bei einer verlorenen Schlacht ist das Schlimmste nicht der Verlust an Truppen, sondern die Entmutigung; denn ob vier- bis fünftausend Mann gefallen sind, macht bei einer Armee von 50 000 Mann nicht so viel aus, daß man die Flinte ins Korn werfen müßte. Ein geschlagener Feldherr muß sich also selbst wieder Mut machen, seine Offiziere und Soldaten von der Furcht befreien und seine eignen Verluste nicht größer machen, als sie sind. Ich bitte den Himmel, daß die Preußen nie geschlagen werden mögen, und ich wage zu behaupten, solange sie gut diszipliniert bleiben und gut geführt werden, ist ein solches Unglück nicht zu befürchten. Sollte aber der Fall eintreten, so müßte man sich folgendermaßen heraushelfen. Wenn Ihr seht, daß die Schlacht unwiederbringlich verloren ist, d. h. wenn Ihr die Bewegungen des Feindes nicht mehr verhindern noch ihnen widerstehen könnt, so müßt Ihr das zweite Infanterietreffen nehmen und mit ihm das nächste Defilee — wenn ein solches vorhanden ist — nach den für Rückzüge vorgeschriebenen Regeln besetzen, auch soviel Geschütze wie möglich dort aufstellen. Ist kein Defilee in der Nähe, so zieht sich Euer erstes Treffen durch die Intervalle des zweiten zurück und formiert sich 300 Schritt dahinter von neuem. Ihr sammelt die Trümmer Eurer Kavallerie, und wenn Ihr wollt, so formiert ein Karree, um Euren Rückzug zu decken. In der Kriegsgeschichte sind zwei Karrees berühmt: das des Generals Schulenburg nach der Schlacht bei Fraustadt, mit dessen Hilfe er sich bis zur Oder zurückzog, ohne daß Karl XII. es hätte durchbrechen können74-2, und das des Fürsten von Anhalt, als Styrum die erste Schlacht bei Höchstädt verlor74-3. Der Fürst marschierte eine Meile weit durch die Ebene, ohne daß die französische Kavallerie ihn anzugreifen wagte. Ich bemerke noch: wenn man auch geschlagen ist, so braucht man sich doch nicht zwanzig Meilen<75> weit zurückzuziehen. Vielmehr soll man bei der ersten festen Stellung, die man findet, stehen bleiben, seine Haltung bewahren, die Armee wiederherstellen und die durch das erlittene Unglück entmutigten Seelen beruhigen.

26. Kapitel Warum und wie man Schlachten liefern soll

Schlachten entscheiden das Schicksal der Staaten. Wer immer Krieg führt, muß solche Entscheidungen herbeiführen, sei es, um sich aus einer mißlichen Lage zu befreien oder den Feind darein zu versetzen, oder um den Streit auszufechten, der sonst nie ein Ende nähme. Ein vernünftiger Mann darf keinen Schritt ohne triftigen Beweggrund tun. Noch viel weniger darf ein Heerführer jemals eine Schlacht liefern, ohne einen wichtigen Zweck zu verfolgen. Wird er dagegen zum Kampfe gezwungen, so hat er selbst Fehler begangen und muß sich vom Feinde das stolze Gesetz einer Schlacht vorschreiben lassen.

Ihr seht, daß ich mir hier keine Lobrede halte. Denn unter den fünf Schlachten, die meine Truppen geliefert haben, waren nur drei, die ich geplant hatte. Zu den beiden andern wurde ich gezwungen: bei Mollwitz, weil die Österreicher sich zwischen meine Armee und Ohlau geschoben hatten, wo meine Artillerie und meine Lebensmittel waren, und bei Soor, weil die Österreicher mir die Straße nach Trautenau<76> verlegten und mir nur die Wahl zwischen Schlacht und völligem Untergang ließen. Man sehe aber, welcher Unterschied zwischen den erzwungenen Schlachten und den im voraus geplanten besteht! Welchen Erfolg hatten die Schlachten von Hohem friedberg, Kesselsdorf und die von Chotusitz, die uns den Frieden brachte!

Wenn ich hier also Lehren gebe, die ich aus Unbedacht selbst nicht befolgt habe, so geschieht es, damit meine Offiziere aus meinen Fehlern lernen und zugleich erfahren, daß ich darauf bedacht bin, mich zu bessern.

Öfters haben beide Armeen Lust, sich zu schlagen: dann ist die Sache bald abgemacht. Die besten Schlachten sind die, zu denen man den Feind nötigt. Denn es ist eine zuverlässige Regel, daß man den Feind stets zu dem zwingen muß, wozu er gar keine Lust hat; und da Eure Interessen denen des Feindes strikt entgegengesetzt sind, so müßt Ihr gerade das wollen, was er nicht will.

Eine Schlacht wird aus folgenden Gründen geliefert:

1. um den Feind zu zwingen, die Belagerung einer Eurer Festungen aufzuheben,

2. um ihn aus einer Provinz zu verjagen, deren er sich bemächtigt hat, 3. um in Feindesland einzudringen,

4. um eine Belagerung vorzunehmen,

5. um die Hartnäckigkeit des Feindes zu brechen, wenn er keinen Frieden machen will76-1.

Man zwingt den Feind zur Schlacht, indem man ihm durch einen Gewaltmarsch in den Rücken kommt und ihn von seinen rückwärtigen Verbindungen abschneidet, oder indem man eine Stadt bedroht, die er um jeden Preis halten will. Man nehme sich aber wohl in acht, wenn man solche Manöver machen will, und hüte sich, nicht selber in eine mißliche Lage zu geraten und sich nicht so aufzustellen, daß der Feind Euch von Euren Magazinen abschneiden kann.

Am wenigsten setzt man bei Nachhutgefechten aufs Spiel. Man lagert sich zu dem Zweck dicht beim Feinde. Will er sich dann zurückziehen und vor Euren Augen durch Defileen marschieren, so fallt Ihr über die Nachhut seiner Armee her. Bei solchen Gefechten ist wenig zu verlieren und viel zu gewinnen. Der Prinz von Lothringen hätte sehr wohl ein solches Gefecht mit uns anfangen können, hätte er, statt nach Soor zu marschieren, gewartet, bis wir im Lager von Trautenau waren, und sich dann meiner Armee gegenüber gelagert76-2. Der Marsch nach Schatzlar wäre uns dann viel teurer zu stehen gekommen, und ich glaube, der Prinz hätte dabei seinen Vorteil gefunden.

Ferner liefert man eine Schlacht, um die Vereinigung der feindlichen Korps zu verhindern. Dieser Grund ist stichhaltig. Ein geschickter Feind wird aber leicht Mittel finden, Euch durch einen Gewaltmarsch zu entkommen oder sich eine gute Stellung auszusuchen. Zuweilen hat man nicht die Absicht, eine Schlacht zu liefern, wird aber<77> durch die Fehler des Feindes dazu eingeladen, die man benutzen muß, um ihn dafür zu strafen.

Diesen Grundregeln füge ich hinzu, daß unsre Kriege kurz und lebhaft sein müssen. Wir dürfen sie durchaus nicht in die Länge ziehen. Ein langwieriger Krieg zerstört nach und nach unsre vortreffliche Disziplin, entvölkert das Land und erschöpft unsre Hilfsquellen. Die Führer der preußischen Armeen müssen also, wenn auch mit aller Vorsicht, eine Entscheidung herbeizuführen suchen. Sie dürfen nicht so denken wie der Marschall von Luxemburg, als sein Sohn beim Kriege in Flandern zu ihm sagte: „Mich deucht, Vater, wir könnten noch die und die Stadt nehmen.“ Worauf der Marschall erwiderte: „Schweig still, kleiner Narr! Willst Du, daß wir nach Hanse gehen sollen, um Kohl zu pflanzen?“ Kurz, in betreff der Schlachten muß man den Grundsatz des Hohen Rats der Hebräer befolgen: „Es ist besser, ein Mensch sterbe für das Voll, denn daß das ganze Volt verderbe.“77-1

27. Kapitel Zufälle und unvermutete Ereignisse im Kriege77-2

Die Heerführer sind mehr zu beklagen, als man meint. Jedermann verurteilt sie, ohne sie zu hören. Die Zeitungen geben sie dem Spott der Welt preis, und unter Tausenden, die sie verdammen, versieht vielleicht nicht einer so viel, um das geringste Detachement zu führen. Ich bezwecke damit keine Apologie der Heerführer, die Fehler begehen; denn sie verdienen Tadel. Auch meinen eigenen Feldzug von 1744 will ich gern preisgeben und gestehen, daß ich bei viel Schnitzern nur wenig gut gemacht habe, so die Belagerung von Prag, den Rückzug und die Verteidigung von Kolin und schließlich den Rückzug nach Schlesien77-3. Doch genug davon! Hier will ich nur von den unglücklichen Ereignissen reden, gegen die weder Voraussicht noch reifliche<78> Überlegung etwas vermögen. Da ich hier nur für meine Generale schreibe, so will ich ihnen nur solche Beispiele anführen, die mir selbst begegnet sind.

Als wir 1741 im Lager von Reichenbach standen, hatte ich den Plan, durch einen Gewaltmarsch die Neiße zu erreichen und mich zwischen die Stadt Neiße und die Armee Neippergs zu setzen, um die Österreicher von ihr abzuschneiden. Die Disposition dazu war getroffen, aber ein anhaltender Regen machte die Wege grundlos, sodaß unsre Avantgarde, die die Pontons bei sich hatte, nicht vorwärts kam. Am Marschtage herrschte so dichter Nebel, daß die Infanteriewachen in den Dörfern sich verirrten und nicht wieder zu ihren Regimentern zurückfanden. Das ging so weit, daß wir, statt, wie beschlossen, um vier Uhr morgens abzumarschieren, erst um Mittag aufbrechen konnten. Infolgedessen war an einen Gewaltmarsch nicht mehr zu dem ken; der Feind kam uns zuvor, und der Nebel vernichtete mein ganzes Projekt78-1.

Eine Mißernte in dem Lande, in dem man Krieg führen will, läßt einen ganzen Feldzug scheitern. Krankheiten, die während der Operationen ausbrechen, werfen die Truppen in die Defensive. So erging es uns 1744 in Böhmen infolge der schlechten Ernährung. Während der Schlacht von Hohenfriedberg befahl ich einem meiner Adjutanten, dem Markgrafen Karl zu sagen, er solle als rangältesier General die Führung des zweiten Treffens übernehmen, da Kalckstein nach dem rechten Flügel gegen die Sachsen detachiert war. Der Adjutant verstand mich falsch und bestellte dem Markgrafen, er solle das zweite Treffen aus dem ersten formieren. Zum Glück merkte ich das Mißverständnis noch beizeiten und konnte ihm abhelfen78-2. Aber man sei stets auf seiner Hut und bedenke, daß ein falsch übermittelter Befehl alles verderben kann.

Erkrankt der Heerführer oder hat der Führer eines wichtigen Detachements das Unglück, zu fallen, so sind auf einmal viele Maßregeln vernichtet; denn es gehören kluge und wagemutige Männer zur Führung von Detachements, und diese finden sich so selten, daß ich bei meiner Armee höchstens drei bis vier kenne. Gelingt es dem Feinde trotz aller Vorsicht, Euch einen Proviantzug wegzunehmen, so wirft das gleichfalls alle Eure Maßregeln um, und Eure Pläne sind vereitelt. Müßt Ihr aus militärischen Gründen eine Rückwärtsbewegung machen, so entmutigt Ihr dadurch Eure Truppen. Zum Glück habe ich dergleichen nie mit meiner ganzen Armee durchgemacht, aber nach der Schlacht bei Mollwitz habe ich gesehen, wie lange es dauert, bis eine entmutigte Truppe sich wieder beruhigt; denn meine Kavallerie war damals so weit herunter, daß sie glaubte, ich schickte sie zur Schlachtbank, wenn ich ein Detachement aussandte, um sie an den Krieg zu gewöhnen. Erst von der Schlacht von Hohenfriedberg datiert die Epoche ihres Aufschwungs.

Entdeckt der Feind einen wichtigen Spion, den Ihr in seinem Lager habt, so ist Euer Kompaß verloren, und Ihr erfahrt von seinen Bewegungen weiter nichts, als was Ihr seht.

<79>

Die Nachlässigkeit der zum Rekognoszieren ausgesandten Offiziere kann Euch in die größte Bedrängnis bringen. Auf diese Weise wurde Neipperg bei Mollwitz überrascht; denn der Husarenoffizier, den er auf Kundschaft ausgeschickt hatte, versäumte seine Pflicht, und wir waren ihm auf dem Halse, als er sich dessen am wenigsten versah79-1. Ein Offizier von den Zietenhusaren patrouillierte schlecht an der Elbe in der Nacht, da der Feind seine Brücke bei Selmitz schlug und unerwartet über den Fluß ging79-2. Lernt also daraus, daß Ihr die Sicherheit der ganzen Armee niemals der Wachsamkeit eines einzigen Subalternoffiziers anvertrauen dürft. Dergleichen große und wichtige Dinge dürfen nicht von einem einzigen Menschen oder von einem Subalternoffizier abhängen. Beherzigt auch wohl, was ich in dem Kapitel über die Verteidigung von Flüssen im allgemeinen gesagt habe79-3. Patrouillen dürfen überhaupt nur als überflüssige Vorsichtsmaßregel angesehen werden. Man soll sich nie völlig auf sie verlassen, sondern noch viele andre gründlichere und zuverlässigere Vorsichtsmaßregeln ergreifen.

Verrat ist das Schlimmste, was einem zustoßen kann. Prinz Eugen wurde 1734 von General Stein verraten, den die Franzosen bestochen hatten. Ich verlor Kosel durch den Verrat eines Offiziers der Besatzung, der zum Feinde überging und ihn hineinführte79-4.

Kurz, aus allem oben Gesagten ergibt sich, daß man auch mitten im Glück sich nie auf etwas verlassen noch durch seine Erfolge hochmütig werden soll. Vielmehr soll man bedenken, daß wir bei unsrer geringen Klugheit und Vorsicht oft die Spielbälle des Zufalls und unerwarteter Ereignisse werden, durch die ein unbekanntes Schicksal den Dünkel der Eingebildeten zu demütigen liebt.

28. Kapitel Soll ein Heerführer Kriegsrat halten?

Prinz Eugen pflegte zu sagen, wenn ein Heerführer keine Lust hätte, etwas zu unternehmen, so gäbe es kein besseres Mittel, als einen Kriegsrat zu halten. Das trifft um so mehr zu, als die meisten Stimmen beim Kriegsrat auf NichtHandeln lauten. Ein Heerführer, dem der Herrscher seine Truppen anvertraut, muß selbständig verfahren. Das Vertrauen, das der Fürst in seine Verdienste setzt, berechtigt ihn dazu. Außerdem wird die im Kriege so notwendige Geheimhaltung bei einem Kriegsrat<80> nie gewahrt. Indessen glaube ich, ein Heerführer soll auch den guten Rat eines Subalternoffiziers nicht verschmähen. Denn wenn es den Dienst des Staates betrifft, vergißt ein wackerer Bürger sich selbst und handelt zum Wohl des Vaterlandes, einerlei, ob die Mittel zum Zweck von ihm oder von jemand anders herrühren, wenn er nur sein Ziel erreicht.

29. Kapitel Die neue Taktik der Armee

Aus allen in diesem Werke festgesetzten Regeln werdet Ihr ersehen haben, worauf die Taktik beruht, die ich bei meinen Truppen eingeführt habe. Der Zweck aller dieser Manöver ist, bei jeder Gelegenheit Zeit zu gewinnen und daraus Nutzen zu ziehen, sei es, um aus dem Lager zu rücken oder sich geschwinder als der Feind zu formieren, oder auch, um sich rasch und ohne jede Verwirrung in die gewöhnliche oder schräge Schlachtordnung zu stellen, oder auch, um schneller Terrain zu gewinnen und die Schlacht eher zur Entscheidung zu bringen, als es bisher Brauch war, oder schließlich, um den Feind durch das Ungestüm unsrer Kavallerieattacken über den Haufen zu werfen. Denn bei ihrer Heftigkeit wird auch der Feigling mitgerissen und muß so gut wie der brave Kerl seinen Dienst verrichten; mithin bleibt kein einziger Reiter unnütz. Das ganze System beruht also auf der Schnelligkeit der Bewegungen und auf der Notwendigkeit des Angriffs.

Ich hoffe zuversichtlich, daß alle Generale von der Notwendigkeit und dem Nutzen der Disziplin überzeugt sind und mit mir danach streben werden, sie in Krieg und Frieden aufrechtzuerhalten und zu vervollkommnen. Ich werde nie vergessen, was Vegetius von den Römern sagt, indem er gleichsam mit Begeisterung ausruft: „Endlich triumphierte die römische Disziplin über den hohen Wuchs der Germanen, über die Kraft der Gallier, über die List der Griechen, über die große Zahl der Barbaren und unterwarf sich den ganzen bekannten Erdkreis.“80-1 So sehr hängt die Wohlfahrt der Staaten von der Disziplin der Heere ab!

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30. Kapitel Winterquartiere

Gegen Ende des Feldzuges denkt man an die Winterquartiere und bezieht sie je nach den Umständen, in denen man sich befindet. Zuerst wird die Postenkette gezogen, die die Quartiere decken soll. Diese Truppen werden auf dreierlei Art postiert: hinter einem Flusse, in festen Stellungen im Gebirge oder im Schütze von Festungen. Im Winter 1741/42 bezogen die preußischen Truppen, die in Böhmen überwinterten, ihre Quartiere hinter der Elbe. Die Postenkette, die sie deckte, ging von Brandeis über Nimburg, Kolin, Podiebrad und Pardubitz bis Königgrätz. Ich bemerke hierbei, daß man sich nie auf die Flüsse verlassen darf; denn bei Frost sind sie fast überall zu passieren. Ferner verlangt die Vorsicht, daß man alle Posten mit Husaren versieht, die auf die Bewegungen des Feindes aufpassen und unaufhörlich nach vorwärts aufklären müssen, um festzustellen, ob der Feind sich ruhig verhält oder irgendwo Truppen zusammenzieht81-1.

Im Winter 1744/45 zogen wir die Postenkette unsrer Quartiere längs der Gebirge, die Böhmen von Schlesien trennen, und hielten genau die Landesgrenze inne, um Ruhe zu haben. General Truchseß hatte die Grenze von der Lausitz bis zur Grafschaft Glatz unter sich, nämlich die Stellungen von Schmiedeberg und Friedland, die durch zwei Schanzen befestigt waren. Außerdem waren ein paar kleine Posten auf der Straße nach Schatzlar, Liebau und Silberberg befestigt, und eine Reserve stand zur Unterstützung der Stellung bereit, die der Feind etwa belästigen wollte. Alle diese Detachements waren durch Verhaue gedeckt und alle nach Böhmen führenden Straßen unbrauchbar gemacht. Auch hatte jeder Posten seine Husaren zum Rekognoszieren. General Lehwaldt deckte die Grafschaft Glatz mit ebensolch einem Detache-ment unter den gleichen Vorsichtsmaßregeln. Beide Generale reichten einander die Hand. Wären also die Österreicher gegen Truchseß marschiert, so wäre ihnen Lehwaldt durch einen Einfall nach Böhmen in den Rücken gekommen, und umgekehrt. Troppau und Iägerndorf bildeten unsre Stützpunkte in Oberschlesien; sie standen über Ziegenhals und Patschtau mit Glatz und über Neustadt mit Neiße in Verbindung. Ich bemerke noch, daß man sich nie auf die Berge verlassen darf, sondern sich stets des Sprichworts erinnern soll, daß der Soldat da durchkommen kann, wo eine Ziege durchkommt.

Was die Postenkette der Winterquartiere betrifft, wenn sie im Schütze von Festungen liegt, so verweise ich Euch auf die Winterquartiere des Marschalls von Sachsen. Sie sind die besten. Aber man hat nicht immer freie Wahl und muß die Postenkette nach dem besetzten Gelände einrichten.

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Ich füge als Grundsatz hinzu, daß man in den Winterquartieren nicht einer Stadt oder einem Posten zuliebe eigensinnig sein darf, sofern der Feind Euch von dort aus nicht großen Schaden zufügen kann; denn Eure Hauptsorge muß die sein, Euren Truppen in ihren Quartieren Ruhe zu verschaffen.

Als zweite Grundregel setze ich hinzu, daß man am besten tut, die Regimenter brigadeweise in die Winterquartiere zu schicken, damit die Generale sie unter Aufsicht behalten. Unser Dienst erheischt auch, daß die Regimenter nach Möglichkeit zu den Generalen, die ihre Chefs sind, gelegt werden. Diese Regel duldet jedoch Ausnahmen, und der Heerführer muß beurteilen, wieweit sie berücksichtigt werden kann.

Ich gebe nun an, wie die Truppen in den Winterquartieren verpflegt werden müssen. Sind die Quartiere im eignen Lande, so gebührt den Hauptleuten und Subalternoffizieren eine Gratifikation. Der gemeine Mann erhält Brot und Fleisch umsonst. Sind die Winterquartiere in Feindesland, so erhält der Höchstkomman-dierende 15 000, die Generale der Infanterie und Kavallerie 10 000, die Generalleutnants 7000, die Generalmajore 5 000, die Rittmeister 2 000, die Hauptleute 1 800, die Subalternoffiziere 100 Dukaten. Der gemeine Mann erhält Brot, Fleisch und Bier umsonst, welches das Land liefert, aber kein Geld; denn Geld verlockt zum Desertieren. Der Höchsikommandierende muß sireng darauf halten, daß dies alles ordnungsmäßig geschieht. Plündern ist verboten, dagegen soll er die Offiziere wegen kleiner Prosite, die sie sich machen, nicht allzu sehr schikanieren.

Ist die Armee in Feindesland, so hat der Heerführer sie zu komplettieren. Er verteilt deshalb die Kreise dergestalt, daß z. B. drei Regimenter auf diesen Kreis, vier Regimenter auf jenen usw. angewiesen werden. Jeden Kreis teilt er in Bezirke und weist diese als Kantons an. Wollen die Stände die Rekruten liefern, um so besser; wo nicht, so braucht man Gewalt. Die Rekruten müssen beizeiten gestellt werden, damit die Offiziere Zeit haben, sie einzuexerzieren und bis zum nächsten Frühjahr fertig auszubilden. Außerdem müssen die Hauptleute auf Werbung schicken.

Der Heerführer muß sich um alle diese inneren Angelegenheiten kümmern und also auch dafür sorgen, daß die Pferde für die Artillerie, das Munitions- und Proviantfuhrwerk, die das feindliche Land zu stellen hat, entweder selbst geliefert oder in Geld bezahlt werden. Er muß ferner ein Auge darauf haben, daß die Kontributionen an die Kriegskasse pünktlich gezahlt werden. Alle Feldausrüstungen, Lafetten und was sonst zum Fuhrpark einer Armee gehört, werden auf Kosten des feindlichen Landes wiederhergestellt. Der Heerführer wacht darüber, daß die Kavallerie ihre Sättel, Zaumzeuge, Steigbügel, Stiefel usw. repariert, und daß die Infanterie Vorräte an Schuhen, Strümpfen, Hemden und Gamaschen für den nächsten Feldzug anschafft, ferner daß die Zeltdecken und die Zelte selbst ausgebessert werden, daß die Kavallerie ihre Säbel schleift, die Infanterie ihre sämtlichen Waffen instand setzt und daß die Artillerie für den nächsten Feldzug eine Menge Patronen für die Infanterie und die Husaren anfertigt und ferner einen Vorrat von Kartätschen für die Geschütze herstellt. Auch hat<83> er dafür zu sorgen, daß die Truppen, die die Postenkette der Winterquartiere bilden, reichlich mit Pulver und Kugeln versehen sind und daß es überhaupt der Armee an nichts fehlt.

Wenn die Zeit es erlaubt, wird der Höchstkommandierende gut tun, selbst einige Quartiere zu besichtigen, um nach dem Zustand der Truppen zu sehen und sich zu vergewissern, ob die Offiziere die Leute exerzieren oder saumselig sind; denn nicht nur die Rekruten müssen gedrillt werden, sondern auch die alten Leute, damit sie nicht aus der Übung kommen.

Naht die Zeit zur Eröffnung des Feldzuges heran, so werden Kantonnementsquartiere nach der Ordre de bataille bezogen, die Kavallerie auf den Flügeln, die Infanterie in der Mitte. Diese Kantonnements haben eine Frontbreite von etwa vier bis fünf Meilen und eine Tiefe von zwei Meilen. Gewöhnlich werden sie zu der Zeit, wo man zu kampieren gedenkt, enger gelegt. Ich habe gefunden, daß es gut ist, die Truppen in den Kantonnements unter das Kommando der sechs rangältesten Generale zu stellen, z. B. so, daß ein General die ganze Kavallerie des rechten Flügels, ein zweiter die ganze Kavallerie des linken Flügels, ein dritter den rechten Infanterieflügel des ersten Treffens, ein vierter den rechten Infanteriefiügel des zweiten Treffens, ein fünfter den linken Infanteriefiügel des ersten und ein sechster den des zweiten Treffens kommandiert. Auf diese Weise werden die Befehle viel schneller ausgeführt, und die Truppen setzen sich leichter in Kolonnen, um ins Lager zu rücken.

Hinsichtlich der Winterquartiere rate ich noch, sie nie eher zu beziehen, als bis man völlig sicher ist, daß die feindliche Armee ganz auseinandergegangen ist83-1.

<84>

31. Kapitel Winterfeldzüge

Winterfeldzüge richten das Heer zugrunde, sowohl durch die Krankheiten, die dabei ausbrechen, als auch, weil die Truppen in beständiger Bewegung bleiben und daher weder rekrutiert noch neu montiert, noch das Proviant- und Munitionsfuhrwert wiederhergestellt werden können. Sicherlich wird auch die beste Armee von der Welt einen solchen Feldzug nicht lange aushalten. Deshalb müssen Winterfeldzüge als die schädlichsten von allen vermieden werden.

Trotzdem kann der Heerführer unter Umständen zu diesem Mittel gezwungen werden. Ich habe, glaube ich, mehr Winterfeldzüge geführt als irgend ein Feldherr dieses Jahrhunderts. Es ist also nicht unangebracht, wenn ich bei dieser Gelegenheit die Gründe angebe, die mich dazu bewegen haben. Im Jahre 1740, als Kaiser Karl V>. starb, waren in ganz Schlesien nur zwei kaiserliche Regimenter. Ich hatte beschlossen, die Rechte meines Hauses auf Schlesien geltend zu machen, und mußte deshalb im Winter vorgehen, um alles zu benutzen, was mir vorteilhaft sein konnte, mithin mich der ganzen Provinz bemächtigen und den Kriegsschauplatz an die Neiße verlegen84-1. Hätte ich dagegen das Frühjahr abgewartet, so hätten wir den Krieg zwischen Krossen und Glogau gehabt und vielleicht erst nach-drei bis vier schweren Feldzügen das erlangt, was ich damals auf einen Schlag durch den bloßen Einmarsch gewann. Dieser Grund war meines Erachtens stichhaltig.

Im Jahre 1742 machte ich einen Winterfeldzug nach Mähren, um durch diese Diversion Bayern zu befreien. Daß es mir nicht gelang, lag an der Schlaffheit der Franzosen und am Verrat der Sachsen84-2.

Im Winter 1744/45 führte ich den dritten Winterfeldzug. Die Österreicher fielen in Schlesien ein, und ich war genötigt, sie daraus vertreiben zu lassen84-3.

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Im Winter 1745/46 wollten die Österreicher und Sachsen in meine Erblande eindringen, um dort mit Feuer und Schwert zu wüten. Ich handelte nach meinem Prinzip, kam ihnen zuvor und trug mitten im strengsten Winter den Krieg in ihr Land85-1.

Unter gleichen Umständen würde ich stets wieder so handeln und das Verhalten meiner Offiziere billigen, wenn sie es ebenso machten. Aber ich tadle alle, die aus bloßem Mutwillen Winterfeldzüge unternehmen.

Was nun die Einzelheiten der Winterkriege betrifft, so läßt man die Truppen in sehr enggelegten Kantonnements marschieren, sodaß öfters sogar zwei oder drei Regimenter Infanterie in.ein Dorf zu liegen kommen, wenn es groß genug ist. Man legt auch wohl die ganze Infanterie in eine Stadt. Derart marschierte der Fürst von Anhalt nach Sachsen. Er nahm Quartier in Ellenburg, Torgau, Meißen und noch zwei bis drei kleinen Städten, deren Namen mir entfallen sind. Dann bezog er ein Lager.

Sobald man sich dem Feinde nähert, gibt man den Truppen einen Sammelpunkt an und marschiert in Kolonnen, wie es sonst gebräuchlich ist. Wenn es dann zur Entscheidung kommt, nämlich wenn man in die feindlichen Quartiere einfallen oder gegen den Feind marschieren will, um ihm eine Schlacht zu liefern, muß man in der Ordre de bataille lagern und die Truppen unter freiem Himmel kampieren lassen. Jede Kompagnie macht sich ein großes Feuer und verbringt die Nacht dabei. Da aber solche Beschwerden zu groß sind, als daß der menschliche Körper sie lange aushalten könnte, so müssen dergleichen Unternehmungen so kräftig und kühn ausgeführt werden, daß sie nicht lange dauern können. Man darf also angesichts der Gefahr nicht schwanken, sondern muß einen herzhaften Entschluß fassen und ihn ausführen.

Ich bemerke noch, daß man niemals Winterfeldzüge in Ländern mit vielen befestigten Plätzen führen darf. Da die Jahreszeit sich zu Belagerungen nicht eignet und große Festungen sich nicht überrumpeln lassen, so kann man im voraus sicher sein, daß ein solches Vorhaben scheitern wird; denn alle Wahrscheinlichkeit spricht dagegen.

Solange man also die Wahl hat, muß man den Truppen während des Winters soviel Ruhe wie möglich geben und diese Zeit zur Wiederherstellung der Armee gründlich benutzen, um im nächsten Frühjahr dem Feinde mit der Eröffnung des Feldzuges zuvorzukommen.<86> Die Generalprinzipien des Krieges

Das sind ungefähr die Hauptpunkte der großen Kriegsoperationen. Ich habe ihre Grundsätze möglichst ausführlich entwickelt und mich vor allem bestrebt, klar und verständlich zu sein. Solltet Ihr aber über den einen oder andren Punkt Zweifel haben, so wird es mich freuen, wenn Ihr sie mir darlegt, damit ich meine Gründe ausführlicher angeben oder, wenn ich etwas Falsches gesagt haben sollte, mich zu Eurer Meinung bekehren kann. Schon meine geringe Kriegserfahrung hat mir gezeigt, daß diese Kunst nicht auszulernen ist und daß man bei ernstem Studium stets Neues entdeckt. Ich glaube, meine Zeit nicht verloren zu haben, wenn dies Werk meine Offiziere zum Nachdenken über ein Handwerk anregt, das ihnen die glänzende Laufbahn des Ruhmes eröffnet, ihre Namen dem Dunkel der Zeiten entreißt und ihnen für ihre Mühen Unsterblichkeit sichert. Dixi.

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Gedanken und allgemeine Regeln für den Krieg (1755)

1. Versammlung der Armee

Man versammelt die Armee an dem Orte, der den Mittelpunkt der Operationen bilden soll: in der Defensive an der Stelle, die einerseits das Land und die Magazine am besten deckt und andrerseits die einem feindlichen Angriff am meisten ausgesetzten Festungen schützt. In der Offensive muß man seine Lagerstelle gleich so aussuchen, daß die Zufuhren durch die Armee gedeckt werden, und daß die Stellung beim Feinde verschiedene Besorgnisse erregt oder große Unternehmungen erleichtert. NB. Im Feldkriege muß der Versammlungsort der Armee stets eine Operationsbasis nach der Art einer ersten Parallele87-1 decken. Diese erste Parallele ist entweder ein Flußlauf oder eine Bergkette, deren wichtigste Pässe man besetzt hält, oder eine Reihe von Festungen. Beim Vordringen in Feindesland muß man, um kunstgerecht zu verfahren, gleich nach den ersten Siegen und Eroberungen von Städten eine zweite Parallele ziehen. Diese Parallelen dienen vor allem zur Rückendeckung der Armee, zum Schutz der Zufuhr usw., ferner, damit im Fall des Mißlingens die Rückzugslinie unter allen Umständen gesichert ist, schließlich auch, um zu verhindern, daß die leichten Truppen des Feindes Euch in Flanken und Rücken kommen.

2. Märsche

Man muß wissen, warum und wohin man marschiert und was man mit seiner Bewegung erreichen will. Man darf eine Armee nur aus guten Gründen in Bewegung setzen. Gewaltmärsche sind ein stummes Zeugnis dafür, daß der Heerführer sich von seinem Gegner hat hinhalten lassen. Sonst wäre er nicht gezwungen, sich zu eilen und durch Geschwindigkeit die Zeit einzuholen, die der Feind ihm abgewonnen hat. Bei allen Märschen ist eine gute Avantgarde nötig, die den Marsch aufklärt. Die Zahl der Kolonnen richtet sich nach der Anzahl der Straßen, die man vorher sorgfältig rekognoszieren läßt. Die Kavallerie darf nicht durch Wälder marschieren. Trifft sie unterwegs auf soche, so gibt man ihr einige Infanteriebataillone zur Be<88>deckung. Wenn man vom Feinde entfernt ist, müssen die Husaren bei der Avantgarde, auf den Flanken der Armee und bei der Arrieregarde sein. Die Bagage muß die mittelste Kolonne bilden und von einer starken Arrieregarde gedeckt werden. Die Avantgarde darf der Armee nur um eine Viertelmeile vorausmarschieren, in der Nähe des Feindes nur 1200 Schritt.

3. Lagerplätze

Die Lager müssen dem Zweck angepaßt sein, den man im Auge hat. Ein Versammlungslager erheischt keine große Vorsicht; die andern sind entweder Angriffs- oder Verteidigungslager.

Angriffslager bezieht man da, wo man den Feind erwartet, um ihm eine Schlacht zu liefern. Sie sind untereinander sehr verschieden. DieHauptregel ist gute Anlehnung der Flügel. In einer Gegend, wo man weiß, daß der Feind hinkommen muß, und wo man ihn erwarten will, muß man bei gleichen Kräften eine Ebene aussuchen, in der die Kavallerie sich frei bewegen kann, wodurch die Entscheidung wesentlich beschleunigt wird. Ist man schwächer als der Feind, so muß man ein Gelände wählen, das sich vor der Front immer mehr verengt. Dann wird die feindliche Aufstellung von der Euren stets überflügelt, seine größere Zahl nutzt ihm zu nichts, und Ihr könnt ihm, obwohl schwächer, die Stirn bieten.

Verteidigungslager sind Lager zum Fouragieren, wenn man in der Nähe des Feindes ist, oder feste Stellungen. Die Stärke eines Verteidigungslagers muß in der Front und in den Flügeln liegen. Wie es aber auch sei, der Rücken muß von Defileen frei sein, damit die Armee es ohne Schwierigkeit verlassen kann. In der Natur findet man fast nie ein Gelände, das ganz Euren Wünschen entspricht. So muß die Kunst denn nachhelfen. Man wirft Erde auf, legt Schanzen mit Flatterminen an und beschränkt den Feind auf bestimmte Angriffspunkte. Verhaue sind gut, wenn man die Zeit hat, sie fertigzustellen, sonst taugen sie nichts. Welches befestigte Lager man aber auch einnehmen mag, man muß doch stets voraussetzen, daß der Feind es rechts oder links umgehen kann. Für diesen Fall muß man schon im voraus zwei andre Lagerplätze ausgewählt haben, die man je nach den Umständen bezieht. Sonst wird Euch der Feind durch seine Märsche zur Schlacht zwingen, sobald er will.

4. Detachements

Hat man viele leichte Truppen sich gegenüber, so ist man zur Absendung von Detachements genötigt, um seine Operationsbasis zu decken, insbesondere, um seine Zufuhren zu sichern. Diese Detachements müssen stark sein. Am besten sind solche, die der Armee so nahe stehen, daß sie von ihr unterstützt werden können. Ist man<89> vom Feinde entfernt, so kann man sie weiter vorschieben und stärker machen. Steht aber der Feind mit seinen Hauptkräften in der Nähe, so darf man sie nicht zu weit fortschicken. Sie müssen sich stets hinter Defileen oder auf engem Gelände aufstellen, damit sie Zeit haben, sich zurückzuziehen, oder, falls sie zum Kampfe gezwungen werden, wenigstens nicht von der Überzahl erdrückt werden. Sind aber die leichten Truppen beider Armeen annähernd gleich stark und die Einwohner des Landes nicht ganz gegen Euch, so müssen die Detachements ihre Defensive durch umsichtig ausgeführte Unternehmungen gegen die Detachements und die Lebensmittel des Feindes verschleiern. Kurz, wenn man sich zu eng zusammenhält, so faßt der Feind seine Pläne gegen Euch ohne Sorge. Schmiedet man dagegen selbst Pläne gegen ihn, so muß er Vorsichtsmaßregeln gegen Eure Unternehmungen ergreifen, und das wirft ihn in die Defensive.

5. Verpflegung und nötige Vorsichtsmaßregeln

Eine Armee ist eine Masse von Menschen, die täglich ernährt werden will. Ihre Verpflegung besieht aus gutem Brot, gutem Fleisch, Gemüsen, die man im Umkreis des Lagers findet, Branntwein und, wenn möglich, Bier. Es genügt nicht, alle diese Lebensmittel bei der Armee reichlich zu haben, sie müssen auch wohlfeil sein. Zur Deckung seiner Bedürfnisse legt man Magazine an der Grenze an, bei der man seine Operationen beginnen will. Bietet sich ein Fluß zur Beförderung, so verlädt man Vorräte für mehrere Monate darauf, je nachdem man ihrer zu bedürfen glaubt. Ist kein Fluß vorhanden, so führt man Mehl für ein bis zwei Monate auf Wagen mit, errichtet ein Hauptdepot an einem Orte, den man mit Erdwerten, Palisaden usw. befestigt, und legt eine starke Besatzung hinein, die dann die Bedeckung für die täglichen Proviantzüge nach dem Lager stellt. Wir besitzen Handmühlen, die wir benutzen können, um uns auf längere Zeit zu verproviantieren.

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Eine gute Art, die Proviantzüge zu sichern, ist diese: Man schiebt ein starkes Korps zwischen den Feind und den Transport und gibt ihm eine besondere Bedeckung. Der Feind wagt dann zwischen dem Detachement und der Bedeckung nichts zu unternehmen. Dadurch hält man ihn in Respekt. Auch muß man vorher alle Stellungen und Defileen besetzen, die der Transport zu passieren hat, damit der Feind sie seinerseits nicht benutzen kann. Außerdem muß man die Wagen jedesmal, wo sie solche Stellen passieren müssen, auffahren lassen.

Die Verpflegungsfrage ist die wichtigste. Will der Feind einen Verteidigungskrieg führen, so kann er Euch nur bei Euren Lebensmitteln fassen. Alle seine De-tachements haben nur diesen Zweck, und alle seine leichten Truppen sind deswegen im Felde. Ihr müßt also die größte Vorsicht, ja übertriebene Maßregeln zur Sicherung Eurer Proviantzüge anwenden; denn wenn Hunger und Not Euch überwältigen, ist Eure Niederlage größer, als wenn Ihr eine Schlacht verliert.

6. Fouragierungen

Man fouragiert, wenn man vom Feind entfernt ist, aber auch, wenn man in seiner Nähe lagert. Ist der Feind entfernt, so braucht man den Fourageuren nur einen guten Führer und eine gute Bedeckung zu geben, um sie vor den leichten Truppen zu schützen, dazu eine dem Gelände gut angepaßte Disposition; dann hat man nichts zu befürchten. Fouragierungen in der Nähe der feindlichen Armee erfordern viel mehr Vorsicht. Wenn möglich, muß man am selben Tage fouragieren wie der Feind und dazu, wie ich es schon bei den Lagern betont habe, ein starkes Lager in schmalem Gelände wählen und es mit guten Schanzen versehen, die von Flatterminen umgeben sind. Denn dies ist einer der Augenblicke, den ein geschickter Feind mit Vorliebe zum Angriff benutzen wird. Weiß er doch, daß Ihr geschwächt seid und ein Viertel Eurer Kräfte bei der Fouragierung habt. Fouragierungen dieser Art müssen noch vorsichtiger unternommen werden als andre. Man muß so viele Streifkorps wie möglich im Felde haben, um rechtzeitig zu erfahren, was der Feind tut, und sich aller Spione bedienen, die man auftreiben kann; denn der Feind könnte Euch, wie gesagt, während des Fouragierens angreifen oder auch ein starkes Detachement absenden, sodaß der Führer der Fouragierung mit seinen Leuten unver-richteter Dinge zurückkehren oder sich in ein höchst nachteiliges Gefecht einlassen muß. In diesem Falle sind sämtliche Fouragierungen, die über eine Meile von der Armee entfernt stattfinden, höchst gefährlich.

7. Gefechte und Schlachten

Gefechte sind Kämpfe zwischen kleinen Korps oder solche, bei denen nur ein Teil der Armee angreift oder sich verteidigt. Schlachten sind allgemeine Kämpfe, bei denen<91> auf beiden Seiten alles gleichmäßig eingesetzt wild. Allemal, wenn man den Feind angreifen will, hängt die Art, wie man zu kämpfen hat, vom Gelände und von den Vorteilen ab, die der Feind sich zu verschaffen weiß. Jeder Angriff auf eine feste Stellung gehört zum Gefecht. Ein Feind, der den Kampf vermeiden will, sucht seinen Vorteil in einem schwer zugänglichen Gelände, das von Schluchten und Hohlwegen durchschnitten, von Wäldern oder Flüssen beengt ist. Er lagert sich auf dem Gipfel von Bergen oder Anhöhen, besetzt Dörfer, errichtet Batterien, befestigt sein Gelände je nach dessen Beschaffenheit, stellt jede Waffe an den geeigneten Fleck, verstärkt seine Infanterie durch die Kavallerie und umgekehrt, deckt sich durch spanische Reiter, Schanzen und Befestigungen. Alle diese verschiedenen Maßregeln, die dem jeweiligen Gelände angepaßt sind, erfordern verschiedene Dispositionen von feiten des Angreifers. Das Gelände ist das erste Orakel, das man befragen muß. Danach läßt sich die Disposition des Feindes aus den allgemeinen Kriegsregeln erraten. Aus ihnen kann man auf seine ganze Anordnung und auf die von ihm benutzten Listen und Vorsichtsmaßregeln schließen, um demgemäß seine eignen Anstalten zu treffen.

Da Worte nie so anschaulich wirken wie eine Zeichnung, die dem Auge alles Wissens-werte sofort darstellt und zugleich ein langes und langweiliges Gerede erspart, so gebe ich hier Pläne von verschiedenen Stellungen nebst den verschiedenen Angriffsarten91-1. Ich nehme dabei an, daß meine Armee 55 Bataillone und 110 Schwadronen stark ist, und füge die Hauptregeln hinzu, die man stets beachten muß:

1. Marschiert man in geschlossenen Kolonnen, so soll man 1500 Schritt vom Feinde aufmarschieren, aber nie näher, da sonst das Geschütz Verheerungen anrichtet.

2. Bildet man die schräge Schlachtordnung91-2, so muß man mit dem Angriffsflügel einen Teil der feindlichen Truppen überflügeln. Geschieht das nicht und Ihr geht zum Angriff vor, so umfaßt Ihr den Feind nicht nur nicht, sondern bei der Art von Viertelschwenkung, die Ihr gegen den Feind machen müßt, stoßt Ihr mit der Kavallerie auf die zweite oder dritte feindliche Schwadron und mit der Infanterie auf das zweite oder dritte Bataillon oder bestenfalls auf den äußersten feindlichen Flügel, überragt ihn also nicht mehr.

3. Eure Angriffstruppen und Euer äußerster Flügel müssen den Feind stets überflügeln. Nie dürft Ihr die Truppen aufs Geratewohl ansetzen, sodaß Ihr überflügelt werden könnt.

4. Die Infanterie ist stets geschlossen zu führen. Tritt eine Lücke ein, so darf dies doch nie auf dem Angriffsflügel sein.

5. Muß man Regimenter von den Flanken oder aus dem zweiten Treffen nach rechts oder links vorziehen, so ist der andre Flügel zu benachrichtigen, damit er<92> ebenso viele Truppen ins zweite Treffen zurückzieht. Dann kann dieser, sobald er ausschließt, den Angriffsflügel decken und verstärken.

6. Bei allen Angriffen, wo man ein Vortreffen bildet, sei es, um ein Dorf, eine Batterie usw. anzugreifen, darf die Schlachtlinie im Vorrücken nie mehr als 100 Schritt hinter dem Vortreffen zurückbleiben, damit sie es unterstützen und schützen kann.

7. Greift Ihr mit der Infanterie staffelförmig an, so müssen die Brigaden so geführt werden, daß sie sich stets gegenseitig die Flanken decken; desgleichen die Kavallerie. Die Flanken — man kann es nicht genug wiederholen — sind der schwache Punkt der Armee: man muß sie stets schützen und verstärken.

8. Die Infanterie soll so wenig wie möglich schießen, sondern mit dem Bajonett angreifen.

9. Wendet nie meinen Kolonnenangriff92-1 an, wenn der Feind seine Kavallerie in Schlachtordnung hinter der Infanterie in Bereitschaft hält. Er taugt nur dann etwas, wenn die Infanterielinie zu feuern beginnt92-2. Dann bildet man, wenn keine Kavallerie dahinter sieht, aus einem Bataillon des zweiten Treffens eine Kolonne, von 4 Schwadronen unterstützt, und stößt hindurch.

10. Beim Angriff auf Dörfer müssen die ersten eindringenden Truppen sich darin festsetzen und die nachfolgenden das Dorf völlig säubern.

11. Außer der Reserve muß man stets Kavallerie im zweiten Treffen haben. Sie braucht nicht zu nahe zu stehen und soll außerhalb des Feuers halten, bis zu dem Augenblick, wo sie eingesetzt wird.

12. Man soll stets eine Abteilung des zweiten Treffens hinter den Geschützen des ersten haben.

13. Cure Flanken, 3 Bataillone stark92-3, müssen eine Reserve von 2 Grenadierkompagnien haben.

14. Hinter den Kavallerietreffen sind stets 3 bis 4 Schwadronen am äußersten Flügel in Reserve zu halten, um den Feind zu überflügeln, wenn sich Gelegenheit bietet.

15. Beim Angriff auf eine Stellung, deren ganze Stärke im Gelände liegt, soll man sich nicht überstürzen, sondern mit der Avantgarde vorgehen, die feindliche Stellung rekognoszieren, um seine Disposition danach zu treffen, und, wenn möglich, den Stier nicht bei den Hörnern fassen. Wankt der Feind aber, so muß man ihn ohne Besinnen so ungestüm wie möglich angreifen.

16. Beim Angriff auf eine Stellung muß man stets 10 Mörser mit sich führen, um zwei Batterien zu bilden, die hinter den Treffen aufgestellt werden, um die feindlichen Batterien während des Vorrückens zum Angriff kreuzweise zu bombardieren.

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17. Man darf nie ein Dorf bombardieren, wenn der Wind gegen uns sieht, wohl aber es in Brand schießen und in Asche legen, wenn der Wind gegen die feindliche Armee weht.

Das sind ein paar Regeln, die man stets vor Augen haben muß, um sie bei Gelegenheit zu gebrauchen. Ich gehe nun zu den Plänen über.

Aus der Stellung des Feindes in Plan I ersieht man, daß sich das Gelände vor seiner Front verengt. Das erschwert den Angriff; denn man muß beim Heraustreten aus der Enge mit seiner Spitze gleich eine entwickelte Linie angreifen. Außerdem kann man sicher sein, daß der Feind das Gehölz mit leichter Infanterie gespickt hat. Der Angriff auf diese Stellung erfordert folgende Disposition:

Plan I

Man marschiert vor dem Gehölz auf, die Infanterie im ersten, die Kavallerie im zweiten Treffen, und zieht 12 Bataillone vor, um sich in den Besitz des Gehölzes zu setzen. Rechterhand werden Brücken geschlagen, um einige Infanterie mit Geschütz über den Fluß zu werfen. Ist man Herr des Gehölzes, so läßt man möglichst viel Infanterie vorrücken, um es zu besetzen, formiert dann zwischen Fluß und Gehölz einen starken Kavallerieflügel, versagt dem Feind seinen rechten Flügel und greift mit dem linken dessen rechten Flügel an, um ihn in der Flanke zu fassen usw.

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Plan 2

Das Gelände, in dem sich der Feind auf Plan 2 festgesetzt hat, ist durch seine Lage sehr stark. Ich würde raten, den Angriff, wenn möglich, zu unterlassen. Ist er aber unabweislich, so gibt es folgendes Mittel dazu. Der ganze Kampf muß auf dem linken Flügel ausgefochten werden; denn der rechte Flügel des Feindes ist der schwächere. Hier muß die Kavallerie durch eine große Attacke vordringen, indem sie sich an den Morast anlehnt. Der rechte Flügel muß außer Gewehrschußweite bleiben, um nicht unnütz zu leiden. Der tiefe Hohlweg bildet die Scheidegrenze zwischen beiden Armeen. Gelingt die Kavallerieattacke, so kann man mit der Infanterie links abmarschieren, den rechten feindlichen Flügel umgehen und ihn in der Flanke fassen. Würde man mit dem rechten Flügel angreifen, so käme es zu einem mörderischen, Ungewissen Kampf, bei dem man furchtbare Verluste haben könnte. Indes würde ich gegenüber der Batterie auf dem rechten feindlichen Flügel, die die Kavallerie flankiert, eine Mörserbatterie aufstellen, um sie zum Schweigen zu bringen, wie man es auf dem obigen Plane sieht; denn ich nehme an, daß der Hohlweg sich nach dem rechten feindlichen Flügel zu verliert. Ich habe sogar einige Bataillone auf meiner äußersten Linken aufgestellt, nebst einer Batterie, die auf die feindliche Kavallerie feuert, um ihre Verwirrung und Flucht zu beschleunigen.

Aus der Stellung des Feindes auf Plan 3 ersieht man, daß seine Rechte hinter einem Verhau sieht, wo sich eine starke, das Dorf flankierende Batterie befindet. Weiterhin hat seine Infanterie eine Anhöhe besetzt. Dann kommt das Dorf, eine kleine Ebene, ein mit Infanterie besetztes Gehölz, wieder eine kleine Ebene, und sein linker Flügel lehnt sich an die Ausläufer eines Hügels. Diese Stellung muß von rechts angegriffen werden. Dann meidet man den Verhau, die Anhöhe und das Dorf, auf die ein Angriff sehr verlustreich wäre. Ich würde die schräge Schlachtordnung bilden, meine Mörserbatterie auf dem rechten Flügel aufstellen, die Kavallerie ins zweite

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Plan 3

Plan 4

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und dritte Treffen nehmen und den Hauptstoß von rechts führen. Sobald meine Im fanterie die Linke des Feindes durchbrochen hat, dringen einige Bataillone vor, um sich in den Besitz des Gehölzes zu setzen. Um den Rest der Armee in der Flanke zu fassen, setzen sich die 5 Bataillone, die die Infanterie angegriffen und geworfen haben, in Kolonne, damit die Kavallerie zwischen ihnen hindurchgehen und die feindliche Kavallerie attackieren kann, die den Rückzug ihrer Infanterie decken will. Durch diese Lücke muß möglichst viel Kavallerie vorgehen, damit sie den Anprall der ganzen feindlichen Reiterei aushalten kann, die ihrem geschlagenen linken Flügel zu Hilfe eilen könnte. Aber selbst, wenn die Kavallerie geworfen würde, könnte sie sich unter dem Schutze des Feuers meiner 5 Infanteriekolonnen wieder sammeln.

Plan 4 zeigt eine Aufstellung, die um so trügerischer ist, als man die Falle nicht merkt, die der Feind Euch stellt. Sein erstes Treffen verdeckt seine wahre Stellung. Sein rechter Kavallerieflügel sieht in Höhe des zweiten Treffens, sodaß er durch seine Infanterieflanke flankiert wird. Das zweite Kavallerietreffen überflügelt das erste, sodaß alles fiankiert wird. Vor der Front der Aufstellung sind Schluchten, Hohlwege und Teiche. Die Kavallerie des linken Flügels wird durch ein Infanteriekarree verstärkt, das sich an einen Morast lehnt. Diesen linken Flügel würde ich wegen seiner Stärke nicht angreifen, zumal der aus dem Teich kommende Bach meine Angriffsfront einengt. Ich würde mich also für den Angriff mit dem linken Flügel entscheiden. Meine Kavallerie müßte staffelweise attackieren, wie man es auf dem Plane sieht. Die Rechte meines angreifenden Kavallerieflügels setzt sich Schwadron hinter Schwadron, um das mörderische Infanteriefeuer in der Flanke zu meiden. Den<97> Bach, der aus dem Teiche kommt, muß ich zur Anlehnung meines rechten Flügels benutzen, und meine Infanterie muß von links angreifen, wie man es auf dem Plane sieht. Die Schwierigkeit beginnt, wenn das erste Infanterietreffen geworfen ist: dann stößt man auf ein mit Infanterie besetztes Dorf, hinter dem das geschlagene feindliche Treffen sich sammeln kann. Um das zu verhindern, muß meine siegreiche Kavallerie, nachdem sie die feindliche verjagt hat, sofort abschwenken, um die Rückseite des Dorfes zu gewinnen. Ferner müßt Ihr Eure Reserve heranziehen, und wenn es durchaus nötig ist, das Dorf anzugreifen, dazu frische Truppen aus dem zweiten Treffen nehmen, die noch nicht im Feuer gewesen sind. Sobald Ihr das Dorf eingenommen habt, ist die Schlacht gewonnen, und es gilt nur noch, den Feind nachdrücklich zu verfolgen.

Plan 5

Aus Plan 5 geht hervor, daß der Feind die Front seiner Kavallerie, sowie drei Viertel seiner Armee mit spanischen Reitern geschützt hat, daß sich im Zentrum eine oder zwei schwere Batterien befinden, daß auf dem linken Flügel des ersten Treffens 30 Grenadierkompagnien stehen, die im zweiten Treffen durch Ungarn mit dem Säbel in der Faust, sechs Mann hoch, unterstützt werden, und daß er seinen linken Kavallerieflügel mit spanischen Reitern gedeckt hat. Ich untersuche nicht, ob diese Aufstellung gut oder fehlerhaft ist. Man braucht nur meine Disposition anzusehen<98> und wild sich daraus leicht ein Urteil bilden. Wie man sieht, maskiere ich meine Infanteriekolonnen hinter der Kavallerie bis auf 600 Schritt vom Feinde. Dann treten sie zwischen die Kavallerieregimenter, und ihre Geschütze feuern im Vorrücken auf die feindliche Kavallerie. Hält diese stand und läßt ihre spanischen Reiter vor sich, so marschiert meine Infanterie auf und schießt sie mit Geschütz- und Gewehrfeuer zusammen. Verliert aber die Kavallerie die Geduld und zieht die spanischen Reiter zurück, um zu attackieren, so bricht die meine in Karriere vor und muß sie schlagen, da sie ja von den Infanteriekolonnen hinter sich unterstützt wird. Ist die feindliche Kavallerie geworfen, so marschieren die Bataillone auf und fassen die feindliche Infanterie in der Flanke. Lassen nun die österreichischen Grenadiere ihre Ungarn auf türkische Art angreifen, so ziehe ich von der Rechten und Linken meiner Angriffsfront je 2 Schwadronen vor, um sie in der Flanke zu fassen, und halte noch 2 Schwadronen im zweiten Treffen bereit, um alles, was etwa durchbrechen könnte, zurückzuwerfen, ganz abgesehen davon, daß mein schweres Geschütz furchtbar unter ihnen wüten wird. Dann braucht die siegreiche Kavallerie nur noch das zweite Treffen des Feindes im Rücken zu fassen, und ich bin sicher, daß er ohne große Mühe geschlagen wird.

Die Disposition auf Plan 6 ist besser durchdacht und maskiert, die feindliche Stellung ist also stärker als die vorige. Front und Flanken der Infanterie sind durch spanische Reiter gedeckt. Die Kavallerie ist vor Infanteriekarrees aufgestellt, die von spanischen Reitern umgeben sind. Sie soll sich, falls sie von unsrer Kavallerie attackiert wird, zurückziehen, wenn aber der Angreifer durch das Infanteriefeuer erschüttert ist und zurückweicht, sich dann ihrerseits auf ihn werfen. Da man jedoch alle Dispositionen des Feindes wohl erwägen und ausnutzen muß, so sind seine spanischen Reiter von großem Vorteil für uns; denn das Vorrücken seiner Schlachtlinie muß unendliche Mühe machen. Folgendes schlage ich zum Angriff dieser Armee vor.

Das Gelände kommt nicht in Frage. Ob man rechts oder links angreist, ist einerlei, je nachdem das Gelände größere Vorteile bietet. Meine Disposition ist, von rechts anzugreifen. Auf 600 Schritt vom Feinde zieht sich meine Infanterie durch die Kavallerie hindurch. Ich lasse eine Kolonne von 2 Bataillonen nebst 4 Geschützen auf dem Flügel und die 8 andern Bataillone, jedes zu zwei Treffen aufmarschiert und mit viel Geschütz dazwischen, vor der Kavallerie. Die feindliche Kavallerie wird so sehr unter dem Geschütz- und Gewehrfeuer meiner Infanterie leiden, daß sie nur die Wahl hat, zu attackieren oder zu fliehen. Attackiert sie meine Infanterie, so bin ich nicht in Verlegenheit. Einerseits wird diese sich durch ihr Feuer verteidigen, und andrerseits ist meine Kavallerie bei der Hand, um sie zu unterstützen. Ich habe 10 Bataillone, von denen das linke Flügelbataillon des zweiten Treffens im Fall eines feindlichen Angriffs stets die Flanke decken kann. Viel wahrscheinlicher aber ist es, daß die Kavallerie den Befehl ausführen wird, sich hinter ihre Infanteriekarrees zurückzuziehen. In diesem Falle muß das letzte Karree des Feindes zuerst<99> angegriffen werden, dann das zweite, und inzwischen muß das gesamte Geschütz der vorgeschickten Abteilungen auf die Karrees, sowie auf die dahinterstehende Kavallerie feuern. Sind zwei Karrees genommen, so kann die Kavallerie mit 15 Schwadronen angreifen, und der ganze Flügel muß ihr folgen. Ist die feindliche Kavallerie geworfen, so muß unser zweites Kavallerietreffen abschwenken und die feindliche Schlachtlinie im Rücken fassen, während mein rechter Infanterieflügel das Korps aufnimmt, das die Karrees durchbrochen hat, dann die feindliche Infanterie umgeht und ihr in die Flanke fällt.

Plan 6

Der Feind kann mich an der Ausführung dieser Bewegungen nicht hindern; denn er ist durch seine spanischen Reiter behindert und kann nicht in einem Augenblick eine Viertelschwenkung mit seiner ganzen Armee machen, ganz abgesehen davon, daß das Gelände uns vielleicht vorteilhafte Stellen bietet, die man benutzen könnte, um den Feind noch mehr zu bedrängen und ihn an seine Stellung zu fesseln. Den Offizieren, die diese lebendigen Schanzen99-1 angreifen, muß man aufs sorgfältigste einschärfen, daß sie sich ja nicht vom Kampfeseifer hinreißen lassen, vielmehr geschlossen und in guter Ordnung bleiben, da die feindliche Kavallerie stets bereit sein wird, die geringste falsche Bewegung des Angreifers auszunutzen. Vor allem müssen sie sich hüten, ihre Flanke darzubieten und bataillonsweise zu schießen. Es darf nur zugweise<100> gefeuert werden, und der Angriff auf die Karrees muß ein Handstreich mit aufgepflanztem Bajonett sein. Vor allem aber darf die Ordnung nicht verloren gehen, nachdem die Karrees zersprengt sind. Die feindliche Kavallerie muß kräftig mit Geschütz beschossen werden, um sie sich vom Leibe zu halten, und sobald man sieht, daß dies Erfolg hat, müssen die Bataillone des zweiten Treffens gleich Kolonnen formieren. Inzwischen muß die Kavallerie sich dem ersten Treffen nähern, und dieses darf nicht eher Kolonnen formieren, als bis die Kavallerie dicht hinter ihr ist. Dann muß die Kavallerie ungestüm attackieren; dabei aber müssen besonders die linken Flügelregimenter sich in acht nehmen, daß sie von den feindlichen Regimentern, die dem Mitteltreffen am nächsten stehen, nicht in der Flanke gefaßt werden.

Das ist, glaube ich, das Beste, was man sich ausdenken könnte. Indes leugne ich nicht, daß die Aufgabe schwierig ist, aber mir fällt nichts Besseres und Sichereres ein als das Vorgeschlagene; denn ich kann einer derart aufgestellten Armee nur bei-kommen, wenn ich einen der Endpunkte ihrer Schlachtfront angreife, meine Infanterie stets durch Kavallerie unterstütze und so viel Artillerie verwende, als Gelände und Umstände irgend gestatten. Ich leugne nicht, daß der Feind, wenn er mich zum Angriff entschlossen sieht, alles versuchen wird, um seine Flanke zu verlängern. Um aber zu verhindern, daß er seine Artillerie vom Flügel seines Mitteltreffens auf meinen Angriff richtet, muß ihr eine Batterie entgegengestellt werden, die sie in Schach hält oder doch wenigstens ihr Feuer von meinem Angriff ablenkt.

Nach meiner Ansicht beruht die ganze Kriegskunst darauf, die Dispositionen des Feindes durch Ablenkungen zu stören, die ihn nötigen, seine Pläne fallen zu lassen. Kann man ihn zur Änderung seiner Disposition zwingen, so ist die Schlacht schon halb als gewonnen zu betrachten; denn seine Stärke beruht auf seiner einmal getroffenen Anordnung, und die geringste Truppenverschiebung, zu der ich ihn zwinge, zerreißt den Zusammenhang und wirft damit seine Dispositionen über den Haufen.

Aus Plan 7 ersieht man, daß die Stellung des Feindes äußerst stark ist und daß der einzige Angriffspunkt dort liegt, wo er seine spanischen Reiter angebracht hat. Angenommen jedoch, er müßte unbedingt angegriffen werden, so läuft das Ganze klipp und klar auf einen Stellungskampf heraus. Mein Plan ist folgender. Wie man sieht, formiere ich ein einziges Infanterietreffen und gegenüber der Stelle, die ich angreifen will, ein Vortreffen in zwei Linien. Rechts und links davon stelle ich je 2 einzelne Bataillone auf, die dazu bestimmt sind, die beiden Schanzen auf den beiden Flanken der Angriffsftont anzugreifen oder zu maskieren, während meine beiden Mörserbatterien diese Schanzen ununterbrochen bombardieren, um den Sturm zu erleichtern. Die Infanterie soll im Vorrücken gegen die feindliche Stellung ihre Geschütze kräftig feuern lassen. Sie soll im Geschwindschritt vorrücken und nicht eher schießen, als bis sie an den spanischen Reitern angelangt ist. Gelingt es ihr, die feindliche Infanterie zu vertreiben, so soll sie sich der spanischen Reiter be<101>mächtigen und sich dort behaupten, bis die Kavallerie heran ist. Dann setzt sie sich in Kolonnen und läßt die Kavallerie zur Attacke durch. Ein solcher Durchbruch innerhalb der Stellung zwingt den Feind zum Verlassen der gesamten Front. Dann könnt Ihr mit Eurer ganzen Armee eindringen und alsdann je nach den Umständen handeln. Nur kann man meiner Ansicht nach nicht genug Kraft und Nachdruck in den Augenblicken aufbieten, wo der Feind zu wanken beginnt, um ihn vollends in die Flucht zu schlagen.

Plan 7

Aus diesen verschiedenen Gefechtsdispositionen ersieht man, wie sehr sie sich unter dem Zwang der Verhältnisse ändern müssen und daß ein Hügel oder ein Sumpf nicht übersehen werden darf, wenn man ihn nur irgend benutzen kann. Die Hauptsache ist, stets eine Waffe durch die andre zu unterstützen, die Kavallerie durch Infanterie und Geschütz zu verstärken und stets Kavallerie zur Unterstützung der Infanterie bei der Hand zu haben. Ich darf nicht vergessen, daß in allen Fällen, wo es nur zu Teilgefechten kommt, die Reserve dorthin rücken muß, sei es nach rechts oder nach links; denn im Fall des Mißlingens kann die Reserve das Gefecht wiederherstellen und Euch den Sieg bringen. Man sieht also deutlich, daß die Hauptkunst des Heerführers in der rechten Erkenntnis des Geländes besteht, in der Ausnutzung aller Vorteile, die es bietet, in der Anpassung der Dispositionen an jeden besonderen<102> Fall. Gerade bei solchen Stellungskämpfen muß sich Eure Disposition, wenn sie gut sein soll, nach der des Feindes und nach dem Gelände richten, auf dem man kämpfen will.

Ich hoffe, diese kleinen Geländeskizzen mit den darin eingezeichneten Armeen werden eine Anleitung dazu geben, wie man nach dem Gelände, das man so genau prüfen muß, als die kritischen Augenblicke es erlauben, und nach der Schlachtaufstellung einer feindlichen Armee erkennt, welche Anordnungen der Gegner für den Kampf gegeben hat. Nach dieser Erkenntnis muß der Angreifer seine eignen Dispositionen regeln.

Plan 8

8. Schlachten

Schlachten sind allgemeine Kämpfe, bei denen zwei ganze Armeen miteinander ringen. Ich nenne sie offene Feldschlachten; denn sie finden meist nur auf freiem Gelände statt. In diesen Fällen muß man mit dem Feinde nicht viel Umstände machen, sich rasch formieren und parallel mit seiner Front ihm auf den Leib rücken. Eine solche Schlacht kann nur von der Kavallerie entschieden werden. Unsre Kavallerie<103> muß sofort eine große Attacke reiten und eine Reserve von Husaren zurückbehalten, die sie gleich, nachdem sie den Feind geworfen hat, in den Rücken seiner Infanterie schicken kann. In solchem Falle würde ich dafür einstehen, daß der Kampf weder lang noch blutig wird und daß die Infanterie eine bloße Zuschauerin des Kampfes bleibt. Ihre Aufgabe wäre also sehr leicht, und sie könnte höchstens dazu dienen, ein schon erschüttertes Infanteriekorps völlig zu schlagen und durch ihr Feuer zu zerstreuen (Plan 8).

Aber ein Vorteil wie eine Schlacht in der Ebene wäre für uns zu groß. Wir dürfen daher nur auf Stellungskämpfe oder aus feste Dispositionen von feiten des Feindes gefaßt sein. Bei dieser Art von Kämpfen, sowie auch zur Beendigung eines oft vorzeitig begonnenen Infanteriefeuers kommt meine Angriffskolonne, durch 2 bis 4 Schwadronen Kavallerie unterstützt, zur Anwendung. Dadurch wird der Kampf sicherlich bald entschieden.

9. Rückzüge

Von allen Kriegsoperationen sind die Rückzüge am schwierigsten. Man muß verhindern, daß die Armee den Mut verliert und daß Verwirrung eintritt. Das erstere geschieht, indem man ihr sagt, man wiche zurück wie beim Anlauf, um besser zu springen. Man bindet ihr unwahrscheinliche Geschichten auf, sprengt günstige Nachrichten aus usw. Was den Rückzug selbst betrifft, so muß man alle Schwierigkeiten voraussehen, die der Feind Euch machen könnte, im voraus die Stellungen und Orte besetzen, die er benutzen kann, um Euch zu beunruhigen, und gerade bei diesen Märschen strenger sein als sonst, damit die Offiziere sich nicht vernachlässigen. Trotz alledem ist es kaum zu vermeiden, daß die Nachhut Verluste erleidet, wenn ihr Panduren auf den Hacken sind und besonders, wenn der Marsch durch bedecktes Gelände führt.

10. Schwierigkeit der Überfälle von Lagern. Schwierigkeit, eine Armee auf dem Marsch anzugreifen

Es ist sozusagen unmöglich, die Österreicher in ihrem Lager zu überfallen. Sie haben zuviel leichte Truppen, die teils ihr Lager decken und teils immer um Euch herum sind, Euch beobachten und beunruhigen. Zufällig könnte solch ein Unternehmen zwar einmal gelingen, aber nur ein Tor rechnet auf den Zufall.

Ebenso sieht in vielen militärischen Werten zu lesen, der rechte Augenblick, um den Feind zu überraschen, sei, ihn auf dem Marsch anzugreifen. Das aber ist viel schwerer, als man denkt, und zwar aus folgenden Gründen. Gewöhnlich lagert man höchstens eine halbe Meile vom Feinde. Sind beide Heere durch nichts getrennt, so kann man darauf rechnen, daß es bald zur Schlacht kommt. Haben sie jedoch Defi<104>leen oder sonst ein schwieriges Gelände zwischen sich, wie soll man dann an den Feind herankommen? Doch höchstens mit der Kavallerie. Wenn aber das Gelände, durch das der Feind marschiert, sich nur für Infanterie eignet, wie soll meine Kavallerie dann in Tätigkeit treten? Es hieße dem Zufall zuviel überlassen, wenn man dergleichen leichtsinnig unternehmen wollte. Lagern die Heere aber auf 2 bis 3 Meilen voneinander, so ist es unmöglich, die feindliche Armee zu erreichen, wenn sie rechts oder links abmarschiert, es sei denn, daß sie gerade auf Euch losmarschieren will. In diesem Falle könnt Ihr dem Feinde entgegenrücken, wenn Ihr es für geraten haltet, eine Schlacht zu wagen. Dazu aber müßt Ihr

1. wissen, ob das Gelände, wo er lagern will, für Euch günstig ist,

2. des Nachts aufbrechen, um nicht zu spät anzukommen,

3. das Gefecht ohne Aufschub und plötzlich beginnen.

In diesem Falle jedoch und nach einem Nachtmarsche dürfte es Euch schwer fallen, den Feind zu verfolgen, wenn es Euch auch gelingt, ihn zu schlagen. Die Verfolgung aber ist nötiger und nützlicher als die Schlacht selbst.

11. Verfolgung

Es gibt drei Arten von Verfolgung: durch Detachements, durch einen Flügel der Armee oder durch die ganze Armee.

Die Verfolgung durch Detachements erheischt viel Vorsicht. Je schwächer das Detachement ist, um so mehr hat es Hinterhalte zu befürchten. Setzt nur ein detachiertes Korps der Armee einem detachierten Korps des feindlichen Heeres nach, so muß es bei zu raschem Nachdrängen befürchten, daß das feindliche Korps von seiner Hauptmacht unterstützt wird, und somit um das Anrücken von Verstärkungen besorgt sein; denn dadurch könnte es leicht vom Sieger zum Besiegten werden. Es hängt also von der Klugheit des Detachementsführers ab, alles, was eintreten kann, vorauszusehen, das Gelände zu prüfen, ob es zu Hinterhalten geeignet ist, und die Verfolgungslust seiner Truppen zu zügeln, falls er die Ankunft feindlicher Verstärkungen oder irgend eine Falle befürchten muß, die der fliehende Feind ihm in dazu geeignetem Gelände stellen könnte.

Auch für die Verfolgung durch einen Flügel der Armee gilt ungefähr das gleiche. Die Kavallerieführer, denen diese Aufgabe zufällt, müssen Geistesgegenwart besitzen und sich hüten, die feindliche Kavallerie zu hitzig zu verfolgen, wenn sie Hecken oder Dörfer mit Infanterie besetzt sehen. In allen andern Fällen, wo es nur Ebenen und Anhöhen gibt und man sicher ist, daß keine Infanterie da ist, muß man die zurückgeworfene Kavallerie hitzig verfolgen, bis man sieht, daß alle verschiedenen Truppenteile der Flüchtlinge durcheinander kommen. Dann reichen ein paar Schwadronen hin, die die zersprengten Massen mit Pistolenschüssen verfolgen, um ihren<105> Schrecken noch zu mehren, vorausgesetzt, daß ein starkes, wohl geschlossenes Kaval-lerietreffen sie in starkem Trabe unterstützt und ein Defilee zu benutzen sucht, um unter den Fliehenden zahlreiche Gefangene zu machen. Denn diese geraten gerade dann wegen ihrer großen Zahl ins Gedränge, und ihre völlige Verwirrung hindert sie am Handeln und am geringsten Widerstand gegen die Sieger.

Sobald ein Kavallerieführer auf dem feindlichen Flügel, den er angegriffen und geworfen hat, allgemeine Verwirrung bemerkt, kann er seine Husaren und Dragoner detachieren, um der feindlichen Infanterie in den Rücken zu fallen, und dadurch die Entscheidung der Schlacht erleichtern. Auch kann er Detachements nach der vermutlichen Rückzugslinie des Feindes senden, was diesen vollends in Verwirrung bringen wird. Fliehende Truppen schlagen stets die Straße ein, auf der sie gekommen sind; denn die große Masse, die auf der Flucht den Ausschlag gibt, kennt keine andre.

Was nun die Armee überhaupt betrifft, so beruht ihre Überlegenheit ganz auf ihrer Ordnung. Eine geschlagene Armee ist nur ein Menschenhaufe, der die ihm verliehene Gestalt, die ihn furchtgebietend machte, zerstört und dadurch unfähig wird, dem Befehl seiner Führer zu gehorchen. Soviel Achtung sich ein Heerführer durch seine Geschicklichkeit erwirbt, bevor seine Armee in Verwirrung geraten ist, sowenig stellt er mit all seiner Kunst vor, sobald seine Truppen sich auflösen. Er kann dann sowenig Beweise seiner Geschicklichkeit geben, wie ein Meister auf der Geige seine Kunst zeigen kann, wenn seine vier Saiten unter seinem Bogen zerreißen. Diesen Augenblick der Verwirrung also, wo jede Ordnung aufhört, kein Befehl mehr befolgt wird, jedes Feldherrntalent vergeblich ist, muß ein guter Heerführer benutzen; denn jede Schlacht, die nicht den Zweck hat, den Krieg zu beenden, ist für den Staat ein unnützes Blutvergießen. Habt Ihr also im ganzen Feldzuge danach getrachtet, den Moment zu finden, wo Ihr den Feind in Verwirrung setzen könnt, so müßt Ihr ihn ausnutzen, wenn er gekommen ist.

Dazu muß man 1. für einige Tage Brot mitführen, 2. den Feind mehrere Tage verfolgen, besonders am Schlachttage selbst. Findet er keine Zeit, sich zu sammeln, so wird er immer weiter fliehen. Macht er aber Miene, irgendwo stehen zu bleiben, so muß man ihn beim geringsten Widerstand ungestüm angreifen und die Truppen dann keineswegs schonen, weil sie ermüdet sind oder man ihnen neue Angriffe ersparen möchte; denn durch diese Strapazen verschafft man ihnen für die Folgezeit lange Ruhe. Jeder Tag der Verfolgung verringert die feindliche Armee um ein paar tausend Mann, und bald bleibt ihm kein gesammeltes Korps mehr übrig, besonders wenn man alles dransetzt, ihm auch seine Bagage abzunehmen.

Wenn man so handelt, kommt man in wenigen Feldzügen weiter als andre Heerführer in vielen Jahren. Indes ist das nicht leicht; denn viele Offiziere halten es für hinreichend, wenn sie ihre Pflicht zur Not getan haben. Die meisten sind so zufrieden, daß die Schlacht vorüber ist, daß man große Mühe hat, ihnen Verfolgungs<106>lust einzuflößen. Vor allem aber muß man die Offiziere gut auswählen, die man zur Beschleunigung der feindlichen Flucht detachiert, ja dazu die allerbesten nehmen. Sonst würde man ebensowenig Erfolg haben wie Prinz Eugen und Marlborough nach der Schlacht von Malplaquet (1709), wo sie General Bülow mit den Hannoveranern detachierten, der sich aber wohl hütete, der französischen Nachhut auf den Leib zu rücken, und ihr nur auf 6 000 Schritt folgte.

12. Verschiedene Dispositionen für die Armee

Ich rede hier nicht von den verschiedenen Dispositionen für Flußübergänge, Rückzüge und Überfälle einer Armee, von denen ich im ersten Teile gesprochen habe. Wohl aber empfehle ich allen, die mit dergleichen beauftragt sind, besonders an die Sicherung ihrer Flanken zu denken, die Infanterie durch Kavallerie zu unterstützen, diese durch die Infanterie und beide durch Artillerie, auch die Befestigungskunsi und Minen zu Hilfe zu nehmen und das alles nach den jeweiligen Umständen und nach Maßgabe des Geländes anzuwenden, in dem man sich befindet.

Ich rede auch nicht von Angriffen auf Verschanzungen; denn bei unsren Nachbaren ist es nicht Brauch, sich zu verschanzen. Muß man jedoch eine Verschanzung angreifen, so muß man sich an dem Tage dazu entschließen, wo der Feind daran zu arbeiten beginnt, oder man darf überhaupt nicht daran denken; denn jeder Augenblick, den Ihr verliert, ist für ihn gewonnen, und er benutzt ihn, um sich furchtgebietender zu machen. Die Hauptsache bei allem, was den Angriff selbst betrifft, ist die Benutzung des Geländes, der Schluchten und Talgründe, um dem Feind die Stelle zu verbergen, wo man seinen Hauptstoß führen will, damit er dort keine Verstärkungen hinschicken kann.

13. Heerführung im Großen

I. Feldzugspläne106-1

Die Feldzugspläne richten sich nach den eignen Streitkräften, denen des Feindes, der Beschaffenheit des Landes, in dem man Krieg führen will, und der augenblicklichen politischen Lage Europas. Will man Krieg führen, so muß man wissen, ob man seinem Gegner an Zahl oder innerem Werte der Truppen überlegen ist, ob das Land, das man angreifen will, offen oder durch einen Fluß gedeckt oder gebirgig oder reich an Festungen ist, ob man Flüsse zum bequemeren Transport der Lebensmittel hat oder diese auf Wagen mitführen muß, ob man an der Grenze Festungen besitzt oder worin die eigne Operationsbasis besieht. Ferner muß man wissen, welche Verbündete der<107> Feind hat, worauf die mit ihnen geschlossenen Verträge beruhen, wie hoch sich ihre Streitkräfte belaufen, ob sie Hilfstruppen stellen oder Diversionen machen werden.

Die Kenntnis all dieser Dinge ist nötig, damit man die Kriegsvorbereitungen danach treffen kann. Aber die Minister nehmen diese wichtigen Fragen zu leicht; denn sie handeln meist aus Leidenschaft und unternehmen einen Krieg aus Eitelkeit oder aus blinder Habgier, ja selbst aus Haß und Groll. Wer die Geschichte liest — ich spreche nicht von vergangenen Zeiten, sondern nur vom letzten Jahrhundert —, wird sich von der Wahrheit meiner Behauptung überzeugen.

Ich glaube, ein vernünftiger Mensch, dessen Leidenschaften schweigen, wird nie einen Krieg beginnen, in dem er sich von Anfang an in der Defensive halten muß. Umsonst prahlt man mit edler Gesinnung: jeder Krieg, der nicht zu Eroberungen führt, schwächt den Sieger und entnervt den Staat. Man muß also nie zu Feindseligkeiten schreiten, wenn man nicht die gegründete Aussicht hat, Eroberungen zu machen. Das bestimmt sofort die Art des Krieges: es macht ihn offensiv. Da sich aber Europa bei all unfern Kriegen in zwei große Parteien spaltet, so entsteht daraus ein gewisses Gleichgewicht der Kräfte, und die Folge ist, daß man auch nach vielen Erfolgen nicht weitergekommen ist, wenn der allgemeine Friede geschlossen wird107-1. Ist man ferner genötigt, seine Kräfte zu teilen, um nach allen Seiten, wo man Feinde hat, Front zu machen, so vermag keine Macht die ungeheuren Kosten zu tragen, die für zwei oder drei zur Offensive bestimmte Armeen erforderlich sind. So kommt es, daß bald nur noch auf einer Seite ernstlich gerungen wird, während die andren Armeen ihre Zeit in fruchtlosen und müßigen Feldzügen vertun.

Will man sich große Erfolge versprechen, so muß man sich nur mit einem Feinde einlassen und alle seine Kräfte gegen ihn richten: dann kann man die größten Vorteile erwarten. Allein die Zeitumstände erlauben nicht immer, alles zutun, was man möchte, und so sieht man sich oft zu Maßregeln gezwungen, die die Notwendigkeit diktiert.

Am fehlerhaftesten sind die Feldzugspläne, die Euch zu weiten Vorstößen oder Pointen zwingen. Ich versiehe unter Pointen, daß man Truppenteile zu weit von seinen Grenzen vorwagt, ohne sie unterstützen zu können. Diese Methode ist so schlecht, daß alle, die sie befolgten, schlimme Erfahrungen damit gemacht haben107-2. Man muß also damit beginnen, im Großen so zu handeln, wie man im Kleinen handeln würde. Bei einer Belagerung denkt kein Mensch daran, mit der dritten Parallele zu beginnen, sondern mit der ersten. Man legt das Proviantdepot an, und alle Belagerungswerte, die man vorschiebt, müssen von den dahinterliegenden unterstützt werden. Ebenso taugen bei Schlachten nur die Dispositionen etwas, die auf gegenseitiger Unterstützung beruhen, wo kein Truppenteil ganz allein aufs Spiel gesetzt, sondern unablässig von den andren unterstützt wird. So muß man auch im Großen Krieg führen.

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In einem gebirgigen Lande macht Ihr die Gebirge zur Operationsbasis, besetzt die Hauptpässe mit Detachements und stellt Euch auf der feindlichen Seite auf, um diese Linie zu halten. Denn man verteidigt garnichts, wenn man sich hinter einen Fluß oder hinter ein Gebirge stellt, sondern nur, wenn man davorbleibt. Seid Ihr in einem Lande mit vielen Festungen, so laßt keine hinter Euch, sondern erobert alle. Dann geht Ihr methodisch vor und habt nichts für Eure rückwärtigen Verbindungen zu befürchten. Nehmt Ihr viele Festungen ein, so laßt die meisten schleifen, um Euch die Besatzungen zu sparen, und erhaltet nur die, die Ihr für Eure Verproviantierung und zur Sicherung Eurer Rückzugslinie braucht.

Nachdem Ihr Euch überlegt habt, was Ihr tun wollt, versetzt Ihr Euch in die Lage des Feindes und erwägt, was er Euch in den Weg legen könnte. Darauffaßt Ihr Euren Plan nach den Schwierigkeiten, die er Euch bereiten kann. Alles muß im voraus bedacht und alles, was der Feind tun könnte, in Rechnung gesetzt werden. Denn es ist das Zeichen eines oberflächlichen oder im Kriegshandwerk unwissenden Menschen, wenn er sich sagen muß: „Das hätte ich nicht für möglich gehalten.“ Seht also alles voraus, dann habt Ihr von vornherein Mittel, um allen Schwierigkeiten zu begegnen; denn was man sich ruhig überlegt, taugt hundertmal mehr als alle auf der Stelle gefaßten Entschlüsse, die weder verdaut noch erwogen sind. Plötzliche Entschlüsse können gelingen, aber stets haben die mehr Wert, die vorher gefaßt sind.

Auch muß man wohl zwischen den Feldzugsplänen unterscheiden, die im Beginn eines Krieges entworfen sind, und denen, die nach einigen Feldzügen gefaßt werden. Die ersteren können, wenn sie gut angelegt sind, den ganzen Krieg entscheiden, versteht man alle Vorteile über den Feind auszunutzen, die Euch Eure Streitkräfte oder die Zeit oder eine Stellung, die Ihr zuerst besetzt, gewähren. Die der zweiten Art hängen von so vielen Umständen ab, daß sich unmöglich allgemeine Regeln dafür aufstellen lassen, außer daß man seine Operationsbasis zu halten sucht und keine zu weiten Vorstöße macht. Welcher Art aber alle diese Pläne auch sein mögen, die größte Aufmerksamkeit gilt vor allem der Verpflegung. Man muß nicht nur wissen, ob man für vierzehn Tage genug hat, sondern auch, ob man für den ganzen Feldzug versorgt ist.

Um im Laufe des Krieges gute Pläne zu machen, muß man Spione in den Kabinetten der Fürsten oder in den Kriegsbureaus haben. Seid Ihr über die Absichten des Feindes unterrichtet, so ist es leicht, seine Maßregeln zu durchkreuzen, und Ihr könnt stets kühn das ausführen, was er am meisten fürchtet; denn es ist eine zuverlässige Regel, das Gegenteil dessen zu tun, was der Feind möchte. Gut ist ein Kriegsplan, wenn Ihr wenig aufs Spiel setzt, den Feind aber in Gefahr bringt, alles zu verlieren. Beispiele: der Überfall von Cremona108-1, die Schlachten von<109> Luzzara und Cassano109-1, Turennes Vorstoß über Thann und Belfort109-2 usw. List mit Stärke gepaart, macht den vollkommenen Feldherrn. Es ist eine große Kunst, den Feind zu täuschen, aber es muß auf glaubwürdige Art geschehen. Beispiele: Star-hembergs Übergang über die Adda, um dem König von Sardinien zu Hilfe zu kommen (1704); Prinz Eugen vor der Schlacht von Turin (1706); der Marschall von Luxemburg bei Neerwinden109-3 — NB. ein Meisterstück. Das sind die großen Vorbilder, die man studieren muß. Aber der Krieg mit leichten Truppen, wie ihn die Österreicher führen, legt dem Heerführer Fesseln an. Er wird dadurch auf die Defensive beschränkt und hat große Mühe, seinen Feinden Respekt abzunötigen.

II. Defensivkriege

Pläne zu einem Defensivkrieg stützen sich auf feste Lager in vorteilhaftem Gelände, die man mit der Armee bezieht, und auf Detachements, die man rechts und links vom Feinde ausschickt, um ihm seine Lebensmittel wegzunehmen, seine Fouragierungstruppen zu schlagen, ihn zu schwächen und allmählich zu vernichten, durch Wegnahme der Lebensmittel Mangel bei seinen Truppen herbeizuführen, sie zur Desertion anzureizen und nach der Kriegsraison Vorteil daraus zu ziehen. Man darf sich nie völlig auf die Defensive beschränken, noch sich des Vorteils begeben, aus den Fehlern des Feindes Nutzen zu ziehen. Dazu wurde die Armee Catinats gezwungen, als sie die Provence, Savoyen und das Dauphiné decken sollte und an Proviantwagen und Maultieren Mangel litt, sodaß sie, um nicht zu verhungern, an ihre Stellung festgenagelt war (1701).

Eine gut geleitete Defensive muß ganz das Aussehen einer Offensive haben. Unterscheiden darf sie sich von ihr nur durch die festen Lager und die vorsichtige Vermeidung jeder Schlacht, wenn man seiner Sache nicht ganz sicher ist. Gerade bei dieser Kriegsart muß man alles anwenden, was Belästigung des Gegners, Schlauheit und Kriegslist heißt. Ein Heerführer, der dies Spiel versteht, wird seine Defensive bald in eine kühne Offensive verwandeln. Er muß dem Feinde nur zweimal Gelegenheit bieten, Fehler zu machen, um sie gleich auszunutzen und dadurch dem Krieg eine andre Wendung zu geben.

Für uns Preußen ist es sehr schwer, einen solchen Defensivkrieg gegen die Österreicher zu führen, und zwar wegen ihrer großen Überlegenheit an leichten Truppen zu Fuß wie zu Pferde. Unsre Infanterie gleicht den römischen Legionen: sie ist für Schlachten geschaffen und ausgebildet; ihre Stärke liegt in ihrem Zusammenhalt und in ihrer Widerstandskraft. Ganz anders ist die Fechtweise der leichten Truppen. Leichte Infanterie haben wir überhaupt nicht, und unsre Husaren sind nicht zahlreich genug, um sich im Kleinkriege mit denen der Königin von Ungarn zu messen. Um<110> eine Art von Gleichgewicht zwischen unsern beiden Armeen herzustellen, brauche ich ganz bestimmt noch mindestens 2 000 Husaren und ein Korps von 4200 Mann leichte Infanterie, die in Freikompagnien eingeteilt werden110-1. Doch es ist nur eine Frage der Zeit und der Finanzen, solche vorzüglichen Einrichtungen zu treffen, die im Kriegsfalle über kurz oder lang doch nötig werden.

III. Falsche und wahre Demonstrationen des Feindes

Sehr schwer ist es, die wahren und falschen Demonstrationen des Feindes mit Bestimmtheit zu unterscheiden. Nachfolgend alles über diesen Gegenstand, was Hand und Fuß hat. Die beste Methode, bei der Prinz Eugen stets gut gefahren ist, besieht darin, einen brauchbaren Spion am Hofe des Herrschers zu haben, mit dem man Krieg führt, oder wenigstens einen Spion von Rang in der feindlichen Armee, der Euch über die Absichten seines Heerführers unterrichtet. Fehlen Euch diese beiden Mittel, so muß man die Methode des feindlichen Heerführers studieren, mit dem Ihr zu tun habt. Die meisten Heerführer befolgen fast ein und dasselbe Schema110-2. Kennt man dies, so kann man sowohl aus ihren Bewegungen wie aus dem Verhalten der leichten Truppen ihre Absichten erraten, und wenn sie verschiedene Pläne ausführen können, ist es das sicherste, anzunehmen, daß sie das tun werden, was Euch am meisten schaden kann. Sucht Ihr ihnen darin zuvorzukommen, und sie führen einen andren Plan aus, so wird dessen Gelingen Euch wenigstens nicht so nachteilig sein. Eine gute Methode ist, sich dicht am Feinde zu lagern. Dann seht Ihr, was er tut, und seid imstande, Euch seinen Plänen zu widersetzen. Steht er dagegen mehrere Tagemärsche von Euch entfernt, so bringt man Euch immerfort falsche Nachrichten, und es kann geschehen, daß Ihr eine unzeitige Bewegung macht, durch die Ihr alles verderbt. Habt Ihr dagegen den Feind vor Euch, so braucht Ihr nur die Augen aufzumachen, um zu wissen, was er tut. Zudem sind die Lager dicht am Feinde die friedlichsten, sobald alles in Ordnung ist.

Was in unsren Kriegen vor allem des Schutzes bedarf, das sind die Magazine; gegen sie müssen sich die meisten feindlichen Anschläge richten. Das Gewinnen von Defileen oder Pässen, von denen der Erfolg eines Feldzugs abhängt, ist ein andrer Anlaß zu Marschbewegungen. Schließlich muß man, wenn man detachierte Korps hat, sehr darauf achten, daß man ihnen Hilfe bringen kann, falls der Feind mit seiner ganzen Armee versuchen sollte, eins von ihnen zu vernichten. Das aber kann man beim Feinde voraussetzen, sobald eine starke Abteilung von leichten Truppen die Verbindung zwischen Euch und dem Detachement unterbricht. Dann müßt Ihr ohne Zaudern die leichten Truppen verjagen, um dem detachierten Korps Hilfe zu bringen.<111> Denn ist es nicht schon mit dem Feind handgemein geworden, so wird es unverzüglich dazu kommen.

Aus all diesen Rücksichten und verschiedenen Maßnahmen ergibt sich, daß ein Heerführer von unermüdlicher Wachsamkeit sein, an alles denken, alles voraussehen und auch die unbedeutendsten Schritte des Feindes beachten muß. Läßt er während des ganzen Feldzuges auch nur die geringste dieser Rücksichten außer acht, so kann er sicher sein, daß der Feind es ihn bald bereuen lassen wird.

IV. Kriegslisten

Es gibt so vielerlei Listen, daß es schwer fallen dürfte, sie alle aufzuführen. Es gibt Listen im Belagerungskriege, im Feldkriege, bei Überfällen und schließlich bei den Gefechtsdispositionen. Zweck der Kriegslisten ist, den Feind zu täuschen und ihm die eignen Pläne zu verhüllen.

Im Belagerungskriege hat die List doppelten Zweck: einmal, den Feind von dem Platze, den man belagern will, abzuziehen, und zweitens, die Besatzung der Festung zu schwächen. Zu dem Zweck errichtet man an zwei verschiedenen Orten Magazine. (NB. Diese List ist zu kostspielig, um oft und von jedermann angewandt zu werden.) Man versammelt die Armee an einer Stelle, die von dem Platze, den man wirklich belagern will, weit entfernt liegt, und macht Miene, einen andern Platz einzuschließen. Das führt gewöhnlich dazu, daß der Feind Truppen aus den ferner gelegenen Plätzen heranzieht, um die Besatzung der scheinbar bedrohten Festung zu verstärken. Dann wendet man sich mit Detachements und durch Gegenmärsche plötzlich gegen den Platz, auf den man es abgesehen hat und dessen Besatzung inzwischen durch die Abgabe von Truppen geschwächt ist.

Zahllos sind die Listen im Feldkriege. Sie bestehen teils in Aussprengung von Absichten, die man garnicht hegt, um die, welche man wirtlich hat, zu verhüllen, teils in abgekarteten Marschbewegungen. So läßt man ein Korps nach einer Seite marschieren und trifft alle Anordnungen danach, ihm zu folgen, blicht aber nach der andren Seite auf, sodaß die vermeintliche Avantgarde zur Arrieregarde wird. Im reinen Offensivkrieg stellt man sich, als wolle man an drei verschiedenen Punkten ins feindliche Land eindringen, und verbirgt dadurch die Stelle des wirklichen Einmarsches, um hier weniger Widerstand zu finden. Flußübergänge erfordern viele solcher Listen, und der Schlauste gewinnt. Es kommt dann gleichfalls darauf an, dem Feinde die Stelle zu verbergen, wo man den Fluß überschreiten will, um beim Übergang weniger Widerstand zu finden und Zeit zu haben, ihn mit der ganzen Armee auszuführen, bevor der Feind Nachricht davon bekommt. Ein Treffen im Lager zu lassen und mit dem andern des Nachts abzumarschieren, ist eine Kriegslist. Wachtfeuer in einem Lager, das man räumt, anzuzünden und Leute darin zu lassen, die Lärm<112> machen, ist eine Kriegslist, um dem Feinde seinen Aufbruch zu verbergen. Alle Scheinangriffe sind Kriegslisten, z. B. wenn man ein Korps abschickt, das Scheinbewegungen macht, als wollte es die feindliche Armee angreifen, sich aber auf kein Gefecht einläßt, während man ein schlecht aufgestelltes Detachement des Feindes angreift und vernichtet. Hat der Feind Respekt vor Euch, Ihr aber haltet es für gut, eine Schlacht zu liefern, so wiegt Ihr ihn in Sicherheit, stellt Euch, als ob Ihr ihn fürchtet, laßt Wege nach rückwärts anlegen: so wird seine Eigenliebe Euch bessere Dienste leisten als Eure Stärke. Ist er zu verwegen, so stellt Ihr Euch, als wolltet Ihr es auf eine Schlacht ankommen lassen, versucht, ein kleines Detachement zu schlagen, ihn zu belästigen, und Ihr werdet leichteres Spiel mit ihm haben. Ist er stärker und zahlreicher als Ihr, so wendet alle Eure List an, um ihn zu Detachierungen zu verleiten, und ist dies geschehen, so nehmt den Augenblick wahr, um ihn zu schlagen.

Es gibt Kriegslisten zum Überfall auf Festungen, zum Beispiel die Überrumpelung Cremonas durch Prinz Eugen112-1. Es gibt Listen, um dem Feind Eure Absicht zu verbergen. So hat der, der im Winter seine Truppen zuerst versammelt und über die feindlichen Quartiere herfällt, allemal gewonnenes Spiel. Hier gilt es, dem Feinde die Versammlung Eurer Truppen zu verbergen oder sie anders zu motivieren. Solche Vorwände sind Ablösung der Postenkette der Winterquartiere oder Quartierwechsel einiger Regimenter. Die genaue Marschdisposition der Truppen nach ihrem Sammelpunkt wird Euer Unternehmen entscheiden.

Auch die Verschanzungen können unter die Kriegslisten gerechnet werden, wenn man sie zu dem Zweck anlegt. Das darf indes nur dazu dienen, den Feind verwegner zu machen und ihn zu verleiten, angesichts Eurer Armee gewagte Manöver auszuführen, z. B. ihr die Flanke darzubieten, seine Märsche nicht zu sichern oder in Eurer Nähe über einen Fluß zu gehen. Dann ist es Zeit, die Verschanzung zu verlassen, um den Feind für seine Torheit zu strafen. Um nun alle Eure Maßnahmen nach dem vorgesetzten Ziele zu richten, müßt Ihr zahlreiche Öffnungen in der Verschanzung anbringen lassen, damit Ihr ungehindert daraus hervorbrechen könnt. Man macht Scheindetachements, die man kurz danach zurückzieht, ordnet Fouragierungen an, um den Feind zu verleiten, daß er seine Kavallerie auf Fouragierung schickt. Dann gibt man Gegenbefehl und fällt über seine Armee her, die durch die Abwesenheit der Fourageure geschwächt ist. Auf dem Marsche läßt man in der Nähe des Feindes falsche Kolonnenspitzen erscheinen, um ihn irrezuführen. Kurz, ich fände kein Ende, wollte ich all die Kniffe aufzählen, zu denen sich Gelegenheit bietet und die man im Kriege zur Täuschung des Feindes benutzt.

Ich komme nun zu den Listen bei den Schlacht- und Marschdispositionen. Unser Marsch in geschlossenen Kolonnen, die dem Feinde die Front bieten und sich plötzlich<113> in eine schräge Schlachtordnung verwandeln113-1, kann dazu gerechnet werden, ebenso die Maskierung unster Infanteriekolonnen hinter einem Kavallerieftügel bis zu dem Augenblick, wo wir sie einsetzen wollen. Auch die von der Kavallerie verschleierten Kolonnen, die auf 600 Schritt zum Vorschein kommen, aufmarschieren und feuern, gehören hierher, desgleichen die bei den Österreichern gebräuchliche Aufstellung von Infanteriekarrees hinter der Kavallerie113-2, ferner im Gelände versteckte Kavallerie, die man unvermutet hinter einer Geländedeckung in die Flanke oder den Rücken des Feindes wirft, schließlich auch das Verbergen eines Korps an Schlachttagen im Buschwerk oder in einem Talgrunde, aus dem es dann plötzlich als Hilfskorps hervorkommt, wodurch es den Feind entmutigt und Eure Truppen mit neuem Vertrauen erfüllt. Alle Scheinangriffe gegen eine in fester Stellung befindliche Armee gehören zur Kriegslist; denn sie dienen dazu, die Aufmerksamkeit des Gegners zu teilen und ihn von dem Plane, den Ihr gefaßt habt, und von der Stelle, wo Ihr durchbrechen wollt, abzulenken. Beim Angriff auf Verschanzungen benutzt man nahe gelegene Mulden zum Aufmarsch der Truppen, mit denen man den Durchbruch ausführen will. Auch das geschieht, wie gesagt, um den Feind irrezuführen.

Oft müßt Ihr nicht nur den Gegner, sondern auch Eure eigne Armee täuschen, und zwar geschieht dies in der Defensive. Das nenne ich standhafte Kriegführung113-3. Als Turenne im Jahre 1673 das Elsaß gegen die doppelt so starke Armee des Großen Kurfürsten und Bournonvilles verteidigte113-4, wich er bis nach Zabern, Bitsch und Lützelstein zurück. Dies letzte Lager, das er zu räumen beabsichtigte, um nach Lothringen abzuziehen, ließ er noch am Tage vor seinem Abmarsch befestigen; dadurch wurde sowohl seine Armee wie der Feind getäuscht. Am nächsten Tage brach er das Lager ab und vollzog seinen Rückmarsch nach Lothringen ohne Verluste. Eine Armee soll also stets ihre Haltung bewahren, und wenn sie im Begriff ist, sich zurückzuziehen, so dreist auftreten, daß der Feind vielmehr glauben kann, sie wolle eine Schlacht liefern. Hat sie dann die schwierigen Stellen ihrer Rückzugslinie gut besetzt, muß sie so schnell wie möglich aufbrechen, aber ohne daß die Ordnung darunter leidet. Die schachbrettförmige Aufstellung in mehreren Treffen scheint mir dazu die beste. Die letzten Truppen brechen dann mit den Enden oder Flügeln ab, sodaß die noch stehenden Teile der Armee stets von den zuvor am Defilee aufgestellten Truppen unterstützt werden.

Verbergt also dem Feinde stets Eure Absichten und suchet die seinen zu erforschen; überlegt lange, aber handelt energisch und rasch; laßt nie Mangel an Lebensmitteln eintreten: dann werdet Ihr mit der Zeit den Feind bezwingen. Schlafet aber nie ein, besonders bleibet nach Euren Erfolgen wach: das Glück ist gefährlich; denn es flößt Sicherheit und Geringschätzung des Feindes ein. Infolgedessen verlor selbst ein<114> so großer Feldherr wie Prinz Eugen seine Magazine bei Marchiennes nach der Schlacht bei Denain (24. Juli 1712).

V. Wie man den leichten Truppen der Königin von Ungam entgegentreten kann

Wegen der leichten Truppen der Königin von Ungarn müssen sogleich rechts und links von der Armee zwei Detachements gebildet werden, damit sie Euch nicht umgehen. Man kann Husaren den Husaren, Infanterie der Infanterie entgegenstellen. Da wir aber keine leichte Infanterie haben, so weiden wir ernstlich daran denken müssen, sie mit der Zeit irgendwie zu beschaffen. Man könnte leicht ein bis zwei Regimenter aus französischen Deserteuren bilden und alte Offiziere, die bei der letzten Heeresentlassung abgedankt sind, zu Führern nehmen. Sie dürfen aber nur im Kleinkriege verwandt werden, zur Beunruhigung der feindlichen Feldwachen und Detachements, zur Aufhebung kleiner schlecht postierter Abteilungen, kurz, zum Freischarendienst.

Aber das Haupthindernis ist die freiwillige oder erzwungene Parteinahme der Einwohner. Sie wird den leichten Truppen der Königin von Ungarn in ihren Ländern stets das Übergewicht geben. Infolgedessen erfährt unsre Armee dort garnichts, während der Feind gleich vom geringsten Detachement Wind bekommt, das aus unserm Lager aufbricht. Wir können uns gegen die einheimischen Spione nicht schützen; denn unsre Armee muß leben und unter den vielen, die uns Lebensmittel verkaufen, sind sicher Spione. Die Feldwachen mögen noch so wachsam sein: wie sollen sie einen Spion von einem andern Bauern unterscheiden? Da dies also unmöglich ist, müssen wir den Krieg so geschlossen wie möglich führen, nur starke Detachements von der Armee absenden und nur ganz sichre Dinge unternehmen.

Im Verlauf des Feldzuges hat man nichts Erhebliches von den leichten Truppen zu befürchten. Ihr Ziel ist Beutemachen, und was ihre Führer auch tun mögen, die Neigung zum Plündern werden sie ihnen nie austreiben. Zwei Monate im Felde werden ihre alte Gewohnheit wieder so weit fördern wie im letzten Kriege. Die Königin von Ungarn hat von diesen leichten Truppen also keinen weiteren Vorteil, als daß sie unsre Transportbedeckungen und Fouragierungen belästigen und dadurch unsre Truppen ermüden; denn wir müssen stets die dreifache Zahl dazu nehmen wie sie. Aber für unsre Armee sind sie eine gute Schule, da diese ununterbrochenen Scharmützel sie an den Krieg gewöhnen und sie die Gefahr verachten lassen. Die Offiziere lernen etwas, während unsre Feinde in einem festen Lager wie in ihrer Garnison stehen. Infolgedessen macht eine bevorstehende Schlacht einen viel stärkeren Eindruck auf sie als auf unsre Truppen, die durch den unaufhörlichen Kleinkrieg mit der Gefahr vertraut sind. Schaden können uns also die leichten Truppen nur in einem Falle tun, nämlich bei Rückzügen, aber auch dann nur, wenn der Marsch durch gebirgiges,<115> waldreiches und schwieriges Gelände führt. Da kommt man nicht ohne Verluste davon, welche Anordnungen und Vorsichtsmaßregeln man auch ergreifen möge. In solchen Fällen muß man seinen Aufbruch verheimlichen, um sich dem Feinde unvermerkt zu entziehen. So ist die List zu allem gut, während die Gewalt nur für bestimmte Fälle taugt.

Das sind einige kurze Betrachtungen über den Krieg, die ich in meiner Mußezeit angestellt habe. Ihr Zweck war mehr, meine eignen Ansichten zu berichtigen und die Grundsätze der Kriegskunst zu meinem Gebrauch zu wiederholen, als andre zu belehren.

<116>

Betrachtungen über die Taktik und einige Teile des Krieges
oder
Betrachtungen über einige Veränderungen in der Art der Kriegführung
(27. Dezember 1758)

Was hat man vom Leben, wenn man nur vegetiert? Wozu hat man Augen, wenn man nur Tatsachen in seinem Gedächtnis anhäuft? Mit einem Worte: was nützt die Erfahrung, wenn sie nicht mit Nachdenken verbunden wird?

Vegetius sagt: „Der Krieg soll uns ein Studium und der Friede eine Übung sein.“ Er hat recht!

Die Erfahrung will durchdacht werden. Erst nach wiederholter Prüfung erkennt der Künstler die Grundbedingungen seiner Kunst. In den Mußestunden, in den Zeiten der Ruhe werden neue Stoffe für die Erfahrung vorbereitet. Solche Untersuchungen sind das Erzeugnis eines strebsamen Geistes. Aber wie selten ist solches Streben, und wie häufig sieht man dagegen Menschen, die alle ihre Glieder abgenutzt, aber nie ihren Geist gebraucht haben! Nur das Denken, die Fähigkeit, Ideen zu verknüpfen, unterscheidet den Menschen vom Lasttier. Der Maulesel, der zehn Feldzüge lang den Packsattel des Prinzen Eugen trug, ist dadurch kein besserer Taktiker geworden. Zur Schande der Menschheit muß man gestehen, daß viele in einem<117> sonst ehrenvollen Berufe alt und grau werden, ohne darin größere Fortschritte zu machen als jener Maulesel.

Dem hergebrachten Schlendrian des Dienstes folgen, sich um seinen Tisch und seine Bedürfnisse kümmern, marschieren, wenn marschiert wird, lagern, wenn gelagert wird, kämpfen, wenn alles kämpft — das heißt für die Mehrzahl der Offiziere gedient und Krieg geführt haben, unter den Waffen grau geworden sein. Daher sieht man so viele Militärs an Kleinigkeiten haften und in grober Unwissenheit verknöchern. Statt sich mit kühnem Flug in die Wolken zu erheben, wissen sie nur methodisch im Staube zu kriechen, unbekümmert um die Ursachen ihrer Siege und Niederlagen und ohne Kenntnis von ihnen. Und doch sind diese Ursachen sehr real.

Ein strenger Kritiker wie der scharfsinnige Feuquières117-1 hat uns alle Fehler erläutert, die die Heerführer seiner Zeit begangen haben. Er hat die Feldzüge, die er mitmachte, sozusagen anatomisch zergliedert und die Gründe für ihre Erfolge und Mißerfolge aufgedeckt. Er hat uns den Weg zu unsrer Aufklärung gewiesen und uns gezeigt, wie man jene Grundwahrheiten entdeckt, auf denen die Kriegskunst beruht.

Seitdem hat sich die Kriegführung vervollkommnet. Neue mörderische Einrichtungen haben die Schwierigkeiten vergrößert. Diese müssen wir auseinandersetzen, damit wir, nach genauer Untersuchung des Systems unsrer Feinde und der Hindernisse, die sie uns entgegenstellen, die geeigneten Mittel zu ihrer Überwindung finden.

Ich will Euch nicht mit den Projekten unsret Feinde unterhalten, die sich auf die Zahl und die Macht ihrer Verbündeten stützen. Ihre Menge und vereinte Macht wäre mehr als hinreichend, nicht allein Preußen, sondern auch die Kräfte eines der mächtigsten europäischen Fürsten zu vernichten, hätte er sich dieser wilden Flut entgegenstemmen wollen. Auch brauche ich Euch wohl kaum an ihre allgemein befolgte Methode zu erinnern. Sie besieht darin, unsre Kräfte durch Diversionen auf eine Seite zu ziehen, um auf der andren, wo sie vor jedem ernstlichen Widerstand sicher sind, einen großen Schlag zu führen, sich aber einem Korps gegenüber, das ihnen die Spitze zu bieten vermag, in der Defensive zu halten und sich mit Nachdruck nur gegen die Truppen zu wenden, die ihnen aus Schwäche weichen müssen.

Ich will Euch auch nicht an die Methode erinnern, die ich angewandt habe, um mich gegen den Koloß zu stemmen, der mich zu zermalmen drohte. Bewährt hat sie sich nur durch die Fehler meiner Feinde, ihre Langsamkeit, die meiner Regsamkeit zustatten kam, durch ihre Trägheit, die niemals die Gelegenheit erfaßte. Sie darf aber nicht als Muster aufgestellt werden.

Das gebieterische Gesetz der Notwendigkeit hat mich gezwungen, vieles dem Zufall zu überlassen. Ein Steuermann, der mehr den Launen des Windes als der Richtung seines Kompasses folgt, darf aber nie als Vorbild dienen.

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Es kommt darauf an, sich einen richtigen Begriff von dem System zu machen, das die Österreicher in diesem Kriege befolgen. An sie halte ich mich, well sie es von allen unsren Feinden in der Kriegskunst am weitesten gebracht haben. Die Franzosen übergehe ich mit Stillschweigen. Sie sind zwar klug und erfahren, verderben sich aber durch Leichtsinn und Unbestand von heute auf morgen die Erfolge, die ihre Geschicklichkeit ihnen verschafft hat. Die Russen sind ebenso roh wie unfähig und verdienen deshalb überhaupt keine Erwähnung.

Die Hauptveränderungen im Verfahren der österreichischen Generale, die ich während dieses Krieges bemerkt habe, beziehen sich auf ihre Lager, ihre Märsche und ihre gewaltige Artillerie118-1. Denn diese dürfte schon allein, ohne Unterstützung von Truppen, fast hinreichen, um ein angreifendes Heer zurückzuwerfen, zu zerstreuen und zu vernichten. Glaubt nicht, ich vergäße die guten Lager, die geschickte Heerführer in früheren Zeiten ausgesucht und besetzt haben, wie die Lager Mercys bei Freiburg und Nördlingen118-2. Auch Prinz Eugen bezog ein gutes Lager bei Mantua, wodurch er dem Vordringen der Franzosen während des ganzen Feldzuges Einhalt gebot (1702). Markgraf Ludwig von Baden machte das Lager bei Heilbronn berühmt (1694). In Flandern ist das Lager von Sierk bekannt und viele andre, deren Erwähnung sich erübrigt.

Was die Österreicher gegenwärtig besonders auszeichnet, ist die Kunst, stets ein vorteilhaftes Gelände für ihre Stellungen zu wählen und besser als früher die örtlichen Hindernisse zur Aufstellung ihrer Truppen zu benutzen. Man frage sich nur, ob Heerführer es je verstanden haben, so furchtgebietende Aufstellungen zu nehmen, wie wir es jetzt bei der österreichischen Armee gesehen haben. Wo hat man jemals 400 Kanonen in verschiedenen Batterien etagenweise auf Anhöhen postiert gesehen, sodaß sie nicht nur in die Ferne zu wirken vermögen, sondern auch, was der Hauptvorteil ist, ein verheerendes rasantes Feuer unterhalten können?

Ein österreichisches Lager zeigt also eine furchtgebietende Front. Aber hierauf beschränkt sich seine Verteidigung nicht. Seine Tiefengliederung und seine zahlreichen Treffen bergen wahre Hinterhalte, d. h. neue Kunstgriffe und geeignete Stellen, um über die Truppen herzufallen, die durch die Angriffe auf die vordersten Linien erschüttert sind. Diese Stellen sind im voraus dazu hergerichtet und mit Truppen besetzt, die keinen andern Zweck haben als jenen. Allerdings muß man gestehen, daß die große numerische Überlegenheit ihrer Heere den Führern gestattet, sich in mehreren Treffen hintereinander aufzustellen, ohne eine Überfiügelung befürchten zu müssen, und daß sie bei ihrem Überfluß an Truppen jedes Gelände, das ihnen geeignet scheint, zu besetzen vermögen, um ihre Stellung noch furchtgebietender zu machen.

Gehen wir noch mehr auf Einzelheiten ein, so werdet Ihr finden, daß die Grundsätze der österreichischen Kriegführung die Folgen reiflicher Überlegung sind. Ihre<119> Taktik ist sehr kunstgerecht. In der Auswahl der Lager herrscht äußerste Vorsicht und große Geländekenntnis. Dazu haben sie bewährteDispositionen und sind so klug, nichts zu unternehmen, ohne die im Kriege überhaupt mögliche Gewißheit des Erfolges zu haben. Sich nie zu einer Schlacht zwingen zu lassen, ist die erste Regel für jeden Heerführer. Darauf gründet sich ihr System. Daher ihre Suche nach starken Lagerplätzen auf Anhöhen und Gebirgen. Eigenheiten in der Wahl ihrer Stellungen haben die Österreicher nicht, außer daß man sie fast nie in einer schlechten Stellung findet und daß sie ihr Hauptaugenmerk darauf richten, sich beständig in unangreifbarem Gelände aufzustellen. Ihre Flanken lehnen sich stets an Schluchten, steile Abhänge, Sümpfe, Flüsse oder Städte. Besonders aber unterscheiden sie sich von dem früheren Brauche durch die Verteilung ihrer Truppen, um, wie gesagt, alle Vorteile des Geländes auszunutzen. Mit äußerster Sorgfalt weisen sie jeder Waffe die geeignete Stellung an.

Außer der Kunst gebrauchen sie auch noch die List und schieben häufig große Kavalleriemassen vor, um den feindlichen Heerführer zu falschen Maßnahmen zu verleiten. Doch habe ich mehr als einmal bemerkt, daß sie sich nicht im Ernst schlagen wollen, wenn sie ihre Kavallerie in einer Linie aufmarschieren lassen. Stellt sie sich jedoch schachbrettförmig auf, dann wollen sie sie wirklich gebrauchen. Dabei ist aber zu beachten: wenn Ihr die Kavallerie bei Beginn der Schlacht angreift, so wird Eure Kavallerie sie zwar bestimmt schlagen, gerät aber bei der geringsten Verfolgung in einen von der Infanterie gelegten Hinterhalt, in dem sie vernichtet wird. Greift Ihr also den Feind in einer festen Stellung an, so müßt Ihr Eure Kavallerie anfangs zurückhalten, Euch nicht durch falschen Schein täuschen lassen und sie garnicht dem Gewehr- und Geschützfeuer aussetzen, das ihr den ersten Kampfesmut rauben würde. Vielmehr müßt Ihr sie aufsparen, um das Gefecht wiederherzustellen oder sie zur Verfolgung des Feindes zu benutzen. Dann kann sie die größten Dienste leisten.

Während dieses ganzen Krieges sahen wir die österreichische Armee stets in drei Treffen gestellt, unterstützt und umgeben von einer gewaltigen Artilleriemasse. Ihr erstes Treffen sieht am Fuße der Anhöhen in fast ebenem Gelände, das nach der Seite des feindlichen Angriffs glacisartig abfällt. Das ist eine gute Methode. Sie beruht auf der Erfahrung, daß rasantes Feuer verheerender wirkt als Steilfeuer. Zudem hat der einzelne Mann auf dem Glaciskamm alle Votteile der Höhe, ohne deren Nachteile zu empfinden. Der ungedeckte, bergan stürmende Angreifer kann ihm durch sein Feuer nicht schaden, wogegen er selbst ein rasantes und gut vorbereitetes Feuer unterhält. Versieht er nur seine Waffe zu gebrauchen, so wird er den vorrückenden Feind vernichten, bevor er heran ist. Schlägt er den Angriff ab, so kann er den Feind verfolgen, unterstützt vom Gelände, das die verschiedenen Bewegungen begünstigt. Stände dagegen das erste Treffen auf einer zu hohen oder zu steilen Anhöhe, so könnte es sich nicht Herunterwagen, ohne in Unordnung zu ge<120>raten, und der Angreifer könnte bei schnellem Vordringen bald in den toten Winkel unterhalb der Schußlinie der Gewehre, ja selbst der Geschütze gelangen.

Die Österreicher haben die Von und Nachteile dieser verschiedenen Stellungen wohl erwogen und bestimmen deshalb in ihren Lagern jene amphitheatralisch aufsteigenden Höhen für das zweite Treffen, das gleich dem ersten durch Kanonen verstärkt wird. Dies zweite Treffen, das einige Kavallerieabteilungen enthält, soll dem ersten zur Unterstützung dienen. Weicht der angreifende Feind, so ist Kavallerie zur Verfolgung bei der Hand. Weicht dagegen das erste Treffen, so stößt der vordringende Feind nach hartem Infanteriekampf auf eine zweite furchtgebietende Stellung, die er abermals angreifen muß. Er ist durch die vorigen Angriffe schon ermattet und muß nun gegen frische, gut aufgestellte Truppen anstürmen, die durch die Stärke des Geländes begünstigt weiden.

Das dritte Treffen, das gleichzeitig als Reserve dient, ist zur Verstärkung der Stellen bestimmt, die der Angreifer zu durchbrechen sucht. Seine Flanken sind mit Geschützen gespickt wie eine Zitadelle. Sie benutzen jeden kleinen Geländevorsprung zum Aufbau von Geschützen, die schräg schießen und das ganze Gelände unter Kreuzfeuer halten. Es ist also fast das gleiche, ob man eine Festung stürmt, deren Werke keine Minenanlagen haben, oder eine Armee angreift, die sich derart in ihrem Gelände eingerichtet hat.

Nicht zufrieden mit so vielen Vorkehrungen, suchen die Österreicher ihre Front auch noch durch Sümpfe, tiefe und schwer passierbare Hohlwege, Flüsse, kurz, durch Geländehindernisse zu schützen. Sie verlassen sich nicht nur auf ihre Flankendeckung, sondern stellen auch noch an unzugänglichen Stellen, rechts und links ungefähr 2 000 Schritt von ihren Flügeln entfernt, starke Detachements auf, um den Feind zu beobachten und ihm, falls er die Hauptmacht unvorsichtig angreift, in den Rücken zu fallen. Man kann sich leicht vorstellen, welche Wirkung eine solche Diversion auf Truppen haben muß, die gerade beim Angriff sind und sich nun plötzlich in Flanke und Rücken gefaßt sehen. Der Anfang des Kampfes wäre auch dessen Ende, und es gäbe nichts als Verwirrung, Unordnung und Flucht.

Wie kann man nun, wird man fragen, gegen so wohl vorbereitete Truppen eine Schlacht wagen? Sollten diese oft geschlagenen Truppen unbesieglich geworden sein? Keineswegs! Das werde ich nie zugeben. Doch rate ich keinem, einen übereilten Entschluß zu fassen und sich tollkühn mit einer Armee einzulassen, die im Besitz so großer Vorteile ist.

Es ist aber auf die Dauer unmöglich, daß im Verlauf eines Feldzuges jedes Gelände gleich vorteilhaft ist. Auch können diejenigen, die die Truppen aufzustellen haben, irgend welche Fehler begehen. Ich rate sehr, solche Gelegenheiten zu benutzen, ohne Rücksicht auf die Stärke des Feindes, wenn man nur etwas mehr als die Hälfte seiner Truppen hat.

Fehler des Feindes, die man benutzen kann, sind: wenn er eine Anhöhe vor seinem Lager oder seitwärts davon unbesetzt läßt, wenn er die Kavallerie ins erste Treffen stellt,<121> wenn er seine Flanken nicht gut angelehnt hat oder eins der Korps, die seine Flügel decken sollen, zu weit vorschiebt, wenn die von ihm besetzten Höhen nicht beträchtlich sind, und vor allem, wenn der Zugang durch keine Geländehindernisse versperrt ist. Das alles sind Fälle, die ein geschickter Heerführer nach meiner Meinung benutzen soll. Das erste, was geschehen muß, ist die Besetzung der Hügel und Anhöhen, von denen aus sein Geschütz das feindliche beherrscht. Dort muß er so viele Kanonen, wie Platz finden, aufstellen und von da die Armee, die er angreifen will, mit Feuer überschütten, während er seine Angriffstruppen und seine Treffen formiert. Ich habe bei mehreren Gelegenheiten bemerkt, daß weder die österreichische Infanterie noch die Kavallerie dem Geschützfeuer standhält. Damit sie die ganze Schrecklichkeit der Artillerie spürt, sind entweder Anhöhen oder ein völlig ebenes Gelände nötig; denn Kanonen und Gewehre haben, wie gesagt, von unten nach oben leine Wirkung. Den Feind anzugreifen, ohne sich den Vorteil überhöhenden oder doch aus gleicher Höhe kommenden Feuers verschafft zu haben, wäre dasselbe, wie bewaffnete Truppen mit Leuten anzugreifen, die nur Knüppel haben, und das ist unmöglich.

Ich komme wieder auf den Angriff zurück. Alles hängt vom richtigen Erkennen der schwächsten Stelle des Feindes ab. Hier hat man keinen so heftigen Widerstand zu erwarten wie da, wo er sich besser vorgesehen hat. Ich glaube, die Klugheit erfordert, einen bestimmten Punkt der feindlichen Armee ins Auge zu fassen, sei es den rechten oder linken Flügel, die Flanken usw. Nach dieser Stelle muß man seinen Hauptstoß richten und mehrere Treffen formieren, um den Angriff zu unterstützen; denn es ist wahrscheinlich, daß Eure ersten Truppen zurückgeworfen werden. Den allgemeinen Angriff widerrate ich als zu gewagt. Bringt man dagegen nur einen Flügel oder einen Teil der Armee ins Treffen, so behält man, falls er geschlagen wird, immer noch das Gros übrig, um den Rückzug zu decken, und so kann man nie völlig geschlagen werden.

Bedenkt ferner, daß man nicht soviel Leute verliert, wenn man nur einen Teil der feindlichen Armee angreift, als bei einer allgemeinen Schlacht, und daß man im Falle des Gelingens den Feind ebensogut vernichten kann, wenn sich nicht in zu großer Nähe des Schlachtfeldes ein Desilee befindet oder ein feindliches Detachement bei der Hand ist, das den Rückzug decken kann.

Hierbei scheint es mir zweckmäßig, den Teil des Heeres, den Ihr dem Feinde versagt, zur Demonstration zu benutzen und ihn fortwährend dem Feinde zu zeigen, sodaß er seine Stellung nicht zu verlassen wagt, um Verstärkung nach Eurer Durchbruchsstelle zu schicken. Dadurch legt Ihr den Teil seines Heeres, den Ihr in Respekt haltet, wählend der Schlacht brach. Schwächt sich der Feind aber auf einer Seite, um nach der andren Unterstützung zu bringen, so müßt Ihr das bei genügender Truppenmacht ausnutzen, wenn Ihr seine Bewegung rechtzeitig merkt.

Überhaupt muß man das Gute an der Fechtweise des Feindes nachahmen. Die Römer führten die überlegenen Waffen der Völker ein, mit denen sie Krieg fühlten,<122> und wurden dadurch unüberwindlich. Ohne Zweifel muß man sich die Lagerweise der Österreicher aneignen, sich jedenfalls aber mit einer schmaleren Front begnügen, um an Tiefe zu gewinnen, und große Sorgfalt auf die Stellung und Sicherung seiner Flügel verwenden.

Auch das System der starken Artillerie muß man annehmen, so lästig es ist. Ich habe die unsre beträchtlich vermehrt, sodaß sie die Mängel unsrer Infanterie zu ersetzen vermag, deren Material sich, je länger der Krieg dauert, nur verschlechtern kann. Indem wir so mit richtigerem Blick und größerer Sorgfalt als früher unsre Maßnahmen treffen, befolgen wir nur die alte Kriegsregel, sich niemals wider Willen zum Kampfe zwingen zu lassen.

Bei so vielen Schwierigkeiten, den Feind in seinen befestigten Stellungen anzugreifen, kommt man auf den Gedanken, ihn auf dem Marsche zu überfallen, seinen Aufbruch aus dem Lager zu benutzen und sich mit der Nachhut in einen Kampf einzulassen, wie es z. B. bei Lenze und Senef geschah122-1. Aber auch dagegen haben die Öster-reicher Vorkehrungen getroffen, indem sie nur in durchschnittenen und waldigen Gegenden Krieg führen und schon im voraus Wege Herrichten, die durch Wälder oder Sümpfe ziehen, oder indem sie den Talwegen hinter den Bergen folgen und die Berghöhen oder Defileen im voraus sorgfältig mit Detachements besetzen. Zahlreiche leichte Truppen setzen sich in den Wäldern oder auf den Berggipfeln fest, decken ihren Marsch, verschleiern ihre Bewegungen und verschaffen ihnen völlige Sicherheit, bis sie ein neues starkes Lager erreicht haben, in dem man sie vernünftigerweise nicht angreifen darf.

Bei dieser Gelegenheit muß ich noch angeben, wie unsre Feinde verfahren, um sich gute Stellungen auszusuchen. Sie schicken Feldingenieure aus, die das Gelände rekognoszieren und genaue Pläne davon aufnehmen. Erst nach genauer Prüfung und reiflicher Überlegung wird das Lager gewählt und zugleich seine Befestigung angeordnet.

Die Detachements der österreichischen Armee sind zahlreich und stark, die schwächsten nicht unter 3 000 Mann. Öfters zählte ich ihrer fünf bis sechs zugleich im Felde. Recht beträchtlich ist die Zahl ihrer ungarischen Truppen. Wären sie alle beisammen, so könnten sie ein starkes Armeekorps bilden. Ihr habt Euch also stets mit zwei Armeen zu schlagen, einer schweren und einer leichten. Die Offiziere, denen sie diese Detachements anvertrauen, sind geschickt und besitzen hervorragende Geländekenntnis. Sie lagern oft ganz in der Nähe unsrer Armeen, halten sich dabei aber sorgsam auf den Berggipfeln, in dichten Wäldern oder hinter doppelten und dreifachen Defileen. Aus dieser Art von Schlupfwinkeln schicken sie dann Streifscharen aus, die je nach den Umständen handeln, aber das Hauptkorps zeigt sich nur, wenn es einen großen Schlag wagen kann. Bei ihrer Stärke können diese Detache<123>ments unsrer Armee ganz nahe kommen, ja sie umzingeln, und es ist sehr ärgerlich, daß wir nicht ebenso viele leichte Truppen haben. Unsre aus Deserteuren zusammengerafften, schwachen Freibataillone123-1 wagen oft nicht, sich vor ihnen sehen zu lassen. Unsre Generale getrauen sich nicht, sie vorzuschicken, um sie nicht zu verlieren. Dadurch wird es dem Feinde möglich, sich unfern Lagern zu nähern, uns zu beunruhigen und uns Tag und Nacht zu alarmieren. Unfte Offiziere gewöhnen sich mit der Zeit zwar an diese fortwährenden Scharmützel, verachten sie schließlich und verfallen leider in jene unheilvolle Sicherheit, die uns bei Hochkirch so teuer zu stehen kam123-2. Damals hielten viele den Überfall der ganzen österreichischen Armee auf unfern rechten Flügel für ein bloßes Scharmützel der irregulären Truppen.

Ich glaube jedoch, um Euch nichts zu verhehlen, daß Daun seine ungarische Armee noch weit besser verwenden könnte. Sie tut uns lange nicht so viel Schaden, wie sie könnte. Warum unternahmen die Detachementsführer nie etwas gegen unste Fouragierungen? Warum versuchten sie nicht, die elenden Nester zu überrumpeln, wo wir unste Magazine hatten? Warum suchten sie nicht bei jeder Gelegenheit unste Zufuhr abzuschneiden? Warum beunruhigten sie unser Lager des Nachts nur mit kleinen Detachements, anstatt uns mit Macht anzugreifen und unsrem zweiten Treffen in den Rücken zu fallen? Das hätte zu viel bedeutenderen und für den Ausgang des Krieges entscheidenderen Resultaten geführt. Ohne Zweifel fehlt es ihnen, so gut wie uns, an unternehmenden Offizieren, die in allen Ländern so selten und so gesucht sind, die einzigen, die aus der großen Zahl derer, die sich ohne Beruf und Talente dem Waffenhandwerl widmen, die Beförderung zur Generalswürde verdienen.

Das sind in kurzen Worten die Grundsätze, nach denen die Österreicher gegenwärtig Krieg führen. Sie haben sich sehr vervollkommnet, aber deshalb kann man doch wieder die Oberhand über sie gewinnen. Die von ihnen so geschickt angewandte Verteidigungsart liefert uns die Mittel, sie anzugreifen.

Ich habe schon einige Gedanken darüber hingeworfen, wie man sich mit ihnen in einen Kampf einläßt. Ich muß noch zwei Dinge hinzufügen, die ich wohl vergessen habe. Erstens muß man sehr darauf achten, das zum Angriff bestimmte Korps gut anzulehnen, damit es beim Vorgehen nicht selbst in der Flanke gefaßt wird, statt die des Feindes zu gewinnen. Zweitens muß man den Bataillonskommandemen einschärfen, daß sie ihre Leute beim Angriff zusammenhalten, besonders wenn sie in der Hitze des Erfolges die feindlichen Truppen vor sich Hertreiben. Denn die Infanterie besitzt nur so lange Gefechtskraft, als sie geschlossen und in guter Ordnung bleibt. Ist sie aber gelockert und fast zerstreut, so kann sie durch eine Handvoll Kavallerie vernichtet werden, die im Augenblick der Unordnung über sie herfällt.

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Soviel Vorsicht ein Heerführer aber auch gebraucht, er muß doch beim Angriff auf schwierige Stellungen wie überhaupt bei allen Schlachten vieles dem Zufall überlassen.

Die beste Infanterie der Welt kann zurückgeworfen und erschüttert werden, wenn sie gegen das Gelände, den Feind und das Geschütz zugleich kämpfen muß. Die unsre ist durch ihre Verluste, ja selbst durch ihre Erfolge entnervt und entartet und muß daher bei schwierigen Unternehmungen mit Vorsicht geführt werden. Man darf ihren inneren Wert nicht überschätzen und muß seine Forderungen ihrer Leistungsfähigkeit anpassen. Es wäre leichtsinnig, ihre Tapferkeit bei gewagten Unternehmungen auf die Probe zu stellen, die unerschütterliche Geduld und Standhaftigkeit erfordern.

Das Schicksal der Staaten hängt von den Entscheidungsschlachten ab. Eine gut gewählte Stellung, eine tapfer verteidigte Anhöhe kann ein Königreich erhalten oder stürzen. Eine einzige falsche Bewegung kann alles verderben. sin General, der einen Befehl mißversteht oder schlecht ausführt, bringt Euer Unternehmen in die größte Gefahr. Besonders muß man die Kommandeure der Infanterieflügel gut instruieren und gründlich erwägen, was am besten zu tun ist. So sehr es zu loben ist, wenn man sich auf ein Gefecht einläßt, bei dem man seinen Vorteil findet, so sehr ist es zu vermeiden, wenn das Wagnis größer ist als der Erfolg, den man sich davon verspricht. Verschiedene Wege führen zu einem Ziele; nach meinem Dafürhalten muß man den Feind im kleinen zu vernichten suchen. Die Mittel zum Zweck sind gleichgültig, wenn man nur die Oberhand behält.

Der Feind schickt viele Detachements aus. Ihre Führer sind nicht alle gleich klug und nicht alle Tage gleich umsichtig. Man muß sich daher vornehmen, sie eins nach dem andern aufzureiben, und solche Unternehmungen nicht als Kleinigkeiten behandeln, sondern mit Macht darauf losgehen, kräftige Streiche führen und diese kleinen Gefechte ebenso ernst nehmen wie entscheidende Schlachten. Gelingt es Euch nur zweimal, solche einzelnen Korps zu vernichten, so habt Ihr den Vorteil, daß der Feind auf die Defensive beschränkt wird. Er wird seine Truppen aus Vorsicht zusammenhalten und Euch vielleicht eine Gelegenheit bieten, seine Proviantzüge aufzuheben oder gar etwas gegen seine Hauptmacht mit Erfolg zu unternehmen.

Noch andre Möglichkeiten fallen mir ein. Doch ich wage sie angesichts der jetzigen Zeitumstände kaum zu erwähnen. Das Gewicht von ganz Europa lastet auf uns. Wir müssen mit unsren Armeen stets unterwegs sein, um bald eine Grenze zu verteidigen, bald einer andren Provinz zu Hilfe zu eilen. Wir sind gezwungen, die Gesetze unstet Feinde anzunehmen, siatt sie ihnen zu geben, und müssen nnfte Opera, tionen nach den ihren richten.

Da jedoch solche Krisen nicht andauern und ein einziges Ereignis bedeutende Veränderungen herbeiführen kann, so will ich Euch noch einiges darüber sagen, wohin nach meiner Meinung der Kriegsschauplatz verlegt werden müßte.

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Solange wir den Feind nicht in die Ebene locken können, dürfen wir uns nicht schmeicheln, große Erfolge über ihn zu erringen. Gelingt es uns aber, ihn aus seinen Bergen, Wäldern und durchschnittenen Geländen herauszubekommen, von denen er so großen Nutzen hat, so können seine Truppen den unsern nicht mehr widerstehen.

Wo aber, werdet Ihr fragen, findet man diese Ebenen? In Böhmen und Mähren, bei Görlitz, Zittau oder Freiberg? Dort nicht, antworte ich, wohl aber in Nieder-schlesien. Bei seiner unersättlichen Begierde, Schlesien zurückzuerobern, wird der Wiener Hof seine Truppen früher oder später dorthin schicken. Dann müssen sie ihre festen Stellungen verlassen, und die Stärke ihrer Positionen, ihr gewaltiges Aufgebot an Artillerie wird ihnen nicht mehr viel nutzen. Rückt ihre Armee bei Beginn eines Feldzuges in die Ebene, so kann diese Verwegenheit ihre völlige Vernichtung herbeiführen, und dann werden alle Operationen der preußischen Armeen in Böhmen wie in Mähren mühelos gelingen.

Ihr werdet sagen, es sei ein schlimmer Ausweg, einen Feind ins eigne Land zu locken. Zugegeben! Trotzdem ist es das einzige Mittel. Es hat der Natur nun einmal nicht beliebt, in Böhmen und Mähren Ebenen zu schaffen, sondern sie hat diese Länder mit Bergen und Wäldern bedeckt. Es bleibt uns also nichts andres übrig, als das vorteilhafte Gelände da zu nehmen, wo es ist, und uns um sonst weiter nichts zu kümmern.

Die kunstgerechte Taktik der Österreicher verdient alles Lob. Dagegen ist ihre Heerführung im Großen zu tadeln. Diese weit überlegenen Kräfte, diese Völker, die von allen vier Enden der Welt auf uns eindrangen, was haben sie erreicht? Ist es bei so vielen Hilfsmitteln, Kräften und Armen wohl erlaubt, so wenig auszurichten? Ist es nicht klar, daß alle diese Heere bei richtigem Zusammenwirten und gleichzeitigem Handeln unsre Korps eins nach dem andern zermalmt hätten, und daß sie, stets nach dem Zentrum vordringend, unsre Truppen schließlich auf die Verteidigung der Hauptstadt hätten beschränken können? Aber just ihre große Zahl ist ihnen schädlich geworden. Sie haben sich einer auf den andern verlassen, der Führer der Reichstruppen auf den österreichischen General, der auf den russischen, der Russe auf den Schweden und dieser endlich auf den Franzosen. Daher die Lässigkeit in ihren Bewegungen und die Langsamkeit bei der Ausführung ihrer Pläne. Von schmeichelnden Hoffnungen und vom festen Vertrauen auf ihre künftigen Erfolge eingelullt, haben sie sich für Herren der Zeit gehalten. Wie viele günstige Augenblicke haben sie vorbeigehen lassen, wieviel gute Gelegenheiten verpaßt! Kurz, welch ungeheuren Fehlern verdanken wir unsre Rettung!

Diese Betrachtungen sind die einzigen Früchte, die mir der letzte Feldzug geschenkt hat. Der noch frische und lebendige Eindruck dieser Bilder hat mich zum Nachdenken angeregt. Noch ist nicht alles erschöpft. Es bleiben noch viele Dinge zu sagen, deren jedes besondere Prüfung verlangt. Aber wehe dem, der beim Schreiben<126> kein Ende zu finden weiß! Ich will lieber die Diskussion eröffnen, als allein das Wort führen. Mögen meine Betrachtungen die Leser zu neuen Gedanken anregen, die, wenn sie ihren ganzen Scharfsinn darauf verwenden, mehr taugen werden als diese leicht und eilig hingeworfenen Ideen.

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Grundsätze der Lagerkunst und der Taktik (1770)

Vorwort

dem letzten Kriege127-1 habe ich meinen Generalen eine Instruktion127-2 gegeben, die mir damals hinreichend erschien. Da der Feind aber eingesehen hat, welchen Schaden wir ihm in den ersten Kriegen127-3 zugefügt haben, so hat er seitdem seine Lagerkunst Taktik und Artillerie vervollkommnet127-4. Durch diese Fortschritte ist das Kriegführen komplizierter, schwieriger und gefährlicher geworden; denn nun haben wir nicht bloß mit Menschen zu kämpfen, sondern auch mit festen Stellungen und starker Artillerie, und die Vorsicht zu üben, die uns die Taktik lehrt. Schon das allein soll uns zum Studium dieser Teile der Kriegskunst veranlassen, damit wir unsern alten Ruhm wahren und neuen hinzufügen.

Das Studium des Geländes, seiner Vorteile und Mängel und seine Benutzung ist für einen General von größter Bedeutung; denn alle seine Kriegsoperationen drehen sich um Stellungen, die er vorteilhaft besetzen oder mit möglichst geringen Verlusten angreifen muß, oder um Gegenden, in denen er als Führer der Vorhut oder Nachhut zu kämpfen hat. In jedem Falle muß er sich auf die Kunst verstehen, die Truppen dem Gelände entsprechend zu gebrauchen, und die Regeln beherrschen, die uns die Erfahrung gelehrt hat.

Wer sich einbildet, ein General brauche nur Mut zu haben, der irrt sich sehr. Mut ist zwar eine wesentliche Eigenschaft für ihn, aber es müssen auch noch viele Kenntnisse<128> hinzutreten. Auch ein General, der auf Ordnung und Disziplin bei seinen Truppen hält, verdient gewiß Lob, aber das alles reicht zum Kriege nicht hin, sondern bei allem, was er tut, ist Urteilskraft nötig. Wie aber soll er sie erlangen, wenn ihm die Kenntnisse fehlen? Was ist ein General, der die Vorteile und Mängel des Geländes nicht erkennt und nicht alles benutzt, was es ihm bieten kann? Hat er die Regeln der Taktik nicht im Kopfe, so werden seine Dispositionen für Avant- und Arrieregarden, Märsche, Angriffe und Verteidigungen fehlerhaft sein; denn bei seiner Unwissenheit wird er vielleicht die Wichtigsten Maßregeln unterlassen. Es gibt Grundsätze für alles. Ich führe hier nur die unerläßlichsten an. Aber man muß sich die Mühe geben, selbst nachzudenken, und sich üben, damit sie einem vertraut und geläufig werden.

Wir müssen Lagerkunsi, Taktik und Artilleriewesen studieren und ihren rechten Gebrauch lernen. Die Infanteriegenerale müssen den Kavalleriedienst und die Kavalleriegenerale den Infanteriedienst verstehen, weil sie als Detachementsführer beide Waffen unter sich haben.

Ich suche die Armee, soviel an mir ist, in den besten Stand zu setzen, aber man vergesse nie, daß sie nur ein Werkzeug ist, das die Generale benutzen sollen, und daß dies Werkzeug, so gut es sei, nur bei rechtem Gebrauch etwas taugt.

So sehr ein tüchtiger General zu entschuldigen ist, wenn er schlechte Truppen kommandiert, die seine Befehle nicht auszuführen vermögen, so sehr müssen unsre Generale — ich sage es dreist heraus — alle Achtung verlieren, wenn sie mit so gut ausgebildeten Truppen durch ihre Unwissenheit Fehler und Torheiten begehen.

Wir müssen uns also wohl einprägen, daß wir künftig nur einen Artilleriekrieg zu führen und feste Stellungen anzugreifen haben. Das erfordert gründliche Kenntnis des Geländes und kunstgerechtes Ausnutzen aller seiner Vorteile, sowohl beim Angriff wie bei der Verteidigung.

Vorteilhaft bei der Verteidigung sind für die Infanterie und Artillerie Anhöhen und vor allem sanfte Abhänge, die gleichsam ein natürliches Glacis bilden. Hier wirkt das Feuer verheerend. Solche sanften Abhänge finden sich auch oft in der Ebene. Sie dürfen niemals unbenutzt bleiben. Auch Wälder mit guten Verhauen sind sehr nützlich. Überhaupt besieht der Vorteil einer festen Stellung darin, daß sie den Feind beim Angriff zum Abbrechen seiner Front zwingt, mag man nun hinter einem Bachlauf oder einem Verhau stehen.

Beherrschende Höhen sind noch vorteilhafter. Sie bringen die Artillerie des Feindes um jede Wirkung, da man nicht bergauf schießen kann. Sie schalten sein Gewehrfeuer aus, da er es beim Angriff nicht verwerten kann. Sie legen seine Kavallerie lahm, da sie in dem bergigen Gelände nicht fechten kann, und zwingen den Feind überhaupt, beim Erstürmen der Höhe seine Front zu brechen. Das aber ist der Augenblick, wo Euer Feuer ihn vernichten und seine Verwirrung zur Flucht machen muß.

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Dagegen hat der Angreifer alle kleinen Bodenerhebungen zu benutzen, die seinen Truppen beim Anstürmen gegen die Stellung Schutz vor dem feindlichen Feuer zu bieten vermögen. Nie darf er eine Anhöhe unbesetzt lassen, auf der er ein paar Kanonen aufpflanzen kann. Stets muß er bestrebt sein, den Angriffspunkt der feindlichen Stellung unter Kreuzfeuer zu nehmen, soweit das Gelände und die Aufstellung des Gegners es irgend gestatten, um sich soviel wie möglich die Feuerüberlegenheit zu verschaffen. Er muß seine Angriffstruppen durch die Armee, die ihnen als Rückhalt dient, gut unterstützen und, wenn irgend ausführbar, einen seiner Angriffe in den Rücken des Feindes richten; denn das kann den Sieg entscheiden. Er darf also nichts unversucht lassen.

Da dieser Gegenstand ausführliches Eingehen auf Einzelheiten erfordert, wird es zweckmäßig sein, wenn ich die Darlegung meines Systems in Kapitel einteile, um methodischer, wenn auch so kurz wie möglich, zu verfahren. Ich hoffe, meine Generale werden bei Beherzigung dieser Grundsätze in künftigen Kriegen grobe Fehler vermeiden. Das wäre der schönste Lohn meiner Arbeit.

1. Kapitel Lagerkunst

Ein Lager ist ein Schlachtfeld, das man besetzt hat; denn zum Schlachtfeld wird es, sobald der Feind Euch angreift. Ihr müßt Euch daher angelegen sein lassen, es gut zu besetzen und die rechten Dispositionen zu treffen, damit Ihr nicht durch eigne Schuld eine Niederlage erleidet. Die Fortifikationskunst gibt uns die richtigen Grundsätze und Regeln der Lagerkunst an. Prüfen wir diese Regeln also.

Zur Befestigung wählt man ein vorteilhaftes Gelände, das von keiner Seite beherrscht wird. Man nimmt eine hochgelegene Gegend und keine Niederung. Man lehnt die Festung an einen Fluß an oder legt sie auf eine steile Höhe, und in Ermangelung dessen umgibt man sie rings mit befestigten Werken. Diese müssen sich durch Flankenfeuer gegenseitig unterstützen und von dahinter liegenden Werken unterstützt werden, so der gedeckte Weg von den Außenwerken, diese von den Ravelins und diese von den Bastionen. Die Werte des gedeckten Weges müssen mit ihrem Feuer alle Hohlwege und Mulden im Umkreis des Platzes bestreichen, damit der Feind sich nirgends heranschleichen und sich nicht unvermutet und ungesehen den Werten nähern kann.

Nach diesen Regeln muß also auch ein gutes Lager eingerichtet sein. Euer erstes Treffen stellt den gedeckten Weg dar und das zweite die Werke, die ihn verteidigen.<130> Eure Verteidigungslinie muß ausspringende Winlel haben, deren Anlage Euch das Gelände angibt. Alle Batterien Eures ersten Treffens müssen so aufgestellt sein, daß sie Kreuz- oder Flantenfeuer abgeben können, weil dies Eure Stärke verdoppelt. Eure Flanken müssen gut angelehnt und möglichst unangreifbar sein, sei es durch Flüsse, Moräste, Überschwemmungen oder Wälder, in denen Ihr Verhaue von 500 Schritt Tiefe anlegen laßt. Fehlen aber alle diese Hilfsmittel, so müssen sie durch feste Redouten geschützt werden, die durch eine gute Verschanzung miteinander verbunden sind.

Bei der Befestigung der Plätze sucht man den Feind so viel wie möglich auf einige Angriffspunkte zu beschränken. Das geschieht durch weit vorgeschobene, aussprin gende Winkel; denn der Feind kann sich niemals an die einspringenden Winkel wagen. Diese Methode ist um so besser, als sie den Feind zwingt, sich den Kopf an der Stelle einzurennen, wo Ihr Euren stärksten Widerstand vorbereitet habt und auf die Ihr Eure ganze Aufmerksamkeit konzentrieren könnt.

Die besten Festungen sind die, welche die Angriffsfront am meisten einschränken, z. B. durch Moräste, die der Feind nur auf schmalen Dämmen überschreiten kann. Der Vorteil besieht in der Feuerüberlegenheit, die eine solche Einrichtung bittet. Die besten Lager sind also die, die ein weites Gelände umfassen, in denen der Feind Euch aber nicht anders angreifen kann, als durch Überschreiten undurchwatbarer Flüsse auf Brücken, durch Annäherung über einen Damm oder auf einer Erdzunge, auf der sich nur wenige Bataillone in Front aufstellen lassen. Das alles gibt Euch eine gewaltige Feuerüberlegenheit, und ist der Feind so verwegen, Euch anzugreifen, so wird er gewiß geschlagen und alles, was sich durch das Defilee wagt, vernichtet.

Das zweite Treffen ist in jedem Fall eine gute Unterstützung für das erste. Jedoch hat es in der Ebene nicht die gleiche Gefechtskraft wie auf Anhöhen und Bergen, wo es in überhöhender Stellung hinter dem ersten Treffen sieht und so den Angreiser zwingt, zwei Siege zu erfechten, bevor er Herr der Stellung wird.

2. Kapitel Lager auf Anhöhen und Bergen

Nach Festsetzung dieser Grundregeln schreiten wir zu ihrer Anwendung. Wollt Ihr Anhöhen besetzen, die sanft in die Ebene abfallen und auf 3 000 Schritt Entfernung von keiner andern Höhe beherrscht werden, so stellt Ihr Euer erstes Treffen auf die halbe Höhe, auf die Mitte des Abhangs, und das zweite auf den Höhenkamm. Ge<131>lingt es dem Feinde auch, das erste Treffen zu werfen, so findet er den schwersten Teil der Arbeit erst bei der Vertreibung des zweiten Treffens. Er hat sozusagen nur den gedeckten Weg gestürmt und muß nun unverzüglich den Sturm auf die Werke selbst wagen. Achtet wohl darauf, Eure Flügel an steile Abstürze anzulehnen, sie zurückzubiegen und dadurch eine starke Flanke zu schaffen. Bei der Aufstellung Eures ersten Treffens ist darauf zu sehen, daß jedes Gewehr das ganze Schußfeld bis zum Fuße des Glacis beherrscht und der Feind sich beim Angriff nirgends hinter einem steil abfallenden Hang zu decken vermag. Vielmehr muß alles offen daliegen, und der geringste Hohlweg muß durch Geschütz- oder Gewehtfeuer bestrichen werden. Zu dem Zweck folgt Ihr bei Eurer Truppenaufstellung den Krümmungen des Geländes und schlagt Euch die gerade Linie gänzlich aus dem Sinn. Cure Kavallerie stellt Ihr außerhalb des Geschützfeuers derart hinter den beiden Infanterietreffen auf, daß Ihr jederzeit einige Schwadronen vorziehen und attackieren lassen könnt, falls der Feind, durch das Kartätsch- und Gewehrfeuer erschüttert, zu weichen beginnt. Dann laßt sie nach meiner Methode einHauen: sie werden die gesamten Angriffstruppen vernichten und gefangen nehmen.

Der günstigste Augenblick Eurer Verteidigung ist der, wo der Feind die Anhöhe zu ersteigen beginnt. Das ist der Triumph des Kleingewehrfeuers und der Kartätschen, zumal wenn Eure Infanterie so aufgestellt ist, daß ihr Schußfeld bis an den Fuß der Anhöhe reicht. Hat Eure Stellung Winkel, so verdreifacht das die Stärke der Verteidigung, und können Eure Geschütze das Gelände schräg bestreichen, so braucht Ihr um die Zurückweisung des Feindes nicht besorgt zu sein. Laßt aber Eure Infanterie nicht zur Verfolgung vorgehen, sondern in ihrer Stellung fest stehen bleiben. Findet sich Gelegenheit zum Verfolgen, so nehmt dazu die Kavallerie. Eure Avantgarde kann sich als Flankendeckung auf den rechten und Eure Arrieregarde auf den linken Flügel stellen. Eure Reserve müßt Ihr sorgfältig hinter der Stellung zurückhalten; sie ist die letzte Zuflucht. Stets müßt Ihr eine Reserve nach dem Stärkeverhältnis der Armee haben, und wäre es bei einem schwachen Korps auch nur ein Reservebataillon, es ist doch notwendig; denn frische Truppen, die in ein Gefecht eingreifen, haben eine gewaltige Überlegenheit über den abgematteten Angreifer. (Siehe Plan 1.)131-1

Erläuterungen zu Plan 1 (umstehend)

Da diese Stellung von keiner Seite beherrscht wird, so stellt Ihr Euer erstes Treffen auf das Glacis, das zweite auf den Höhenkamm. Das ist die vorteilhafteste Art der Truppenaufstellung. Sie läßt sich jedoch nicht immer anwenden, da man sich nach dem Gelände richten muß.

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I Plan einer Anhöhe, die in die Ebene übergeht

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3. Kapitel Stellungen auf hohen Bergen

Für Stellungen im Gebirge gelten andre Regeln als für lager auf Anhöhen. Denn die hohen Berge haben in ihrer Nachbarschaft andre, die oft nur durch Täler von 1 500 bis 2 000 Schritt Breite getrennt sind. Kann der Feind Artillerie auf diese Höhen bringen, so dürft Ihr Euer erstes Treffen nicht auf die Mitte des AbHangs stellen; denn sonst würden die feindlichen Kanonen die dort stehenden Truppen vernichten. Man muß sich also mit Besetzung des Bergkammes begnügen, wie wir es in den Lagern von Bärsdorf und Steinseifersdorf taten133-1. Solche Stellungen erfordern verdoppelte Aufmerksamkeit auf die Sicherung der Flanken und ebensoviel Wachsamkeit im Rücken wie in der Front. Man muß alle Straßen hinter dem Berge genau kennen, sowohl um seine Stellung ungehindert verlassen zu können, wie vor allem auch, um sich zu versichern, ob der Feind Euch nicht in den Rücken zu kommen sucht. Liegt eine bedrohliche Anhöhe hinter Euch, die Eure Stellung beherrscht oder Euch den Abzug streitig macht, so müßt Ihr sie unbedingt besetzen, und sei es nur mit einem Bataillon, das die Bergkuppe krönt. Ferner müßt Ihr je nach der Beschaffenheit der Gegend Streifkorps von Infanterie oder Kavallerie ausschicken, die Tag und Nacht alle Straßen abpatrouillieren, auf denen der Feind anrücken könnte.

Was die Besetzung der Stellung selbst betrifft, so müßt Ihr die von mir gegebenen Grundregeln befolgen und das erste Treffen stets so aufstellen, daß sein Feuer bis ins Tal reicht. Die Batterien müssen am Rande des Abhangs errichtet werden, und zwar soviel wie möglich derart, daß ihr Feuer sich kreuzt. Da es in den Bergen aber oft ausgeschlossen ist, die Talgründe mit Artillerie zu beschießen, so würde ich an den angreifbarsten Stellen meiner Front in gewissen Abständen Haufen fertig geladener Granaten bereitlegen lassen. Ist der Feind dann so verwegen, den Angriff zu unternehmen, so werden sie angezündet und auf seine Truppen herabgerollt. So steil Euer Berg auch sei, Ihr müßt stets leichte Truppen in den Talgrund oder auf die halbe Höhe des Berges stellen, um Euch vor Überfällen zu sichern, desgleichen auch in Euren Rücken.

Eine Stellung wie die oben beschriebene ist durch gewaltsame Angriffe nicht zu erobern. Man hat in ihr nichts als Überfälle, besonders bei Nacht, zu befürchten. Die leichten Truppen verhindern jeden Überfall; denn der Feind muß sie erst aus ihrem Posten vertreiben, bevor er sich Eurem Lager nähern kann. Ihr Feuer alarmiert Euch und läßt Euch Zeit genug, die Zelte abzubrechen und unter Gewehr zu treten. Bei Nacht laßt Ihr dann Leuchtkugeln steigen, um die Umgegend zu beleuchten. Ferner laßt<134> Ihr die Granaten hinunterrollen, wo der Angriff stattfindet, und Eure Infanterie in den Talgrund feuern. Alles zusammen wird beim Feinde die Unordnung und den Schrecken vermehren, die bei nächtlichen Unternehmungen stets unvermeidlich sind. Da man im Kriege die Vorsicht nie zu weit treiben kann, so wäre es gut, für jede Eurer Wachen ein Blockhaus oder eine verpalisadierte Schanze anzulegen, was alle feindlichen Unternehmungen vollends vereiteln wird.

4. Kapitel Lager in der Ebene und in durchschnittenem Gelände

Bei der Wahl Eures Lagers müßt Ihr zuerst darauf sehen, ein beherrschendes oder wenigstens nicht beherrschtes Gelände zu besetzen. Danach habt Ihr an die Anlehnung Eurer Flügel zu denken, sei es durch einen Wald, Morast, Bach, Fluß, Abgrund oder eine Anhöhe.

Habt Ihr einen Wald in der Flanke, so laßt Ihr darin einen starten Verhau anlegen, aber nicht aus planlos durcheinandergeworfenen Bäumen, sondern die Stämme müssen aufgeschichtet werden, derart, daß der Schaft Euch zugekehrt ist, der abgestutzte Wipfel aber dem Feinde entgegenstarrt. Vor diesem kunstgerechten Verhau laßt Ihr bis auf 500 Schritt Entfernung alle Bäume fällen, damit vor Eurer Flanke alles licht ist und der Feind sich nicht in dem Gehölz verstecken kann, um Euch auf 200 bis 300 Schritt mit Infanteriefeuer zu beschießen.

Befindet sich in Eurer Flanke ein Morast, so laßt ihn genau untersuchen, ob er auch wirklich unpassierbar ist. Dann könnt Ihr Euch daran anlehnen. Traut aber nie dem bloßen Augenschein.

Lehnt sich Eure Flanke an eine Anhöhe, so befestigt sie mit einigen durch eine Wallinie verbundene Schanzen, die aber sorgfältig angelegt und mit breitem und tiefem Graben versehen sein müssen. Legt darin starte Batterien an, die stets Flankenfeuer abgeben können. Erlaubt es das Gelände, so verstärkt die Stellung durch eine dahinter angelegte Redoute, die sie unterstützen kann, falls der Feind sie durchbricht. Die Redoute ist dann wie ein Ravelin, das den gedeckten Weg verteidigt.

Habt Ihr vor der Front ein Dorf, dessen Besetzung bei der Art Eurer Stellung erforderlich ist, so laßt die Front des Dorfes in einigem Abstand von den Häusern verschanzen. Habt Ihr aber keinen triftigen Grund zu seiner Besetzung, so legt nur ein paar Freibataillone hinein, um das Lager gegen Überfälle zu sichern. Dann muß der Feind sie vertreiben und somit schießen, und das ist für Euch sehr vorteilhaft; denn jede Infanterie, die schon geschossen hat, kann sich mit einer noch ganz frischen beim Angriff nicht messen.

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Bevorzugt stets ein Gelände, das in sanfter Abdachung glacisartig abfällt; denn es bietet die größten Votteile für das Infanteriefeuer, und ein geschickter Heerführer muß alles benutzen. Beobachtet stets die Regel der Befestigungskunst, daß alle auf Eure Stellung zulaufenden Hohlwege unter Eurem Feuer liegen.

Habt Ihr nun alles in Eurem Lager angeordnet und eingerichtet, so reitet außen rings herum und stellt Euch die Aufgabe, es selbst anzugreifen. Dann werdet Ihr seine schwachen Punkte entdecken, die nötigen Verbesserungen vornehmen und die Verteidigungseinrichtungen verstärken. Dadurch kann Eure Stellung nur gewinnen.

Bei allen festen Stellungen gehört die Kavallerie ins dritte Treffen und muß möglichst vor dem Geschützfeuer gedeckt sein. Das hindert aber nicht, daß Ihr sie im Bedarfsfalle gebraucht, indem Ihr sie durch die Zwischenräume der Infanterie nach der Stelle vorgehen laßt, wo sie kämpfen soll. (Siehe Plan 2.)

2 Plan eines Lagers in der Ebene

Erläuterungen zu Plan 2

Hier ein Lager in der Ebene, das an sich nicht schlecht ist, aber künstlich verstärkt werden muß; denn die Überschwemmung ist mittels des aufgeworfenen Dammes hergestellt. Die vorgesandte Kavallerie A beobachtet den Feind. Um an Euch heranzukommen, muß er dies Korps über den Haufen werfen, eine doppelte Kavalleriekette durchbrechen und<136> zwei mit Freibataillonen besetzte Dörfer erobern. Diese leichten Truppen müssen beim Verlassen ihrer Stellung Feuer anlegen. Seht, wie die brennenden Dörfer B und C seine Angriffsfront einschränlen. Ihr könnt auf keiner Seile überflügelt werden und habt noch eine gute Reserve D, die Ihr nach Bedarf verwenden könnt. Die als Angriffspunkt zu betrachtende Stelle Eures Lagers ist Eure linke E. Demgemäß müßt Ihr eine starke Redoute hinter dem Gehölz F und in dem Gehölz selbst Verhaue anlegen.

5. Kapitel Lager im Hinterhalt

Es gibt eine Alt, sich zu lagern, in der Ihr dem Feind einen richtigen Hinterhalt legt. Indes ist zu bemerken, daß sich dazu nicht jedes Gelände eignet. Es müssen Gehölze und buschreiche Gegenden in der Nähe sein; in ganz offenem Gelände ist es weit schwerer.

Folgende Regeln kommen für solche Lager in Betracht. Die Aufstellung der Truppen findet nach den Grundsätzen der Lagerkunst statt, um ihre Verteidigung möglichst vorteilhaft zu gestalten. Das Gelände muß ganz wenige Angriffspunkte bieten, höchstens einen oder zwei. Ihr haltet Eure Truppen versteckt, und sobald der Feind den Punkt angreift, den Ihr dazu ausersehen habt, geht Ihr zur Offensive über und fallt den Angreifer Eurerseits an. Alles Unvermutete ist im Kriege von großer Wirkung, und solch ein gut ausgeführter Überfall kann Euch einen vollständigen Sieg verschaffen.

Um einen deutlichen Begriff davon zu geben, füge ich zwei verschiedene Pläne eines solchen Kunstgriffs bei. Da das Gelände unendlich abwechselt, muß jeder selbst zusehen, wie und bei welcher Gelegenheit er solche Verstecke am besten benutzt. Die Idee selbst ist gut und verdient, beibehalten zu werden.

In welcher Art von Gelände man sich aber auch lagern möge, als allgemeiner Grundsatz ist stets zu beachten, daß man dicht im Rücken keine Moräste oder Flüsse hat; denn sie würden im Fall einer Niederlage zur allgemeinen Vernichtung führen. Entweder entstände ein Gedränge auf der Brücke oder die Fliehenden stürzten sich selbst ins Wasser, oder der Feind machte sie sämtlich zu Gefangenen. (Siehe Plan 3 und 4.)

Erläuterungen zu Plan 3

Ich nenne derartige Lager Hinterhalte, weil ich dem Feinde die Stellung A präsentiere. Daraufhin trifft, er seine Disposition zum Angriff auf L. Dann schiebe ich meine Linie plötzlich nach C vor, werfe das Karree D in die Flanke seiner Angriffstruppen und meine Kavallerie E in die Flanke seiner Hauptmacht. So wird er vom Angreifer zum Angegriffenen und muß sich selbst verteidigen. Hieraus ergibt sich die Regel, daß man selbst beim Angriff so viel Anlehnung wie möglich nehmen und niemals vergessen soll, die Wälder in seiner Flanke zu besehen. (Siehe F.)

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3 Plan eines Hinterhalts am Waldesrand

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Erläuterungen zu Plan 4

Hier eine andre Idee eines Hinterhalts. Die Armee sieht in der Stellung A, aber die ganze Kavallerie und die Reserve bleibt nicht in der Stellung und hält sich zur fteien Verfügung. Angenommen, der Feind greift Euch von B aus an. Warum nicht die ganze Kavallerie über seinen linken Flügel C herfallen lassen und, wenn er geschlagen ist, mit Eurer Infanteriereserve D die linke Flanke seiner Infanterie beschießen? Ich bürge Euch dafür, er wird schleunigst an seinen Rückzug denken, und wenn diese unvermutete Bewegung allgemeine Verwirrung in seiner Armee anrichtet, könnt Ihr ihn vielleicht völlig schlagen.

6. Kapitel Lager hinter Bächen oder Flüssen

Stellt man sich hinter einem Bach oder Fluß auf, so muß man vorher alle Furten untersuchen lassen und sich dort besonders vorsehen.

Ist es ein Bach, so braucht man ihn nur abzudämmen, um eine Art von Überschwemmung herzustellen. Man besetzt das Ufer mit kleinen Abteilungen leichter Infanterie und stellt die Hauptmacht ein paar hundert Schritte dahinter in höher gelegenem Gelände auf. Diese Stellung muß das jenseitige Ufer beherrschen, auf dem der Feind anrücken kann. Eure Batterien verteidigen den Übergang, und unter ihrem Schutze könnt Ihr einige Bataillone vorschieben, die den Feind beim Übersetzen angreifen. Außerdem legt Ihr gute Schanzen an, die in der Kehle geschlossen und mit Geschütz besetzt sind, die alle Versuche des Feindes vereiteln werden.

Derartige Stellungen werden selten in der Front angegriffen, sondern der Feind sucht den Fluß oder Bach zumeist rechts oder links von Eurer Stellung zu überschreiten. Daher müßt Ihr Euer Hauptaugenmerk auf diese beiden Seiten richten, sei es, um den Feind bei seinem Übergang anzugreifen, sei es, daß Ihr schon im voraus Lager ausgesucht habt, die Ihr in Eurer und des Feindes Flanke beziehen könnt. Ihr müßt also beständig Streifkorps und Patrouillen unterwegs haben, damit Ihr von allem Meldung bekommt. Ein Heerführer muß stets mißtrauisch sein und alles vorhersehen, was ihm zustoßen kann, um dem beizeiten vorzubeugen und nie überrumpelt zu werden.

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4 Plan eines Hinterhalts mit Kavallerie und Reserve

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7. Kapitel Lager, die auf einen oder zwei Angriffspunkte beschränkt sind

öfters findet man in günstigem Gelände Lager, die von der Natur auf einige Angriffspunkte beschränkt find. Derart war das Lager von Schmottseiffen140-1, gegen das der Feind lediglich von Dörings Vorwerk anrücken konnte. Andre Gegenden verbieten solche Lager gänzlich. Wieder andren kann man jede beliebige Gestalt geben.

8. Kapitel Lager mit schmaler Angriffsfront

Die besten Lager sind die mit schmaler Angriffsfront. Angenommen, Ihr habt einen Morast oder einen engen Talgrund vor Euch, durch den nur 2 bis 3 Bataillone in Front gegen Euch vorrücken können, und Eure Armee sieht halbkreisförmig auf Anhöhen, die das Gelände beherrschen. Ihr sehet wohl ein, daß Euer Feuer dem feindlichen Korps, das gegen Euch vorgeht, sehr überlegen ist. D ese Feuerüberlegenheit wird Euch gewiß den Sieg geben; denn der Angreifer wird vernichtet und völlig aufgerieben, bevor er an Eure Stellung heran ist. Im Jahre 1759 standen wir in solch einem Lager bei Neustädtel in Schlesien den Russen gegenüber140-2.

9. Kapitel Verschanzungen

Läßt man Schanzen aufwerfen, so müssen sie in der Kehle geschlossen sein; denn sie werden stets von hinten erobert. Eure Verschanzung muß einen breiten und 10 Fuß tiefen Graben haben. Hat man keine Palisaden, so kann man sie mit spanischen Reitern umgeben, die fest in die Erde gerammt sind. Ist aber Holz vorhanden, so verdienen Palisaden den Vorzug.

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Gute Brustwehren sollen 16 Fuß stark sein, und die Böschung muß so angelegt werden, daß der einzelne Mann sein Gewehr nur aufzulegen braucht, um die Stelle, wo der Angriff erfolgt, zu beschießen. Zur Verstärkung der Verschanzung dienen Flatterminen, die man wie richtige Minen in T-Form anlegt, um dieselbe Stelle dreimal sprengen zu können141-1. Sie sind sehr wirksam; denn nichts verstärkt eine Stellung so sehr und schreckt den Angreifer mehr ab. Nimmt man sich aber dergleichen vor, so muß man mit Fleiß daran arbeiten lassen und viele Arbeiter verwenden, um beizeiten fertig zu sein.

10. Kapitel Lager, die eine Gegend decken

Im Verteidigungskrieg muß man oft Lager aussuchen, die weite Landstriche decken. Ich will hiervon nur kurz reden. Die Natur selbst muß das Gelände dazu schaffen, da die Kunst es nicht Hervorbringen kann. Aber man muß solche Lager kennen und sie im Bedarfsfalle nicht unbenutzt lassen.

Ich kenne einige141-2, die ich angeben kann: für Niederschlesien die Stellung bei Landeshut, die wir 1759 inne hatten141-3. Sie umfaßt den Riegel, die Sieben Nothelfer und die Höhen von Reichenau, nebst dem Posten, den General Seydlitz besetzt hielt. Dies Lager deckt ganz Niederschlesien. Das Lager von Schmottseiffen141-4 deckt Schlesien nach Marklissa und Böhmen hin. Solange man dort sieht, wird der Feind es nie wagen, mit seiner Armee über den Bober zu gehen. Von derselben Art ist auch das<142> Lager bei Neustadt in Oberschlesien; denn der Feind wird niemals aus dem Gebirge heraustreten, solange man dort bleibt und ein Detachement bei Oppersdorf hat142-1. Das Lager von Schlettau und Meißen deckt ganz Sachsen.

Die Österreicher haben die Lager von Trautenau, Königgrätz und Olmütz.

In der Lausitz gibt es keine derartige Stellung, auch im Magdeburger Land nicht, und sobald man die Oder verläßt, findet man auch in der Mark keine Stellung, die die Hauptstadt deckt.

Die erwähnten starken Lager in Schlesien sind unangreifbar. Zudem bieten sie den Vorteil, daß der Feind um seine Lebensmittel besorgt wird, wenn er an ihnen vorbeirückt.

11. Kapitel Allzu ausgedehnte Stellungen

Nichts fühlt mehr in Versuchung als die zu weitläufigen Stellungen. Sie sind an sich zwar vorzüglich, aber zu ihrer vollen Besetzung und Verteidigung erfordern sie eine Armee von 80 000 Mann, und Ihr habt nur 40 000. In solchen Fällen darf man nie vergessen, daß ein Gelände an sich nichts vorstellt, sondern daß es die Menschen sind, die es verteidigen. Das Klügste, was man tun kann, ist, sich rechts oder links, vorwärts oder rückwärts davon eine andre Stellung zu suchen, die Euren Kräften besser entspricht und die Ihr daher halten könnt. Denn je mehr Ihr Euch ausdehnt, desto mehr schwächt Ihr Euch, und der Feind kann mit einem einzigen Vorstoß siegen. Gestattet ein zu großes Gelände jedoch, es zu teilen und nur ein Stück davon zu verteidigen, wo Eure Truppen dicht beisammen bleiben, so ist das gutzuheißen. Allein man muß sich dann verschanzen, Redouten anlegen und sich zu Erdarbeiten entschließen, ja manche Stellen verpalisadieren.

Am besten sind stets die Lager, zu deren Besetzung Ihr weniger Truppen braucht, als Ihr habt. Dann könnt Ihr zwei Treffen mit guter Reserve aufstellen und verzweifelten Widerstand leisten.

Gleichwohl lassen sich weite Landstriche verteidigen, namentlich im Gebirge. Ihr besetzt dann nur die Kuppen und einige Kämme der Berge mit ein paar Bataillonen und könnt Euch weit ausdehnen, zumal wenn die Zugänge zu den Bergen sehr stell sind. So läßt sich die Stellung bei Freiberg142-2 gut verteidigen. Die Mulde deckt sie. Sie hat felsige Ufer und ist nur auf drei Steinbrücken überschreitbar. Da Ihr auf den<143> Höhen steht, so braucht Ihr nur 3 Bataillone hinter jeder Brücke sich verschanzen zu lassen und die Front der Armee jenseits Freiberg gegen Brand zu richten, wo sie sich gleichfalls verschanzt, und den rechten Flügel hinter dem Galgen an Freibergsdorf anzulehnen. Dadurch haltet Ihr Eure Verbindung mit Schlettau offen.

Im Jahre 1759 verteidigte ich mit 30 000 Mann ein Gebiet von zwei Meilen in Schlesien, nämlich von Köben bis herrnstadt143-1. Freilich hatte ich die Bartsch vor mir, die zwischen Morästen fließt, und alle Übergänge waren von verschanzten Brigaden besetzt und verteidigt, die so vorteilhaft aufgestellt waren, daß auch 100 000 Mann sie nicht hätten zurückschlagen können143-2. Im Jahre 1758 verteidigten die Österreicher ebenso die Elbufer von Königgrätz bis Arnau143-3. Solche Beispiele zeigen, daß man alles, was man tun will, wohl erwägen und, bevor man handelt, nachdenken muß.

Man darf also nie eine Stellung einnehmen, ohne die Örtlichkeit genau zu kennen und ihre Vor- und Nachteile zu wissen. Nächstdem muß man in jedem Lager die Verteidigungsdisposition entwerfen und sie den Offizieren, die sie ausführen sollen, mitteilen; denn die Gedanken ihres Führers können sie nicht erraten. Sind sie aber gehörig instruiert, so kann man sie streng bestrafen, wenn sie die gegebenen Befehle nicht buchstäblich ausführen.

Erläuterungen zu Plan 5 (umstehend)

Ich gebe diesen Plan als Beispiel eines weitläufigen Geländes, das mit wenig Truppen zu halten ist. Von Köben bis Herrnstadt sind zwei Meilen, und ich hatte keine 30 000 Mann. Trotzdem mußte ich die ganze Front der Bartsch bis Herrnstadt halten. Ich machte folgendes. Ich lehnte meine linle bei A an die Oder und benutzte den starken Oderdamm als Verschanzung. Das Gros fand Aufstellung zwischen Köbnerheyde und Sophienthal hinter einem sumpfigen Walde, in dem ich gute Verhaue anlegen ließ. Das Dorf Schlaschwitz, von Sümpfen und Bachen umgeben, war mit starken Piketts besetzt. Hinter dem Defilee von Dahsau auf der Höhe L lagerte ein Detachement, sowohl zur Deckung meiner rechten Flanke, wie um dem Feinde rechtzeitig zuvorkommen zu können, da er mich über Herrnsiadt nicht umgehen konnte; schließlich auch, um Breslau und diesen ganzen Teil von Niederschlesien zu decken. Die Stellung westlich von Herrnstadt entschied alle unsre Operationen. Ich hatte dort nur 500 Husaren stehen, die mich von der geringsten feindlichen Bewegung des Feindes unterrichten sollten. Aus dieser Anordnung ersieht der Leser, daß meine Stellung bei Sophienthal unangreifbar war. Es stand mir also frei, mich nach rechts oder links zu wenden und dorthin zur Unterstützung zu rücken, wo der Feind hätte angreifen wollen.

Ich erreichte mein Ziel, nämlich dem Feind bei Herrnstadt zuvorzukommen, und zwang ihn dadurch, sich aus Wassermangel nach Polen zurückzuziehen. Denn die Bartsch lag im Schutz meines Infanteriefeuers, und da das Gelände nach Polen zu immerfort ansteigt, so fanden die Russen nirgends einen Fleck, wo sie ihre Pferde hätten tränken können.

Ich rate also allen, die ein weitläufiges Gelände verteidigen wollen, zuvor genau zu prüfen, ob es sich dazu eignet. Hier deckten mich die Bartschsümpft. Wer aber ein Gelände unbesonnen besetzt, das sich zu derartiger Verteidigung nicht eignet, würde vom Feinde streng gezüchtigt und, für seine Ungeschicklichkeit tüchtig geschlagen, wieder auf die Schulbank geschickt werden.

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5 Plan des Lagers bei Sophienthal

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12. Kapitel Wie man seine Stellung beurteilt

Zum besseren Verständnis der eben entwickelten Grundsätze füge ich hier den Plan der Höhen von Bornim145-1 hinzu. Er soll die Grundlage der Prüfung bilden, was ich an diesem Gelände vorteilhaft und nachteilig finde und wie man die Truppen darin aufstellen muß. Das kann zum Muster dienen, wie man seine Stellung beurteilen soll. Plan 6 zeigt Euch alles, was man über dies Gelände sagen kann.

Da aber das Gelände unendlich abwechselt, so vermag ich nicht alle möglichen Situationen zu prüfen, sondern es ist Sache eines jeden, die Gegend, in die die Verhältnisse ihn führen, richtig zu beurteilen.

Erläuterungen zu Plan 6 (umstehend)
Beurteilung der Höhen von Bornim

Die Höhen von Bornim zeigen mir sofort ein Lager, das mir vorteilhaft erscheint. Ich frage dabei nicht, ob es ein Gelände deckt oder nicht. Ich frage nur: wie muß ich meine Truppen aufstellen? Dort die Höhe A — soll ich sie besetzen oder nicht? Wie weit ist sie von den andren entfernt? 3 000 Schritt. Ich brauche sie also nicht; denn der Feind kann sie beim Angriff auf mich nicht benutzen. Welche Stellung ist nun am vorteilhaftesten? Die Höhe A, B oder C? Ohne Zweifel verdienen B und C den Vorzug vor A wegen ihrer Hihe, ihrer Ausdehnung und Lage. Ich werde A also nicht besetzen; denn griffe der Feind einen dort aufgestellten Teil meiner Truppen an, so müßte ich die guten Stellungen B und C verlassen, um mich ohne jeden Vorteil in der Ebene zu schlagen. Es handelt sich also nur noch darum, wie ich diese Stellung besetzen soll. Ich sehe, der Hügel B ist von keiner Seite beherrscht, folglich stelle ich mein erstes Treffen nebst meinen Batterien auf das Glacis D und errichte eine Batterie bei E, um das Dorf zu beherrschen. Das zweite Treffen stelle ich auf den Höhenkamm F, die Kavallerie dahinter bei G und ein paar Freibataillone in das Gehölz H. Meine Reserve stelle ich auf einer Hihe hinter mir bei J auf, um meine rechte Flanke zu decken; denn diese Höhe liegt nur 1 300 Schritte zurück. Dann besetze ich die Höhe C, aber vorsichtshalber nur die Kuppe des Weinbergs und den Abhang bei K, das zweite Treffen bei L und die Kavallerie bei M. Das Dorf Bornim besehe ich mit Freibataillonen, und die Höhe A benutze ich für die Vorposten der Kavallerie,

Nun zu meinem Verteidigungsplan. Der Feind kann mein Zentrum nicht angreifen. Er muß sich unbedingt für meinen rechten oder linken Flügel entscheiden. Greift er mich bei H an, wo ich meine Freibataillone habe, so sieht meine Reserve bei J, deren Flankenfeuer er aushalten muß. Wenn er mich auch vom Glacis D verdrängt, so wird er doch nie die Höhe B gewinnen. Greift er mich in meiner linken an, so habe ich dort eine starke Flanke, eine Ebene vor mir und meine Kavallerie, die dort fechten kann. Außerdem habe ich meine Reserve, die ich nach N werfen kann, um ihn dort anzugreifen. Ich kann sogar Truppen aus meinem Treffen D nehmen, mich damit begnügen, das zweite Treffen F intakt zu lassen, und mit dieser Infanterie und der Kavallerie G meinem linken Flügel zu Hilfe eilen. Schlimmstenfalls wird mich der Feind dann bei N zurückwerfen, aber niemals meine Stellung beim Weinberg K erobern.

Dies ist nur ein Beispiel für die Prüfung des Geländes. Gewöhnt Ihr Euch aber nicht daran, Eure lager in dieser Weise zu beurteilen, so werdet Ihr nie methodisch und regelrecht aufgestellt sein.

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6 Plan der Gegend von Bornim

<147>

13. Kapitel Die Kenntnis der Regeln der Lagerkunst genügt nicht

Die oben aufgestellten Regeln sind gewiß gut und die einzigen, an die man sich halten muß. Es wäre aber ein großer Irrtum, zu glauben, daß diese Theorie allein hinreichte, um ein Meister in der Kunst zu sein. Die Schwierigkeiten merkt man erst, wenn man die Regeln in Anwendung bringen will.

Die Natur allein gibt Euch fast nie Stellungen, die allen Euren Wünschen entsprechen, sondern die Kunst muß ihnen immerfort zu Hilfe kommen, um die Mängel des Geländes zu verbessern. So bedient man sich, wie schon gesagt, eines Baches, um eine Überschwemmung herzustellen, legt an den schwächsten Punkten Redouten und Verschanzungen und in den Wäldern Verhaue an. Kurz, man nimmt die Kunst zu Hilfe, um die Natur zu vervollkommnen. Man stellt sich eine Viertelmeile vor-oder rückwärts auf, biegt einen Flügel zurück, schiebt den andern vor oder läßt die Mitte herausspringen. Mit einem Worte, man dreht und wendet sich hundertfach, um aus dem Gelände alle Vorteile zu ziehen, die es bieten kann. Dabei muß man aber tätig sein, alles mit eignen Augen sehen und Verstand haben, um alles zu benutzen. Der Offizier muß also stets fleißig und geschickt sein.

Oft findet man in der Nähe des Lagers kleine Berge, die zur Besetzung einladen. Ehe man sich aber dazu entschließt, überlege man reiflich, ob man sie besetzen soll oder nicht. Im vorigen Kapitel habe ich eine Probe davon gegeben, wie man ein Gelände beutteilen muß.

14. Kapitel Weitere Regeln über die Straßen und die vorgeschobenen Abteilungen, die bei der Wahl eines Lagers zu beachten sind

Alle oben angegebenen Regeln reichen noch nicht hin. Vor allem muß man die nach dem Lager führenden Straßen gut rekognoszieren lassen; denn auf ihnen muß der Feind gegen Euch anrücken, und nach ihrer Kenntnis regelt man die Lagerwachen und die Patrouillen, die man zur Erkundung verwendet.

Lagert man in der Ebene, so muß man notwendig leichte Truppen haben, die man vorschiebt und zur Beobachtung des Feindes hinter ein Defilee stellt. Auch sichelt man sich durch kleinere Detachements auf seinen Flanken gegen Überfälle.<148> Eine Armee muß wie eine Spinne sein, die ihre Fäden nach allen Seiten zieht und durch deren Erschütterung sofort von allem erfährt, was geschieht.

Aber diese theoretischen Kenntnisse, ich wiederhole es, dienen zu nichts, wenn man nicht eine gewisse Erfahrung hinzufügt. Man muß sich in der Auswahl des Geländes, im Treffen von Dispositionen üben und über den Gegenstand nachdenken: dann wird die Theorie, in die Praxis umgesetzt, Euch Gewandtheit in der Ausführung aller dieser Operationen geben und Euch lehren, die Anzahl der Truppen zu überschlagen, die ein Lagerplatz fassen kann.

15. Kapitel Wie man die Angriffstruppen und die Armee anlehnt

Der Angriffsflügel muß soviel wie möglich an ein Gehölz, einen Morast oder auch nur an einen Graben angelehnt werden. Bei Angriffen in der Ebene und auf freiem Felde wird dies öfters unmöglich. Findet sich aber z.B. auf dem rechten Flügel, der zum Angriff bestimmt ist, ein Wald, der bis zum linken Flügel des Feindes reicht, so muß zunächst ein Infanteriekorps, das in der Ebene durch Kavallerie gedeckt wird, vorangehen, um das Gehölz zu besetzen und die rechte Flanke der Armee, die man daran anlehnen will, zu sichern. Ja, diese Infanterie, die Ihr in das Gehölz gelegt habt, muß auch Eure Angriffstruppen während ihres Vorgehens schützen. Sonst lauft Ihr Gefahr, daß sie mitten im Vormarsch in der Flanke gefaßt und schmählich zurückgeschlagen werden. Die Schuld daran aber träfe Euch selbst.

Hat der Feind auf seinem Flügel eins der langgestreckten Dörfer, die in Schlesien häufig sind, so müßt Ihr es vor allen Dingen vom Feinde säubern und es selbst besetzen, um sicher gegen ihn vorgehen zu können. Ich füge hier den Plan eines Waldes bei, der diese wichtige Vorsichtsmaßregel hinreichend erklärt148-1.

Steht der Feind auf einer Anhöhe, so findet sich im Vormarsch oft keine Anlehnung im Gelände. In diesem Falle wendet man die Methode an, die ich beim Angriff<149> von Bergen empfehle, nämlich die angegriffene Höhe mit möglichst vielen Batterien zu beschießen und den Angriff durch die Armee, die ihm als Rückhalt dient, zu unterstützen. Sobald man sich aber der Höhe bemächtigt hat, wird sie selbst zu Eurem Stützpunkt. Dann habt Ihr wenigstens einen Flügel angelehnt, und die Armee, die ihm folgt, kann durch ihr Feuer leicht den andern unterstützen. (Siehe Plan 7.)

Erläuterungen zu Plan 7 (umstehend)

Hier seht Ihr, wenn Euer Angriff nicht von dem Flankenkorps begleitet wird, das am Waldrande entlang rückt, daß für den Feind nichts leichter ist, als Euren Angriff von demselben Gehölz aus zu flankieren. Angenommen, Ihr werdet geschlagen, so tragen die Truppen in dem Gehölz zur Deckung Cures Rückzuges und zum Schutz der Armee bei; denn sie dürfen Eure rechte Flanke nicht eher verlassen, als bis die ganze Armee sich zurückzieht. Dann erst geben sie die Stellung auf, die der Feind sonst zu Eurem großen Nachteil hätte ausnutzen können, und bilden, von einem Kavalleriekorps gedeckt, die Nachhut.

16. Kapitel Verschiedene Angriffe

Wir müssen unsre Schlachtpläne aus den Regeln der Belagerungskunst ableiten. Wie man heute den unterminierten gedeckten Weg nicht mehr ohne weiteres stürmt, da solche Sturmläufe zu ungewiß und mörderisch sind, so muß man auch in der Feldschlacht auf allgemeine Angriffe verzichten; denn man hätte zu große Verluste durch das Kartätschfeuer, und im Fall des Mißlingens wäre alles verloren. Da man bei geringerer Gefahr doch zum selben Ziele gelangen kann, muß man so wenig wie möglich aufs Spiel setzen und dem Glück nur das überlassen, was Geschicklichkeit ihm nicht streitig machen kann.

Die Ingenieure empfehlen Euch, die Festungswerke, gegen die der Angriff sich richtet, gut zu umfassen, um die Feuerüberlegenheit über den Verteidiger zu erlangen. Sie schreiben Euch vor, die Rikoschettbatterien so anzulegen, daß sie die Festungswerke der Länge nach bestreichen, mit Eurer ersten Parallele die zweite und dritte weit zu überflügeln, damit sie ihnen zum Rückhalt und zur Verteidigung dient, und aus der dritten Parallele mit Sappengängen vorzugehen, um Euch im gedeckten Weg einzunisten.

Eure beiden Treffen sind also Eure Parallelen. An der Angriffsstelle müßt Ihr Batterien errichten, um die Angriffstruppen zu unterstützen. Diese können mit den Sappengängen verglichen werden, mit denen man sich den ausspringenden Winkeln des Glacis nähert.

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7 Plan für die Anlehnung der Armee

<151>

8 Plan eines Angriffs in der Ebene

<152>

In Plan 8 stelle ich einen Angriff in der Ebene dar. Ihr erseht daraus, wie er nach meinem System stattfinden soll. Ich habe den rechten Flügel zum Angriff bestimmt und den linken versagt; Ihr könnt es ebensogut umgekehrt machen. Die Kavallerie des Angriffsflügels muß eine Attacke machen, wenn anders die Stellung des Feindes es erlaubt. Ist das nicht möglich, so muß die Kavallerie warten, bis der Augenblick für sie gekommen ist.

Alle folgenden Pläne sind auf 60 Bataillone und 100 Schwadronen ohne die Freibataillone berechnet. (Siehe Plan 8.)

Erläuterungen zu Plan 8 (vorstehend)

Bei einem Gefecht in der Ebene ist es unmöglich, den Teil der feindlichen Armee, den man angreifen will, zu umfassen. Indes zeigt Euch dieser Plan, auf welche Weise ich die Rechte des Feindes umfasse. Meinen rechten Kavallerieflügel halte ich soweit wie möglich zurück, um ihn vor dem feindlichen Artilleriefeuer zu schützen. Am äußersten Ende (I) seht Ihr ein Karree von 4 Bataillonen mit ihren Geschützen, das ich dort formiert habe, um die feindliche Kavallerie zu beschießen und den Angriff der unsren zu unterstützen. Wird dann unsre Kavallerie auch zurückgeworfen, so schützt das Feuer der Flanke (2) und des Karrees sie hinreichend, um sich wieder zu sammeln, und die Husaren (Z) sind bei der Hand, um dem Feind in die Flanke zu fallen, falls er sie verfolgen sollte. Der Infanterieangriff wird von zwei Vortreffen (4 und 5) mit 150 Schritt Abstand ausgeführt. Dahinter folgt der rechte Infanterieflügel (6) mit 200 Schritt Abstand. Die erste Brigade (6) sieht 100 Schritt weiter vor als die zweite (7), diese 100 Schritt weiter vor als die dritte (8) und diese 100 Schritt weiter als die vierte (9). Ist also das erste Vortreffen noch 300 Schritt vom Feinde entfernt, so ist das zweite 450 Schritt ab, die erste Brigade 650 Schritt, die zweite 750 Schritt usw. Die zweite, dritte und vierte Brigade dürfen nicht zu rasch vorgehen, um nicht alles auf einmal aufs Spiel zu setzen. Hält Euer Angriff das Kartätschfeuer aus und bringt den Feind in Verwirrung, kann ihm vor allem Eure siegreiche Kavallerie in den Rücken fallen, so habt Ihr nichts eingesetzt als Eure Vortreffen und verliert nicht halb so viel leute, als wenn Ihr Eure ganze Schlachtfront ins Gefecht gebracht hättet. Denn das Kartätschfeuer ist zu mörderisch, und die ganze Schlachtfront könnte völlig vernichtet werden, wenn sie diesem Feuer ausgesetzt würde. Darum muß man sich bemühen, das Gros der Armee auf 800 Schritt vom Feinde zu halten, die größte Entfernung für Kartätschen. Zu beachten ist noch, daß die Artillerie des Verteidigers besser und schneller schießt als die des Angreifers. Man muß also alle Angriffsdispositionen mit größter Überlegung treffen und sein ganzes Artilleriefeuer, wie es auf dem Plan eingezeichnet ist, gegen den Teil der feindlichen Armee richten, dem Euer erster Angriff gilt. Überhaupt hat diese Methode noch den Vorteil, daß, wenn Eure Angriffe zurückgewiesen werden. Euer rechter Flügel sich hinter den linken zurückziehen kann und Ihr den Rückzug in voller Sicherheit auszuführen vermögt. Denn Ihr stößt dem Feinde Respekt ein durch die Überzahl Eurer noch frischen Truppen, die die wenigen, stark mitgenommenen Bataillone des Angriffs decken.

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17. Kapitel Ein andrer Angriff in der Ebene

Es kommt vor, daß man mit einer schwachen Armee in flachem Lande sieht, z. B. zwischen Berlin und Frankfurt, Magdeburg und Halberstadt, bei Leipzig, zwischen Ratibor und Troppau usw. Wie soll man da seine Flügel anlehnen? Wie eine Stellung einnehmen, wo keine zu finden ist? Ich habe oft darüber nachgedacht; denn es kommt vor, daß man sich in solchem Gelände halten muß, um die allgemeine Sache nicht in Gefahr zu bringen. Nachfolgend der einzige Gedanke, der mir hierüber eingefallen ist und sich ausführen läßt.

Zum Lager wähle ich mir ein etwas tiefer liegendes Gelände, das mich nach dem Feinde zu deckt. Auf der Höhe vor meiner Front lasse ich Schanzen aufwerfen, damit der Feind glaubt, ich wollte dies Gelände verteidigen. Ein Dorf muß in der Gegend sein und befestigt werden. Habt Ihr einen Wald auf einem Flügel, so ist das von Vorteil; denn der ganze Plan läuft darauf hinaus, dem Feinde die Bewegung, die man vorhat, zu verbergen.

Bei dieser Stellung werden die feindlichen Generale, die mich rekognoszieren, ihre Disposition gegen das befestigte Dorf und meine mit Schanzen besetzte Front richten. Plan 9 stellt die Attacke meiner Kavallerie und den Marsch meiner Armee in die Flanke des Gegners dar. Plan 10 zeigt den Angriff meiner Infanterie, nachdem die feindliche Kavallerie geschlagen ist. Meine Kavallerie darf sich nicht eher in Bewegung setzen, als bis der Feind sich formieren will, damit er seine Disposition nicht mehr ändern kann.

Die Verschanzung des Dorfes und die Redoute vor Eurem rechten Flügel müssen stark mit Geschütz besetzt werden. Will der Feind seine Front verändern, so bekommt er notwendig das Feuer aus Eurem Dorf in die Flanke, und will er das Dorf angreifen, so fällt ihm Eure ganze Armee in die Flanke. Es hängt also alles von Eurer Kavallerieattacke ab. Gelingt sie, so ist die ganze feindliche Armee geschlagen. Derart kann man sich mit geringen Truppen dennoch den Sieg verschaffen. (Siehe Plan 9 und 10.)

Erläuterungen zu Plan 9 (umstehend)

Hier meine Angriffsdisposition. In dem Augenblick, wo der Feind sich entwickelt, geht meine Kavallerie vor, fällt der feindlichen in die Flanke und schlägt sie. Gleichzeitig rückt meine Infanterie vor. Ihre Stellung seht Ihr auf dem folgenden Plane.

Erläuterungen zu Plan 10 (umstehend)

Ihr seht die feindliche Kavallerie von meinem rechten Kavalleriefiügel geworfen. Meine Infanterie seht Ihr in der Flanke der feindlichen; das zweite Treffen umfaßt sie im Rücken. Der Feind kann gegen meine Armee nicht Front machen; denn sonst würde er

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9 Angriff der Kavallerie

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10 Marsch und Angriff unsrer Infanterie

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dem Dorfe A und meiner Schanze B die Flanke bieten. Ich habe daher nur seine Reserve zu fürchten, falls er eine hat. Um diesem Übelstand zu begegnen, habe ich, wie Ihr seht, die Hälfte meines linken Kavallerieftügels nach meiner Rechten gezogen, um diese zu unterstützen und gegen die etwa auftretende Reserve vorzugehen.

18. Kapitel Angriff auf ein Dorf

Ich setze auch hier die Regeln und Methoden der Belagerungskunst voraus. Um also ein Dorf anzugreifen, das vor der feindlichen Armee liegt, müssen meine beiden Infanterietreffen die Grundlage meines Angriffs bilden. Ich lasse meine Batterien auffahren und formiere je nach den Umständen drei bis vier Kolonnen zum Angriff auf das Dorf, und zwar mit Abständen voneinander, damit die Artillerie zwischen ihnen hindurch schießen kann und sie beim Vorgehen gegen einen gemeinsamen Mittelpunkt nicht durcheinandergeraten.

Jede Kolonne hat drei Treffen mit 150 Schritt Abstand. Der Teil der Armee, der ihnen folgt, macht 900 Schritt vor dem Dorf halt und darf nicht eher vorrücken, als bis das Dorf genommen ist. Die Kavallerie bleibt noch weiter zurück und soweit irgend möglich vor dem Kanonenfeuer gedeckt. (Siehe Plan 11.)

Erläuterungen zu Plan 11

Nach den Regeln für den Festungsangriff sollen die Werke und Polygone, die man angreift, soviel wie möglich umfaßt werden. Ich habe mir mit dem Dorfe eine ungünstige Stellung ausgewählt, wie Ihr aus der Karte erseht. Trotzdem die feindliche Armee es beschützt, umfasse ich es soviel wie möglich. Seht die Aufstellung der Batterien A. Meine Infanterie steht 900 Schritt und weiter von dem Dorfe entfernt, außer dem Schußbereich der Kartätschen. Eingesetzt wird nur das Korps, das den Feind vertreiben soll, und zwar so, daß, wenn meine drei Angriffe sämtlich abgewiesen werden, die Angriffstruppen sich auf die Infanterie zurückziehen können, die von der Kavallerie in der Flanke gedeckt wird. Außerdem behalte ich mir eine Reserve B zurück, entweder um meine Angriffstruppen zu verstärken, wenn diese Erfolg haben, oder um sie im Falle des Rückzuges dort zu verwenden, wo es am nötigsten ist, Ist das Dorf genommen, so muß die Reserve mit bespanntem Geschütz vorrücken, um sich schleunigst in dem Dorfe festzusetzen. Unter seinem Schutz könnt Ihr dann die feindliche Schlachtfront angreifen und sie schlagen.

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11 Angriff auf ein Dorf

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19. Kapitel Angriffe gegen Anhöhen

Angriffe gegen Anhöhen sind das Allerschwierigste im Kriege; denn ein geschickter Feind besetzt sein Gelände so, daß man ihn auf keine Weise umgehen kann, vielmehr zum Angriff auf gewisse Angriffspunkte gezwungen ist, die mit fast unüberwindlichen Hindernissen gespickt sind. Ist man aber durch unabweisbare Notwendigkeit zu einem derartigen Wagnis gezwungen, was ist dann zu tun?

1. Die Stellung des Feindes ist genau zu rekognoszieren.

2. Sie ist wenn möglich im Rücken anzugreifen, während man ihm die Armee vor der Front zeigt. Ist das aber nicht möglich, so greift man

3. den höchsten Punkt seines Lagers an, und

4. stellt man seine Batterien auf allen Anhöhen auf, von denen sie die feindliche Stellung unter Kreuzfeuer nehmen können, und formiert seine Angriffskolonnen nach Plan 12.

Dabei ist besonders darauf zu achten, daß Eure Armee außerhalb des Kartätschfeuers bleibt, und daß die Anhöhe energisch angegriffen wird. Ist Eure Armee stark, so unternehmt Ihr zugleich einen Scheinangriff auf einer andren Seite, um die feindlichen Kräfte zu fesseln und die Aufmerksamkeit des Gegners zu teilen.

Nicht ohne Grund besiehe ich darauf, in erster Linie den höchsten Punkt der feindlichen Stellung anzugreifen, und zwar deshalb: Habt Ihr diesen Punkt genommen und Euch dort festgesetzt, so ist alles entschieden; denn Euer überhöhendes Feuer wird die übrige Stellung ohne große Mühe vom Feinde säubern. Greift Ihr dagegen eine geringere Höhe an und erobert sie, so habt Ihr damit noch nichts gewonnen, sondern die Hindernisse nehmen in dem Maße zu, wie Eure erschöpften Truppen davon abgeschreckt werden.

Der Leser wolle sich erinnern, daß alle meine Pläne auf die darin angegebenen Angriffe zugeschnitten sind, und daß es nicht möglich ist, jedes Gelände einzuzeichnen, auf dem man eine Schlacht liefern kann. Ein gescheiter Mann wird meine Grundsätze auf die näheren Umstände der anzugreifenden Stellungen selbst anzuwenden wissen. Ich erinnere nochmals daran, daß die Kavallerie bei allen Angriffen auf feste Stellungen nicht unnötig dem feindlichen Feuer ausgesetzt werden darf.

Plan 13 gibt das Schema eines Angriffs gegen den Rücken des Feindes in einem Gelände, das diese Disposition begünstigen kann.

Erläuterungen zu Plan 12

Hier der Plan eines Angriffs gegen die beherrschende Höhe der feindlichen Stellung A und eines Scheinangriffs B zur Erleichterung des wirklichen. Wie Ihr seht, umfasse ich mit meinen Batterien soviel wie möglich den Punkt, gegen den ich meinen Hauptstoß richte.

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12 Plan eines wirklichen und eines Scheinangriffs

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13 Plan eines Angriffs in den Rücken des Feindes

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Da das Gelände mich aber so wenig begünstigt, muß der Angriffspunkt noch mehr umfaßt werden. Sobald Eure Truppen im Besitz der Höhen sind, müßt Ihr lauter bespannte Batterien haben, die dort auffahren kinnen. Ihr müßt alle Angriffstruppen mit Euren Treffen unterstützen; denn 12 Bataillone können nicht gegen eine ganze Armee fechten. Sieht der Feind seine Stellung A erobert, so wird er Euch noch eine Front C entgegenzustellen suchen. Da Ihr aber im Besitz der beherrschenden Höhe seid, die Euch die Feuerüberlegenheit gibt, werdet Ihr ihn leicht über den Haufen werfen.

Erläuterungen zu Plan 13

Hier habe ich das Korps A in den Rücken des Feindes geführt. In der Front beschieße ich ihn nur mit Kanonen. Meine Truppen sind gegen seine Batterien durch eine kleine AnHitze gedeckt. Ich warte ab, bis die Verwirrung beim Gegner zu Tage tritt. Dann falle ich mit allen Kräften und mit all meinen verschiedenen Korps über ihn her.

20. Kapitel Disposition beim Angriff der ganzen Armee auf einen Angriffspunkt

Oft ist eine Stellung nur von einer Seite angreifbar und bietet dann nur einen einzigen Angriffspunkt. Dann wird die ganze Armee gegen diesen Punkt gerichtet, darf aber selbst nur die zum Angriff bestimmten Truppen untersiützen und sie durch frische Truppen erneuern. Sind jedoch die Schwierigkeiten zu groß, so kann man den Angriff einstellen und die Angriffstruppen auf die Armee zurückgehen lassen. (Siehe Plan 14.) Die ganze Bewegung der Treffen ist ein Sich-nach-rechts-Ziehen zur Unterstützung der Angriffstruppen.

Erläuterungen zu Plan 14 (umstehend)

Ihr seht, daß ich meine ganze Armee gegen die Flanke des Feindes führe. Ich nehme mir vor, hier durchzubrechen. Meine Armee dient nur als Reserve der Angriffe und zu ihrer Unterstützung mit frischen Truppen. Da der rechte Flügel der nächste ist, muß er sie liefern, und von der übrigen Armee lasse ich durch eine halbe Wendung nach rechts die ihm entnommenen Truppen ersetzen.

<162>

14 Plan eines Angriffs auf die linke Flanke des Feindes

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21. Kapitel Angriffe auf Verschanzungen

Diese Angriffe müssen nach denselben Grundsätzen erfolgen wie die vorhergehenden, nämlich: Anlage starker Batterien, die die Verschanzung unter Flankenfeuer nehmen und den Angriff durch starke Beschießung vorbereiten; Anordnung der Angriffstruppen etwa so, wie beim Angriff auf feste Stellungen; Aufstellung der Armee in solcher Entfernung von der Verschanzung, daß sie nicht unter dem Kartätschfeuer leidet.

Beim Angriff selbst muß eine Abteilung Faschinen tragen, um den Graben auszufüllen. Sobald Ihr in die Verschanzung eingedrungen seid, müßt Ihr Euch darin festsetzen, und die Infanterie darf nicht weiter vorrücken. Die Arbeiter müssen Öffnungen in der Verschanzung herstellen, damit die Kavallerie durch sie eindringen und den Sieg vollenden kann. Drängt Ihr dagegen zu hitzig nach, so kann es geschehen, daß Eure Infanterie, die beim Erstürmen der Verschanzung in Unordnung geraten ist, von der feindlichen Kavallerie, die sie in guter Ordnung erwartet, geworfen oder niedergemacht wird.

22. Kapitel Die Vorzüge meiner Angriffsmethode vor den andren

Wie Ihr gewiß schon bemerkt habt, befolge ich bei allen Angriffen beständig den Grundsatz, dem Feind einen Flügel zu versagen und ihn nur mit einem Teil der Armee anzugreifen163-1. Diese dient den Angriffstruppen als Rückhalt und soll nur nach und nach eingesetzt werden, je nachdem der Erfolg oder die Wahrscheinlichkeit des Gelingens dafür spricht. Diese Art des Angriffs gibt mir den Vorteil, daß ich nur so viel aufs Spiel setze, als mir gutdünkt. Sobald ich bei meinem Unternehmen äußere oder moralische Hindernisse bemerke, sieht es mir frei, darauf zu verzichten. Dann lasse ich meine Angriffskolonnen auf die Treffen zurückgehen und die ganze Armee stets unter dem Schutze der Artillerie außer Schußweite des Feindes rücken. Der Flügel, der dem Feinde am nächsten gestanden hat, setzt sich hinter den andern, den ich versagt hatte. So wird der versagte Flügel mein Rückhalt und deckt mich, falls ich geschlagen werde. Schlage ich also den Feind, so wird mein Sieg desto glänzender, und unterliege ich, so ist mein Verlust viel unerheblicher. Siehe Plan 15; er wird Euch das volle Verständnis geben.

<164>

15 Rückzug eines zurückgeworfenen Korps

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Erläuterungen zu Plan 15

Dieser Plan zeigt, wie ein zurückgeworfenes Korps seinen Abzug bewerkstelligen muß. Ich betone jedoch, daß Ihr Euren Rückzug notwendig nach dem Gelände einrichten müßt. Ist A die Höhe und B die Niederung, so muß B zuerst geräumt weiden. Denn verfahrt Ihr anders, so überlaßt Ihr dem Feinde freiwillig den Vorteil des Geländes, und es ist ein unverzeihlicher Fehler, wenn Ihr die Vorteile, die Euch die Natur bietet, unbenutzt laßt. Dann setzt Ihr Euch durch eigene Schuld einer völligen Niederlage aus.

23. Kapitel Die beste Methode, dem Feind einen Flußübergang streitig zu machen

So oft man Stellung hinter einem Flusse nimmt, um den Übergang zu verteidigen, wird man den kürzeren ziehen. Denn der Feind findet durch eine Reihe von Kniffen früher oder später den rechten Augenblick, um Euch seinen Übergang zu verbergen. Ost hängt alles von der Wachsamkeit und Klugheit eines einzigen Offiziers ab, der Patrouille reitet. Zerteilt Ihr Cure Truppen, um die gefährdetesten Stellen des Flusses zu verteidigen, so kommt Ihr in Gefahr, im einzelnen geschlagen zu werden. Behaltet Ihr aber Eure Truppen zusammen, so ist das mindeste, was Euch geschehen kann, daß Ihr hastig zurückgehen müßt, um Euch eine andre Stellung zu suchen. In beiden Fällen habt Ihr das Spiel verloren, da Ihr des Feindes Absicht nicht habt verhindern können.

Darum verwerfe ich die alte Methode, einen Flußübergang zu verteidigen165-1, weil sie von der Erfahrung verurteilt wird. Ich schlage eine andre vor, die einfacher und sicherer ist. Von einem geschickten Heerführer angewandt, erspart sie Euch den Übelstand, vom Feind überrascht zu werden, zu spät Nachricht zu erhalten und vor allem, Eure Aufmerksamkeit teilen zu müssen, was nach meiner Ansicht das schlimmste ist. Ein einfacher Plan, den Ihr im Kopfe habt, muß alle Pläne des Feindes über den Haufen werfen.

Ich schlage also folgendes vor. Die einzige Methode, einen Fluß zu verteidigen, ist, sich davor aufzustellen. Man muß eine gute Verbindung mit dem andren Ufer haben und wenigstens zwei Schiffbrücken schlagen, deren Köpfe gut verschanzt sind. Eine halbe Meile davor bezieht man ein Lager, das so eingerichtet ist, daß der Feind beim Angriff darauf sicher geschlagen wird, auch wenn Eure Armee um ein Drittel schwächer ist als die seine.

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Durch ein solches Lager, sage ich, hindert Ihr den Feind am Flußübergang; denn mag er rechts oder links an Euch vorbeimarschieren, um ihn zu passieren, er muß allemal seine Lebensmittel und Magazine, die er hinter sich hat, preisgeben. Das aber wird er sicher nicht tun. Was bleibt ihm also übrig? Ohne Zweifel wird er versuchen, ein Detachement über den Fluß zu werfen, aber dies Detachement muß im Halbkreis marschieren, um an den Fluß zu gelangen, Ihr hingegen braucht nur ein Detachement in gerader Linie über Eure Schiffbrücken gehen zu lassen und es an die Übergangsstelle des Feindes zu schicken, wo es ihn im einzelnen schlagen kann. Will aber die ganze feindliche Armee rechts oder links von Euch über den Fluß gehen, so fallt Ihr durch eine einfache Bewegung ihr in den Rücken und benutzt die schreckliche Verwirrung, in die der Feind bei Eurem Anmarsch geraten wird. Dieser Plan ist einfach. Er befreit Euch von allen Sorgen und konzentriert alle Eure Gedanken auf denselben Punkt.

24. Kapitel Flußübergänge

Ich will nur die Hauptpunkte dieses Kapitels berühren. Wollt Ihr über einen Fluß gehen, so besetzt die Anhöhen, die das andre Ufer beherrschen, und laßt dort 500 bis 600 Schritt rechts und links von der Stelle des Brückenschlags Batterien errichten. Die Avantgarde deckt den Brückenbau und nimmt spanische Reiter mit, hinter denen sie sich aufstellt; denn sie hat keine Zeit, eine gute Verschanzung aufzuwerfen. Die hinübergehenden Truppen lehnen sich stets mit beiden Flügeln an den Fluß an, so lange, bis die ganze Armee ihn überschritten hat.

Die gleichen Regeln gelten für den Rückzug über einen Fluß. Auf dem Ufer, das man verlassen will, legt man eine große Verschanzung an und in derselben Brückenköpfe zur Deckung des Rückzuges. Am andren Ufer, auf das Ihr zurückgehen wollt, müssen Anhöhen ausgesucht und dort Batterien errichtet werden, die den Übergang decken. Unter ihrem Schutz räumt Ihr die große Verschanzung und zieht Euch in die Brückenköpfe zurück, die mit Flatterminen versehen sein müssen, um sie beim Nachdrängen des Feindes auffliegen zu lassen166-1.

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25. Kapitel Taktik und Anlage der Märsche

Zu unterscheiden ist zwischen Märschen in gewisser Entfernung vom Feinde und in der Nähe seiner Armee. Allgemein gilt als Regel, daß man in möglichst vielen Kolonnen marschiert. Bestimmend für ihre Anzahl sind die Straßen, die zu dem neuen Lager führen; denn es hilft Euch nichts, in zehn Kolonnen zu marschieren, wenn Ihr sie auf vier verringern müßt, um Euer Lager zu erreichen. Darum ist es am einfachsten und besten, den Marsch gleich in vier Kolonnen anzutreten.

In flachem Lande muß Eure Avantgarde vorwiegend aus Kavallerie bestehen. Dagegen reichen in waldigen und gebirgigen Gegenden 20 Husaren, viel leichte Infanterie und zu deren Unterstützung reguläre Infanterie hin. Marschiert Ihr in der Ebene, so müßt Ihr rechts und links von den Infanteriekolonnen Kavallerie haben, die das Gelände rekognosziert, damit Eure Infanterie nicht unversehens überfallen wird. Marschiert Ihr durch buschreiche Gegenden, so deckt Ihr Eure Flanken mit detachierter Infanterie und vermeidet tunlichst die Dörfer, besonders wegen der Kavallerie, die sich darin nicht wehren kann. Ist die Armee stark, so nimmt man die Reserve zur Deckung der dem Feinde zugekehrten Flanke.

Marschiert Ihr in der Nähe des Feindes, so traut ihm beständig zu, er wolle Euch auf dem Marsche angreifen, und seid auf alles gefaßt. Gebraucht die Vorsicht, mit Eurer Avantgarde und Reserve die Anhöhen, Berge und Gehölze zu besetzen, hinter denen Eure Truppen marschieren, damit Ihr für jeden Fall im Besitz des günstigsten Geländes seid. Will der Feind Euch dann angreifen, so kann Eure Armee sich sogleich formieren, ja seinen Unternehmungen mit Kühnheit und Vorteil entgegentreten.

Führt Euer Marsch durch große Wälder, so muß die Kavallerie von der Infanterie gedeckt werden, und zwar folgendermaßen. Man besetzt den Wald mit Infanterie und leichten Truppen, um den Weg auf der Seite des Feindes zu decken, und läßt die Schwadronen, mit Infanteriebataillonen vermischt, auf diesem Wege marschieren, sodaß sie unter dem Schutze der Infanterie den Wald sicher passieren. Man muß also das Gelände der Marschroute stets vorher studiert haben, die Marschdisposition zu Papier bringen und scharf darauf sehen, daß sie genau ausgeführt wird.

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26. Kapitel Verschiedene Avantgarden

In allen Fällen muß die Avantgarde mit der größten Vorsicht marschieren. Die Husaren müssen zur Aufklärung vorausreiten und ihre Spitze eine halbe Meile vor den Haupttrupp vorausschicken. Sie müssen alle Gehölze, Dörfer, Talgründe, Eng? wege und Anhöhen absuchen, um die Fallen und Hinterhalte, die auf dem Wege gelegt sein können, zu entdecken und des Feindes Stellung, Stärke und Bewegungen auszukundschaften, damit der Heerführer alles, was vorgeht, im voraus erfährt, seine Vorkehrungen danach treffen und je nach den Umständen seine Anordnungen ändern kann. Wer diese Vorsichtsmaßregeln außer acht läßt, kann in einen Hinterhalt tappen oder unvermutet einem überlegenen feindlichen Korps gegenüberstehen, das ihn vernichtet, bevor er sich zurückziehen kann.

Marschiert die Armee nur aus einem Lager ins andre, so muß die Kavallerie den neuen Lagerplatz vom Feinde säubern und die Fourierschützen, die das Lager abstecken, decken. Die Infanterie168-1 kann hinter Hecken, Bäche, in Dörfer, Gehölze usw. gestellt werden. Ist der Feind aber nahe, so muß die Infanterie beisammen bleiben. In bergigen Gegenden muß sie die beherrschenden Kuppen und Rücken der Berge besetzen.

Wird eine Avantgarde vorgeschickt, um sich einer wichtigen Stellung zu bemächtigen, so muß sie diese so schnell wie möglich einnehmen, sich darin, soweit es die Zeit erlaubt, mit spanischen Reitern oder aufgeworfenen Befestigungen verschanzen und ihre Batterien gut in Stellung bringen. Marschiert eine Avantgarde geraden? wegs gegen den Feind, dem man eine Schlacht liefern will, so darf sie nur eine kleine Viertelmeile voraus sein und muß alles, was sie an Kavallerie und leichten Truppen vor sich findet, verjagen, sich aber wohl hüten, mit dem Feind ein ernstes Gefecht anzufangen, bevor die Armee herangerückt ist.

27. Kapitel Rückzug aus einem Lager in der Nähe des Feindes

Wir haben oft in großer Nähe des Feindes gelagert und haben dann unsre Etel? lung verlassen müssen, um uns wo anders hinzuwenden, wo unsre Gegenwart dringender nötig war. Ich halte es daher nicht für unangebracht, die Hauptregeln aufzustellen, von denen man in solchen Fällen nie abweichen darf.

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Lagert Ihr im Gebirge und Eure Vorposten stehen angesichts des Feindes, so müßt Ihr die größte Vorsicht anwenden, um Euer Vorhaben zu verbergen, ja es womöglich selbst Eurer eignen Armee zu verheimlichen, damit Ihr nicht von einem elenden Deserteur verraten werdet. Könnt Ihr dem Feind Eure Bewegungen verbergen — ich meine, daß er das Hin- und Herfahren in Eurem Lager nicht beobachten kann —, so schickt Ihr Eure Bagage um Mittag unter einem annehmbaren Vorwand voraus, z. B. die Wagen sollen Fourage holen, oder es sollen der Ordnung halber nur sowenig Wagen wie möglich im Lager bleiben.

Kann aber der Feind alle Vorgänge in Eurem lager beobachten, so schickt die Bagage in der Nacht vor Eurem Aufbruch voraus, um Euch ihrer zu entledigen, und am Abend vor der Nacht Eures Abmarsches laßt Ihr in der Abenddämmerung Euer ganzes schweres Geschütz abfahren. Denn behaltet Ihr es bei Euch und es stürzen einige Kanonen in den Hohlwegen um, so hält das Eure Kolonnen auf. Schickt Ihr sie dagegen voraus, so mögen immerhin ein paar Kanonen umstürzen oder die Lafetten zerbrechen; es ist immer noch Zeit genug, sie aus den tiefen Gleisen herauszuziehen und die Straße für die Armee freizumachen.

Es kommt darauf an, Euren Marsch so zu beschleunigen, daß der Feind das vorteilhafte Gelände, das Ihr ihm überlaßt, nicht zu einem Angriff benutzen kann. Mithin müßt Ihr von den Anhöhen in so vielen Kolonnen herunterrücken, als Wege vorhanden sind. Nachher könnt Ihr Euch in der Ebene in die Marschordnung setzen, die Ihr Euch vorgenommen habt. Alle Lagerwachen der Kavallerie müssen so lange auf ihren Posten bleiben, bis Eure Armee ganz in die Ebene hinuntergerückt ist. Ja, Ihr sollt auch noch die Wachtfeuer der Infanterie durch Husaren unterhalten und sie<170> „Wer da?“ rufen lassen, als ob die Wachen noch am Fleck ständen. Danach ziehen sich die Kavalleriewachen und Husaren plötzlich auf ein vereinbartes Zeichen im Galopp auf die Armee zurück. Der Feind, der Eure Bewegung erst in diesem Augenblick wahrnimmt, kann Euch jetzt nicht mehr den geringsten Schaden zufügen, und so zieht Ihr Euch geschickt aus der Verlegenheit.

In der Ebene lagern beide Armeen selten so dicht beieinander. Tritt aber der Fall ein, so muß man die gleiche Vorsicht gebrauchen und sich der Bagage entledigen. Habt Ihr ein Defilee hinter Euch, so müßt Ihr ein Korps zu seiner Besetzung vorausschicken. Das schwere Geschütz aber sollt Ihr in der Ebene lieber bei Euch behalten, ob Ihr nun am Tage oder bei Nacht abmarschiert. Da alles im voraus geregelt ist, kann daraus kein Schade erwachsen; denn der Feind ist sehr in Verlegenheit, wie er Euch angreifen soll, da er ja Eure Disposition nicht kennt.

Wollt Ihr alle Nachhutgefechte vermeiden, so räumt Euer Lager möglichst geschwind, marschiert in so viel Kolonnen ab, als Ihr könnt, auch wenn Ihr diese Kolonnen nachher verringern müßt, falls die Anzahl der Straßen nicht für alle ausreicht. Im übrigen gilt dasselbe, was ich vom Rückzug aus Lagern im Gebirge gesagt habe. Man läßt die Husaren zurück, um die Wachtfeuer zu unterhalten und „Wer da?“ zu rufen. Sie müssen dann aber schleunigst der Armee nachfolgen, damit der Feind ihnen nichts anhaben kann. Hätte König Wilhelm III. sein Lager bei Senef des Nachts verlassen, so wäre seine Nachhut nicht von Conde geschlagen worden170-1.

Eine wichtige Vorsicht ist auch die vorherige gründliche Rekognoszierung der Straßen, wenn möglich durch die Generale selbst, die die Kolonnen führen sollen. Dadurch beugt man nach Kräften aller Unordnung vor, der gewöhnlichen Begleiterscheinung der Nachtmärsche.

28. Kapitel Verschiedene Arrieregarden

Es gibt verschiedene Arrieregarden: 1. zur Deckung der Queue der Armee auf dem Marsche von einem Lager ins andre, 2. zur Bedeckung der Bagage, z. zur Deckung geschlagener Armeen und zur Erleichterung ihres Rückzuges.

1. Die erste Art wird vom Feind angegriffen, wenn er Euren Marsch verzögern oder eine Stellung vor Euch erreichen möchte. Solche Kämpfe sind oft sehr erbittert<171> und gleichen kleinen Schlachten. Man muß sie nach Möglichkeit vermeiden; denn es ist nichts dabei zu gewinnen, aber viel zu verlieren. Um sich in Sicherheit zurückzuziehen, müssen die Straßen, die man einschlagen will, mit Truppen besetzt sein, damit die vom Feinde bedrängte Arrieregarde unter ihrem Schutze zurückgehen kann. Diese Truppen werden auf Anhöhen gestellt, in Dörfer gelegt, am Waldrand oder hinter Defileen postiert. Unter ihrem Schutze können sich die letzten Truppen der Arrieregarde zurückziehen. Eure Batterien halten den Feind ab und gestatten Euch, den Marsch, wenn auch langsam, fortzusetzen. Wird die Arrieregarde zu sehr gedrängt, so benachrichtigt sie die Armee, die dann Halt macht und ihr Hilfe schickt.

Ich habe dem hitzig nachdrängenden Feinde öfters Hinterhalte gelegt und bin damit gut gefahren. Ich stellte einige Bataillone mit Kavallerie hinter Waldstücke. Die feindlichen Husaren wurden kräftig zurückgeschlagen und waren seitdem so vorsichtig, daß sie sich jedem Busch zu nähern fürchteten. Das geschah 1758 auf dem Marsche von Königgrätz nach Wisoka171-1.

2. Arrieregarden zur Deckung der Bagage sind die allerschwierigsten; denn die Truppen haben einen langen Wagenzug zu verteidigen. Verteilt man seine Bataillone in kleinen Trupps längs der ganzen Reihe, so ist man überall schwach. Hält man seine Truppen aber zusammen, so wird nichts gedeckt. Was soll man also tun? Das beste ist, wenn man den Wagenzug mit einer Viertelmeile Abstand auf der Seite des Feindes deckt und nur kleine Trupps bei der Avant- und Arrieregarde und zum Antreiben der Trainknechte läßt. Dann wird der Feind sich mehr als einmal besinnen, Euch anzugreifen. Macht er doch Miene dazu, so laßt Ihr die Wagen gleich auffahren. Beim Marsch in durchschnittenem Gelände müßt Ihr die Gegend durch Patrouillen gut abstreifen und alle Defileen besetzen lassen. Dann können Eure Wagen ganz sicher hindurchfahren. Laßt die ersten, wenn sie hindurch sind, gleich auffahren, bis die letzten passiert sind.

3. Zu Arrieregarden, die den Rückzug einer geschlagenen Armee decken, müßt Ihr die frischesten Truppen nehmen und sie hinter das nächste Defilee stellen, auf Anhöhen, in Dörfer, Gehölze, auf Dämme, bei Brücken oder was den Feind sonst aufhalten kann. Dort haben sie starke Batterien zu errichten. Die zurückflutende Infanterie ist nach Möglichkeit durch Kavallerie zu decken, und die auseinandergesprengten Truppen sind dahinter wieder zu sammeln. In solchen Fällen gilt es, standhafte Haltung zu zeigen171-2. Die guten Anordnungen des Arrieregardenführers können einen großen Teil des Heeres retten und somit Euren Verlust verringern.

<172>

29. Kapitel Angriff auf Arrieregarden

Grundregel: Prüft das Gelände genau. Der Feind marschiert weg, und folglich verändert es sich immerfort. Sucht Euch also auf seiner Marschlinie den Fleck aus, der Euch am günstigsten ist: wenn der Feind sich in einem Talgrunde, einem Hohlweg, einer Bergschlucht befindet oder durch Defileen zieht. Dann müßt Ihr ihn möglichst umzingeln, sein Korps von allen Seiten umfassen, keinen Fleck unbenutzt lassen, wo Ihr Batterien aufstellen könnt, und ihn fortwährend mit Eurer Kavallerie belästigen, um seinen Marfch zu verzögern und Eurer Infanterie Zeit zum herankommen zu verschaffen. Ist der Feind dann in einem für ihn nachteiligen Gelände, so müßt Ihr ihn herzhast angreifen, Euch die Vorteile des Geländes sichern und überall, wo Ihr nur könnt, ungestüm über ihn herfallen.

Beim Angriff auf einen Transportzug ist es am vorteilhaftesten, die Spitze in einem Defilee anzugreifen, um sie in Unordnung zu bringen, und mit aller Macht über die Queue herzufallen. Dann werden gewiß viele Wagen verloren gehen. Sind es nur Fouragewagen, so spannt man die Pferde aus und wirst die Wagen um. Es ist allemal ein Verlust für den Feind, und die Pferde kann man sicher, die Wagen aber nicht so leicht fortschaffen.

Greift Ihr die Arrieregarde einer geschlagenen Armee an, so richtet Euch nach dem Gelände. Ist sie in guter Stellung, so müßt Ihr sie ungeschoren lassen. Ist sie aber im Abmarsch, so umzingelt sie von allen Seiten und greift sie mit größtem Ungestüm an. Wird die Arrieregarde geworfen, so könnt Ihr von der geschlagenen Armee so viel Gefangene machen, als Ihr Euch die Mühe gebt.

30. Kapitel Grüne und trockne Fourage

Sobald man sich auch nur wenig von seiner Grenze entfernt, kann man für die Kavallerie keine Magazine mitführen. Man muß die Fourage also aus dem feindlichen Land nehmen, in dem man sich befindet. Grünfutter nimmt man von den Feldern, trocknes Futter nach der Ernte aus den Dörfern. Da der Feind sich solchen Fouragierungen oft widersetzt und es dabei bisweilen zu heftigen Kämpfen kommt, so müssen den Generalen die Hauptregeln vorgeschrieben werden, die sie beständig vor Augen haben sollen, wenn sie zu Fouragierungen kommandiert werden.

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In den Jahren 1744 und 1745 hatten wir zur Bedeckung der Fourageure oft Korps von 10 000 Mann. Erlaubt es das Gelände und ist die Bedeckung stark genug, so rückt man in zwei Kolonnen zum Fouragieren. Eine Vorhut von Infanterie und Kavallerie marschiert voraus. Dann kommt das Gros der Infanterie und Kavallerie, dann die Fourageure, die sämtlich bewaffnet sein müssen, dann die Pferde der Artillerie, der Proviantwagen und die Park- und Zugpferde der Infanterie, schließlich die Nachhut der Bedeckung, die wieder aus Infanterie und Kavallerie besieht. Auf die beiden Flanken der Marschkolonne werden Kavallerietrupps verteilt, die den Flankenschutz übernehmen und kleine Seitenpatrouillen ausschicken.

An der Stelle angelangt, wo die Fouragierung stattfinden soll, trifft man seine Dispositionen zur bestmöglichen Verteidigung des Platzes. Man schont das noch auf dem Felde stehende Getreide nach Möglichkeit, damit es nicht ohne Not verdorben wird, und schlägt deshalb auch nur einen einzigen Weg ein, um die Saat nicht zu verwüsten. Rings um den Platz zieht man eine schwache Kavalleriekette, die von drei bis vier starken Reserven unterstützt wird. Ein noch stärkeres Korps Kavallerie behält sich der General als Reserve vor, um mit ihm nach der Stelle zu rücken, gegen die der Feind seinen Hauptangriff richtet. Die Infanterie wird hinter Hecken, Bächen, am Rand eines Gehölzes oder eines Dorfes aufgestellt. Auch von ihr behält der General eine Reserve zurück, um für alle Eventualitäten gerüstet zu sein.

Danach werden die Felder auf die verschiedenen Korps verteilt, die Fourage holen sollen, und man läßt die Fourageure an die Arbeit gehen. Ist alles fertig und aufgeladen, so werden die Fourageure mit leichter Bedeckung vorausgeschickt. Dann wird die Infanterie, hiernach die Kavallerie zusammengezogen, und beide bilden die Nachhut der Fourageure.

Leichter ist die Beitreibung von trockner Fourage. Die Marschordnung bleibt die gleiche. Sobald man an das Dorf kommt, das ausfouragiert werden soll, stellt man einige Kavallerieabteilungen im Umkreis auf und postiert die Infanterie hinter den Hecken des Dorfes. Dann verteilt man die Scheunen auf die verschiedenen Korps, und jedes lädt so viel auf, als es braucht. Reicht ein Dorf nicht aus, so müßt Ihr, wenn es rein ausfouragiert ist, das gleiche Spiel beim nächsten Dorfe wiederholen. Nie aber darf an zwei Orten zugleich fouragiert werden; denn durch die Teilung der Truppen schwächt Ihr Euch. Dagegen bleibt Ihr stets stark genug, wenn Ihr ein Dorf nach dem andren vornehmt. Für den Rückzug gilt das gleiche wie bei der grünen Fourage.

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31. Kapitel Reservelager, die der Heerführer im voraus rekognosziert haben soll

Sobald man dicht am Feinde lagert oder seiner Stellung nahe steht, wird ein verständiger Heerführer vorsichtshalber in der Umgegend ein paar Stellungen aussuchen lassen, um für den Fall, daß ihm ein Unglück zustößt, Reservelager zu haben. Wird er geschlagen, so weiß er gleich, wohin er sich zurückziehen soll. Es ist ein sicherer Grundsatz: je kürzer Euer Rückzug ist, um so mehr gewinnt Ihr dabei. Ihr könnt Eure zersprengten Truppen desto schneller sammeln, und der Feind macht nicht soviel Gefangene, als wenn Euer Rückzug sehr lange währt. Außerdem könnt Ihr bequem noch eine große Zahl Eurer Verwundeten retten. Die standhafte Haltung, die Ihr bei einem so kurzen Rückzuge zeigt, imponiert dem Sieger. Er sieht, daß Ihr den Mut nicht verloren habt und nicht ohne Hilfsmittel seid. Dieser Entschluß ist nicht allein der ehrenvollste und rühmlichste, sondern auch der sicherste; denn der Feind setzt sich, so glänzend sein Sieg auch sei, nach einer gewonnenen Schlacht nie gern so schnell neuen Gefahren aus. Ich habe oft Erfolge über meine Feinde errungen und stets gefunden, daß es schwer war, die Truppen von neuem ins Feuer zu führen. Sie sind des Kämpfens müde und davon abgeschreckt. Man muß wenigstens ein paar Tage Pause machen, bevor man sie neuer Gefahr aussetzt, und das reicht hin, um Euch in der eingenommenen Stellung gut zu verschanzen.

32. Kapitel Wann man den Feind verfolgen und wann man ihm goldene Brücken bauen soll

Schlagt Ihr den Feind in einem ebenen Lande, so müßt Ihr ihn mit aller möglichen Energie verfolgen und nicht eher ruhen, als bis Eure Kavallerie die feindliche gänzlich zerstreut hat. Belästigt den Feind fortwährend und laßt ihm keine Ruhe, so werdet Ihr nach wenigen Tagen den größten Teil seiner Infanterie vernichtet haben, wozu dann noch der Verlust seiner ganzen Bagage kommt. Isi aber der Kriegsschauplatz in einem bergigen Lande, wo Eure Kavallerie fast unnütz wird, so könnt Ihr den geschlagenen Feind nicht weit verfolgen; denn er läuft in seiner Unordnung<175> rasch, während Ihr ihm nur in Ordnung und somit nur langsam folgen könnt. Dadurch gewinnt er Zeit, irgend ein Defilee zu besetzen, um seinen Rückzug zu decken. Wirft er sich in Gebirgspässe, so hütet Euch, ihm auf dem Fuße zu folgen; denn man darf sich nie in Defileen wagen, ohne Herr der beiderseitigen Höhen zu sein. Sonst läuft man Gefahr, in irgend einem Talgrunde von dem Feinde, der die Höhen besetzt hat, völlig geschlagen zu werden.

33. Kapitel Der rechte Gebrauch der Kürassiere und Dragoner

Ich habe öfters mit Sorge und Verdruß bemerkt, daß unsre Infanteriegenerale sich sehr wenig um den Kavalleriedienst kümmern. Haben sie dann Kavallerie unter sich, so verlangen sie von ihr bisweilen Unausführbares, brauchen sie aber oft nicht zu dem, wozu sie berufen ist. Das veranlaßt mich, ihnen hier einen deutlichen Begriff von der Kavallerie zu geben, damit sie die Grundsätze und den Geist dieser Waffe kennen und künftig wissen, wie man sie verwenden muß.

Ebenen sind das rechte Feld für die Kavallerie. Alle ihre Bewegungen sollen rasch, ihre Ausführung schnell und ihre Attacken im Augenblick entscheidend sein. Darum muß die Kavallerie in flachem Lande den Hauptteil der Avant- und Arrieregarde bilden. In ebenem Gelände muß sie die Kette der Lagerwachen bilden, die von einer Kette von Husaren gedeckt wird. Man sucht die Wachen in Mulden oder hinter kleinen Gehölzen zu verbergen, damit der Feind weder ihre Stärke zählen noch sie durch einen Handstreich aufheben kann.

Ihr dürft die Kavallerie aber nie in morastigem Gelände verwenden; denn dort käme sie nicht weiter und bliebe im Sumpfe stecken. Ebensowenig in großen Wäl<176>dern, wo sie nicht fechten könnte. Auch in einem von tiefen Hohlwegen durchschnittenen Gelände dürft Ihr sie nicht attackieren lassen. Sie darf sich den Wäldern und Dörfern nicht nähern, aus denen sie von der Infanterie beschossen werden könnte. Vor allem aber laßt sie nie angesichts des Feindes durch Defileen gehen, in denen sie sicher ge-schlagen würde, wenn sie beim Passieren nicht durch Infanterie- und Artilleriefeuer gedeckt wird. Garnicht fechten kann die Kavallerie in felsigen und steilen Gebirgen. Ihre Attacken erfolgen in der Karriere, dazu aber muß das Gelände eben sein.

Da sich in den jetzigen Kriegen alles um Artillerie- und Stellungskämpfe dreht176-1, so müßt Ihr sehr darauf achten, daß Eure Kavallerie diesem verheerenden Feuer nicht unnötig ausgesetzt wird. Es würde sie vernichten, ohne daß sie Gelegenheit zur Gegenwehr hätte. Man muß also Mulden im Gelände aussuchen, wo sie vor dem Artilleriefeuer geschützt ist und frisch und unversehrt bis zu dem Augenblick bleibt, wo die Reihe an sie kommt. Dieser Moment tritt ein, wenn das feindliche Geschützfeuer nachläßt und die Infanterie schon geschossen hat. Hat Eure Infanterie dann die Schlacht noch nicht entschieden und der Feind steht nicht auf zu stellen Höhen, so laßt Eure Kavallerie, wie bei Zorndorf und Torgau, in Kolonnen gegen die feindliche Infanterie verbrechen176-2, und sie wird den Sieg erringen.

In der Ebene stellt man, wenn möglich, einige Infanteriebataillone auf die äußersten Kavalleriefiügel. Wird dann Eure Kavallerie auch geworfen, so kann sie sich im Schutze des Artillerie- und Gewehrfeuers wieder sammeln und den Feind von neuem angreifen. Auch in einer festen Stellung müßt Ihr Eure Kavallerie vor dem Geschützfeuer des Angreifers decken und sie nur zur völligen Vernichtung der Angriffstruppen verwenden, die durch Euer Kartätschfeuer schon halb aufgerieben sind, sowie zur Verfolgung des geworfenen Feindes. Überhaupt soll sie, soweit das Gelände es erlaubt, stets möglichst unter dem Schutz Eurer Artillerie stehen. Auch Infanterie und Kavallerie sollen sich immer gegenseitig unterstützen. Werden diese Maßnahmen richtig getroffen, so sind beide Waffen nahezu unbesieglich.

34. Kapitel Die Husaren

Wir verlangen von unsern Husaren, daß sie in der Schlacht das gleiche leisten wie die Kürassiere und Dragoner. Sie können also ins zweite Treffen oder auf die Flanken der Kavalleriefiügel gestellt werden, um sie zu decken oder den Feind bei<177> der Attacke zu überflügeln und ihm in den Rücken zu fallen. Ist der Feind geschlagen, so verfolgen sie ihn, und die schwere Kavallerie folgt zu ihrer Unterstützung. Bei Attacken auf Infanterie ziehe ich jedoch die Kürassiere vor, weil diese sich auf ihre Kürasse verlassen.

Sobald man Husaren detachiert und sie einen weiten Ritt zu machen haben, muß man einige Defileen besetzen, die sie bei ihrem Rückzug zu passieren haben. Dazu nimmt man Dragoner nebst einigen Feldstücken. Der Zweck ist, ihnen den Rücken frei zu halten, damit sie beim Rückzuge nicht in Gefahr kommen, vom Feind aufgerieben zu werden. Die Dragoner können absitzen und den Rückzug durch Karabinerfeuer decken.

Man kann mit Husaren Städte wegnehmen, wenn sie nicht von regulärer Infanterie verteidigt sind. Derart nahmen wir Pegau177-1. Ein Damm führte zum Stadttor, auf dessen Turm der Feind einige Truppen zur Verteidigung gestellt hatte. Man ließ 50 Husaren absitzen und das Stadttor mit Balken einstoßen. Unterdessen hielt das Regiment außer Flintenschußweite zu Pferde. Sobald das Tor erbrochen war, drang das Regiment in Karriere in die Stadt ein und nahm alles, was vom Feinde darin war, gefangen. Im selben Jahre (1757) nahmen wir auf die gleiche Weise Neumarkt177-2, das der Feind mit zwei Pandurenbataillonen besetzt hatte. Die Zietenhusaren, die die Stadt umgangen hatten, griffen sie an, als sie sich durch ein andres Stadttor retten wollten, und nahmen sie sämtlich gefangen, während andre Truppen in der Art wie bei Pegau das Parchwitzer Tor stürmten.

Vor allem sind die Husaren zum Nachrichtendienst bestimmt. Sie müssen die geringsten Bewegungen der feindlichen Armee melden. Sie streifen immerfort im<178> Felde umher, können sich in den Rücken des Feindes schleichen und Meldung bringen, was dort geschieht. In Feindesland erhält man durch sie binnen kurzem Kenntnis der Straßen und der Gegend. Sie sind Eure Ohren und Augen.

35. Kapitel Die Freibataillone

Großen Nutzen kann die leichte Infanterie bieten, obwohl die, die wir uns beschaffen können178-1, nicht so hervorragend ist; denn hastig ausgehobene neue Truppen können nicht viel leisten. Wie sie aber auch sein mögen, bei rechtem Gebrauch werden sie doch nützlich. Beim Angriff bilden sie das Vortreffen, wie Ihr aus meinen Plänen erseht. Sie müssen dreist auf den Feind losgehen, um sein Feuer auf sich zu lenken und einige Verwirrung unter den feindlichen Truppen anzurichten. Das erleichtert die Arbeit des zweiten Angriffstreffens, das geschlossen und in guter Ordnung vorrückt. Jedenfalls aber muß man angreifenden Freibataillonen stets reguläre Infanterie nachfolgen lassen, die sie durch die Furcht vor ihren Bajonetten zu kräftigem und nachdrücklichem Vorgehen anspornt.

Bei Gefechten in der Ebene müssen die Freibataillone an das äußerste Ende des dem Feinde versagten Flügels gestellt werden, wo sie die Bagage decken können. Von größtem Nutzen aber sind sie in durchschnittenem Gelände, wo man sie vor der Front und den Flanken der Armee eine Kette bilden läßt, wobei sie sich hinter Bächen aufstellen oder Dörfer oder Waldränder besetzen. Jedenfalls sichern sie Euch vor allen Überfällen; denn der Feind kann Euch nicht eher angreifen, als bis er sie verjagt hat. Inzwischen habt Ihr Zeit genug, Euch in Schlachtordnung aufzustellen.

Lagert Ihr in einer buschreichen Gegend oder in schwierigem Berggelände, so übernehmen die Freibataillone die Patrouillen. Auch könnt Ihr sie in solchen Gegenden zu allen Unternehmungen benutzen, die auf einen Überfall abzielen. Sie leisten dann die gleichen Dienste wie die Husaren in der Ebene. Indes dürft Ihr ihnen nie wichtige Stellungen oder solche anvertrauen, die gehalten weiden sollen; denn ihnen fehlt die Widerstandskraft. Überhaupt würde man sich sehr verrechnen, wenn man so unklug wäre, sie zu Dingen zu gebrauchen, auf die sie sich nicht verstehen.

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36. Kapitel Die Feldartillerie

Da die Artillerie ein so wichtiger Faktor im Kriege geworden ist, kann ich nicht umhin, ein paar Worte darüber zu sagen, damit jeder General, der sie unter seinem Kommando hat, insbesondere bei den Detachements, weiß, wie er sie mit Vorteil gebrauchen kann.

Es ist bei uns Grundsatz, daß jedes Bataillon des ersten Treffens mit 2 sechspfündigen Kanonen und 1 siebenpfündigen Haubitze versehen ist. Das zweite Treffen hat nur 2 dreipfündige Kanonen. Jede Brigade bekommt eine Batterie von 10 Zwölfpfündern. Die größten Kanonen, die eigentlichen Batteriestücke, werden auf die Flügel beider Treffen verteilt. Außerdem erhält jede Armee noch eine Batterie von 40 zehnpfündigen Haubitzen. Diese allgemeine Verteilung bezweckt, daß man im Bedarfsfall Kanonen jedes Kalibers bei der Hand hat, sodaß man sie nach Gutdünken verwenden und je nach den Umständen aufstellen kann.

Aus den voraufgeschickten Plänen werdet Ihr ersehen haben, wie man diese Batterien anordnet, um Angriffe in der Ebene oder auf Anhöhen und Dörfer zu unterstützen. Die Artillerieoffiziere mögen sich hierbei gesagt sein lassen, daß es nicht allein auf vieles und schnelles Schießen ankommt, sondern auch auf gutes Zielen und richtige Feuerleitung. Sie müssen ihr Feuer auf den Angriffspunkt konzentrieren und die feindlichen Batterien, die auf unsre Truppen schießen, nach Möglichkeit zum Schweigen bringen; denn der Infanterist kann während des Vorrückens nicht schießen und würde vom feindlichen Feuer vernichtet werden, wenn unsre Batterien ihn nicht unterstützten. Hat der Feind eine Anhöhe besetzt, so muß man andre Höhen suchen, auf denen man Batterien errichtet. Sind keine vorhanden, so bedient man sich der Haubitzen und stellt sie derart auf, daß sie den Angriffspunkt der feindlichen Stellung unter Kreuzfeuer nehmen. Das ist das einzige Mittel, ein so schwieriges Unternehmen mit Erfolg durchzuführen. Könnt Ihr aber weder Kanonen noch Haubitzen verwenden, so laßt von Eurem Vorhaben ab und sinnt auf andre Mittel, den Feind aus seiner Stellung zu vertreiben.

Die Artillerie leistet also beim Angriff auf eine feste Stellung wichtige Dienste, aber noch wichtiger wird sie bei der Verteidigung. Eine gut gewählte Stellung muß den Angreifer nicht nur des Gebrauchs seiner Kavallerie, sondern auch seiner Artillerie, ja sozusagen selbst seiner Infanterie berauben179-1. Denn die Kavallerie kann eine so heftige Kanonade nicht aushalten und würde sie doch auf sich ziehen, wenn sie der Stellung zu nahe käme. Die Anhöhe, auf der Ihr sieht, vereitelt sein Artilleriefeuer; denn bergauf kann man nicht schießen, und die feindliche Infanterie, die während<180> des Angriffs nicht feuern darf, rückt gegen Euch an, als wäre sie nur mit Knüppeln bewaffnet. Um alle diese Vorteile zu erlangen, müßt Ihr die Hauptangriffspunkte Eurer Stellung mit Kanonen spicken, Eure Batterien müssen das Gelände unter Kreuzfeuer nehmen können, die Kanoniere gut zielen und alle Entfernungen kennen. Ferner müssen sie zur rechten Zeit mit Kartätschen schießen und die Kugeln der Sechspfünder gut rikoschettieren lassen. Auch müssen die Kanoniere rechtzeitig Bescheid erhalten, wenn Ihr Eure Kavallerie vorbrechen lassen wollt.

Beim Rückzuge aus einer Stellung muß das schwere Geschütz allemal zuerst weggeschickt werden. Ist der Abhang sehr steil, so müssen auch die Feldstücke vorausgehen; sonst kann es geschehen, daß sie beim herunterfahren umwerfen und verloren gehen, was eine Schande für die Truppen ist. Wird Eure Armee geschlagen, so müßt Ihr zunächst daran denken, das Geschütz zu retten, soweit es noch möglich ist. Zugleich muß man sich bemühen, dem Korps, das den Rückzug deckt, und der ersten Stellung, wo sich die Truppen wieder sammeln sollen, so schnell wie möglich einige Batterien zuzuschicken. Ferner sollen die Artillerieoffiziere besonders dafür sorgen, daß sie in allen Stellungen außer der gewöhnlichen Munition noch Reservemunition vorrätig haben. Bei jeder Brigade muß welche vorhanden sein, damit man nicht geschlagen wird, nur weil Pulver und Kugeln ausgehen; denn das kann bei einem sehr hartnäckigen Gefecht vorkommen.

Von der leichten Artillerie sage ich hier nichts, weil ihre Offiziere wissen, welchen Dienst man von ihnen erwartet. Auch sind sie vollauf imstande, alles mögliche, was von ihnen verlangt wird, auszuführen.

37. Kapitel Was ein Detachementsführer zu beachten hat

Ein guter Detachementsführer gibt augenscheinliche Beweise seiner Talente und seiner Geschicklichkeit. Das ist der Weg zu den obersten Kommandostellen; denn er hat sich im kleinen mit den Grundsätzen und Regeln vertraut gemacht, die auch der Führung der größten Armeen zugrunde liegen. Er muß notwendig besonnen und zugleich unternehmend sein, d. h. dem Feinde so viel Schaden wie möglich tun, nachdem er sein Projekt gründlich überlegt und es geschickt disponiert hat. Er muß alle Vorteile und Nachteile des Geländes kennen, um jene zu benutzen und diese zu vermeiden. Überdies soll er die Gegend gut studiert haben, alle Straßen und Stellungen kennen, die er im Bedarfsfall gebrauchen kann, und mehr als eine Straße<181> wissen, auf der er sich zurückziehen kann, wenn ihn die Überlegenheit des Feindes dazu zwingt. Er muß Übung darin besitzen, seine und des Feindes Stellung richtig zu beurteilen, um sich geschickt zu verteidigen und den Feind unter möglichster Wahrung seines eignen Vorteils anzugreifen. Immerfort muß er auf neue Unternehmungen sinnen; denn das einzige Mittel, den Feind in Schach zu halten, besteht darin, ihn möglichst viel zu beschäftigen.

Jedes Lager, das er bezieht, soll er als Schlachtfeld ansehen; denn er kann von heut auf morgen angegriffen werden. Er muß eine gute Verteidigungsdisposition entwerfen und vor allem auch ihren Sinn und Inhalt den ihm unterstellten Offizieren genau erklären. Ferner muß er sowohl rechts und links wie auch im Rücken seiner Stellung Orte kennen, die er hat rekognoszieren lassen und die er zum Lager wählen kann, wenn er sich durch triftige Gründe zum Verlassen seiner Stellung genötigt sieht. Die Taktik muß ihm so vertraut sein, daß er alle Märsche nach den taktischen Regeln anlegen kann. Vor allem muß er an seine Nachhut denken, die bei der Art seiner Bewegungen stets einem Angriff ausgesetzt ist. Er muß dem Feinde ständig mißtrauen und bei allem, was dieser unternehmen kann, stets das Schlimmste voraussetzen, um sich dagegen zu sichern. Er muß streng auf Disziplin halten, damit seine Befehle gut ausgeführt werden, und die Offiziere zur größten Pflichttreue im Dienst und zu derselben Wachsamkeit anhalten, die er selbst übt. Namentlich aber muß er sich vor Überfällen hüten und durch geeignete Maßnahmen Vorsorge gegen die schlimmen Streiche treffen, die man ihm im Schutze der Nacht und der Dunkelheit zufügen könnte.

Bei den Detachements sind Patrouillen und Streifkorps am allernötigsten. Sie sind gleichsam die Ohren und Augen des Führers. Verläßt das Detachement die Armee zur Besetzung eines Defilees, das diese passieren will, so muß der Detachementsführer sich dort verschanzen und den Platz halten. Soll er hingegen den Feind beobachten, so kommt es nicht so sehr auf den Ott an, wo er sieht, sondern auf die Beobachtung selbst. Ist er in die Flanke des Feindes detachiert, um ihn zu beunruhigen, so muß er wachsam sein, um nicht von der Überzahl erdrückt zu werden. Wird er in den Rücken des Feindes geschickt, findet aber keine völlig unangreifbare Stellung, so muß er sie oft wechseln; denn bleibt er dort stehen, so läuft er Gefahr, von überlegenen Kräften selbst im Rücken gefaßt und vernichtet zu werden. Bei diesen gefährlichen Unternehmungen ist nichts so nützlich wie genaue Kenntnis der Wege. Ein geschickter Führer rettet sein Detachement und entzieht es der Verfolgung, indem er sich in eine durchschnittene Gegend wirft, sich durch Dörfer, Moräste, Bäche und Wälder deckt. Wie groß der Umweg auch sei, den er dabei macht, er bedeckt sich doch mit Ruhm durch seine Standhaftigkeit und die Kunst, die er bei seinem Rückzuge bewiesen hat.

Schon viele Truppen sind durch die Unentschlossenheit ihrer Führer verloren gegangen, die nicht wußten, wie sie sich helfen und wozu sie sich entscheiden sollten.<182> Vollends ist alles verloren, wenn der Führer selbst den Kopf verliert. So geschah es General Finck bei Maxen182-1. Seine Unentschlossenheit und seine schlechten Anordnungen führten den Verlust des ganzen Korps herbei. Denn wo hat man je gesehen, daß Husaren auf einen Berg gestellt wurden, um ihn zu verteidigen? Allein, wird man fragen, was soll man tun, wenn man detachiert worden ist und trotz aller Maßregeln gegen Überfälle doch angegriffen wird? Hierauf antworte ich: Man soll sein Leben so teuer wie möglich verkaufen und dem Feinde durch seinen tapferen Widerstand so viel Verluste beibringen, als das eigne Korps stark ist. Dann ist Eure Ehre gerettet. Aber wer an der Spitze eines Korps kapituliert, ist ein Ehrloser. Entweder hat ihn die Sorge um seine elende Bagage zu dieser Nichtswürdigkeit verleitet, oder nicht minder verabscheuungswürdige Feigheit.

Ich rate allen, die Ruf und Ehre nicht dem Eigennutz, ja dem Leben vorziehen, niemals den Waffenberuf zu ergreifen; denn früher oder später kommt ihre Schwäche doch zum Vorschein und macht sie zum Gegenstand der Verachtung und des Abscheus.

38. Kapitel Der Verteidigungskrieg182-2

Eine wichtige Eigenschaft eines Heerführers ist, für den Feind unerforschlich zu sein und ihm alle geplanten Bewegungen zu verbergen. Das hängt teUs von der Geheimhaltung, teils von der Art ab, wie man seine Pläne einkleidet. Vollends notwendig wird diese Eigenschaft, wenn man ein schwächeres Korps als der Feind kommandiert. Die Franzosen nennen diese Art Verteidigungskrieg standhafte Kriegführung: Fuerre cje cnntenance. Sie besieht darin, daß man gelassen bleibt, dem Feind imponiert und durch allerlei Listen seinen Endzweck zu erreichen weiß, nämlich dem Feind die Stirn zu bieten, ohne geschlagen zu werden. Bewerkstelligt wird das durch Lager, die ein gutes Defilee vor sich haben und in denen man die Truppen perspektivisch lagern läßt, sodaß sie doppelt so stark erscheinen, als sie wirklich sind. Entweder läßt man einige Zelte an einem Waldrand entlang ausschlagen, oder man besetzt ein paar Hügelrücken, läßt aber die Talgründe leer. Von weitem sieht es dann so aus, als ob Ihr weit mehr Truppen hättet, als es tatsächlich der Fall ist. Ferner kann der Feind irregeführt werden durch Märsche, besonders in buschreichem Gelände, wo man ihm verschiedene Kolonnenspitzen zeigt, gleich als wollte man nach einer bestimmten Gegend marschieren, während man in Wirklichkeit anderswo hinrückt. Er<183> läßt sich dadurch täuschen und erwartet Euch an einer Stelle, wohin Ihr gar nicht marschieren wollt. Bei Rückzügen laßt Ihr Eure Lager am Tage vor der Nacht, wo Ihr abmarschieren wollt, befestigen. Bei Arrieregarden macht Ihr Miene, als wolltet Ihr hinter einem Defilee standhalten, verlaßt es dann aber plötzlich, sobald Ihr ein andres hinter Euch besetzt habt.

Kurz, ich fände kein Ende, wollte ich auf jede der verschiedenen Listen eingehen, die der Verteidigungskrieg liefert; einige Proben mögen genügen. Wer diese Art Kriegführung studieren will, findet im vorstehenden Abriß genug, um seine Einbildungskraft zu beleben. Dies Studium ist um so unentbehrlicher, als jeder Detachementsführer davon wenigstens einen rechten Begriff haben soll, und wäre es nur, um sich durch die Scheinmanöver des Feindes nicht irreführen zu lassen. Aber noch besser ist es, man versteht dergleichen selbst auszuführen; denn man hat es oft nötig.

Ich ermahne und bitte also meine Offiziere, sich mit all diesen Ideen vertraut zu machen. Ich habe den Stoff möglichst zusammengedrängt, damit die Grundregeln sich dem Gedächtnis leichter einprägen. Aber man muß sich auch im Gelände üben, Fertigkeit in seiner raschen und richtigen Beurteilung erlangen, stets die Regeln der Taktik vor Augen haben, selber Dispositionen entwerfen und sie nachher auf ihre Zuverlässigkeit prüfen, sei es für Märsche, Avant- und Arrieregarden, Lager, Angriffe und Verteidigungen. Man muß über den Verteidigungskrieg selber nachdenken und sich so im Frieden auf alles vorbereiten, damit man sich im Kriege hervortun kann. Wer seine Zeit derart anwendet, wird die köstlichsten Früchte ernten, sobald die Feindseligkeiten ausbrechen, und die Achtung aller Menschen erringen, ungerechnet die Ehre und den Ruhm, der ihm daraus erwächst.

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Über Kriegsmärsche und was bei ihnen zu beachten ist (1777)184-1

Ihr wollt wissen, welche Grundsätze bei der Anordnung der Kriegsmärsche zu befolgen sind. Da das Thema sehr umfangreich ist, erfordert es eine Unzahl von Einzelheiten, je nach dem Zweck, den man mit dem Marsche verfolgt, nach der Natur des Landes, in dem man Krieg führt, nach der Nähe oder Entfernung des Feindes und nach der Jahreszeit, in der man seine Operationen vornimmt. Es gibt Kantonnementsmärsche, Kolonnenmärsche, Nachtmärsche, Tagesmärsche, Armeebewegungen oder Detachementsbewegungen. Jede dieser Arten verlangt besondere Maßnahmen.

Zur richtigen Anordnung der Märsche ist vor allem eins nötig: möglichst umfassende und genaue Kenntnis des Landes, in dem man operieren will; denn der geschickte Mann, der erfahrene Krieger trifft seine Anordnungen nach dem Gelände. Er muß sich der Örtlichkeit anpassen; denn nie wird sich das Gelände ungeeigneten Dispositionen fügen. Die Geländekenntnis ist also die Grundlage jeder kriegerischen Unternehmung. Ohne sie ist alles ein Spiel des Zufalls.

Um den Gegenstand einigermaßen methodisch zu behandeln, will ich in diesem Aufsatz die gewöhnliche Reihenfolge der Kriegsmärsche innehalten.

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1. Kantonnementsmärsche

Nachdem die Kriegserklärung zwischen den kriegführenden Mächten erfolgt ist, versammelt jede ihre Truppen zu Armeen. Diese Versammlung geschieht durch Kam tonnementsmärsche.

1. Man richtet die Truppen, die aus langer Ruhe kommen, zugrunde, wenn man ihnen von Anfang an zu große Märsche zumutet. An den ersten Tagen dürfen sie höchstens drei deutsche Meilen zurücklegen.

2. Man formiert die Kolonnen aus Truppen verschiedener Provinzen und läßt sie in möglichst breiter Front marschieren, damit jedes Bataillon oder Regiment sein Dorf oder seine Kleinstadt zum Übernachten hat. Man muß wissen, wie groß die Dörfer sind, um danach die Verteilung der Truppen auf die einzelnen Häuser vorzunehmen. Finden die Märsche im Frühjahr oder vor der Ernte statt, so benutzt man zur Unterbringung der Soldaten die Scheunen. Dann kann ein mäßiges Dorf ohne Mühe ein Bataillon fassen. Nach drei Marschtagen ist ein Ruhetag nötig.

3. Sobald man in Feindesland kommt, muß der Heerführer sofort eine Avantgarde bilden, die ein Lager bezieht und der Armee um einen Tagesmarsch vorausrückt, damit er Nachricht von allem erhält, und wenn der Feind schon versammelt ist, Zeit hat, seine Truppen zusammenzuziehen und einzuteilen.

4. Ist man vom Feinde entfernt, so kann man auch weiterhin kantonnieren, muß aber die Truppen enger zusammenlegen und sie treffenweise nach der Ordre de baWille einquartieren. In einer Entfernung von drei Tagemärschen muß man ein regelrechtes Lager beziehen und kriegsmäßig marschieren.

5. Man würde zu viel aufs Spiel setzen, wenn man sich zu weit auseinanderzöge. Der Feind würde diese Fahrlässigkeit benutzen, über Eure Truppen herfallen und Eure Quartiere aufheben. Bei nachdrücklichem Vorgehen könnte er Euch vielleicht im einzelnen schlagen und Euch so gleich zu Beginn des Feldzuges zur schimpflichen Flucht zwingen. Dadurch wäre Eure Sache von vornherein verloren.

2. Was man beim Vormarsch beachten muß

1. Der Heerführer muß einen festen Operationsplan haben. Er wird also einen vorteilhaften Ort bestimmt haben, bis zu dem er vorrücken will, um dort zu lagern. Dazu ist nötig, alle Straßen erkunden zu lassen, um sie den Kolonnen zuzuteilen. Man darf aber nicht mehr Kolonnen bilden, als Straßen nach dem neuen Lager führen. Denn muß eine Kolonne eine Straße verlassen, um sich an eine andre anzuschließen, so ist das kein Zeitgewinn und führt nur zu Verwirrung.

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2. Vor allem wird man die Dörfer umgehen, damit keine Kolonne hindurchzurücken braucht, außer wenn Moräste das Einschlagen eines andren Weges völlig verbieten oder in den Dörfern Brücken sind, die man unbedingt überschreiten muß. In ebenem Lande kann die Armee in 8 Kolonnen marschieren, 2 Kavalleriekolonnen auf den Flügeln und 6 Infanteriekolonnen in der Mitte.

3. Der Armee muß stets eine gute Avantgarde vorausgehen, stärker an Kavallerie in der Ebene, stärker an Infanterie in durchschnittenem Gelände. Die Avantgarde muß vor der Armee einen Vorsprung von einer Viertelmeile haben, um sie über alles zu benachrichtigen und das Gelände, durch das sie marschieren muß, abzusuchen und zu säubern.

4. Die Bagage folgt der Armee, gleichmäßig hinter den 6 Infanteriekolonnen verteilt. Sie wird von der Arrieregarde gedeckt, die den Kavalleriekolonnen folgt und eine Abteilung zurückläßt, die hinter den Fahrzeugen schließt.

Das sind die gewöhnlichen Regeln, die man bei den großen Heeresbewegungen allgemein anwendet.

3. Lager angesichts des Feindes, wenn man rechts oder links abmarschiert ist

Märsche in der Nähe des Feindes sind die schwierigsten und erfordern die meiste Vorsicht. Denn da ein tätiger Feind den Lagerwechsel benutzen kann, muß man Vorsorge treffen, um nicht während des Marsches geschlagen zu werden. Wir wollen zunächst von den Märschen reden, wo man rechts oder links abmarschiert.

1. Bevor man sie unternimmt, muß man Quartiermeister vorausschicken, um Örtlichkeit und Straßen durch kleine Patrouillen erkunden zu lassen, desgleichen das Lager, das man beziehen will, die Zahl der Kolonnen, in denen man marschieren kann, und vor allem die Stellungen, die man unterwegs besetzen könnte, falls der Feind die Armee angreift. Auf Grund dieser genauen Detailkenntnisse ist die Marschdisposition zu treffen.

2. Die große Bagage schickt man im voraus zwei Meilen hinter das Lager zurück, das man beziehen will. Sie muß in so viel Kolonnen marschieren, als das Gelände gestattet.

Nehmen wir also an, man wolle ein Lager nach der linken Flanke hin einnehmen.

3. Dann müssen am Vorabend des Marsches, sobald es dunkel wird, Detache-ments zur Besetzung der wichtigsten Stellen abgehen, die man unterwegs einnehmen könnte, falls man vom Feind angegriffen wird. Diese Abteilungen müssen sich dort regelrecht aufstellen und dürfen erst abrücken, wenn die Armee vorbei<187>marschiert ist. Sie werden daher sämtlich nach rechts vorgeschoben, zwischen den Feind und die Kolonnen. Verläuft alles ruhig, so bilden sie die Arrieregarde.

4. So viel Straßen auch da sein mögen, die Armee marschiert nur in zwei Treffen, und zwar links ab. Alle weiter nach links liegenden Straßen werden für die kleine Bagage und die Packpferde bestimmt. Bei solchen Gelegenheiten läßt man nämlich alle Packpferde beiseite, um nicht mit ihnen beschwert zu sein, wenn die Armee zum Kampfe gezwungen wird. Sie gäben nur Anlaß zur Verwirrung.

5. Will der Feind handgemein werden, dann besetzt das erste Treffen sofort die Stellung, die von den Qetachements gedeckt wird. Das zweite Treffen folgt, und alles marschiert auf. Die Kavallerie kann auf den Flügeln bleiben, wo sie schon steht, oder je nach den Umständen ein drittes Treffen formieren. Die Detachements bilden die Reserve oder werden in den Flanken der Armee oder hinter dem zweiten Treffen aufgestellt, entweder rechts oder links an der Stelle, an der man sie nötig zu haben glaubt. So aufgestellt, hat man vom Feinde nichts zu befürchten, ja man kann sogar einen Sieg über ihn erringen. Bleibt aber der Marsch ungestört, so bilden die detachierten Abteilungen die Arrieregarde. Die Truppen rücken ins Lager, und man läßt die große Bagage in aller Sicherheit nachkommen. Ein gleiches gilt beim Rechtsabmarsch.

4. Rückmärsche angesichts des Feindes

1. Will man sich vor dem Feinde zurückziehen, so ist folgendes zu beachten. Man muß sich im voraus die ganze große Bagage vom Halse schaffen und sie rückwärts in das Lager, das man beziehen will, schicken. Sie muß frühzeitig aufbrechen, um den Weg für die Kolonnen frei zu machen, damit die Truppen auf ihrem Marsche nicht behindert werden.

2. Fürchtet man, der Feind wolle die Arrieregarde angreifen, so muß man in möglichst viel Kolonnen marschieren, damit die Armee auf einmal das Lager verlassen und sich durch ihren schnellen Abmarsch den Angriffen des Feindes entziehen kann. Müssen sich dann auch zwei Kolonnen unterwegs wieder vereinigen, so muß man das in Kauf nehmen; denn die Hauptsache ist das schleunige Abrücken, damit jedes Gefecht vermieden wird.

3. Die Armee bildet eine starke Arrieregarde, die so aufgestellt wird, daß sie den Marsch der Kolonnen zu decken vermag. Man kann schon vor Tagesanbruch abrücken, damit selbst die Arrieregarde bei Morgengrauen schon vom Lager entfernt ist. Ein paar Bataillone und Schwadronen vom Ende der Kolonnen sind anzuweisen, hinter Defileen, auf Anhöhen oder bei Wäldern Stellung zu nehmen, um die Arrieregarde zu decken und ihren Rückzug zu sichern. Solche Vorsichtsmaßregeln<188> verzögern den Marsch zwar, sichern ihn aber auch. Hätte der Prinz von Oranien diese Methode befolgt, als er sich von Senef zurückzog, er wäre von Conde nicht geschlagen worden188-1. Das lehrt uns, niemals von den Regeln abzuweichen und sie bei allen Gelegenheiten streng zu befolgen, um nicht unversehens überfallen zu werden.

4. Greift der Feind die Arrieregarde heftig an, so muß die Armee halt machen und im Notfall sogar eine Stellung beziehen, um die Arrieregarde zu unterstützen und sie aufzunehmen, falls sie solcher Hilfe bedarf. Bleibt sie aber unbehelligt, so setzt die Armee ihren Marsch fort und bezieht ihr Lager an dem bezeichneten Orte.

5. Anmärsche zur Schlacht

Das erste, was man in Erwägung ziehen muß, ist die Stellung des Feindes. Die Angriffsdisposition richtet sich nach der Situation seines Lagers und nach seinen Verteidigungsmaßregeln, die man erkundet haben muß. Die Marschordnung richtet sich nach der Angriffsdisposition und danach, mit welchem Flügel man angreifen und welchen man versagen will. Die große Bagage muß schon im voraus zurückgeschickt sein, damit man sie nicht auf dem Halse hat. Die kleine Bagage folgt der Armee unter leichter Bedeckung, falls man sie nicht im Lager lassen kann, was den Vorzug verdient.

Liegt das feindliche Lager so, daß Ihr zum Angriff rechts oder links abmarschieren müßt, so darf Eure Armee nur drei Kolonnen bilden: die eine aus dem ersten Treffen, die zweite aus dem zweiten und die dritte aus der Reserve. Die Packpferde bilden die vierte und fünfte Kolonne. Geht Ihr frontal gegen den Ort vor, den Ihr angreifen wollt, so müßt Ihr eine starke Avantgarde bilden, die der Armee nur um eine kleine Viertelmeile vorausrücken darf. Ihr formiert Euch in so viel Kolonnen, als Straßen nach der Stelle führen, wo Ihr zur Schlachtfront aufmarschieren wollt. Die Adjutanten können sich, nachdem die Entfernungen abgesteckt sind, nach der Angriffsdisposition des Heerführers aufstellen.

Schlagt Ihr den Feind, so bedürft Ihr zur Verfolgung keiner vorbereiteten Wege. Ihr braucht ihm nur auf den Wegen zu folgen, die seine Flucht Euch angibt. Werdet Ihr zurückgeschlagen und habt Ihr nur mit einem Flügel angegriffen, so muß der andre noch unversehrte Flügel den Rückzug decken und als Arrieregarde dienen. Ihr könnt dann in Euer altes Lager auf denselben Wegen zurückkehren, auf denen Ihr gegen den Feind marschiert seid.

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6. Nachtmärsche

Erfordern es die Kriegslage und die näheren Umstände, daß Ihr bei Nacht marschiert, so ist hauptsächlich folgendes zu beachten.

1. Die Führer der Kolonnen müssen die Straßen im voraus gut erkunden lassen, damit sie sich in der Dunkelheit nicht verlaufen, und vor allem, damit sich die Kolonnen nicht kreuzen; denn das könnte zur größten Verwirrung führen.

2. Von Zeit zu Zeit sind Adjutanten von einer Kolonne zur andern zu schicken, um sich gegenseitig zu benachrichtigen.

3. In der neuen Stellung muß man sich so vorteilhaft wie möglich aufstellen, unter Berücksichtigung des Geländes und der Vorteile, die man daraus ziehen kann, — so gut es bei Nacht angeht.

4. Damit der Feind den Aufbruch nicht merkt, läßt man in dem Lager, das man räumt, die Wachtfeuer brennen und einige Husaren „Wer da?“ rufen. Diese ziehen sich dann alle auf ein verabredetes Zeichen zurück, das man ihnen gibt, sobald die Armee vor einem Angriff gesichert ist.

7. Nachtmärsche zu Überfällen

Öfters geschieht es, daß der Feind zur Deckung seiner rückwärtigen Verbindungen Detachements nach rechts oder links ausschickt. Ihre Vernichtung kann wichtig sein, um größere Pläne zur Ausführung zu bringen. Will man solche Detachements<190> überfallen, so muß es zweifellos bei Nacht geschehen. Dabei ist folgendes zu beachten:

Nicht in zu viel Kolonnen marschieren, da sonst Verwirrung entstünde. Vor jeder Kolonne nur etwa 20 Husaren herreiten lassen, lediglich zum Aufklären. Unterwegs das tiefste Schweigen wahren. Sobald man auf die vorgeschobenen leichten Truppen stößt, alles überrennen, sogar schneller als gewöhnlich marschieren, um rasch auf das Gros zu stoßen, das man vernichten will. In solchen Momenten muß man lediglich der Kühnheit folgen, denn der Erfolg hängt von der Schnelligkeit der Ausführung ab, und die Aufgabe muß vollbracht sein, bevor die feindliche Armee dem Detachement zu Hilfe kommen kann. Mißlingt der Streich, so müßt Ihr Euch sofort nach einem Gehölz oder einem schwierigen Gelände zurückziehen, in dessen Schutz Ihr das Gros Eurer Armee wieder erreichen könnt. Bei solchen Überfällen muß man alles auf der Stelle vernichten, sich aber vor einer Verfolgung hüten; denn das geschlagene Korps darf Hilfe von der Hauptarmee erwarten, und man könnte durch allzu hitziges Nachsetzen alles verlieren, was man durch den Überfall auf das Detachement gewonnen hat.

8. Märsche in bergigem Lande

In bergreichen Gegenden findet man wenig Straßen. Man ist glücklich, wenn man für jeden Marsch drei findet, davon zwei für die Kolonnen und eine für die Bagage. Sind nur zwei Straßen vorhanden, so wird die Bagage geteilt und folgt beiden Ko-lonnen, von einer starken Arrieregarde gedeckt. Angenommen also, es gäbe nur zwei Straßen, so muß jeder Kolonne eine Avantgarde vorausgehen, die größtenteUs aus Infanterie und ein paar hundert Husaren zur Aufklärung besieht. Ist man nur zwei Tagemärsche vom Feinde entfernt, so muß der Marsch ohne jede Nachlässigkeit und stets nach den Regeln stattfinden: d. h. die Avantgarde muß, sobald sie auf Defileen stößt, die Anhöhen zu beiden Seiten besetzen, bis die Armee heran ist, dann wieder vorausmarschieren und durch wiederholte Aufstellung nacheinander alle Defileen decken, die sich unterwegs finden, oder die Höhen besetzen, von denen aus der Feind den Marsch stören könnte, wenn er sich ihrer zuerst bemächtigte. Infanteriepatrouillen müssen die Infanterie begleiten, und kleine Trupps sind stets auf den Rücken der Anhöhen vorzuschieben. Durch solche Vorsichtsmaßregeln sichert man den Marsch. Läßt man darin nicht nach, so wird es dem Feind unmöglich, das geringste zu unternehmen. Avant- und Arrieregarde müssen womöglich jeden Tag wechseln, um die Truppen nicht zu übermüden. Ebenso muß man in Wälder, die in der Nähe der Kolonnenwege liegen, im voraus Infanterie stellen, um dem Feinde zuvorzukommen, und alle vorteilhaften Orte, von denen aus er den Marsch der Truppen belästigen könnte, vor ihm besetzen. Ist der Feind weiter entfernt, so<191> marschiert man selbstredend auch mit Avant- und Arrieregarde, ermüdet aber die Truppen nicht durch Besetzung von Stellungen, von denen man sicher ist, daß kein Feind dorthin kommen wird.

9. Rückzüge im Gebirge

Berge sind eine große Hilfe beim Rückzug; denn man findet überall Stellungen. Im Gebirge kann sich sogar die Arrieregarde stets auf Truppen zurückziehen, die zu ihrer Aufnahme vorteilhaft aufgestellt sind. Bei solchen Gelegenheiten muß man die geringste Anhöhe benutzen, damit die Arrieregarde sich stets unter dem Schutze andrer Truppen zurückzieht, bis man schließlich ein gutes Defilee erreicht, das man dann in der von mir angegebenen Weise besetzt. Dadurch versperrt man dem Feinde den Weg und hindert ihn an weiterer Verfolgung. Die Kavallerie ist in solchen Fällen am Hinderlichsten. Daher muß man in bergigem Gelände stets versuchen, sie vor der Infanterie durch das Defilee gehen zu lassen; denn in einem Gelände, in dem sie nicht fechten kann, bedarf sie des Schutzes. Ich wiederhole nicht, was ich schon gesagt habe, daß bei jedem Rückzuge die Bagage vorweggeschickt werden muß. Die Armee hat es schon schwer genug, sich bei solchen Bewegungen gegen den Feind zu halten. Sie darf nicht noch als Hindernisse die Wagen in Hohlwegen und Defileen haben, in denen sie völlige Bewegungsfreiheit besitzen muß.

10. Märsche über Dämme in Sumpfland

Holland und Flandern, die an die Nordsee grenzen, haben von allen Ländern die meisten Dämme. Auch wir haben einige längs der Oder und Warthe. In der Lombardei sind viele, die von kleinen Wasserläufen eingefaßt oder durchschnitten werden. In solchen Ländern kann die Armee nur auf denjenigen Dämmen marschieren, die nach dem Ziel ihres Marsches hinführen. Als der Marschall von Sachsen die Gegend von Mecheln und Antwerpen verließ, um über Tendern auf Maastricht zu rücken, war er auf einen großen Damm angewiesen, auf dem seine ganze Armee in einer Kolonne marschierte, um sich mit den Alliierten bei Laveld zu schlagen191-1. Indes stand in Tondern das Korps d'Estrées, das seinen Marsch deckte und den Ausgang des Dammes offen hielt. In solchen Fällen muß man sich mit den Dämmen begnügen, die man antrifft. Der Heerführer muß jeder Kolonne eine kleine Avantgarde vorausschicken, um Nachricht über die Bewegungen und den Anmarsch des Feindes zu haben. An der Spitze jeder Kolonne sind einige Kolonnenbrücken mitzuführen, die<192> beim Anrücken des Feindes über die längs des Dammes laufenden Rinnsale geworfen werden, um ihm in genügender Frontbreite entgegenzutreten und seinen Angriff zurückweisen zu können. In solchem Gelände ist die Kavallerie völlig überflüssig. Sie muß hinter den Infanteriekolonnen folgen, da man sie nicht eher verwenden kann, als bis man die Dämme hinter sich hat und in ein weniger durchschnittenes Gelände kommt. Sind derartige Märsche vorauszusehen, so muß man durchaus ein Korps über die Dämme hinaus vorschieben, um die Armee zu decken und zu verhüten, daß sie in einem Gelände angegriffen wird, in dem sie schwerlich kämpfen könnte. Lassen sich solche Dämme jedoch vermeiden, selbst durch einen Umweg von einigen Meilen, so würde ich letzteres anraten. Denn ist der Feind flink und gewitzigt und erreicht er das Ende eines solchen Dammes, so kann er Eure Kolonnen durch Aufstellung von Geschützen der Länge nach bestreichen und Euch empfindliche Verluste beibringen, ohne daß Ihr Euch in dem durchschnittenen Gelände wehren und ihm die Euch angetane Unbill heimzahlen könntet.

11. Märsche im Frühjahr oder Herbst, wenn die Straßen am schlechtesten sind

Zwei Gründe zwingen im Flühjahr und Herbst zur Abkürzung der Märsche: die schlechten, ausgefahrenen und schlammigen Straßen und die kurzen Tage. Die Armee kann an einem Tage nur drei Meilen marschieren. Das Durchbringen der Artillerie und Bagage durch den Schlamm kostet viel Zeit, und man würde Menschen und Pferde überanstrengen, wollte man größere Strecken zurücklegen. Findet man bessere Straßen, auch wenn sie etwas länger sind als die direkten, so muß man ihnen den Vorzug geben. Die Artillerie ist der Kolonne zuzuteilen, die auf dem festesten Boden marschiert. Schickt man Detachements mit irgend einem Auftrag von der Armee ab, so tut man gut, ihnen keine Zwölfpfünder mitzugeben. Die Sechspfünder reichen aus, und auch sie mit der ganzen Munition und dem nötigen Zubehör fortzuschaffen, wird Mühe genug kosten.

12. Märsche bei Eröffnung des Feldzuges, die einen Plan verbergen, der sich erst bei der Vereinigung der Armee offenbart

Studiert den Marsch des Marschalls von Sachsen im Jahre 1746, um Maastricht einzuschließen. Verfolgt die Bewegungen, die er mit einem seiner Korps machte, um Brüssel zu belagern. Lest die Dispositionen Turennes zur Versammlung seiner Armee in Lothringen, mit der er dann über Thann und Belfort ins Elsaß einfiel und <193>die Verbündeten aus Kolmar vertrieb193-1. Folgt dem Prinzen Eugen auf seinem Marsche nach Turin, wo er die Verschanzungen der Franzosen angriff und bezwang (1706). Weniger vollendet, aber ähnlich war der Marsch der preußischen Truppen im Jahre 1757 aus Sachsen, der Lausitz und Schlesien, um sich bei Prag zu vereinigen193-2. Solche Pläne wollen studiert und so gut kombiniert sein, daß alles wie ein Uhr, werk abläuft und der Feind aus den verschiedenen Truppenbewegungen nicht erraten kann, was der operierende Heerführer eigentlich vorhat. Zum Entwurf und zur Ausführung derartiger Pläne bedarf es genauer Kenntnis des Landes, in dem man operieren will, und guter Kombination der Märsche der verschiedenen Korps. Keins von ihnen darf zu früh oder zu spät eintreffen, damit der Feind durch diese plötzlichen, entscheidenden Bewegungen verwirrt und überrascht wird und so Fehler begeht. Allerdings kann es trotz aller Sorgfalt in der Berechnung der Märsche vorkommen, daß eine Kolonne auf ein feindliches Korps stößt und sich mit ihm in ein Gefecht einlassen muß, wodurch natürlich eine Verzögerung eintritt. Aber dergleichen Zufälle lassen sich nicht vorhersehen und werden auch den einmal gefaßten Plan niemals umstoßen. Ich brauche nicht hinzuzufügen, daß bei dieser Art von Märschen im Sommer gelagert und nicht kantonniert wird.

13. Märsche von Abteilungen, die als Verstärkung von einer Armee zur andren rücken

Solche Märsche können kantonnementsweise stattfinden. Denn die Armee, die Ihr verlaßt, deckt Euch, und Ihr kommt beim Kantonnieren viel schneller zum Ziele, als wenn Ihr in Kolonnen marschiert, da Ihr ja Eure Lebensmittel schont. Truppen, die in Kolonnen marschieren, können täglich höchstens vier Meilen, kam tonnierende aber fünf Meilen zurücklegen. Dabei werden sie weniger ermüdet als jene. Nähert Ihr Euch der Armee, zu der Ihr stoßen sollt, so müßt Ihr in Kolonnen marschieren und während der letzten beiden Märsche sicherheitshalber ein Lager beziehen. Wenn möglich, müßt Ihr dem Feinde Eure Vereinigung verbergen. Dann ist seine Überraschung, wenn er sie erfährt, um so größer, und Ihr habt es leichter, ihm einen entscheidenden Schlag zu versetzen. Derart haben wir im letzten Kriege193-3 alle Vereinigungsmärsche ausgeführt.

14. Einrücken in die Winterquartiere

Ist die Jahreszeit zu weit vorgeschritten, um im Felde zu bleiben, so muß man daran denken, den Truppen in den Winterquartieren Ruhe zu geben. Man bestimmt zunächst die Postenkette, die die Quartiere decken soll, und läßt die zu diesem Zweck<194> kommandierten Truppen dorthin abrücken. Die übrige Armee bezieht treffenweise enggelegte Kantonnementsquartiere, und in dem Maße, wie der Feind sich zurückzieht, tut man ein gleiches. Man breitet die Truppen im Laufe des Rückmarsches immer mehr aus und legt sie zu ihrer Bequemlichkeit in mehrere Dörfer, bis sie ihre Winterquartiere erreicht haben, wo sie weit auseinandergezogen werden.

Es gibt noch eine andre Art, Winterquartiere zu beziehen. Man weist nämlich den Truppen das Zentrum ihrer Quartiere als Versammlungsort an, sodaß alle, die an den äußersten Punkten gestanden haben, gleichzeitig an dem Orte zusammentreffen, an dem man die Armee formieren will194-1. Bei solchenDispositionen muß jedem Regiment vor dem Abrücken in die Winterquartiere der Weg vorgeschrieben werden, auf dem es in kürzester Frist zu seiner Brigade und die Brigade zur Armee stoßen kann.

15. Wintermärsche und Winterquartiere

Solche Unternehmungen müssen mit großer Vorsicht ausgeführt werden, oder man läuft Gefahr, seine Armee fast ohne Schwertschlag zugrunde zu richten. Winterfeldzüge führt man entweder, um sich in den Besitz eines Landes zu setzen, in dem der Feind nicht viele Truppen hat, oder um über seine Quartiere herzufallen. Von der ersten Art waren unsre Feldzüge von 1740 und 1741 in Schlesien und Mähren.

Nach Schlesien marschierten wir in zwei Kolonnen, die eine längs der Berge, die andre an der Oder entlang, um das Land vom Feinde zu säubern und die Festungen einzuschließen oder womöglich zu erobern. Das geschah auch, nachdem der Marsch der beiden Kolonnen so geregelt war, daß beide stets auf gleicher Höhe marschierten<195> und sich gegenseitig unterstützen konnten. Die Festungen blieben bis zum Frühjahr blockiert. Glogau wurde überrumpelt; Breslau erfuhr bald das gleiche Schicksal; Brieg fiel nach der Schlacht von Mollwitz und Neiße am Ende des Feldzuges.

Im Jahre 1741 rückten wir in einer Kolonne in Mähren ein, die Olmütz eroberte. Wir begnügten uns, Brünn einzuschließen, da es die Sachsen im Frühjahr 1742 belagern sollten. Aber der Feldzug wurde durch den Rückzug der Sachsen und die Untätigkeit der Franzosen gestört. Wir verließen Mähren, nachdem wir bis Stockerau in Österreich vorgedrungen waren195-1 und in Ungarn ein Korps Insurrektionstruppen aufgehoben hatten, die der Wiener Hof in unfern Rücken werfen wollte.

Solche Unternehmungen erfordern die größtmögliche Wachsamkeit, um nicht überfallen zu werden. Aus diesem Grunde hatten wir stets ein detachiertes Korps vor der Front der Armee und je eines in der rechten und linken Flanke. Ihre Patrouillen gaben uns über alle Bewegungen des Feindes Nachricht. Ferner waren die Kantonnementsquartiere eng gelegt. Zwei bis drei Bataillone mußten sich mit einem Dorfe begnügen, während die Bagage draußen parkierte und durch eine Verschanzung geschützt wurde. Daher stieß uns auch kein Unglück zu.

Gegen Ende des Jahres 1745 unternahm der Prinz von Lothringen einen ähnlichen Zug. Im Dezember wollte er von Böhmen her durch die Lausitz in die Mark Brandenburg eindringen195-2. Er beging aber folgende Fehler:

1. Er marschierte ohne Avantgarde und ohne Kavallerie, die längs der schlesichen Grenze hätte vorrücken müssen, um ihm Nachricht von den Preußen zu geben.

2. Er schleppte zu viel Bagage mit.

3. Seine Kantonnements breiteten sich in der Front und in der Tiefe auf drei Meilen aus, da die Truppen nicht so eng zusammenlagen, wie es hätte sein müssen. Man hätte mehr an ihre Sicherheit als an ihre Bequemlichkeit denken sollen.

4. In der Nähe unsrer Grenze formierte er weder Kolonnen, noch hatte er überhaupt eine Marschordnung. Wir benutzten das, wie billig, gingen über den Queis, überfielen seine Quartiere bei Katholisch-Hennersdorf und nahmen ihm 4 000 Mann weg195-3. Unsre Armee bezog an Ort und Stelle ein Lager, und Prinz Karl mußte, um nicht im Rücken gefaßt zu werden, nach Böhmen zurückgehen. Sein Abmarsch glich mehr einer Flucht als einem Rückzuge. Er verlor dabei seine Bagage und gegen 2Q Kanonen.

Die Unternehmung des Marschalls von Sachsen gegen Brüssel fand im März 1746 statt. Er fiel über die Quartiere der Verbündeten her, zersprengte sie, begann die Belagerung von Brüssel und nahm die Stadt ein. Er ließ seine Truppen größtenteils lagern und schob vorsichtshalber starke Detachements zwischen sich und den Feind, um dessen geringste Bewegungen rechtzeitig zu erfahren. So sehr trifft es zu, daß jeder Feldherr, der sich nicht von den Grundsätzen der Klugheit und Vorsicht<196> entfernt, fast immer Erfolg haben muß, wogegen planlose Unternehmungen nur durch den größten Zufall gelingen können. Denn gewöhnlich scheitert der Tor, wo der Weise Glück hat.

Als der Fürst von Anhalt im Januar 1745 die Österreicher aus Oberschlesien vertrieb196-1, herrschte bittre Kälte. Das aber hinderte ihn nicht, die Armee allmorgendlich in Schlachtordnung zu versammeln und in Kolonnen zum Angriff zu marschieren. So zwang er den Feind durch seine Umsicht und seine guten Maßregeln nicht nur zur Räumung der Provinz, sondern er vernichtete auch noch einen Teil der feindlichen Truppen und bezog seine eignen Winterquartiere in den Orten, die diese besetzt hatten.

16. Wie die verschiedenen Märsche disponiert werden müssen

Der Plan, den der Feldherr ausführen will, bildet die Grundlage der Marschdispositionen. Im eignen Lande hat man alle nur mögliche Hilfe, ausführliche Karten, Einwohner, die Euch alle nötigen Angaben machen können. Das erleichtert die Arbeit sehr. Ihr habt Eure Ordre de bataille. Wird kantonnementsweise marschiert, so haltet Ihr diese Einteilung fest und legt die Brigaden so dicht wie möglich zusammen, jedes Treffen für sich. Ist man weit vom Feinde, so muß jedes Regiment seine Marschroute haben und jeder Brigadegeneral nicht allein die Marschroute seiner Regimenter, sondern auch eine Liste der Dörfer, in denen sie kanton-nieren sollen.

Schwieriger wird es in Feindesland. Man hat nicht immer Karten von hinreichender Ausführlichkeit und weiß nicht genau, wie groß die Dörfer sind. Um diesen Mängeln abzuhelfen, muß die Avantgarde Leute aus den Städten, Flecken und Dörfern auftreiben und sie zum Generalquartiermeister schicken, damit er den Entwurf der Marschdisposition, den er bloß nach der Karte gemacht hat, nach ihren Aussagen verbessern kann. Lagert die Armee, so muß man unmittelbar nach dem Einrücken ins Lager alle dorthin führenden Straßen erkunden lassen. Bleibt man eine Weile im Lager, so muß man unter dem Schutze von Patrouillen Quartiermeister und Zeichner ausschicken, die die Straßen und Situationen aufnehmen. Denn man darf nicht blindlings handeln, sondern muß sich alle nötigen Daten im voraus verschaffen. Derart kann man auch im voraus die Lager erkunden lassen, in denen man die Armee unter Umständen aufstellen könnte. Ja, man kann auf diesen Krokis die Stellung, die man einnehmen will, schon einzeichnen, unbeschadet der Verbesserungen, die sich erst nach eigner Besichtigung des Geländes vornehmen lassen, wie ich dies in meinen „Generalprinzipien des Krieges“ gelehrt habe196-2.

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Allerdings werden solche Rekognoszierungen schwieriger, sobald beide Armeen sich dicht gegenüber stehen; denn der Feind hat gleichfalls Detachements und leichte Truppen im Felde, die die Erkundung jener Orte verhindern. Oft will man seine Absicht verbergen, was solche kleinen Unternehmungen nvch schwieriger macht. Dann bleibt nichts andres übrig, als den Feind an verschiedenen Orten zugleich zurückzudrängen und gerade solche Örtlichkeiten krokieren zu lassen, die man garnicht besetzen will. Auf diese Weise verbirgt man seinen wirklichen Plan. Da man den Gegner aus verschiedenen Stellungen vertreibt, müssen die besten Quartiermeister dahin geschickt werden, wo man ernstlich operieren will; denn ein gescheiter Mann wird dem Zufall nichts überlassen, was er ihm durch Klugheit entreißen kann. Vor allem darf ein Heerführer seine Armee nie in Bewegung setzen, ohne über den Ort, wohin er sie führt, genau informiert zu sein und ohne zu wissen, wie er sie am sichersten dahin bringt, wo er seinen Plan ausführen will.

17. Vorkehrungen, um sich in Feindesland Führer zu verschaffen und zu sichern

Als wir im Jahre 1760 durch die Lausitz nach Schlesien marschierten, brauchten wir Führer. Man suchte welche in den wendischen Dörfern und brachte sie herbei. Sie taten, als ob sie kein Wort Deutsch verstünden, was uns sehr in Verlegenheit setzte. Als man sich aber entschloß, sie zu prügeln, sprachen sie Deutsch wie die Papageien. Man muß also bei den Führern in Feindesland stets auf seiner Hut sein. Anstatt ihnen zu trauen, muß man die, welche die Truppen führen sollen, binden, ihnen Belohnung verheißen, wenn sie auf dem besten und kürzesten Weg führen, ihnen aber versprechen, sie ohne Gnade zu hängen, wenn sie sich etwa verirren. Nur mit Strenge und Gewalt kann man die Böhmen und Mähren zu dergleichen Diensten zwingen. In jenen Ländern findet man nur in den Städten Einwohner. Die Dörfer sind verödet, da die Bauern sich mit ihrem Vieh und ihrer besten Habe in die Wälder oder tief in die Berge flüchten und ihre Wohnstätten leer zurücklassen. Ihr Verschwinden bringt Euch in große Verlegenheit. Woher Führer nehmen, wenn nicht von einem Dorfe zum andern? Man muß sich also an die Städte halten und nach Postillonen oder in deren Ermangelung nach Fleischern fahnden, die im Lande umherfahren und die Wege kennen. Ferner muß man die Bürgermeister zur Stellung von Führern zwingen, unter Androhung, die Städte in Brand zu stecken, wenn sie das nicht in gebührender Weise tun. Ferner kann man sich an die Jäger halten, die im Dienste des Adels stehen und die Umgegend kennen. Aber welcher Art diese Führer auch sind, man muß sie durch die Furcht zwingen und ihnen die Härteste Behandlung androhen, falls sie sich ihres Auftrages schlecht entledigen.

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Es gibt noch ein andres zuverlässigeres Mittel, sich Kenntnis von einem Lande zu verschaffen. Man gewinnt in Friedenszeiten einige Einwohner, die genaue Ortskenntnisse haben. Die sind sicher, und durch sie kann man leim Einmarsch in die Provinz noch andre gewinnen, die Euch die Aufgabe erleichtern, indem sie Euch die Details der örtlichkeiten verschaffen.

Karten sind gewöhnlich ziemlich genau für ebene Gegenden, obwohl man oft bemerkt, daß ein Dorf oder ein Flecken weggelassen ist. Aber die wichtigste Kenntnis ist die der Berge, Wälder, Defileen, der durchschreitbaren oder morastigen Bäche und der Flüsse mit Furten. Hierüber muß man denn auch am besten Bescheid wissen, ebenso über die Gegenden, wo nur Wiesen oder Sümpfe sind. Dabei kommen auch noch die Jahreszeiten in Betracht, die solche Landstriche durch ihre Dürre oder Nässe verändern; denn es ist oft sehr wichtig, sich über diese Einzelheiten nicht zu täuschen.

Die Quartiermeister müssen sich auch vor den Aussagen gewöhnlicher Leute hüten. öfters sagen sie einem in gutem Glauben etwas Falsches, da sie Wege und Örtlichkeiten nur nach ihrem eignen Gebrauche beurteilen und vom Militärischen keine Ahnung haben, mithin nicht wissen, welchen Gebrauch ein Soldat vom Gelände machen kann. Als die preußische Armee sich im Jahre 1745 nach der Schlacht bei Soor nach Schlesien zurückziehen wollte, ließ ich Leute aus Trautenau und Schatzlar kommen, um sie über die Straßen zu beftagen, auf denen meine Kolonnen marschieren sollten. Sie sagten mir in gutem Glauben, die Straßen wären vortrefflich, sie kämen mit ihren Wagen wundervoll durch, und viele Fuhrleute benutzten sie gleichfalls. Wenige Tage darauf machte die Armee jenen Marsch. Ich mußte meine Rückzugsdispositionen in diesem Gelände treffen. Unsre Arrieregarde wurde heftig angegriffen, aber dank den von mir getroffenen Maßregeln hatten wir keine Verluste198-1. Jene Straßen waren vom militärischen Standpunkt grundschlecht, aber die Leute, bei denen ich mich erkundigte, verstanden nichts davon und sagten in gutem Glauben aus, ohne die Absicht, mich zu täuschen. Man darf sich also nicht auf die Berichte von Unwissenden verlassen, sondern muß sie mit der Karte in der Hand über jede Geländeform ausfragen, sich Notizen machen und dann zusehen, ob man ein Kroki aufs Papier werfen kann, das ein genaueres Bild des Weges gibt, als die Karte es bietet.

18. Die Talente, die ein Ouartiermeister haben muß

Die Menschen sündigen am meisten darin, daß sie sich mit ungefähren Begriffen begnügen. Sie bemühen sich nicht genug, klare Vorstellungen von den Dingen zu erwerben, die ihres Amtes sind. So wird man geeignete Lagerplätze um so besser<199> aussuchen, je genauere Kenntnis man vom Gelände besitzt, und den Marsch der Kolonnen viel besser disponieren, als wenn man nur verworrene Begriffe von der Gegend hat, in der man operieren will. Um diesem Übelstande abzuhelfen, muß man sich die besten Karten, die zu haben sind, über die Länder verschaffen, von denen man glaubt, daß sie den Kriegsschauplatz bilden werden. Kann man unter irgend welchen Vorwänden Reisen unternehmen, um Berge, Wälder, Defileen und schwierige Pässe in Augenschein zu nehmen, sie gründlich zu prüfen und sich ihre Situation einzuprägen, so muß man es tun. Ein Edelmann, der sich diesem Handwerk widmet, muß viel natürliche Regsamkeit haben, damit ihm die Arbeit nicht schwer fällt. In jedem Lager muß er sich selbst erbieten, zur Erkundung des Umkreises kleine Patrouillen zu reiten, soweit der Feind es zuläßt. Dann kann er, wenn der Heerführer eine Bewegung beschlossen hat, über die Straßen und Gegenden Auskunft geben. Er hat die für die Truppen geeigneten Lagerplätze im Kopfe und erleichtert dem Heerführer durch die Beherrschung seines Handwerks die Ausführung seiner großen Pläne, sowohl bei Märschen wie bei Lagern.

Er muß sich bemühen, Landeseinwohner aufzutreiben, um von ihnen die nötigen Angaben zu erhalten, muß aber auch, wie ich im vorigen Abschnitt gesagt habe, bedenken, daß ein Bauer oder Schlächter kein Soldat ist, und daß ein Landwirt, ein Fuhrmann, ein Jäger und ein Soldat von ein und derselben Gegend eine ganz andre Beschreibung geben werden. Er muß also beim Ausfragen solcher Leute stets berücksichtigen, daß sie keine Militärs sind, und ihre Aussagen berichtigen, indem er die der Karte entnommenen Örtlichkeiten eingehend mit ihnen bespricht, unter Zugrundelegung der Straßen, auf denen die Armee marschieren soll.

Ich füge noch hinzu, daß man bei Anordnung der Märsche wohl darauf achten muß, daß nie mehr als eine deutsche Viertelmeile Abstand zwischen den einzelnen Kolonnen entsteht, besonders in der Nähe des Feindes, damit die Truppen sich gegenseitig Hilfe leisten können. Vor allem müssen die Quartiermeister, wenn der Feind nahe ist, ihre Sorgfalt und Genauigkeit verdoppeln: dann erhält der Heerführer durch ihre Arbeit wenigstens eine Skizze der Gegend, in der er operieren will, und kann seine Anordnungen zur Sicherung der Märsche oder seine Dispositionen für die Lager, die er beziehen will, oder für den Angriff im voraus treffen.

Offiziere, die sich als Quartiermeisier auszeichnen, werden nicht verfehlen, ihr Glück zu machen; denn sie erwerben sich durch ihre Praxis alle für einen Heerführer nötigen Kenntnisse, wie man in jedem sich darbietenden Falle gute Dispositionen trifft. Die einzige Ausnahme bilden die Feldzugspläne; doch sehen sie deren Ausführung beständig und werden sie ebensogut entwerfen, wenn sie ein scharfes, kluges und richtiges Urteil haben und stets darauf sinnen, wie man der Macht, mit der man im Kriege liegt, die empfindlichsten und entscheidendsten Schläge beibringen kann.

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Das ist ungefähr alles, was ich Euch in bezug auf die Märsche vorzuschreiben vermag. Ich muß aber noch bemerken, daß das Gebiet der Kriegskunst so ungeheuer ist, daß man sie nie auslernen kann, und daß die Erfahrung der künftigen Zeiten noch unaufhörlich neue Kenntnisse zu denen hinzufügen wird, die uns überliefert sind und die wir in unfern Tagen erworben haben.

<201>

Betrachtungen über die Feldzugspläne (1775)201-1

Ihr wünscht eine Angabe der Grundsätze, die als Basis für die Feldzugspläne dienen sollen. Um Euch zu willfahren, muß ich mich darauf beschränken, ein paar allgemein gültige Regeln zusammenzufassen. Es bedarf verschiedener Regeln für den Offensivkrieg, für den Krieg zwischen gleich starken Mächten und schließlich für den Defensivkrieg.

Vor allem kommt die Natur des Landes in Betracht, in dem man Krieg führen will, ob es von Flüssen durchzogen oder mit Wäldern bedeckt, ob es durchschnitten ist oder weite Ebenen darbietet, ob es von Festungen verteidigt wird, ob es ein offenes Land oder voller Berge und Felsen ist, ob es in der Nähe des Meeres oder tief im Binnenland liegt. Ferner muß derjenige, der einen Feldzugsplan entwerfen will, sich zuvor genaue Kenntnis von den Kräften seines Gegners verschaffen. Er muß wissen, welche Hilfe dieser von seinen Verbündeten erwarten kann, muß die Kräfte des Feindes mit den eignen und mit dem vergleichen, was seine Bundesgenossen ihm an Truppen stellen können, und daraus schließen, welcherart der geplante Krieg sein wird.

Es gibt offene Länder, in denen man sich bei gleichen Kräften große Erfolge versprechen kann. Es gibt andre voller Defileen und Stellungen, die zum Offensivkrieg weit überlegene Streitkräfte erfordern. Hütet Euch wohl, Euch mit unbestimmten Ideen über diese Dinge zu begnügen. Sie verlangen vor allem klare, deutliche und bestimmte Begriffe. Kennt Ihr Euer Schachbrett, die Bauern und Offiziere schlecht, so habt Ihr wenig Aussicht, eine Schachpartie zu gewinnen. Nun aber ist der Krieg von ganz andrer Bedeutung als dies Spiel. Untersuchen wir also im großen, welche Regeln stets zu befolgen sind bei den drei Kriegsarten: offensiv, mit gleichen Kräften, defensiv.

Beginnen wir mit der Offensive. Das erste ist, wie gesagt, ein Vergleich aller Kräfte des Feindes einschließlich seiner Verbündeten mit den eignen und den Hilfstruppen, die Euch Eure Bundesgenossen stellen werden. Ihr müßt genaue Kenntnis<202> des Landes haben, in dem Ihr Krieg führen wollt, um über die Stellungen und Märsche, die Ihr dort machen könnt, Bescheid zu wissen und im voraus zu beurteilen, welche Lager der Feind zur Durchkreuzung Eurer Pläne beziehen kann. Vor allem müßt Ihr an die Verpflegung denken; denn eine Armee ist ein Körper, dessen Grundlage der Magen bildet202-1. Ihr mögt noch so schöne Pläne entwerfen, Ihr könnt sie doch nicht ausführen, wenn Eure Soldaten nichts zu essen haben. Ihr müßt also im voraus dafür sorgen, Magazine errichten und Depots in dem Lande anlegen, in dem Ihr Krieg führt, damit Eure Lebensmittel in der Nähe Eures Operationsgebiets sind.

Der erste Grundsatz eines Offensivkrieges ist, seinen Plan groß anzulegen, damit er im Falle des Gelingens bedeutende Folgen hat202-2. Versetzt dem Feind stets empfindliche Schläge und plänkelt nicht nur an seinen Grenzen herum. Der einzige Zweck des Kriegführens ist, den Gegner baldmöglichst zum Abschluß eines vorteilhaften Friedens zu zwingen. Diesen Gedanken muß man sich stets vor Augen halten. Steht Euer Plan nun fest und reichen Eure Lebensmittel zur Ausführung hin, so müßt Ihr alle möglichen Maßregeln ersinnen, um ihn vor dem Feinde geheim zu halten. Er muß bei Eröffnung des Feldzuges durch Eure Bewegungen irregeführt werden, Euch ganz andre Absichten zutrauen, als Ihr in Wirklichkeit habt. Nichts kann seine Maßregeln mehr durchkreuzen und ihn mehr zu falschen Schritten verleiten; an Euch ist es dann, Euren Nutzen daraus zu ziehen.

Bevor Ihr aber zum Handeln schreitet, müßt Ihr ohne Selbsttäuschung streng und kaltblütig alles prüfen, was der Feind zur Durchkreuzung Eures Planes unternehmen könnte, und in jedem besonderen Falle überlegen, welche Mittel Euch bleiben, um Euer Ziel trotz all seines Widerstandes zu erreichen. Je mehr Schwierigkeiten Ihr voraussetzt, desto weniger werdet Ihr überrascht sein, wenn Ihr ihnen beim Handeln begegnet. Außerdem habt Ihr dann schon in aller Ruhe über diese Hindernisse nachgedacht und Euch kaltblütig die Mittel zu ihrer Überwindung zurechtgelegt, sodaß Euch nichts mehr in Erstaunen setzen kann. So etwa war der Kriegszug Ludwigs XIV. gegen Holland im Jahre 1672. Er hätte ein glorreiches Ende genommen, hätten die Franzosen sich gleich der Schleusen von Naarden und Muiden bemächtigt. Dann wären sie Herren von Amsterdam geworden, zumal wenn die französische Armee sich nicht durch die zahlreichen Besatzungen geschwächt hätte, mit denen sie auch die kleinsten Festungen versah.

Feldzugspläne, die darauf angelegt sind, dem Feinde mit zwei, drei oder mehr Armeen entgegenzutreten, sind dem Mißlingen mehr ausgesetzt als solche, bei denen nur eine einzige Armee operiert. Es ist schwerer, drei gute Heerführer zu finden als einen. Ein Zweites kommt hinzu. Wenn Ihr Eure Hauptkräfte auf dem einen Kriegsschauplatz einsetzen wollt, so kann der Feind, da er freie Hand hat, sich seinerseits vornehmen, ein gleiches an einer andren Grenze zu tun. So geschieht es oft,<203> daß die Niederlage einer Eurer Armeen Euch zwingt, ihr Hilfe zu schicken, mithin Eure Hauptarmee zu schwächen. Mit dem Augenblick aber wird Euer ganzer Offensivplan hinfällig. Ihr werdet dort in die Defensive geworfen, wo Ihr mit Eurer Hauptmacht durchgreifen wolltet, und müßt eine geschlagene Armee in einer Provinz verstärken, in der große Anstrengungen zu machen garnicht in Eurem Interesse lag.

Man braucht nur in der „Histoire militaire de Louis XIV“ von Quincy203-1 die Pläne des Versailler Hofes am Anfang jedes Feldzuges nachzulesen, um sich von der Wahrheit des oben Gesagten zu überzeugen. Kein Feldzug entsprach den Plänen, die die Minister und Generale entworfen hatten. Woher kam das? frage ich; denn die Fehler der andren sollen uns stets als Warnung dienen, nicht in sie zu verfallen. Es kam daher, weil man zu sicher auf den Erfolg gerechnet, nicht genug an die Hilfsmittel des Gegners, an die Maßregeln gedacht hatte, die er in seinem Interesse ergreifen konnte, kurz, weil die gefährlichsten Schritte, die der Feind gegen Frankreichs Interesse tun konnte, nicht berücksichtigt waren. Darum dringe ich so sehr darauf, nicht oberflächlich zu verfahren, sondern alles zu prüfen und Euch vorzustellen, was der Feind möglicherweise ausführen könnte. Nehmt dem Zufall alles, was Ihr ihm durch Euren Scharfblick und Eure Vorsicht entreißen könnt: trotzdem wird er im Kriege noch immer zu viel Einfiuß behalten. Es kommt vor, daß Detachements durch die Schuld ihrer Führer oder durch die Überlegenheit des sie angreifenden Feindes geschlagen werden. Festungen können durch Überrumpelung fallen, Schlachten verloren gehen, weil dieser oder jener den Kopf verliert, weil ein General, der die Disposition der Schlacht kennt, verwundet wird oder fällt und die übrigen Generale des betreffenden Flügels, denen sie unbekannt ist, nicht im Sinne des Höchstkomman-dierenden handeln. Darum soll man nie Viktoria rufen, bevor man den Feind vom Schlachtfeld vertrieben hat.

Zieht Ihr Beispiele den Regeln vor, so will ich einen Feldzugsplan entwerfen, bei dem ich mich an die eben entwickelten Grundsätze halte.

Angenommen, Preußen, Österreich, das Deutsche Reich, England und Holland hätten ein Offensivbündnis gegen Frankreich geschlossen. Folgendermaßen müßte man verfahren, um einen verständigen und wohldurchdachten Feldzugsplan zu vereinbaren. Wie ich weiß, kann Frankreich 180 000 Mann ins Feld stellen. Seine Miliz, 60 000 Mann stark, dient zur Besetzung des dreifachen Festungsgürtels, der seine Grenzen schützt. Wie ich weiß, kann der König von Spanien, Frankreichs Verbündeter, ihm 40 000 Mann liefern, der König von Neapel 10 000, der König von Sardinien 40 000. Insgesamt 270 000 Mann außer den Festungsbesatzungen; ich zähle nur die Kombattanten.

Demgegenüber könnte Preußen aufstellen 150 000 Mann, Österreich 160 000, das Reich 40 000, England 20 000, Holland ebensoviel, außer den Flotten, die die Ope<204>rationen der Landheere zu unterstützen hätten. Die Verbündeten könnten also 390 000 Mann aufstellen. Sie hätten somit eine Überlegenheit von 120 000 Mann über die Franzosen.

Ferner weiß ich, daß Frankreichs Finanzen völlig zerrüttet sind und daß es nur mit Mühe drei Feldzüge bestreiten könnte. Spanien, das sich durch seine Rüstungen gegen Algier und Marokko erschöpft hat, kann den Krieg nicht länger aushalten, und der König von Sardinien ist verloren, wenn ihm nicht irgend eine Macht beträchtliche Subsidien zahlt.

Es bleibt also noch übrig, zu erwägen, wie man Frankreich angreifen und von welcher Seite man ihm den empfindlichsten Schlag versetzen kann.

Ich glaube, es muß von Flandern aus geschehen, wie ich es kurz begründen will. Ich bestimme also 100 000 Mann zum Angriff auf die Staaten des Königs von Sardinien durch die Lombardei. Diese Armee hat gegen 90 000 Sardinier, Spanier und Neapolitaner zu kämpfen. Eine zweite Armee von 110 000 Mann bestimme ich dazu, die Franzosen im Elsaß anzugreifen. Sie wird 80 000 Franzosen vor sich haben. Die Hauptarmee, 180 000 Mann stark, bestimme ich für Flandern, nicht um jedes Jahr eine Schlacht zu liefern und ein paar feste Plätze zu erobern, was sieben bis acht Feldzüge erfordern würde, sondern um ins Herz der Monarchie einzudringen, gegen die Somme vorzugehen und zugleich die Hauptstadt zu bedrohen.

Der Zweck dieses Planes ist folgender. Werden die Franzosen im eignen Lande angegriffen, so müssen sie Flandern bald verlassen, um Paris zu verteidigen. In den festen Plätzen würden nur die Milizen bleiben, die man leicht zur Übergabe zwingen kann, und vielleicht würden sie die Armee im Elsaß beträchtlich schwächen, um Paris besser zu schützen. Dadurch könnten die Verbündeten auf jenem Kriegsschauplatze große Erfolge erringen, während man in Flandern mit 40 000 Mann die wichtigsten Festungen einnehmen könnte, die man in seinem Rücken gelassen hat.

Ehe ich auf die Einzelheiten dieses Planes eingehe, muß ich vorausschicken, daß ich niemals in Flandern war und mich daher nach vielleicht nicht ganz zuverlässigen Karten richte. Die Hauptmagazine der Armee müssen in Brüssel, Nieuport und Veurne errichtet werden. Die Armee versammelt sich bei Brüssel und wendet sich nach Tournai, um die Franzosen für Lille und Valenciennes besorgt zu machen. Man muß eine Schlacht herbeizuführen suchen, um entschiedenes Übergewicht über den Feind zu erlangen, danach Bergues und schließlich Dünkirchen belagern, wobei man von der englischen Flotte unterstützt werden könnte. Diese Operationen werden ungefähr den ganzen Feldzug ausfüllen. Wenn möglich, müßte man auch noch Gravelingen belagern und einnehmen.

Prüfen wir nun, was die Franzosen diesem Plane entgegensetzen könnten. Wenn sie sich in Flandern angegriffen sehen, werden sie unzweifelhaft den Versuch machen, ihren Feinden zuvorzukommen. Sie können zur Belagerung von Tournai oder Mons schreiten, bevor die Hauptkräfte der Verbündeten vereinigt sind. Sie können<205> sich bei Dudenaarde aufstellen, um Euch zu zwingen, Euch nicht zu weit von Brüssel zu entfernen, damit Eure Zufuhr nicht abgeschnitten wird. Sie können auch ein Lager an der Schelde beziehen, zwischen Condé und St. Ghislain. Ja, wer weiß, ob sie nicht gar den Versuch machen würden, sich Brüssels vor der Ankunft der Alliierten zu bemächtigen? In all diesen Fällen müssen die Verbündeten mit einer Schlacht beginnen. Es gibt wenige Stellungen, die sich nicht umgehen ließen, und von dem Ausgang der Schlacht hängt alles ab. Fällt sie entscheidend aus, so wäre Brüssel in Bälde zurückgewonnen. Mons und Tournai dagegen muß man den Franzosen lassen und von seinem Hauptziel nicht um einer Kleinigkeit willen abgehen. Operiert Ihr mit 120 000 Mann nach Bergues und Dünkirchen hin, so bleiben Euch noch 60 000 Mann zur Deckung Brüssels und Eurer rückwärtigen Verbindungen, und die englische Flotte liefert Euch die nötigen Lebensmittel aus den Magazinen von Nieuport.

Schwieriger wird der zweite Feldzug fein, da Ihr Eure Absichten enthüllt habt und der Feind, Eure Pläne erratend, sich ihnen entgegenstellen wird. Ohne Zweifel wird er ein festes Lager wählen, um Euch den Weg zu verlegen. Dann müßt Ihr auf Mittel sinnen, ihn daraus zu vertreiben und ihn zu schlagen, um Gravelingen und danach Bourbourg zu belagern, wobei die englische Flotte, im Hafen von Gravelingen landend, Euch mit Lebensmitteln versorgen würde. Von da müßt Ihr Euch nach Montreuil wenden, wobei die englische Flotte, in den Meerbusen La Canche einlaufend, Euch Vorräte liefern würde. Will der Feind Euch noch weiter vorwärts aufhalten, so müßt Ihr ihn aus seiner Stellung vertreiben, auf Abbeville vorrücken und die englische Flotte nach der Sommemündung segeln lassen, damit Euch die Magazine nicht fehlen.

Vielleicht werdet Ihr einwenden, ich ließe zu viele feste Plätze hinter mir; aber ich habe ja noch 60 000 Mann übrig, von denen 20 000 meine rückwärtigen Verbindungen an geeigneten Punkten besetzen und 40 000 die von Milizen verteidigten Plätze, wie Cassel, Aire, St. Omer, belagern müssen. Ferner ist darauf zu rechnen, daß die ganze französische Armee vom Beginn des zweiten Feldzuges an schleunigst Flandern räumen wird, um Paris zu decken. Wenn Ihr dann mit Nachdruck gegen diese Armee operiert, so wird sich das französische Ministerium geschwind zum Frieden bequemen. Angenommen, Paris würde erobert, so muß man sich wohl hüten, Truppen hineinzulegen. Sie würden dort nur verweichlichen, und die Disziplin ginge verloren. Man müßte sich mit großen Kriegstontributionen begnügen.

Damit dieser Feldzugsplan auf festen Füßen sieht, müßte man die Vorsicht gebrauchen, gute Ingenieuroffiziere und Quartiermeister hinzuschicken, die, als Kaufleute verkleidet, alle jene Gegenden bereisen müßten, um etwaige Fehler des Planes zu berichtigen, sowohl in betreff des Geländes wie hinsichtlich der festen Plätze, die man einnehmen will, desgleichen wegen der Häfen, die mir nicht genau bekannt sind.

<206>

Um indes Fehler zu vermeiden, die ich aus Unkenntnis des Landes vielleicht begangen habe, will ich Euch noch einen Feldzugsplan für ein Gelände entwerfen, das mir weit besser bekannt ist. Angenommen, es käme zum Krieg zwischen Preußen und Österreich. Bekanntlich kann das Haus Österreich 180 000 Mann ins Feld stellen. Nehmen wir ferner an, daß es keine Verbündeten, keine fremde Hilfe hätte. Preußen kann 180 000 Mann ins Feld stellen. Rußland muß 30 000 Mann Hilfstruppen hinzufügen206-1. Die Garnisonregimenter reichen aus, um die am meisten bedrohten Festungen gut zu besetzen. Diese Aufstellung zeigt, daß Preußen seinem Feinde um 30 000 Mann überlegen ist.

Nun entsteht die Frage: welches wird das Ziel des Krieges sein? Und da es gilt, das Haus Österreich zu schwächen, welche Provinz ließe sich am vorteilhaftesten von der Donaumonarchie abtrennen? Es springt in die Augen, daß dies nicht Mähren fein kann. Mähren liegt eingekeilt zwischen dem Fürstentum Teschen, Ungarn, Österreich und Böhmen, wäre also auf die Dauer nicht zu halten. Anders sieht es mit Böhmen. Es ließe sich, von Österreich getrennt, durch Errichtung einiger Forts in den Bergen, die nach Österreich und der bayrischen Grenze abfallen, gegen das Eindringen von dorther wirksam verteidigen.

Meine Kenntnis von Böhmen sagt mir aber, daß man es nie erobern wird, wenn man es zum Kriegsschauplatz macht206-2. Und zwar aus folgendem Grunde. Böhmen ist von einer Bergkette umschlossen, die man notwendig überschreiten muß, wenn man dort eindringen will. Es hängt somit nur vom Feinde ab, die Pässe, durch die Ihr gekommen seid, durch starke Detachements schließen zu lassen, um Euch von Euren Lebensmitteln und rückwärtigen Verbindungen abzuschneiden. Nimmt man aber auch an, daß der Feind auf diesen Plan nicht verfällt, so begebt Ihr Euch doch in ein von Bergen und Defileen gespicktes Land, wo der Feind Euch von Meile zu Meile den Weg verlegen kann und es beinahe unmöglich ist, entscheidende Schlachten zu schlagen; denn die Besiegten sind durch Berge und Wälder gedeckt. Ich nehme selbst an, daß Ihr Euch dank einer Reihe von Erfolgen zum Herrn von Prag macht. Dann bleibt Euch nur die leidige Wahl, Euch entweder durch die starke Besatzung zu schwächen, die Ihr nach Prag legen müßt, um Eure Lebensmittel zu decken, oder, wenn Ihr nur wenige Truppen dort laßt. Eure Magazine dem ersten besten Handstreich preiszugeben, den der Feind machen wird, um die Hauptstadt zu überrumpeln.

Man muß also zu andren Mitteln greifen, um die Eroberung Böhmens herbeizuführen. Das sicherste, wiewohl schwierig auszuführen, ist, den Krieg an die Donau zu tragen. Dadurch zwingt Ihr den Wiener Hof, seine Hauptkräfte aus Böhmen zurückzuziehen, und die Armee, die dort eindringen soll, hat dann die Möglichkeit, ihren Plan auszuführen.

<207>

Auf Grund aller dieser Erwägungen entwerfe ich nun meinen Feldzugsplan.

Die Verteilung der Streitkräfte muß folgende sein. 110 000 Preußen und 30 000 Russen werden in Oberschlesien versammelt. Davon werden 10 000 Mann zur Verteidigung von Silberberg und der Grasschaft Glatz bestimmt. Von dort können sie sich nach Landeshut wenden, falls der Feind nach dieser Richtung etwas unternimmt. 30 000 Mann erhalten Befehl, in Streifkorps ins Fürstentum Teschen einzudringen und vor allem die Proviantzüge der Armee zu sichern, deren Magazin sich in Kosel befindet. Die Hauptarmee rückt auf Neustadt vor, damit der Feind, durch diese Scheinbewegung getäuscht, sich zur Vetteidigung der Gebirgsstraßen anschickt, die von Troppau und Iägerndorf nach Mähren führen, oder sich an der Mohra aufstellt, einem Fluß mit steilen, felsigen Ufern. Die preußische Armee in Sachsen, 60 000 Mann stark, entwaffnet, wenn nötig, die Sachsen, bezieht ein Lager auf den Bergen zwischen Berggießhübel, Peterswald usw., führt einen Parteigängerkrieg in Böhmen und begnügt sich damit, den Feind häufig besorgt zu machen, als ob sie die Absicht hätte, bei der ersten Gelegenheit in Böhmen einzubrechen. Ihre Streifkorps können in der Richtung auf Dux und Teplitz vorgehen und sich im Saazer Kreis ausdehnen, vielleicht auch bis zur Eger vordringen.

Die schlesische Hauptarmee nimmt, wenn alle ihre Maßregeln getroffen sind, zwischen Troppau und Jägerndorf Stellung und bezieht dott ein Lager. Nichts<208> kann den Feind mehr in der Meinung bestärken, daß die Preußen über die Berge gegen Olmütz vorgehen wollen. Dann muß sie über Hultschin, Fulnek und Mährisch-Weißkirchen marschieren. Durch diesen Umweg vermeidet man die Gebirgspässe und die schlimmen Mohraübergänge und gelangt in die Mährische Ebene hinab. Dann müssen Depots in Fulnek oder Mährisch-Weißkirchen errichtet werden, je nachdem, wie es am besten erscheint. Zur Sicherung der Lebensmittel müßten Feldbefestigungen mit Flatterminen angelegt werden. Die Armee muß von dort auf Prerau oder Kremsier vorrücken. Es ist klar, daß der Feind, der sich von den Preußen umgangen sieht, die Berge und die Mohra schleunigst verlassen wird. Doch läßt sich nicht leicht erraten, welchen Ort er zu einer neuen Stellung wählen wird. Allem Anschein nach aber wird er sich entschließen, die March zu verteidigen und diesen Fluß vor seiner Front zu lassen. Wegen ihrer sumpfigen Ufer ist die March schwer passierbar, und wahrscheinlich wird der Feind den Preußen hier die erste Schwierigkeit bereiten, indem er ihnen den Übergang streitig macht. Aber schließlich gibt es Mittel für alles, und höchstwahrscheinlich wird es, nachdem die Preußen den Fluß überschritten haben, zwischen beiden Armeen zur Schlacht kommen.

Ist das Waffenglück mit uns, so muß der Sieg soviel wie möglich ausgenutzt und der Feind bis zu den ersten beträchtlichen Defileen, auf die man stößt, hitzig verfolgt werden. Ist das geschehen, so muß ein zu diesem Zweck detachiertes Korps alles Getreide, Vieh und Lebensmittel in der Gegend von Olmütz bis auf drei Meilen im Umkreise wegnehmen und alle Backöfen in den Häusern zerstören, sowohl um der Festung alle Subsistenzmittel zu nehmen, als auch um schon im voraus zu verhindern, daß die Besatzung von Olmütz im nächsten Winter Ausfälle auf die Blockadetruppen macht. Die geschlagene österreichische Armee wird wahrscheinlich unter den Kanonen von Brünn Schutz suchen. Man darf sie jedoch nicht in Ruhe lassen, sondern muß versuchen, ihr die Zufuhr abzuschneiden, die sie über Znaim aus Österreich erhält. Nun könnte man starke Detachements nach der Thaya senden, die sogar bis an die Donau vordringen dürften. Beginnt der Feldzug im Juni, so muß man Olmütz recht eng einschließen. Im März des nächsten Jahres, wenn die Stadt zehn Monate lang ohne jede Hilfe gewesen ist, würde der Kommandant durch Hunger zur Übergabe genötigt sein oder nach leichter Verteidigung kapitulieren.

Die verlorene Schlacht würde den Wiener Hof natürlich zur Verstärkung seiner Armee in Mähren zwingen. Die böhmische müßte starke Detachements an sie abgeben: das wäre für die in Sachsen stehende Armee das Zeichen zum Vordringen.

Im nächsten Feldzuge müßte man die Feinde in ihren Stellungen umgehen, ihre Detachements aufzuheben oder zu vernichten suchen und den Krieg mit Nachdruck nach der Thaya und Donau hinübertragen. Die Armee in Sachsen würde den Feind energisch vor sich Hertreiben, Prag einnehmen, in das man die 10 000 Mann aus Silberberg werfen könnte, und die gesamte böhmische Armee könnte über Budweis und Wittingau gegen Linz an der Donau vorgehen. Durch diese Stellung würde<209> die österreichische Armee aller Lebensmittel beraubt, die sie von der oberen Donau bezieht, und da die 30 000 Mann der Hauptarmee, die die rückwärtigen Verbindungen zu decken hatten, nun teilweise entbehrlich werden, so könnte man sie im Falle großer Erfolge über Skalitz auf Preßburg detachieren. Die Österreicher würden in große Not kommen, und ich glaube, in dieser Lage, wo Wien bedroht wäre, würden sie die Hand zu jedem ihnen vorgeschlagenen Frieden reichen.

Wie ich zugebe, birgt dieser Plan große Schwierigkeiten. Man muß Glück haben, um ihn zu einem guten Ende zu führen. Aber mag es Politik, mag es Krieg, mag es irgend ein menschliches Unternehmen sein, das auf künftigen Zufällen und Wahrscheinlichkeitsrechnung beruht, keins wird gelingen, wenn es nicht vom Glück begünstigt wird.

Vielleicht erscheinen Euch diese Pläne zu groß und weitreichend; doch glaubt nicht, ich sei der einzige, der solche Pläne entwirft. Ich brauche Euch nur an einige Projekte des Prinzen Eugen zu erinnern, dessen großer Geist sich nicht mit Kleinigkeiten begnügte, sondern entscheidende Schläge zu führen suchte, die das Schicksal der Throne und Völker entschieden. Aus der Geschichte seiner Feldzüge könnt Ihr ein gleiches entnehmen. Ich will hier nur mit wenigen Worten daraus eingehen. Der große Kriegsheld wollte Cremona, das Hauptquartier der Franzosen, überfallen. Er drang in die Stadt ein, konnte sich darin aber nicht behaupten, weil Detachements, die zu jener Überrumpelung beitragen sollten, zu spät kamen209-1. Der Schlag ging fehl, aber darauf kommt es nicht an. Prüfen wir einmal, welche Folgen die Einnahme von Cremona gehabt hätte, wenn Prinz Eugen die Stadt hätte halten können. Erstens hätte er die ganze französische Generalität gefangen genommen. Niemand hätte den in Kantonnementsquattieren zerstreuten Truppen Befehle geben können. Er wäre über die verzettelte feindliche Armee hergefallen, hätte sie im einzelnen vernichtet, und der fliehende Rest wäre glücklich gewesen, in kleinen Trupps die Alpen zu erreichen und sich nach Frankreich zu retten. So hätte ein einziges aufgehobenes Quartier die ganze Lombardei von den Franzosen gesäubert und die Lombardei, Mantua und Parma dem österreichischen Zepter gewonnen.

Noch hat kein Mensch gelebt, dem alle Pläne geglückt wären. Faßt Ihr jedoch nur kleine Pläne, so werdet Ihr stets nur ein mittelmäßiger Mensch sein. Gelingen Euch aber von zehn großen Unternehmungen, die Ihr plant, nur zwei, so macht Ihr Euren Namen unsterblich. Wenn aber auch der Anschlag des Prinzen Eugen auf Cremona fehlschlug, er entschädigte sich dafür doch bald durch den klugen und geschickten Marsch auf Turin, bei dem er französische Detachements ruhig hinter sich ließ, um La Feuillade aus seinen Verschanzungen bei Turin zu vertreiben (1706). Dadurch säuberte er Italien mit einem Schlage von den Franzosen, die seit 1701, wo der Krieg anfing, Herren des Landes waren.

<210>

Ganz ähnlich war der Plan, die Franzosen und Bayern bei Höchstädt anzugreifen. Sie wurden geschlagen210-1. Der Verlust der Schlacht zwang sie zur Räumung von Bayern und Schwaben, und sie fühlten sich nicht eher sicher, als bis sie über den Rhein gegangen waren. Ich nenne Euch stets den Prinzen Eugen als den größten Kriegshelden unsres Jahrhunderts. Folgt ihm nach Ungarn. Seht, wie er die Belagerung von Belgrad unternimmt, wie er selbst von den Türken belagert wird und ruhig abwartet, bis sie zum Teil einen kleinen Bach überschritten haben, der sie von seiner Armee trennte, um dann über sie herzufallen und einen entscheidenden Sieg davonzutragen, der den Großherrn zum Friedensschluß und zur Abtretung schöner Provinzen an den Kaiser zwang210-2.

Wer die Feldzüge des Prinzen Eugen liest, darf sich nicht damit begnügen, sein Gedächtnis mit militärischen Tatsachen anzufüllen. Er muß vor allem danach trachten, die großen Gesichtspunkte zu erfassen und ebenso zu denken. Es genügt nicht, in der Person des Prinzen Eugen das Muster eines großen Feldherrn studiert zu haben.

Nicht minder nützlich ist die Prüfung der Fehler, die die Minister der Höfe oder die Heerführer aus Mangel an Urteil und Kenntnissen begingen, indem sie die Pläne ihrer Unternehmungen schlecht entwarfen. Solche Beispiele sind nur zu zahlreich. Ich will nicht im Altertum herumstöbern, um Euch die Mißgriffe vergangener Zeiten in Erinnerung zu bringen, sondern nur die modernen Torheiten anführen, wo der Gang der Ereignisse Euch vertrauter und besser bekannt ist.

Karl XII. kommt mir zuerst in den Sinn, vielleicht der tapferste und inkonsequenteste Feldherr, den es je gab210-3. Wie Ihr wißt, schlug er die Russen bei Narwa (1700). Die Staatsraison und militärische Gründe erheischten, daß er bei Beginn des Frühlings nach Esthland marschierte, von dort den Zaren vertrieb, Petersburg zurückeroberte, den Zaren zum Frieden zwang und ihn auf seine alten Grenzen beschränkte. Ihr erkennt deutlich, daß er nach der Niederwerfung seines gefährlichsten Gegners unumschränkt über Polen hätte verfügen können; denn niemand hätte sich ihm zu widersetzen gewagt. Was aber tut er? Anstatt einen so vernünftigen Plan zu befolgen, kommt er auf den Einfall, sich mit den polnischen Woywoden herumzuschlagen und ein paar Händevoll Sachsen hier- und dorthin zu treiben. Dadurch läßt er dem Zaren Zeit, seine Truppen zu schulen, tüchtige Generale in seinen Dienst zu nehmen, kurz, all die Einrichtungen und Vorkehrungen zu treffen, die Karls völlige Niederlage bei Pultawa (1709) herbeiführen sollten. Was sollen wir vollends von Karls XII. Zug nach der Ukraine sagen, von wo er nach Moskau vordringen wollte? Wenn je ein Plan gegen Vernunft und gesunden Menschenverstand gefaßt ward, so ist es dieser. Seine Absicht war, den Zaren zu entthronen. Dies Vorhaben überstieg<211> seine Kräfte: er hatte kaum 30 000 Mann zu dessen Ausführung. Mithin mußte er darauf verzichten; denn im Kriege wie bei allem menschlichen Tun kann der Kluge zwar schwierige Dinge unternehmen, darf sich aber nie auf unausführbare Pläne einlassen.

Das ist aber nicht alles. Es ist eine Kriegsregel, daß man niemals weite Pointen oder Vorstöße von seinen Landesgrenzen machen darf. Alle in der Nähe der Grenze unternommenen Kriege verlaufen stets glücklicher als die, bei denen sich die Armeen zu weit vorwagen. Unter solchen Pointen verstehe ich, daß man sich von seinen Magazinen entfernt und zu tief in Feindesland eindringt, ohne seine rückwärtigen Verbindungen zu sichern211-1. Wer aber hat je gröberen Mißbrauch mit solchen weiten Vorstößen getrieben als Karl XII.? In der Ukraine war er völlig von Schweden abgeschnitten, aller Hilfsmittel aus der Heimat beraubt, ohne Magazine und ohne die Möglichkeit, welche anzulegen. Von Pultawa bis Moskau sind ungefähr 100 deutsche Meilen; dazu brauchte er 45 Marschtage. Selbst wenn ihm der Feind unterwegs nicht entgegengetreten wäre, wußte man doch, daß der Zar beschlossen hatte, alles auf seinem Wege zu verwüsten. Bei einem derartigen Zuge hätten die Schweden also mindestens für drei Monate Proviant, lebendes Vieh im Verhältnis und viel Munition mitführen müssen. Dazu waren wenigstens 3 000 Wagen nötig, jeder mit vier Pferden bespannt, insgesamt also 12000 Pferde zum Transport dieser Vorräte. Wie hätte er diese Anzahl in der Ukraine finden können? Aber auch wenn er sie hätte auftreiben können: ergibt sich daraus nicht, daß die halbe schwedische Armee zur Bedeckung der Vorräte notwendig gewesen wäre, da ihr Verlust ja den Untergang der ganzen Armee nach sich ziehen mußte? Wollte Karl XII. dem Zaren einen empfindlichen Schlag versetzen, so mußte dies durch Esthland geschehen, wo ihm seine Flotte Proviant und Munition herbeischaffen und er seine Armee sogar aus den finn-ländischen Milizen rekrutieren konnte. Die Unglücksfälle, die ihn trafen, hat er sich selbst zugezogen, da er alle Kriegsregeln mißachtet hat und allein seiner Laune gefolgt ist.

Der Türkenkrieg, den die Österreicher im Jahre 1736 unternahmen211-2, fiel für sie nur deshalb so unglücklich aus, well seine Anlage auf falschen Berechnungen beruhte. Prinz Eugen hatte die Donau stets als Nährmutter der in Ungarn operierenden Armeen angesehen und verließ sie sowenig wie möglich. Der Wiener Hof, der nicht einmal Ungarn kannte, entwarf Pläne, die seine Truppen vollständig von der Donau entfernten. Er veränderte die Feldzugspläne mitten im Laufe der Operationen. Der erste beste, wenn man so sagen darf, der sich Hirngespinste ausdachte, beeinflußte die Befehle, die Kaiser Karl VI. seinen Armeen gab. Dadurch wurde alles verdorben. Allerdings verhehle ich nicht, daß die falsche Führung der Generale viel zu den Fehlschlägen beitrug, die jener Krieg dem Kaiserhause bescherte.<212> Betrachtungen über die Feldzugspläne

Prüfen wir aufmerksam, wodurch die Hoffnungen vernichtet wurden, die Frankreich 1741 auf die Demütigung des Hauses Österreich setzte, so finden wir die Ursache zumeist in den falschen Maßregeln, die Frankreich zur Ausführung eines so weitschauenden Planes ergriff. Die Franzosen wollten die österreichische Monarchie zerstückeln. Sie wollten Niederösterreich, Böhmen und Mähren von ihr lostrennen, desgleichen Schlesien, dessen sich eben die Preußen bemächtigt hatten. Sie rechneten auf den Beistand von 12 000 Bayern und 25 000 Sachsen, ohne der preußischen Armee zu gedenken, die mit den Hauptkräften des Hauses Österreich im Kampfe lag. Je größer die Pläne sind, um so mehr müssen ihnen die Mittel zur Ausführung entsprechen. Es hätte in Frankreichs Interesse gelegen, ein Heer von 80 000 Mann zum Kurfürsten von Bayern stoßen zu lassen, sowohl um den Krieg in einem Feldzuge zu beenden, wie auch, um durch diese zahlreichen Streitkräfte ein Übergewicht über seine Verbündeten zu haben. Anstatt aber solche weisen Maßregeln zu treffen, schickte Frankreich nur 30 000 Mann, um die Königin von Ungarn in ihren Staaten anzugreifen und das mächtige Kaiserhaus zu stürzen. Und selbst das wäre gelungen, wären die Franzosen und Bayern nach der Einnahme von Linz stracks auf Wien gerückt212-1. Die fast unverteidigte Hauptstadt hätte ihnen nicht lange Widerstand geleistet. Der König von Preußen hätte sich wohl eiligst der Donau genähert, und nach aller Wahrscheinlichkeit hätte Frankreich die Friedensbedingungen diktiert. Doch entweder erkannten die Franzosen diese Vorteile nicht oder sie zogen falsche Schlüsse, was leicht möglich ist; denn nach der Einnahme von Linz wandten sie sich ohne triftigen Grund nach Böhmen. Dieser nicht wieder gutzumachende Fehler vernichtete ihre großen Hoffnungen und verursachte all das Mißgeschick, das nachher über sie hereinbrach.

Möge man daraus lernen, wie verderblich im Kriegshandwerk falsche Logik und wie nötig es ist, richtig zu urteilen. Auch bei dieser Gelegenheit zeigt sich, daß Kriege, die ein Fürst weit von seinen Grenzen unternimmt, selten gelingen; denn die große Entfernung von der Heimat macht den rechtzeitigen Ersatz der Mannschaften, den Nachschub an Remonten, Munition und andrem Armeebedarf unmöglich, und da die Verbindung öfters unterbrochen wird, so können die notwendigen Verstärkungen nicht durchkommen. In Offensivkriegen muß man also entweder alles aufbringen, was zu großen Unternehmungen erforderlich ist, oder, wenn es daran fehlt, auf so weitschauende Pläne verzichten.

Ganz anders als bei dem eben dargestellten verhält es sich bei einem Kriege mit gleichen Kräften. Hier muß man seine Pläne nach seinen Kräften richten und sich hüten, etwas zu unternehmen, zu dessen Ausführung die Mittel fehlen. Der Hof kann dem Heerführer zwar befehlen, alles aufzubieten, um den und den Fluß zu erreichen, die und die Stadt zu erobern, aber er kann ihm die Einzelheiten seiner<213> Operationen nicht vorschreiben; denn da sein Heer nicht stark genug ist, um den Feind zu zwingen, seine Bewegungen nach den eignen zu richten, so muß er sich alle Vorteile, die er dem Gegner abgewinnt, durch List und Geschicklichkeit verschaffen. In einem solchen Kriege kommt man im Fuchspelz weiter als in der Löwenhaut.

Nicht genug zu empfehlen ist, dem Gegner in der Eröffnung des Feldzuges zuvorzukommen. Dadurch gewinnt man Terrain, und das führt oft zu Überfällen oder gibt Gelegenheit, ein Detachement des Feindes zu schlagen. Der Feldherr soll stets den festen Vorsatz haben, die Offensive zu ergreifen, sobald die Gelegenheit sich bietet. Bei Eröffnung des Feldzuges muß er seine Pläne gut verbergen, den Feind irreführen, den feindlichen Heerführer so gut wie möglich kennen lernen, um mit seiner Methode und seiner Art des Handelns vertraut zu sein213-1. Je besser man ihn kennt, um so besser gelingt es, ihn zu hintergehen. Die Überlegenheit über den Feind erlangt man, indem man unvermutet in seine Quartiere einfällt und einen Teil seiner Armee aufhebt. So machte es Turenne, als er über Thann und Belfert ins Elsaß einfiel, Bournonvilles Quartiere aufhob und den Großen Kurfürsten, der in Kolmar stand, zum Rückzug über den Rhein zwang213-2. Ein weiteres Mittel ist, eine Entscheidungsschlacht zu gewinnen, oder dem Feind seine Magazine fortzunehmen, oder endlich, sich auf seine Verbindungslinien zu werfen, wodurch man ihn zwingt, zurückzugehen und Euch das Terrain zu überlassen. In einem Lande mit vielen Festungen erregt man leicht die Besorgnis des Feindes, indem man durch wohlberechnete Bewegungen mehrere Plätze zugleich bedroht. Aber in Deutschland zum Beispiel wäre diese Art Kriegführung zwecklos. Hier kann man den Gegner nur dadurch besorgt machen, daß man seine Magazine bedroht oder sich auf seine Verbindungslinien wirft. Tut man dies aber, so darf man nicht vergessen, seine eignen Depots und Verbindungen zu sichern.

Um Euch nicht durch eine Reihe allgemeiner Regeln zu ermüden, will ich Euch als Beispiel einen geschickten Feldherrn anführen, der dem Krieg, den er führte, durch seinen Scharfblick und sein Genie eine andre Wendung gab. Ich meine den Marschall von Luxemburg. Lest seinen Feldzug von 1693 in der „Histoire militaire de Louis XIV“.213-3 Der König hatte beschlossen, einen Offensivkrieg in Flandern zu führen. Dann änderte er seinen Plan und nahm von jener Armee 40 000 Mann, um sie unter dem Dauphin213-4 nach Deutschland zu senden. Der Prinz von Oranien, der die Armee der Alliierten führte, stand im Feldlager bei Parc213-5 und schien sehr in Bedrängnis, Lüttich und Löwen, die die Franzosen zu belagern drohten, gleichzeitig zu halten. Sofort nach dem Abmarsch der 40 000. Mann bezog Luxemburg das Lager von Meldert. Durch diese Stellung hielt er den Prinzen von Oranien dauernd in Besorgnis. Der Prinz schickte sogleich 12 000. Mann ab, um das verschanzte Lager vor Lüttich zu beziehen. Bald darauf ließ Luxemburg in Namur, das damals im<214> Besitz der Franzosen war, einen Artilleriepark zusammenstellen. Auf diese Nachricht hin schickt der Prinz von Oranien den Truppen im Lager bei Lüttich eine neue Verstärkung und lagert selbst an der Geete zwischen den Dörfern Landen und Neerwinden. Das genügte Luxemburg noch nicht. Er wollte, daß sein Gegner sich noch mehr schwächte, und schickte von seiner Armee ein starkes Detachement ab, angeblich, um die Vogtei von Courtrai zu besetzen. Er hatte den Generalen jedoch geheime Weisungen gegeben, wie sie ihren Marsch einrichten sollten. Sobald der Prinz von Oranien von dieser Detachierung Wind bekam, schickte er den Prinzen von Württemberg214-1 mit einem beträchtlichen Korps ab, um den Unternehmungen der Franzosen entgegenzutreten. Daraufhin setzte sich Luxemburg in Marsch; unterwegs stieß das Detachement zu ihm, und er schlug den Prinzen von Oranien bei Neerwinden214-2. Diesen Sieg und die Überlegenheit, die er dadurch über die Alliierten erlangte, verdankte er nur seinem Genie. Durch die Absendung der Truppen, die der König nach Deutschland schickte, war er sogar schwächer an Zahl als der Prinz von Oranien. Aber seine Geschicklichkeit verschaffte ihm die Überlegenheit über seinen Gegner, und er beendigte den Feldzug mit der Belagerung und Eroberung von Charleroi. Dies Beispiel muß jedem General, der gegen eine gleich starke Armee operiert, stets vor Augen stehen. Er soll sich nicht etwa der gleichen List bedienen, wohl aber ähnliche anwenden oder einige der Mittel benutzen, die ich im Anfang erwähnte.

Wäre es nötig, die Beispiele dieser Art zu vermehren, so würde ich den Feldzug des österreichischen Generals Khevenhüller in Bayern (1743) erwähnen. Er focht dort gegen die Franzosen und Bayern, überfiel und schlug sie bei Vilshofen und Deggendorf, zwang die Franzosen, über den Lech zurückzugehen, und die Bayern, eine Art von Neutralität anzunehmen214-3.

Durch solche Mittel kann man sich die Überlegenheit über den Feind verschaffen. Der Leser wird aber leicht einsehen, daß dazu eine fruchtbare Phantasie gehört, die an Hilfsmitteln und Auswegen reich ist, und daß man über das Kriegshandwerk nachdenken und es studieren muß. Sonst wird man in solchen Dingen nie Erfolg haben.

Ich komme nun zum Defensivkriege, der, soll er gut geführt werden, noch mehr Kunst verlangt als die beiden eben behandelten Kriegsarten. Ein Defensivkrieg kann drei Ursachen haben:

1. Wenn Eure Truppen nicht zahlreich genug sind, um nachdrücklich gegen den Feind zu operieren;

2. Wenn Eure Truppen durch einen Mißerfolg geschwächt und entmutigt sind, und 3. Wenn Ihr Hilfe erwartet.

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Als allgemeine Regel gilt für diese Kriegsart, daß man sich nie zu streng auf die Defensive beschränken und vor allem nie aus den Augen verlieren darf, sie bei der ersten Gelegenheit in die Offensive zu verwandeln. Unwissende Offiziere glauben, einen richtigen Defensivkrieg zu führen, wenn sie stets vor dem Feinde zurückweichen und jedes Gefecht vermeiden. Dann geht es ihnen wie dem Herzog von Cumberland, der nach der selbstverschuldeten und auch gewollten Niederlage bei Hastenbeck bis nach Stabe ans Meeresufer floh, wo er mit dem Marschall Richelieu eine schimpfliche Kapitulation abschloß215-1. Wäre er ein Feldherr gewesen, dann hätte er nicht so unüberlegt 30 Meilen Land preisgegeben. Er hätte dem Feind das Gelände wenigstens Schritt für Schritt streitig machen müssen und nur das aufgeben dürfen, was er nicht mehr halten konnte. Auf diese Weise hätte er den Krieg in die Länge ziehen können und so unzweifelhaft Gelegenheit gefunden, das Gleichgewicht mit den Franzosen wiederherzustellen.

Ein Defensivplan bedarf reiflicher Erwägung. Es gibt Stellungen, die ganze Provinzen decken, ja von denen aus man die feindlichen Provinzen bedrohen kann. Solche Stellungen muß man einnehmen und sie nach allen Regeln der Kunst besetzen. Da man alles voraussehen muß, was ein geschickter Feind gegen Euren Staat zu ersinnen vermag, so kann man annehmen, daß er Euch durch seine Bewegungen zum Verlassen Eurer Verteidigungsstellung wird zwingen wollen. Man muß also schon vorher ein andres Lager ausgesucht haben, entweder rechts oder links oder auch rückwärts, durch das man ihn seinerseits in Schach halten kann. Denkt stets an die gefährlichsten Pläne, die man gegen Euch schmieden kann, und sucht stets die Mittel bereit zu halten, um solche Unternehmungen zu durchkreuzen. Führt der Feind sie aus, so werdet Ihr nicht überrascht und könnt ihm mit kaltem Blut so entgegentreten, wie Ihr es Euch schon vorher ausgedacht habt. Wer sich nicht selbst täuscht, sondern alles voraussieht, wird selten überrascht und findet Mittel zum Parieren der gefährlichsten Schläge, die man gegen ihn führen wollte.

Stützt Eure Defensive nie auf Flüsse, außer wenn sie steile, felsige Ufer haben. Man kann einen Fluß verteidigen, den man hinter sich hat, aber noch nie ist die Verteidigung gelungen, wenn er vor der Front der Armee fließt215-2. Ein Heerführer, der mit einem Defensivkrieg betraut ist, muß auf die geringsten Fehler des Feindes achten und ihn womöglich zu Fehlern verleiten, um seine geringste Fahrlässigkeit auszunutzen. Solange der Feind kunstgerecht operiert, wachsam ist, das Gelände gut ausnutzt, sich vorteilhaft lagert, seine Detachements nicht leichtsinnig aufs Spiel setzt, seine Märsche deckt, sie in guter Ordnung zurücklegt, seine Lebensmittel sichert und mit Vorsicht fouragiert, hat auch der gewandteste General fast keine Aussicht, ihn mit einigem Erfolg anzugreifen. Ist er aber fahrlässig und begeht Schnitzer, so muß man die Gelegenheit wahrnehmen, sei es, indem man ihn selber angreift, wenn<216> sein Lager schlecht gewählt ist, oder eins seiner Detachements aufhebt, das er nicht unterstützen kann, sei es, daß man ihn in ein Nachhutgefecht verwickelt, wenn sein falsches Benehmen dazu Anlaß gibt, oder einen Krieg gegen seine Verpflegung führt, indem man seine Proviantzüge abfängt, seine Fourageure schlägt oder auch den Winter benutzt, um in seine Quartiere einzufallen, wenn er sie nicht genügend gesichert hat. Zahlreiche kleine Erfolge wiegen den Gewinn einer Schlacht auf und geben auf die Dauer ein entscheidendes Übergewicht.

Ich könnte Euch kein schöneres Beispiel eines nach diesen Grundsätzen geführten Defensivkrieges nennen als das des Feldzuges von 1758, wo Prinz Ferdinand mit denselben Truppen, mit denen der Herzog von Cumberland so feige gekämpft hatte, in die Quartiere der französischen Armee einfiel, sie aus Braunschweig und Hannover verjagte und sie in weniger als zwei Monaten über die Weser, die Lippe und den Rhein zurücktrieb216-1. Bedenkt dabei, daß es in der ganzen Armee an wirklichen Generalen nur Prinz Ferdinand und den Erbprinzen216-2 gab. Die Feldzüge, die er weiterhin führte, waren zwar weniger glänzend, aber von derselben Art, da die Franzosen nicht weniger als 100 000 Mann in Deutschland hatten und Prinz Ferdinand ihnen nur 60 000 Mann entgegenstellen konnte. Dies Mißverhältnis, das jeden andren entmutigt hätte, hinderte ihn nicht, ganz Niedersachsen und einen Teil von Westfalen gegen die Unternehmungen der Franzosen zu decken und sie öfters im Laufe eines Feldzuges zweimal zu schlagen. Die Art, wie Prinz Ferdinand jenen Krieg führte, hat seinen Namen berühmt gemacht. An derartigen Kennzeichen unterscheidet man wirkliche Generale von solchen, die nur den Generalstitel tragen. Vergleicht man sein Verhalten mit dem sämtlicher Marschälle, die Frankreich ihm entgegenstellte, so wird man sehen, wie sehr er ihnen überlegen war. Er allein war für die Armee der Alliierten soviel wert wie 40 000 Mann.

Ein andres Beispiel, wenn auch weniger glänzend und von weit geringerem Schlage, ist das Karl Emanuels, des Königs von Sardinien, der den Alpenübergang im Jahre 1747 ausgezeichnet verteidigte. Da er den Col d'Assiette mit großer Kunst und Geschicklichkeit besetzt hatte, so vernichtete er durch dies Hindernis die Pläne der Franzosen und Spanier. Chevalier Belle-Isle, der Führer der Verbündeten, griff diese wichtige Stellung zu leichtfertig an. Seine Truppen wurden überall zurückgeschlagen, und er selbst fiel216-3. Die Franzosen und Spanier gingen über den Var zurück, und der König von Sardinien hatte den Ruhm, seine Staaten für diesen Feldzug vor der feindlichen Invasion gerettet zu haben. Den Erfolg verdankte er lediglich der verständigen Wahl einer uneinnehmbaren Stellung und den guten Maßregeln, die er getroffen hatte.

Eine Armee kann durch einen Mißerfolg oder durch den Verlust einer Schlacht auf die Defensive beschränkt werden. Doch verlangt die Kriegsregel und die Erfahrung,<217> sich nach einer Niederlage so wenig wie möglich zurückzuziehen. Es ist sehr selten, daß man keine Stellung eine halbe Meile hinter dem Schlachtfelde findet. Dort muß man Halt machen, und zwar aus folgenden Gründen. Je weiter Ihr flieht, um so größer werden Eure Verluste. Verwundete, die sich mit Mühe eine halbe Meile weit schleppen, können Euch nicht zwei Meilen folgen und fallen somit in Feindeshand. Je mehr Ihr Euren Rückzug abkürzt, um so weniger werden Eure Soldaten auseinanderlaufen. Hinzu kommt, daß, wenn Ihr dem Feinde wenig Terrain überlaßt, Ihr seinen Sieg bedeutend schmälert; denn man führt nur Krieg, um Land zu gewinnen. Vor allem aber ist zu bedenken, daß eine Armee nie weniger kampflustig ist als unmittelbar nach einem Siege. Jedermann frohlockt und prahlt mit seinen großen Heldentaten. Die breite Masse ist heilsfroh, den großen Gefahren, denen man sie ausgesetzt hat, glücklich entronnen zu sein, und niemand hat Lust, ihnen sofort wieder die Stirn zu bieten. Kein General wird siegreiche Truppen am nächsten Tage nochmals ins Feuer führen. Ihr könnt also ruhig in Eurem Lager bleiben und Euren Truppen Zeit geben, wieder zur Besinnung zu kommen. Die Soldaten gewöhnen sich wieder an den Anblick des Feindes, und bald kommen die Gemüter ins Gleichgewicht.

Ist Euer Gegner 60 000 Mann stark und bleiben Euch nur 45 000 Mann, so darf Euch das keineswegs entmutigen; denn Ihr habt noch hundert Mittel, um Euch für den erlittenen Schimpf zu rächen. 45 000 Mann sind bei guter Führung mehr wert als 60 000 unter einem mäßigen Feldherrn. Bleiben Euch nur 30 000 Mann gegenüber 60 000, was wir als die Stärke des Feindes annehmen, so wird Cure Lage schon schwieriger, und es bedarf sicherlich viel größerer Geschicklichkeit, um ein folgenschweres Unglück zu vermeiden. Es ist unmöglich, mit 30 000 Mann eine Art von Gleichgewicht zwischen beiden Armeen wiederherzustellen. Selbst wenn Ihr dem Feinde ein Detachement von 10 000 Mann vernichtet, sieht Ihr ihm an Zahl doch viel zu weit nach, um ihm Gesetze vorzuschreiben, es sei denn, daß der Euch gegenüberstehende General der dümmste und unfähigste Mensch ist. Mithin bleibt Euch nur übrig, uneinnehmbare Stellungen zu beziehen, wo solche vorhanden sind, Euch vor allem die Ausgänge und den Rücken frei zu halten, mehr als Parteigänger, denn als Feldherr zu verfahren, die Stellung nach Bedarf zu wechseln, besonders wenn der Feind Miene macht, sie anzugreifen, mehr einen Scheinkrieg als einen wirklichen Krieg zu führen, möglichst viele kleine Erfolge zu erringen, um Euch Respekt zu verschaffen und das Ungestüm des Feindes zu dämpfen, kurz, alle Mittel und Auswege zu benutzen, die Eure Gewandtheit, Eure Einbildungskraft und die Hilfsquellen Eures Geistes Euch liefern.

Am nachteiligsten für kleine Heere sind die Detachements, die der Feind abschicken kann. Stellt man ihnen ein Detachement aus der eignen schwachen Armee entgegen, so kann es ihnen keinen Widerstand leisten, und man schwächt sich dadurch noch mehr. Stellt man ihnen aber garnichts entgegen, so läuft man Gefahr, von seinen Lebens<218>Mitteln und Verbindungen abgeschnitten zu werden. Steht das feindliche Detachement in gebührender Entfernung von seiner Hauptarmee, so ist es besser, ihm mit allen Kräften auf den Leib zu rücken, um es zu schlagen und den Gegner dadurch einzuschüchtern. Immerhin ist nicht zu leugnen, daß der General sich in einer schwierigen und peinlichen Lage befindet, und daß er seine Tätigkeit, Wachsamkeit, Geistesgegenwart und wenn möglich auch seine Gewandtheit verdoppeln muß, um sich mit Ehren herauszuziehen.

In dem zuerst angenommenen Falle jedoch, wo Euch 45 000 Mann gegen 60 000 verbleiben, sind die Schwierigkeiten bei weitem nicht so bedeutend. Denn habt Ihr auch nicht genug Truppen, um den Feind anzugreifen, so reichen sie doch zu Eurer Verteidigung aus. Oft wird der Feind nach einigen frisch errungenen Erfolgen übermütig. Er verläßt sich auf sein Glück, verachtet den Besiegten und läßt sich gehen. Er behandelt den Krieg nur noch als Läpperei, glaubt, sich nicht mehr streng an die Kriegsregeln halten zu müssen, faßt unüberlegte Entschlüsse, handelt drauf los und bietet Euch dadurch selbst die Gelegenheiten, die Ihr nicht unbenutzt lassen dürft, um wieder das Übergewicht zu erlangen, das Ihr an einem schlimmen Tage verloren hattet. Sobald Ihr merkt, daß der Feind im Gefühl seiner Sicherheit einschläft, müßt Ihr ihn darin noch bestärken; denn das ist der Vorbote des Unglücks, das seiner harrt. Kurz, legt ihm allerlei Fallen, damit er wo nicht in die eine, so doch in die andre tappt. Stellt Euch, als wolltet Ihr vor ihm zurückgehen, sucht ihn zu einer falschen Bewegung zu verleiten und benutzt unverweilt seine geringste Fahrlässigkeit.

Seid Ihr schwächer als der Feind und wartet Ihr auf Hilfe, so würdet Ihr eine unverzeihliche Torheit begehen, wenn Ihr das Geringste unternähmet, bevor die Verstärkung heran ist. Denn durch Eure Ungeduld bringt Ihr Euch in Gefahr, all die Erfolge zu verlieren, die die Hilfstruppen Euch sicherlich verschaffen würden, wenn Ihr deren Eintreffen abwarten wolltet. Nur in solchen Fällen darf sich ein Heerführer auf die Defensive in der vollen Bedeutung des Wortes beschränken.

Fassen wir nun die allgemeinen Grundsätze zusammen, die wir für die verschiedenen, eben besprochenen Kriegsatten aufgestellt haben, und geben wir einen kurzen Abriß der Regeln für die Feldzugspläne, je nach der Lage, in der man sich befindet:

1. Wer einen Krieg unternehmen will, muß sich genaue Kenntnis von der Stärke des Feindes, mit dem er kämpfen will, und von dem Beistand seiner Verbündeten verschaffen, um die eignen Kräfte mit denen des Gegners zu messen und festzustellen, auf welcher Seite die Überlegenheit ist.

2. Man muß gründliche Kenntnis von der Natur des Landes haben, in dem man Krieg führen will, um die Einzelheiten der geplanten Unternehmung danach einzurichten.

3. Die Hauptsorge gilt den Lebensmitteln, die man für den Feldzug braucht. Man beschränke sich nicht auf ihre Anschaffung, sondern sinne im voraus auf Mittel und<219> Wege zur Erleichterung ihres Transportes. Denn wenn der Proviant fehlt, kann man auch mit der tüchtigsten Armee nichts anfangen.

Diese allgemeinen Regeln gelten für den Krieg überhaupt. Die folgenden sind besonders für den Offensivkrieg bestimmt:

1. Eure Pläne müssen ein großes Ziel haben. Gleichwohl dürft Ihr nur Ausführbares unternehmen und müßt Hirngespinste verwerfen. Gelingt es Euch auch nicht, einen großen Plan völlig durchzuführen, so kommt Ihr doch viel weiter als die Feldherren, die den Krieg ohne Plan von heute auf morgen führen. Liefert nur dann Schlachten, wenn Ihr auf einen entscheidenden Erfolg hoffen könnt, und niemals, bloß um den Feind zu besiegen, vielmehr nur, um Euren Plan auszuführen, der ohne diese Entscheidung nicht vorwärts käme.

2. Wiegt Euch nie in Sicherheit, sondern stellt Euch nachdrücklich alle Hindernisse vor, die der Feind Euren Plänen entgegensetzen könnte, damit Euch nichts überrascht und Ihr in jedem Falle, weil alles schon vorgesehen ist, die Gegenmaßregeln bereit habt.

3. Erforscht Wesen und Handeln der Euch gegenüberstehenden Generale, um ihr Handeln besser zu erraten, ihnen imponieren zu können und zu wissen, welche Listen Ihr ihnen gegenüber anwenden könnt.

4. Die Eröffnung Eures Feldzuges muß für den Feind gleichsam ein Rätsel sein. Er darf nicht ergründen, wo Eure Truppen vordringen sollen und welchen Plan Ihr verfolgt.

5. Versucht bei jeder Gelegenheit, Bewegungen und Unternehmungen zu machen, auf die der Feind nicht gefaßt ist. Das ist das sicherste Mittel zum Erfolg.

Im Kriege bei gleichen Kräften:

1. Je mehr Listen und Kniffe Ihr anwendet, um so mehr Erfolge werdet Ihr über den Feind erringen. Man muß ihn täuschen und irreführen, um aus seinen Fehlern Nutzen zu ziehen.

2. Haltet stets als Grundsatz fest, die Offensive an Euch zu reißen, sobald sich eine Gelegenheit bietet. Dahin müssen alle Eure Operationen zielen.

3. Überlegt Euch alles, was der Feind Euch antun kann, und kommt ihm durch Eure Klugheit zuvor.

4. Greift den Feind nicht an, solange er nach allen Regeln der Kunst handelt, aber benutzt unverweilt seine geringsten Fehler. Wer sich die Gelegenheit entgehen läßt, ist nicht wert, sie zu erfassen.

5. Nutzt gewonnene Schlachten aus. Verfolgt den Feind bis zum äußersten und beutet Euren Vorteil so weit aus, als Ihr vermögt; denn solche glücklichen Ereignisse sind nicht häufig.

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6. Entreißt dem Glück durch Eure Voraussicht, soviel Ihr könnt. Es wird trotzdem noch zuviel Einfluß auf die militärischen Operationen behalten. Genug, wenn Eure Klugheit mit dem Zufall teilt.

7. Erfolge über den Feind erringen könnt Ihr sowohl durch den Parteigänger-krieg wie dadurch, daß Ihr seine Transportbedeckungen schlagt, seine Lebensmittel wegnehmt, seine Magazine überfallt, seine Streifkorps oft schlagt, einige seiner Detachements vernichtet, seine Nachhut schlagt, ihn auf dem Marsche angreift, kurz, indem Ihr ihm auf den Leib rückt, sobald er schlecht postiert ist, oder auch, indem Ihr in seine Winterquartiere einbrecht und über seine Posten herfallt, wenn er für die Sicherheit seiner Kantonnements nicht gesorgt hat.

Für den Defensivkrieg ist im großen und ganzen folgendes zu beachten:

1. Nehmt Euch vor, alles daranzusetzen, um die Offensive an Euch zu reißen.

2. Seht das Allerschädlichste voraus, was der Feind Euch antun könnte, und denkt darüber nach, auf welche Weise Ihr seine Pläne durchkreuzen könnt.

3. Wählt uneinnehmbare Lager, die den Feind fesseln, indem sie ihn um seine rückwärtigen Verbindungen besorgt machen, sobald er seine Stellung verändert, und deckt Eure eignen Magazine gut.

4. Häuft viele kleine Erfolge, die alle zusammen einen großen aufwiegen. Sucht Euch beim Feinde in Respekt zu setzen und ihn durch die Furcht vor Euren Waffen in Schranken zu halten.

5. Alle Eure Bewegungen müssen wohl berechnet, die Grundsätze und Regeln der Taktik und Lagerkunst aufs strengste beobachtet werden.

6. Habt Ihr Erfolge errungen, so nutzt sie soweit wie möglich aus. Züchtigt den Feind für seine geringsten Fehler, als ob Ihr sein Schulmeister wäret.

Seid Ihr in der Defensive nach einer verlorenen Schlacht, so gilt folgendes:

1. Euer Rückzug muß kurz sein. Ihr müßt Eure Truppen wieder daran gewöhnen, dem Feind ins Auge zu schauen, müßt sie nach und nach kühner machen und den Augenblick abwarten, wo Ihr Euch für die erlittene Unbill rächen könnt.

2. Gebraucht Listen, Kniffe, falsche Nachrichten, die Ihr dem Feind zukommen laßt, um den glücklichen Augenblick herbeizuführen, wo Ihr ihm den Schaden, den er Euch zugefügt hat, mit Zinsen heimzahlen könnt.

Seid Ihr halb so stark wie der Feind:

1. Führt einen Parteigängerkrieg. Wechselt die Stellung, so oft die Notwendigkeit es erheischt.

2. Detachiert nicht, denn sonst werdet Ihr im einzelnen geschlagen. Handelt nur mit der ganzen Armee.

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3. Könnt Ihr Euch auf die Verbindungslinien des Feindes werfen, ohne Eure eignen Magazine zu gefährden, so tut es.

4. Tätigkeit und Wachsamkeit müssen Tag und Nacht an Eurem Zelte die Wacht halten.

5. Denkt mehr an Eure rückwärtigen Verbindungen als an das, was Ihr vor Euch habt, damit Ihr nicht umzingelt werdet.

6. Sinnt stets über neue Mittel und Auswege nach, um Euch zu halten. Ändert Eure Methode, um den Feind zu täuschen. Ihr weidet oft gezwungen sein, einen Scheinkrieg zu führen.

7. Schlagt und vernichtet den Feind im einzelnen, wo immer es möglich ist, aber laßt Euch auf keine reguläre Schlacht ein; denn bei Eurer Schwäche würdet Ihr unterliegen. Gewinnt Zeit, das ist alles, was man hier von dem geschicktesten Feldherrn erwarten kann.

8. Flieht nicht nach Orten, wo man Euch einschließen kann, und denkt an Pultawa und Stabe.

Erwartet eine in der Defensive befindliche Armee Hilfe, so setzt Ihr alles aufs Spiel, wenn Ihr Euch vor Ankunft der Verstärkungen auf irgend eine Unternehmung einlaßt. Sobald sie jedoch eingetroffen sind, setzen sie Euch in den Stand, alles, was Ihr plant, mit sicherem Erfolg auszuführen. Mithin müßt Ihr Euch während ihres Anmarsches auf die strengste Defensive beschränken.

Aus dieser Darstellung erseht Ihr, wievielerlei Kenntnisse für einen wirklichen Feldherrn erforderlich sind. Er muß ein richtiges politisches Urteil haben, um über die Absichten der Fürsten, die Kräfte der Staaten und ihre Bündnisse Bescheid zu wissen, muß die Zahl der Truppen kennen, die sie und ihre Verbündeten ins Feld stellen können, und ihre Finanzen richtig einschätzen. Die Kenntnis des Landes, in dem er Krieg führen muß, bildet die Grundlage aller Projekte, die er fassen will. Er muß so viel Vorstellungskraft besitzen, daß er sich alle Hindernisse vergegenwärtigt, die der Feind ihm entgegenstellen kann, um ihnen zuvorzukommen. Vor allem muß er seinen Geist daran gewöhnen, in der Not mannigfache Hilfsmittel und Auswege zu finden. All das erfordert Studium und Übung. Für jeden, der sich dem Kriegshandwerk widmet, muß der Friede die Zeit des Nachdenkens und der Krieg die Zeit sein, wo er seine Gedanken zur Ausführung bringt.

<222>

Das militärische Testament von 1768222-1

Das Feld Kriegskommissariat in Friedenszeiten222-2

Die meisten preußischen Provinzen sind nicht reich. Wir verzehren weit mehr, als wir durch die Ernte gewinnen. Bei diesem lästigen Mangel an NahrungsMitteln könnte es der Regierung im Fall eines plötzlich ausbrechenden Krieges leicht an genügenden Vorräten für die Armee fehlen. Man müßte dann Getreide zu hohen Preisen kaufen, und es wäre überhaupt fraglich, ob man welches bekäme. Zur Beseitigung solcher Übelstände sind große Getreidemagazine lediglich für die Armee angelegt worden, um bei unerwartetem Friedensbruch zur Verfügung zu stehen. Wir haben 36 000 Wispel in den alten Provinzen, die auf der Elbe befördert werden können. Sie genügen für eine Armee von 80 000 Mann mit den dazu gehörigen Knechten, die in Sachsen operieren soll. In Schlesien liegt der gleiche Vonat in den Festungen für eine ebenso starke Armee, die entweder in Böhmen und Mähren operieren oder die Grenzen decken könnte. Diese Magazine erleichtern uns den Beginn eines Feldzuges, sobald dies nötig wird. Weiter oben habt Ihr gesehen, welche Einrichtungen für die Fourage in Magdeburg und in Schlesien getroffen sind222-3.

Vielleicht wundert Ihr Euch, nicht die gleichen Vorsichtsmaßregeln in Ostpreußen, Westfalen und den rheinischen Provinzen zu finden. Der Grund ist dieser. Zunächst strömt das Getreide aus Polen in solchem Überfluß nach Preußen, daß die Anlage von Magazinen sich dort erübrigt. Ferner läßt sich Ostpreußen in seiner jetzigen Gestalt gegen die Unternehmungen der Russen nicht verteidigen; denn sie können im Rücken der Verteidigungsarmee Truppen landen, und da die Provinz durch<223> die Weichsel vom Kern des Staates getrennt ist, so kommen ihre Verteidiger in Gefahr, gegen den Fluß gedrängt zu werden und sich dann auf Gnade und Ungnade ergeben zu müssen. Es gibt in Preußen keinen verteidigungsfähigen Platz. Um die Provinz zu behaupten, bedürfte es fester Plätze längs der Weichsel und gut befestigter Übergänge. Solange uns dieser Teil nicht gehört223-1, können wir uns unmöglich in dem andren behaupten. Sobald also die Russen in Preußen eindringen, muß man die Provinz zu räumen beginnen.

Ähnlich sieht es mit dem Herzogtum Kleve. Es ist eine isolierte Provinz, die keine Verbindung mit den andern hat. Als Angreifer kommen nur die Franzosen in Betracht. Sie werden sich aber vor einem Einfall wohl hüten, solange wir nicht zugleich von andern Feinden bedrängt werden. In diesem Falle aber dürfen wir unsre Kräfte nicht zersplittern, oder wir unterliegen, weil wir überall zu schwach sind.

Verlieren wir unsre wirklichen Feinde nicht aus den Augen, nämlich die Österreicher. Gegen sie sind alle meine Maßregeln gerichtet.

Das Kommissariat ist im Frieden mit der Füllung der Magazine beauftragt. Für die Ankäufe bestehen Vorschriften. Das Getreide wird aus den Provinzen bezogen, wo es zu billig ist, damit die Preise sich erhöhen. Übersteigt der Preis aber die Magazintaxe, so wird es in Polen gekauft.

Das Kommissariat in Kriegszeiten

Im Kriegsfalle reichen die obigen Magazine nur für das erste Jahr aus. Sobald der Krieg beginnt, muß man an die weitere Verpflegung denken. Das Kommissariat muß dann Ansialten zur Anlage von Vorräten treffen. In Schlesien beziehen wir das Getreide zum Teil aus Polen, und die Elbarmee läßt es sich von Sachsen liefern.

Die Leiter des Feld-Kriegskommissariats müssen ihren Untergebenen scharf auf die Finger sehen. Es gibt keine größeren Spitzbuben als diese letzteren. Auch mit Argusaugen kommt man nicht hinter ihre Schliche; sie haben hundert Mittel, um ihre Diebereien zu verheimlichen. Ich selbst kenne nicht alle und begnüge mich damit, ihre gewöhnlichsten Kniffe anzugeben. Unter dem Vorwand, der oder jener Kreis habe nicht Fourage oder Getreide genug für die Lieferung und könne sie nur in Geld leisten, lassen sie sich diese Art der Lieferung sehr hoch bezahlen und bedrohm durch solchen Betrug die Existenz der Einwohner. Bei den Lieferungen an die Magazine finden sie das Korn schlecht, bemängeln Heu und Hafer und zwingen die Lieferanten so auf Umwegen, die Annahme durch schweres Geld zu erkaufen. Ferner erhöhen sie die Lieferungen durch das sogenannte „Aufmaß“, das ihnen erlaubt, andre gegen bare Entschädigung von ihrer Lieferung zu befreien. Diese Kniffe, die<224> sie als grob bezeichnen, sind mir bekannt, aber es gibt hundert andre, die ich nicht kenne. Sie müssen daher von Aufpassern, Militärs und Zivilbeamten, überwacht werden. Das ist wohl ausführbar, wenn man nicht einen so verzweifelten Krieg zu führen hat wie den eben beendeten.

Die Wartenbergsche Kasse224-1

Der letzte Krieg hatte Preußen erschöpft. Wir hatten leine Hilfsquellen mehr und viele Ausgaben. Das erforderte eine feiner ausgeklügelte und sorgfältigere Wirtschaft als bisher. Die Vorräte an Waffen, Sätteln, Stiefeln und Ausrüstungsgegenständen waren erschöpft, die Zelte zerrissen. Kurz, wir hatten nichts mehr, um den Krieg fortzusetzen oder künftig Kriege zu führen. Etwas Umsicht schaffte alles herbei, was uns fehlte. Ich begann, einen Teil unsrer Kavalleriepferde fortzuschicken. Diese wurden auf die Gegenden verteilt, wo alles verwüstet war. Wir richteten es so ein, daß wir sie im Sommer auf Weide schickten und für die übrigen Monate Fourage nach der Kammertaxe liefern ließen.

Die Infanterieregimenter, die sich ausgezeichnet hatten, behielten die Einnahmen aus der Kompagniewirtschaft und den Beurlaubungen, um sich ihre Rekruten selbst zu beschaffen224-2. Bei andren Regimentern der zweiten Klasse erhielt jeder Hauptmann für seine Kompagnie monatlich 40 Taler. Die dritte Klasse bekam nur 2a, und ich sorgte selbst für die Werbung. Durch solche und viele andre kleine Ersparnisse bekam ich jährlich 800 000 Taler zu meiner Verfügung. Davon überließ ich Wartenberg 500 000 zu Anschaffungen für die Magazine und bestimmte 300 000 für die Rekrutierung. Seit dem Frieden hat Wartenberg seine meisten Magazine gefüllt.

Er hat zwei Kassen, eine zur Anschaffung der Pferde für die Augmentierungen im Kriegsfalle, nämlich 150 Pferde für je 5 Schwadronen Kürassiere und Dragoner, 600 für jedes Husarenregiment, 800 für die Bosniaken, sowie für ein noch aufzustellendes Dragoner- und Husarenregiment. Außerdem liegen 800 000 Taler in einer besonderen Kasse, um die Kavallerie in Kriegszeiten mit Remonten zu versehen. Ferner habe ich 40 000 Infanteriegewehre bestellt, die in den Festungen niedergelegt werden sollen, Zeltleinwand für die ganze Armee und den Bedarf an leder. Im Jahre 1772 wird Wartenberg mit allem fertig sein.

Gegenwärtig ist die gesamte Kavallerie in der Friedensstärke beritten. Seit 1768 nehme ich aus der Wartenbergschen Kasse bereits 240 000 Taler für die Artillerie <225>und die Festungen und 300 000 Taler für die Rekruten, sodaß Wartenberg noch 140 000 Taler für die obigen Ausgaben behält.

Sobald diese Kasse die Staatbedürfnisse befriedigt hat, wird man die Lage der Hauptleute bei den Regimentern, die am besten in Ordnung sind, wieder vorteilhafter gestalten können. Das dient zur Aufmunterung und wird alle Truppen zum größten Wetteifer anstacheln. Aber man muß damit warten, bis alles bezahlt ist; denn Kolberg und Stettin sind noch zu befestigen, und andre Fonds haben wir nicht.

Die Wartenbergsche Kasse in Kriegszeiten

Sobald der Krieg beginnt, muß Wartenberg alles ausgeben, und auf seine Hilfe ist dann nicht mehr zu rechnen. Folgendermaßen habe ich es während des Krieges eingerichtet, damit die Truppen im Frühjahr bei Eröffnung des Feldzuges alles Nötige hatten. Um die Zeit der Winterquartiere erhielten die Generale Befehl, Listen einzusenden, was alles bei ihren Brigaden fehlte, sowohl bei der Infanterie wie bei der Kavallerie. Mit diesen Listen ging Wartenberg nach Berlin, nahm dort aus den Magazinen, was die Truppen am dringendsten brauchten, und bestellte den Rest in allen Städten der Monarchie. Auf diese Weise hat es uns nie am nötigen Armeebedarf gefehlt, obwohl uns manche Feldzüge 40 000 Gewehre und 20 000 Pferde gekostet haben. Waren die Truppen versorgt, so bestellte Wartenberg sofort neue Lieferungen bei den Handwerkern, um Vorräte für den Heeresbedarf im folgenden Jahre zu haben.

Sein Magazin kann der Armee für zwei Feldzüge alles Erforderliche liefern, so verlustreich sie sein mögen. Da alles, was diesem Magazin entnommen ist, gleich wieder ersetzt wird, so ist alles im voraus bereit.

Die Kantons in Friedenszeiten

Die Einwohnerzahl der preußischen Provinzen übersteigt nicht 4 500 000 Seelen. Zieht man davon 2 250 000 Frauen ab, ferner die minderjährige Jugend und die alten Leute, so bleibt eine Million waffenfähiger Männer. Wollten wir das Heer nur aus Landeskindern bilden, so müßte man von dieser Million 160 000 Mann ausheben; das aber überstiege jedes Maß. So, wie die Dinge jetzt liegen, stellt das Land im ganzen nur 70 000 Soldaten. Das ist eine starke Zahl, aber doch noch zu ertragen. Viel härter ist es, daß dieselben Kantons in Kriegszeiten noch 25 000 Knechte für die Regimenter und den gewaltigen Artillerietrain stellen müssen, der nötig geworden ist.

<226>

Die Einrichtung der Kantons stammt von meinem Vater (1733)226-1. Diese nützliche Maßregel ist weise ausgedacht. Die 60 Landeskinder jeder Kompagnie sind zehn Monate lang beurlaubt. Ihr ersparter Sold kommt der Anwerbung, der Wartenbergschen Kasse und den Hauptleuten zugute. Diese 60 Landeskinder sind aus ein und derselben Gegend; viele sind miteinander verwandt oder bekannt. Mit den Ausländern gemischt, geben sie eine vorzügliche Truppe. Die Kantons spornen den Wetteifer und die Tapferkeit an, und Verwandte oder Freunde, die gemeinsam kämpfen, verlassen einander nicht so leicht. Vom Militärdienst befreit sind ansässige Bauern und die künftigen Erben. Nur die jüngeren Söhne und die Knechte müssen dienen. Die Landräte wohnen der Aushebung bei und befreien alle, deren Verlust für das Land nachteilig sein könnte.

Die Kantons der Regimenter sind nicht gleich groß; manche sind erheblich besser abgeteilt als andre. Die schlechtesten Kantons sind die von Ramin, Diringshofen, Steinkeller, Stojentin, Münchow und Bülow. Sollten wir neue Erwerbungen machen, so müßte ein Teil dazu verwandt werden, um die Zahl ihrer Enrollierten zu vermehren. Die Regimenter Prinz Heinrich und Prinz Wilhelm226-2 haben überhaupt keine Kantons. Durch die Urbarmachung des Netze- und Warthebruches wird einer für Prinz Wilhelm geschaffen werden, zu dem dann noch die Odergegend käme, soweit sie noch zu keinem Kanton gehört. Das Regiment Prinz Heinrich kann einen Kanton bekommen, sobald das schlesische Bergland wieder 60 Rekruten wie früher stellt. Die dortige wackere Bevölkerung hat während des Krieges überraschend große Anstrengungen gemacht. Deshalb habe ich sie für einige Jahre von der Gestellung befreit; von 1770 ab kann sie wieder einige Leute liefern. Auch die 3 Regimenter in Wesel226-3 haben keine Kantons; denn die dortige Bevölkerung taugt nicht zum Kriegsdienst. Sie ist schlaff und weichlich, und wenn der Klever von Hause fortgeht, kriegt er Heimweh wie die Schweizer. Diese Regimenter bestehen zwar nur aus Ausländern, aber wenn die Disziplin streng gehandhabt wird, sind sie ebensogut im Zaum zu halten wie die übrigen. Die Regimenter sind durch die Kantons an ihre Garnisonen gefesselt. Würden sie jedoch versetzt und weit fortgeschickt, so könnten sie ihre Beurlaubten nicht unter Aufsicht behalten, und im Falle eines plötzlichen Krieges würde es unendlich viel Zeit kosten, sie zusammenzubringen.

Für die Kavallerie gilt von den Kantons das gleiche wie für die Infanterie.

Die Kantons in Kriegszeiten

Die Kantons machen die Regimenter unsterblich, da sie deren Verluste immerfort ersetzen. Sie sind das Lebensmark des Staates. Machte die Landbevölkerung nicht durch ihre Arbeit den dürren Boden ertragfähig, so gingen Gesellschaft und Regie<227>rung zugrunde. Diese nützlichen, arbeitsamen Menschen muß man wie seinen Augapfel hüten und in Kriegszeiten nur dann Rekruten im eignen Lande ausheben, wenn die bitterste Not dazu zwingt.

Alles eben Gesagte ist zu unbestimmt. Wie soll man die Kantons schonen? Wo die nötigen Rekruten finden?

In Sachsen, das stets den Kriegsschauplatz bilden wird (wenn es gegen Österreich geht), werden alle tauglichen Leute ausgehoben. Die Inspekteure227-1 halten Revue über ihre Inspektionen ab, damit genaue Listen über das Fehlende vorhanden sind. Die Hauptleute, die einen von Sachsen gestellten Rekruten gegen Geld entlassen, werden streng bestraft. Die feindlichen Überläufer werden eingestellt und in kleinen Trupps verteilt, damit nicht zu viele in ein und demselben Regiment sind. Man nimmt ausgebildete Leute aus den Garnisonregimentern und ersetzt sie durch ausgehobene Sachsen und Deserteure. Bei genauer Befolgung all dieser Maßregeln braucht die ganze Armee jährlich nicht mehr als 4 000 bis 5 000 Rekruten. Diese Zahl ist zwar hoch, aber das platte Land wird doch nicht entvölkert. Auch können Werber in die deutschen Länder geschickt werden, wo das Werben uns nicht verboten ist. Reißen aber alle Stränge, dann sind unsre Kantons unsre letzte Zuflucht.

Die Artillerie in Friedenszeiten

Seit es Mode geworden ist, die Feldlager mit Geschützen zu spicken und die Artillerie verschwenderisch zu gebrauchen227-2, können auch wir nicht umhin, eine zahlreiche Artillerie zu halten. Mein Vater hatte nur ein Bataillon Feldartillerie. Ich verdoppelte es 1742, da die Armee vermehrt wurde, und ich glaubte schon, viel zu haben. Im letzten Kriege ist die Artillerie auf 6 Bataillone angewachsen, und auch das ist noch nicht zuviel, obwohl wir außerdem noch 2 Garnisonbataillone für die Festungen haben.

Aber die Unterhaltung der Artillerie wird ganz zwecklos, wenn man sie nicht sorgfältig ausbildet und streng überwacht. Aus diesem Grunde habe ich sie nach Berlin gelegt, wo sie in jedem Frühjahr im Schießen und in allen Dienstzweigen ausgebildet wird. Diese Übungen erstrecken sich auf zweierlei: auf den Dienst im Felde und auf den Belagerungskrieg. Im freien Felde verlangt man von den Artilleristen, daß sie die Feldgeschütze beim Vorrücken der Armee selbst ziehen, die Ba-taillonsabstände innehalten, möglichst gut zielen und rasch feuern. In den Verteidigungsstellungen müssen sie das Schußfeld ausmessen, damit sie wissen, in welcher Entfernung sie im Bogen, geradeaus oder mit Kartätschen zu schießen haben.

Bei Belagerungen ist ihre Hauptaufgabe, die Kanonen der Festung niederzukämpfen. Wie die Erfahrung gelehrt hat, kommt man schneller und sicherer zum<228> Ziele, wenn drei Geschütze gegen ein und dieselbe Schießscharte feuern. Auch die Ausbildung der Bombardiere beruht auf der Kenntnis der Entfernungen, die man mit der höchsten oder geringsten Pulverladung erreicht, besonders aber auf der Anlage von Mörserbatterien, die so aufgestellt werden müssen, daß sie kreuzweise den gleichen Punkt unter Feuer halten. Aber welche Mühe man sich auch geben mag, die Schießkunst zu vervollkommnen, völlige Treffsicherheit wird man doch nie erzielen. Luftdichtigkeit und Windrichtung haben zu großen Einfluß darauf. Immerhin haben gut geschulte Bombardiere stets den Vorzug vor schlecht ausgebildeten.

Seit dem letzten Kriege ist die Artillerie für die Staatsgelder ein wahrer Abgrund geworden. Mit den letzten 300 000 Talern, die ich im Juni bezahle, haben wir insgesamt 1 450 000 Taler dafür ausgegeben. Die Summe scheint ungeheuer. Zu bedenken ist aber, daß der größte Teil der ausgeschossenen Kanonen umgegossen werden mußte, daß ich für die Armee 100 Kanonen verschiedenen Kalibers in Reserve habe, daß ich Silberberg armiert228-1, eine ganze neue Belagerungsartillerie eingerichtet habe, daß die Festungen mit Ersatzlafetten, Bohlen und allen für eine Belagerung nötigen Materialien versehen sind. Dazu kommen Tausende von Bomben und Kanonenkugeln, die im Kriege verbraucht worden sind und mit denen die Festungen neu ausgerüstet werden mußten.

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Aber so groß diese Ausgaben auch waren, es wird noch eine neue, nicht weniger nötige und nützliche hinzukommen, nämlich das Gießen von 70 zehnpfündigen Haubitzen nach einer neuen Erfindung, die Granaten auf 4 000 Schritt schleudern. Diese Feuerschlünde werden stark in Gebrauch kommen beim Angriff auf starke Stellungen oder Berghöhen, gegen die man mit Kanonen nichts ausrichten kann.

Der Artilleriegeneral hat außerdem die Verwaltung der Pulvermühlen. Wir haben bisher nur 4 000 Zentner Pulver jährlich hergestellt. Im Jahre 1769 werden 5 000 fabriziert, da ich zu den bisher gezahlten 60 000 Talern noch 20 000 hinzufüge. Wir brauchen 6 000 Zentner, die wir im Jahre 1770 liefern können, wenn ich den Etat der Pulvermühlen um weitere 19 000 Taler erhöht habe.

Die Vorräte in den Zeughäusern lasse ich hier unerwähnt, da alle Einzelheiten in der Denkschrift stehen, die man in meiner Schatulle finden wird, und weil diese Vorräte sich von Jahr zu Jahr häufen müssen. Zur Belehrung meiner Nachfolger muß ich jedoch bemerken, daß wir während des letzten Krieges in jedem Feldzuge 12 000 Zentner Pulver verbraucht haben.

Die Artillerie in Kriegszeiten

Was ich von der Ausbildung der Artillerie in Friedenszeiten gesagt habe, umfaßt einen großen Teil dessen, was im Felde von ihr verlangt wird. Damit ist der Gegenstand aber nicht erschöpft. Ich muß hier noch Wesentliches hinzufügen.

Zum Fortschaffen dieser gewaltigen Artillerie sind Pferde nötig. Zu ihrer Pflege nimmt man schlechte Trainknechte, auf die kein Verlaß ist. Im letzten Kriege waren sie unter Inspekteure gestellt. Alte, felddienstunfähige Offiziere führten die Brigaden und hatten alte Unteroffiziere als Subalterne. Diese Maßregel ist unbedingt nötig, wenn die Maschine gehen soll; denn wenn die Pferde durch die Nachlässigkeit der Trainknechte krepieren, dann lebewohl, Kanonen!

Auf dem Marsche macht die Artillerie die meisten Umstände. In der Nähe des Feindes kann man nicht umhin, das schwere Geschütz bei den Brigaden, denen es zugeteilt ist, mitzuschleppen. Marschiert man in einiger Entfernung vom Feinde, so kommandiert man einige Bataillone zur Bedeckung der Artillerie, besonders bei Eilmärschen; denn nichts ermüdet die Infanterie so sehr wie das fortwährende Haltmachen, um ein in tiefen Gleisen steckengebliebenes Geschütz herauszuziehen oder eine umgestürzte Lafette wieder aufzurichten.

Wir verteilen die Geschütze an die Bataillone und Brigaden. Jedes Bataillon des ersten Treffens bekommt 2 Sechspfünder und 1 siebenpfündige Haubitze, und je 5 Bataillone erhalten außerdem eine schwere Batterie von 10 Zwölfpfündern. Das zweite Treffen erhält nur lange Dreipfünder, 2 pro Bataillon, und die Brigaden Zwölfpfünderbatterien, genau wie das erste Treffen. Die zehnpfündigen Haubitzen<230> befinden sich in der Reserve und werden vom Heerführer nach Gutdünken aufgestellt. Jedes Freibataillon hat 2 kleine Dreipfünder.

Außer dieser gewaltigen Menge von Kanonen haben wir noch leichte Artillerie230-1, die, recht verwandt, von größtem Nutzen ist. Sie besieht aus 20 Sechspfündern und 4 Haubitzen. Zu ihrer Bespannung nimmt man kräftige Pferde. Die Kanoniere sind sämtlich mit polnischen Pferden beritten. Ein Hauptmann und zwei Subalternoffiziere führen sie. Die leichte Artillerie ist rasch wie der Wind, und in weniger als einer Minute fährt sie an der bezeichneten Stelle auf. Nähme man diese Erfindung in täglichen Gebrauch, so ahmte der Feind sie nach, und man hätte dann einen Gegenpart. Hält man sie aber geheim und benutzt die leichte Artillerie nur gelegentlich in den wichtigsten und entscheidenden Augenblicken, wie wir es bei Reichenbach taten230-2, so wird man zweifellos den größten Vorteil daraus ziehen.

Im Kriege greift man entweder an oder läßt sich angreifen. Ist man selbst der Angreifer, so schlägt man sich in der Ebene oder greift feste Stellungen an. In der Ebene wird ein umsichtiger Führer dafür sorgen, sich auf dem Angriffsfiügel eine große Überlegenheit an Artillerie zu verschaffen. Greift er eine Stellung an und hat er einige Anhöhen in der Nähe, so wird er dort sicherlich die schwersten Batterien aufstellen. Er wird es sich zur Aufgabe machen, den Feind unter Kreuzfeuer zu nehmen, um den angegriffenen Teil des Lagers in Bresche zu schießen. Sind in der Umgebung der Stellung keine Anhöhen, so bleiben ihm nur seine Haubitzen, von denen er eine gehörige Anzahl haben muß, um den anzugreifenden Teil der Stellung zu bombardieren und seinen Truppen den Sieg zu erleichtern. Auch beim Übergang oder Rückzug über Flüsse findet die Artillerie starke Verwendung. Die Aufstellung erfolgt dann etwa nach dem Muster von der zwischen den Dörfern Grube und Marquardt230-3.

Bezieht man selbst Verteidigungssiellungen, so fällt die Verteidigung zum Teil der Artillerie zu. Sind in der Front und in den Flanken der Stellung keine Anhöhen und ist sie gut gewählt, so stellt man das erste Treffen in halber Höhe, das zweite auf dem Höhenkamm auf. Die Batterien des ersten Treffens werden derart angelegt, daß sie schräg feuern und so die ganze Front unter Kreuzfeuer halten. Die Hauptleute der schweren Batterien nehmen gleich ihre drei Entfernungen: für den Bogenschuß, den Kernschuß und für Kartätschen. In solchen Stellungen sind namentlich die kleinen Haubitzen sehr wirksam, wenn sie ihre Granaten gegen die Angreifer schleudern.

Die Geschütze des zweiten Treffens treten nicht eher in Tätigkeit, als bis ein Teil des ersten Treffens geschlagen ist. Die Artillerieoffiziere müssen wohl acht geben, daß sie, wenn sich eine Abteilung zurückzieht, ihr Feuer sofort auf den verfolgenden<231> Feind richten. Es ist Sache des zweiten Treffens und seiner Geschütze, mit wohl, gezielten Schüssen die zurückzuweisen, die sich so leichten Kaufes Sieger wähnen. Vor allem muß man den Flanken der Armee die größte Aufmerksamkeit zuwenden und sie mit möglichst vielen Geschützen versehen, um sie unangreifbar zu machen.

Wir haben konische Zwölfpfünder, die nur für Detachements in der schlechten Jahreszeit taugen, wenn der Regen die Wege aufgeweicht hat. Sie tragen nicht so weit wie die andren, haben aber den Vorzug der Leichtigkeit, sodaß sie auch im Gebirge und auf schlechten Wegen fortzuschaffen sind.

Bei der Belagerung von Städten hat die Artillerie viele Aufgaben. Hier etwa die Hauptregeln, die zu befolgen sind. Zum Bau der Batterien, namentlich der ersten, müssen viele Arbeiter gestellt werden; denn die Arbeit hat Eile: die Batterien müssen schon in der ersten Nacht vollendet werden. Dauert die Arbeit länger, so läuft man Gefahr, daß die Batterien vom Feuer der Belagerten weggefegt werden, wie es Prinz Eugen bei der Belagerung von Belgrad erlebte (1717). Wird aber die Arbeit fettig, und die Geschütze sind bis zum Morgen eingebaut, so kann der Belagerte sie nicht demontieren. Diese ersten Batterien sind zum Niederkämpfen der feindlichen Geschütze bestimmt. Sie schießen zu dritt auf eine Schießscharte. Inzwischen bestreichen die Rikoschettbatterien den Hauptwall, und die Bastione des angegriffenen Polygons werden bombardiert, um die Geschütze zu demontieren und den Wall zu erschüttern. Bresche zu schießen ist keine Kunst; deswegen braucht es nicht geübt zu werden. Der Offizier muß nur wissen, daß die Breschbatterien am Graben des Werkes errichtet werden und daß die Kugeln den Fuß des Mauerwerks treffen müssen, um die Bekleidung und die darauf liegende Erbmasse zu erschüttern.

Vom Artilleriekommandeur eines belagerten Platzes verlangt man scharfe Aufmerksamkeit, auf welcher Seite der Feind den Laufgraben eröffnet. Sobald er dies bemerkt, muß er noch in derselben Nacht etwa 20 Sechspfünder in den gedeckten Weg schaffen lassen und von da mit Kartätschen auf die Arbeiter und ihre Bedeckung feuern. Bei richtiger Ausführung raubt er dem Angreifer dadurch mehr als eine Nacht bis zur Vollendung seiner Arbeit; denn sind die Schanzarbeiter einmal auf der Flucht, so kriegt man sie nicht mehr zusammen. Die Zeit verstreicht und der Tag bricht an, ohne daß die Truppen in den Laufgraben eingerückt sind. Später müssen die Bastionsgeschütze und die Mörser die vom Feinde errichteten Batterien zerstören. Noch wirksamer werden die Mörser, je näher die Arbeiten des Belagerers an die Stadt heranrücken. Ihre Bomben, mit schwacher Ladung gefeuert, wirken verheerend in den Laufgräben, und die Steinmörser schießen alles zusammen.

Vom Minenkrieg will ich hier nicht reden und behalte mir das Nähere für einen besonderen Abschnitt über die Ingenieure vor; denn bei uns wird der Minenkrieg eigentlich nicht von den Artilleristen geleitet. Sie beschränken sich auf ihre Kanonen, Haubitzen und Mörser und machen von diesen furchtbaren Waffen den von mir angegebenen Gebrauch.

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Die Infanterie in Friedenszeiten

Früher war es bei uns Brauch, unste Regimenter aus möglichst großen Leuten zu bilden232-1. Das geschah nicht ohne Grund; denn in den ersten Kriegen entschieden nicht die Kanonen, sondern die Menschen den Sieg, und Bataillone groß gewachsener Leute, die mit dem Bajonett vorgingen, zerstreuten beim ersten Anlauf die schlecht zusammengesetzten Truppen des Feindes, die sich im Körperwuchs nicht mit den unsren messen konnten. Jetzt hat das Geschützfeuer alles geändert. Eine Kanonenkugel streckt einen sechs Fuß hohen Mann ebensogut nieder wie einen, der nur fünf Fuß sieben Zoll mißt. Die Kanone macht alles, und die Infanterie kommt nicht mehr zum Kampf mit der blanken Waffe. Trotzdem muß man sich hüten, von einem Extrem ins andre zu fallen. Wenn ein Riesenmaß uns nichts nützt, so paßt uns doch die Mittelgröße. Ich möchte, daß die alten Regimenter nicht unter 6 Zoll, die neuen nicht unter 5 Zoll herabgehen. Der erste König hatte Leute von 7½ Zoll und fragte nicht viel nach Riesen von 6 Fuß 11 Zoll. Zu kleine Leute will ich auch nicht; denn unste Soldaten haben mit ihrem Tornister und 60 Patronen eine ziemliche Last zu schleppen, und sind sie zu klein und zu schwach, so erliegen sie den Strapazen, die Nachzügler mehren sich, und man kann keine Gewaltmärsche mehr machen. Wir<233> haben dies Maß noch nicht erreicht, werden aber dahin kommen, wenn der Friede andauert. Dann werden die Kantone anwachsen und die angeworbenen Rekruten die Auswahl erleichtern.

Die große Zahl macht die Heere furchtgebietend. Gegenwärtig vermehre ich die Infanterie233-1. Ich habe lieber viele Leute zu 4 Zoll als wenige zu 6 Zoll. Denn wenn es gilt, eine Stellung genügend zu besetzen, kommt es nicht auf die Größe, sondern auf die Zahl der Mannschaften an.

Ist die Zahl aber auch erreicht, so nützt sie doch nichts, wenn sie undiszipliniert ist. Ein Heer muß gehorsam und in guter Zucht sein, will man etwas damit ausrichten. Die Disziplin beruht auf Gehorsam und Pünktlichkeit. Sie beginnt mit den Generalen und endet bei den Trommlern. Ihre Grundlage ist die Subordination. Kein Untergebener hat Widerrede zu führen. Wenn der Vorgesetzte befiehlt, müssen die andern gehorchen. Tun die Offiziere ihre Pflicht nicht, so wird sie der gemeine Mann erst recht nicht tun: das ist eine Kette, in der kein Glied fehlen darf. Viele Soldaten lassen sich nur mit Strenge und bisweilen mit Hätte regieren. Hält die Disziplin sie nicht im Zaum, so schreiten sie zu den gröbsten Exzessen. Da sie viel zahlreicher sind als ihre Vorgesetzten, so können sie allein durch Furcht in Schranken gehalten werden. Aus diesem Grunde wird jede Widerrede streng bestraft. Keine Gnade für den, der die Hand gegen die Unteroffiziere erhebt oder sich gar an den Kompagnieoffizieren vergreift. Streng zu bestrafende Vergehen sind Diebstahl, Desertion, jeder Verstoß gegen die Subordination, Nachlässigkeit auf Posten, Wegwerfen der Patronen, um bei der Übung nicht zu schießen, Nichterscheinen zur befohlenen Zeit, kurz, alles, was gegen die guten Sitten, den Dienst und die Subordination verstößt.

Was die Offiziere betrifft, so sollen sie sich weder dem Spiel noch ausschweifendem Leben ergeben, sollen gute Sitten und Ehrgeiz besitzen, sich wie Ehrenmänner aufführen, pünktlich in allem sein, was ihnen aufgetragen ist, und sich vor allem nicht auf ihre gegenwärtige Stellung beschränken, sondern vorwärtsstreben und sich schon im voraus für die höheren Stellungen fähig machen.

Alles, was man aus den Soldaten machen kann, besieht darin, ihnen Korpsgeist beizubringen, d. h. sie sollen ihr Regiment höher stellen als alle Truppen der Welt. Da die Offiziere sie unter Umständen in die größten Gefahren führen müssen, so sollen sie (da der Ehrgeiz auf sie nicht wirken kann) ihre Offiziere mehr fürchten als alle Gefahren, denen sie ausgesetzt werden. Sonst wird niemand imstande sein, sie gegen dreihundert Geschütze, die ihnen entgegendonnern, zum Angriff zu führen. Guter Wille wird den gemeinen Mann nie solchen Gefahren Trotz bieten lassen: so muß es denn die Furcht tun.

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Alles bisher Gesagte genügt aber noch nicht, um ein gutes Heer zu bilden. Es muß auch behend, geschickt, beweglich und imstande sein, die Anordnungen der Generale auszuführen. Sonst wird auch die Tüchtigkeit des Heerführers durch die Unwissenheit der Truppen brachgelegt, und er kann seine Kunst und seine Hilfsmittel nicht entfalten. Man muß die Generale und Stabsoffiziere, die Subalternoffiziere und Soldaten ausbilden.

Die Ausbildung des Soldaten erstreckt sich auf Schießen, Vorrücken und auf die Evolutionen. Die Schlachten werden durch Feuerüberlegenheit gewonnen. Von den Angriffen gegen feste Stellungen abgesehen, wird die schneller ladende Infanterie allemal über die langsamer ladende siegen. Den Beweis bilden die Schlachten von Roßbach, Liegnitz, Torgau und viele andre. Aus diesem Grunde habe ich nach dem Kriege so sehr darauf gedrungen, daß die Infanterie schnell ladet und daß der Soldat möglichst gewandt ist. Es geht schon besser, aber man darf in diesem Punkte nicht nachlassen. Die täglichen kleinen und großen Paraden erhalten den Mann in der Übung; er lernt vorwärts marschieren, ohne Schwanken und Auseinanderreißen der Linie. Die Grundlagen des Exerzierens werden täglich bei der Wachtparade gelegt234-1. Die Offiziere lernen dabei das Nehmen der Richtpunkte, die Alignements-märsche und alle wichtigen Bewegungen, die man mit Truppen machen kann. Abbrechen und Aufmarschieren, kurz, alles im kleinen, was eine Armee im großen ausführt. Wird dies alles genau beachtet und täglich geübt, so bleibt die Armee unter einem tüchtigen General an ihrer Spitze fast unbesieglich und jederzeit furchtgebietend.

Da ein Mensch nicht auf alle diese Kleinigkeiten des Regimentsdienstes achten kann, so habe ich Inspekteure eingesetzt, die jeder ein Korps unter Aufsicht haben234-2. Sie sind verantwortlich für die Ausführung der den Truppen gegebenen Vorschriften, für die Gleichmäßigkeit der Disziplin, damit einer wie der andre behandelt wird, ohne zu große Milde oder zu große Strenge. Die Inspekteure berichten mir über die Führung der Offiziere, bringen die zur Anzeige, die durch schlechtes Verhalten, Nachlässigkeit und Dummheit ihren Abschied erwirkt haben, und empfehlen solche, die durch Eifer oder Talente Auszeichnung verdienen. Sie besichtigen die Regimenter häufig, lassen sie exerzieren, verbessern die Mängel und halten die Revuen ab, wenn die Staatsgeschäfte mich daran hindern, selbst in die Provinzen zu reisen. Schließlich haben sie den Vorsitz bei den Enrollierungen und halten darauf, daß die Kantons nicht von den Hauptleuten schikaniert werden, wie es früher nur zu häufig geschehen ist.

Ich nehme alljährlich die Revue über die Regimenter ab, die sich bei Potsdam, Berlin, Stargard, Magdeburg und in Schlesien versammeln; denn diese Truppen<235> bilden den Kern der Armee. Sehr wahr sagt das Sprichwort: „Des Herrn Auge macht das Pferd fett.“ Der Offizier will durch Ehrgeiz geleitet werden, und nichts flößt ihm mehr Ehrgeiz ein, als wenn er sieht, wie der Herrscher und alle Prinzen ihm mit gutem Beispiel vorangehen. Würden diese Regimenter nicht so oft unter den Augen ihres Kriegshenn versammelt und exerziert, so ließe jedermann sich gehen. Sie sind es gewohnt, ihren König an der Spitze zu sehen, und an diesem Brauche darf nicht gerüttelt werden. Außerdem sind alle Rügen und Strafen, alle Auszeichnungen, die der Kriegsherr angesichts der sämtlichen Truppen austeilt, ein Sporn für den Ehrgeiz und Wetteifer. Der eine handelt aus Furcht vor Strafe, der andre, um Belohnung zu verdienen.

Bedenkt vor allem, daß der preußische Staat zerrissen, daß die Kurmark ein offenes Land ist und daß wir uns nur so lange behaupten werden, als wir ein gutes Heer haben. Dann werdet Ihr einsehen, daß alles, was die Armee angeht, für uns Ehrensache sein muß, und daß wir weder Sorge noch Mühe sparen dürfen, sondern mit gutem Beispiel vorangehen müssen, um sie kriegstüchtig zu erhalten.

Da die Revuen im Frühjahr stattfinden, wenn die Felder bestellt sind, so muß man sich darauf beschränken, das im großen auszuführen, was im kleinen auf dem Exerzierplatz geschieht. Da man auf diese Weise die Offiziere aber unmöglich ausbilden kann und sie nur auf kriegsmäßigem Gelände etwas lernen, so ziehe ich im Herbst nach der Ernte größere Korps zusammen, und dann findet die ganze Übung nur für die Generale und Offiziere statt, ohne Rücksicht auf den gemeinen Mann. Da lernen sie gegebene Anordnungen pünktlich ausführen und das Gelände gründlich ausnutzen. Die Generale lernen geschickt mit ihren Brigaden manövrieren, die Offiziere ihre Bataillone gut führen. Man läßt Angriffe aller Art und Rückzüge in allerlei Gegenden und unter den verschiedensten Kriegslagen ausführen.

Wird dergleichen nicht geübt, so verfallen die Offiziere in die gröbsten Fehler, sogar ohne es zu wissen. Durch die Unwissenheit der Offiziere und Generale ist schon mehr als eine Schlacht verloren gegangen, mehr als eine Unternehmung gescheitert. Man kann sich nicht Mühe genug geben, ihnen die Regeln der Kriegskunst einzuschärfen und sie anwenden zu lassen. Die Kriegskunst ist für den Staat so wichtig, daß man staunt, wie sehr sie vernachlässigt wird. Wie? Man kann nicht Schustermeister werden, ohne lange gelernt und Schuhe gemacht zu haben, und in andern Ländern befördert man Obersten und Generale, die höchstens auf der Jagd Pulver gerochen haben! Wer nur auf der Karte Kriege geführt hat, wird sehr in Verlegenheit kommen, wenn er dem Feind gegenüber handeln soll. Die einzige Möglichkeit zur Ausbildung derer, die keinen Krieg mitgemacht haben, besieht darin, sie auf verschiedenem Gelände Truppen führen zu lassen. Dann bilden sie ihren Blick und lernen die Vor- und Nachteile des Geländes rasch erfassen, bekommen Übung in der Taktik und den verschiedenen Dispositionen, erlangen Kenntnis aller Vorteile, die man<236> aus dem Gelände ziehen kann, und gewöhnen sich, sie in jeder Lage auszunutzen, sobald sie dem Feinde gegenüber zu manövrieren haben. Dem Gelände widme ich einen besonderen Abschnitt236-1.

Die Infanterie in Kriegszeiten

Beim Beginn eines Krieges darf die Infanterie nicht gleich an den ersten Tagen zu große Märsche machen; denn das wäre ihr Verderb. Man muß sie nach und nach in Übung bringen: dann erträgt sie die größten Strapazen. Man hält darauf, daß die Leute korporalschaftsweise kochen, und ergreift alle Maßregeln gegen das Desertieren, wie sie in meiner Instruktion für die Generale angegeben sind, die Ihr am Schluß dieses Werkes findet236-2.

Will man eine Armee in Marsch setzen, so gilt die erste Sorge ihrer Verpflegung. Aus dem Abschnitt über das Kommissariat habt Ihr ersehen, welche Vorkehrungen zur Errichtung von Magazinen getroffen sind236-3. Das genügt aber nicht. Man muß die Möglichkeit haben, Proviant für vier Wochen bei den Truppen mitzufühlen. Wir haben Mehlwagen und eiserne Backöfen. Fourage findet man allenthalben auf den Feldern oder in den Scheunen. Beim Einmarsch in Feindesland gilt es, die Orte sorgfältig auszuwählen, wo man Magazine anlegen will. Das Hauptdepot muß am weitesten zurück und das kleinste der Armee am nächsten sein; denn es ist feindlichen Handstreichen am meisten ausgesetzt.

In Böhmen und Mähren kommt man oft in Verlegenheit, solche sicheren Orte zu finden; denn dort gibt es fast gar keine verteidigungsfähige Stadt236-4. Dadurch wird das Kriegführen in jenen Ländern noch schwieriger, zumal man von den Einwohnern verraten wird.

Vor allem muß man in Kriegszeiten auf Ordnung und Disziplin halten und sie selbst auf das strengste handhaben. Der Soldat desertiert deswegen nicht häufiger; aber selbst wenn das der Fall wäre, ist es besser, hundert Schufte weniger und die übrigen in guter Zucht zu haben, als mit einem schlecht disziplinierten Heere vor dem Feinde zu stehen.

In den Standlagern236-5 werden die Regimenter wie in Friedenszeiten exerziert, insbesondere die Rekruten, um sie ebenso gut auszubilden wie die andern. Detachements aus verschiedenen Truppenteilen zusammenzustellen, ist bei uns nicht Brauch; denn die Leute kennen sich nicht, und die Disziplin leidet allemal darunter. Wir detachieren immer nur ganze Bataillone. Der einzige Fall, wo gemischte Detachements gemacht werden können, kann eintreten, wenn man eine Stadt ver<237>teidigen will, sie aber zu verlieren fürchtet. Wird sie vom Feinde genommen, so büßt Ihr wenigstens kein ganzes Korps ein, und der Verlust wird nicht empfunden.

Jede Armee hat stets Kranke und Verwundete, nach großen Schlachten öfters sehr viele. Man muß Lazarette haben. Menschlichkeit und Dankbarkeit gegen die, die ihr Leben so oft für den Staat einsetzen, gebieten, wie ein Vater für sie zu sorgen. Zu ihrer Pflege muß man Ärzte und Feldschere in genügender Zahl haben, vor allem aber ein paar alte Offiziere von erprobter Rechtschaffenheit, die darüber wachen, daß jeder seine Schuldigkeit tut, daß niemand die Nahrungsmittel stiehlt, die Suppe und was der Staat sonst zur Pflege und Heilung dieser ruhmvollen Opfer bezahlt. Es empfiehlt sich, bei den Armeen einen Vorrat an Essig mitzuführen, um ungesundes und sumpfiges Wasser zu verbessern. Der Soldat setzt dem Wasser etwas Essig bei: dadurch wird es klar und unschädlich. Will man eine Schlacht liefern, so muß stets eine Anzahl von Ärzten und Feldscheren bei der Armee sein, damit die verwundeten Offiziere und Soldaten rasch verbunden werden und die erste Hilfe finden.

Rücken die Truppen in die Winterquartiere, so dürfen sie ihre Stuben nicht zu stark heizen; sie müssen purgiert und dann zur Ader gelassen werden, um dem Ausbruch von Krankheiten und Seuchen nach Möglichkeit vorzubeugen. Darauf beginnt das Exerzieren wie in Friedenszeiten. Man muß, somit angängig, die Truppen ablösen, die die Postenkette der Winterquartiere bilden, damit sie etwas Ruhe bekommen und ebenso wie die andren exerzieren können.

Mehr als sonst sind im Kriege rasche Belohnungen und strenge Strafen nötig; denn das Verdienst muß geehrt werden, sowohl um seiner selbst willen, wie um edlen Wetteifer bei den andren anzuregen. Ein Offizier, der eine glänzende Tat vollbracht hat, soll zwei Grade aufrücken, schmeichelhafte Auszeichnungen erhalten und, wenn er arm ist, Mittel zur Ausbesserung seiner Verhältnisse bekommen. Die strengsten Strafen stehen auf Nachlässigkeit im Nachtdienst und Nichtbefolgung von Befehlen; denn Feigheit läßt sich nicht anders bestrafen, als daß man solche Memmen mit Schimpf und Schande wegjagt.

Die Kavallerie in Friedenszeiten

Mein Vater hinterließ mir eine schlechte Kavallerie. Fast kein Offizier verstand sein Handwerk. Die Reiter hatten Angst vor ihren Pferden, bestiegen sie fast nie und tonnten nur zu Fuß exerzieren, beinahe wie die Infanterie. Die schweren Leute und großen Pferde machten sie so unbehilflich, daß sich dadurch im Ersten Schlesischen Kriege die Notwendigkeit einer vollständigen Umgestaltung dieser Waffe ergab237-1.

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Wir wollen bei der Kavallerie keine großen Leute; 5 bis 7 Zoll genügen für die Kürassiere und Dragoner, 2 bis 5 für die Husaren, vorausgesetzt, daß die Leute nicht kränklich, noch zu jung und schwächlich sind, sondern stark und kräftig. Große Pferde sind völlig untauglich. Die Kavalleriepferde sollen zwischen 5 Fuß 1 Zoll und 5 Fuß 3 Zoll groß sein; keine friesischen Pferde, die zu schwer sind, sondern holsteinische oder auch neumärkische und ostpreußische. Unsre Dragoner haben noch kleinere Pferde: 5 Fuß 2 Zoll. Alle Dragonerregimenter bilden ihr drittes Glied aus Tartarenpferden. Einige Regimenter haben überhaupt nur diese Rasse; denn man kann sie täglich gebrauchen, und da sie oft vor den Feind kommen, werden sie kriegstüchtiger. Auch halten sie die Strapazen besser aus. Die Husarenpferde stammen aus demselben Lande und sind fast ebensogut; denn flinke Pferde geben einer Truppe großes Übergewicht gegenüber einer schwerer berittenen. Der Reiter vertraut feinem Pferde mehr und wird desto kühner, je besser er sich beritten weiß.

Was ich von der Disziplin der Infanterie gesagt habe, gilt auch für die Kavallerie; ich brauche es also nicht zu wiederholen. Aber die Ausbildung beider Waffen ist grundverschieden. Das Exerzieren der Infanterie erstreckt sich auf Waffen und Beine, das der Kavallerie auf die Reitkunst der Reiter und den Gehorsam der Pferde.<239> Beides erfordert unendliche Mühe. Damit jeder Mann wie ein Stallmeister reitet, muß die Schwadron Mann für Mann, Pferd für Pferd gleichmäßig ausgebildet sein, und so durch die ganze Armee. Das ist um so nötiger, als jeder einzelne Teil mit gleicher Sorgfalt gearbeitet sein muß, soll das ganze Räderwerk der Maschine ineinander greifen. Wie könnten auch Leute, die zu Pferde fechten, den Feind schlagen, wenn sie ängstlich und zaghaft ritten?

Sind die einzelnen Reiter ausgebildet, so stellt man sie in Reih und Glied, damit sie sich gemeinsam bewegen lernen. Sie müssen alle Schwenkungen flink ausführen und vor allem ungestüm attackieren, ohne Schwanken und Auseinanderkommen, und genau auf den Punkt hin, den der Führer angibt. Die Pferde haben vier Beine, folglich müssen sie den Vorzug rascherer Bewegung besitzen. Denn bei den Kavallerieangriffen gibt nicht die Größe der Pferde den Ausschlag, sondern das Ungestüm der Attacke.

Alles, was im Frühjahr geschehen kann, ist die Ausbildung der Reiter und Pferde und der ganzen Regimenter in den großen Attacken und den verschiedenen Formationen und Manövern bei der Avant- und Arrieregarde behufs Deckung der Armee oder des Rückzuges, und zwar beschränkt sich jede Übung auf das rein Mechanische, mit Ausnahme der Leute, die zum Patrouillenreiten angelernt werden; eine unerläßliche Kenntnis für die Kavallerie, die vom einzelnen Reiter selbständiges Denken verlangt. Daher werden auch die Flankeure und Patrouillenreiter besonders ausgesucht und ausgebildet.

Ich habe Inspekteure bei der Kavallerie eingesetzt, aus demselben Grunde wie bei der Infanterie239-1, um über die gleichmäßige Ausbildung der Regimenter zu wachen, die Truppen öfters zu inspizieren und auf die Ausführung meiner Vorschriften zu halten239-2. Es gibt zwar tüchtige Generale und Regimentschefs, die Tapferkeit und gute Eigenschaften zeigen, aber sie sind nicht imstande, Ordnung zu halten. Es ist daher ebenso schwer, vier sirenge Inspekteure zu finden als eine solche Fülle von Chefs.

In vielen Fällen müssen die Dragoner absitzen und zu Fuß fechten, wenn die Infanterie nicht zur Stelle ist. Darum lernen sie zu Fuß angreifen wie die Infanterie. Da man dies aber nur im Notfalle von ihnen verlangt, so muß man keine große Vollkommenheit in den Bewegungen und im Angriff fordern. Ihr Hauptdienst ist stets zu Pferde. Die Husaren haben Karabiner, die in manchen Fällen gute Dienste geleistet haben, wo es galt, feindliche Husaren aus Dörfern oder Gehölzen zu verjagen, in denen sie sich eingenistet hatten.

Ich habe die Revue über die Kavallerie stets selbst abgehalten; ich habe sie selber exerziert, damit sie merkte, daß die Übungen, die man sie machen ließ, von mir selbst ausgingen, sowie um die aus Ehrgeiz Dienenden anzufeuern und die anzutreiben, die ihre Arbeit nur wie Tagelöhner verrichten. Erst ließ ich sie die Evolutionen, Be<240>wegungen und Attacken machen, die die Grundlage aller Kriegsmanöver bilden. Danach ließ ich einige Dispositionen ausführen, die im Felde täglich vorkommen und vor dem Feinde sozusagen das tägliche Brot sind.

Die schlesischen Regimenter haben den Vorteil, nach der Saatzeit ins Manöver zu rücken240-1. Die im Herbst bei Potsdam und bei Magdeburg versammelten Regimenter haben außerdem noch den Vorteil, daß jede Kompagnie eine Schwadron vorstellt240-2, sodaß die Offiziere, die gegenwärtig noch keine Schwadron führen, ihr Handwerk im voraus lernen und sich zu den Stellen fähig machen, die sie erstreben sollen. Sie lernen nicht nur das Gelände beurteilen, sondern auch alle Bewegungen des Feindes aufmerksam verfolgen, um dessen Fehler zu benutzen. Unsre Husarenoffiziere leisten in all diesen Zweigen Hervorragendes. Sie haben Blick für das Gelände, Selbstvertrauen und alle Kriegserfahrung, die ein Offizier besitzen kann. Unsre Dragoneroffiziere haben sich in den letzten Feldzügen gut gemacht, da sie den Feind öfter zu Gesicht bekommen haben als die andren. Die Kürassieroffiziere sind noch nicht so beweglich; denn bei ihren schwereren Pferden konnte ich sie nicht zu Detachements verwenden und sie nicht zu allem gebrauchen.

Die Kavallerie in Kriegszeiten

Eine geübte und disziplinierte Kavallerie wie die unsre muß beim Beginn des Feldzuges alle erdenklichen Vorteile über die feindliche haben, da die Offiziere im Vollbesitz all ihrer Dienstkenntnisse sind und die Soldaten all ihre Befehle strikt zu befolgen vermögen.

Im Kriege macht Euch eine gute Kavallerie zum Herrn des Landes. Zwei oder drei Handstreiche, die ihr hintereinander gelingen, reichen hin, um den Feind einzuschüchtern, sodaß er nicht mehr den Mut hat, sich vor ihr zu zeigen. Ich bin innerlich überzeugt, daß unsre Kavallerie sich in der Ebene jeder andern Kavallerie überlegen zeigt, wenn das Mißverhältnis der Zahl nicht zu groß ist.

Im Felde fallen die Detachements und Patrouillen hauptsächlich den Husaren und Dragonern zu. Bei den Patrouillen muß man darauf halten, daß sie genau ausgeführt werden. In den Feldlagern, wo ich kommandierte, ließ ich mir von den Offizieren persönlich Meldung erstatten und alle Fragen beantworten.

Im Stellungskriege muß man darauf sehen, daß die Kavallerie dem mörderischen Geschützfeuer nicht unnötig ausgesetzt wird. Sie kann sich dagegen nicht wehren und würde völlig zugrunde gerichtet. In einem Verteidigungslager oder auf Anhöhen deckt man die Kavallerie durch die Höhen selbst, aber so, daß sie zum Ein<241>greifen bei der Hand ist. Von der Art, wie sie zu gebrauchen ist, werde ich bei dem Abschnitt über die Heerführung im Großen reden241-1. Zum Angriff auf eine feste Stellung könnt Ihr nur Infanterie und Artillerie verwenden. Eure Kavallerie müßt Ihr in einer nahen Talmulde aufstellen, sodaß sie beim ersten Signal unversehrt Heraneilen kann, um nach Eurem Gutdünken eingesetzt zu werden. Alle Bewegungen der Kavallerie sind rasch; sie kann das Los einer Schlacht im Handumdrehen entscheiden. Man muß sie nur zur rechten Zeit gebrauchen. Ich werde im Verlauf dieser Schrift Regeln aufstellen, wie sie richtig verwandt wird.

Die Kavallerie ergänzt sich im Kriege leicht; denn ihr Dienst ist nicht so verlustreich wie der Infanteriedienst, und sie hat mehr Gelegenheit zum Beutemachen — ein verlockender Köder für die große Menge, die nur ihren persönlichen Vorteil kennt und nicht weiß, was Ruhm ist. Geht das Kriegsjahr zu Ende, so trifft man Maßregeln, die Leute neu beritten zu machen. Ich weiß nicht, wie man es fertig bringt, stets die nötige Anzahl Remonten zu finden. Es macht manchmal größere Kosten; trotzdem hat es uns nie an Remonten gefehlt.

Die Husaren und einige Dragonerregimenter werden gewöhnlich zur Postenkette der Winterquartiere bestimmt. Wenn irgend möglich, wünsche ich, daß für ihre Ablösung gesorgt wird, da ein wenig Erholung und Ruhe den Trieb des Ehrgeizes wieder anstachelt. Denn bei einem überanstrengten und erschöpften Menschen stumpft jedes Gefühl ab, und Seele wie Körper erschlaffen.

Vor Beginn des Feldzuges muß die Kavallerie in ihren Quartieren exerzieren, genau wie die Infanterie. Denn will man Ordnung halten, so muß man alle Tage daran arbeiten. Das ist gerade wie bei einer Uhr, die stehen bleibt und verdirbt, wenn man sie nicht Tag für Tag aufzieht.

Unsre Kürassierregimenter sollen eine Kriegsstärke von 1 000 Mann haben; ebensoviel sollen die Dragonerregimenter zu 5 Schwadronen zählen, und die Husarenregimenter 1 600 Reiter241-2. Aus diesem Grunde will ich die Husarenregimenter im Jahre 1770 um je 300 Mann vermehren, damit Zeit ist, sie im Frieden auszubilden, und damit sie im Kriege nutzbar werden. Unsre Mittel erlauben uns nicht, dies bei der ganzen Kavallerie durchzuführen; daher braucht sie nur 150 Mann für je 5 Schwadronen.

Bei der Infanterie habe ich die Inspektion Möllendorff auf Kriegsfuß gebracht241-3; denn im Falle der Not könnte man die fehlenden Leute weder durch Kantonisten noch durch Ausländer ersetzen.

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Die Quartiermeister und Ingenieure

Die Taktik wird zur unnützen Kunst, wenn sie nicht dem Gelände angepaßt istBei richtiger Kenntnis des Geländes findet man erstaunliche Hilfsmittel im Unglück. Auf diesem Grundsatz beruhen die wahren Erfolge, und die meisten Feldherren, denen ein Unglück zustößt, haben das lediglich der Nichtbeachtung jener Regeln oder auch ihrer Unwissenheit zuzuschreiben. Das Gelände ist für den Soldaten dasselbe wie das Schachbrett für den Schachspieler, der mit seinen Bauern, Läufern, Türmen usw. Züge machen will.

Die Griechen erteilten den jungen Bürgern, die sich dem Waffenhandwerk widmeten, Unterricht in der Taktik, Geometrie und Militärgeographie. Ich habe eingesehen, wie nützlich eine solche Einrichtung in Preußen ist, und habe sie nachgeahmt. Ich lasse junge, begabte Offiziere unter meinen Augen Arbeiten über alles machen, was sich auf die Lagerkunst, die Fortifikation und die Dispositionen zu Kriegsoperationen bezieht, wie die Taktik sie lehrt. Aber die jungen Leute machen bei ihrem großen Leichtsinn und ihrer Neigung zu Ausschweifungen keine großen Fortschritte. Sie sollen bei den verschiedenen Armeen für die Lager und Märsche verwandt und den Detachementsführern beigegeben werden, um Stellungen für sie auszusuchen und die Märsche ihrer Kolonnen zu bestimmen. Da sie alle möglichen Dispositionen lernen und stets im großen arbeiten, so müssen aus ihnen mit der Zeit ausgezeichnete Generale hervorgehen, wenn sie durch ihren unseligen Hang zu Ausschweifungen nicht auf Abwege geraten.

Die Ingenieuroffiziere können in doppelter Weise verwandt werden. Einige haben Talent für die Feldbefestigungskunst: die kann man auf die Armeen verteilen. Andre beschränken sich auf den Angriff und die Verteidigung fester Plätze: die müssen den Festungen zugeteilt und herangezogen werden, wenn man eine Belagerung vorhat.

Ein großer Fehler unsrer Infanterieoffiziere ist ihr geringes Interesse für die Fortifikation und die meist krasse Unkenntnis des Geländes und der Vorteile, die man daraus ziehen kann. Sie drillen zwar ihre Leute gut ein, und das ist ja auch sehr nötig und wesentlich, aber sie vernachlässigen jene Kenntnisse, die Offiziere wie sie nicht entbehren können. Dank den Fortifikationsschulen242-1, die ich in allen Provinzen eingerichtet habe, werden unsre jungen Subalternoffiziere ihre Vorgänger übertreffen. Wenn sie zu höheren Stellungen gelangt sind, wird man die Wirkung ihrer besseren Ausbildung merken.

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Festungen

Die meisten meiner Festungen sind in Schlesien. Ich lasse sie jetzt ohne Rücksicht auf die Kosten verstärken; denn besser gar keine als schlechte Festungen. Mein System legt die Verteidigung der Werke in den gedeckten Weg und in die Tiefe der Gräben, sowohl der trocknen wie der Wassergraben, und ich treffe alle mögliche Vorsorge, um Überrumpelungen unmöglich zu machen. Die Verteidigung des gedeckten Weges beruht hauptsächlich auf den Minen und auf einigen vorgeschobenen Werken, die den Feind fernhalten und ihn zu ihrer Belagerung zwingen, bevor er an das Glacis herankommen kann.

Schweidnitz wird im nächsten Jahre (1769) fertig; Kosel ist es bereits. An Silberberg, Neisse und auch an Breslau wird im nächsten Jahre gearbeitet werden. Ich hoffe, alle drei Festungen 1770 fertig zu haben. Indes ist noch eine Anzahl von Kasematten nötig, die ich errichten lassen werde, wenn ich am Leben bleibe. Sobald Silberberg ausgebaut ist, muß das alte Schloß von Glatz ausgebessert werden. Die alten, baufälligen Gebäude müssen niedergerissen, gute Kasematten angelegt und der Plan des Oberstleutnants Pinto243-1 teilweise ausgeführt werden. Dann sind nur noch die Gräben von Glogau zu bekleiden und zu vertiefen und das Galgenfort zu erhöhen.

Sind diese Festungen völlig ausgebaut, so ist der Besitz von Schlesien gesichert. Es kommt dann nur noch auf gute Auswahl der Offiziere an, denen man die Verteidigung anvertraut; aber das ist schwerer, als man denkt.

Die Festung Silberberg243-2 habe ich angelegt, um freien Einmarsch in die Grafschaft Glatz zu haben und die Festung Glatz entsetzen zu können, falls der Feind sie belagert. Außerdem sichert und deckt Silberberg die linke Flanke des Landeshuter Lagers, eines der wichtigsten zum Schutze von Niederschlesien.

Die Feldzüge der Österreicher in den Jahren 1757 und 1760 haben gezeigt, wie wichtig die Befestigung von Breslau ist243-3. Die Stadt soll wenigstens so weit befestigt werden, daß sie den Feind zwei Monate lang aufhalten kann. Das ist genug, um ihr zu Hilfe zu eilen.

Ich habe zwei Festungen in Pommern und eine ebenso wichtige in der Neumark. Als die Russen uns bekriegten, hat Kolberg allein ihr Vordringen lange aufgehalten. Ebenso Küstrin. Diese Festung wird durch ihre Sümpfe geschützt. Aber Kolberg muß ausgebaut werden. Ich habe den Plan entwerfen lassen, nebst den Hafenbefestigungen, und wenn der Himmel mich am Leben läßt, wird die Arbeit 1770 fertig sein.

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Auch Stettin, die Hauptstadt Pommerns, verlangt die gleiche Fürsorge. Die wichtigsten Arbeiten sind: Vertiefung der Gräben, Zusammenziehung der allzu weitläufigen Werte, sowie Minenanlagen im Glacis, die noch ganz fehlen. Gut ist die Befestigung von Damm, die als Brückenkopf für die Lastadie244-1 dient. Es sind zwar nur Erdwerte, aber die umliegenden Sümpfe machen sie unzugänglich.

Von Spandau nur ein Wort. Es ist in Wahrheit nur ein Nest und mehr als befestigtes Kriegsmagazin denn als Festung anzusehen. Sind Kriege und feindliche Einfälle zu befürchten, so muß eine gute Befestigung da angelegt werden, wo die Waffenfabrik liegt.

Die wichtigste von allen unsren Festungen ist Magdeburg. Sie ist der Zufluchtsort der königlichen Familie und der letzte Rückhalt des Staates244-2. Obwohl die Stadt ziemlich stark befestigt ist, scheint mir noch zweierlei wünschenswert: Verbindung der Stadtbefestigung mit dem Fort Bergen und Minenanlagen im Glacis. Die Befestigung der Sudenburg244-3 hat nur bis zur Eröffnung des Laufgrabens Wert. Ich möchte nicht raten, Truppen hineinzulegen, falls der Feind den Platz ernstlich belagern will. Indes werden die Mächte, die eine so schwierige Belagerung unternehmen wollen, zweierlei bedenken müssen: erstens die gewaltige Ausdehnung der Einschließungslinie, die Magdeburg erfordert, und zweitens das ganz flache und ebene Vorgelände, das uns fast sicher gewonnenes Spiel gäbe, wenn unsre Armee zum Entsatz heranrückte.

Die Invaliden

Undank ist beim Bürger ein häßliches Lasier. Er ist abscheulich bei einem Herrscher oder einer Republik, die es an Dankbarkeit fehlen lassen. Der Soldat, der seine Glieder, seine Gesundheit, seine Kraft und sein Leben dem Gemeinwohl opfert, hat, wenn er altersschwach oder verstümmelt ist, Anspruch auf die Wohltaten derer, für die er alles darangesetzt hat. Deshalb habe ich bei Berlin das Invalidenhaus gegründet244-4. Leider kann es nur 600 Mann aufnehmen, was bei der Stärke der Armee nicht genügt. Außerdem verfügt die Kriegskasse über einen Fonds, aus dem die armen Invaliden, die auf dem Lande ihr Leben fristen, einen Taler monatlich erhalten. Alle Unteroffiziere und alten Soldaten, die sich ausgezeichnet haben, bekommen kleine Anstellungen bei der Akzise, beim Zoll, bei der Tabaksregie und überall, wo Stellen, die sie ausfüllen können, offen sind. Aber trotz alledem gibt es immer noch eine Anzahl armer, bisher unversorgter Soldaten, für die ich einen kleinen Fonds zu schaffen gedenke.

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Die Offiziere sind in der gleichen Lage wie die Gemeinen. Es gibt Verwundete und Kränkliche, die nicht weiter dienen können und deren geringes Einkommen zu ihrem Unterhalt nicht ausreicht. Für sie hat man sich alles mögliche ausgedacht. Die früheren Generale bekommen Pensionen von 1200 und 2 000 Talern. Was die übrigen betrifft, so werden sie Postmeister oder Domänenräte, falls sie dazu taugen; wieder andre weiden beim Kommissariat angestellt. Die schließlich, die man nirgends unterbringen kann, erhalten kleine Pensionen von ; bis 6 Talern monat, lich. Ist ein Stabsoffizier zu dumm, um seine Stellung auszufüllen, so schickt man ihn in Pension, um sich seiner zu entledigen. Für solche Ausgaben hat die Kriegs, lasse ungefähr das Nötige.

Einige Regimenter haben im letzten Kriege ihre Schuldigkeit so schlecht getan, daß ihre Invaliden zur Strafe keinen Anteil an den Wohltaten erhalten, die den andren zugestanden sind; denn Lohn und Strafe müssen den geleisteten Diensien entsprechen. Im übrigen zwingen Menschlichkeit, Mitleid, Dankbarkeit und alle Menschenpfiichten den Herrscher, seine Großmut und Freigebigkeit auf alle Untertanen auszudehnen, die sie durch ihre früheren Leistungen und ihr jetziges Elend verdient haben.

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Die Grundprinzipien des Krieges

Es geht mit der Kriegskunst wie mit allen Künsten. Sie ist bei rechtem Gebrauch nutzbringend und bei Mißbrauch verderblich. Ein Fürst, der aus Unruhe, Leichtsinn oder zügellosem Ehrgeiz Krieg führt, ist ebenso strafwürdig wie ein Richter, der mit dem Schwert der Gerechtigkeit einen Unschuldigen mordet. Gut ist jeder Krieg, der geführt wird, um das Ansehen des Staates aufrechtzuerhalten, seine Sicherheit zu wahren, den Bundesgenossen beizustehen oder einen ehrgeizigen Fürsten in Schranken zu halten, der auf Eroberungen sinnt, die Eurem Vorteil zuwiderlaufen.

Um die Mißerfolge ihrer Truppen zu beschönigen, bemühen sich die modernen französischen Schriftsteller, das Waffenhandwerk lächerlich zu machen und nach Kräften herabzuwürdigen246-1. Ihre Unverschämtheit verdiente, daß die Staatsgewalt dagegen einschritte; denn es gibt keine schönere und nützlichere Kunst als die Kriegskunst, wenn sie von anständigen Menschen geübt wird. Unter dem Schutze der edlen Vaterlandsverteidiger bestellt der Landmann seine Felder; die Gesetze werden von den Gerichten aufrechterhalten; der Handel blüht, und alle Berufe werden friedlich betrieben.

Ehrgefühl, Ruhmbegier und Vaterlandsliebe müssen die beseelen, die sich dem Waffendienst widmen, ohne daß schnöde Leidenschaften so edle Gesinnungen beflecken. Mit solchen Eigenschaften wird der Soldat achtbar, und ich sehe in ihm nichts als die Stütze der Herrschaft und das Bollwerk des Staates.

Wer die Kriegskunst beherrschen will, muß sie fortwährend studieren. Ich glaube durchaus nicht, sie erschöpft zu haben. Vielmehr bin ich der Ansicht, daß ein Menschenleben garnicht ausreicht, um damit zu Ende zu kommen; denn die Erfahrung hat mich von Feldzug zu Feldzug neue Grundsätze gelehrt, und es bleibt noch eine Unzahl von Dingen übrig, über die mich das Schicksal keine Erfahrungen sammeln ließ. Immerhin habe ich genug gesehen, um allgemeine Regeln zu geben, die besonders auf Preußen Anwendung finden.

Bei allen Kriegsunternehmungen hat man sein Augenmerk zuerst auf die Verpflegung zu richten. Lebensmittel müssen angehäuft werden. Das ist Sache des Kommissariats. Die Hauptmagazine sind in sicheren Orten anzulegen, die Depots weiter vorzuschieben und desto schwächer zu machen, je näher sie der Armee liegen, damit die Truppen nicht in Not kommen, wenn es dem Feinde gelingt, ein Depot zu zerstören.

Groß angelegte Feldzugspläne sind ohne Zweifel die besten; denn bei ihrer Ausführung merkt man bald, was daran unmöglich ist, und beschränkt sich auf das Ausführbare. Damit kommt man weiter als mit einem kleinen Plane, der nie zu etwas<247> Großem führt247-1. Ein Beispiel dafür. Als wir 1757 in Böhmen einrückten, ging mein Plan dahin, alle österreichischen Truppen von den Enden der Provinz nach der Mitte zusammenzutreiben. Unter diesen Umständen konnte eine Schlacht das Schicksal des ganzen Krieges entscheiden. Der Plan scheiterte, weil sich die ganze Armee des Prinzen Karl nach unsrem Siege bei Prag in die Festung warf, wodurch die Belagerung unmöglich wurde. Zweitens verloren wir die Schlacht von Kolin. Hätten wir sie aber gewonnen, so hätte sich die Armee in Prag auf Gnade und Ungnade ergeben müssen. Die Franzosen hätten dann nicht gewagt, über den Rhein zu gehen; die Russen wären an der Grenze von Kurland geblieben, und der Wiener Hof hätte sich den Frieden diktieren lassen müssen.

Solche großen Pläne sind nicht immer erfolgreich. Gelingen sie aber, so entscheiden sie den Krieg. Beweis: der Feldzug des Prinzen Eugen, der durch den Entsatz Turins ganz Italien von den Franzosen befreite (1706); Beweis: sein Feldzug in Bayern und die Schlacht bei Höchsiädt (1704); Beweis: seine Belagerung von Belgrad (1717)247-2. Solche Beispiele muß man sich zum Muster nehmen. Entwerft Ihr vier solcher Pläne und habt Ihr mit einem Glück, so seid Ihr für alle Mühe belohnt.

Den Hsierreichern gegenüber ist nur noch auf Stellungskriege zu rechnen247-3. Die Beweglichkeit unsrer Infanterie und die Überlegenheit unsrer Kavallerie zwingen sie, weite Ebenen zu meiden. Außerdem liefern ihnen Böhmen, Mähren, die sächsischen und schlesischen Grenzen ein geeignetes Gelände, um sich auf die Verteidigung zu legen. Ich habe keinerlei Anlaß zu glauben, daß sie sich auf Entscheidungsschlachten einlassen werden. Wohl aber werden sie mit überlegenen Kräften über die Detachements herfallen, um sie aufzuheben oder zu vernichten. Kommt es also bei meinen Lebzeiten noch zum Kriege, so kann ich Euch sagen, wie ich gegen sie verfahren würde. Um aber genau anzugeben, was alles zu geschehen hätte, müßte man genau wissen, wie die Lage beim Ausbruch des Krieges ist, welche Verbündeten wir und die Österreicher haben, in welchem Lande der Krieg geführt wird, kurz, alle näheren Umstände der künftigen Konstellation, die ich nicht kenne, da ich kein Prophet bin.

Zunächst würde ich so weit in Feindesland eindringen, als die Lebensmittel, die ich mitführen kann, es erlauben, dann auf Kosten des Feindes leben und mir das günstigste Gelände zum Kriegsschauplatz auswählen. Ich würde versuchen, meine Operationsbasis zu sichern, bevor der Feind in meine Nähe käme, würde das Gelände nach allen Seiten so weit auskundschaften lassen, als man Streifkorps vorschicken kann, würde rasch Karten von allen Örtlichkeiten aufnehmen lassen, die der Feind zum Lager benutzen könnte, und von allen Straßen, die dahin führen. Dadurch würde ich mir Kenntnis des Landes verschassen, und meine Karten gäben mir Aufschluß über alle angreifbaren und unangreifbaren Stellungen, die die Österreicher besetzen könnten. Zu einer Schlacht würde es mich nicht drängen; denn eine feste<248> Stellung läßt sich nur mit großen Opfern erobern, und in gebirgigen Gegenden fällt die Verfolgung nie entscheidend aus. Wohl aber würde ich mein Lager gut sichern, es mit größter Sorgfalt befestigen und vor allem danach trachten, die feindlichen Detachements gründlich zu schlagen. Denn durch Vernichtung eines detachierten Korps bringt Ihr Verwirrung in die ganze Armee, und es ist leichter, 15 000 Mann zu erdrücken, als 80 000 zu schlagen; die Wirkung aber ist bei geringerem Wagnis fast die gleiche. Viele kleine Erfolge erringen, heißt allmählich einen Schatz aufhäufen. Mit der Zeit wird man reich und weiß selbst nicht wie.

Angriffe auf starke Stellungen darf man nur im äußersten Notfalle unternehmen. Warum? Weil alle Nachteile auf seiten des Angreifers sind. Wenn ein geschickter Heerführer eine feste Stellung nimmt, wird er keine Anhöhe bis auf 3 000 Schritt, wo er eine Batterie errichten könnte, unbesetzt lassen. Eure Kavallerie dürft Ihr nicht gleich zu Beginn der Schlacht ins Feuer führen, wollt Ihr sie nicht unnütz zugrunde richten. Gegen eine beherrschende Anhöhe könnt Ihr weder mit Gewehr- noch mit Geschützfeuer etwas ausrichten. Das hieße, Bauern, die nur Knüppel tragen, gegen Leute führen, die bis an die Zähne bewaffnet sind. Ihr habt das feindliche Gewehrund Geschützfeuer und das noch viel mörderischere Kartätschfeuer auszuhalten, außerdem das der Kavallerie, die der Feind ebenfalls gebrauchen könnte.

Zwingt Euch trotz so vieler Hindernisse ein höheres Gebot, solchen Gefahren die Stirn zu bieten, so gibt es immer noch Mittel dazu. Ihr dürft nur einen Abschnitt der Stellung angreifen, den rechten oder linken Flügel oder die Mitte, je nachdem man es leichter findet. Hält man sich aber nicht an die beherrschende Höhe in diesem Gelände, so geht man seiner ersten Erfolge wieder verlustig; denn der erste Ansturm entscheidet das Los der Schlacht, und die Truppen verlieren den Mut, wenn sie nach einem ersten Erfolg über den Feind auf eine größere Schwierigkeit stoßen248-1.

Folgendes schreiben die taktischen Regeln für den Schlachtplan vor. Die Armee marschiert der feindlichen Stellung schräg gegenüber auf, sodaß der Angriffsflügel dem Feinde näher sieht als der ihm versagte248-2. Vor der Armee formieren sich in einem oder zwei Treffen die zum Angriff bestimmten Truppen. In Ermangelung der Kanonen errichtet man Haubitzbatterien, um das Feuer der Stellung zu dämpfen und den Angriff zu unterstützen. Den ersten Angriff würde ich den Freibataillonen zuweisen, und zwar in zerstreuter Ordnung und im Schützengefecht. Je mehr sie das feindliche Feuer auf sich lenken, in um so besserer Ordnung können die regulären Truppen an den Feind herankommen. Ich würde Kanonen bereithalten, um den Angreifern zu folgen und in der eroberten Stellung sofort aufzufahren. Dann ließe ich neue Infanterie zur Unterstützung vorrücken, um den Sieg zu vollenden, und in dem Maße, wie man diese einsetzte, käme auch die Kavallerie an die Reihe. Angenommen, es sei physisch oder moralisch unmöglich, die Stellung zu nehmen, so ließe<249> ich die Angriffstruppen zurückgehen und sie von der Armee aufnehmen. Diese und die zurückgehaltene Kavallerie würden zur Sicherung des Rückzuges ausreichen.

Steht der Feind nur auf sanft abfallendem Gelände, so kann man nach mehreren, fruchtlosen Infanterieangriffen dreist die Kavallerie, in Kolonnen formiert, einsetzen, und in wenigen Minuten sind die furchtgebietenden Linien der stolzen Österreicher über den Haufen geworfen. Glücklicherweise kennt noch niemand diese Kolonnenattacke der Kavallerie249-1. Einige Kavalleriegenerale weiden sie ausführen, sobald es nötig wird. Sie ist als Staatsgeheimnis zu betrachten, ebenso wie der Gebrauch der zehnpfündigen Haubitzen249-2. Denn sobald diese Dinge bekannt sind, benutzt man sie gegen uns, und wir kommen um den Vorteil der Erfindung.

Es ist ein großer Irrtum, zu glauben, Schlachten in der Ebene seien ein geringeres Wagnis als Angriffe auf feste Stellungen. Auf freiem Felde wirkt das Geschützfeuer verheerend. Das schlimmste ist, daß Ihr beim Angriff auf den Feind alle seine Batterien bereits in Stellung findet. Er kann also auf Euch schießen, während Ihr die Euren erst errichten müßt: das ist ein gewaltiger Unterschied! Auch in der Ebene dürft Ihr niemals mit Treffen gegen Treffen vorgehen; denn damit setzt Ihr alles aufs Spiel, und werdet Ihr geschlagen, so bleibt nichts übrig, um die Trümmer zu decken. Stets müssen besondere Angriffe der Armee vorangehen, damit das Gros nicht dem Kartatschfeuer ausgesetzt ist und, wie gesagt, nicht alles auf eine Karte gesetzt wird. Die Reserven sind von größter Wichtigkeit. Recht benutzt, können sie die Schlacht entscheiden. Ein Heerführer, der über eine Reserve verfügt, kann viel Unglück wieder gutmachen. Hat er keine, so sinkt er zum bloßen Zuschauer einer großen Begebenheit herab. Ist die Disposition getroffen und kein zweites Treffen, keine starke Reserve vorhanden, so liegt die Gefahr sehr nahe, daß er geschlagen wird. Hingegen kann er mit Hilfe von beidem Verluste wettmachen, Unterstützung dorthin schicken, wo der Feind seinen Hauptstoß führt, ja öfters sogar mit der Reserve die Flanke der ganzen feindlichen Armee umgehen und ihr in den Rücken fallen.

Ist eine Schlacht in der Ebene unvermeidlich, so entscheidet der Angriff eines Kavallerieflügels den Sieg. Dann kann die leichte Artillerie249-3 Wunder tun, wenn sie kurz vor der Attacke kräftig in die feindliche Kavallerie hineinfeuert. Siegt man in der Ebene, so muß man den geschlagenen Gegner unermüdlich verfolgen. Hier bietet sich eine Gelegenheit, ihn zu vernichten, da er in der Ebene keine Ausnahmestellung findet, die Eurem Nachdrängen Einhalt gebietet. Hat man also die Wahl des Schlachtfeldes, so muß man offenes Gelände dem bedeckten vorziehen; denn im letzteren könnt Ihr Eure Erfolge nicht ausnutzen, und eine Schlacht ohne Verfolgung kostet Euch ebensoviel Menschen wie eine andre, schwächt den Feind aber nicht wesentlich und läßt Euch oft nur eine halbe Meile Terrain gewinnen.

<250>

Auf dem Marsche muß die Armee in der Regel drei getrennte Korps zu ihrer Verfügung haben: eine Avantgarde zum Aufklären des Geländes, durch das sie marschieren soll, eine Arrieregarde, um die Marschkolonnen im Rücken zu decken, und eine Reserve zum Gebrauch nach Bedarf, sei es zum Flankenschutz der Kolonnen nach Art von Seitenpatrouillen, wenn der Feind nahe ist, sei es zur Deckung der Bagage. Man marschiert in möglichst vielen Kolonnen. In unsren Ländern können wir selten mehr als vier haben. Ich zähle hierbei die Bagage nicht mit, die, wenn möglich, zwei bis drei Kolonnen formiert, falls man der feindlichen Stellung parallel marschiert. Marschiert man z. B. treffenweise links ab, so muß die Bagage auf die linke Seite der Treffen gehen, damit die Armee sie deckt. Marschiert man rechts ab, so hält sie sich rechts von den Treffen. Rückt man vor, so folgt die Bagage zwischen den Kolonnen und der Arrieregarde. Beim Rückzug geht die Bagage voraus, jedesmal mit einer besonderen Bedeckung.

Die Armee kann unmöglich stets konzentriert bleiben. Oft tritt der Fall ein, daß man detachieren muß. Der triftigste Grund für einen Heerführer, Teile von der Armee abzusondern, ist der, den der Marschall von Luxemburg hatte. Um König Wilhelm III. durch Absendung starker Detachements zu schwächen, schickte Luxemburg selbst solche aus, mit der geheimen Absicht, sie wieder zurückzurufen, und zog sie dann wieder an sich. König Wilhelm ließ sich dadurch überlisten, und so wurde er bei Neerwinden geschlagen250-1. Alle diese Einzelheiten findet Ihr in der Kriegsgeschichte von Quincy250-2 und in den Memoiren von Feuquières250-3, auf die ich Euch hiermit verweise.

Detachieren muß man, um Stellungen rechts und links von der Armee zu besetzen, damit der Feind Euch nicht umgeht. In einiger Entfernung vom Feinde muß man leichte Truppen so dicht gegen dessen Armee vorschieben, als es in der Ebene ohne Gefahr für sie angeht. Dazu nimmt man ein paar Husaren- und Dragonerregimenter. Sie müssen Euch Nachricht über den Feind verschaffen, und ihre Patrouillen müssen immerfort unterwegs fein. Zwischen sie und die Armee schiebt man einige Freibataillone, um ihren Rückzug zu sichern, falls sie zurückgedrängt werden. In waldigem Gelände schiebt man ein starkes Korps leichter Infanterie vor, dem man zur Verstärkung und zum Schutze einige Husaren beigibt.

Man nimmt ferner Detachierungen vor, um wichtige Übergänge oder Stellungen zu besetzen. Dazu muß man in fast allen Fällen eine starke Infanterieabteilung wählen; denn man hat sich wohl einzuprägen, daß man Truppen nur in geeignetem Gelände verwenden darf, wo sie fechten können. Eine Stellung zu halten, Gehölze, Wälder und Flußübergänge zu bewachen, ist Sache der Infanterie. Nie kann Kavallerie allein eine Stellung behaupten: der Kanonen wegen. Ferner darf die Kavallerie nicht verwandt werden in sumpfigem oder von Gräben durchsetztem<251> Gelände, in großen Wäldern mit Unterholz oder im Gebirge. Sie braucht Ebenen, um sich hervorzutun; denn sie muß alle ihre Bewegungen rasch ausführen, und wie kann sie das, wenn sie in Defileen steckt oder in Sümpfen festsitzt? Man detachiere sie also in der Ebene; dort ist sie vortrefflich für Überraschungen; denn man muß sie da anwenden, wo sie ihre ganze Kraft entwickeln kann, und nicht in einem Gelände, dessen Hindernisse jeden Erfolg vereiteln.

Von allen Kriegsoperationen erfordert keine so viel Umsicht und Klugheit wie eine Rückwärtsbewegung. Beim Rückzuge seid Ihr sicherlich im Vorteil, wenn das Gelände in der Rückzugslinie ansteigt, da Ihr so eine Art von Glacis habt, das Eurem Geschütz- und Gewehrfeuer merklicheÜberlegenheit sichert. Das Rückzugsgelände muß stets vorher rekognosziert werden, damit man seine Dispositionen der Örtlichkeit anpassen kann. Am meisten empfiehlt sich eine staffelweise Postierung der Truppen von Stellung zu Stellung, aus denen sie sich derart aufeinander zurückziehen, daß sie immer unterstützt sind. Dergleichen Manöver sind langsam, aber sicher. Bei gewissen Gelegenheiten muß man zu ihnen greifen, wie bei unserm Rückzug nach Lau-ban, dessen ausführliche Beschreibung Ihr in meinen Denkwürdigkeiten findet251-1. Ein andres Rückzugsverfahren hat mir 1758 gute Dienste geleistet, als wir Böhmen räumten. Es besieht darin, dem Feind Hinterhalte zu legen251-2. Hat er sich ein paarmal blutige Köpfe geholt, so kehrt er nicht mehr zurück und läßt Euch beim Weitermarsch in Frieden. Man muß ein ganzes Arsenal von Dispositionen und Kriegslisten im Kopfe haben, wenn man Krieg führen will, oder man kommt nie aus der Verlegenheit.

Feste Stellungen sind zu wichtig, um sie hier mit Stillschweigen zu übergehen. Hätte ich Krieg zu führen, ich würde mein Lager immer nur in einer festen Stellung aufschlagen, um nie zum Kampfe gezwungen zu werden, wenn es mir nicht beliebt. Nachfolgend eine kleine theoretische Abhandlung über die Stellungen, die nicht unnütz sein dürfte. Meine Quartiermeister haben von mir eine ausführliche Instruktion erhalten, die Ihr Euch geben lassen könnt, um den Gegenstand gründlich kennen zu lernen und ihn völlig zu beherrschen.

Die verschiedenen Stellungen liegen hinter Defileen, Flüssen oder Sümpfen, in der Ebene zwischen Wäldern, in bergigem Gelände auf Anhöhen oder Bergen, die die Umgegend beherrschen. Die Hauptsorge, die für jedes Gelände die gleiche bleibt, ist die Sicherung Eurer Flanken. Lagert Ihr hinter einem Defilee, so habt Ihr den Vorteil, daß der Feind Euch nur in schmaler Front angreifen kann. Habt Ihr auf Euren Flügeln erhöhtes Gelände, so müßt Ihr es besetzen und befestigen, entweder durch gute Verhaue oder durch Schanzen, Palisaden oder breite Gräben.

Steht Ihr hinter einem Flusse, so habt Ihr weniger auf Eure Front als auf Eure Flanken zu achten. Denn will der Feind über den Fluß gehen, so wird er es nicht<252> Euch gegenüber, sondern rechts oder links von Euch tun. Ihr müßt also leichte Kavallerie auf Eure beiden Flügel detachieren, um über seine Bewegungen benachrichtigt zu werden. Habt Ihr das Gelände zu beiden Seiten sorgfältig rekognoszieren lassen, so könnt Ihr Eure Marschbefehle mit solcher Genauigkeit geben, daß Ihr den Feind in dem Augenblick angreift, wo der geringste Teil seiner Truppen auf Eure Flußseite übergegangen ist. Die beste Art, dem Feind einen Flußübergang streitig zu machen, ist, ihm jenseits des Flusses entgegenzutreten252-1. Das riet ich auch dem Prinzen Ferdinand bei der Verteidigung des Weserübergangs, und er hat es ruhmvoll ausgeführt252-2.

Steht man hinter Sümpfen, so muß man in erster Linie für die Sicherung seiner Flanken sorgen. Ist man in einer wald- und buschreichen Gegend, so kann man sich an die Wälder anlehnen, indem man dort starke Verhaue von fest miteinander verbundenen Baumstämmen in einer Tiefe von 600 Schritt anlegt. Nie darf man Gehölze in seiner Front lassen, aber man kann sie im Rücken haben. Stellungen, in denen Euch eine Höhe bis auf 3 000 Schritt beherrscht, sind stets zu meiden. Vielmehr ist zum Schlachtfeld ein etwas überhöhendes Gelände zu wählen, damit der Feind bergauf angreifen muß. Denn der geringste Abhang gibt dem Infanterie-und Geschützfeuer merkliche Überlegenheit.

Lager auf Anhöhen oder Bergen können von zweierlei Art sein. Ist keine Höhe in der Nähe und das Gelände fällt zur Ebene ab, wie bei den Höhen von Kunzendorf und Bögendorf252-3, so stellt man das erste Treffen auf die halbe Höhe und das zweite auf den Höhenkamm. Liegen gleich hohe Berge gegenüber, so muß das erste Treffen den Höhenkamm besetzen, und das zweite bleibt dahinter in Reserve. Um die Front solcher Lager braucht man nicht besorgt zu sein, wohl aber um die Flanken. Hat man detachierte Korps, so läßt man sie das Gelände in den Flanken besetzen, wodurch die Stellung gesichert wird. Auf den Höhen ist die Infanterie derart aufzustellen, daß ihr Schußfeld bis in den Talgrund hinabreicht. Der einzelne Mann muß bis an den Fuß der Anhöhe sehen können; denn er soll auf die Anstürmenden feuern und kann ihnen keinen größeren Schaden zufügen, als indem er sie während des Erklimmens der Höhen tüchtig beschießt. Werdet Ihr in solcher Stellung angegriffen, so beruht Eure ganze Verteidigung auf dem Gewehr- und Kartätschfeuer. Sobald nun das Feuer Unordnung in den Angreifer bringt, muß man drei bis vier Schwadronen Kavallerie gegen ihn loslassen, die seine Vernichtung vollenden.

Ebenso notwendig wie die Flankendeckung ist die Sicherung gegen Überfälle. Lagert Ihr in der Ebene, so schützt Ihr Euch durch ein starkes vorgeschobenes Kavalleriekorps und durch die Kavalleriepatrouillen, die Ihr Nacht für Nacht von<253> Euren äußersten Flügeln abschickt. In waldreichen Gegenden umgebt Ihr Eure Armee mit leichter Infanterie, damit der Feind nicht an Euch herankann, ohne mit den Freibataillonen handgemein zu werden. Ihr Feuer gibt Euch dann das Signal, Eure Zelte abzubrechen und unter Gewehr zu treten. Nicht weniger ist bei allen möglichen Lagern darauf zu achten, daß die ausgewählte Stellung zwar in der Front stark, aber leicht zu verlassen ist. Nach rückwärts müssen viele Wege laufen, nach vorn nur wenige. Denn führt nur ein einziger Weg in das denkbar beste Lager, so darf man es nicht beziehen, sonst kann der Feind Euch diesen Weg verlegen, Euch abschneiden und blockieren.

Die Befestigung der Lager geschieht durch Überschwemmungen, indem man die Flüsse abdämmt, durch Verhaue aus gefällten Bäumen, die man je nach der Form, die man seiner Verschanzung geben will, aufeinanderschichtet, durch Aufwerfen fester Schanzen mit breiten Gräben, durch Anlage von Batterien, die das Gelände kreuzweise bestreichen, durch Aufstellung von Geschützen, die die Hohlwege und Schluchten unter Feuer halten, durch eine Umwallung mit Palisaden und schließlich, wo das Gelände es erlaubt, durch Flatterminen. Alle diese Hilfsmittel muß man benutzen; denn man darf keine Mühe und Arbeit scheuen, um die Truppen zu sichern und das Lager unangreifbar zu machen.

Dieser Gegenstand führt uns von selbst dazu, ein paar Worte über den Verteidigungskrieg zu sagen. Der Offensivkrieg besieht darin, daß der Heerführer, der die Absicht hat, den Feind anzugreifen und ihn mit Waffengewalt zu besiegen, alle Gelegenheiten benutzt, um ihn zu schwächen und zu vernichten. In der Defensive nimmt er sich vor, nichts aufs Spiel zu setzen, sei es, daß er sich seinem Gegner nicht gewachsen fühlt, sei es, daß er seinen Vorteil vom Zeitgewinn erwartet. Die letztere Kriegsart ist die schwierigste. Feste Lager und Stellungen taugen zu beidem; zur Offensive, da man nie eine Schlacht liefern soll, wenn der Feind es will, sondern immer nur, wenn man selbst es will. In der Defensive kann man sich nur durch die Wahl starker Stellungen behaupten. Aber jeder Heerführer irrt sich, der glaubt, den Defensivkrieg gut zu führen, wenn er nichts unternimmt und während des ganzen Feldzuges untätig bleibt. Solche Defensive würde damit enden, daß die Armee völlig aus dem Lande vertrieben wird, das der General decken wollte. Denn der Feind kann, wenn er freie Hand hat, alle seine Detachements schlagen, ihn umgehen und ihn von Stellung zu Stellung zurücktreiben, bis zu seiner völligen Vernichtung.

Ein guter Defensivkrieg muß mit so überlegener Kunst geführt werden, daß der Feind garnicht erraten kann, ob man große Schläge vermeiden will. Denn nimmt man sich auch vor, dem Zufall möglichst wenig Spielraum zu lassen, so verzichtet man damit noch keineswegs auf die guten Gelegenheiten, die sich bieten und die ausgenutzt werden müssen. Man führt einen Detachementskrieg. Kann man die Detachements des Feindes schlagen, so muß man ihm die Zufuhr abschneiden, d. h. seine<254> Proviantzüge wegnehmen, seine Magazine zerstören, ihn bei seinen Fouragierungen belästigen und ihm in jeder Weise das Leben schwer machen. Das alles läßt sich mit Sicherheit ausführen. Schlimmstenfalls wird ein Detachement von 2 000 bis 3 000 Mann geschlagen, aber dieser geringe Verlust kann Cure allgemeinen Dispositionen garnicht beeinflussen. Die leichten Truppen müssen stets im Felde sein, Überfälle versuchen, dem Feind Hinterhalte legen und jedesmal, wo er der Schwächere ist, über ihn herfallen. Ebenso muß es auch die Armee machen, wenn sie über ein detachiertes Korps herfallen und es erdrücken kann.

Man braucht nur gründlich den Krieg des Sertorius in Spanien gegen Pompejus und Metellus zu studieren254-1. Er ist das Muster eines Verteidigungskrieges. Man wird bei seinem Studium zu der Überzeugung gelangen, daß die richtige Erkenntnis und Ausnutzung des Geländes bei den Operationen die größte Feldherrnkunst ist.

Unsre leichte Kavallerie ist besser als die leichte Infanterie. Denn unsre Husarenund Dragonerregimenter bestehen seit langer Zeit, während die Freibataillone erst im Kriegsfalle ausgehoben werden254-2. Gleichwohl sind tüchtige Freischarenführer sehr nützlich, und ich werde mir Mühe geben, noch einige ausfindig zu machen.

Unter allen Kriegsoperationen verlangen die Rückzüge die meiste Umsicht und Klugheit bei der Ausführung, besonders, wenn sie angesichts des Feindes stattfinden. Oft bricht man bei Nacht auf, damit der Feind garnichts von dem Rückzuge merkt; aber die Dispositionen müssen nichtsdestoweniger mit aller erdenklichen Vorsicht getroffen werden. Das Gelände muß für sie maßgebend sein; denn es soll den Vorteil bieten, ihn in Sicherheit auszuführen. Am günstigsten ist ein Gelände, das in der Nückzugslinie ansteigt; denn die eben verlassene Stellung wird dann von der einzunehmenden beherrscht. Bei dieser Bewegung muß stets ein Teil der Truppen Front gegen den Feind machen. Eine besondere Abteilung deckt den Rückzug, und die Infanterietreffen ziehen sich eines durch das andre hindurch und formieren sich immer wieder hintereinander. Waldstücke in den Flanken können die Bewegung sehr erleichtern; man besetzt sie mit Infanteriedetachements, die Euch stets zur Seite bleiben und Eure Flügel sichern.

Noch größere Vorsicht ist beim Überschreiten großer Flüsse auf dem Rückzug von-nöten. Erstens müssen am andern Ufer Anhöhen sein, die das diesseitige Ufer beherrschen. Zum Passieren der Brücken muß auf dem diesseitigen Ufer eine doppelte Befestigung an ihrem Kopfe angelegt werden, zu deren Schutze man Batterien auf die jenseitigen Uferhöhen schickt. Hierauf besetzt man die große Verschanzung mit Infanterie. Inzwischen bricht die Kavallerie ab und geht über den Fluß. Ihr legt Eure Arrieregarde in den kleinen Brückenkopf am Flusse; dann räumt die Infanterie die große Verschanzung und geht hinüber. Um den Brückenkopf müssen Flatterminen angelegt sein. Ist das Gros der Infanterie hinüber, so werden die Brücken ab<255>gebrochen, und die Arrieregarde schifft sich auf Kähnen ein und erreicht das andre Ufer unter dem Schutze der Batterien, die Ihr vorher auf den Anhöhen aufgestellt habt.

Durch das Eingehen auf diese Operationen bin ich nicht zu den Belagerungen gekommen. Ich beschränke mich auf Angabe der allgemeinen Grundsätze, von denen nie abgewichen werden darf. Wollte ich mich auf Einzelheiten einlassen, ich müßte Bände schreiben.

Will man eine Festung belagern, so muß man Pläne davon besitzen und sie genau rekognoszieren lassen, um ihre schwächste Stelle zu finden. Danach muß man den Angriffsplan erwägen und ihn von vornherein feststellen. Hat man sich für den Ort entschieden, wo man die Laufgräben anlegen will, so muß man die Vorräte, die Geschütze, Pulver, Schanzkörbe, Bohlen, Werkzeuge, Kugeln, Bomben usw. dorthin schaffen. Da aber der Feind von den Türmen der Stadt beobachten kann, wohin Eure Wagen fahren, und daraus Euren Plan zu erkennen vermag, so muß man diese Depots bei Nacht anlegen und sie nach Kräften vor dem Feinde verbergen. Buschwerk, Talmulden oder Dörfer dienen als Deckung. Eure Laufgräben müssen das Polygon, das man belagern will, stets umfassen, und die erste Parallele muß als Basis und Stützpunkt für die andern dienen, die Ihr später anlegt. Je näher der Festung man den Laufgraben eröffnet, um so besser ist es, mindestens 800, höchstens aber 900 Schritt. Ihr müßt viele Schanzarbeiter in der ersten Nacht anstellen; denn gewöhn, lich gewinnt man sie dem Feinde ab und hat dann fast keine Verluste.

Ihr wißt, was ich in dem Abschnitt über die Artillerie gesagt habe255-1. Die ersten Batterien müssen gleichzeitig erbaut werden, und Eure Geschütze müssen mit Tages, grauen gegen die Festung zu feuern beginnen. Dann folgen die zweite und dritte Parallele. Die Ingenieure müssen sie sorgfältig trassieren, damit sie von den feind, lichen Werken nicht bestrichen werden. Dann beginnen die Sappen. Hier muß die Vorsicht verdoppelt werden. Man gräbt Minenschächte, und die Mineure wühlen sich in die Erde ein, um die Minen des Verteidigers auszublasen oder zu sprengen, bevor weiter vorgerückt wird. Man muß sich wohl hüten, den Sturm auf den ge, deckten Weg zu wagen, bevor das Glacis völlig gesäubert ist. Am schwierigsten ist die Eroberung von Festungen, die von fließendem Wasser umgeben sind. Denn man muß über die Gräben Faschinenbrücken legen, die ein geschickter Gouverneur leicht zerstört, indem er die Schleusen öffnet.

Das genügt für diesen Abriß. Die Angriffskunst verdient und erfordert eingehenderes Studium, weshalb ich mich hier auf die Hauptregeln beschränke.

Schließlich noch ein Wort über die Winterquartiere und die Postenkette, die zu ihrer Sicherung gezogen wird. In gebirgigen Gegenden stellt man seine Vorposten in die Berge selbst, befestigt die Pässe und errichtet dort gute Werke mit Kasematten<256> aus erdbedeckten Balken. Hinter diesen vorgeschobenen Posten legt man in die nächsten Dörfer und Städte stärkere Korps, die ihnen im Fall eines Angriffs zu Hilfe kommen. Die vorgeschobenen Posten werden je nach der Lage von drei zu drei Tagen oder von Woche zu Woche abgelöst. Die Freibataillone, denen man Husaren beigibt, schicken Patrouillen nach allen Übergängen, und Dragoner, die in der Nähe liegen, müssen die Infanterie im Notfall unterstützen.

In der Ebene sind die Postenketten nie so gesichert wie in den Bergen; denn dort findet man nur hinter Flüssen und Morästen Deckung. Beide aber frieren im Winter zu, und hat man keine Maßregel getroffen, um die Dörfer und Städte, die vorn in der Postenlinie liegen, zu befestigen, so muß man jeden Augenblick gewärtig sein, vertrieben zu werden. Die Infanterie sieht immer in der ersten Linie, die Kavallerie in der zweiten; denn in den Quartieren ist die Kavallerie feindlichen Überfällen am meisten ausgesetzt. Der Reiter läuft in den Stall, sattelt und sitzt auf. Das Dorf ist schlecht verteidigt, und der Feind findet überall Mittel und Wege zum Eindringen, bevor die Schwadron beisammen ist. Zur Vermeidung solcher Überfälle postiert man an den exponiertesten Stellen Freibataillone mit Husaren zusammen. Die Sicherheit dieser Korps hängt von der Zahl und Zuverlässigkeit der Patrouillen ab.

Im letzten Kriege hat man eine neue Methode der Winterquartiere erfunden. Man wählt eine Zentralstellung, auf die sich alle Truppen zurückziehen, die der Feind mit Übermacht angreif256-1. Überhaupt ist ein wesentlicher Grundsatz, den man nie aufgeben darf, daß die Truppen der Postenkette einen nahen Sammelpunkt haben, ein gutes Lager, in das sie sich jedesmal zurückziehen und in dem sie sich formieren müssen, wenn der Feind sie mit Macht angreift. Ohne diese Vorsichtsmaßregel läuft man Gefahr, im einzelnen geschlagen zu werden. Von dieser Regel nehme ich wichtige Gebirgsdefileen aus, von denen man bestimmt voraussetzen kann, daß sie sich mit den wenigen dort postierten Truppen verteidigen lassen. Diese Posten müssen standhalten und Hilfe bekommen. Räumt man sie, so öffnet man dem Feinde das Tor des Landes, und es ist dann schwer, ihn am Eindringen zu hindern.

Ich füge diesem Werke die Instruktion für meine Generale bei256-2. Ihr dürft Euch nicht wundern, wenn Ihr Widersprüche zwischen dem findet, was ich jetzt geschrieben habe, und dem, was diese Instruktion enthält. Sie entstand nämlich nach dem Frieden von 1746, und in den vorhergegangenen Kriegen kannte der Feind weder die Taktik noch das Gelände. Seine Artillerie war in kläglichem Zustand und seine Infanterie nicht besser. Die großen Fortschritte der Österreicher, deren Wirkungen man im letzten Kriege verspürt hat256-3, veranlassen mich, meinem früheren Werke Vorsichtsmaßregeln und Verbesserungen hinzuzufügen. Damals hatten wir nur die Ebenen im<257> Auge. Jetzt müssen wir uns mit festen Stellungen, mit Bergen, Artillerie und schwierigeren und komplizierteren Angriffen befassen, als die Armee in den ersten Kriegen ausgeführt hat. Ich schreibe keine Abhandlung über den Krieg, sondern ein politisches Testament, in dem ich lediglich die großen Züge und die Punkte angebe, die der Erörterung bedürfen und die jeder für sich erlernt werden wollen. Unsre ganze Taktik ist auf dies Ziel gerichtet, aber man muß ihren Geist erfassen und sie nicht falsch anwenden. So darf man sich z. B. nie in der Ebene entwickeln, wohl aber in den Bergen, um so den Gipfel auf einmal zu besetzen. Denn in der Ebene würde das Geschütz in Euren dichten Kolonnen furchtbare Verheerungen anrichten, wogegen es Euch in den Bergen keinen Schaden tun kann, da Eure Bewegung dort durch den Höhenkamm gedeckt ist. Stets dem Gelände gemäß handeln, nichts zur Unzeit tun, sondern bei allem den rechten Augenblick ergreifen — das macht den großen Feldherrn. Diese Regeln muß man immer vor Augen haben, und doch ist niemand unfehlbar, außer dem Papste.

Die Offiziere

Eine große Armee braucht außer den Frontoffizieren noch viele zu besonderen Aufgaben. Wir haben 21 Grenadierbataillone, doch fehlen ihnen die Kommandeure. Kaum zwei bis drei meiner Adjutanten könnte ich abgeben. Bei Ausbruch des Krieges müssen die Kommandeure ausgesucht und zu den Grenadierbataillonen versetzt werden257-1. Man muß sie ans den Infanterieregimentern nehmen und ihnen eine Kompagnie des Grenadierbataillons geben257-2, und der betreffende Grenadierhauptmann tritt dafür in das Infanterieregiment ein. Das gibt etwa 17 Majore.

Ich habe einige Adjutanten257-3, brauche aber notwendig noch mehr.

Was die Quartiermeister und Ingenieure betrifft, so hätte bei Wiederausbruch des Krieges etwa folgendes zu geschehen. Man muß mit zwei Armeen rechnen, von denen die eine in Sachsen, die andre in Schlesien operiert. Anhalt257-4, der tüchtigste unter den Quartiermeistern, muß Generalquartiermeister in einer der beiden werden, Regler257-5, ein sehr verdienter Offizier, in der andren. Die jungen Offiziere257-6 müssen gleichmäßig verteilt werden, 7 bei jeder Armee.<258> Das militärische Testament von 1768

Zu jedem Korps gehören Vermessungs-Ingenieure, um die Gegenden aufzunehmen und Pläne zu krokieren. Dazu können die Leutnants verwandt werden, die ich schon zu diesem Zwecke besolde. Dann bleibt der Major de La Vilette258-1 für eine Armee und der Hauptmann in Wesel258-2. für die andre. Auch die beiden Offiziere, die den Fortifikationsunterricht in Stettin und Königsberg erteilen, können verwandt werden.

Für Belagerungen haben wir Lefebvre258-3 oder d'heinze258-4, denen man die Leitung anvertrauen kann. Man unterstellt ihnen einige Offiziere aus den Festungen. Für die Minen haben wir d'Arletan258-5, sowie gute Offiziere und geschickte Mineure in den Mineurkompagnien. Auch die beiden Pinto258-6 werden bei solcher Gelegenheit keine schlechten Dienste leisten. Aber wenn ich Euch auch einige geeignete Leute bezeichne,<259> so muß ich doch gestehen, daß sie nicht hinreichen. Soviel ich mich bemüht habe, ihrer mehr heranzuziehen, es ist mir bisher nicht nach Wunsch gelungen. Immerhin verliere ich die Sache nicht aus den Augen und werde weder Mühe noch Geld sparen, um mir welche zu verschaffen.

Sehr wichtig ist es, die Stabsoffiziere und die Generale der Armee genau zu kennen. Erforscht man sie nicht gründlich, so verwendet man sie am falschen Fleck, betraut einen Schwerfälligen mit einem Auftrage, der lebhaftes, schneidiges Handeln verlangt, und überträgt einem feurigen Charakter etwas, das Phlegma und Vorsicht erfordert. Ich halte mich also für verpflichtet, Euch über die Offiziere Rechenschaft zu geben, wie ich sie heute, im Jahre 1768, kenne.

Ohne Zweifel kommt als Armeeführer zu allererst mein Bruder Heinrich in Betracht. Nächst ihm ist Oberst Anhalt259-1 der Mann, der dieser Aufgabe am besten gewachsen ist. Er hat andre Fehler, aber über dergleichen muß man hinweggehen, wenn das Staatswohl es fordert. Man muß sich stets der Tüchtigsten bedienen und die fähigen Leute anstellen, sonst nimmt der Krieg eine schlimme Wendung und man schließt einen schlechten Frieden.

Wir haben einige gute Detachementsführer: General Ramin259-2 ist bewundernswert, General Wunsch259-3 sehr begabt, der alte Stutterheim259-4 nicht übel. Möllendorff259-5 macht sich gut. Lestwitz259-6 ist trefflich; ich empfehle ihn besonders, denn er hat das Zeug zu einem großen General. Wolfersdorff259-7 wird gute Dienste leisten, darf aber nicht zu defensiven Operationen verwendet werden. General Tauentzien259-8 ist vorzüglich in der Front und Gablentz259-9 für Detachements. Die Obersten Rothkirch259-10 in Neisse und Koschenbahr259-11 werden gute Generale abgeben. Thadden259-12 ist tüchtig, wenn er nur nicht tränke. Prinz Friedrich259-13 darf im ersten Feldzug keine Detachements führen. Er ist zu unbesonnen und kennt die Österreicher noch nicht; er hat bisher nur mit den Franzosen zu tun gehabt. Prinz Wilhelm259-14 wird hervorragend, weil er alles studiert und sich mit einer Sache nicht eher zufrieden gibt, als bis er ihr aufden Grund gegangen ist.

Bei der Kavallerie sieht General Seydlitz259-15 allen voran. Nach ihm kommen Krusemarck, Dalwig, der kleine Röder259-16. General Bülow259-17 ist meisterhaft, Manstein259-18<260> sehr gut, Hoverbeck260-1 gut, der Prinz von Württemberg260-2 schneidig, aber kurzsichtig, Reitzenstein260-3 sehr verdient, Czettritz260-4 gut, aber zu sanft, Zastrow260-5 und Alvensleben260-6 gut, Manstein260-7 sehr tapfer. Der Rest ist mittelmäßig und zur Detachementsführung ungeeignet.

Bei den Husaren haben wir Lossow260-8, einen hervorragenden Reiterführer, sehr befähigt, einen Flügel zu kommandieren oder wozu man ihn sonst verwenden will. Werner260-9 ist gut, darf aber keine Infanterie bekommen. Der alte Möhring260-10 ist ein guter Offizier, Prittwitz260-11 hervorragend und zu allem geeignet, was man ihm aufträgt. Dazu eine Anzahl guter Stabsoffiziere und junge Leute, die sich täglich weiterbilden und zu den schönsten Hoffnungen berechtigen.

Es fehlt nicht an Führern für die Kavalleriedetachements. Nur wäre zu wünschen, daß wir für die Infanterie mehr hätten. Hoffentlich werden sich noch welche entwickeln.

Die Stabsoffiziere von der Infanterie sind noch nicht so durchgesiebt, wie ich es wünschte. Gegenwärtig befördere ich die besten Hauptleute in der Armee, die ich kenne oder denen man ein gutes Zeugnis gibt, und bringe sie an die Stellen, von denen nach und nach die ungeeigneten Offiziere entfernt werden. Denn ein Stabsoffizier muß eine gewisse Strenge im Kommando zeigen, um sich Autorität zu verschaffen und die Disziplin streng auf dem von mir vorgeschriebenen Fuße zu halten.

Nicht geringere Sorgfalt wie auf die Wahl der Stabsoffiziere verwende ich auf die der Generale. Sie können nicht alle die gleiche Einsicht besitzen. Wenigstens dürfen sie nicht ganz dumm sein, und niemand wird zum General befördert, der nicht Proben von Tapferkeit abgelegt hat. Die, welche wenig Einsicht besitzen, dürfen nie Detachements führen, sondern bleiben in der Front. Zu allen Unternehmungen, die Klugheit erfordern, muß man sich seine Leute stets sorgfältig aussuchen.

Von der Geländebeschaffenheit in Sachsen, Schlesien, Böhmen und Mähren rede ich hier nicht; denn ich habe in meinen Denkwürdigkeiten260-12 lang und breit darüber gesprochen und besitze Karten und Dispositionen von allen Märschen, die wir gemacht, und von allen Lagern, die wir bezogen haben.

Wird der Krieg, wie es wahrscheinlich ist, in diesen Ländern geführt, so habt Ihr den Vorteil, in genau bekanntem Gelände zu operieren. Lest meine Denkwürdigkeiten:<261> dort gebe ich sämtliche Lager an, nebst allem, was dabei zu berücksichtigen ist. Studiert die Pläne: Ihr findet sie dort eingezeichnet. Es ist ein großer Vorteil, so vorbereitet ins Feld zu ziehen. Alle Stellungen, alle Lager, alle Märsche sind bekannt und gemacht. Es gilt nur, sie recht zu benutzen und seinen Vorteil daraus zu ziehen.

<262><263>

II. Einzelschriften

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I. Infanterie

I. Aus der Instruction für die Generalmajors von der Infanterie265-1
(14. August 1748)

Von Detachements

Es werden bei gewissen Gelegenheiten den General-Majors Detachements anvertrauet. Weil nun dergleichen Corps von Cavallerie, von Infanterie oder auch von Husaren componiret265-2 sind, so erhellet daraus, wie ohnumgänglich nöthig es der Person eines Generals ist, den Dienst und die Verpflegung, auch die Conservation von den differenten Truppen zu verstehen; dahero denn diejenigen sich bei Mir am besten recommandiren, welche sich gleichfalls auf den Dienst der Cavallerie appliciren werden.

Bei solchem Commando wird mehrentheils dem Chef die Verpflegung seines Corps aufgetragen, weshalb er denn in allen Proviant-Sachen, die zur Conservation solches Corps gehören, läufig sein muß. Je besser er nun den Burschen265-3 zu leben schaffen wird und je besser seine unterhabenden Pferde ausgefüttert sein werden, je mehr wird er sich bei Mir recommandiren.

<266>

Bei Detachements ist vornehmlich auf vortheilhafte Läger zu sehen und eine solche avantageuse Position zu nehmen, damit man von einem starken Feinde, weder von der Fronte, noch in den Flanken etwas zu besorgen hat; desgleichen muß auch gegen Husaren und Panduren der Rücken gedecket sein, jedoch so, daß man allemal ans dem Lager frei und sicher zur Haupt-Armee oder auch zu der festen Stadt, aus welcher man detachiret ist, kommen kann.

Feste Läger sind diejenigen, wenn man nämlich starke Défilés vor sich hat, oder daß man auf steilen Bergen campiret, oder hinter Flüssen stehet, wo der Feind sonder Brücken nicht herüber kommen kann. Wenn man nur Bäche oder kleine Wässer vor sich hat, so muß man solche oberwärts stauen lassen, damit selbige anlaufen und eine Art von Inondation266-1 machen. Wo Gués266-2 oder Derter sind, da man durchreiten kann, da schmeißet man große Bäume mit ihren Aesten hinein, um das Durchkommen zu verhindern. Wenn man die Flanken mit nichts decken kann, so lasset man Redouten aufwerfen, und zwar nach der Stärke des Corps auf 2 oder mehrere Grenadier-Compagnien. Bleibet man in dem Lager stehen, so pallisadiret man die Redouten und lässet en quinconce266-3 Wolfsgruben vor dem Graben machen.

NB. Das Lager, welches man nimmt, muß jederzeit 200 Schritt, auch wohl mehr, hinter dem Posten sein, wo man sich vorgenommen hat, sich zu stellen, wenn der Feind ohnvermuthet kommen sollte.

Uebrigens muß ein General, der ein solches Corps commandiret, sich drei oder vier starke Läger ausgesehen haben, damit, wenn er etwa das eine verlassen müßte, er jederzeit schon zum voraus andre wisse, wohin er seine ssetlaite nehmen kann.

Die Detachements geschehen:

1. Um Convois266-4 zu decken. Bei dergleichen Detachement muß man dem Convoi, wenn solches ankommen will, entgegen schicken, insonderheit aber muß man durch die Husaren fleißig patrouilliren lassen, um Nachricht zu bekommen, ob der Feind etwas darauf intendiren möchte. Wo Plaine266-5 ist, da schicket man den Convois viele Cavallerie entgegen; sind aber Defiles, so muß man keine Cavallerie, sondern vielmehr Infanterie schicken.

Bekommt ein detachirtes Corps Nachricht, daß sich ein feindliches Corps zu sehr nähert, so muß man es recognosciren lassen, darauf des Nachts marschiren und solches bei Anbruch des Tages überfallen; denn es ist allemal eine Hauptregel, daß, wenn man dem Feinde nichts zu thun machet, so machet er einem gewiß alle Hände voll zu thun, wird er aber oft beunruhigt, so denket er an sich, verfällt auf die Desensive und lasset also den andern zufrieden. Es ist hierbei aber nöthig, daß man zuvor wohl informiret sei, mit wie viel Leuten man zu thun haben wird, auch, ob der Feind nicht noch eine Reserve hat, die ihm zum Succurs kommen kann; denn dergleichen Expeditiones wohl überleget werden müssen.

<267>

2. Detachirt man seitwärts der feindlichen Armee, um selbiger in ihre Convois zu fallen oder auch ihr das Fouragiren schwer zu machen. Bei solcher Commission muß man fast gar keine Bagage mit sich nehmen; dabei müssen die Husaren gut patrouilliren, um Nachricht vom Feinde zu bringen, und wenn ein Coup zu machen ist, so muß das Defilé, durch welches das Corps Husaren oder Cavallerie den Feind attaquiren soll, beständig mit Infanterie besetzet sein, damit selbiges sicher wieder zurückkommen könne.

Dasjenige Corps, welches von dem Detachement detachiret wird, muß jederzeit zwei Wege haben, um wieder zurückkommen zu können. Es ist auch nöthig, daß, wenn man dergleichen Project hat, solches auf das äußerste verschwiegen gehalten werde, damit der Feind nichts davon zu erfahren bekommen könne. Die Partien267-1, welche was Gutes ausrichten wollen, müssen des Nachts ausgehen und frühe gegen den Tag ihren Coup machen, auch sodann wiederum zurückeilen.

Ist man gewiß, daß ein starkes feindliches Corps auf das Detachement zukommet, welches dasselbe von dem großen Corps d'armée oder aber von der Festung, woher es gekommen ist, abschneiden kann, so muß das Detachement des Nachts zurückmarschiren. Es müssen deshalb die Generale sich alle Wege und Situationes wohl bekannt machen, damit sie überall durchzukommen wissen. Demjenigen Officier, welcher nicht das Terrain kennet, noch von einer Anhöhe, von holen Wegen, von Morästen und von Wäldern zu profitiren weiß, demselben kann niemals ein detachirtes Corps anvertrauet werden. Ueberhaupt, da das detachirte Corps eben so wie des Generals sein eigenes Regiment anzusehen ist, so muß derselbe auch auf selbige Art dafür sorgen.

3. Von Detachements auf Postirungen267-2. Die Postirungen werden des Winters gegen den Feind gemachet, und der General, so dazu commandiret, muß immer mit einem Corps, welches auch zugleich zur Reserve dienet, etwas hinter seinem avancirten Posten liegen, damit er überall im Stande sei, sowohl seine Ordres zu geben, als auch, auf den Fall daß sein Posten attaquiret wird, solchen sogleich mit seiner Reserve secundiren zu können. Die Husaren muß er dabei zu accuratem Patrouilliren anhalten und die Officiere, so sich darunter negligiren, nach der größten Rigueur bestrafen. Er muß ferner in seiner Brigade beständig daraufsehen, daß den gegebenen Ordres stricte nachgelebet werden müsse.

Bei den Husaren-Patrouillen ist zu observiren, daß wo guéable267-3 Wässer sind, alsdann die Husaren dicht an dem Ufer oft und von Viertelstunde zu Viertelstunde patrouilliren müssen. Diese Patrouillen dürfen nicht stark sein, indem sie nur patrouilliren, um den Feind zu observiren, und gar nicht um sich zu schlagen.

Alle Berichte, so von einem Generale an den König oder an den Chef der Armee gehen, müssen mit Fundament und mit Vorsichtigkeit abgefaßt sein, damit ein<268> General nicht solche ohnzuverlässige Rapporte erstatte, als zum öftern die Husaren thun. Alles was passiret und was sie gehöret und in Erfahrung gebracht haben, können sie als Zeitungen268-1 schreiben, jedennoch aber müssen sie am Ende des Berichtes ihr Raisonnement und ihre Meinung darüber beifügen, was ihnen nämlich davon wahrscheinlich vorkommet, oder aber was ihnen ihre Spione lügenhaftes berichtet haben möchten; insbesondere müssen sie attent sein, zu erfahren, wo die großen Magasins des Feindes errichtet werden, indem man daraus am füglichsten seine Desseins268-2 errathen kann.

Wenn die Armee im Frühjahr in das Feld rücket, so werden sich diejenigen Generale sehr bei dem Könige recommandiren, die ihre Brigaden oder Detachements in gutem Stande und Ordnung demselben vorführen, und die allen gegebenen Ordrees am besten werden nachgelebet haben.

<269>

II. Instruction für die Generalmajors von der Infanterie269-1
(12. Februar 1759)

Die General-Majors von der Infanterie haben bereits eine Institution269-2, daß, wenn sie selbige recht begreifen und nachfolgen, solcher wenig zuzusetzen ist. Allein um ihnen alles noch mehr zu erinnern, was ihre Schuldigkeit ist, so werde Ich einige der vornehmsten Puncte summarisch wiederholen.

1. Was sie im Lager zu thun haben.

Sie müssen ihre Brigaden als ihre selbsteigenen Regimenter ansehen, sich in allem der Ordnung, Conservation und der Menage annehmen. Absonderlich soll der General-Major dafür repondiren, daß, wenn Ordres gegeben werden, ihnen exact nachgelebet werden müsse, par exemple, daß die Bursche nicht aus einem Re-gimente in das andere laufen, daß, wenn Holz oder Wasser geholet wird, allemal Officiere mitgehen oder, wenn kein Officier da ist, tüchtige Sergenten mitgeschicket werden; daß alles beobachtet wird, was zur Verhütung der Desertion vonnöthen ist. Dieserwegen müssen die General-Majors ihre Brigaden so in Ordnung halten, daß nicht das geringste gegen Ordres geschiehet, oder Ich Mich selbst an die GeneralMajors halten und sie in Arrest setzen werde. Wenn sie du jour find269-3, müssen die Posten allemal vor Anbruch des Tages visitiret werden, und alles, was sie vom<270> Feinde erfahren, es mag so geringe sein als es wolle, muß dem Könige rapportirt werden.

2. Was sie auf dem Marsche zu thun haben.

Wenn die Armee marschiret, müssen sie nicht vor der Brigade reiten und träumen, wie es der alte Gebrauch ist, sondern darauf halten, daß ihre untergebenen StabsOfficiere die Bataillons zusammen- und in Ordnung halten und nach der vorgeschriebenen Disposition marschiren lassen. Wo Defiles sind, müssen sie halten bleiben und bringen ihre Brigaden geschwinde durch, auch sich dabei umsehen, ob nicht Nebenwege sind, wo man geschwinde durchkann, und wofern die Brigade zurückgeblieben ist, müssen sie die Tête der Colonne davon gleich avertiren lassen. Es müssen die Leute dazu angehalten werden, daß sie einen guten Schritt marschiren und nicht kriechen. Wenn Officiere vorn sind, so Pferde haben, welche keinen guten Schritt gehen, müssen sie solches nicht leiden, denn es hält die ganze Brigade auf. Wenn des Nachts marschiret wird, müssen die General-Majors gut Acht haben, daß sie die Wege nicht verfehlen, und bei allen Abwegen allemal einen Officier halten lassen, welcher sowohl die Bataillons ihrer Brigade, als auch die darauf folgende avertiret, daß sie sich nicht drehen und den unrechten Weg marschiren.

3. Was die General-Majors bei Actionen und Lataillen zu thun haben.

Wenn sich die ganze Armee gegen den Feind schlägt, so ist die erste Pflicht der Generale, das Alignement270-1 gut zu besorgen, nachdem es ihnen gegeben ist. Es ist einmal festgesetzt, daß ein Flügel nur attaquiret270-2 und daß der andere Flügel en écheIons270-3 abfället; also muß man sich auf sie verlassen können, daß sie ihre Leute in solcher Ordnung halten und nicht eher vorkommen, bis man sie verlanget.

Die Generale, so commandirt sind bei dem Corps, so den ersten Angriff hat, selbige müssen die Leute in guter Ordnung heranbringen. Wird ihnen ein Appui270-4 gegeben, so müssen sie da ferme daran bleiben mit dem einen Flügel, auf daß der Feind sie nicht selbst da in die Flanke kriegt und die ganze Sache derangiret. Es muß auch scharf darauf gesehen werden, daß, wenn der Feind verfolget wird, die Bursche nicht aus den Pelotons270-5 laufen und dadurch in Unordnung kommen, weil alsdann ein geringes Corps Cavallerie, so da kommt, sie schlagen kann.

Wenn sie ein Corps vom Feinde geworfen haben, so müssen sie, so viel als es nur angehet, sich erstlich wieder setzen und alles wieder ralliiren270-6, alsdann mit guter Ordnung wieder darauf losgehen. Die Generale, so Attaquen souteniren sollen und auf dem Flügel sind, welcher die Attaque souteniret, müssen nicht weiter von der Attaque als 200 bis 250 Schritt dahinter bleiben. Wenn die Extrémité von dem Flügel, so attaquiret270-7, kein Appui haben sollte, so müssen sie solchen von hinten überflügeln und auf seine Flanke immer attent sein, um solche zu bedecken. Wenn<271> wo ein Bataillon sollte repoussiret271-1 werden, so müssen sie gleich ein frisches Bataillon oder Regiment in die Lücke hinein schicken und lassen aus dem zweiten Treffen so viel wieder vorrücken, daß die Linie voll wird.

Die Generale müssen sich alle wohl in die Köpfe setzen, daß die vornehmste Sache im Kriege ist, seine eigene Flanke wohl zu bedecken und den Feind zu überflügeln; derowegen denen Generalen recommandiret wird, sich aufs Terrain zu appliciren, weil ein Officier, so keine rechte Kenntschaft davon hat und die Vortheile vom Terrain zu gewinnen nicht verstehet, auch nicht meritiret, den Namen von General zu haben.

4. Was die Generale zu thun haben, wenn sie detachiret sind.

Wenn ein General detachiret ist, so wird ihm der commandirende General nothwendig den Zweck sagen, wozu es diene, daß er detachiret wird. Weil man aber ohnmöglich ein Corps, was von der Armee weg ist, auf alle Vorfälle, welche man selber nicht voraussehen kann, instruiren kann, so muß ein solcher General auf eine standhafte Weise denken und solches Commando wie eine Distinction ansehen, weil er Gelegenheit bekommt, etwas durch sich selber zu thun, sich einen Ruhm in der Welt zu machen und seine Capacité zu zeigen.

Daher seine erste Sorge sein muß, daß er sein Corps mit allem möglichsten Vortheile postiret und an solchen Orten, wo er keinen Ueberfall vom Feinde zu besorgen. Sich an Dörfer zu appuyiren271-2, ist nicht sicher, weil die meisten Dörfer von Natur so sind, daß man sie nicht gut defendiren kann. Hinter Défiles und auch Anhöhen sind die besten Gelegenheiten. Sind Wälder auf den Flanken, so müssen gleich starke Verhacke271-3 gemacht werden. Die Frei-Bataillons271-4 werden vorn und auf den Flanken so postiret, daß der Feind nicht sogleich heranlaufen kann, sondern daß man allemal durch sie avertiret wird. Redouten taugen nichts für detachirte Corps, wenn man sie nicht pallisadiren kann und wenn sie nicht so groß sind, daß 2 Bataillons herein können.

Der commandirende Officier muß genau Acht geben, daß die Husaren-Patrouillen des Nachts ordentlich geschehen und daß sie nach ihren angewiesenen Oertern richtig hingehen, daß die Officiere auf den Wachen alerte sein und daß sich keine Schlottereien und Négligences vom Dienste in keine Wege einschleichen.

Wenn er also erst für seine eigene Sicherheit gesorgt hat, so muß er beständig suchen, offensive gegen den Feind zu agiren, dadurch er sich nicht allein bei dem Feinde in Refpect setzet, sondern auch seine eigene Reputation befördert, wie denn die hardiesten271-5 Unternehmungen, wenn sie mit guter Disposition unterstützet sind, fast allemal einschlagen. Auch müssen sie wohl attent sein, daß, so wie der Feind einen Fehler thut, sie gleich davon profitiren.

<272>

Eine solide Disposition bestehet darin, daß man alle Wege und Stege, so nach dem Feinde gehen, oder wenn man den Marsch nehmen muß, wohl recognosciret, daß man sein Dessein geheim hält, daß man dem Feinde durch andern Vorwand sein wahres Dessein cachiret272-1, daß man jederzeit bedacht ist, den Feind zu überfallen, wodurch man seine Unordnung verdoppelt, daß man, wo man ihn attaquiren will, seinen Marsch so einrichtet, daß er vor Anbruch des Tages geschiehet, daß man die Stunden wohl ausrechnet, so man auf dem Marsche zubringen kann, daß alles exact und accurat geschiehet, daß man Tabackrauchen, Lärmen und alles was den Marsch decouviret272-2, verbietet, daß man vorher und unter anderm Vorwande gewisse Posten272-3 nimmt, so den Marsch des Nachts leicht machen, daß, wo es möglich ist, man dem Feinde in den Rücken komme, wo er immer die wenigste Précaution genommen hat und um nichts besorget ist, daß, wenn man aufmarschiret, es sei wo es wolle, man sich an einen Ort wohl appuyiret, daß die Attaque mehr als mit einer Linie souteniret ist272-4, mit ein paar guten Batterien unterstützet, daß man sich eine Reserve menagiret272-5, wenn es auch nur 500 Mann sind, wo der General von disponiren kann, um solche da anzubringen, wo die Roth es am meisten erfordert. Wenn es ein Überfall ist und daß272-6 es nach Wunsch reuussiret, so kann die Cavallerie wohl etwas verfolgen, aber nicht zu weit, und wenn der commandirende General nicht befohlen hat, den Posten vom Feinde selber zu occupiren, so muß man sich mit guter Ordnung ins Lager wieder zurückziehen. Um Märsche zu cachiren, wenn es vorwärts gehet, muß man suchen, sich gewisser Höhen zu bemeistern, wo man das Corps darauf setzet und es maskiret, und das Corps alsdann dahinter wegmarschiren kann, sich Meister von Wäldern zu machen, wo man durch muß; solche muß man auswärts besetzen, da alsdann der Feind nicht weiß, was drin ist.

5. Was die Generale auf den Postirungen zu observiren haben, ist ohngefähr eben desgleichen. Erstlich auf ihre Sicherheit. Ist es in Städten, selbige wohl nachzusehen, Redouten aufwerfen zu lassen und sie pallisadiren. Wenn es Dörfer sind, sie ganz pallisadiren zu lassen, Redouten auf den Höhen anzulegen, Verhacke machen zu lassen, die Wege, so nach dem Feinde gehen, wohl zu recognosciren, solche beständig patrouilliren zu lassen, durch Spione und durch andere Mittel, die einem die Lust zum Dienst und der Verstand eingiebet, des Feindes Disposition zu erfahren, weil man keine gute Disposition machen kann, um den Feind zu attaquiren, wenn man keine genaue Bekanntschaft hat von des Feindes Umständen und von dem Terrain, so die Grundregeln sind, wenn man den Feind angreifen und repoussiren will. Aus diesem allen ersehen die Generale, daß die Kenntniß des Terrains eines der Hauptstücke ihrer Application sein muß, und daß sie niemalen eine große Sache unternehmen können, wo sie sich nicht darauf legen und appliciren, um das, was ihnen noch fehlet, zu erlernen.

<273>

Uebrigens müssen sie sich allezeit aufs äußerste angelegen sein lassen, wo sie Leute unter ihrem Commando haben, auf scharfe Mannszucht und rigoureuse Disciplin zu halten, welches die Seele vom Dienst ausmachet, und ohne Ansehen vom ersten Stabs-Officiere bis letzten Musketier nichts übersehen, sondern durchgreifen.

Nachdem ich auch refolviret habe, vom 1. März an den Regimentern die Löhnung in Golde zu geben, als sollen die Geldwagen der Regimenter nicht mitgenommen werden, sondern die Löhnung soll auf der Commandeurs Chaisen fortgebracht werden. Es müssen daher nicht mehr als zwei Compagnie-Wagen, die Commandeur-Chaise und der Regiments-Feldscheerwagen, mitgehen.

Weil Ich auch gesehen, daß die Bursche aus Bärenhäuterei, wenn sie eine Weile im Feuer gewesen, vorgeben, sie haben sich verschossen, so soll den Burschen angesaget werden, daß der erste, so in der Bataille Patronen wegschmeißen wird, mit 36 mal Spießruthenlaufen gleich darauf bestraft werden soll, und wenn die Patronenwagen kommen und die Bursche keine nehmen wollen, so soll derjenige, welcher davon überführet wird, sogleich bei dem Regimente arquebusiret273-1 werden, und soll die Execution von dem Regimente geschehen, ohne daß Ich weiter darüber angefraget sein will, der Kerl habe 6 Fuß oder 6 Zoll.

Nach allen diesen Puncten müssen sich die Generale siricte achten und darnach halten.

<274>

III. Aus der Instruction für die Kommandeurs der Infanterie-Regimenter274-1
(11. Mai 1763)

Vom kleinen Dienste in den Garnisonen

NB. Vom Commandeur an bis zum geringsten Tambour soll sich keiner unterstehen, dem Bürger Ueberlast zu thun. Derjenige Officier oder Unter-Officier, so dergleichen vornimmt, soll sogleich arretirt und bestraft werden. Ist es ein Gemeiner, der dem Bürger Ueberlast thut, muß selbiger mit Stockschlägen bestraft werden.

Da die Gouverneurs und Commandanten in den Festungen Ordre haben, dem Bürger verschiedene Sachen nicht zu gestatten, die den Festungswerken Schaden<275> thun könnten, so muß solcher Ordre von den Bürgern aufs exacteste nachgelebet werden, und wenn dieselben sich dawider opponiren, müssen selbige zur Strafe gezogen werden.

Wenn die Regimenter gegen die Bürger zu klagen haben, so muß man die Klagen bei dem regierenden Bürgermeister anbringen, der solche auf bürgerlicher Seite untersuchen und nach Beschaffenheit der Umstände die Bürger bestrafen wird.

Von der Aufsicht und Zucht der Officiere

Weil Seine Königliche Majestät ein nobles und respectables Corps Officiere bei der Armee haben wollen, so müssen

1. sämmtliche Officiere zu einer sehr guten Conduite angehalten werden, leine niederträchtige Streiche ausüben und von dem Commandeur geduldet werden, als Schulden machen und nicht bezahlen, sich dem Soffe ergeben und eine schlechte Conduite führen, liederliche Häuser und Cafes frequentiren und dergleichen mehr, so einem Officiere ungeziemend sind. Das Spielen wird den Officieren sowohl als Unter-Officieren und Gemeinen auf das schärfste verboten; und weil sich viele Officiere dadurch ruiniren und derangiren, so muß sehr darauf gesehen werden, daß solches nicht geschehe.

2. Den Officieren muß nicht gestattet werden, mit gemeinen Leuten und Bürgern umzugehen, sondern sie müssen ihren Umgang immer mit höheren Officieren und ihren Cameraden, so sich gut conduisiren und Ambition besitzen, haben. Wenn man stehet, daß Officiere mit dergleichen Leuten Umgang haben, so ihnen nicht anständig, und daß sie sich nicht corrigiren und von selbigen abhalten lassen wollen, so muß man suchen, solche junge Leute, indem sie niemals rechte Ambition kriegen werden, vom Regiment zu schaffen, und weil aus allen denen, welche ohne Lust dienen und keinen wahren Eifer zum Dienst bezeigen, nichts wird, so müssen solche Officiere gemeldet werden, worauf sie ihre Abschiede ohne große Résistance bekommen können. Die Officiere sollen nicht beurlaubt werden ohne dieserhalb bei Seiner Königlichen Majestät geschehene Anfrage. Sind aber die Commissaires-Inspecteurs275-1 in den Provinzen, so können sie den Officieren auf drei bis vier Tage Urlaub geben.

Hauptsächlich müssen die Commandeurs darauf halten, sich ein Corps guter und ansehnlicher Officiere zu formiren. Sollten sich auch Edelleute aus fremden Landen finden, so Verstand, Ambition und einen wahren Diensteifer zeigten, so können solche wieder bei den Regimentern als Officiere Seiner Königlichen Majestät in Vorschlag gebracht werden.

Was Jugendfehler, so von Leuten aus Dummheit und nicht genügsamer Ueberlegung geschehen, betrifft, so muß man solche zuerst nicht mit der größten Rigueur<276> bestrafen, sondern, wenn es Leute von Ambition sind, so ist die Correction von einem Stabs-Officiere und der Arrest von einigen Tagen suffisant276-1, solche junge Leute zu corrigiren.

3. Da Seine Königliche Majestät wegen der Gefreiten-Corporale gefunden, daß der Umgang, den sie in ihrer Jugend mit dem gemeinen Manne zu viel haben, ihnen immer anklebet, so wollen Höchstdieselben den fünf ältesten Gefreiten-Corporalen von nun an bei den Regimentern Fähnrichs-Patente ertheilen, um ihnen dadurch Ambition beizubringen, daß sie mit Officieten und nicht mit Unter-Officieren und Gemeinen, außer was im Dienst nöthig ist, Umgang haben. Auf den Wachen, Commandos, bei dem Ererciren usw. thun aber solche nach wie vor Gefreitem Corporalsdienste.

Alle junge Edelleute und Officiere, so nicht Ehre und Ambition zum Grunde legen, sondern durch beständige Strafen zu ihrem Devoir sich anhalten lassen, aus solchen ist es schwer, tüchtige und capable Generale zu formiren. Da sich aber findet, daß nicht alle Leute egale Talente haben, so müssen diejenigen, welche die wenigste Einsicht und nicht die genugsamen Talente und Ambition besitzen, zum kleinen Dienste, als Visitirung der Quartiere und Lazarethe, zu Exercirung der Recruten (wie solches im Reglement genau detailliret ist) angehalten werden, damit selbige bei den Regimentern doch einigermaßen zu gebrauchen sind; diejenigen aber, so am meisten Verstand und Ambition besitzen, die sie dringet, sich von ihrem Métier besser als andere zu acquittiren276-2, deren Conduite gut und vernünftig ist, die keine Faulheit und Schläfrigkeit spüren lassen, sondern sich mit Lust zu allen Stücken ihres Métier appliciren, solche müssen nicht allein das Visitiren der Quartiere und Lazarethe, Exerciren der Recruten und was alles zum kleinen Dienste gehöret, so gut wie die andern thun, sondern sich auch noch mehr auf die Fortification, Geographie, Sprachen, Kenntniß der Länder und deren Beschaffenheit und andereeinem Generale nöthigen Wissenschaften befleißigen.

Da nun ohne Zweifel solche Leute ihr künftiges Glück machen können und bei diesem Getier noch das allervornehmste, die Fortification, zu verstehen ist, ohne welche ein General von der Infanterie nie ein rechter General sein kann, so werden Seine Königliche Majestät, um den Officieren ein Mittel an die Hand zu geben, daß sie die gehörige Kenntniß von der Fortification bekommen und sich die Länder und deren Beschaffenheit bekannt machen, in verschiedenen Städten Schulen etabliren, um die Fortification zu erlernen, als eine in Wesel, wo alle Officiere von der kleveschen Garnison und die vom Regiment von Schenckendorff alle Winter vier Monate, als November, December, Januar und Februar informiret werden können; ferner eine in Magdeburg für die magdeburgische Garnison, imgleichen für die Regimenter Lindstedt, Hülsen, Grabow, Bernburg, Wied und Mosel; eine in Berlin für die<277> märkischen und neumärkischen Regimenter; eine in Breslau für die schlesischen Regimenter; eine in Königsberg für die preußischen Regimenter.

Die Gouverneurs und Commandanten in den Festungen werden Ordres bekommen, die von den Regimentern hingeschickten Officiere, so lange sie in ihren Gouvernements sind, zur gehörigen Application anzuhalten, auf derer Conduite mit Acht zu geben, und sollte es etwa sein, daß solche Officiere dem Spiele oder dem Gesöffe nachgingen, oder auch andere liederliche Häuser und Cafes, anstatt sich zu demjenigen zu appliciren, warum sie hingeschickt sind, frequentirten, so wird der Gouverneur oder Commandant in solcher Stadt dergleichen Officiere, so solche unanständige Dinge vornehmen, mit einem Commando arretirt wieder an das Regiment schicken, und sollen dergleichen Leute künftig nicht wieder nach den Städten, um was zu lernen, geschickt werden; und damit dergleichen Abus277-1 nicht mehr geschehen mögen, so befehlen Seine Königliche Majestät, daß solchen Officieren zwei jüngere im Rang vorgezogen werden.

Seine Königliche Majestät werden in jede dieser militairischen Schulen in vorbenannten Städten Karten von Deutschland geben, welche die Officiere mit größter Attention nachsehen und sich nicht allein die Festungen, Haupt- und andere Städte und Flüsse, sondern auch die Lage der Länder und deren Beschaffenheit, als bergige Terrains, Plainen und Wege, so viel möglich, bestens bekannt machen müssen, welches das vornehmste ist, was ein Officier und General wissen muß und außer dem keiner ein rechter General werden kann.

Da die französische Sprache anjetzo unentbehrlich ist, und der, so sich darauf befleißiget, in England, Holland, Italien, Polen, Rußland und allerwärts fortkommen kann, wenn er auch gleich die andern National-Sprachen nicht verstehet, so recom-mandiren Seine Königliche Majestät solche einem jeden Officiere bei den Regimentern sehr, damit sich selbige und auch die jungen Edelleute, wo sie Gelegenheit haben, befleißigen, solche zu erlernen. Die Officiere bei den schlesischen und preußischen Regimentern können sich auch zugleich, wo nicht alle, doch einige, auf die Erlernung der polnischen Sprache legen.

Da Seine Königliche Majestät gefunden, daß die mehresten Officiere in ihren Garnisonen so viele Faulheit besitzen und sich nicht einmal das Terrain um ihre Garnison bekannt machen, welches doch sämmtlichen Officieren zu wissen höchst nöthig ist, wenn sie Deserteurs nachgeschickt werden, so befehlen Seine Königliche Majestät den Commandeurs der Regimenter, den Officieren Urlaub zu geben, zu sagen auf einen Tag, um von den bergigen Terrains Kenntniß zu erlangen, sich die Defiles, enge und hohle Wege und dergleichen sehr genau bekannt zu machen, welches in allen Garnisonen, wenn die Regimenter ihre Quartiere verändern, geschehen muß.

<278>

Seine Königliche Majestät werden zu Revue-Zeiten sich bei den Regimentern genau nach den Officieren erkundigen, die sich am meisten auf die Erlernung der Fortification, Geographie, Sprachen und Kenntniß der Länder beflissen haben. Diejenigen, deren Application und Conduite gut ist, die die wahre Ambition besitzen, noch General-Feldmarschälle und commandirende Generale zu werden, haben sich alsdann Gnadenbezeigungen und Avancements zu versprechen.

Im übrigen declariren Seine Königliche Majestät hiebei, daß es bei dem Avancement in der Tour278-1 bis inclusive zum Oberst-Lieutenant bleiben soll, wofern nicht hin und wieder Officiere durch ihre üble Conduite und andere Fehler Ursache geben, daß ihnen andere vorgezogen werden.

<279>

IV. Regeln für einen guten Bataillonskommandeur im Kriege
(3. April 1773)

Ein guter Bataillonskommandeur soll seine Truppe stets in Ordnung halten, damit er sich auf sie verlassen kann, wenn es zum Kriege kommt. Die Subordination muß mit dem Major anfangen und mit dem letzten Trommler aufhören.

Wenn die Armee ins Feld rückt, bezieht sie Kantonnementsquattiere, bis sie versammelt wird. Während des Kantonnierens muß in jedem Hause, in das Soldaten gelegt werden, ein Unteroffizier oder wenigstens ein Gefreiter die Aufsicht führen und am folgenden Tage, wenn das Bataillon weitermarschiert, mit der ganzen Mannschaft angerückt kommen.

Auf dem Marsche hält der Kommandeur darauf, daß die Spitze weder zu rasch noch zu langsam marschiert, damit das Bataillon nicht auseinanderreißt, sondern in guter Ordnung bleibt. Beim Durchmarsch durch Defileen hat er dort stets so lange zu halten, bis das Bataillon hindurch ist; dann setzt er sich wieder an die Spitze.

Wenn die Armee lagert, hat er fortwährend auf den Nachtdienst der Lagerund Schildwachen zu sehen. Es zeugt von Unwissenheit, wenn der Offizier sich vor Überfällen sicher wähnt. Er muß stets darauf gefaßt sein und im übrigen ein Auge darauf haben, daß alles, was ins Lager kommt oder es verläßt, gemäß dem Befehle des Höchstkommandierenden einem strengen Verhör unterworfen wird.

<280>

Ferner hat der Bataillonskommandeur für die Reinlichkeit des Lagers zu sorgen und auf das Abkochen der Leute zu sehen, damit ihnen nichts fehlt. Reißt die Desertion bei seinem Bataillon ein, so bestellt er bei jeder Kompagnie einen Unteroffizier, der die Ronde macht und acht auf die Leute gibt, die des Nachts aus den Zelten austreten.

Auf dem Marsche darf der Kommandeur sein Bataillon nie verlassen. Bei großer Hitze dürfen die Leute Wasser mit etwas Essig vermischt trinken; dann wird es ihnen nicht schaden, solange sie im Marsche bleiben. Trinkt der Soldat aber beim Halt, so kann er sich den Tod holen. Die Offiziere haben dies also auf das strengste zu verhindern.

Man weiß aus Erfahrung, daß die Tapferkeit der Truppen einzig und allein auf der ihrer Offiziere beruht. Ist der Major brav, so ist es das ganze Bataillon. In all unsern Kriegen hat es sich gezeigt, daß, wenn der Kommandeur ein wackerer Mann war, sein Bataillon nie zurückgeworfen worden ist, falls er nicht vorher fiel oder verwundet wurde.

Hat die Armee eine feste Stellung inne und greift der Feind sie an, so muß der Kommandeur seinen Posten verteidigen und ihn durch das Feuer behaupten. In diesem Falle ist Schnellfeuer das beste. Da aber der Soldat sich rasch verschießen kann, so muß der Kommandeur, ehe die letzte Patrone verschossen ist, einen Unteroffizier von jedem Zug an den Reservekasten schicken, um frische Munition zu holen, und sie so schnell wie möglich an die Leute verteilen lassen, damit ihr Feuer nicht zu stark nachläßt.

Greift man den Feind in freiem Felde an, und das Bataillon gehört zu dem Flügel oder zu dem Korps, das den Angriff ausführt280-1, so muß der Kommandeur es in guter Ordnung gegen den Feind führen, auf 300 Schritt zu feuern anfangen und bei der geringsten Verwirrung, die er beim Feinde bemerkt, mit dem Bajonett drauflosgehen, um die Niederlage zu vollenden.

Wird der Feind in einer Höhenstellung angegriffen, so soll der Kommandeur seine Leute soviel wie möglich vom Feuem abhalten; denn das Schießen von unten nach oben bleibt fast wirkungslos, und zum Erringen des Sieges kommt es vor allem darauf an, Terrain zu gewinnen. Je eher man die feindliche Stellung erstürmt, desto mehr schont man seine Leute und desto geringer sind die Verluste. Doch soll sich der Kommandeur nicht zu allzu hitziger Verfolgung fortreißen lassen, es sei denn, daß er beim ersten Angriff nur wenige Leute verloren hat, daß die sämtlichen Angriffstruppen beisammen sind und besonders, daß der Brigadegeneral es ausdrücklich befiehlt.

Ist die vom Feinde besetzte Höhe erobert, so soll man sich allemal damit begnügen, daß man den Feind vertrieben hat, und kräftig hinter ihm herfeuern, wenn er ins<281> Tal hinabläuft. Aber die Stellung selbst muß man behaupten und den Flüchtigen nicht nachsetzen. Das ist Sache der Kavallerie. Die Infanterie muß sich begnügen, die Stellung zu behaupten, wo sie den Sieg errungen hat.

Da im Kriege nicht alle Tage Schlachten und Gefechte stattfinden, so muß der Kommandeur die Ruhezeit dazu benutzen, sein Bataillon und besonders die Rekruten, die dabei sind, zu exerzieren. Denn nichts geht rascher verloren als die Zucht und Gewandtheit des Soldaten, wenn man ihn nicht von Zeit zu Zeit seine Lektion wieder hersagen läßt.

Ist man in der Nähe des Feindes und es wird Grünfutter fouragiert, so muß die Infanterie einen Teil der Bedeckung stellen. Ist der Kommandeur bei solch einem Detachement, so stellt er seine Leute zur Deckung der Fourageure entweder in ein Dorf, hinter Hecken oder in ein Gehölz. Dabei muß er aber Sorge tragen, daß seine Flanken stets gut gesichert sind und die Stellung nicht zu offen liegt; denn er ist nur zur Bedeckung da und soll seine Leute, soviel es die Örtlichkeit zuläßt, vor dem feindlichen Feuer und den Angriffen der Panduren schützen.

Hat der Kommandeur einen Transport zur Armee zu geleiten, so erhält er zur Aufklärung Husaren mit. Melden sie ihm, daß der Feind unterwegs im Hinterhalt sieht, so muß er unverzüglich seine Wagen auffahren lassen, ihnen einige Leute zur Bedeckung geben und mit der übrigen Mannschaft den Feind aus seinem Hinterhalt verjagen. Danach kann er seinen Transport sicher zur Armee führen. Auch soll er seinen Marsch gut leiten, an Wäldern, Morästen oder Flüssen entlang ziehen, die seine Flanken decken, alle Defileen und Dörfer soweit irgend möglich meiden. Falls er sie aber durchaus passieren muß, soll er sie rekognoszieren lassen, ehe er sich hineinbegibt, und die Anhöhen rechts und links mit Infanterie besetzen: dann kann der Transport sicher hindurchgehen. Ist das Land eben, so kann er nur von Kavallerie angegriffen werden. Wenn der Feind stark ist, muß der Kommandeur die Wagen allemal auffahren lassen, um seine Truppe beisammen zu haben und nicht überall zu schwach zu sein. Ist der Feind vertrieben, so setzt er seinen Marsch fort und kann die Nachhut zum Teil seiner Kavallerie überlassen.

Ist die Armee auf dem Marsch und das Bataillon bei der Arrieregarde, so soll der Kommandeur es sich zum Grundsatz machen, sich vom Feinde nicht aufhalten zu lassen, noch sich mit ihm zur Unzeit in ein Gefecht zu verwickeln; denn bei Nachhutgefechten ist nichts zu gewinnen, aber alles zu verlieren. Der Feind hingegen hat keine andre Absicht, als ihn durch ein Gefecht soviel wie möglich vom Gros zu trennen und seiner Kavallerie Zeit zu verschaffen, ihn zu umzingeln und abzuschneiden. Der Kommandeur muß es sich also wohl einprägen, daß er sich mit dem Feinde nur dann schlagen darf, wenn es für ihn ganz und gar unmöglich ist, anders durchzukommen.

Befindet sich sein Regiment bei einem Korps, das die feindliche Arrieregarde angreifen soll, so muß er den Feind so rasch wie möglich in ein Gefecht verwickeln, um<282> ihn festzuhalten, seinen Abmarsch zu verzögern und so seiner Kavallerie Zeit zu verschaffen, die feindliche Nachhut zu umzingeln und abzuschneiden.

Die beste Gelegenheit zu solchen Angriffen bietet sich, wenn der Feind von den Höhen in die Niederung herabrückt oder man ihm in die Flanke fallen kann. Hierbei gilt als feststehende Regel, daß man stets das Gelände ausnutzen soll, nämlich den Feind angreifen, wenn man selbst auch nur etwas höher sieht als er, oder wenn er auf einer Anhöhe sieht, sie erstürmen und ihn mit dem Bajonett Heruntertreiben.

Eine weitere Grundregel bei allen Rückzugs- oder Nachhutgefechten ist diese: Wenn man sich aus einer Stellung, von einer Höhe, aus einem Wald oder Dorfe zurückzieht und der Feind drängt beständig nach, so müssen die Kanonen zuerst abfahren, sonst läuft man Gefahr, sie zu verlieren. Wenn das Bataillon selbst zurückgeht, müssen einige Leute zurückbleiben, die ein Schützengefecht führen, um den Feind aufzuhalten und zu verhindern, daß er Euch auf dem Fuße folgt und wohl gar Verwirrung in Eurem Bataillon anrichtet.

Rückt die Armee in die Winterquartiere, und der Feldzug hat bis in die strenge Jahreszeit gedauert, so muß der Kommandeur gleich dafür sorgen, daß sein Ba-taillon beim Einrücken in die Quartiere nach und nach purgiert und danach zur Ader gelassen wird, jedoch nicht auf einmal, sondern kompagnieweise und je nachdem, wie es der Generalchirurg für die Gesundheit jedes Mannes nötig hält.

Der Kommandeur muß darauf halten, daß an den ersten Tagen, wo das Bataillon die Zelte verlassen und die Häuser bezogen hat, die Fenster in den Quartieren geöffnet werden, damit der Übergang zwischen der rauhen Luft und der Ofenhitze ein allmählicher ist. Sonst brechen hitzige Krankheiten aus; und man soll doch die alten Soldaten soviel wie möglich zu erhalten suchen, zumal bei der Infanterie, wo die Ausbildung erst nach drei Jahren vollendet ist.

Die Kommandeure, die die Postenkette der Winterquartiere zu bilden haben, müssen sich vor allem gegen Überfälle sichern; denn die haben sie am meisten zu befürchten. Liegen also ihre Bataillone in Dörfern, so müssen sie gleich an der Verpalisadierung rings um das Dorf arbeiten und Fleschen vor den Dorfeingängen auswerfen lassen. Darum empfiehlt auch der König den Infanterieoffizieren das Studium der Fortifikationskunst so sehr282-1; denn sie können sie während des Feldzuges nicht entbehren.

Werden Berge besetzt, so müssen in gewissen Abständen, und zwar an den beherrschenden Punkten, Schanzen und in ihnen Blockhäuser angelegt werden. Die Schanzen müssen rings mit Palisaden umgeben sein, und zwar sollen die Pfähle mit langen Stangen abwechseln, damit der Feind sie unmöglich erklettern kann. Denn ein Offizier, der in der Postenkette der Winterquartiere sieht, muß stets auf Überfälle jeder Art gefaßt sein, die der Feind gegen ihn planen kann. Steht er hinter einem<283> Flusse, so muß dieser im Winter fleißig aufgeeist werden, damit der Feind ihn nicht überschreiten kann. Ganz zu geschweigen von den Kavalleriepatrouillen, die Tag und Nacht im Felde sein müssen, um die geringste Bewegung des Feindes zu melden, und von den Spionen, deren man eine gute Anzahl haben muß, damit, wenn einer ausbleibt, der andre Nachrichten bringen kann. Wird die Postenkette nicht zu sehr beunruhigt und ist ihr Dienst nicht zu schwer, so muß der Kommandeur sein Bataillon nach Möglichkeit exerzieren; denn seine Ehre und Reputation hängen an der Güte seiner Truppe, und je besser er sie im Zuge hat, desto mehr kann er sich seines guten Rufes versichert halten.

Für die Truppen, die in die Winterquartiere rücken, gilt das gleiche hinsichtlich der Gesundheitspflege der Soldaten; alle Kommandeure, die ihre Bataillone nicht mit der in Friedenszeiten eingeführten Manneszucht ins Lager zurückführen, sind als schlechte Kerle zu betrachten, deren sich die Armee baldmöglichst entledigen muß.

Die Infanterie wird nicht allein im Feldkriege gebraucht, sondern auch zur Belagerung und Verteidigung fester Plätze. Ein Offizier und besonders ein Bataillons-kommandeur, der nichts vom Festungskriege versieht, ist nur ein halber Offizier. Denn will er eine Festung verteidigen, so muß er einen Begriff davon haben und z. B. wissen, was das Feuer im gedeckten Wege, eine Art Heckenfeuer283-1, ist, das namentlich des Nachts unterhalten wird. Er muß wissen, warum man einen Ausfall macht, nämlich um die Werke des Angreifers zu zerstören. Da ist rasches, energisches Handeln nötig; denn es gilt, den Feind aus der Parallele zu jagen, die Sappen zu zerstören und die feindlichen Kanonen zu vernageln. Bewaffnet sind dabei nur diejenigen, die zum Angriff bestimmt sind; sie sollen die Belagerer zurücktreiben und den Arbeitern Zeit zur Zerstörung der feindlichen Werke verschaffen, was in großer Geschwindigkeit geschehen muß. Hierauf muß sich die Ausfallstruppe nach dem gedeckten Weg zurückziehen, und zwar rechts oder links von dem erfolgten Angriff. Dort hat der Kommandant ein überlegenes Feuer vorbereitet, um den Rückzug zu decken.

Ein Bataillonskommandeur darf sich nicht dadurch einschüchtern lassen, daß er in einer Festung eingeschlossen ist. Das ziemt sich nur für einen schlaffen und faulen Menschen. Wer aber Ehrgeiz besitzt, sieht darin eine Gelegenheit, sich auszuzeichnen und somit sein Glück zu machen. Denn bei der hartnäckigen Verteidigung eines Platzes, in dem er sieht, erwirbt ein Offizier ebenso viel Ruhm wie bei einer gewonnenen Schlacht. Den Sturm auf ein Festungswerk abzuschlagen, macht einem Offizier ebensoviel Ehre wie die Verteidigung einer Feldschanze oder die Vertreibung des Feindes aus seiner Stellung. Ein tüchtiger, ehrgeiziger Offizier muß jede Gelegenheit ergreifen, um sich hervorzutun. Bei dem langen Frieden aber, den wir jetzt genießen, sind die Kommandeure unentschuldbar, die sich künftig bei schlechter Verteidigung mit ihrer Unkenntnis in der Fortifikation entschuldigen wollen. Der<284> Garnisondienst nimmt sie höchstens zwei Stunden täglich in Anspruch, im übrigen sind sie Herren ihrer Zeit, und wenn sie sie in Müßiggang verbringen, so glaube ich nicht, daß diese Entschuldigung irgendwo ernst genommen wird.

Ein gleiches gilt vom Angriff auf Festungen. Unkenntnis kann zu vielen Fehlern führen, die sich vermeiden lassen, hat man sich vom Ingenieurwesen einen Begriff gemacht und nicht die Mühe gescheut, die Berichte der alten Belagerungen im spani-schen Erbfolgekriege zu lesen284-1. Kurz, mit Unkenntnis dürfen sich nur Kinder entschuldigen, nie aber erwachsene Leute, die einen Beruf haben und zu Befehlshaberstellen gelangt sind. Es ist also allen Bataillonskommandeuren unbedingt zu empfehlen, das zu erlernen, was sie bisher vernachlässigt haben. Da es ihnen weder an Zeit noch an Mitteln zu ihrer Belehrung fehlt, so kann man ihre Unkenntnis hinfort nur der Faulheit zuschreiben.

Wenn z. B. beim Festungsangriff die Laufgräben zu verteidigen sind und in der zweiten oder dritten Parallele ein Regiment sieht, dessen Kommandeur keinen Begriff von einer Belagerung hat, so wird er nachlässig sein, und wenn der Feind einen Ausfall macht, sich schimpflich aus seiner Stellung vertreiben lassen. Dagegen wird ein ehrliebender Offizier auf alles, was kommen kann, vorbereitet sein. Ob der Feind nun bei Tag oder Nacht angreift, er hat seine Maßregeln schon im voraus getroffen und ist völlig bereit, den Ausfall zurückzuweisen.

Sind die Bataillonskommandeure von edlem Ehrgeiz beseelt, so sollen sie höher streben. Aus ihnen werden die Generale genommen, und haben sie sich nichts zu schulden kommen lassen, so dürfen sie sich versprechen, diese Würde zu erreichen. Aber ihr Ehrgeiz muß sie dazu treiben, alle Pflichten eines Generals schon im voraus erfüllen zu können. Es ist eine Schande, in der Stellung, zu der man erhoben wird, als Lehrling anzufangen. Edler ist es, ihrer schon für wert gehalten zu werden, wenn man sie noch nicht bekleidet. Die Welt muß sagen: „Dieser Mann hat das Zeug zu einem guten General. Schade, daß er es noch nicht ist.“ Wer also seinen eignen Wert fühlt, soll sich seine Feldzüge zunutze machen und fragen: „Warum fand dieser Marsch statt? Warum wurde jene Schlacht geliefert? Welches war die Disposition dazu? Warum wurde der Flügel versagt? Warum griff der andre an?“ Sie müssen die Lager prüfen, das Gelände beurteilen und die Außenposten besichtigen, um sich ein deutliches Bild von der Gesamtdisposition zu machen. Sie sollen ihr Urteil in all diesen Dingen üben und sich zur Führung von Detachements fähig machen; denn auf diesem Wege gelangt man zur Führung ganzer Armeen. Bei uns sind einfache Edelleute Heerführer geworden, und die Armee darf nie vergessen, daß ein Schwerin sie kommandiert hat.

Für die Verteidigung belagerter Plätze gilt das gleiche, wie für Belagerungen. Ein Stabsoffizier, der seinen Geist während des Friedens mit einer guten Theorie<285> gewappnet hat, wild hier wie dort Nützliches leisten. Eine einzige Belagerung wird ihn bei tüchtigen theoretischen Vorkenntnissen weiter bringen als zehn, bei denen er seine Erfahrung sich erst erwerben müßte.

Wird er Invalide, so kann er auf die besten Gouverneursposten rechnen, und bleibt er gesund, so eröffnet sich ihm eine weite Laufbahn, in der er sein Glück machen kann. Er muß aber Tüchtigkeit in allem erlangen, was zum Offiziersberuf gehört, und wie gesagt, oft Dörfer unter verschiedenen Annahmen besetzen, Transporte bedecken, Arrieregarden bilden usw. Offiziere, die ihren Beruf wirklich lieben, müssen sich im Frieden in all diesen Dispositionen üben. Das ist um so leichter, als sie beim Spazierengehen sich Gelände für Arrieregarden, für Transportbedeckungen oder Dörfer zum Besetzen aussuchen können, um ihre Disposition nach der Ortlich-keit zu treffen und sie dann schriftlich aufzufetzen. Eine solche Übung wird ihnen unendlichen Nutzen bringen, wenn es zum Kriege kommt, und das Entwerfen von Dispositionen wird ihnen leicht und vertraut werden. Die, welche ihren Beruf lieben, werden sich ein Vergnügen daraus machen. Die aber, die keine Neigung dazu verspüren, täten besser, den Dienst zu quittieren und daheim Kohl zu pflanzen.

Zusammenfassung der Regeln

1. Am Defilee bleiben, bis das Bataillon hindurch ist.

2. Das Kantonnement nach Korporalschaften einteilen.

3. Im Lager: Guter Nachtdienst, Wachsamkeit, Abkochen der Soldaten, Reinlichkeit, Verhütung des Desertierens.

4. Beim Halten nicht trinken lassen, wohl aber auf dem Marsche, mit etwas Essig vermischt.

5. In einer festen Stellung so viel schießen, wie der Soldat laden kann.

6. In der Ebene auf 300 Schritt schießen und dann mit dem Bajonett drauflosgehen.

7. Angriff von Stellungen: Erst beim Einbruch schießen, den Feind nicht verfolgen, die eingenommene Höhe behaupten und nicht in die Ebene hinabsteigen.

8. In den Standlagern viel exerzieren.

9. Fouragierungen: Sich gut aufstellen, sei es in einem Dorf, hinter einer Hecke oder in einem Hohlweg, und jedenfalls seine Flanken sichern.

10. Transportbedeckungen: Den Marsch leiten; die Flanken durch einen Wald, Morast oder Fluß zu decken suchen; nicht in ein Defilee hineingehen, ohne es erkundet zu haben. Tritt der Feind Euch entgegen, den Wagenzug auffahren lassen, um seine Leute zusammenzuhalten. Liegt er im Hinterhalt, auffahren lassen und ihn mit einem Teil der Truppen verjagen. Danach kann man den Transport ruhig zur Armee führen.<286> Infanterie

11. Arrieregarden: Jedes Gefecht nach Möglichkeit vermeiden; denn dabei ist nichts zu gewinnen, sondern nur zu verlieren. Muß man sich jedoch mit dem Feinde einlassen, sich so rasch wie möglich zurückziehen.

12. Rückzugsbewegungen von Höhen, aus Dörfern und Wäldern: Die Geschütze vor dem Bataillon abfahren lassen und beim Rückzuge einige Soldaten zurücklassen, die ein Schützengefecht führen und den Feind aufhalten.

13. Greift man eine Arrieregarde an, das Terrain ausnutzen und den Feind sobald wie möglich in ein Gefecht verwickeln.

14. Winter- oder Kantonnementsquartiere: In der ersten Zeit die Fenster der Häuser öffnen, die Soldaten nach und nach purgieren und zur Ader lassen.

15. Postenkette der Winterquartiere: Die Dörfer verpalisadieren und Fleschen aufwerfen; stets auf der Hut sein, um nicht überfallen zu werden; Patrouillen, Spione usw. Die Schanzen auf den Bergen abwechselnd mit Palisaden und langen Stangen versehen. Steht man hinter einem Flusse, ihn aufeisen; an den Furten Fußangeln legen, fortwährend Patrouillen ausschicken. In Waldund Berggegenden muß die leichte Infanterie diese Patrouillen übernehmen.

16. Es ist notwendig, daß der Infanterieoffizier die Befestigungskunst kennt.

<287>

V. Instruction für die Inspecteurs der Infanterie-Regimenter287-1
(6. April 1780)

Da man in dem vergangenen kurzen Kriege287-2 gesehen hat, wie viele Fehler und Négligences bei der Infanterie vorgekommen sind, und wie oft die Commandeurs derer Regimenter und Bataillons wegen notwendiger Vorsicht gefehlet haben, absonderlich bei Demjenigen, was dem Thaddenschen und dem Regiment von Wunsch begegnet ist, als ersteres, das Thaddensche Regiment, risquiret hat, ganz auseinandergesprengt und völlig ruinirt zu werden, auch bei der Gelegenheit seine Fahnen wirtlich verloren hat, und dem Wunschischen Regiment ein gleicher Vorfall passirt ist, da dessen Kommandeur und die Fahnen enleviret worden; ohne zu berühren, was bei Habelschwerdt geschehen ist287-3:

So ist es sehr nöthig, daß man in der Zukunft solchen Echecs und Zufällen auf alle mögliche Weise zuvorzukommen suche, worzu kein besseres Mittel vorzuschlagen ist, als daß alle Stabs-Officiers der Infanterie sich in Friedens-Zeiten mehr üben, erstlich um einen Plan zu machen, wie sie ein Dorf, darin sie einquartiert stehen, gehörig besetzen müssen, zu welcher Uebung sie die in der Nachbarschaft ihrer Garnison gelegenen Dörfer nehmen und über deren gute Besetzung oder zu nehmende Partie sie ordentliche Dispositions machen können. Sie sollen dergleichen Dispositions von der Defension eines Dorfes schriftlich aufsetzen, damit man sehen möge, ob sie hierbei alles wohl überdacht haben.

Wenn der eine Stabs-Officier solchergestalt von einem gewissen Dorf ein Project der Défense gemacht hat, so kann der andere Stabs-Officier dagegen ein Project zur Surprise287-4 machen; durch welche fleißige und sehr nützliche Uebungen sie sich am<288> besten instruiren und so zu sagen im Athem erhalten können, wenn ein Krieg entsieht, die Besetzung der Dörfer vollkommen gut zu reguliren.

Die General-Regeln, welche hierbei müssen observiret werden, sind bei denen Cantonnirungs-Quartieren, in denen man vermuthen kann, ja stets vermuthen soll, vom Feind attaquiret zu werden:

1. Die Besatzung des Otts so dicht zusammen zu halten, als es sich will thun lassen.

2. Eine Stunde vor Tage den Burschen anzubefehlen, das Gewehr in die Hand zu nehmen und ihre Patrontaschen umzuhängen, damit, wenn der Feind kommt, die Leute insgesammt unterm Gewehr sind und nicht unbewaffnet überfallen werden können.

3. Der Commandeur muß allemal sein Quartier ohnweit der stärcksten Wache nehmen, die im Dorfe gegeben ist, damit weder er noch eine Fahne können angegriffen oder weggenommen werden.

4. Wenn man lange in einem solchen Dorfe stehet, so können an benöthigten Örtern Gräben gemacht, Brustwehren aufgeworfen und Fleschen oder Redouten um das Dorf aufgeführt werden, auch kann es alsdann verpallisadirt, mit Spanischen Reutern versehen und so gut wie möglich fortificirt werden.

5. Es ist aber nicht genug, daß die Seite, die gegen den Feind Front macht, gut besetzt und wohl verschanzt ist, sondern man muß seine Vorsicht auf alle Seiten mit gleicher Aufmerksamkeit richten; denn wenn der Feind einen Ueberfall tentiret, so wird er seinen Anmarsch in mehr als einer Kolonne vornehmen und das Dorf nicht bloß von einer Seite angreifen. Es ist vielmehr zu vermuthen und sicherlich zu glauben, daß, wo es einigermaßen möglich sein könne, der Feind suchen werde, auf verschiedenen Seiten und zugleich im Rücken zu attaquiren, während der Zeit er seinen Angriff vorn gegen das Dorf vornähme.

6. Um also gegen einen solchen Vorfall auf seiner Hut zu sein und mit Distinction zu dienen, so muß jeder Kommandeur eines Regiments oder Bataillons, sobald er einen dergleichen Posten zu besetzen oder darin zu cantonniren bekommt, sich gleich nach allen Wegen erkundigen, durch welche der Feind ankommt, ihn links, rechts oder hinten im Rücken attaquiren könne, damit er nach dieser eingegangenen Erkenntniß seiner Mannschaft von allen Seiten Sicherheit verschaffe und zu einer rechtschaffenen Gegenwehr die nöthigen Veranstaltungen treffen möge.

Im Gegentheil müssen diejenigen Stabsofficiers, welche offensive gehen und Projecte zu Surpsisen machen wollen, wohl bedenken, daß, wenn sie auf einen solchen vom Feind besetzten Posten mit gutem Success etwas tentiren wollen, ihnen vorzüglich sichere Nachrichten von dessen Verfassung nöthig sind, und daß sie sich deshalb bemühen müssen, zuverlässige gute Spions zu haben, wodurch sie genau von der Forces des Feindes informirt und vollkommen von seinen Vertheidigungsanstalten,<289> imgleichen von den Orten instruirt werden, wohin der Feind seine Wache gestellt und seine Außenposten oder Schildwachten gesetzt habe, um hiernach den Ueberfall zu reguliren. Ferner müssen diejenigen, welche ein feindliches Cantonnirungs-Quartier überfallen wollen, sehr genau von der Exactitude oder Négligence benachrichtiget sein, womit der Feind seinen Dienst verrichte.

Auch müssen sie von allen möglichen Wegen, durch welche man nach demselben Ort kommen und ihn tourniren289-1 und unvermuthet überfallen kann, wohl benachrichtiget sein: wobei die Zeit wohl ausgerechnet werden muß, wie lange der eine oder andere Marsch dauern könne, ehe die Truppen an dem bestimmten Ort eintreffen, damit vermöge dieser Zeitberechnung der Feind von allen Seiten zugleich attaquiret werden möge.

Nächstdem muß auf den schwächsten Ort reflectiret werden, wo man den Feind am besten angreifen könne. Auch muß hierbei der Augenblick oder diejenige Zeit zur Attaque gewählt werden, von welcher man in Erfahrung gebracht hat und gewiß weiß, daß der Feind in diesen Stunden am wenigsten wegen seiner Sicherheit besorgt und gar nicht allert ist.

Dabei muß man aber auch wohl instruirt sein, durch welche Wege die Feinde ihre Nachrichten von unsern Truppen einziehen, welche Stunden ihre Patrouillen ausgehen, wie stark solche Patrouillen sind, und bis wie weit sie kommen. Hingegen find zwei Dinge zu beobachten, entweder zu dem Ueberfall des feindlichen Quartieres einen solchen Weg zu nehmen, wo man keiner Patrouille begegnen werde, oder der feindlichen Patrouille, wenn eine solche uns auf dem Marsch vorkomme, durch unsere Cavallerie so scharf auf den Hals zu gehen, daß man sie alle gefangen bekomme. Sollte man hierbei auch jedem Husaren für den von der feindlichen Patrouille noch fehlenden Mann einen Dukaten geben müssen, so wäre dieses Geld gewiß gut angewandt.

Das Zweite, was hierbei zu beobachten bleibt, ist dieses, daß man gleich, sowie man vor das vom Feinde besetzte Dorf kommt, um dessen Bestürzung zu vermehren, einige Haubitz-Granaten hineinwerfe, welche das Dorf anstecken und durch den Brand den Feind zwingen werden, sich zu retiriren. Bei diesem Abzuge muß man ihm auf das schärfste zu Leibe gehen, weil der Feind in dieser Zeit und bei diesen Umständen in vieler Confusion ist und am mehrsten verlieren wird.

Wenn feindliche Garnisons oder gewisse Posten in der Nähe sind, welche dem angegriffenen Quartier zu Hülfe schicken möchten, so muß man auf die Wege, welche von daher kommen, Husaren schicken, die das etwa Ankommende bei Zelten vermelden und uns hierdurch in den Stand setzen, die Truppen, welche den Ueberfall unternehmen sollen, zurückzuziehen, ehe der feindliche Succurs herangekommen ist.<290> Infanterie

Seine Königl. Majestät geben diese Maßregeln den Stabs-Officiers zu einem Schema, wonach sie ihre Principia gründen und sich sowohl in der Besetzung der Dörfer, in der Vertheidigung der ihnen übergebenen Posten, als auch wegen Verabreden und Unternehmen der Surprisen fleißig üben sollen.

<291>

VI. Instruction für die Inspecteurs der Infanterie291-1
(25. Juli 1781)

Es sind viele Objecte, worauf die Inspecteurs ihre Attentiun haben müssen, damit die Regimenter, die sie unter ihrer Aufsicht haben, in Ordnung sind.

Ein Object gehet darauf, daß die Regimenter im Laden und Avanciren, in Deploiements291-2 und in allen den Manœuvres, die bei uns eingeführet, so geläufig sind, daß ohne die geringste Confusion sie allezeit exerciren können, was ihnen befohlen wird. Bei diesem thut die große Uebung das Meiste, und die Leute müssen so gewöhnet sein, daß ihnen alles mechanisch wird.

Das zweite Object, welches viel importanter ist, betrifft die Zucht und Formirung der Officiere, und bei diesem sind noch viele Sachen hinzu zu setzen, die die größeste Attention und Folge erfordern, damit man zu seinem Zwecke kommt. Die Regimenter können nicht anders als wie eine Maschine angesehen werden, zu welcher ein Kopf gehöret. So gut auch ein Degen ist, so richtet er von selber nichts aus, wenn er nicht von einem guten und starken Arme geführet wird, der Gebrauch davon zu machen weiß.

Die Inspecteurs müssen den Officieren der ihnen untergebenen Regimenter mehr Ambition und mehr Application im soliden Dienste beibringen. Bei einem langwierigen Frieden wie der jetzige, der beinahe 20 Jahre gedauert hat, kann ohnmöglich so viel Avancement sein, als bei einem Kriege, wo jährlich vier oder fünf Bataillen vorfallen; aber dessen ohngeachtet, kommt's zum Krieg, so finden sich gleich das erste Jahr so viele Officiere, die invalide werden, und so viele, die abgehen, daß die Stabs-Officiere bei den Regimentern in kurzer Zeit ganz neu werden. Wenn dann die Subaltern-Officiere als Lieutenants und als Fähnriche nicht daran gedacht haben, was sie als Capitaine, Majore, Commandeurs und Generale zu'thun haben, und sie kommen beim Avancement zu dem Grade, so wissen sie nicht, was sie zu thun haben und was ihr neuer Stand mit sich bringt.

Es ist lein Capitain, kein Major, kein Stabs-Officier, der nicht mit kleinen Corps theils bei Fouragirungen, theils bei Convoiz291-3, theils bei Arrieregarden comman<292>diret werden kann. Wenn sie Commandeurs von Bataillonen sind, so kommen sie in Dörfer auf Postirung292-1 zu stehen; wenn sie Generale sind, so werden sie mit ihren Brigaden detachiret, theils den Feind im Quartier zu überfallen, theils um das vom Feinde detachirte Corps zu attaquiren. Zu allen diesen verschiedenen Puncten gehören Dispositions, und wer sich nicht bei Zeiten übet, um solche regelmäßig zu machen, damit, wenn er als Oberst und General in die Umstände kommt, daß er dergleichen Dispositions machen muß, so weiß er sich nicht zu helfen, weil er niemals an dergleichen Sachen, die doch die vornehmsten Theile seines Handwerks sind, gedacht hat. Um aber die Sache dahin zu bringen, so ist es nöthig, die jungen Officiere zu animiren, daß sie von ihren müßigen Stunden, die sie so viel haben, einige zum wenigsten anwenden, um ihr Handwerk besser zu studiren und sich geschickt zu machen, damit sie die höheren Posten, so sie erlangen werden, mit allem Ruhme bekleiden können.

Dergleichen Dispositions sind zweierlei: die offensiven und die defensiven. Die offensiven, welche immer die besten sind und wo man vornehmlich auf halten muß, bestehen darin, dem Feinde Abbruch zu thun und demselben seinen Posten zu enleviren292-2. Um dieses zu thun, müssen sie erstlich alle Wege studiren, die nach dem Posten gehen; sie müssen wissen, wo der Feind seine Vorposten gesetzt hat, um sie zu umgehen und, wo es möglich ist, von hinten zu kommen, wo der Feind sich sicher glaubt, und auf die Art in seinen Posten zu fallen und, sobald sie mit ihrem Coup fertig sind, durch einen andern Weg als zuvor wieder zurück nach der Armee kehren.

Ist es eine Arrieregarden-Affaire292-3, die man gegen den Feind engagiret, so muß das Corps vom Feinde, welches sich retiriret, rechts und links von der Cavallerie wie ein halber Mond umzingelt werden, damit die Infanterie Zeit gewinnet, heran zu kommen, und die Infanterie muß sehen, soviel es die Disposition vom Feinde zuläßt, daß sie ihn nicht allein von vorn, sondern auch in der Flanke attaquiret. Hat der Feind ein Défilé zu passiren, so ist man immer sicher, einen guten Success gegen ihn zu haben, wenn man ihn, während daß er defiliret, attaquiret. Sind es Convois vom Feinde, die man attaquiren will, so muß man sich versteckt halten und warten, bis ein Theil vom Convoi im Défilé ist, und alsdann gleich in die Mitte und auf die Arrieregarde fallen; so bleibt man gewiß Meister von dem Theile, den man abgeschnitten hat. Bei den Convois muß man sich nicht lange aufhalten, absonderlich wenn es nahe bei der feindlichen Armee ist.

Ist ein General mit einer Brigade kommandiret, ein kleines feindliches Corps zu attaquiren, so ist das erste, die Wege zu wissen, welche dahin gehen; zweitens, welchen Posten der Feind occupiret und wie er ihn besetzet hat; drittens, wo seine Feldwachen stehen; viertens, wo seine Patrouillen gehen, worauf erst die Disposition gemacht werden kann. Ist es möglich, ihn zu überfallen oder in den Rücken zu kommen,<293> so ist das das allersicherste. Soll es ein Ueberfall sein, so muß die Zeit vom Marsch wohl ausgerechnet werden, daß man zur festgesetzten Stunde an dem Orte des Lagers, wo man hin will, ankommt, damit die Attaque eine Stunde vor Tage vor sich gehen kann. Bei dieser Gelegenheit muß der Marsch in aller Stille projectiret weiden, müssen die Soldaten keinen Taback rauchen, die Artilleristen ihre Lunten wohl verstecken, damit sie nicht durchs Feuer entdecket werden, und keine Pferde mitgenommen werden, die wiehern, damit der Feind nichts weiß, bis man bei ihm ist und der Ueberfall desto sicherer und desto besser geräth. Sind die Umstände aber so, daß kein Ueberfall statt finden kann, so muß die Disposition zur Attaque gemacht werden, nachdem man sich die Zeit gegeben hat, den Posten wohl zu judiciren293-1, und alsdann muß die Disposition darnach gemacht werden, wie Ich es in Meinem Buche an die Generale 293-2 beschrieben habe, das ist, daß der Feind an seinem schwächsten Orte attaquiret werde, an einem Point d'attaque293-3 sich nicht zu lange mit Schießen aufgehalten, sondern Terrain genommen und, wo es möglich ist, ihn in der Flanke und im Rücken attaquiret.

Was den defensiven Krieg angehet, so beruhet der vorzüglich auf Fortificationen, Läger mit gutem Judicium zu nehmen293-4, die Läger zu fortificiren, die Dörfer, die in der Kette von den Winterquartieren liegen, gut zu verschanzen und alle die Sachen anzubringen, die sie bei den Ingenieurs lernen.

Zweiter Artikel. Ich weiß, wie unmöglich es ist, daß alle Officiere bei einer so großen Armee den Verstand und die Geschicklichkeit besitzen, die zu dem Handwerke erfordert wird. Dessen ohngeachtet aber bin Ich nicht weniger versichert, daß, wenn die Chefs und Commandeurs der Regimenter diejenigen jungen Officiere, die Verstand und Ambition haben, aufmuntern, daß viele darunter sein werden, die durch hohe Application und soliden, den Krieg angehenden Dienst sich Geschicklichkeit erwerben werden, denen sie ihr Glück und ihren Ruhm werden zu danken haben.

Um sie dazu noch mehr zu ermuntern, so kann die Geschichte von alten Kriegen ihnen empfohlen werden. Es sind die Kriege von Gustav Adolf, die Campagnen von Prinz Conde, von Marschall de Turenne, von Marschall von Lurembourg, die Kriege des Prinzen Eugen, Feldzüge Karls XII. von Adlerfeld293-5, Feuquières' Mémoires293-6 und L'Art de I'attaque et de la défense von Vauban. Dies sind lauter Bücher, in denen die vornehmsten Sachen, die in vorigen Zeiten geschehen, enthalten sind.

Da es unmöglich ist, daß man für jedes Regiment alle die Bücher haben kann, so werde Ich suchen, eine solche Sammlung für jeden Inspecteur anzuschaffen, damit zum wenigsten die Officiere, die am mehrsten Ambition und Lust zu ihrem Hand<294>werke haben, dergleichen Geschichte wissen können, und die Inspecteurs werden Mir eine große Gefälligkeit thun, wenn sie sich Mühe geben, die Officiere so zu informiren, daß man mit der Zeit Hoffnung hat, eine gute Schule von Stabs-Officieren und Generalen daraus zu ziehen.

Im übrigen weiß Ich wohl, wie schon gesagt, daß nicht alle Officiere bei der Armee große Fähigkeiten haben. Mithin ist es auch nicht so nothwendig, mit denen, die nicht Geschicklichkeit genug besitzen, sich viele Mühe zu geben, desto mehr aber mit solchen, die Verstand und Kopf haben und die vorzüglich gute Hoffnung von sich geben; wie denn die Inspecteurs auch, wenn solche Officiere unter den Regimentern sind, die Verstand und Geschicklichkeit besitzen, sie mögen Capitaine, Lieutenants oder Fähnriche sein, solche Mir anzeigen und bekannt machen müssen.

<295>

VII. Instruction für die Frei-Regimenter oder leichten Infanterie-Regimenter295-1
(5. Dezember 1783)

Die Gattung Leute, die man unter die Frei-Bataillons nimmt, müssen folgendergestalt choisiret sein, als nämlich kein Kerl weder jünger noch älter als zwischen 20 bis 45 Jahren; denn sind sie jünger, so crepiren sie und halten die fatiguen nicht aus; sind sie älter, so können sie hingegen nicht mehr so laufen, als wie es doch für den leichten Infanteristen bei mancher Gelegenheit absolut nöthig ist. Die Leute müssen nothwendig ferner gut laden und chargiren können, weil sie sich bei den meisten Gelegenheiten mit dem Feuer defendiren, aber das Geschlossene, was bei der regulären Infanterie so nothwendig ist, das ist bei ihnen nicht von solchem Nutzen. Die Officiere und Unter-Officiere, so dabei sind, müssen gleichfalls nicht viel älter als 45 Jahre sein, sonst können sie die Diensie nicht mehr thun, die man von diesen Truppen verlangt.

Die Art, wie sie müssen disciplinirt werden, rühret von dem Gebrauche her, den man von ihnen machen will. Dieser Gebrauch bestehet zum Erempel darin, Vorposten mit ihnen zu besetzen, es mögen nun Wälder, Dörfer oder Feld sein, nicht um diese Posten auf die Länge zu mainteniren, sondern um die Armee zu avertiren und sich so lange zu behaupten, bis die Regimenter complet unter dem Gewehre sein können.

Die erste Eigenschaft, welche die Officiere bei sich erhalten müssen, ist ein immerwählendes Mißtrauen gegen den Feind, daß sie sich alle ersinnliche Sachen vorstellen, die dem Feinde zu unternehmen nur möglich sind, um sich dagegen so zu mainteniren, als es die Force von ihrem Corps, das Terrain und die übrigen Umstände nur irgend erlangen wollen.

<296>

Stehen sie in Dörfern, so müssen sie, wo sich nur immer Aus- und Eingänge befinden, Posten haben, desgleichen doppelte Schildwachen rings herum; außerdem muß noch immer eine Reserve in steter Bereitschaft sein, damit dem Feinde im Fall einer Attaque sogleich etwas entgegen rückt, was im Stande ist, sich so lange zu wehren, bis die übrigen gleichfalls unter das Gewehr getreten sind und diese Defension souteniren.

Stehen sie hinter Gewässer, so müssen die Schildwachen suchen, sich so zu decken, daß sie auf den Feind schießen, aber nicht von ihm wieder beschossen werden können, es sei nun, daß sie sich hinter einen Baum stellen, oder sich hinter einen Hügel legen und da herüber schießen.

Bei alle diesem ist es aber die vornehmste Schuldigkeit eines Commandeurs, daß, wenn dergleichen vorfällt, er sogleich den General, der die Armee commandiret, ohne allen Verzug avetiren läßt.

Sollen die Frei-Regimenter einen Wald besetzen, so müssen sie nur doppelte Schildwachen am Rande des Waldes haben und einige Posten dahinter zum Soutien; das Corps aber muß 300 Schritt hinter den Schildwachen im Walde stehen. Alsdann müssen die Compagnien mit doppelter, auch dreifacher Distance aus einander gezogen werden. Das erste Glied rückt heran gegen den Rand, um zu schießen. Wenn sie sich bald verschossen haben, rückt das zweite Glied vorwärts heran, von dem ersten Gliede hingegen macht der erste und zweite Zug rechts um, der dritte und vierte links um, gehen, um dem zweiten Gliede Platz zu machen, hinter die Compagnie zurück, um frische Munition zu empfangen, und formiren sich daselbst, als wenn sie das dritte Glied wären. Das andere Glied kann darnach eben dasselbe auch machen.

Sollte es aber sein, daß der Feind an einem Orte vom Walde mit seiner ganzen Force attaquiren wollte, so rückt die Compagnie gegen den Ort bis an den Rand vom Walde vor und chargirt ordentlich mit Pelotons. Durch diese Manœuvres sparen sie Leute, die ihnen nicht unnützerweise todt geschossen werden, und können sich um desto besser defendiren, weil sie der Feind, da ihre Force im Walde steckt, nicht decouvriren kann.

Auf den Märschen einer Armee sollen die Frei-Bataillons theils bei der Avantgarde, theils bei der Arrieregarde distribuirt werden. Die Officiere ollen bei der Gelegenheit die Augen darauf haben, daß sie so viel als möglich geschlossen bleiben und einen guten Schritt dergestalt fort marschiren, daß sie die Colonnen nicht hindern.

Ist es bei einer Avantgarde, da kann man sie wenig anders gebrauchen, als daß man sie entweder in die Büsche oder in die Dörfer wirft, um die Cavallerie so lange zu souteniren, bis die Armee herankommt.

Sind sie bei der Arrieregarde, so können sie compagnieweise bei der Bagage eingetheilt werden, wo doch immer reguläre Infanterie dabei ist, da sie denn, so zu<297> sagen, um die Bagage zu decken, weiter nichts thun, als daß sie wo postiret werden, das letzte von der Arrieregarde zu decken, als auf einer Höhe, einem Busche, oder bei einem Défilé usw. Wenn sie aber da durch ihr Feuer das letzte decken, so muß es Peloton297-1 sein.

In den Bataillen können sie bei zwei Gelegenheiten gebraucht werden, zum Exempel, wenn Büsche auf den Flügeln sind, so können sie da herein geworfen werden, um die Flanken zu decken. Bei solchen Gelegenheiten, wenn sie der Feind attaquiret, müssen sie reguläres Feuer machen, gliederweise oder einzeln, aber kein Peloton-Feuer, das gehet da nicht. Die zweite Art, wie sie in der Bataille können gebraucht werden, ist zum Exempel diese. Es stehet der Feind auf einer Anhöhe, von der man ihn vertreiben will. Da kann man sie zur ersten Attaque gebrauchen, aber das muß nicht regulär sein, sondern sie müssen geradezu blindlings in den Feind herein laufen und durchaus nicht eher schießen, als wenn sie mit dem Feinde melirt297-2 sind.

Sind es Batterien, die sie attaquiren, so können sie in den Graben springen, warten, bis der Feind seine Kanonen abgefeuert hat, und dann durch die Schießscharten sich Meister von der Batterie machen; aber das alles muß in voller Carriere geschehen, ohne sich zu besinnen, sonsten verlieren sie zu viel Leute.

Sind es Redouten, die sie attaquiren sollen, so muß sich so ein Bataillon in der Mitte theilen, zwei und eine halbe Compagnie rechts, zwei und eine halbe Compagnie links, und in aller Carriere, was sie laufen können, müssen sie in die Gorge297-3 oder Eingang der Redoute herein, um sich Meister davon zu machen.

Aus allen diesen Umständen sieht man, wie unumgänglich nöthig es ist, daß frisches und gesundes Volt bei den Frei-Bataillons ist, damit man sich derselben bei solchen Gelegenheiten, als es Seine Majestät angezeigt haben, mit Nutzen bedienen und gegen den Feind Vortheile erlangen kann.

Was par exemple wegen Bedeckung der Bagage und dergleichen Sachen ist, wo man die Frei-Bataillons auch gebrauchen kann, darüber sind keine andere Regeln als die, welche Seine Majestät bei der Infanterie bereits gegeben haben. Ist es während der Bataille und daß einige Frei-Bataillons die Bagage bedecken sollen, so bestehet solche alsdann meistens aus den Packpferden und Officier-Wagen, weil bei dergleichen Gelegenheiten die schwere Bagage allemal zurückgelassen werden muß. Dabei ist weiter nichts besser zu thun, als die Packpferde alle in einen Klumpen zu bringen und sie, 8 oder 10 Pferde hoch, hinter einander zu rangiren, damit der Klumpen nicht zu groß wird. Dieses Carré ist in den Flanken, in der Fronte und im Rücken zu bedecken, und dabei müssen die Kanonen so gebraucht werden, daß sie den feindlichen leichten Truppen, die da attaquiren, Schaden zufügen, aber keinesweges ihre Schüsse gegen die Armee gehen, die vor ihnen stehet. Läßt es das Terrain<298> zu, so sucht man ordinär die Bagage hinter ein Défilé zu setzen, wo man den Truppen die Defension leichter macht.

Ziehet sich eine Armee in der Nachbarschaft vom Feinde ab, so werden die FreiBataillons hie und da bei der Arrieregarde gebraucht, um entweder ein Defile, eine Höhe zu besetzen, Büsche, auch wohl Dörfer und dergleichen; aber sobald sie sich bei dieser Gelegenheit abziehen müssen, so muß es mit einer sehr großen Geschwindigkeit geschehen, damit ihnen die feindliche Cavallerie hiebei keinen Schaden thun könne.

Ist die Armee in den Winterquartieren und die Frei-Bataillons haben die Vorposten an der Kette, so müssen sie nicht allein im höchsten Grade vigilant sein und durch Espions und dergleichen Mittel alles zu erfahren trachten, was nur der Feind macht, sondern sie müssen annoch vornehmlich auf die Verstärkung reflectiren, die der Feind gegen die Posten machen kann, die ihnen in der Nähe stehen.

Sind es Länder, wo Wälder und Berge sind, so müssen sie mit ihren Patrouillen in die Berge und in die Wälder so weit gehen, als es nur ihre Sicherheit zuläßt, und müssen darum hauptsächlich vernünftige Officiere mit den Patrouillen geschickt werden, die einen exacten Rapport von alle dem bringen, was sie gesehen und erfahren haben.

Dieses alles aber ist noch nicht genug. Denn zu ihrer eigenen Sicherheit ist es nöthig, daß auf dergleichen Postirungen sie ihre Leute immer eine Stunde vor Tages Anbruch das Gewehr in die Hand nehmen lassen, auf daß, wenn sie wider alles Vermuthen attaquiret würden, sie sich wenigstens im Stande befinden, sich so zu wehren, daß ihnen der Feind keine Schlappe anhänget, die der Reputation der Truppen nachtheilig ist.

Wodurch sich aber die Officiere am meisten bei Seiner Königlichen Majestät re-commandiren werden, bestehet darin, wenn sie selber Projecte formiren, wie sie den Feind surpreniren können; und dieses werden sie leichter als andere erfahren, well sie beständig auf den Vorposten gebraucht werden und wissen müssen, welcher Praecautiones sich der Feind in seinen Patrouillen und Positions bedient oder nicht; denn negligiret sich der Feind in seinen Patrouillen, läßt er sich durch eine gewisse Sicherheit einschläfern, so ist das eine schöne Gelegenheit, von welcher ein wachsamer Officier profitiren kann, so ein Corps, welches in einem fortificirten Orte oder sonsten wo stehet, zu surpreniren. Das Project muß auch aus der Nachlässigkeit der Feinde formirt werden. Man muß wissen, durch welche Wege man ihnen in den Rücken kommen kann, und so das Project formiren, daß ein kleines Corps Cavallerie oder was es sonsten ist, den Feind von vorn alarmirt, in währender Zeit man ihm mit der ganzen Force in den Rücken fällt und ins Dorf dringt, wobei sogleich die Cavallerie, so mitgegangen ist, so viel Gefangene als möglich zu machen suchen muß. Sobald man aber seinen Endzweck erreicht hat, so muß sich ein solches Corps ungesäumt wieder nach seinen Standquartieren abziehen und zwar durch einen andern Weg, als den es bei seinem Hinmarsche genommen hat. Geht es aber<299> auch nicht allemal an, die Dörfer und fortificirten Posten zu überfallen, so ist es doch wohl möglich, daß dergleichen bei einem Corps de garde299-1 geschiehet, welches eine Brücke besetzt hat, oder bei einer Wache, die in einem Walde hinter einem Verhaue stehet. Wenn so ein kleiner Trupp rechts und links tourniret299-2 wird und daß man ihn unvermuthet in den Rücken faßt, so ist er ohne Umstände fort.

Wenn also Officiere sind, die dergleichen Projecte machen, so müssen sie solches dem Generale anzeigen, der in der Chaine299-3 das Commando hat; sie müssen ausrechnen, wie viel Truppen zur Execution vonnöthen sind, und wenn es die Nothwendigkeit erfordert, so können sie auch durch reguläre Truppen, die eine Ecke zurückbleiben, soutenirt werden, damit sie sich auf solche repliiren299-4 können.

Aber um daß dergleichen Projecte mit Nachdruck executiret werden, so müssen diejenigen, die dergleichen vorhaben, sich eine genaue Kenntnis von dem Dorfe oder von dem Orte verschaffen, wo der Feind stehet, von den Ansialten, die er macht, von den differenten Wegen, die dahin gehen und wie man seinen Rückweg am besten nimmt, wann und wie stark der feindliche Succurs ankommen kann, wie viel Zeit man dagegen zu seiner eigenen Expedition braucht und wie die Gegend überhaupt beschaffen ist, worin man agiren will usw.; denn wenn eine eracte Kenntniß von dieser Sache fehlet, so kann ein solches Project unmöglich gut executirt werden.

Zwei Sachen können dazu behülflich sein, um sich diese Kenntnisse zu verschaffen:

1. Daß man sucht, Leute aus dem Lande zu bekommen, denen dergleichen Dinge bekannt sind. Die Schlächter und Jäger, wenn man sie kriegen kann, sind die besten unter selbigen; denn sie wissen alle Wege und Stege. Außerdem aber kann man durch die Deserteurs, die man vom Feinde kriegt, wenn man sie recht zu examiniren verstehet, oder auch wohl durch einzelne Gefangene oft Umstände erfahren, die man schwerlich auf eine andere Art würde zu erfahren kriegen können.

2. Können sie einen guten und sichern Kerl von ihrem Regimente à dessein299-5 desertiren lassen. Dieser gehet zum Feinde über, stehet sich genau um nach allem, was passiret, und kommt bei der ersten Gelegenheit wieder zurück, um getreulich Nachricht von allem zu bringen, was er observiret hat.

Diejenigen Officiere von den Frei-Bataillons, welche sich auf dergleichen Sachen legen, daß sie darin einige Geschicklichkeit erwerben, können zuverlässig versichert sein, daß ihr Avancement nothwendig darauf folgen muß.

Bei den Arrieregarden setzen Ihro Majestät noch eine Regel hinzu, nämlich daß, wenn es die Arrieregarde von einer Armee ist, sich solche so wenig als möglich mit dem Feinde in eine furieuse Action einlassen muß; denn dabei ist nichts zu gewinnen, au contraire, hält man sich zu lange auf, so ist fast immer Verlust dabei.

Ueberhaupt aber bei allem, was Posten ist, müssen die Officiere ihre Leute lehren, daß sie sich gegen den Feind zu bedecken verstehen, so viel es möglich ist und die Um<300>stände erlauben, dergestalt, daß sie zwar den Feind beschießen können, aber von ihm nicht wieder getroffen werden. So können sie sich zum Exempel bedecken hinter Bäumen, hinter Häusern von einem Dorfe, sie können in einen hohlen Weg treten, um da bedeckt herüber zu schießen, sie können sich platt auf die Erde legen, um hinter den Steinen hervor zu schießen, desgleichen sich hinter eine kleine Anhöhe stellen, über die man weg feuern kann. In Summa, die Officiere müssen auf alle Gelegenheiten und Mittel raffiniren300-1, daß ihre Leute da, wo diese sich mit Schießen wehren sollen, allemal mehr bedeckt seien, als diejenigen vom Feinde.

Ihro Majestät setzen nun einen andern Fall, daß eine Stadt attaquirt werden sollte, die mit einer Mauer umgeben ist und wo der Feind Truppen hereingeworfen hat, die Stadt zu defindiren. In diesem Falle werden freilich die Thore mit regulärer Infanterie und mit schweren Kanonen attaquirt, aber in dieser Zeit können sich die Frei-Bataillons rechts und links längs der Mauer extendiren300-2, und wo was schadhaft an der Mauer ist oder sich ein Ort zeiget, bei dem das Uebersteigen nur möglich ist, so müssen sie wie die Katzen klettern, um herüber zu kommen; denn sobald die, welche die Stadt defendiren, sehen, daß schon feindliche Truppen in der Stadt sind, so werfen sie gewiß die Gewehre nieder.

Aber um diese Sachen zu executiren, welche Seine Majestät hier vorgeschlagen haben, so müssen sie wohl studirer werden, und müssen die Officiere zum voraus durch reifliches Nachdenken sich so geschickt gemacht haben, daß sie sich von allen diesen unterschiedenen Aufträgen mit Distinction acquittiren300-3. Sie müssen sich Kenntnisse schaffen von alledem, was zu der Sache gehöret, und das Studium muß der Execution allemal vorhergegangen sein, sonsten exponiren sie sich, ohne Ueberlegung zu agiren, welches immer schändlich für einen Officier und für jeden Menschen ist.

<301>

2. Kavallerie

I. Disposition, wie sich die Officiere von der Kavallerie in einem Tressen gegen den Feind zu verhalten haben301-1
(25. Juli 1744)

Wenn es mit dem Feinde zu einer Haupt-Aclion kommen soll, so müssen die Colonnen Cavallerie, wenn sie bald an den Ort hinkommen, wo sie auswar, schiren sollen, und keine zu passirende Defiles vor sich haben, mit ganzen Escadrons marschiren.

Wenn befohlen wird aufzumarschiren, so muß mit dem rechten Flügel gleich an den Ort hinmarschiret werden, wo die Armee sich daran appuyiren301-2 soll. Die Leib, Escadrons301-3 von den Regimentern, so in dem ersten Treffen zu stehen kommen, ziehen<302> sich alle linker Hand hervor, nehmen wohl auf ihre Distance zwischen den Regimentern Acht, observiren das Alignement302-1 gut und formiren sich also so geschwinde, als es möglich ist.

Die Tête von der Colonne marschiret langsam bei dem Aufmarschiren; die Leib, Escadrons aber von den Hintersien Regimentern müssen mit einem starten Trabe vorreiten und sich formiren.

NB. Bei dem Formiren muß wohl observiret werden, daß der linke Flügel von den Escadrons nicht zu weit vorsiehe, wornach sehr wohl zu sehen, und deswegen das Alignement immer sehr nothwendig beobachtet werden muß.

Sollte es sich ereignen, daß vor dem Orte, wo die Cavallerie aufmarschiret, sich eine Anhöhe fände, so muß solche Anhöhe nothwendig von dem Flügel Cavallerie occupiret werden; denn es der größte Vortheil für die Cavallerie ist, wenn sie von der Höhe herunter attaquiren kann.

Zwischen den Escadrons des ersten Treffens soll nicht mehr als io Schritt Intervalle gegeben werden.

Das zweite Treffen bleibet 300 Schritt zurück und hält Intervallen von 60 Schritt.

Die Ordre de bataille muß so formiret sein:

Das Regiment Husaren von Zieten in Colonne auf dem rechten Flügel, zwei Escadrons in Front und fünf hinter einander. Das erste Treffen nimmt sehr enge Intervallen, das zweite Treffen 300 Schritt vom erstern mit weiten Intervallen. Diejenigen Escadrons vom zweiten Treffen aber, welche die nächsten bei der Infanterie sind, sollen 150 Schritt vorwärts hinter das erste Treffen rücken, auf daß, wenn ihnen der Feind daselbst in die Flanke kommen wollte, sie sogleich das erste Treffen secundiren und dem Feinde in die Flanke gehen können.

300 Schritt hinter dem zweiten Treffen Dragoner formiren sich die Husaren von Natzmer hinter dem linken Flügel und die vom Obersien Ruesch hinter dem rechten Flügel. Die Husaren auf den Flanken bedecken die Cuirassiere; die Husaren hinter dem zweiten Treffen decken ihnen den Rücken und geben also der Cavallerie die Sicherheit, daß sie mit nichts anderm als mit dem Feinde, der vor ihr stehet, zu thun hat. Sollte es sich zutragen, daß bei einem Flügel mehr Platz übrig wäre, um sich zu appuyiren, so soll der General, der solchen Flügel Cavallerie commandiret, befugt sein, aus dem zweiten Treffen so viele Cscadrons, als ei nöthig findet, vorzuziehen, um die Intervallen zu füllen. Wäre hingegen der Platz zu enge, so kann er, statt zwei Treffen Cavallerie, drei Linien formiren lassen; nur allein muß er immer observiren, daß das erste Treffen 10 Schritt Distance und lieber noch weniger hat, und die zwei andern Treffen sehr weite Distances haben.

Wenn die Flügel Cavallerie dergestalt formirtt sind und der Feind keine Mouve-ments machet, so sollen die Generale den König fragen lassen, ob sie attaquiren sollen.<303> Sollte aber der Feind in der Zeit die geringsten Bewegungen machen oder die Generale absehen, daß sie den Feind mit Vortheil attaquiren können, so sind sie hiermit vom Könige auctorisiret, solches ohne Anstand zu thun.

Es verbietet der König hierdurch allen Officieren von der Cavallerie bei infamer Cassation, sich ihr Tage in keiner Action vom Feinde attaquiren zu lassen, sondern die Preußen sollen allemal den Feind attaquiren.

Wenn der General befiehlt zu attaquiren, so ebranlirt sich303-1 die Linie im Schritt, fällt in Trab und, wenn sie 200 Schritt vom Feinde ist, soll sie den Pferden die Zügel völlig abandonniren und hineinjagen. Der Einbruch muß mit ganzer Gewalt und Geschrei geschehen, dabei aber die Ordre de bataille in ihrer Ordnung unveränderlich conserviret werden, daß die drei Treffen jederzeit 300 Schritt auseinander bleiben und die Husaren auf den Flanken.

Es ist nicht zu vermuthen, daß der Feind solche Attaque ausdauern wird, sondern eher zu präsumiren, daß derselbe sich auf sein zweites Treffen culbutiren303-2 werde. Es muß also die Attaque auf das zweite Treffen sonder Anhalten continuiren.

Wenn beide Treffen des Feindes völlig über den Haufen geworfen sind, so soll das erste Glied vom ersten Treffen ausfallen und nachhauen, imgleichen die Husaren von den Flanken, welche nebst den Cuirassieren den flüchtigen Feind verfolgen sollen, sodaß die Escadrons nicht über 200 Schritt hinter ihren ausgefallenen Leuten geschlossen und in guter Ordnung bleiben.

NB. Bei dem Verfolgen des Feindes müssen die Cuirassiere sowohl als die Husaren dem Feinde nicht die Zeit geben, wieder zusammen zu kommen, sondern ihn so weit verfolgen, als wo ein Defile oder dunkler Wald oder dergleichen ist, da denn der Feind einen enormen Schaden dabei haben muß.

Wenn der Feind auseinander kommt, so müssen diejenigen, so ihn verfolgen, immer suchen, die vordersten einzuholen, indem die letztern doch allemal ihre bleiben303-3, und wenn sie die Tête vom flüchtigen Feinde gewinnen, so sind die andern so ihre. So viel wie möglich ist, sollen sie währender Action vom Feinde, so viel als es sich nur thun lassen will, niederhauen oder niederschießen und allererst Gefangene machen, wenn bald alles vorbei ist.

Das zweite Treffen, wenn es sieht, daß beide Linien vom Feinde geschlagen sind, so soll es sich mit einigen von den nächsten Escadrons auf die Infanterie des Feindes schwenken und beide Linien der feindlichen Infanterie zugleich in der Flanke attaquiren und einbrechen.

Der König befiehlt auch hierdurch an alle Commandeurs der Escadrons, daß ein jeder von ihnen nach der ersten Attaque für sich agiren soll, zu sagen, sobald sie in der Nielse gewesen sind, so muß derjenige, so sein Corps zuerst geschlossen hat, ohne seinen Camerad abzuwarten, dem Feinde auf den Hals gehen, indem es ge<304>schehen kann, daß Generale in den Attaquen bleiben oder deren Pferde todt geschossen werden, und es alsdann die Schuldigkeit der Stabs-Officiere ist, sofort für sich zu agiren und sich nicht, weder nach dem rechten Flügel, noch nach dem linken Flügel zu richten; nur sollen sie alle mit einander die General-Regel observiren, daß sie niemalen das erste Glied ausfallen lassen sollen, bis daß die zwei Treffen des Feindes culbutiret sind, derowegen denn der gemeine Mann hiernach wohl instruirt werden muß. Seine Königliche Majestät erinnern hierbei noch, daß die Commandeurs der Escadrons währender Action Höchstderoselben Ordres wohl observiren und sich niemalen, es sei nach dem ersten oder nach dem zweiten Choc, von dem hier oder da rallirten304-1 Feinde attaquiren lassen sollen, sondern in der Action nach der erstern Attaque soll ein jeder Commandeur von den Regimentern oder Escadrons auctorisiret sein, dem Feinde, wo er sieht, daß er sich versammeln will, auf den Hals zu gehen, um ihn zu verhindern, sich wieder ordentlich zu setzen und zu formiren.

Die Generale, so bei dem zweiten Treffen eingetheilet sind, müssen große Attention auf unser erstes Treffen haben, auf daß, wenn wider alles Vermuthen hier oder da eine Escadron des ersten Treffens vom Feinde repussiret werden sollte, das zweite Treffen immer im Stande sei, solche Escadrons zu souteniren und den Feind wieder zurückzujagen.

Wenn die beiden Treffen des Feindes geschlagen sind, so müssen die Generale vom zweiten Treffen sich in ihrer Attention nicht negligiren, indem der Feind noch seine Reserve zur Disposition behält, mit welcher er dem Flügel, so zum nächsten an der Infanterie ist, leicht in die Flanke kommen könnte. Um nun solches zu verhindern, so sind die drei oder vier Escadrons Dragoner bis 150 Schritt gegen das erste Treffen zu vorgerückt, so daß sie es debordiren304-2. Diese Dragoner sind allemal im Stande, die Reserve des Feindes, wenn solche dem ersten Treffen in die Flanke fallen wollte, wieder wegzujagen und zu repoussiren, und kann der General des zweiten Treffens der feindlichen Reserve alsdann selbst in die Flanke kommen.

Wenn die Infanterie des Feindes geschlagen ist und aus einander läuft, so müssen die Dragoner und Husaren, welche sie verfolgen, eben so wie oben bei der Cavallerie gedacht worden, die Tête von dem flüchtigen Feinde gewinnen und vorerst so viel, als in ihren Kräften ist, niederhauen oder niederschießen, nachdem aber ihnen zurufen, das Gewehr niederzuwerfen, alsdann Gefangene machen, inmittelst den Feind immer verfolgen, so viel wie sie nur können, bis die Armee nachkommt.

Die Husaren müssen den Feind noch die Nacht nach der Action immer alarmiren, wodurch sie demselben, absonderlich wenn er an Büschen stehet, ebensoviel Schaden als bei der Action thun können, und wenn bei solchen Umständen die ganze preußische Armee nachmarschiret, so muß der Feind seine Flucht weiter fortsetzen und einen unendlichen Verlust dabei haben.

<305>

Nach allem Verfolgen und wenn die Armee wiederum stehen bleibet, so muß die Hauptbemühung der Rittmeister sein, ihre Pferde wieder zusammenzubringen und wiederum Leute herbei zu schaffen, um sich, so viel als es sich nur thun lassen will, wieder complet zu machen.

NB. Vor der Action muß den Reitern gesagt werden, daß unsere Husaren ihnen die Flanken und den Rücken bedecken, damit, wenn etwa hinter ihnen ein Geschieße sein sollte, sie sich nicht daran kehren sollen; auch müssen sie wissen, daß, wenn sie blessiret werden oder ihnen die Pferde stürzen, sie nur nach der Infanterie gehen und sich bei solcher anschließen, auch mitfeuern können, wo sie sicher sind.

<306>

II. Aus der Instruction für die Generalmajors von der Kavallerie306-1
(14. August 1748)

Was bei den Bataillen zu observiren

So viele differente Terrains sich finden, so viele sind auch differente Bataillen; es ist also ohnmöglich voraus zu sagen, was bei einer jeden Bataille vorkommen kann. Ich attachire Mich demnach hierunter nur an die General-Regeln, um solche nebst meinen Ordres den Generalen zu imprimiren; bei differenten Vorfallenheiten kommt es auf die Habileté und Pr´sence d'esprit306-2 eines jeden Generals an.

Bei allen Bataillen im fteien Felde muß die Cavallerie gleich auf den Feind losgehen und ihn attaquiren; dieses ist eine Hauptregel und Mein ernstlichster Befehl. Dieserwegen wird eben auf das geschwinde Formiren der Armee so sehr gehalten, damit man immer eher fertig sei wie der Feind, und daß man von solchem nicht surpreniret werden könne. Ist unsere Cavallerie formiret und die feindliche sodann noch mit Aufmarschiren beschäftiget, so haben unsere Leute nur halbe Arbeit, wenn sie in solcher Bewegung attaquiren.

<307>

Die Attaque von der Cavallerie geschiehet zuerst im Trabe, darnach im Galopp und dann in voller Carriere. Hierbei muß wohl und als eine Sache, die sehr wichtig bei der Attaque ist, observiret werden, daß die ganze Linie mit gestimmter Macht dem Feinde auf einmal auf den Hals falle, und nicht truppweise oder ein Regiment nach dem andern. Um solches zu bewerkstelligen, so müssen die Commandeurs der Escadrons zugleich antraben, zugleich in Galopp fallen, auch die ganze Linie zugleich an den Feind heranjagen. Wenn dergestalt die große Mauer geschlossen und mit Impetuosität307-1 auf einmal an den Feind herankommet, so kann ihr ohnmöglich etwas Widerstand thun. Sollte etwa im ersten Treffen eine Cscadron, es sei wegen eines Grabens oder dergleichen, in Confusion gekommen sein, so muß sofort die nächste Escadron vom zweiten Treffen hereinrücken; sollte es auch etwa an einem oder anderem Orte des ersten Treffens schwer halten, so muß das zweite Tressen, sonder Befehl noch Ordre dazu zu erwarten, sogleich secundiren. Wenn die erste Attaque vorbei ist, so muß ein jeder General mit seiner Brigade, auch wohl ein jeder Rittmeister mit seiner Cscadron das, was von dem Feinde noch vor ihm hält, attaquiren und wegjagen; die Escadrons sowohl als die Regimenter müssen sich einander getreulichst beistehen und secundiren, bis sie den Feind völlig in die Flucht haben.

Wenn die feindliche Cavallerie bis über das nächste Defile getrieben worden ist, alsdann gebühret der Cavallerie, zwei Sachen zu thun, nämlich, daß etwas von ihr detachiret werden muß, damit die feindliche Cavallerie nicht wieder zurückkommen darf, und daß das Uebrige sodann sich der feindlichen Infanterie in den Rücken setze, um ihr die Retraite abzuschneiden. Will man auch des Feindes Infanterie in die Flanke und in das zweite Treffen fallen, so ist solches sehr gut; nur muß alsdann ein Officier nach unserer Infanterie geschicket werden, damit solche davon avertiret werde und nicht auf die Infanterie vom Feinde schieße, wenn unsere Cavallerie solche attaquiren will, als wodurch unsere Cavallerie sonst leicht in Confusion gebracht werden könnte.

Wenn man eine Bataille in bergigen und difficilen Gegenden hat, so ist es nicht möglich, daß die große Attaque zugleich geschehen kann, sondern es muß alsdann ein jeder General das Beste bei seiner Brigade thun, denn das Terrain ist an solchen Orten sehr unterschiedlich, und wenn da nicht ein jeder General sein Terrain zu judiciren und von der geringsten Gelegenheit, welche sich äußert, zu Profitiren weiß, so kann es nicht gut gehen. Wo Gräben sind, da schreiet der Commandeur der Escadron: Graben! Alsdann setzet das erste Glied herüber, das zweite und dritte Glied öffnen sich und setzen geöffnet herüber, schließen aber sodann gleich wieder auf das erste Glied; alsdann die Attaque prosequiret307-2 wird.

Bei dergleichen Affairen müssen die Generale sowohl vor- als seitwärts sehen, um ihre Nachbaren bei Zeiten zu secundiren, jedoch müssen sie den Feind so scharf und<308> so frisch attaquiren, als es nur immer möglich ist. Attaquiren sie stark und geschlossen, so können sich die Escadrons nicht meliren und ist also zu vermuthen, daß der Feind sonder großen Widerstand zum Weichen gezwungen werden wird; attaquiren sie aber nicht recht geschlossen, so können sich die Escadrons meliren, und alsdann decidiret308-1 der gemeine Mann die Sache. Weil dieses aber journalier308-2 ist, so müssen die Escadrons so geschlossen attaquiren, als es sich nur immer thun lässet, weshalb das erste Treffen fast ohne Intervallen bleiben muß, damit der Feind von keiner Flanke einer Escadron profitiren möge.

Wenn die ganze feindliche Cavallerie dergestalt weggesprenget ist, alsdann kann an die feindliche Infanterie gedacht werden, auf die Art, wie schon vorhin erwähnet worden ist. Ich erinnere nur dieses noch dabei, daß die Attaque auf die Flanke der beiden feindlichen Treffen die sicherste und kürzeste ist, indem sodann die Linien wie ein Kartenhaus übern Haufen gehen.

Bei gewissen Gelegenheiten, wenn Posten308-3 oder retranchirte308-4 attaquiret werden müssen, so kommt die Cavallerie in das zweite oder dritte Treffen; alsdann kann sie nicht eher gebrauchet werden, bis die Infanterie den Posten gewonnen hat. Ist die feindliche Infanterie geschlagen, so pfleget alsdann in solchen Gelegenheiten die feindliche Cavallerie erstere gern bedecken zu wollen, wo wieder unsererseits sodann die Cavallerie durch die Lücken der Infanterie gezogen werden muß. Wenn nun feindliche Cavallerie gegen sie stehet, so müssen sich die Brigaden erst ordentlich formiren, bevor sie darauf losgehen; wäre es aber, wie es auch öfters in Bataillen zu arriviren pfleget, daß die feindliche Infanterie allein da wäre, so kann die Cavallerie selbige ohne alle Complimente attaquiren, so wie das Baireuthsche Regiment bei Hohenfriedeberg davon ein Exempel gegeben hat308-5. Die Attaquen von der Cavallerie sind bei dergleichen Gelegenheiten ganz sicher; wenn die feindliche Infanterie zu kräuseln anfängt, alsdann darf die Cavallerie nur gerade darauf zu jagen, sich so viel wie möglich ausbreiten und die Tête der Flüchtlinge gewinnen, wodurch sodann alles, was zwischen unserer Infanterie und Cavallerie sich befindet, gewiß unser ist.

Die Cavallerie muß niemals zu nahe an große Wälder verfolgen, auch nicht über Defiles gehen, wohl aber bis ganz dicht an das Défilé poussiren308-6.

Von den Detachements

Ein General von der Cavallerie, der ein Detachement commandiren will, muß nicht allein den Dienst der Cavallerie, sondern auch den von der Infanterie verstehen, und vice versa308-7

<309>

Es werden dannenhero diejenigen Generale sich bei Mir am meisten recommandiren, welche sich auf den einen Dienst sowohl, als auf den andern appliciren. Es werden besondere Qualitäten von demjenigen erfordert, welcher das Commando über ein Detachement führen will; ein solcher General muß

1. sich aller Nahrungssorgen wegen seines unterhabenden Detachements annehmen, sie mögen Namen haben, wie sie wollen, und seine Anstalten so gut machen, daß seinem Corps nichts, was nur möglich ist, abgehe. Das Corps, es mag nun Infanterie oder Cavallerie sein, ist dem Generale so aufgetragen, als wie sein eigenes Regiment; folglich ist er für dessen Conservation, guten Stand, Ordnung und Nachlebung der Ordres schlechterdings eben so responsable, als wie er solches für sein eigenes Regiment sein muß; derowegen er sich gegen die Officiere die Auctorität, so ihm zukommt, geben und dahin sehen muß, daß alles, was die gute Ordnung erfordert, mit der äußersten Accuratesse beobachtet werden müsse, daß die Pferde von der Cavallerie in gutem Stande seien und daß die Infanterie nicht verloddern müsse, daß das Corps gut genähret werde, daß keine Desertion einreiße und in summa, daß alles und jedes observiret werde, was das Reglement und des Königs Ordres mit sich bringen.

Die Connaissance vom Lande ist der zweite Artikel, welchen ein solcher General wohl inne haben muß, und ist dieser Artikel ihm eben so important als die vorgemeldeten Qualitäten; denn die mehresten Detachements geschehen entweder, um Convois zu decken, oder aber dem Feinde in seinen Mouvements, Convois und Fouragirungen hinderlich zu sein309-1...

Bei allen dergleichen Expeditionen und überhaupt bei allem, was die KriegsOperationes angehet, wird das Secret und die Verschwiegenheit auf das alleräußerste recommandiret; denn wenn der Feind von demjenigen Nachricht bekommen sollte, was man auf ihn intendiret309-2 so muß der Coup ganz gewiß fehlschlagen. Ueberhaupt aber wäre es sehr schlecht und verächtlich, wenn es unter Meinen Generalen dergleichen Personen geben sollte, die nicht mehr als Weiber schweigen könnten.

Übrigens recommandire Ich den Generalen vor allen Dingen, daß sie jederzeit die Infanterie sowohl als die Cavallerie so gebrauchen sollen, wie es ihr Dienst ist, gebrauchet zu werden309-3; ferner, daß wenn Marches geschehen, Arrieregarden gemachet, Escorten und Partien309-4 geschicket werden, sie alsdann die Cavallerie allemal so stellen sollen, daß dieselbe Terrain hat, ihre Attaques zu machen. Die Infanterie hergegen kann gebrauchet werden, wie man will, nur verbiete Ich auf das allerernstlichste, daß solche niemals in Häuser gesteckt werde, als woraus nichts anders<310> wie Unglück erfolgen kann. Dieselbe hinter Zäune zu legen, solches gehet an; doch muß man alsdann solche Wege machen, damit es hinten offen sei und daß man ihr leicht Succurs schicken könne. Im Uebrigen ist das Genie von unsern Soldaten, zu attaquiren, es ist solches auch schon ganz recht; sollte es aber nicht möglich sein, zu attaquiren, und hätte man von einer größern Uebermacht des Feindes was zu besorgen, so ist es besser, daß man sich bei Zeiten ab- und zurückziehe...

Die Generale müssen im Felde sowohl, als bei allen andern Gelegenheiten darauf halten und ein wachsames Auge haben, daß nicht so viele Montirungs-Stücke liederlicherweise verquisiet werden und verloren gehen. Nach der Erfahrung, so Ich von den vorigen Zeiten gehabt habe, ist es schändlich gewesen, zu sehen, was für eine Menge von Sätteln, Halftern, Pistolen und Schabracken verloren gegangen sind. Wenn Meine Generale von der Kavallerie darauf nur einige Attention gehabt hätten, so würden sie selbst gefunden haben, daß es eine wahre Unmöglichkeit, so viel von dergleichen Sachen wiederum anzuschaffen, als davon mehrentheils leichtsinnigerweise verloren gegangen ist; dahero Ich ihnen mehrere Attention darauf zu haben, als bisher geschehen ist, bestens recommandire.

Uebrigens ist Meine Methode, den Cuirassieren, so viel nur immer möglich ist, des Winters Ruhe zu geben, weil alsdann die Pferde gut ausgefüttert, die jungen Leute und Recruten aber, wie auch die jungen Pferde, aut dressiret werden müssen...

<311>

III. Instruktion für die Generalmajore der Kavallerie
(16. März 1759)

Obgleich die Generalmajore der Kavallerie schon eine Instruktion311-1 haben, halte ich es doch für gut, einiges hinzuzufügen, damit sie sich für den bevorstehenden Feldzug ins Gedächtnis rufen, was ich von ihnen verlange.

Haben die Generalmajore der Kavallerie im Lager den Tagesdienst, so sollen sie darauf sehen, daß die Lagerwachen bei Tagesanbruch abgelöst werden und daß die Patrouillen von einer Feldwache zur andern richtig gehen, daß des Morgens regelmäßig patrouilliert wird und daß die Tagesposten keinen Pferdeknecht der Armee außerhalb der Postenkette grasen lassen. Sie müssen ihre Posten von Zeit zu Zeit inspizieren und dafür sorgen, daß sie wachsam sind, besonders bei Nacht. Im Lager müssen sie darauf halten, daß alle an die Brigaden erteilten Befehle pünktlich ausgeführt werden, daß die Kavallerie nicht zur Tränke reitet, ohne daß Offiziere mitkommen, daß kein Offizier ins Lazarett geht, wenn er nicht wirklich krank ist, daß kein Regiment Zelte in der Kompagniegasse aufschlägt, wie es das Regiment Kyau bei Görlitz tat. Finde ich dergleichen, so werde ich mich nicht an die Regimentskommandeure, sondern an die Brigadegenerale halten und sie dafür verantwortlich machen.

Bei Fouragierungen in der Nähe des Feindes müssen sie streng darauf halten, daß nicht geplündert wird. Die Leute sollen Fourage machen, aber keine Enten und Gänse in ihre Bunde stecken. Darum soll jeder Kommandeur die Bunde in seiner Gegenwart aufbinden lassen und die Leute, die geplündert haben, streng bestrafen.

Auf den Märschen müssen sie darauf halten, daß die Pferde in flottem Schritt gehen und nicht kriechen, wie es bei den Regimentern Brauch ist, und daß alles dicht aufeinander bleibt, Schwadron an Schwadron, Regiment an Regiment, Brigade an Brigade. Sind Defileen zu passieren, so müssen die Generale dafür sorgen, daß die Brigaden schnell hindurchrücken und daß keine Zänkereien unter den Regimentern entstehen, sondern daß alles so rasch wie möglich geschieht. Nachzügler dürfen nicht geduldet werden. Kein Mann darf aus Reih und Glied reiten, noch sich gar in den Dörfern antreffen lassen.<312> Kavallerie

Sind sie bei der Avantgarde, so müssen sie die Husaren unterstützen. In solchen Fällen müssen sie, wie ich oft betont habe, große Abstände nehmen, den Husaren die Flanken decken, wenn nötig, 300 Schritt hinter ihnen bleiben und, wenn diese zurückgeworfen werden, mit ein, zwei oder drei Schwadronen vorrücken und den Feind verjagen. Vor allem muß man auf die Flügel gut achtgeben und sie decken.

Bei der Arrieregarde muß ebenso verfahren werden, ohne daß man sich mit dem Feinde zu oft einläßt und ohne daß der Rückzug dadurch unterbrochen wird. Hier kommt es auf möglichst rasches Passieren der Defileen an, wenn nötig im Trabe. Jedenfalls muß man auf der andren Seite gleich wieder aufmarschieren und dabei weiterrücken. Auch in der Ebene kann man ebenso verfahren. Ist der Feind zu keck, so muß man ihn zurücktreiben, ohne jedoch alle Truppen einzusetzen. Die Generale müssen immer ein paar Schwadronen in Reserve halten, und wäre es nur eine einzige. Gehölzen dürfen sie nicht zu nahe kommen, da diese von Panduren und andren feindlichen Truppen besetzt sein können. Stoßen sie aber auf feindliche Kavallerie, die nicht von Infanterie unterstützt wird, so werden sie leicht mit ihr fettig werden. Stets sollen sie ihre Leute zusammenhalten und das Auseinanderschwärmen verhindern. Bei der Verfolgung selbst müssen sie stets einen Unterstützungstrupp haben, auf den sich die andren zurückziehen können.

Bei den Schlachten ist zwischen Infanterie und Kavalleriegefechten zu unterscheiden. Infanteriegefechte sind die Angriffe auf Dörfer, Berge und feste Stellungen. Dabei kann man die Kavallerie nicht flügelweise, sondern nur treffenweist verwenden. Daher wird die Kavallerie insgemein ins dritte Treffen gestellt und darf erst eingesetzt werden, wenn die Infanterie schon einen Teil der feindlichen Stellung durchbrochen hat. Dann kann man ein bis zwei Kavallerieregimenter vorgehen lassen. In solchen Fällen muß der General seine Brigade rasch gegen die Stelle führen, wo er einbrechen soll, und in Schwadronskolonnen attackieren312-1, um die Verwirrung des Feindes auszunutzen, wie es bei Roßbach die Regimenter Gardes du Corps, Gensdarmes und Seydlitz, bei Zorndorf der Kavallerieflügel des Generals Seydlitz und bei Hochkirch das Regiment Gensdarmes312-2 machten. In solchem Fall ist es einerlei, ob die Leute auseinanderkommen. Die Generale haben nur darauf zu achten, daß sie, wenn der Feind geschlossene Kavallerie hinter der Infanterie hat, nicht zu weit von ihrer eignen Infanterie abkommen. Denn in dem Maße, wie unsre Infanterie die feindliche aus dem Felde schlägt, verfolgt und völlig auseinandersprengt, exponieren sie sich, wenn sie ihr zu weit nachfolgen. Dabei ist vielerlei zu berücksichtigen. Sehen sie z. B. neben der zersprengten Infanterie noch geschlossene Infanterie stehen, so sollen sie diese dreist angreifen, wenn sie ihr in den Rücken fallen können. Das sind immer die sichersten Attacken für die Kavallerie; denn sie setzt<313> dabei nichts aufs Spiel. Dergleichen muß aber mit der größten Geschwindigkeit geschehen, damit der Feind gar keine Zeit hat, den Stoß zu parieren.

Bei Schlachten in der Ebene, wo die Kavallerie in Schlachtordnung aufgestellt ist, muß jeder Generalmajor vor seiner Brigade bleiben. Nur die Generalleutnants, denen ich das verboten habe, dürfen nicht mitattackieren, da sie bei einreißender Unordnung eingreifen und dafür sorgen müssen, daß das zweite Treffen die Attacken erforderlichenfalls unterstützt.

Bei solchen Attacken ist die Hauptsache, daß die Flügel gut angelehnt sind, daß das zweite Treffen das erste im Auge behält, daß die Regimenter stets geschlossen bleiben und daß die Karriere immer stärker wird, je näher man dem Feinde kommt. Dann entsteht gar kein Durcheinander. Ist der Feind geworfen, so müssen sie auf ihre Flankensicherung achten, insbesondere beim zweiten Treffen.

Im übrigen haben die Generale dafür zu sorgen, daß die Pferde ihrer Brigaden gut gepflegt werden, und die Offiziere und alles andere in guter Ordnung zu halten. Wenn einer etwas versieht, so müssen sie ihn in Arrest setzen und streng bestrafen. Ein Offizier, der es an Mut fehlen läßt, muß fortgejagt werden.

Da die Regimenter in diesem Jahre im besten Stande sind, so müssen sie im nächsten Feldzuge alles daransetzen, um sich ebenso gute Reputation zu erwerben wie im letzten Jahre.

<314>

IV. Aus der Instruction für die Kommandeurs der Kavallerie-Regimenter314-1
(11. Mai 1763)

Bon der Disciplin und Mannszucht der Gemeinen

Die Disciplin muß in allen Stücken nach der im achten Theile des Reglements, Tit. IV., ertheilten Vorschrift auf das genaueste beobachtet werden. Derjenige Unter-Officier oder Gemeine, so dagegen handelt, muß nach Beschaffenheit des Fehlers hart bestraft werden.

Sollte der gemeine Mann raisonniren, es sei in oder außer Dienst, unter oder sonder Gewehr, so muß sogleich Standrecht über selbigen gehalten und er mit zwölfmaligem Gassenlaufen bestraft werden, weil dergleichen kurze Prozesse bei dem gemeinen Manne sehr viel Impression machen. Ueberhaupt muß der gemeine Soldat vor dem Officiere mehr Furcht als vor dem Feinde haben.

Sollte sich ein Gemeiner gegen einen Unter-Officier opponiren, so muß sogleich Standrecht über ihn gehalten und er zu zwanzigmaligem Spießruthenlaufen condemniret werden; opponirt sich aber ein Gemeiner gegen einen Officier, so muß sogleich Kriegsrecht über ihn gehalten und er arquebusiret314-2 werden. Ist es, daß ein Gemeiner einen Unter-Officier ums Leben bringt, so muß er lebendig gerädert werden.

Wenn sich einige Spitzbuben unter den Regimentern finden lassen sollten, die nicht allein selbst stehlen, sondern auch andere dazu anführen, so müssen selbige laut Reglements bestraft und überdem noch zum ewigen Festungs-Arreste condemniret werden.

Die kleinen Spitzbübereien sind laut Reglements zu bestrafen, und wenn sich Canaillen bei den Regimentern finden sollten, die dergleichen Filouteries tentirten314-3, so muß ihnen ein S auf die Hand gebrannt und sie weggejaget werden, damit sich dergleichen Gesindel nicht einnistele.

<315>

Von der donciuite, Zucht und Aufsicht der Officiere

Well Seine Königliche Majestät ein nobles und respectables Corps Officiere in der Armee haben wollen, so müssen sämmtliche Officiere zu einer sehr guten Conduite angehalten werden, keine niederträchtige Streiche, als Schulden machen und nicht bezahlen, oder gar die Leute darum zu betrügen suchen wollen, sich dem Soffe ergeben, eine schlechte Conduite führen und dergleichen Sachen mehr, so einem Officiere unanständig sind, nicht ausgeübet noch von den Commandeurs der Regimenter geduldet werden. Hauptsächlich wird das Spielen bei den Regimentern auf das schärfste verboten. Diejenigen Officiere, so eine equivoque Reputation während des Krieges gehabt, oder die durch niederträchtige Conduite ihren Umgang mit geringen Leuten gehabt, die dem Soffe ergeben sind, Spieler von Profession und dergleichen schlechte und übel conduisirte Officiere müssen von den Regimentern geschafft und dergleichen niemalen wieder dabei geduldet werden.

Hauptsächlich müssen die Commandeurs darauf sehen, sich ein nobles Corps guter und ansehnlicher Officiere zu formiren, und sollten sich Edelleute aus fremden Landen finden, die Verstand, Ambition und eine wahre Lust zum Dienst bezeigen, so können solche Seiner Königlichen Majestät zu Officieren in Vorschlag gebracht werden.

Was Iugendfehler oder Fehler, so von Leuten aus Dummheit und nicht sausamer Ueberlegung geschehen, betrifft, so muß man solche anfänglich nicht mit der größten Rigueur bestrafen, sondern wenn es Leute von Ambition sind, so ist die Correction von einem Stabs-Officiere und der Arrest von einigen Tagen suffisant, dergleichen junge Leute zu corrigiren.

Weil aber nicht alle Leute gleiche Talente haben, so müssen diejenigen, welche die wenigste Einsicht und nicht die genugsame Ambition besitzen, zum kleinen Dienste, als Visitirung der Quartiere, Aufsicht über die Menage, Fütterung und Reinhaltung der Pferde, Dressirung und Ausarbeitung der Leute und dergleichen zum kleinen Dienste gehörigen Sachen angehalten werden, damit sie doch einigermaßen bei den Regimentern zu gebrauchen sind. Diejenigen aber, so am meisten Verstand und Ambition besitzen, die sie dringet, sich von ihrem Métier besser als andere zu acquittiren, die keine Faulheit noch Schläftigteit spüren lassen, deren Conduite gut und vernünftig ist, und die sich mit Lust zu allen Stücken ihres Métier appliciren, solche müssen nicht allein die Visitirung der Quartiere, Aufsicht über die Menage, Fütterung und Striegeln der Pferde und alle obbenannte Stücke des kleinen Dienstes verstehen und thun, sondern sich auch die Landkarten von den Provinzen und von ganz Deutschland bekannt machen, um dadurch eine genaue Kenntniß der Länder und deren Beschaffenheit zu erlangen, alle Festungen, Haupt- und andere kleine Städte, Flüsse, bergige Terrains, Plainen, Waldungen und Wege sich so viel als<316> möglich bekannt machen316-1, indem während dieses letzteren Krieges verschiedene Exempel vorgekommen, daß die Cavallerie in fremden Provinzen und auf allen Seiten ist gebraucht worden, da alsdann den Officieren von den Ländern, wohin sie geschickt werden, eine General-Idee unumgänglich nöthig ist. Imgleichen müssen auch die Officiere sich das Terrain um ihre Garnisonen besser bekannt machen, und können ihnen die Commandeurs der Regimenter und die Commandanten in den Städten oder Garnisonen dazu auf einen Tag Urlaub geben, damit sie das Terrain auf 5 Meilen um die Garnison herum sich genau bekannt machen können, zu sagen alle Wege, Stege, Flüsse, Moräste, Wälder, Berge und Plainen.

Da die französische Sprache anjetzo unentbehrlich ist, und der, so sich darauf befieißiget, in Holland, England, Italien, Polen, Rußland und allerwärts fortkommen kann, wenn er auch gleich die National-Sprache nicht verstehet, so recommandiren Seine Königliche Majestät solche den Officieren sehr, damit sich selbige und auch die jungen Edelleute, wo sie Gelegenheit haben, solche zu erlernen befleißigen sollen. Die Officiere bei den schlesischen und preußischen Regimentern können sich auch, wo nicht alle, doch einige, auf die Erlernung der polnischen Sprache legen.

Die Commandeurs der Regimenter müssen hauptsächlich mit darauf sehen, daß die Junker nicht zu viel Umgang mit dem gemeinen Manne, außer was im Dienst erfordert wird, haben, indem dergleichen Umgang solchen jungen Leuten, wenn sie etwas höheres werden, immer anklebet.

Der Unterschied zwischen Cuirassieren, Dragonern und Husaren bestehet vornehmlich in den Pferden, indem während der Zeit, da die Husaren in den Armeen stark zugenommen, man gegen solche nothwendig leichte Pferde hat gebrauchen müssen. Weil die schweren Cavallerie-Pferde beim Patrouilliren und Recognosciren nicht zu gebrauchen sind, so verursachet dieses, daß man die Cuirassiere nicht anders als zu Feldwachen, zum Soutien der Avant- und Arrieregarden bei der Armee gebrauchen kann, und also die Officiere von den Cuirassier-Regimentern von dem kleinen Kriege, den die leichten Truppen exerciren, keine rechte Expérience haben; so sollen sie, um Idées vom Patrouilliren, Recognosciren, von jedem Terrain zu profitiren, sich von dem Feinde ab- und durch Defiles mit weniger Verlust zu ziehen, die Disœ position zu Embuscaden316-2, Ueberfälle zu machen, und allerlei dergleichen Manœuvres, so zum kleinen Kriege vorkommen, zu erlernen sich äußerst angelegen sein lassen; und um diese Inconvenienz zu suppliren316-3, so befehlen Seine Königliche Majestät, daß alle Jahre zu der Zeit, da die Husaren-Regimenter zusammen sind, die muntersten und verständigsten Officiere, so die meiste Ambition haben, noch was zu lernen und Generale zu werden, vom Stabs-Officier bis zum Cornet, bei den Husaren geschickt werden sollen, um daselbst von dergleichen Manœuvres informirt zu werden. Zu dem Ende befehlen Seine Königliche Majestät, daß die Officiere von den schlesischen<317> Regimentern zum General-Lieutenant von Werner317-1, die magdeburgischen, märkischen, pommerschen zum Regiment Zielen, und die preußischen zum Regiment von Lossow geschickt werden sollen. Nur muß man die Officiere von den Cuirassieren und Dragonern hiebei noch erinnern, daß hauptsächlich in der Application von HusarenManœuvres für Cuirassiere und Dragoner wohl zu odserviren ist, daß sie niemals ihre Plänker weiter als 150 Schritt von ihrem Trupp ablassen, weil sonst selbige wegen der schweren Pferde von dem Feinde enleviret und von den Trupps nicht souteniret werden können. Was aber die Cuirassiere und Dragoner den leichten Truppen ganz und gar nachmachen können, ist, daß ein Trupp den andern zu souteniren und die Flanken zu decken weiß, wie dergleichen Manoeuvres bei den Husaren üblich sind.

Seine Königliche Majestät werden zu Revue-Zeiten sich genau bei den Regimentern nach den Osficieren erkundigen, die sich am meisten sowohl hierauf, als auch auf Erlernung der vorhin angefühtten, einem Officiere zu erlernen unentbehrlichen Wissenschaften befleißiget haben. Diejenigen, deren Application gut ist, die die wahre Ambition besitzen, noch Generale zu werden, haben sich alsdann Gnadenbezeigungen und Avancement zu versprechen.

Im übrigen declariren Seine Königliche Majestät hiebei, daß es bei dem Avancement in der Tour bis inclusive zum Oberst-Lieutenant bleiben soll317-2, wofern nicht hin und wieder Officiere durch ihre üble Conduite Ursache geben, oder andere Fehler Schuld daran, daß ihnen jüngere vorgezogen werden.

Kein Chef oder Commandeur eines Regiments muß einem Officiere länger als auf einen Tag Urlaub geben, sondern es muß wegen eines längein Urlaubes erst bei Seiner Königlichen Majestät angefraget werden. Sind aber die CommissairesInspecteurs317-3 in den Provinzen, so können selbige für sich den Officieren auf drei bis vier Tage Urlaub geben.

<318>

V. Instruction für die Inspekteurs der Kavallerie318-1
(20. Juli 1779)

Seine königliche Majestät haben in der letztgemachten Campagne318-2 bei der Caoallerie einige Fehler observiret, die nothwendig corrigirt werden müssen und wovon die General-Puncte folgende sind:

1. die Fouragirung und

2. die Vorsorge für die Pferde.

1. Bei der Fouragirung kommt es vorzüglich darauf an, daß so viel möglich die im Felde stehende Fourage menagiret, nicht von den Pferden zertreten oder unnützerweise zu Nichte gemacht wird.

2. Daß niemals anderswo als an den wirklich angewiesenen Orten fouragiret werde; und sollte es sich hiebei ereignen, daß ein oder anderes Regiment bei dergleichen Anweisung nicht genügsame Fourage erhalten, wie sich solches bei einigen Gelegenheiten zugetragen hat, so wird dieses dadurch abgeändert, daß es sogleich Seiner Königlichen Majestät oder dem commandirenden Generale gemeldet werden soll, damit demjenigen Regimente, welchem Fourage fehlet, ein anderes Stück Feld angewiesen werden kann. Wenn im Felde nicht genugsame Fourage gewesen, so hat gewöhnlich die Schuld an den Officieren und Unter-Officieren gelegen, die zur Fouragirung mit commandiret waren, als welche nicht genugsame Attentian bezeigten noch Acht hatten, daß die Fomagir-Bunde groß genug gemacht und ordentlich auf so viel Tage, als befohlen worden, fouragirt worden.

Dieser Fehler hat sich vornehmlich bei einigen Dragoner-Regimentern gesunden, bei den Husaren aber besonders darin gezeiget, daß sie ihre Packte oder FouragirBunde nicht groß genug machen, um auf drei Tage mit benöthigter Fourage genugsam versehen zu sein. Der zweite Fehler beruhet lediglich auf der Négligence der Officiere und bestehet darin, daß die Officiere aus strafbarer Négligence keine Achtung auf die Fütterung und Conservation der Pferde haben. Unter den Regi<319>mentern der Cavallerie ist absonderlich das Regiment Baireuth, welches in diesem Puncte am schlechtesten ist, und bei dem es so weit ging, daß die Dragoner das Futter, welches zum Dienst war gemacht worden, an die Marketender vertauften. Seine Königliche Majestät sind nicht gesonnen, dergleichen unerlaubte Mißbrauche künftig im geringsten mehr zu dulden, und wenn künftig dergleichen mehrmals geschehen sollte, so werden die Commandeurs der Escadrons vor das Kriegsrecht kommen und nach Verdienst ihrer unerlaubten Négligence gestraft werden.

In dem Dienste sind überdies verschiedene Vorfälle vorgekommen, die nothwendig redressirt werden; denn ohngeachtet sich dergleichen Gelegenheiten nicht ereignet haben, worin die feindliche Cavallerie etwas decidiren können, so sind doch auf unsrer Seite Fehler vorgefallen, die künftig nicht mehr sollen gestattet werden. Zum Exempel auf den Feldwachen der Cavallerie und Husaren, die vor der Armee standen und durchaus nichts hätten gegen den Feind ohnangehalten oder gemeldet durchlassen müssen, hat man das Gegentheil häufig gefunden. Was auf feindlicher Seite durchpassiren will, muß sofort arretiret und nach dem Hauptquartiere in Arrest geschickt werden; was aber vom Feinde kommt, muß angehalten und eraminiret werden, wo es hinwolle, herkomme und was für Absichten es habe. In dieser Absicht müssen die Außenposien bei Tage alerte sein und des Nachts von einer Viertelstunde zur andern Patrouillen schicken. Wenn diese Patrouillen durch die Nachlässigkeit des wachthabenden Officiers negligiret werden, und daß die StabsOfficiere, welche du jour haben, nicht mit der größten Schärfe darauf halten, daß diese Sache mit aller derjenigen Accuratesse geschiehet, als nöthig ist, so entstehet daraus 1. daß ein jeder im Lager herum- und herauslaufen kann, wie es ihm gefällt 2. daß ein jeder, der zu desertiren Lust bekommt, fortkommen kann, ohne daß er rizquiren darf, von jemand angehalten zu werden. Um nun aber diesem allen vorzukommen, so müssen die angezeigten Fehler mit Ernst abgeschafft und jede Négligence der Officiere mit gehöriger Schärfe bestraft werden.

Die übrigen Puncte, welche Seine Königliche Majestät hiebei noch anzeigen, gehen vorzüglich die Husaren an und bestehen in folgenden verschiedenen Puncten.

Bei den mehresten Husaren-Regimentern ist dies der größte Fehler, daß der wirkliche Husarendienst bei ihnen fast gänzlich verschwunden ist. Diejenigen Regimenter, die in solcher Ordnung noch sind, wie es Seine Königliche Majestät verlangen, sind das Regiment von Werner, von Usedom und das Regiment von Czettritz. Bei den andern Regimentern findet man wohl Bravour, aber auch viel Faulheit, wenig Ambition, sich zu distinguiren, und viele dergleichen Fehler, welche anzeigen, daß der wirkliche Husarendienst aus ihnen ganz herausgekommen. Seine Königliche Majestät wollen davon nur einige Erempel anführen, wie Sie im letzten Feldzuge gesehen haben, daß die Husaren sogar die Seiten-Patrouillen vergessen hatten, die sie doch nothhwendig hätten machen müssen; desgleichen so gingen die Seiten-Patrouillen kaum 50 Schritt vom Regiment, da sie doch 4, 5 bis 600 und mehrere Schritt hätten<320> abgehen können. Auf diese Weise war es nicht möglich, avertirt zu werden von demjenigen, was zu thun sei; vielmehr sah sich solch Husaren-Regiment in dem Falle, überfallen zu werden. Ja, die Faulheit hat in dem letzten Frieden so überHand genommen, daß die Husaren das Patrouilliren nicht nur negligiren, sondern sogar gänzlich unterlassen und deshalb die Husaren-Officiere mehr wie einmal in Gefahr kommen, überfallen zu werden, ohne daß sie solches vermuthen konnten, welches unverzeihliche Fehler sind, die bloß in der Commodität entstehen und von dem faulen Leben in den Garnisonen herrühren. Daher die Commandeurs der Regimenter künftig hierüber besser halten und die Nachlässigkeit der Officiere gänzlich abschaffen sollen.

Außerdem befindet sich bei den Husaren-Regimentern noch ein Fehler, der ebenfalls aus der Faulheit entstehet und folgender ist: daß ein Husaren-Officier, der mit Ambition dienet, nur allein auf seiner Hut sei, um nicht surpreniret zu werden, und nicht vielmehr auch darauf bedacht sei, gewisse Projecte zu machen, wie er selbst den Feind überfallen könne, zum Exempel, wie er eine feindliche Feldwache überfallen oder dessen Zufuhr attaquiren könne. Allein Seine Königliche Majestät haben dergleichen keine Officiere gefunden, die darauf bedacht gewesen, sondern sie danken nur Gott, wenn der Feind sie zufrieden läßt und daß sie im Winter vor ihrem Kamin ruhig Tabak rauchen können, ohne an den Dienst zu denken. Aber diese Officiere sollen wissen, daß Seiner Königlichen Majestät Ambition sei, eine gute Armee zu haben; daher Allerhöchstdieselben, da Sie mit dergleichen negligirten Officieren den Endzweck nicht erreichen können, die Notwendigkeit zur Hand nehmen werden, anderwärts Officiere zu suchen, welche mehreren Eifer zum Dienst bezeigen, und, wenn solches dann geschiehet, werden die negligirten Officiere diesen Vorzug ihrer Faulheit zuzuschreiben haben.

Diese Instruction sollen die Inspecteurs allen Cavallerie-Regimentern communiciren, damit sie wissen, was sie in ihrem Dienste zu verbessern haben.

Weil Seine Königliche Majestät über Sachen, die es verdienen, ein Allerhöchstes Mißvergnügen finden, so können Höchstdieselben nicht umhin, hier noch beizufügen, daß von den Dragoner-Regimentern sich vorzüglich die nachstehenden vier Regimenter bei dem letzten Kriege distinguiret haben und welchen Höchsidieselben Gerechtigkeit widerfahren lassen, nämlich das Regiment von Thun, von Würtemberg, von Bosse und das Regiment von Lottum. Wenn Seine Königliche Majestät so viel Gutes von den andern nicht sagen können, so haben sie sich es allein zuzuschreiben und müssen sich nothwendig corrigiren.

Um die Fehler absonderlich bei den Husaren zu corrigiren, so sind die nachfolgenden Stücke unumgänglich nothwendig, als: I. daß nicht eine solche Menge junger Windbeutel als Officiere sich bei den Regimentern befinden, sondern daß bei selbigen hier und da alte gediente gute Wachtmeister zu Lieutenants vorgeschlagen werden, damit bei den Husaren-Regimentern immer solche Officiere bleiben, welche den<321> Dienst wissen, Patrouillen zu machen verstehen und in andern Fällen gebraucht werden können; 2. daß Seiner Königlichen Majestät sehr wohl bekannt ist, daß im Frühjahr, um das Korn zu schonen, nicht die Gelegenheit sei, rechte Patrouillen zu machen, oder andere dergleichen Dinge vom Husarendienst ordentlich vorzunehmen. Deshalb müssen diese Exercitien vornehmlich bei den Herbst-Manœvres geübt werden, wenn die Pferde von der Grasung gekommen sind; alsdann müssen die Chefs der Regimenter, wenn sie dereinst im Felde Ehre einlegen wollen, ihre Officiere nicht nur in allen Stücken und vorzüglich wegen der Patrouillen recht instruiren, wie sie selbige vorsichtig und ordentlich machen müssen, es sei auf den Flanken eines Corps oder wenn sie allein geschickt werden; bei welchem Exercice alles dasjenige beobachtet werden muß, was Seine Königliche Majestät in dem Reglement vorgeschrieben haben, nämlich, wie niemals eher über das Défilé müsse gegangen werden, bevor die andere Seite nicht vollkommen sei recognoscirt worden; desgleichen, daß man allezeit ein Dorf müsse zuvor durch etliche Patrouilleurs beschicken und recognosciren, ehe man sich in selbiges mit der ganzen Patrouille hineinbegebe, als welche Unvorsichtigkeit niemals geschehen muß.

Wenn die Regimenter im Herbst zum Ererciren in den Cantonnirungs-Dörfern stehen, so müssen sie Surprisen gegen einander machen, wie einer den andern in seinem Dorfe überfallen könne, und hiebei muß allemal versucht werden, wie einer dem andern durch Umwege in den Rücken kommen könne. Ferner müssen die Escadrons ihre Husaren in Mause-Patrouillen üben und dergleichen kleine Patrouillen fleißig machen lassen, damit die Husaren lernen, wie sie sich herumschleichen müssen, ohne daß es der Feind gewahr werde.

Es giebt hundert dergleichenDinge, worin die Regimenter sich üben müssen, damit der wirtliche Krieg nicht gänzlich vergessen werde; und giebt es bei den Regimentern solche Officiere, welche sich zu distinguiren Lust haben, so können sich selbige während des Friedens auf diese Weise einschießen, und man kann einen bessern Erfolg von ihrem Dienste in Feldzügen sich gewärtigen.

Dieses letztere haben besonders die Dragoner und Husaren-Regimenter sich anzunehmen, da selbiges ihren Dienst vorzüglich angehet.

<322>

3. Husaren

Instruction für die Obersten und sämmtliche Officiere von den Regimentern Husaren322-1
(21. März 1742)

1.

Die Obersten und Commandeurs der Regimenter Husaren, auch sämmtliche Stabs-Officiere sollen sich alle Mühe geben, ihr Regiment in der besten Ordnung zu erhalten, auf daß ihre Leute gut reiten lernen, geschwinde und hurtig satteln und gut mit dem Säbel umgehen.

2.

Die Officiere des Regiments sollen die Leute von ihrem Regimente so gut dressi-ren, als wie die Dragoner-Regimenter, auch ihre Leute allemal dazu anhalten, daß sie die mehreste Zeit wohl geschlossen und mit dem Säbel in der Faust attaquiren.

3.

Bei allen Husaren-Regimentern muß den Officieren scharf imprimiret werden, daß, wenn sie commandiret sind, sie bei Cassation keine Leute von ihren Commandos weglassen, sondern solche alle zusammenhalten.

4.

Wenn das Regiment auf feindliche Husaren stoßet, können sie per Escadron höchstens einen Zug schwärmen lassen; dieweil aber überhaupt aus allem dem Husaren-Schießen nichts wird, so müssen diese Regimente den Feind, wofern er schwächer ist wie sie, wohl geschlossen, mit dem Säbel in der Faust attaquiren und vor sich wegjagen.

<323>

5.

Wenn ein Oberst von den Husaren commandiret wird, auf des Feindes Mouvement Acht zu geben, so muß er den Ort, wohin er commandiret wird, sehr wohl observiren und sich, so viel möglich, jedesmal solchergestalt setzen, daß er ein gutes Defile vor sich habe, wornächst er von jeder Seite seines Postens einen Officier mit 30, 50 oder auch 100 Mann, nachdem nämlich die Umstände sind, commandiret; vor dem Defile muß er gleichfalls einen Posten haben. Von solchen drei Posten aber muß er vorwärts gegen den Feind zu eine Feldwache halten lassen, so wie der beikommende Riß ohngefähr zeiget323-1. In die nächsten Dörfer, da man an den Feind heran kann, muß Morgens und Abends patrouilliret werden, um Nachricht einzuziehen.

Wenn Patrouillen bei Tage gehen, so müssen die dabei commandirten Officiere suchen allemal, so viel es sich thun lässet, durch Wälder oder Gründe ihren Marsch so zu masquiren, daß der Feind die Patrouillen nicht gewahr werden kann. In währendem Malschiren müssen sie einen oder zwei der geschicktesten Husaren, so sie bei sich haben, auf die nächsten Höhen reiten lassen, oder auch kleine Patrouillen seitwärts schicken, auf daß sie von weiten sehen können, was an sie kommt, auf daß die Patrouillen auf solche Art sicher und ungehindert nach dem Orte reiten können, wohin sie commandiret worden.

6.

Es muß ein Officier von den Husaren vor allen Dingen nicht nur das Land, worin er ist, sehr wohl kennen, sondern auch immer zwei ä drei Wege wissen, die an den Ort hinbringen, dahin er commandiret wird. Wenn ein solcher Officier enge Defiles Yassiren muß, so soll er, wenn er über solche Defiles wieder zurück muß, an solchem Orte ein Commando zurücklassen, damit er auf seinem Rückmarsche solche sicher passiren könne, oder auch, wenn derselbe von dem Feinde poussiret323-2 würde, er seine KetiAite daselbst gewiß habe.

7.

Wenn ein Officier recognosciren reitet, so ist der Zweck, um eigentlich zu erfahren, was der Feind vorhat, oder auch von gewissen Umständen Nachrichten einzuziehen, welche der commandirende General von der Armee gründlich zu wissen benöthigt ist; also muß derjenige Officier von den Husaren, welcher deswegen oder um zu patrouilliren ausgeschicket wird, sich niemalen mit dem Feinde einlassen, es sei denn, daß der Feind viel schwächer wäre wie er, und daß er gewiß ist, gute Beute oder Gefangene zu kriegen. Es ist demnach eine schlechte Bravour, wenn ein Officier in dergleichen Gelegenheiten sich schlagen will; vielmehr erfordert sein Dienst, daß ein Officier von den Husaren in solchen Gelegenheiten vorsichtig und bedacht sein muß,

<324>

Plan für einen vorgeschickten Husarenobersten zur Erkundung der Berwegungen des Feindes

<325>

daß, wofern ihm der Feind nahe auf dem Halse ist, er seine Retraite durch den nächstgelegenen Wald oder durch andere ihm sonst bekannte Wege nehme, um sich zu seinem Haupt-Corps hinzuziehen.

8.

Wenn ein Officier von den Husaren auf Partie325-1 commandiret wird, oder aber ihm eine Expedition aufgetragen wird, um den Feind an einem Orte zu überfallen, so muß er zuvörderst sich die Gegend des Orts, wohin er seine Partie thun soll, sehr wohl bekannt machen, zu welchem Ende er sich bemühen wird, Schäfer oder auch, wo es möglich, Jäger mit sich zu nehmen, welchen solche Örter und Gegenden bekannt sind, um sich desto besser dadurch zu helfen; hiernächst muß er suchen sehr gute und gewisse Nachrichten einzuziehen von der Stärke des Feindes, welchen er zu attaquiren hat, ob er alerte auf seinem Posten sei, wie er seinen Posten ausgesetzet hat, ob Orter sind, da man solchen coupiren kann, wie stark die feindlichen detachirten Posten sind, und überhaupt alles dasjenige, was hiermit einigen Rapport325-2 haben kann.

9.

Hierauf muß der Officier, so die Partie commandiret, seine Disposition wohl machen, daß er zuvörderst und vornehmlich auf die Sicherheit seines Marsches bedacht sei und durch Aussetzung einiger Posten an Défilés, so er zu passiren hat, seinen Rückmarsch versichere; so muß ein solcher Officier wohl judliciren, von was für einem Orte der Feind, den er überfallen will, Succurs bekommen könnte, auf daß er solchen abschneiden kann.

10.

Ein Officier, der solche Entreprise vorhat, muß sehr verschwiegen damit sein, damit der Feind keine Nachricht davon bekommen kann, und weil das Geheimnis hierbei höchst nöthig ist, so müssen dergleichen Expeditions auf solche Art angefangen werden, daß das Commando, das dazu gebraucht werden soll, des Abends nach dem Sonnenuntergange zusammenkommen, alsdann der Marsch in aller Stille fortgesetzt werden muß, ohne daß den Burschen erlaubet sei, Tabak zu rauchen. Wenn dem Commando dann auf dem Marsche Leute begegnen, so müssen solche ohne Unterschied arretiret werden, damit der Feind nicht avertiret werden könne.

11.

Weil sich auch öfters trifft, daß zu dergleichen Expeditions Commandos von zwei oder drei Ortern zugleich ausgehen, um den Feind zu umzingeln, so müssen die Officiere, so dazu gebraucht werden, ihre Uhren auf einerlei Glocke gestellet haben und sehr wohl die Stunde observiren, um sich zu solcher Zeit an dem bestimmten<326> Orte einzufinden. Wofern der Marsch weit ist, so können die Officiere die Pferde eine Viertelstunde abfüttern lassen, dabei aber doch wohl zu merken ist, daß dadurch an der Hauptsache nichts verabsäumt werden muß.

12.

Wenn die Commandos gegen den Ort, der überfallen werden soll, kommen, so müssen gleich einige Escadrons gegen die Örter marschiren, da der Succurs herkommen könnte, und sich hinter ein Défilé postiren, sodaß der Succurs dadurch abgeschnitten werde.

13.

Die beste Zeit, den Angriff zu thun, ist eine Viertelstunde vor der Dämmerung; jedoch muß allemal etwas von dem Corps zurückbleiben, so den Rückhalt machet, wenn wieder alles Vermuthen diejenigen, so attaquiret, repoussiret würden.

14.

Von dergleichen Husaren-Commandos müssen die Officiere allemal einige Leute auswählen, welche in der Zeit, da die andern attaquiren, nichts weiter zu thun haben, als daß sie die gemachte Beute, so viel immer möglich, zu sich nehmen und damit weiter voraus nach dem Quartier zu eilen. Dergleichen Ueberfall muß allemal in der Geschwindigkeit geschehen, auf daß der feindliche Succurs nicht Zeit habe, den gefaßten Anschlag zu vernichten.

15.

Wenn alsdann auch der Coup geschehen ist, so muß der Officier, wenn er zuvor alle seine Commandos wieder zusammengezogen, seinen Weg eilend, sonder Anstand, zurücknehmen.

16.

Wenn die Bagage vom Feinde oder sonst einige Convois attaquiret werden sollten, so muß derjenige Officier, der dazu commandiret ist, gründliche Nachricht einziehen, von wo die Convois herkommen und welchen Weg sie nehmen müssen. Wenn solches nun Orter sind, wo Defiles zu passiren, so muß das Commando allemal die Nacht vorhero, ehe die Convois ankommen, sich nächst dem Défilé in einem Walde oder Dorfe embusquiren326-1 und verdecken, sich auch so stille wie möglich halten, damit der Feind nichts davon erfahre, alsdann die Convois anfänglich friedlich durchzulassen sind, sodaß ohngefähr die Hälfte davon durchpassire; inzwischen der Officier die Disposition vorhin dergestalt gemacht haben muß, daß ein Theil seines Commandos geschlossen, mit dem Säbel in der Faust, zum Rückhalte<327> diene, der andere Theil des Commandos aber, mit dem Säbel, Pistolen oder Carabiner, wie sie wollen, die Bedeckung, so der Feind dem Convoi gegeben, attaquire, der dritte Theil aber nichts anders zu thun habe, als die Wagen, Pulverkarren, Pferde oder was da ist, wegzufahren und damit den Weg voraus nach Hause zu nehmen. Wofern es nicht wohl angehet, daß sie ganze Wagen wegführen können, so müssen sie die Stränge von den Pferden abschneiden, die Pferde fortführen, die Wagen aber zerbrechen oder entzwei schlagen, um sie dem Feinde unbrauchbar zu machen, aber auch alsdann die, so attaquiret haben, sich zurückziehen und in ihrem Rückmarsche diejenigen bedecken müssen, welche die Beute gemacht haben.

17.

Es muß kein Officier von den Husaren jemals den Feind zu weit verfolgen, indem man allemal gewiß glauben muß, daß der Feind allemal einen Rückhalt hat, wodurch er stärker werden kann als wie diejenigen, so ihn verfolgen; sodann werden auch durch ein hitziges Verfolgen des Feindes die Pferde müde und aus dem Athem gejagt und können also leicht von des Feindes seinem Rückhalte, welcher frische Pferde hat, eingeholet und die Leute sodann zu nichte gehauen werden.

18.

Aus Vorstehendem allem kann ein Oberst oder ein Officier von den Husaren ersehen, wie höchst nöthig es ist, daß sie sich das Land, worin der Krieg geführet wird, möglichstermaßen bekannt machen, wozu sie leicht gelangen können, wenn sie sich gute Landkarten anschaffen, fleißig kundschaften, auch Schlächter, Verwalter, Schulzen, Jäger, Schäfer usw., welche die Wege kennen, zu bekommen suchen, auch oft und fleißig von allen Seiten und um sich herum patrouilliren.

Ueberdem können die Officiere von den Husaren hieraus begreifen, daß es bei ihnen nicht allemal auf eine unbesonnene Bravour ankommt, sondern vielmals eine gute Ueberlegung nöthig ist, und daß sie eine gute Disposition machen, wobei es auf Accuratesse hauptsächlich und Wachsamkeit in ihren Feldwachen, Patrouillen und Ronden und sonsten im Dienste ankommt, desgleichen auf eine beständige Vorsichtigkeit, ihren Rücken frei zu haben, indem, ob sie gleich attaquiren sollen, sie dennoch allemal auf die Sicherheit ihres Rückweges zu denken haben.

19.

Ueber dieses werden die Officiere von den Husaren sehen, wie viel dem Dienste daran gelegen, daß die Husarenpferde in gutem Stande sind, damit, es komme zum Attaquiren oder zum Ausreißen, sie von ihren Pferden gute Dienste haben können; derowegen die Officiere weit mehrere und bessere Obacht, als bisher geschehen, auf<328> die Conservation der Pferde haben müssen, wie sie denn auch die gemeinen Husaren von dem heftigen Brandweinsaufen abhalten und dagegen zu besserer Wartung ihrer Pferde anhalten sollen.

20.

Diejenigen Officiere von den Husaren, welche dann am meisten Ambition haben, müssen dahin bedacht sein, dem Feinde allen Tort, so sie nur können, anzuthun. Wofern nun Officiere sind, welche dergleichen Projecte gemacht haben, so sollen sie solche Seiner Königlichen Majestät melden, welche, wenn sie thunlich solche finden, ihnen alsdann die Execution davon auftragen werden.

21.

Sonsten ist eine General-Regel, daß, wenn die Husaren Feldwachen halten, alsdann die Wachen oder Corps de garde allemal in Gründen oder, so viel möglich ist, an einem bedeckten Orte stehen müssen, die Posten auf Anhöhen oder Bergen oder auf den Landstraßen und an solchen Örtern, da sie weit um sich sehen können.

Wenn Husaren in Dörfern stehen, so müssen sie niemals negligiren, eine Schildwache auf den Thurm zu setzen, um vor allem Ueberfalle sicher zu sein.

22.

Ein Corps Husaren, das auf Commando stehet, muß allemal in drei Theile eingetheilet werden, nämlich der eine Theil zur Feldwache, der zweite Theil zum Piquet und der dritte Theil muß sich ausruhen. Derjenige Theil, so sich ausruhet, kann die Pferde absatteln, jedoch wenn sie vom Feinde was zu besorgen haben, so müssen solche Pferde des Nachts allemal gesattelt sein.

23.

Von dieser Instruction soll der Oberst des Regiments allen Officieren seines Re, giments eine Abschrift geben, auf daß ein jeder wisse, was er zu thun hat, und daß sich keiner von ihnen mit der Unwissenheit entschuldigen könne. Ueberdies aber sollen die Commandeurs und Stabs-Officiere des Regiments, so oft ein Commando oder Patrouille commandiret wird, die Officiere wohl instruiren, was sie dabei zu thun haben, und ihnen alles zum schärfsten imprimiren.

Da auch Seine Königliche Majestät schon im vorigen Jahre den Husaren,Regimentern eine Instruction gegeben haben, wie sie sich gegen den Feind verhalten sollen328-1, so wird solche hierdurch in allen Stücken wiederholet, und soll der Commandeur des Regiments selbige allen Officieren von neuem publiciren und wohl bekannt machen.

<329>

24.

Im übrigen, so befehlen Seine Majestät, daß ein jeder Oberst eines Regiments Husaren sich drei oder vier Espions halten soll, welche Seine Königliche Majestät ihm vergüten lassen wollen. Es soll aber der Oberst sich auf alle Wege bemühen, zu solchen Espions verschlagene und raffinirte Köpfe zu kriegen, welche im Lande bekannt sind, allerhand Sprachen können, und die allerhand Formen und Versieb lungen annehmen können, die sich aber unter einander nicht kennen, noch einer von dem andern wissen muß. Solche Espions muß er haben, um sie nach des Feindes Lager oder nach den Orten, davon er Nachricht haben will, zu schicken.

25.

Worauf denn der Oberst Seiner Königlichen Majestät von den erhaltenen Nachrichten jedesmal Rapport thun soll.

<330>

4. Artillerie

I. Disposition, welchergestalt sich die Artillerie bei einer Haupt-Action mit dem Feinde zu verhalten hat330-1
(August 1744)

Es sollen 4 Haubitzen auf dem rechten Flügel und 4 auf dem linken Flügel, und 4 in der Mitte des ersten Treffens aufgeführt werden.

20 zwölfpfündige Kanonen vom General von Linger330-2 sollen desgleichen, laut Ordre de bataille, eingetheilt werden, sodaß auf dem rechten Flügel das Grenadier-Bataillon von Wedell die Haubitzen bedecket und auf dem linken Flügel die Grenadiere vom Oberst-Lieutenant von Kahlbutz solchen zur Bedeckung dienen. Zu jeder Haubitze werden 6 Mann von den Pioniers commandiret und zu jeder zwölfpfündigen Kanone 4 Mann; thut in Summa 152 Mann.

Bei den Kanonen und Haubitzen vom rechten Flügel soll ein Capitain von der Artillerie, desgleichen bei denen von der Mitte ein Capitain von der Artillerie, wie auch einer auf dem linken Flügel commandiret werden.

Bei den vierundzwanzigpfündigen Kanonen, so auf den Flanken stehen, wird auf jede Flanke ein vernünftiger Lieutenant von der Artillerie commandiret, imgleichen bei den 12 vierundzwanzigpfündigen 4 Pioniers per Kanone, welches 48 Mann ausmachet.

Es muß auch in dem ersten Treffen per Brigade ein Lieutenant commandiret werden. Bei den Kanonen, so in dem zweiten Treffen stehen, werden nur Unter-Officiere abgetheilet, und können diese Kanonen so lange mit ihrem Gespanne gezogen werden, bis es sich ereignen möchte, daß man sie gebrauchen müßte.

Zwischen die zwei Treffen werden auf dem rechten Flügel ein Lieutenant mit Zo Mann, in der Mitte ein Lieutenant mit 30 Mann und auf dem linken Flügel ein Lieutenant mit 30 Mann zur Reserve commandiret werden. Diese alle sollen immer dicht an dem zweiten Treffen bleiben, auf daß sie nicht sonder Roth und ehe<331> man sie nöthig hat, todt geschossen werden können; wenn man sie aber fordert, so treten sie in die Stelle derjenigen ein, so etwa blessiret worden.

Im Anfang der Lataiüe sollen die Kanonen, so auf den Flügeln stehen, stets auf die feindliche Cavallerie feuern, insonderheit mit den Kartätschen von 9 Kugeln; sobald aber unsere Cavallerie die feindliche attaquiret, so muß alles Geschütz auf die Infanterie des Feindes gerichtet und unablässig darauf gefeuert werden. Wenn sie auf 600 Schritt kommen, so muß alles schwere Geschütz mit den sechslöthigen Kartätschen feuern. Die dreipfündigen müssen auf 300 Schritt ebensowohl mit Kartätschen feuern, um dem Feinde allen möglichsten Schaden zu thun.

NB. Die Officiere von den Flügeln müssen sehr wohl in Acht nehmen, daß, wenn unsere Cavallerie die feindliche Infanterie in der Flanke attaquiret, sie nicht auf unsere eigenen Leute feuern, sondern immer ein Bataillon weiter, wo unsere Cavallerie noch nicht heran ist, um daß die feindliche Infanterie vorerst durch die Kartätschen in Confusion gebracht werden und unsere Cavallerie dadurch leichteres Spiel bekommen möge.

Sollte es sich wider alles Vermuthen zutragen, daß des Feindes Cavallerie einen unserer Flügel in Désordre brächte und ihn verfolgen wollte, so müssen die Artillerie-Officiere, die das Commando in den Flanken haben, sofort auf die feindliche Ca-vallerie, so die unsrigen verfolgen wollte, mit den vierundzwanzigpfündigen Kartätschen mit 9 Kugeln heftig darauf feuern, imgleichen sechslöthige Kartätschen, wenn sie den Feind damit abreichen können, ohne Unterlaß darauf feuern, wie imgleichen auch die Kanonen der Bataillons in einem weg mit Kugeln stark auf den Feind schießen müssen, um den Feind durch das heftige Feuern vom Verfolgen abzuhalten.

Bei dem ersten Treffen werden bei jeder Kanone 3 Mann gegeben, bei dem zweiten Treffen aber nur bei jeder Kanone 2 Mann.

Wornach sich der Commandeur der Artillerie sowohl, als die Subalternen stritte zu achten und demjenigen, so hierinnen befohlen worden, genau nachzuleben haben.

<332>

II. Aus der Instruction für die Artillerie332-1
(3. Mai 1768)

Belagerung der Städte Bei Belagerung der Städte ist es hauptsächlich der Ingenieurs ihre Sache, den

ganzen Plan von der Belagerung zu entwerfen und zu machen, wie die Tranchées332-2 geöffnet und die Parallelen geführt werden sollen. Es halten Seine königliche Majestät die Officiere der Artillerie damit nicht auf.

Die Fundamental-Principia, so sie dabei haben müssen und so mit zur Artillerie gehören, sind, daß das Polygon, so attaquiret werden soll, wohl mit Batterien embrassiret332-3 wird, damit die Artillerie-Officiere alle differente Feuer gegen die Werke recht anzubringen und die Batterien wohl anzulegen wissen. Wenn die erste Parallele gegen das Polygon, so attaquiret werden soll, geöffnet, müssen die Batterien in der Parallele so an ihren Orten angelegt und gemacht werden, wie es sein muß und in beigehender Zeichnung marquiret ist332-4. Es mögen nun solche gegen ein Hornwerk oder gegen andere Werke, um selbige zu beschießen, angelegt werden, so bleibt solches immer en ^1-05 dasselbe.

Die ArtillerwOfficiere müssen, ehe sie die Batterien anlegen, Acht haben, um zu wissen, wieviel Kanonen der Feind auf jeder Face, es sei von einem Ravelin, Demilune332-5 oder Bastion, gebrauche, und darnach die Batterien gegen die vom Feinde so construiren, daß immer gegen eine Embrasure332-6, wo eine Kanone vom Feinde stehet, drei Kanonen von unsern gerichtet sind. Der Effect, welchen man von diesen<333> Plan für die Anlage der Batterien in der ersten Parallele<334> Batterien verlangt, ist, daß sie die Merlons334-1 und Brustwehren von dem Werke ruiniren und wegschießen; auch muß derowegen auf jedes Bastion oder Ravelin, welches attaquiret wird, aus Mortiers334-2, so bei den Batterien gesetzt, mit Bomben geworfen werden, und müssen, so viel es angehet, hauptsächlich auf die Brustwehren die Bomben dirigiret weiden. Wird nun dieses effectuiret, daß sowohl durch die Batterien die Merlons ruiniret und die Brustwehren durch beständiges Werfen der Bomben mit rasirt werden, so können die Leute, so dahinter gestanden, nicht mehr bedeckt bleiben, folglich die feindliche Artillerie dadurch schlecht bedient und nicht mehr zum rechten Gebrauche ist.

Das Feuern von den Batterien und das Bombenwerfen muß weder Tag noch Nacht aufhören und immer in der Hitze gehalten werden. Wenn nun gesagt würde, des Nachts kann man nicht sehen, wo man hinschießt, so wird den Artillerie-Officieren hierauf zur Antwort gegeben, wie solche, wenn des Tages ihre Kanonen gut gerichtet stehen, wie sie stehen sollen, Leisten auf die Seiten der Affuten334-3 schlagen, die Kanonen bei derselben Richtung lassen und, wenn abgefeuert und die Kanone zurückläuft, sie solche zwischen die zwei Leisten wieder dahin bringen müssen, wo sie gestanden, wodurch doch einigermaßen die Schüsse accurater gebracht werden; hauptsächlich aber kommt mit darauf an, daß nur continuellement334-4 geschossen wird.

Nur ist nicht genug, daß man dem Feinde die Batterien demontire, sondern es müssen auch gleich im Anfang der Belagerung, wegen des bedeckten Weges, RicochetBatterien angelegt werden. Derowegen müssen die Officiere der Artillerie, wenn sie ihre Batterien anlegen, die Lignes de prolongation334-5 wohl observiren, so diejenigen sind, die den Ricochet-Batterien am favorablesten. Damit nun die Lignes de prolongation recht wohl obzerviret werden, so ist ein Mittel für die Officiere, um sich zu helfen, daß sowohl die Artillerie-, als Ingenieur-Ofsiciere von den Thürmen der nächsten Dörfer, von da man die Werte der Festung besehen kann, wo die Prolongations-Linien der Werke und des bedeckten Weges hingehen, im Felde Marquenmachen und dadurch die Prolongations bekommen können. Da nun die RicochetBatterien von Haubitzen viel nützlicher als von Kanonen sind, so ist nur dabei zu observiren, daß sie den Haubitzen nicht mehr oder weniger Pulver geben, als die Granate gebraucht, in der Linie des bedeckten Weges, so die Batterien enfiliret334-6, entlang zu rollen und oft aufzuhüpfen, und weil die meisten Festungen collaterale und vorgelegte Werke334-7 haben, so den andern Hauptwerken mit zur Defension dienen, so müssen auch dagegen Batterien gemacht und angebracht werden. Diese Batterien aber sind nicht zum Demontiren, sondern es ist genug, wenn gegen eine dergleichen feindliche Batterie von der unsrigen Kanone gegen Kanone gebracht wird, um dadurch nur einigermaßen die feindlichen Kanonen von dem beständigen Schießen zu verhindern.

<335>

Wenn die zweite Parallele formiret wird und fertig ist, werden die Batterien aus der Mitte der ersten vorgebracht, in demselben Alignement, wie die Batterien in der ersten Parallele gestanden, und müssen die Kanonen en crémaillère335-1 oder schräm gesetzt und die Embrasuren in den Batterien darnach gemacht werden, um dieselbe Direction zu behalten, als die Batterien in der ersten Parallele gehabt. Das Hauptwerk und die größte Nothwendigkeit ist, daß bei dem Bauen der Batterien sogleich die erste Nacht, wenn sie angelegt werden, die Artillerie-Officiere soviel Leute zu Bauung der Batterien fordern und ihnen gegeben werden müssen, soviel sie verlangen, damit sie gleich die erste Nacht so weit kommen als möglich und ihnen weder an Faschinen noch andern Zuthaten nichts fehle; dahero alles schon vorhero in Bereitschaft gehalten werden muß. Dieses ist dasjenige, worin der Officier von der Artillerie sich eine große Ehre erwerben kann, wenn sein Batterie-Bau recht gut von Statten gehet, damit die Kanonen, so in diese Batterien kommen sollen, noch vor Tage dahin gebracht werden können. Die Batterien, so aus der Mitte der ersten Parallele in die zweite vorgebracht werden, sind noch Demontir-Batterien, wo auch Mortiers, um auf die Brustwehren der Werke zu werfen, mit vorgebracht werden müssen. Um von dem Effecte der Bomben und Haubitzen versichert zu sein, müssen Officiere von der Artillerie 1 000 bis 1 500 Schritt rechts und links gehen und sehen, ob die Bomben recht fallen, und davon dem commandirenden Officiere der Artillerie Anzeige thun, um es, wenn er fehlt, zu ändern und zu corrigiren. Diese Batterien in der zweiten Parallele müssen, gleichwie in der ersten, Tag und Nacht feuern.

Wenn die dritte Parallele gemacht wird, pflegen die Kanonen stehen zu bleiben, wie sie gestanden, und werden aus der dritten Parallele die Zickzacks poussiret335-2 und die Sappen gegen die Capitalen335-3, um dadurch die Minen, wenn vor der Festung welche sind, so der Mineurs und Ingenieurs ihre Sache, wegzunehmen, bis man an den bedeckten Weg kommen kann. Sobald aber als die Infanterie Meister vom bedeckten Wege ist, werden die Bresch-Batterien angelegt. Diese müssen im bedeckten Wege, hart am Graben angelegt werden, da alsdann schon zu supponiren, wenn man bis dahin avancirt, daß die Brustwehren durch die Demontir-Batterien rasirt und weggeschossen und der Feind keine Leute mehr hinter die Brustwehren stellen kann, die Kanonen zu bedienen, solche alsdann auch ganz frei stehen und nicht mehr agiren können. Weil man nun keine Bresche schießen kann, wenn man nicht den Fuß von der Mauer faßt, so müssen die Bresch-Batterien dergestalt eingesenkt werden, und wenn auch ein Stück vom Revêtissement335-4 weggesprengt werden muß, bis auf den Fuß von der Mauer, so viel es sich thun läßt, zu sehen. Zu diesen Bresch-Batterien werden Vierundzwanzigpfünder gebraucht, und anstatt daß die Zwölfpfünder, so zum Demontiren gebraucht werden, einer nach dem andern gelöset wird, so<336> müssen die Bresch-Batterien immer mit einer ganzen Lage abgefeuert werden, da solches in der Mauer mehr Erschütterungen macht, wenn die Kugeln zugleich ankommen.

Alles Uebrige, so bei Belagerungen für die Artillerie vorkommt, läuft auf dasselbe heraus, was bereits gesagt ist, und bleiben alle diese Regeln dieselben. Muß vorhero Bresche in die Face eines Ravelins gemacht werden, so geschiehet solches auf vorgeschriebene Art, wenn die Infanterie Posto darauf gefaßt und sich darauf versichert und postiret hat: sodann werden die vierundzwanzigpfündigen Kanonen gegen die Face des Bastions gebracht, von da Bresche zu schießen, wie es bereits gesagt. Ist es ein Wassergraben, so muß die Bresch-Batterie ebenso gemacht werden und so plongiren336-1, daß sie sogar unter dem Wasser den Fuß der Mauer so viel möglich fasset. Da auch im bedeckten Wege Haubitzen mit angebracht werden müssen zu Ricochet, so müssen aus den Haubitzen mit ganz schwacher Ladung die Granaten geworfen werden und die Ricochet-Schüsse thun.

Wenn ein Sturm von der Infanterie auf ein Werk geschehen soll, um sich solches zu bemeistern, so ist der Gebrauch, daß die Signale zum Sturm mit Bomben gegeben werden. Von dem commandirenden Generale wird gesagt, daß, wie gewöhnlich, dreimal aus 10 bis 12, mehr oder weniger, Mortiers auf einmal Bomben geworfen werden sollen. Das erste und zweite Mal müssen die Bomben mit Zündern auf einmal, zu sagen alle 10 oder 12 abgefeuert, das dritte Mal aber müssen Bomben ohne Zünder geworfen werden, so nicht crepiren, welches das Signal zum Sturm ist.

<337>

III. Instruction für meine Artillerie337-1
(Mai 1782)

Die Vorbereitungen und die verschiedenen Bewegungen, die bei einer Bataille vorhergehen, dauern, ohngeachtet man den Feind schon in der Nähe und im Auge hat, öfters drei bis vier Stunden, je nachdem das Terrain beschaffen ist, darauf der Feind seine Position genommen, und nachdem die Hindernisse sind, die man zu übersteigen hat, ehe man aufmarschiren kann. Es ist aber jederzeit fehlerhaft und schädlich, wenn die Artillerie ihr Feuer schon anfängt, sobald sie nur den Feind sehen kann und ihn zu erreichen glaubt.

Weder der angreifende Theil noch der angegriffene haben von dergleichen Feuer was zu befürchten, weil es auf beiden Seiten fast ohne Wirkung ist. Der angegriffene Theil verschießt sein Pulver ohne Vortheil; der angreifende aber verliert nicht nur sein Pulver, sondern seine Evolutionen geschehen auch viel langsamer, und der Feind bekommt dadurch Zeit und Gelegenheit, unserm Angriffe Hindernisse in den Weg zu legen, wo nicht gar ihn zu vereiteln.

Diesen Fehler des zu frühen Feuers habe Ich fast immer an Meiner Artillerie bemerkt. Ich weiß zwar, daß das ungestüme Anhalten337-2 der Infanterie-Officiere und der zunächst stehenden Pelotons337-3 die Artillerie öfters zu diesem Fehler verleiten mag, und um sich bei der Infanterie zu insinuiren337-4, oder auch wohl um ihre Bravour zu zeigen, feuern Eure Officiere so lange fort, bis sie merken, daß ihre Schüsse bis auf die Hälfte verschossen, und aus Furcht, daß sie sich ganz verschießen möchten, nimmt ihr Feuer alsdann ab, wenn es just am heftigsten sein sollte.

Es geschieht aber auch wohl, daß selbst der commandirende General oder ein anderer General sich vergißt und zu früh zu feuern befiehlt, um nur seine Truppen zu betäuben, ohne daran zu denken, welche schädliche Folgen es haben kann. Als<338>dann muß der Officier zwar gehorchen, aber er muß so langsam als nur möglich feuern und alle Accuratesse beim Richten anwenden, damit nicht alle Schüsse verloren gehen. Bloß dann läßt sich dergleichen frühes Feuern entschuldigen, wenn der General die Absicht hat, die Aufmerksamkeit des Feindes auf die eine Seite zu lenken, um ihm verschiedene Bewegungen zu maskiren.

Sobald die Kanonen aber bis auf 600 bis 700 Schritt auf den Feind avancirt sind, alsdann müssen sie ein unaufhörliches Feuer machen und damit so lange continuiren, als sie dem Feinde ganz nahe sind; denn ein Schuß mit einer Paßkugel338-1 in einer so nahen Distance schlägt nicht nur durch alle Treffen durch, sondern das Geräusch der Kugeln selbst setzt schon die feindlichen Truppen in Furcht, und das Gewinsel von ihrer Wirkung verursacht weit mehr Schrecken als ein Kartätschenschuß in einer zu weiten Entfernung.

Selten wird ein Feind ein dergleichen wohl dirigirtes Feuer bis auf 100 oder 80 Schritt aushalten, und wenn er dennoch Stand halten sollte, dann muß ohne Aufhören mit Kartätschen geschossen werden, und wenige Minuten werden die Sache entscheiden.

Dies aber müßt Ihr338-2 Euren Officieren hauptsächlich einschärfen, daß sie nie weiter als auf 100 Schritt mit Kartätschen schießen, weil sich sonst die Kugeln zu sehr ausbreiten, sehr viele, ehe sie den Feind erreichen, auf der Erde liegen bleiben, viele über ihn weg stiegen, aber nur wenige ihm Schaden thun.

Wenn die feindliche Cavallerie attaquirt und in die Flanken oder sonst wo in die Linie einbrechen will, so muß mit den Kanonen nicht eher als höchstens 800 bis 900 Schritt mit Kugeln auf sie gefeuert werden; aber alsdann muß es doch auch mit aller nur möglichen Accuratesse und Geschwindigkeit geschehen.

Gemeiniglich schreiet der Officier und Bursche von der Infanterie der Artillerie zu, sobald sie eine Cavallerie gewahr werden, mit Kartätschen zu schießen, und die Artillerie thut es aus Gefälligkeit. Aber Eure Officiere müssen sich dadurch nicht irre machen lassen, sondern sie mit Paßkugeln so lange beschießen, bis sie glauben, daß sie noch so viel Zeit haben, mit Kartätschen zu schießen und ihr die erste Lage damit auf 50 bis 60 Schritt geben zu können.

Ihr müßt aber Eure Kanoniere vorher instruiren, daß sie auf das Commando des Officiers bei dieser Gelegenheit nicht die ganze Batterie auf einmal, sondern nur immer die Hälfte abfeuern, damit ein beständiges Feuer unterhalten werde, doch so, daß jederzeit eine Kanone die andere überspringt. Aber einzeln muß nicht geschossen werden, weil einzelne Schüsse sie nicht so leicht in Unordnung bringen und ihren Marsch aufhalten.

Ein Officier, der bei dergleichen Gelegenheiten sich nur nicht aus seiner Fassung bringen läßt, wird nie ngquiren, sein Geschütz zu verlieren, noch befürchten dürfen,<339> daß die Cavallerie ihren Zweck erreichen wird. Keine Cavallerie wird in Carriere mehr als 200 Schritt in einer Minute geschlossen zurücklegen, und wenn man annimmt, daß sie nur von 800 Schritt an beschossen wird, eine Kanone aber in einer Minute nur 4 Schüsse thut, so erhält sie von einer Batterie von 10 Kanonen wenigstens 140 bis 150 Schüsse mit Paßkugeln, ehe sie mit Kartätschen beschossen wird, weil sie nicht gleich en carrière attaquirt, sondern sich erstlich in Trott, dann in Galopp und zuletzt in Carriere setzt, und wenn Ihr Eure Schüsse gut anbringt, dann wird ihr gewiß die Lust vergehen, Euch bis auf 50 Schritt nahe zu kommen, um sich noch mit Kartätschen beschießen zu lassen.

Vorzüglich recommandire Ich Euren Officieren, bei dergleichen Vorfällen Présence d'esprit339-1 zu behalten. Dann werden sie nicht leichtlich risquiren, ihr Geschütz im Stich zu lassen, noch, aus allzu großer Besorgniß solches zu verlieren, nöthig haben, sich allzu früh zurück zu ziehen und die Infanterie ohne Unterstützung zu lassen und solche gleichfalls zum Rückzug zu zwingen.

Noch zweier Hauptfehler muß Ich erwähnen, die fast durchgehends alle Artillerien begehen:

1. daß sie ihr Feuer hauptsächlich auf die entgegengesetzte Artillerie richten und diese zum Stillschweigen bringen wollen, und

2. daß sie ihr Geschütz auf die größten Anhöhen zu placiren suchen, die nur auf dem Champ de battaile339-2 anzutreffen sind, um desto weiter schießen zu wollen.

Aber beides sind schädliche Vorurtheile, wovon Ihr just das Gegentheil thun müßt.

In Ansehung des ersteren Fehlers, so müßt Ihr Eure ganze Aufmerksamkeit und Euer ganzes Feuer bloß dahin richten, die Linien der feindlichen Infanterie zu trennen, sie in Unordnung zu bringen, ihren Marsch aufzuhalten und zu verhindern, daß ihre Bewegungen mit Ordnung geschehen. Sobald Ihr diesen Zweck erreicht habt, so wird die Infanterie auch bald geschlagen sein, und das feindliche Geschütz wird von selbst schweigen und Euch in die Hände fallen.

Was das zweite Vorurtheil betrifft, das Geschütz auf Anhöhen zu placiren, um weiter schießen zu können, so sieht ein jeder leicht ein, daß es nicht auf die Weite des Schusses bloß, sondern auf seine Wirkung ankommt. Wenn ein dergleichen Schuß auch wirklich in die feindliche Linie schlägt, so wird doch sein Effect wegen seiner schiefen Richtung nicht sonderlich groß sein, und die andern Treffen haben nichts von ihm zu befürchten. Schlägt er aber vor ihr auf, so wird bei lockerem Erdreiche die Kugel in der Erde stecken bleiben, bei festem aber mit einem Bogen über alle Linien weggehen.

Findet Ihr aber wegen des Terrains doch für nöthig, Euer Geschütz auf Anhöhen zu placiren, so müssen solche doch nie über 20 Fuß über den Horizont erhöhet sein, oder Ihr könnt es auch in einer dergleichen Höhe auf die Dossirung339-3 höherer Berge stellen.

<340>

Wenn es die Umstände erlauben, so müßt Ihr nie über die Infanterie weg schießen, sondern immer Euer Geschütz mit vorbringen; denn wenn auch der vorwärts marschirenden Infanterie dadurch kein Schade geschiehet, so werden sich doch die Bursche vor dem Geräusche der über sie weg fliegenden Kugeln fürchten, sich auf jeden Schuß bücken und dadurch das Avanciren beschwerlicher machen.

Endlich laßt dies Eure Haupttegel sein, alle Bogenschüsse, so viel nur immer möglich ist, zu vermeiden, und wenn es das Terrain erlaubt und nicht Gräben, Defiles oder kleine Hügel solches verhindern, so thut nichts als Rollschüsse; denn ein solcher Schuß fehlt selten, sondern thut fast immer seine Wirkung und schlägt in einer nahen Distance durch alle Treffen.

Obgleich nur immer von den Kanonen die Rede gewesen, so kann doch meist alles auch bei den Haubitzen angewendet werden, außer daß mit den Haubitzen etwas weiter mit Kartätschen, wegen des größern Kalibers der Kugeln, kann geschossen werden, und daß damit öfters von höheren Bergen nach Retranchements und Verschanzungen mit Bogenschüssen geschossen wird. In der Plaine aber und hauptsächlich in keiner zu großen Entfernung müßt Ihr Euch gleichfalls der Rollschüsse bedienen.

<341>

5. Instruction für den Obersten Lattorff
als Commandanten in Kosel341-1
(Dezember 1753)

Diese Instruction berührt zwei Hauptpuncte:

1. Was der Commandant zu observiren hat bei einem feindlichen Anfalle in Schlesien, und

2. Bei einer wirtlichen Belagerung.

Wenn es Krieg wird, so bestehet die ordentliche Garnison von der Stadt in dem Bosseschen Regimente, die nach den Umständen mit einem Grenadier-Bataillon kann verstärket werden. In Zeiten vom Krieg muß etwas Husaren in die Festung geschmissen werden.

Sind die Umstände so, daß die Armee nicht Oberschlesien decken kann, und daß sich also die Festung allein halten muß, so muß der Commandant sogleich alle Lebensmittel von den nächsten Dörfern beitreiben lassen, als Vieh, Speck, Malz, Getreide, Hafer, wofür er den Bauern Quittungen giebt, die statt Contribution341-2 von den Kammern sollen angenommen werden. Den Bürgern wird imgleichen angesagt, daß sie sich für 6 Monate verprovidiren sollen. Er muß ausrechnen, wie viel Menschen und Soldaten in der Stadt sind, um daß er für solche alle seinen Vorrath auf 6 Monate kriegt, und muß lieber auf längere als wenigere Zeit rechnen. Das Salz kann er aus dem nächstbelegenen Salz-Magazine kriegen.

Wenn er die Stadt dermaßen mit allem behörigen Vorrathe besorget hat, so müssen alle Ansialten vorgekehret werden, daß er gegen eine Surprise sicher ist; die bestehen in folgenden Puncten:

1. Müssen die Wachen alle alerte sein und die Ronden und Patrouillen ordentlich und ohne Négligence verrichtet werden;

<342>

2. Müssen niemalen die Thore geöffnet werden, bevor nicht eine Patrouille zu Pferde vor allen Thoren und um die Festung herum recognosciret hat, sowohl diesseits als jenseits der Oder.

Die Redoute muß mit 1 Lieutenant und 60 Mann besetzet sein; in jeder Caponniere muß 1 Unter-Officier und 12 Mann Wache halten. Die Kanonen müssen hauptsächlich auf den Werten der Ober- und Unter-Oder aufgefahren werden; die Pallisaden um den bedeckten Weg an der Ober- und Unter-Oder und Tête de pont342-1 gesetzt werden; es müssen Prahme gemacht werden, um die Wachen nach dem bedeckten Wege überzuschiffen.

Wenn Markttage sind, so müssen die Wachen an den Thoren und Hauptwache verdoppelt werden, die Wagen und Marktleute müssen einzeln einpassiren und vorhero an den Thoren wohl examiniret werden, um daß keine Leute mit Gewehr noch verkleidete Soldaten sich in die Stadt einschleichen, und müssen vor nächtlicher Weile die Marktleute alle wieder aus der Stadt geschafft werden. Auf die Einwohner, sonderlich Pfaffen, muß der Commandant ein wachsames Auge haben, daß sie nicht spioniren und mit dem Feinde correspondiren, und derowegen alle Leute, die aus den Thoren gehen, genau examiniren lassen, um daß keine Boten mit Briefen herauskommen mögen.

Wofern sich leichte Truppen vom Feinde nahe bei der Festung sehen lassen, so muß er sich in Respect setzen und sie, wenn derer wenige sind, von seinen Husaren wegjagen lassen. Kann er durch die Schulzen aus der Nachbarschaft erfahren, daß etwa kleine Commandos vom Feinde sich in der Nachbarschaft halten, so muß er solche nächtlicher Weile überfallen lassen, die Husaren mit etwas Infanterie souteniren, um ihnen bei Défilés den Rücken frei zu halten, und den Commandos, so er ausschicket, immer zwei Wege anzeigen, um den einen hin, den andern zurück zu kommen, und um dieses desto besser ins Werk zu richten, so muß er eine Meile und mehr in die Runde sich die Gegenden wohl bekannt machen, auch Officiere vom Regiment mitnehmen, daß sie sich alle Wege und Stege wohl notiren.

Dieses sind ohngefähr die Hauptpuncte, welche wegen eines vorkommenden Krieges zu observiren sind. Imgleichen dem commandirenden Generale, so viel es sich thun lasset, von des Feindes Mouvements und von dem Zustande der Festung alle acht Tage seinen Bericht abzustatten; damit aber der Bericht dem Feinde nicht nützen könnte, wenn er in dessen Hände käme, so muß solches in Chiffre geschehen, welchen er gleich fordern muß und den Ich ihm schicken werde342-2.

Bei einer Blockade ist weiteres auch nichts zu observiren, als daß er einen Officier über die Lebensmittel setzen muß, solche zu repartiren, und sich alle Tage einen Zettel davon muß geben lassen und wohl Acht haben, daß sie gut menagiret342-3 werden. Kanonen müssen nicht nach einzelnen Leuten schießen, sondern kleines Gewehr und<343> Wall-Musketen sind dazu gut genug; es muß nur nicht gelitten werden, daß keiner vom Feinde der Festung zu nahe komme, um solche zu recognosciren.

Stehet der Commandant nichts als Husaren und Panduren, so kann er gewiß sein, daß er nicht in Form wird attaquiret343-1 werden; stehet er aber Infanterie und Grenadiere, so ist es auf den Ernst angesehen.

Wegen der Belagerung, so ist die erste Disposition, die das Innerliche der Festung angehet. Dar muß die Garnison in drei Theile eingetheilet werden, um daß eines auf der Wache ist, das zweite ruhet aus, das dritte ist des Nachts auf dem Piquet oder hilft die Kanonen auf die Werke bringen und die Werke, so beschädiget sind, repariren. Alles, was Schmiede sind, müssen angehalten werden, Affuen343-2 zu repariren, Waffenschmiede, die Gewehre zu repariren; die Bürger müssen mithelfen, Faschinen machen, Schanzkörbe machen und den bedeckten Weg mit Schanzkörben zu besetzen. Faschinen müssen in der Menge und kleine Schanzkörbe in Vorrath gemacht werden. Bürgerweiber müssen Charpie machen und Bandagen, um die Blessirten zu verbinden; auch können sie mit die Blessirten warten. Alle Arbeit, so nicht unter dem Feuer vom Feinde gemacht wird, müssen die Bürger mitthun; damit schonet der Commandant seine Garnison. Er muß imgleichen die Bürger gebrauchen, um Feuer zu löschen, wenn solches durch Bomben in der Stadt auskäme; er muß im bedeckten Wege von Gegend zu Gegend kleine Pulver-Magazine in der Erde machen lassen, um das Pulver bei der Hand zu haben, aber nicht stärker ein jedes als 20 Centner.

Die Bursche, die von der Wache kommen, können ihre Betten in den Casematten haben, wo sie geruhig schlafen können und nichts zu besorgen haben; in den Casernen wären sie vor Bomben nicht sicher.

Was nun die Defension der Werke angehet, so ist das erste zu observiren, wo der Feind die Tranchée343-3 öffnen wird. Dieses kann nicht anders als nach dem Ratiborer Thore oder auf der Seite sein, wo der General Nassau die Stadt belagert hat343-4.

Um daß der Commandant sich nicht durch die Ouverturen343-5 der Tranchée surpreniren lässet, muß er des Nachts vor jeder Seite 1 Officier und 30 Mann ohngefähr icx> Schritt vor dem bedeckten Wege heraushaben und kleine Patrouillen Cavallerie von 3 Mann 200 Schritt weiter vorschicken. Sowie die Lärm hören, müssen die Husaren heranreiten und schießen, da wird der Feind bald antworten, so ist er entdecket. Alsdann ziehet der Commandant seine Detachements zurück, und muß er auf der Seite, wo der Feind die Tranchée öffnet, welches ohngefähr 800 Schritt von dem bedeckten Wege zu sein pfleget, in dem bedeckten Wege drei- oder sechspfündige Kanonen auffahren lassen und aus solchen mit Kugeln auf den Feind feuern, auch aus Doppelhaken nach ihm schießen lassen, imgleichen Pechkränze weit von dem Glacis<344> werfen lassen, um daß er sehen kann, wo der Feind ist, und daß man desto mehr und besser auf ihn schießen kann. Wenn sich der Feind also declariret hat, so muß er seine Defension auf der Seite darnach einrichten, dergestalt, daß er das Polygon, so attaquiret wird, mit Kanonen besetzet und den bedeckten Weg einen Mann hoch besetzet. Das Kanonenfeuer muß des Tages pur auf den Ort gerichtet sein, wo der Feind seine Batterien machet, um daß die ruiniret werden, ehe er sie fertig kriegt, und die Arbeit von neuem wieder muß angefangen werden. NB. Zu den eisernen Kanonen müssen die Cartouchen von Parchemin344-1 gemachet werden. Die Nacht darauf muß wieder mit Doppelhaken und kleinen Kanonen nach des Feindes Arbeitern gefeuert werden, und einige Kanonen müssen des Tages so gerichtet werden nach des Feindes Batterie, daß sie des Nachts noch darnach schießen können.

Wenn der Feind so nahe ist, daß er an die zweite Parallele kommt, welches ohngefähr 500 Schritt von dem bedeckten Wege zu sein pfleget, so muß der ComMandant kleine Ausfälle thun, von 1 Fähnrich und 22 Mann, und lassen solche zu unterschiedenen Malen des Nachts ausfallen und auf des Feindes Arbeiter ein paarmal zufeuern und sich dann gleich wieder in die Festung hereinziehen. Wenn er das des Nachts zu unterschiedenen Malen thut, so wird er damit des Feindes Arbeiter dermaßen stören, daß nichts die Nacht geschehen wird, und er muß auf nichts bedacht sein, als Zeit zu gewinnen. Wenn solche Ausfälle geschehen, muß der bedeckte Weg wohl besetzt sein; die den Ausfall thun, werden avertiret, an welchem Orte sie wieder in den bedeckten Weg herein sollen, und gelüstete es den Feind, sie zu verfolgen, so muß ihm ein starkes Feuer von kleinem Gewehr und von Kanonen, mit Kartätschen geladen, entgegen gegeben werden. Mit kleinen Sortien344-2 gewinnt der Commandant mehr als mit großen, er störet den Feind und kann nicht viel dabei verlieren; wenn er aber große Ausfälle thun wollte und solche mißlingen, so würde er so schwach werden, daß er seine Festung nicht bis zuletzt würde vertheidigen können.

Mit dergleichen kleinen Ausfällen und beständigem Feuern der groben Kanonen nach den Batterien muß continuiret werden, bis der Feind seine dritte Parallele gemacht hat. Alsdann vermuthlich wird der Feind die Tête de pont attaquiren, um daß er nachdem eine Batterie jenseits der Oder machen kann, um das attaquirte Polygon von da mit zu beschießen. Alsdann muß die Tête de pont auf gleiche Art wie die große Attaque defendiret werden, nur mit wenigeren Kanonen und Leuten.

NB. Wenn die dritte Parallele gemachet ist, so muß er des Tages und Nachts mit den Dreipfündern aus dem kleinen Chemin couvert344-3 nach der Parallele, und nach den Sappen mit Kartätschen feuern lassen und mit kleinem Gewehr desgleichen, bis die Sappen gegen den Chemin couvert kommen, alsdann kann er seine Minen gebrauchen, und muß er sehen, wenn ohngefähr der Feind mit seiner Arbeit darauf kommt, daß er sie alsdann springen lässet.

<345>

NB. Den nächsten Ort vom bedeckten Wege an der Mine ziehet man seine Leute zurück, wenn die Mine soll gesprenget werden, und lasset sie den bedeckten Weg besetzen, sowie sie ihren Effect gethan hat.

Wenn endlich der Feind so weit kommt, daß er den Chemin couvert couronniret und Cavaliers345-1 auf die Capitalen345-2 anfängt zu bauen, so müssen Soldat und Kanonen aus dem bedeckten Wege gezogen werden. Alsdann muß er ein präparirtes Feuer machen; doch können die Lunetten und Caponnièren noch besetzet bleiben. Das präparirte Feuer bestehet hierin, daß er das Ravelin stark mit Infanterie besetzet, 2 Mann hoch, und wie sich der Feind Meister machet vom bedeckten Wege, daß er daraus stark auf ihn feuern lässet, die Kanonen des Hauptwalles gleichmäßig, und dann kriegt er dazu das Feuer aus der Caponnière und Lunette in die Flanke, welches ihn sehr incommodiren muß.

Ausfälle kann er nicht thun, um den bedeckten Weg wieder einzunehmen, wegen des Wassergrabens. Dann muß bei Nacht die Caponnière geräumet werden, wenn man siehet, daß sie nicht weiter haltbar ist; mit Stein-Mortiers wird aus der Stadt nach dem bedeckten Wege die Nacht geworfen, und der Feind arbeitet, um die Batterie nach dem Ravelin und den beiden Haupt-Facen des Corps de Ia place345-3 zu machen. Da müssen die Kanoniere vom Hauptwalle und das kleine Gewehr aus dem Ravelin alles anwenden, um die Arbeit ihm schwer zu machen. Wenn die Batterien des Feindes anfangen zu gehen, so wird viel Geschütz in der Stadt ruiniret werden, und muß der Commandant brav arbeiten lassen, daß er wieder Affuten machen lasset und des Nachts wieder Kanonen auf den Wall aufbringet und frische Schießscharten einschneidet. Dann wird der Feind anfangen, seine Gallerte345-4 über den Hauptgraben zu machen; die kann der Commandant mit beständigem Feuer aus den Collateral-Werken345-5 aufhalten, auch des Nachts Prahme, die blindiret345-6 sind aufs Feindes Seite, mit Mannschaft auf die Gallerie schicken, die auf die Arbeiter feuern und mit Haken und andern Instrumenten die Gallerie verderben, auch Pech und combustible345-7 Materien darauf schmeißen, um die Faschinen damit zu verbrennen, auf daß der Feind gezwungen wird, die Arbeit von vorn anzufangen. Wenn die Gallerie auf dem Ravelin fertig ist, so muß der Commandant sein präparirtes Feuer im Abschnitt vom Ravelin fertig haben, die Leute aus dem Werke, das da wird gestürmet werden, zurückziehen und aus dem Abschnitte und vom Wall stark auf die Stürmer feuern lassen. Ist seine Garnison noch stark, so kann er aus dem Abschnitte eine Sortie von beiden Seiten thun und schmeißen den Feind aus dem Werke heraus; er muß sich aber nicht zu sehr opiniatiren345-8, das Vordertheil des Ravelins zu behaupten. Wenn das der Feind eingenommen hat und etabliret sich darauf, so bauet er seine Batterien, um auf den Abschnitt zu feuern. Die Wehre345-9 continuiret der Commandant, wie vorhero ist gesaget worden, bis er siehet, daß die<346> Bresche beinahe fertig ist; dann ziehet er des Nachts seine Leute aus dem Wege zurück und retiriret sie in den Wall, lasset nur einzelne Leute, die auf den Feind Granaten werfen. Auf dem Corps de la place macht er dann von neuem sein präparirtes Feuer nach dem Ravelin zu und, sowie es der Feind stürmet, so lasset er mit kleinem Gewehr, mit Kanonen, mit Kartätschen geladen, darnach schießen und mit Bomben darnach werfen. Wenn dann der Feind sich endlich hierauf etabliret hat und seine Gallerie nach dem Hauptwalle beinahe fertig hat, so muß der Commandant seine ganze Garnison in den innern Abschnitt ziehen und den stark mit Kanonen- und Infanterie-Feuer besetzen, auf daß, wenn der Feind den Wall stürmet, er ihm noch ein präparirtes Feuer aus dem Abschnitte geben kann.

Wenn der Sturm vorbei ist und der Commandant hat keine Hoffnung zum Succurs, so muß er sich ergeben und die beste Capitulation mit Honneurs vom Feinde zu bekommen suchen; dabei, nicht zu vergessen, muß er stipuliren den Abzug und den nächsten Weg nach Brieg oder Neiße zu marschiren.

Hat er aber Succurs zu hoffen, so muß er alle Extremitäten erwarten346-1, und sowie er stehet, daß das Hülfs-Corps mit dem Feinde an einander ist, so muß er mit dem Meisten seiner Garnison einen starken Ausfall auf die feindlichen Tranchéen thun, um daß der Feind von allen Seiten die Hände voll zu thun hat.

Weil auch die Garnison, wor sie eine gute Gegenwehr thut, pfleget geschwächet zu werden, so muß der Commandant doch dafür sorgen, daß doch immer ein Theil der Garnison 10 Stunden Ruhe hat, sonst werden die Leute von der Müdigkeit so unbrauchbar, daß er nichts mit ihnen anfangen kann.

NB. Sowie Lärm wird und daß der Commandant vermuthen kann, daß er belagert wird, so muß ihm die Breslauer Kriegskasse drei Monate Tractament für die Garnison vorschießen. Die Bursche kriegen das Brod umsonst, und wenn sie sich gut halten, so ist auch der Commandant auctorisiret, ihnen nach Gutfinden einige Douceurs346-2 widerfahren zu lassen.

<347>

6. Plan der Verteidigung Schlesiens gegen Böhmen347-1
(nach 1745)

Mein Plan der Verteidigung Schlesiens gegen Böhmen fußt auf den vorteilhaften Lagern, die sich dort beziehen lassen. Der Feind kann nur auf zwei Straßen über die Grenze kommen: entweder auf der von Trautenau oder auf der von Braunau. Sobald die Befestigung von Schweidnitz vollendet ist, kann der Platz sich allein verteidigen, und die Armee kann weiter ins Gebirge vorrücken. Sie muß dann hinter Liebau lagern, mit dem rechten Flügel auf dem Einsiedelberg und mit dem linken beim Dorfe Neuen. Dort findet sie auf beiden Flügeln Wasser, und die ganze Situation des Lagers ist äußerst vorteilhaft. Glatz muß mit 5 kriegsstarken Bataillonen besetzt werden und 1 500 Husaren erhalten. Der Kommandant soll die Husaren aber möglichst wenig in Tätigkeit treten lassen, damit der Feind ihre Zahl nicht kennt. Sobald dieser über Braunau marschiert, muß die Armee auf Friedland rücken, der rechte Flügel hinter die Stadt, der linke hinter Waltersdorf. Dringt der Feind dann in Schlesien ein, so ist er verloren. Denn die Armee und der Kommandant von Glatz schneiden ihm die Zufuhr ab, die er von Braunau bezieht, und zerstören seine Magazine völlig. Angenommen, er rückte trotzdem auf Schweidnitz vor, so kann die Armee in zwei Kolonnen durch das Waldenburgische in das Lager von Reußendorf marschieren, wo der rechte Flügel sich an den Bärengrund und der linke an das Wirtshaus zum Weißen Ranzen anlehnt. Dies Lager ist das schönste, das ich in meinem Leben gesehen habe: ein Glacis, auf dem die Armee kampiert; die Kavallerie holt ihr Wasser aus Dittmannsdorf und aus Reußendorf, wo ein Bach stießt.

NB. Das Lager bei Reichenau, das die Österreicher vor der Schlacht bei Hohenfriedberg hatten347-2, könnte umgangen werden, und zwar folgendermaßen. Die Armee könnte in zwei Kolonnen marschieren, die eine über Bögendorf, die andre über Burkersdorf auf Hohengiersdorf. Die Bögenberge haben nichts zu bedeuten; der Feind könnte die Übergänge nicht verteidigen, und sobald die Armee in Hohengiers<348>dorf ist, dehnt sich nach allen Seiten eine sehr weite Ebene. Die rechte Kolonne marschiert über den Weißen Ranzen und zieht am Fuße der Berge entlang, die sie zur Rechten behält. Die linke Kolonne zieht am Dorfe Seitendorf vorbei, das sie links liegen läßt.

NB. Man kann sogar in vier Kolonnen marschieren, die ohne Schwierigkeit die Dörfer Salzbrunn und Adelsbach passieren können und in der Ordre de bataille gegen die rechte Flanke der Armee vorgehen, die bei Reichenau lagert.

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7. Denkschrift, wie man den Gegner zwingt, seine Stellung an der Katzbach zu verlassen (nach 1763)

Wie man im letzten Kriege gesehen hat, setzten die Österreicher das größte Vertrauen in den Plan, sich hinter der Katzbach zu lagern, um die Preußen von den schlesischen Festungen abzuschneiden und diese in aller Gemächlichkeit zu belagern, während sie uns hindern, ihnen zu Hilft zu kommen.

Als im Jahre 1757 Feldmarschall Dann die Lausitz verließ, bezog er sofort die Stellung bei Wahlstatt. Der Herzog von Bevern, der damals gegen ihn befehligte, entschloß sich, bei Parchwitz über die Oder zu gehen, nach Breslau zu marschieren, dort abermals die Oder zu überschreiten und am Lohe-Ufer eine Stellung zu nehmen349-1.

Im Jahre 1760, nach der Aufhebung der Belagerung von Dresden, als der König dem Feldmarschall Daun nachfolgte, bezogen die Österreicher die gleiche Stellung an der Katzbach. Sie waren zu stark, um vom König umgangen zu werden; die Oder zu überschreiten, verbot ihm die Nähe der Russen. Trotzdem befreite er sich aus dieser schwierigen Lage durch den Sieg bei Liegnitz349-2.

Nun aber sieht es fest, daß man nie auf den Gewinn einer Schlacht rechnen darf, wenn man einem dreifach überlegenen Feinde gegenübersteht, besonders wenn sich dessen Absichten durch zuverlässigere und bequemere Mittel vereiteln lassen. Daran habe ich wohl gedacht. Da nun wahrscheinlich jedesmal, wo die Häuser Brandenburg und Österreich sich bekriegen, Sachsen einen Teil des Kriegsschauplatzes bilden wird und die österreichischen Heerführer, sobald die Armeen in der Gegend von Dresden stehen, allemal auf diesen Lieblingsplan einer vorteilhaften Stellung an der Katzbach zurückkommen werden, so habe ich mich dadurch zu genauerer Kenntnisnahme dieses Geländes anregen lassen, um den bestmöglichen Plan zur Durchkreuzung der feindlichen Absichten zu ersinnen, ja den Gegner selbst in die größte Bedrängnis zu bringen.

Ich setze zunächst voraus, daß beide Armeen aus der Lausitz kommen. Die österreichische muß notwendig den Rücken nach Böhmen haben; sie kann nur von Bautzen über Lauban auf Löwenberg marschieren und ihr Hauptdepot nur in Hirsch<350>berg anlegen, während ihre Hauptmagazine sich in Schatzlar und Braunau befinden. Die preußische Armee, die ihr zur Seite bleibt, kann nur auf Bunzlau rücken; denn sie muß auf diesem Marsch ihre Lebensmittel gleichfalls decken und ihnen mit zwei Meilen Abstand zur Seite bleiben.

Damit sind wir auf dem Kriegsschauplatz. Mit der Einnahme von Löwenberg haben die Österreicher noch nichts gewonnen; sie müssen über Goldberg marschieren, wo sie ihr erstes Lager beziehen, um dann über Wahlstatt, Hochkirch und Parchwitz weiterzurücken. In diesem Falle rate ich dem preußischen Heerführer, jenseits des Bober bei Bunzlau zu lagern. Er läßt, wie es der Plan angibt350-1, seine Nachhut und Lebensmittel diesseits, zeigt sich höchst eifersüchtig auf die Stellungen an der Katzdach, die der Feind beziehen will, schickt ein Detachement hin und macht alle möglichen Demonstrationen, als wollte er zugleich mit dem Feinde dorthin marschieren. Sobald er aber erfährt, daß die Österreicher Löwenberg verlassen haben, muß er schleunigst über den Bober zurückgehen und sich in Marsch setzen, die Armee rechts, die Lebensmittel links, um das Lager bei Wiesenthal zu erreichen.

Diese Bewegung ist, wie ich bereits sagte, entscheidend. Da es indes möglich wäre, daß hinter den Österreichern eine Arrieregarde herzöge, die sich in der Lausitz verspätet hat, so ist eine Stelle, die der Feind passieren kann, angegeben, an der man aufmarschieren und die Arrieregarde angreifen könnte, da sie von Goldberg zu weit entfernt ist, um von dort die geringste Hilfe zu erhalten. Die Stellung bei Wiesenthal ist entscheidend, weil sie den Feind von Hirschberg abschneidet. Dahin müssen sofort leichte Truppen abgeschickt werden, um sich der dortigen Magazine zu bemächtigen. Am nächsten Tage macht die Armee eine Bewegung auf Ludwigsdorf. Dadurch kommt sie Hirschberg näher und erhält Zeit genug, um die feindlichen Magazine vollends zu zerstören. Zugleich werden die Straßen und das für die Lebensmittel bestimmte Lager erkundet.

Nach Ausführung dieses Planes ist die femdliche Armee, ihrer Lebensmittel beraubt, zur Räumung von Schlesien gezwungen und kann nichts weiter tun, als sich in die Lausitz werfen, sei es, um die Straße über Friedland nach Böhmen einzuschlagen, sei es, um neue Lebensmittel für eine zweite Unternehmung zu sammeln. In diesem Falle würde ich den Preußen raten, jeden Kampf zu vermeiden. Die für sie angegebenen Lagersiellungen sind unbezwinglich, wenn man sie nach dem beiliegenden Plane besetzt. Auch bei Seifersdorf sind welche eingezeichnet: der Heerführer kann sie je nach den Umständen besetzen und je nachdem, welche Richtung er bei seinem Marsch einschlagen zu müssen glaubt; denn es hängt dann nur von ihm ab, ob er sich gegen Schweidnitz oder Landeshut wenden will.

<351>

8. Vorrede zum Auszug aus den Kommentaren des Chevalier Folard zur Geschichte des Polybios (1753)351-1

Das vorliegende Werk kann sich der „Geist Folards“ nennen. Unter den Visionen und Maßlosigkeiten des berühmten Militärschriftstellers finden sich Schätze. Er hat Diamanten im Dunghaufen vergraben. Wir haben sie ans Licht gezogen, und statt sechs dicker Quartbände bieten wir den vierten Teil eines dieser Bände. Das Kolonnensystem351-2 ist ausgemerzt. Beibehalten sind nur die Kriegsoperationen, die er richtig beschreibt, die weise Kritik, die er an der Heerführung einiger französischer Feldherren übt, verschiedene taktische Regeln, Beispiele merkwürdiger und genialer Verteidigungen und schließlich einige nützliche Projekte, die Anlaß zu noch nützlicheren Betrachtungen geben. Man darf den Chevalier Folard nicht verwerfen, weil er sich ein besonderes System des Krieges gezimmert hat; vielmehr muß man es loben, daß sein Werk Stoff zu einem so nützlichen Auszuge wie der nachfolgende geliefert hat. Unter der Unzahl der gedruckten Bücher sind nur sehr wenige aus lauterem Gold und auch nur wenige, aus denen man so Gutes lernen kann wie aus den Kommentaren zu Polybios.

Es wäre für den Fortschritt des menschlichen Wissens zu wünschen, daß man, statt neue Bücher zu schreiben, vielmehr gute Auszüge aus den schon vorhandenen machte. Dann brauchte man nicht zu fürchten, seine Zeit mit unnützer Lektüre zu verlieren. Die Militärs werden uns hoffentlich Dank wissen, daß wir ihnen die Lektüre der sechs Bände ersparen und ihnen nur die Quintessenz bieten.

Die Kriegskunst verdient gewiß ebenso gründlich studiert zu werden wie jede andre Kunst. Aber es fehlt ihr noch an Klassikern. Wir haben nur wenige. Cäsar lehrt uns<352> in seinen Kommentarien nichts mehr, als was wir im Pandurenkrieg sehen352-1. Sein Zug nach Britannien ist nichts andres. Ein heutiger Heerführer könnte von alledem nichts gebrauchen als die Aufstellung seiner Reiterei in der Schlacht bei Pharsalus. Von allen Kriegen, die zur Zeit des späteren Kaiserreichs geführt wurden, ist nichts zu lernen. Erst während des Aufstands der Niederlande kommt die Kriegskunst wieder empor. Turenne, ein Schüler des Prinzen Moritz von Oranien, lernte dort die seit vielen Jahrhunderten daniederliegende Kunst. Seine von ihm selbst beschriebenen beiden letzten Feldzüge352-2 zählen zu unsten besten klassischen Büchern. Nach ihm kommt Feuquières352-3, ein strenger Beurteiler der Feldherren seiner Zeit. Hinzufügen kann man noch Santa Cruz352-4 und die Kriegsgeschichte Ludwigs XIV.352-5, die für das Studium der Feldzugspläne wichtig ist; nicht als ob wir diese als Muster empfehlen, sondern weil man an ihrem Ausgang sieht, woran man es damals bei seinen Maßregeln fehlen ließ352-6, und weil man aus den Fehlern der andren lernt und auf ihre Kosten seine Erfahrung bereichert.

Zu diesen Werken kann man auch den von uns redigierten und gekürzten Folard rechnen. Der Herausgeber dieses Auszugs bezweckt nichts als den größeren Ruhm des Waffendienstes, indem er den Offizieren das Studium ihrer Kunst und eines Berufes erleichtert, der zur Unsterblichkeit führt.

<353>

9. Vorrede zum Auszug aus Quincys „Kriegsgeschichte Ludwigs XIV.“
(5. Oktober 1771)353-1

In allen Ländern ergreifen viele Edelleute den Waffenberuf, aber die Beweggründe, aus denen sie sich einem so ruhmvollen Berufe widmen, sind sehr verschieden. Die einen sind arm an Glücksgütern und betrachten den Militärdienst als Notbehelf, der ihnen schlecht und recht einen anständigen Unterhalt gewährt. In ihrer Sorglosigkeit vertrauen sie auf die Zeit und meinen, wenn die Reihe an sie kommt, werden sie schon avancieren. Lange gedient haben und gut gedient haben halten sie für das gleiche, und kann man ihnen keine grobe Pfiichtwidrigkeit vorwerfen, so sind sie mit sich selbst durchaus zufrieden. Andre geben sich den seichten Genüssen hin, an denen unsre Zeit so reich ist, stürzen sich in Vergnügungen und Zerstreuungen und sind alles andre, nur nicht Soldaten, was doch ihr Beruf ist. Endlich gibt es unter ihnen einige wenige, die, von edlem Ehrgeiz beseelt, danach streben, sich durch ihren Mut, ihre Fähigkeit und Klugheit in der Welt vorwärtszubringen, die stets lernbegierig, nur die Gelegenheit herbeiwünschen, sich aufzuklären und den Kreis ihrer Kenntnisse zu erweitern. Für diese hat man einen Auszug aus einer Schrift über die am Ende des vorigen und am Anfang des jetzigen Jahrhunderts angegriffenen und verteidigten Städte angefertigt. Man hat Sorge getragen, eine Auswahl der berühmtesten Belagerungen zu treffen, um den Wißbegierigen die Hilfsmittel zu zeigen, die Kunst und Geist zum Angriff und zur Verteidigung fester Plätze finden.

Wer für einen tüchtigen Offizier gelten will, muß eine Fülle von Kenntnissen und Talenten in sich vereinigen. Er muß seine Truppen zu schulen verstehen, damit<354> der Soldat imstande ist, die erforderlichen Evolutionen auszuführen. Ein Offizier, der nur im geringsten daran denkt, sich zu höheren Stellen aufzuschwingen, muß gründliche Kenntnisse in der Taktik oder der Manövrierkunst, in Angriffen, Verteidigungen, Rückzügen, Märschen, Flußübergängen, Transportbedeckungen, Fouragierungen und allen Dispositionen besitzen, die der Feldkrieg erfordert. Er muß genaue Kenntnis des Landes haben, in dem er Krieg führen soll, muß die Lagerkunst beherrschen, die Vorteile des Geländes kennen und zu benutzen wissen, die Art, wie man seine Truppen aufstellt und ihnen beim Kampfe die Überlegenheit verschafft.

Abgesehen von all diesen Kenntnissen aber muß ein Infanterieoffizier sich schämen, wenn er nicht über den Fesiungskrieg Bescheid weiß. Dieser Dienst betrifft einzig und allein die Infanterie, und es werden wenige Feldzüge geführt, in denen nicht Städte belagert oder verteidigt werden. Hier findet er Gelegenheit, sich auszuzeichnen. Ein Offizier, der die Belagerungskunst nicht kennt, kann sie nicht benutzen, denn seine Unwissenheit versagt ihm die Mittel dazu; wogegen ein Offizier, der ein paar Mußestunden dazu verwandt hat, diesen Teil des Krieges gut zu studieren, hundert Gelegenheiten findet, sich auszuzeichnen, was ihn notwendig vorwärtsbringen muß.

Um den Erwerb dieser Kenntnisse zu erleichtern und Neigung dafür zu erwecken, hat man dies Buch übersetzt und es in der vorliegenden Form herausgegeben. Man hofft, daß die, welche ihren Beruf lieben, dies neue Mittel zu ihrer Belehrung begrüßen werden. Der Übersetzer wird sich für seine Mühe reichlich belohnt fühlen, wenn er mit Hilfe der in diesem Buch enthaltenen Kenntnisse zur Beförderung und Auszeichnung derer beitragen kann, die es mit Vorteil lesen.

Jede Kunst hat ihre Regeln und Grundsätze. Man muß sie studieren; die Theorie erleichtert die Praxis. Ein Menschenleben reicht nicht hin, um vollkommene Erkenntnis und Erfahrung zu erwerben. Die Theorie muß sie vervollständigen. Sie gibt der Jugend frühreife Erfahrung und macht sie sogar durch die Fehler andrer geschickt. Im Kriegshandwerk verstößt man nie gegen die Regeln der Kunst, ohne vom Feinde dafür gestraft zu werden. Er freut sich stets, uns bei einem Fehler zu ertappen. Ein Offizier kann sich viele falsche Schritte ersparen, wenn er sich unterrichtet, ja wir wagen zu sagen: er muß es tun; denn die Fehler, die er aus Unwissenheit begeht, bedecken ihn mit Schande, und selbst wenn man seinen Mut lobt, kann man nicht umhin, seine Dummheit zu tadeln. Welch ein Ansporn zum Fleiß! Wie viele Beweggründe, den dornigen Pfad zu beschreiten, der zum Ruhme führt! Und wo winkt ein schönerer und edlerer Lohn für Mühe und Arbeit, als der, seinen Namen unsterblich zu machen!

<355>

III. Militärische Gedenkschriften

<356><357>

Gedächtnisrede auf Goltz
Gelesen in der Akademie am 30. Mai 1748

Georg Konrad Freiherr von der Goltz, preußischer Generalmajor, Kommandeur der Gensdarmes, General-Kriegskommissar, Amtshauptmann von Kottbus, Peitz und Aschersleben, Ritter des Johanniterordens, Herr von Kuttlau, Neukranz, Mellenthin, Heinrichsdorf, Reppow, Blumenwerder, Latzig und Langenhof, wurde 1704 in Parsow in Pommern geboren. Sein Vater, Hennig Bernhard Freiherr von der Goltz, war Rittmeister in polnischen Diensten, seine Mutter Ilsa Katharina eine geborene von Heydebreck. Er erhielt seine Schulbildung bei den Jesuiten in Thorn und bezog dann die Universität Halle, wo er seine Studien vollendete und sich die Kenntnisse erwarb, die für einen jungen Edelmann erforderlich sind, den die Eltern zum Staatsdienst bestimmen.

Im Jahre 1725 wurde er durch seinen Onkel, den Staatsminister Graf Man-teuffel, in den Dienst des Königs von Polen gezogen. 1727 ging er mit Graf Hoym als Legationsrat nach Paris. Zwei Jahre später nach Sachsen zurückberufen, wurde er Wirklicher Legationsrat und erhielt zugleich den Kammerherrnschlüssel.

Die Kabalen eines ränkesüchtigen Hofes stürzten seinen Protektor und erschütterten seine aussichtsreiche Stellung. Goltz faßte bald Widerwillen gegen die dornige Lauft bahn, die er eingeschlagen. Er sah nichts vor sich als den Sturz großer Würdenträger und jähe Umschläge von höchster Gunst zu Ungnade und Vergessenheit. So gab er denn die diplomatische Laufbahn auf, quittierte den sächsischen Dienst und ergriff einen Beruf, in dem man nur ein Ehrenmann zu sein braucht, um seinen Weg zu machen.

Der Ruf der preußischen Truppen und die Liebe zum Vaterland ließen ihn den Waffendienst allem andren vorziehen. Im Jahre 1730 bekam er eine Kompagnie im Regiment Bayreuth-Dragoner. Es war damals nicht so leicht, aus fremden Diensten in preußische überzutreten. Dazu bedurfte es anerkannter Verdienste. Goltz sollte die gute Meinung, die man von ihm hatte, bald rechtfertigen. Bei seinen glücklichen Geistesanlagen und seinen reichen Talenten konnte er aus sich machen,<358> was er wollte, und in jedem Berufszweige hervorragen. Kaum war er Offizier, so übertraf er alle Kameraden seines Regiments an Pünktlichkeit und Wachsamkeit. Durch sein Streben gelangte er bald zu so gründlicher Kenntnis seines Berufes, daß man gleich aus seinen Anfängen erkannte, was er eines Tages leisten würde. So erkannte Odysseus den Achill, als er ihm Waffen zeigte.

Das Verdienst von Goltz entging dem verstorbenen König, einem großen Menschenkenner, nicht. Er schickte ihn 1733 nach Warschau, als der Tod König Augusts II. von Polen den Ränken, Parteiungen und Zwistigkeiten der Republik ein weites Feld eröffnete. Alles war erregt durch die Umtriebe der europäischen Mächte bei der neuen Königswahl.

Goltz kannte nicht nur die Interessen aller großen polnischen Familien. Er besaß auch Scharfblick und die glückliche Gabe, Wahrheit und Wahrscheinlichkeit sofort zu unterscheiden. Seine Berichte sagten die Absichten der Polen genau voraus. Aus den gegenwärtigen Ursachen las er die künftigen Wirkungen und entledigte sich seines Auftrages so geschickt, daß die Achtung des verstorbenen Königs für ihn noch zunahm.

Friedrich Wilhelm konnte ihm keinen besseren Beweis seiner Hochschätzung liefern, als indem er ihm Gelegenheiten gab, sich auszuzeichnen. Den Rheinfeldzug von 1734 machte er bei den 10 000 Preußen mit, die im kaiserlichen Heere fochten358-1. Aber der Feldzug war arm an großen Ereignissen und enttäuschte die Hoffnung des jungen Kriegsmannes, der auf eine Gelegenheit brannte, sich hervorzutun. Allein fähige Köpfe wissen aus allem Nutzen zu ziehen. Goltz studierte das Proviantwesen und war darin bald seinen Lehrern überlegen.

Im folgenden Feldzuge ernannte ihn der König zum Oberstleutnant im Regiment Cossell. Aber der Friede kam gleich darauf zustande, und die Kriegspraxis wurde für Goltz wieder zur bloßen Theorie. Er kehrte mit seinem Regiment nach Preußen zurück und wandte sich wieder seinem alten Studium, der schönen Literatur, zu, die für den Waffenberuf so nützlich ist, daß die meisten großen Feldherren ihr ihre Muße gewidmet haben.

Im Jahre 1740, nach Friedrich Wilhelms Tode, berief der König Goltz in seinen persönlichen Dienst. Der Erste Schlesische Krieg brach aus und gab dem Militär die schönste Gelegenheit, sich auszuzeichnen. Goltz setzte die Kapitulation von Breslau auf358-2 und wurde dann zum Erbprinzen Leopold von Anhalt geschickt, mit dem Auftrag, Glogau mit Sturm zu nehmen358-3. Er war einer der ersten, die die Wälle erstiegen. Nachdem er dem König die Einnahme gemeldet hatte, erhielt er Befehl, den Marsch von 14 Schwadronen zu beschleunigen, die zur Armee stoßen sollten, aber erst am Ende der Schlacht von Mollwitz eintrafen358-4. Goltz benutzte sie zur Verfolgung des Feindes.

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Wegen dieser Dienste erhielt er die Herrschaft Kuttlau, ein soeben frei gewordenes Lehen. Aber Goltz wollte bei aller Dankbarkeit für die Güte des Königs ihm lieber nützlich sein als sich belohnen lassen. Bei seiner Rührigkeit konnte es ihm an Gelegenheiten zur Befriedigung einer so edlen Leidenschaft nicht fehlen.

Im Kriege erkennt man erst den ganzen Wert der Tatlust und Wachsamkeit. Gunst schweigt dort vor dem Verdienst. Dünkel verblaßt vor den Talenten. Das Staatswohl erfordert eine sichere und gescheite Auswahl derer, die die vielseitigste Verwendung finden. Denn wieviel Triebfedern muß man nicht zugleich spielen lassen, um die großen Heere, die man heute aufstellt, mit Lebensmitteln zu versehen und in Bewegung zu setzen! Es sind wahre Völkerwanderungen und Eroberungszüge, bei denen sich aber die Bedürfnisse täglich erneuern und regelmäßig befriedigt sein wollen. Ganze Nationen ziehen von Ort zu Ort, und es ist schwerer, sie vor Hunger als vor ihren Feinden zu schützen. Infolgedessen sind die Pläne des Feldherrn stets mit der Proviantfrage verkettet, und seine größten Projekte schrumpfen zu heroischen Hirngespinsten zusammen, wenn er nicht vor allem auf Sicherung der Verpflegung bedacht gewesen ist. Der, dem er dies Amt überträgt, wird damit zum Vertrauten seines Geheimnisses und mit allem verknüpft, was es im Kriege Großes und im Staate Wichtiges gibt.

Aber welche Gewandtheit ist nicht in solcher Stellung nötig, um so weite Gebiete zu beherrschen, Zwischenfälle und unverhoffte Ereignisse vorherzusehen und schon im voraus so bestimmte Maßregeln zu treffen, daß kein Zufall sie umwerfen kann! Welcher Hilfsquellen des Geistes, welcher Aufmerksamkeit bedarf es, um zu jeder Zeit und an jedem Orte eine solche Menge unruhiger, ungeduldiger und unersättlicher Leute mit dem Notwendigen und auch mit dem Überflüssigen zu versehen! Alle diese verschiedenen Talente und glücklichen Anlagen waren in Goltz vereinigt. Der König ernannte ihn zum Armeeintendanten, und was noch bemerkenswerter ist: jedermann zollte dieser Wahl Beifall.

Goltz war wie Proteus in der Fabel. Im ersten Feldzuge leistete er die Dienste eines Adjutanten, eines Generals, eines Intendanten und sogar eines Unterhändlers. Er wurde mit einem wichtigen geheimen Auftrage betraut359-1, von dem die Öffentlichkeit nie volle Kenntnis erhielt. Was man aber sehr wohl wußte, war, daß er seine Ämter wechselte, ohne daß man es an seiner Tätigkeit merkte, da er sich seiner Aufgabe stets gleich gut entledigte.

Im Jahre 1742 folgte er dem König nach Böhmen und gab in der Schlacht von Czaslau Proben seiner Fähigkeit, aus denen Kenner ersahen, daß sein Genie die Erfahrung zu ersetzen wußte. Am Ende des Feldzuges ward er Oberst und Kommandeur des Regiments Gensdarmes.

<360>

Der Breslauer Friede, eine Folge jenes Sieges, führte ihn nach Berlin zurück, wo er bei der Erneuerung der Königlichen Akademie der Wissenschaften zum Ehrenmitglied gewählt wurde. Er wohnte unsren Sitzungen oft bei und brachte so mannigfache und ausgedehnte Kenntnisse mit, daß kein dort behandelter Gegenstand ihm fremd oder neu war.

Im Jahre 1743 wurde er Generalmajor, und im Jahre darauf, als der Krieg abermals ausbrach, entführten ihn uns die Pflichten seines Berufes. Goltz nahm an allen Unternehmungen des Feldzuges teil und machte sich bei allen nützlich. Sein Geist lieferte ihm die Hilfsquellen zur Verpflegung der Truppen selbst da, wo es schien, als ob Mangel zur Einstellung der Feindseligkeiten zwingen müßte.

Wir kommen nun zum schönsten Abschnitt seines Lebens, dem Feldzug von 1745, in dem er Gelegenheit fand, seine Fähigkeiten in vollem Umfange zu entwickeln. Im Anfang des Jahres teilte ihm der König seinen Feldzugsplan mit, durch eine Schlacht die Offensive an sich zu reißen und den Feind in seine eignen Provinzen zu verfolgen. Was Goltzens Tätigkeit noch erschwerte, war die Ungewißheit über den Ort, wohin der Feind seinen Hauptstoß führen würde. Er mußte also doppelte Vorkehrungen treffen, sowohl nach der mährischen als auch nach der böhmischen Grenze hin. Wie allgemein bekannt, drang der Feind aus Böhmen in Schlesien ein, und so kam es am 4. Juni zur Schlacht von Hohenfriedberg. Goltz kämpfte am rechten Flügel mit seiner Kavalleriebrigade und verrichtete Wunder an Tapferkeit, während der Schlacht wie bei der Verfolgung. Kaum vom Pferde gestiegen, nahm er die Feder zur Hand und gab hundert verschiedene Anordnungen für die Proviantzüge, die der Armee folgen sollten.

Die Preußen warfen die Truppen der Königin von Ungarn bis über Königgrätz zurück. Der König ging über die Elbe und lagerte beim Dorfe Chlum, das noch eine Meile weiter liegt360-1. So waren die Preußen 10 Meilen von ihren Magazinen entfernt. Eine Gebirgskette, die hinter ihnen lag, trennte sie davon. Kein schiffbarer Fluß zum Transpott war vorhanden, und die Gegend rings um das Lager, von den Einwohnern verlassen, glich einer Einöde. Goltz überwand alle Hindernisse. Denn obgleich die Lebensmittel aus Schlesien bezogen werden mußten, merkte doch niemand etwas von diesen Schwierigkeiten, und die Armee lebte im Überfluß.

Angesichts der außerordentlichen Menge von Einzelheiten, die sein Amt mit sich brachte, glaubt man kaum, daß ein einziger sie allein beherrschen konnte. Aber Goltz besaß das besondere Talent Cäsars. Er diktierte, wie dieser große Mann, vier Sekretären zugleich und behielt dabei immer den Kopf klar, trotz der Last der kompliziertesten und schwierigsten Arbeiten.

Kaum war Goltz General-Kriegskommissar und Amtshauptmann von Kottbus und Peitz geworden, als er seinem König auf die vornehmste Weise, deren ein Unter<361>tan seinem Herrscher gegenüber fähig ist, seinen Dank abstattete, nämlich durch Dienste, die noch wichtiger waren als die bisher geleisteten.

Politische und militärische Gründe bewegen den König, sich der schlesischen Grenze zu nähern. Seine Armee war durch drei starke Detachements geschwächt. Das eine war zum alten Fürsten von Anhalt im Lager von Magdeburg gestoßen, das zweite unter General Nassau hatte Kosel zurückerobert und das dritte unter Du Moulin besetzte die nach Schlesien führenden Bergpässe, durch die die Armee ihre Zufuhr erhielt. Den Österreichern schienen diese Umstände günstig. Sie kamen des Nachts angerückt und stellten sich bei dem rechten Flügel der Armee des Königs auf361-1, und zwar auf einem Berge, der ihnen außer dem Votteil der Überzahl auch noch den des Geländes gewählte.

Goltz, der auf dem rechten Flügel lagerte, war der erste, der den König von der Ankunft des Feindes benachrichtigte. Die Armee trat sofort unter Gewehr und machte sich zum Angriff bereit. Zehn Schwadronen, die die erste Brigade unter Goltz bildeten, zwei Schwadronen der zweiten Brigade und fünf Grenadierbataillone — das war alles, was man zum Angriff bereit hatte, der Goltz aufgetragen ward.

Sich gegenüber hatte er 50 österreichische Schwadronen, die in drei Treffen auf dem Kamm eines Berges aufgestellt waren. Sie angreifen, durchbrechen und zersprengen war für ihn das Werk eines Augenblicks. Zerstreut durch kleine Täler fliehend, vermochte die feindliche Kavallerie sich nicht mehr zu sammeln, und so tonnte die preußische Infanterie die Hauptbatterie der Österreicher mit der größten Leichtigkeit erobern. Man war gewohnt, von Goltz doppelt soviel zu verlangen wie von andern. Und da es für einen Tag schier zu wenig war, eine Schlacht gewonnen zu haben, detachierte man ihn mit seiner Brigade von der Rechten, wo sie überflüssig wurde, nach der Linken, wo er zum zweiten Male mit dem gleichen Erfolg wie zuvor kämpfte. Der König sprach es dem General selbst aus, daß ihm der Löwenanteil am Gewinn dieser Schlacht gebühre, in der Tapferkeit die Zahl weit machte und die Umsicht der Offiziere die Dispositionen ersetzte, die bei der Kürze der Zeit nicht getroffen werden konnten.

Danach bezog die Armee ihre Kantonnementsquartiere in Schlesien. Aber bald brach ein neues Ungewitter los. Die so oft geschlagenen Feinde Preußens sannen immer noch auf unsren Untergang. Sie planten einen Einfall in die Mark Brandenburg von Sachsen her361-2. Ihr Plan kam heraus und verlangte neue Gegenmaßregeln. Goltz arbeitete mit dem ganzen Eifer eines guten Patrioten an der Einrichtung der Verpflegung und übertraf dabei alles, was er bisher Nützliches in dieser Art geleistet hatte.

Der Zug nach der Lausitz war ein ununterbrochener Marsch von acht Tagen, bei dem die Armee reichlich mit Lebensmitteln versehen war. Danach regelte er die Kon<362>tributionen human und uneigennützig und kehrte nach dem Dresdener Frieden nach Berlin zurück, wo er seine Talente in bürgerlichen Tugenden übte, die ihn ebenso schätzbar machten wie die militärischen.

Dank seiner Fürsorge verbesserte sich das Magazinwesen362-1, das alle Provinzen der preußischen Monarchie vor den Schrecken der Hungersnot und ihren noch verderblicheren Folgen schützt. Seinen guten Anordnungen verdankt die Verwaltung des Königlichen Invalidenhauses362-2 ihre besten Einrichtungen. Seiner Anregung entsprang das neue Projekt der Proviantwagen, Feldbacköfen und Transportschiffe des Kommissariats.

Goltz verlor das Wohl des Staates niemals aus den Augen: er verfaßte Denkschriften über die Urbarmachung von Landstrichen, die Austrocknung von Sümpfen, die Gründung neuer Dörfer, die gerechtere Verteilung der Steuern und die Abschaffung von Mißbräuchen, über Beobachtungen, die er auf der Reise in den Provinzen gemacht hatte. Viele seiner Vorschläge stifteten bei ihrer Ausführung wirtlich Gutes.

Gegen Ende des Jahres 1746 bekam er einen Anfall von Asthma, den die Ärzte in ihren oberflächlichen Mutmaßungen wie gewöhnlich zu leicht nahmen. Zu Beginn des Jahres 1747 steigerte sich sein Leiden. Ein ziemlich heftiger Blutsturz trat ein: nun merkte man zu spät, welche Krankheit ihn bedrohte.

Der König hatte ihn in seinen engsten Freundeskreis aufgenommen. Er liebte seine Unterhaltung, die stets angenehme Kenntnisse mit den nützlichen verband und von einem Gegenstande zum andern mit der Leichtigkeit überging, die einem anmutigen und durch langen Verkehr in der vornehmen Welt gebildeten Geiste eignet. Seine Majestät sah ihn oft, namentlich an seinen letzten Lebenstagen, in denen er wunderbare Seelenstärke und Festigkeit bekundete. Gefaßt diktierte er seinen letzten Willen, tröstete seine Angehörigen und sah dem Tode als Philosoph entgegen, der die Vorurteile des Pöbels mit Füßen tritt und dem sein lauteres, tugendhaftes Leben keinen Anlaß zur Reue bietet.

Am Sonnabendmorgen, den 7. August, fühlte er sich kränker als gewöhnlich. Er merkte, daß sein Ende nahte, hatte aber die Geistesgegenwart, seinem Kammerdiener zu befehlen, die Tür zum Schlafzimmer seiner Gattin, die guter Hoffnung war, zu schließen. Dann spie er mehr Blut als gewöhnlich und starb bei dem Anfall.

Seine Gattin, Charlotte Wilhelmine von Grävenitz, schenkte ihm drei Söhne und drei Töchter, die ihn im Kindesalter verloren, ungerechnet einen nachgeborenen Sohn, dessen sie erst nach seiner tödlichen Krankheit genas.

Goltz vereinte alle Eigenschaften eines liebenswerten und tüchtigen Mannes. Sein Urteil war sicher und scharf, sein Gedächtnis treu und seine Kenntnisse so umfassend, wie sie bei einem Manne von Stand sein können. Er floh den Müßig<363>gang und liebte leidenschaftlich die Arbeit. Sein Herz war edel, stets dem Guten zugewandt, seine Seele so großmütig, daß er vielen armen Offizieren in Geldverlegenheiten aushalf. Kurz, er war ein Ehrenmann — ein in unsrer Zeit wenig geschätztes Lob, das aber doch mehr enthält als alle andren Lobsprüche. Seine Sitten waren von jener Schlichtheit, die so oft bedeutende Männer auszeichnet. Seine Bescheidenheit ging so weit, daß er nicht mit dem Trauergepränge beerdigt werden wollte, durch das die Eitelkeit der Lebenden noch über die Macht des Todes zu triumphieren wähnt. Um das Gedächtnis dieses Mannes zu ehren, der dem Staate so viele Dienste geleistet hatte und dessen Verlust ihm nahe ging, befahl der König die besondere Auszeichnung, daß alle Offiziere des Regiments Gensdarmes Trauer anlegen sollten.

Es gebührt sich zu sagen, daß Goltz zu jenen Geistern gehörte, von denen drei bis vier genügen, um eine ganze Regierung auszuzeichnen. Er lebte lange; denn sein Leben ging in Gedankenarbeit und Taten hin. Der Tod hielt ihn ab. Größeres zu vollbringen. Auf ihn trifft das bekannte Wort von Rousseau363-1 zu:

„Ein Heldenleben mißt man nach der Zahl Der Jahre nicht.“

<364>

Gedächtnisrede auf Stille
Gelesen in der Akademie am 25. Januar 1753

Christoph Ludwig von Stille wurde 1696 in Berlin geboren. Sein Vater, Ulrich von Stille, war Königlich Preußischer Generalleutnant und Kommandant der Festung Magdeburg, seine Mutter Ulrike eine geborene von Cosel. Er erhielt seine Schulbildung in Helmstädt und vollendete seine Studien an der Universität Halle.

Die Liebe zu den Wissenschaften erstickte den Durst nach Ruhm in ihm nicht. Als 1715 der Krieg mit Schweden ausbrach, wollte er seinem Vaterland dienen. Er machte die Belagerung von Stralsund mit und trat von der Infanterie zur Kavallerie über, zu der seine Lebhaftigkeit ihn zu bestimmen schien. Ihm genügte es nicht, eine Stellung zu haben, er wollte sie auch würdig ausfüllen.

Der lange Friede von 1717 bis 1733 gab dem Militär keine Gelegenheit, Erfahrung in der Kriegskunst zu sammeln. Alles war auf die bloße Theorie beschränkt, die im Vergleich zur Praxis nur wie der Schatten neben dem wirklichen Gegenstand ist. Beim Tode König Augusts II, von Polen ließ sich Stille die Gelegenheit, die sich bot, nicht entgehen. Er nahm an der berühmten Belagerung von Danzig unter Feldmarschall Münnich (1734) teil und hatte die Genugtuung, den letzten Feldzug, den Prinz Eugen am Rhein führte, mitzumachen.

Nach dem Tode Friedrich Wilhelms ernannte ihn der jetzige König zum Erzieher seines Bruders Heinrich. Stille war dieses Amtes um so würdiger, als er mit den Gaben des Geistes und den militärischen Talenten Herzenseigenschaften verband. Bei der Erneuerung der Akademie wurde er zu ihrem Kurator gewählt. Es ist traurig, aber wahr, daß man unter den Leuten von Stand selten so aufgeklärte Geister findet wie Stille, Männer, die so gerechte Ansprüche auf die Akademie haben, wie er. Die verschiedenen Wissenschaften, die unsre Akademie umfaßt, waren ihm nicht fremd. Ja, er hätte uns wohl mit literarischen Arbeiten bereichern können, hätten seine verschiedenen Berufspflichten ihm nicht die Zeit dazu geraubt. Seine Neigung galt der schönen Literatur. Den strengen Wissenschaften zog er die Anmut der Beredsamkeit vor, nicht jenen Wortschwall, der nur ein wohlklingendes Geräusch<365> hervorruft, wohl aber die Kraft der Gedanken, die durch majestätischen Ausdruck den Hörer in ihren Bann zwingt, ihn überredet und den Beifall an sich reißt.

Er betrachtete die Alten als unsre Lehrmeister und gab ihnen vor den Neueren besonders darum den Vorzug, weil sie ihre Kunst gründlicher studiert haben. Wir hörten ihn oft äußern, früher hätte ein Mann Großes erreicht, da er seine Gaben nur der Kunst widmete, die er ausübte. Der Geschmack unstet Zeit aber für die Universalität der Wissenschaften könne nur Dilettanten auf allen Gebieten erzeugen. Ja, er hielt diese Tendenz für die Ursache des Verfalls der Literatur. Er war nicht der Meinung, daß Virgil den Euklid hätte kommentieren und daß Plato Schwanke hätte schreiben müssen; denn ein Menschenleben reiche nicht zur gründlichen Erlernung einer einzigen Kunst hin.

Bald rief der Krieg Stille aus dem Heim der Musen ab. Er folgte dem König 1742 nach Mähren, erhielt 1743 das Kavallerieregiment Prinz Eugen von Anhalt und wurde zum Generalmajor befördert.

Der Zweite Schlesische Krieg gab ihm Gelegenheit zur Entfaltung seiner militärischen Talente. Mit seiner Brigade schlug er Nadasdy bei einem Vorhutgefecht in der Gegend von Landeshut365-1 und verfolgte ihn bis nach Böhmen. Kurz darauf wurde er in der Schlacht von Hohenfriedberg verwundet. Es braucht nicht erst gesagt zu werden, daß er sich dabei Ruhm erwarb. Die Großtaten der preußischen Kavallerie an jenem Tage sind zu bekannt, um hier daran zu erinnern.

Nach dem Winterfeldzug in Sachsen kehrte Stille mit dem König nach Berlin zurück, wo er Maupertuis seit kurzem als Präsidenten der Akademie fand. Er nahm teil an der Freude der ganzen Körperschaft, einen so berühmten Gelehrten an ihrer Spitze zu sehen365-2.

Künste und Wissenschaften gehen Hand in Hand. Die Methode, die einen Mathematiker in die Tiefen der Natur oder einen Philosophen durch die Finsternisse der Metaphysik führt, ist in allen Künsten die gleiche. Stille, der gelehrte Neigungen besaß, hatte sich diese Methode zu eigen gemacht und wollte sie auf einen Beruf anwenden, in dem er Hervorragendes leistete und während des Krieges sich mit Ruhm bedeckt hatte. Er verfaßte ein Werk über Ursprung und Fortschritte der Reiterei. Was wir davon gesehen haben, ist voll eigenartiger Untersuchungen und gelehrter Einzelheiten. Er hatte es bis zum Jahre 1750 fortgeführt, aber der Tod verhinderte ihn an der Vollendung seiner Forschungen, die das Lehrreichste gewesen wären, was er uns bieten konnte. Das Manuskript ist in den Händen seiner Familie; es wäre ein Verlust für die Welt, würde sie dieser Hinterlassenschaft beraubt365-3.<366> Gedächtnisrede auf Stille

Seit 1750 litt Stille an Asthma. Das Leiden verschlimmerte sich zusehends und führte am 19. Oktober 1752 seinen Tod herbei. Er war verheiratet mit Charlotte von Huß, einer Tochter des Regierungspräsidenten von Magdeburg, und hinterließ zwei Söhne, die Offiziere sind, und vier Töchter, davon zwei in zartem Alter.

Er hatte ein dienstfertiges, lauteres und uneigennütziges Herz. Seine Weisheit war fröhlich und sein Frohsinn weise. Seine Geistesgaben erhöhten nur den Wert seiner Herzenseigenschaften. Er war für die Künste wie für den Krieg, für den Hof wie für die Zurückgezogenheit geschaffen und gehörte zu jener kleinen Anzahl von Menschen, die nie sterben sollten. Da aber auch die Tugend dem Tode nicht widerstehen kann, so wußte er sich selbst zu überleben, indem er einen Namen hinterließ, der in der Wissenschaft Ansehen hat und von allen Ehrenmännern geschätzt wird.

<367>

Betrachtungen über die militärischen Talente und den Charakter Karls XII. (1759)367-1

Zu meiner eignen Belehrung habe ich mir von den militärischen Talenten und dem Charakter des Schwedenkönigs Karl XII. ein deutliches Bild machen wollen. Ich urteile weder nach den übertriebenen Schilderungen seiner Lobredner noch nach den Zerrbildern seiner Tadler. Ich halte mich nur an Augenzeugen und an Tatsachen, in denen alle Bücher übereinstimmen. Mißtrauen wir all den Anekdoten, von denen die Geschichtsbücher wimmeln! Aus einem Wust von Lügen und Abgeschmacktheiten muß man die großen Ereignisse herausheben: sie allein enthalten Wahrheit.

Unter den Männern, die es unternommen haben, die Welt zu beherrschen oder umzuwälzen, ragen überlegene Geister hervor, deren Großtaten die Folge großer Entwürfe waren, Männer, die die Ereignisse benutzt oder sie selbst herbeigeführt haben, um die politische Gestalt der Welt zu ändern. So Cäsar. Seine der Republik geleisteten Dienste, seine Fehler und Tugenden, seine Siege — alles trug dazu bei, ihn auf den Thron der Welt zu heben. So der große Gustav Adolf, Turenne, Eugen, Marlborough in engeren oder weiteren Wirkungskreisen. Die einen ordneten ihre militärischen Operationen dem Ziel unter, das sie sich im Lauf eines Feldzuges gesteckt hatten. Die andren knüpften ihr ganzes Wirken und mehrere Feldzüge an den Hauptzweck des unternommenen Krieges. Verfolgt man ihre bald bedächtigen, bald glänzenden Taten, so erkennt man aus ihnen das Ziel, dem sie zustrebten. So Cromwell, so Kardinal Richelieu, dem es durch Ausdauer gelang, die Großen des Reiches, die seine Einheit bedrohenden Protestanten und das Haus Österreich, Frankreichs Erbfeind, zu demütigen.

<368>

Es ist hier nicht der Ort, nachzuprüfen, mit welchem Rechte Cäsar die Republik unterdrückte, deren Mitbürger er war, ob Kardinal Richelieu im Laufe seiner Regierung Frankreich mehr geschadet als genutzt hat oder ob man Turenne tadeln soll, weil er zu den Spaniern überging368-1. Es handelt sich hier nur um die an sich bewundernswerten Talente und nicht um den rechten oder tadelnswerten Gebrauch, den ihre Besitzer von ihnen machten.

Obwohl die politischen Berechnungen bei Karl XII. oft den heftigen Leidenschaften weichen mußten, denen er unterworfen war, ist er nichtsdestoweniger einer der außerordentlichen Männer gewesen, die in Europa am meisten Aufsehen erregt haben. Er hat die Augen der Kriegsmänner durch eine Fülle immer glänzenderer Taten geblendet. Er hat die grausamsten Schicksalsschläge erlitten, ist der Schiedsrichter des Nordens, Flüchtling und Gefangener in der Türkei gewesen. Ein so berühmter Feldherr verdient nähere Betrachtung. Für alle, die den Waffenberuf ergriffen haben, ist es nützlich, die Ursachen seines Mißgeschicks zu ergründen. Ich gedenke keineswegs, den Ruf dieses hervorragenden Kriegshelden zu schmälern; ich will ihn nur richtig würdigen und bestimmt wissen, in welchen Fällen man ihn unbedenklich nachahmen kann und in welchen man sich hüten muh, ihn zum Vorbild zu nehmen.

In jeder beliebigen Wissenschaft ist es ebenso lächerlich, sich ein vollkommenes Wesen auszudenken, wie zu wollen, daß Feuer den Durst löscht oder daß Wasser sättigt. Wer einen Helden eines Fehlers zeiht, erinnert nur daran, daß er ein Mensch ist. Könige, Minister, Generale, Schriftsteller, kurz alle, die durch ihre hohe Stellung oder ihre Talente die Augen des Publikums auf sich lenken, müssen sich dem Urteil ihrer Zeitgenossen und der Nachwelt fügen. So wie nur die guten Bücher kritisiert werden, da es bei den schlechten nicht lohnt, wenden sich auch die Blicke von der gemeinen Menge ab und heften sich mit prüfender Sorgfalt auf die überlegenen Talente, die es unternommen haben, neue Wege zu bahnen.

Karl XII. ist in vieler Hinsicht entschuldbar, wenn er nicht alle Vollkommenheiten eines Kriegsmannes in sich vereint hat. Eine so schwierige Wissenschaft wie die Kriegskunst wird keinem von der Natur eingeimpft. Mögen die angeborenen Anlagen noch so groß sein, es bedarf gründlichen Studiums und langer Erfahrung, um sie auszubilden. Entweder muß man seine Lehrzeit in der Schule und unter den Augen eines großen Feldherrn durchgemacht haben, oder man muß die Regeln nach vielen Fehlern auf eigne Kosten lernen. Die Fähigkeit eines Mannes, der mit sechzehn Jahren König wird, darf man füglich bezweifeln. Karl XII. sah den Feind nicht eher, als bis er zum erstenmal an der Spitze seiner Truppen stand.

Hierbei muß ich bemerken, daß alle, die in früher Jugend Armeen führten, sich eingebildet haben, die ganze Kunst bestände nur in Tapferkeit und Verwegenheit. <369>Pyrrhus, der große Conde, selbst unser Held sind Beispiele dafür. Seit die Erfindung des Schießpulvers das System der gegenseitigen Vernichtung von Grund aus verändert hat, hat auch die Kriegskunst ganz andre Gestalt angenommen. Körperkraft, das Hauptverdienst der alten Helden, gilt heute nichts mehr. List siegt jetzt über Gewalt, Kunst über Tapferkeit. Der Kopf des Heerführers hat mehr Einfluß auf den Erfolg eines Feldzuges als die Arme seiner Soldaten. Klugheit bahnt dem Mute die Wege; die Kühnheit bleibt für die Ausführung aufgespart. Wer den Beifall der Kenner erringen will, muß noch mehr Geschicklichkeit als Glück haben.

Jetzt kann unsre sich dem Waffendienst zuwendende Jugend die Theorie dieses schwierigen Handwerks aus klassischen Büchern und aus den Betrachtungen alter Militärs erlernen. Der Schwedenkönig besaß solche Hilfsmittel nicht. Zu seiner Unterhaltung und um ihm Geschmack für Latein beizubringen, das er nicht liebte, ließ man ihn zwar den geistvollen Roman des Quintus Curtius369-1 übersetzen. Dies Buch mochte in ihm wohl den Wunsch wachrufen, es Alexander dem Großen gleichzutun, aber er lernte daraus nicht die Regeln, die das System der neueren Kriegskunst bietet, um Erfolge zu erringen.

Karl XII. verdankte der Kunst nichts, der Natur alles. Sein Geist war nicht gebildet, aber kühn, standhaft, schwungvoll, ruhmbegierig und imstande, dem Ruhme alles andre zu opfern. Seine Taten gewinnen bei näherer Prüfung ebensoviel, wie seine meisten Pläne verlieren. Seine Standhaftigkeit, die ihn über sein Geschick erhob, seine wunderbare Tatkraft und sein Heldenmut waren unzweifelhaft seine Hervorragendsten Eigenschaften. Er folgte dem mächtigen Antrieb der Natur, die ihn zum Helden bestimmte. Sobald ihn die Habgier seiner Nachbarn zum Kriege zwang, entwickelte sich sein bisher verkannter Charakter sogleich. Folgen wir ihm denn in seinen verschiedenen Unternehmungen und beschränken wir uns auf seine ersten neun Feldzüge, die ein weites Feld zu Betrachtungen bieten.

Der König von Dänemark griff Karls XII. Schwager, den Herzog von Holstein, an369-2. Statt seine Truppen nach Holstein zu schicken, wo sie den Fürsten, dem sie beistehen sollten, vollends zugrunde gerichtet hätten, läßt unser Held 8 000 Mann in Pommern einrücken, schifft sich selbst auf seiner Flotte ein, landet auf Seeland, vertreibt von der Küste die Truppen, die sich seiner Landung entgegenstellen wollen, belagert Kopenhagen, die Hauptstadt seines Feindes, und zwingt den Dänenkönig<370> binnen sechs Wochen zu einem für den Herzog von Holstein vorteilhaften Frieden370-1. Das ist im Plan wie in der Ausführung bewundernswürdig. Mit diesem Probestück stellt Karl sich Scipio gleich, der den Krieg nach Afrika hinübertrug, um Hannibals Abberufung aus Italien herbeizuführen.

Von Seeland folge ich dem jungen Helden nach Livland. Seine Truppen kommen mit erstaunlicher Schnelligkeit an. Auf diesen Zug paßt Cäsars veni, vidi, vici. Die edle Begeisterung, die den König beseelte, teilt sich seinen Lesern mit. Die Erzählung der Heldentaten, die dem großen Siege370-2 vorangingen und ihn begleiteten, ist hinreißend. Karls Handlungsweise war klug, zwar kühn, aber nicht tollkühn. Er mußte Narwa entsetzen, das der Zar persönlich belagerte; mithin mußte er die Russen angreifen und schlagen. Ihr zahlreiches Heer war nur eine Horde schlecht bewaffneter und undisziplinierter Barbaren ohne gute Führer. Die Schweden durften sich also den Moskowitern für ebenso überlegen halten wie die Spanier den wilden Völkerschaften Amerikas. Der Erfolg entsprach der Erwartung durchaus, und die Welt erfuhr mit Staunen, daß 8 000 Schweden 80 000 Russen besiegt und zersprengt hatten370-3.

Von dieser Stätte des Triumphes begleite ich unsern Helden an die Ufer der Düna, den einzigen Ort, wo er List angewandt hat, und zwar mit Geschick. Die Sachsen verteidigten das jenseitige Flußufer. Karl führte sie durch eine neue, von ihm erfundene Kriegslist irre. Unter dem Schutze künstlich hervorgebrachten Rauches, der seine Bewegungen verhüllt, geht er über den Fluß, noch ehe der alte Steinau, der die Sachsen befehligte, es merkt. Die Schweden sind ebenso schnell in Schlachtordnung gestellt als ausgeschifft. Nach einigen Kavallerieattacken und schwachem Infanteriefeuer schlagen sie die Sachsen in die Flucht und zerstreuen sie370-4. Welch bewundernswertes Verfahren beim Flußübergange! Welche Geistesgegenwart und Tatkraft, den Truppen gleich beim Landen ein geeignetes Schlachtfeld zu geben! Welche Tapferkeit, in so kurzer Zeit die Entscheidung herbeizuführen!

Solche mustergültigen Leistungen verdienen das Lob der Mit- und Nachwelt. Aber daß gerade die ersten Feldzüge Karls XII, seine vollkommensten Heldentaten sind, muß jedermann in Erstaunen setzen. Vielleicht verwöhnte ihn das Glück durch zuviel Gunst und verdarb ihn. Vielleicht glaubte er, die Kunst sei für den unnütz, dem nichts widersteht. Vielleicht auch verleitete ihn seine allerdings bewundernswerte Tapferkeit oft, bloß verwegen zu sein.

Bisher hatte Karl seine Waffen gegen den Feind gewandt, dessen Bekämpfung sein Interesse gebot. Seit der Schlacht an der Düna verliert man aber den leitenden Faden. Man sieht nur eine Menge Unternehmungen ohne Plan und Zusammenhang, freilich untermischt mit glänzenden Taten, aber nicht auf das Hauptziel gerichtet, das der König sich in jenem Kriege stecken mußte.

<371>

Der Zar war unstreitig Schwedens mächtigster und gefährlichster Feind. Gegen ihn hätte unser Held, wie es scheint, nach der Niederlage der Sachsen sofort vorgehen müssen. Die Trümmer der bei Narwa geschlagenen Armee irrten noch umher. Peter I. hatte in aller Eile 30 000 bis 40 000 Moskowiter zusammengerafft, die aber nicht viel mehr taugten als die 80 000 Barbaren, die vor den Schweden die Waffen gestreckt hatten. Er mußte den Zaren jetzt also mit aller Macht bedrängen, ihn aus Ingermanland vertreiben, ihm keine Zeit zum Erholen lassen und die Gelegenheit wahrnehmen, um ihm den Frieden zu diktieren.

August II. war vor kurzem (1697) ohne die Zustimmung des besseren Teiles der Republik, ja unter Widerspruch, zum König von Polen gewählt worden. Er saß also nicht fest auf seinem Thron und mußte, des Beistands der Russen beraubt, von selbst fallen, wenn Schweden überhaupt ein so großes Interesse an seiner Entthronung hatte. Statt aber solche verständigen Maßregeln zu treffen, schien Karl den Zaren und die in den letzten Zügen liegenden Moskowiter gänzlich zu vergessen, um irgend einem polnischen Magnaten371-1 nachzulaufen, der einer feindlichen Partei angehörte. Über solchen kleinen Racheakten vernachlässigte er die großen Interessen. Er unterwarf Litauen bald. Von dort ergoß sich seine Armee wie ein wütender Bergstrom nach Polen und überschwemmte das ganze Land. Der König war bald in Warschau, bald in Krakau, Lublin und Lemberg. Die Schweden breiten sich in Polnisch-Preußen aus, eilen dann wieder nach Warschau, setzen König August ab (1704), verfolgen ihn nach Sachsen und beziehen dort ruhig ihre Quartiere (1706). Man beachte wohl, daß diese Feldzüge, die ich nur summarisch wiedergebe, unsren Helden mehrere Jahre lang beschäftigten.

Ich verweile einen Augenblick, um Karls Verhalten bei der Eroberung Polens zu prüfen, und bemerke beiläufig, daß unter allen Schlachten, die er bei seinen fortwährenden Streifzügen gewann, die bei Klissow371-2 den Vorzug verdient; ihren Erfolg verdankte er einer geschickten Bewegung, mit der er den Sachsen in die Flanke kam. Karls Methode während des Krieges in Polen war sicherlich verkehrt. Die Republik besitzt bekanntlich keine Festungen und liegt nach allen Seiten offen, ist also leicht zu erobern, aber schwer zu halten. Sehr richtig bemerkt der Graf von Sachsen371-3, daß es bei leicht zu erobernden Ländern desto größerer Anstrengung bedarf, um sie zu behaupten. Die von ihm vorgeschlagene Methode scheint zwar langwierig, ist aber, wenn man sicher gehen will, die einzig richtige. In seinem Ungestüm dachte der Schwedenkönig nie gründlich über die Natur des Landes nach, in dem er Krieg führte, und über die Wendung, die er den militärischen Operationen<372> geben mußte. Hätte er sich zunächst in Polnisch-Preußen festgesetzt und sich dann Schritt für Schritt des Laufs der Weichsel und des Bug versichert, indem er an den Zusammenflüssen und an den geeigneten Orten Waffenplätze anlegte, die er durch Feldbefestigungen sichern konnte, wäre er in gleicher Weise bei allen durch Polen laufenden Flüssen verfahren, so hätte er feste Stützpunkte gehabt, durch die er das bereits eroberte Land behaupten konnte. Diese Plätze hätten es ihm leicht gemacht, Kontributionen zu erheben und Lebensmittel aufzuspeichern. Das hätte den Krieg in geregelte Bahnen gelenkt und allen Einfällen der Moskowiter und Sachsen schnell Einhalt getan. Diese gut befestigten Posten hätten seine Feinde, wenn sie Fortschritte machen wollten, zur Unternehmung von Belagerungen in fernen Ländern gezwungen, wohin der Transport von Geschützen sich um so schwieriger gestaltete, als die Straßen dort schlecht und morastig sind. Selbst im Fall eines Mißerfolges brauchte der König, da sein Rücken gedeckt war, seine Lage nicht als verzweifelt anzusehen; denn jene Plätze Hätten ihm Zeit gegeben, seine Verluste zu ersetzen und den siegreichen Feind aufzuhalten und zu beschäftigen.

Dadurch, daß Karl anders verfuhr, war er in Polen stets nur der Gegenden Herr, die seine Truppen besetzt hielten, und seine Feldzüge waren fortwährende Streifzüge. Bei der geringsten Schicksalslaune drohte ihm seine Eroberung wieder zu entgleiten. Er mußte viele unnütze Kämpfe bestehen und gewann durch seine glänzendsten Waffentaten nichts als den unsichern Besitz einer Provinz, aus der er seine Feinde vertrieben hatte.

Wir nähern uns nun allmählich der Zeit, wo das Schicksal sich gegen unsern Helden zu erklären begann. Die für ihn ungünstigen Ereignisse will ich mit doppelter Vorsicht untersuchen. Man soll die menschlichen Pläne und Unternehmungen nie nach ihrem Ausgang beurteilen. Hüten wir uns, dem Mangel an Vorsicht Unglücksfälle zuzuschreiben, die aus unberechenbaren Ursachen entstehen, Ursachen, die das Volk Zufall nennt und die trotz ihres großen Einflusses auf die Wechselfälle des Lebens doch so vielfältig und verborgen sind, daß sie auch den weitblickendsten Geistern entgehen. Man darf also den Schwedenkönig nicht für alle ihm zugestoßenen Unglücksfälle verantwortlich machen. Vielmehr muß man sorgfältig zwischen denen unterscheiden, die aus einer Verkettung unglücklicher Umstände hervorgegangen sind, und denen, die er sich durch seine eignen Fehler zugezogen haben kann.

Da ihn bei allen seinen Unternehmungen während des Krieges in Polen das Glück begleitete, so merkte er nicht, daß er oft gegen die Regeln der Kriegskunst verstieß, und da er für seine Fehler nicht gestraft wurde, so erfuhr er auch die schlimmen Folgen nicht, die daraus hätten erwachsen können. Das beständige Glück gab ihm zuviel Zuversicht, und er dachte garnicht daran, sein Verfahren zu ändern. Bei den Feldzügen nach Smolensk und in der Ukraine (1708) scheint er jede Vorsicht vernachlässigt zu haben. Selbst wenn er den Zaren in Moskau entthront hätte, würde er nicht mehr Lob verdienen; denn sein Erfolg wäre nicht sein Wert, sondern das des Zufalls<373> gewesen. Man hat eine Armee mit einem Gebäude verglichen, dessen Grundlage der Magen ist, da die erste Sorge eines Feldherrn der Ernährung seiner Truppen gelten muß373-1. Was zum Unglück des Schwedenkönigs am meisten beitrug, war die geringe Sorgfalt für die Verpflegung seiner Armee. Wie kann man einen Feldherrn loben, wenn er von den Truppen verlangt, daß sie leben, ohne zu essen, daß sie unermüdlich und unsterblich sind? Man tadelt Karl XII., daß er den Versprechungen Mazeppas zu leichtfertig getraut habe. Aber der Kosakenhetman täuschte ihn nicht. Er selbst wurde durch eine Verkettung unberechenbarer Ursachen getauscht, die man garnicht vorhersehen tonnte. Zudem sind Geister vom Schlage Karls XII. niemals argwöhnisch. Sie werden nicht eher mißtrauisch, als bis sie die Bosheit und den Undank der Menschen oft erfahren haben.

Doch kehren wir zur Prüfung von Karls Feldzugsplan zurück. Ich kann zwar nicht wie Correggio sagen: „Son pittore anch' io373-2“, wage aber doch eine Mutmaßung. Wollte der König damals, so scheint mir, den Fehler wieder gutmachen, daß er den Zaren zu lange vernachlässigt hatte, so mußte er zum Eindringen in Rußland den bequemsten Weg und zur Niederwerfung seines mächtigen Gegners die sichersten Mittel wählen. Der Weg ging aber sicher nicht über Smolensk noch durch die Ukraine. In beiden Fällen waren ausgedehnte Sümpfe, ungeheure Wüsteneien und große Flüsse zu passieren; und dann mußte er noch durch ein halbwildes Land ziehen, um nach Moskau zu gelangen. Durch diesen Marsch beraubte sich der König aller Hilfe aus Polen und Schweden. Je tiefer er in Rußland eindrang, um so mehr war er vom eignen Lande abgeschnitten. Zur Ausführung dieses Unternehmens bedurfte es mehr als eines Feldzuges. Woher sollte er Lebensmittel nehmen? Auf welchem Wege sollte er Nachschub erhalten? Welchen Kosaken- oder Moskowiterflecken konnte er zum Waffenplatz machen? Wo neue Waffen, Uniformen und alle jene ebenso gewöhnlichen wie notwendigen Dinge finden, die man zum Unterhalt einer Armee immerfort braucht und erneuern muß? Bei so vielen unüberwindlichen Schwierigkeiten war vorauszusehen, daß die Schweden bei jenem Zuge an Beschwerden und Hunger zugrunde gehen, ja, daß selbst ein Sieg sie aufreiben mußte. Und wenn schon Erfolge bei jenem Kriege so traurige Aussichten boten, was war erst im Fall eines Unglücks zu erwarten? Eine sonst leicht zu verwindende Schlappe wird zur endgültigen Katastrophe für eine Armee, die sich in ein wüstes Land ohne feste Plätze und folglich auch ohne Zufluchtsort hineinwagt.

Statt so vielen Schwierigkeiten und Hindernissen zu trotzen, bot sich ein viel natürlicherer Plan dar, der sich wie von selbst gemacht hätte, nämlich der Marsch durch Livland und Ingermanland stracks auf Petersburg zu. Die schwedische Flotte und die Transportschiffe konnten der Armee längs der Ostseeküste zur Seite bleiben<374> und ihr Lebensmittel liefern. Der Ersatz und aller sonstige Kriegsbedarf tonnte zur See oder über Finnland zur Armee gelangen. Der König deckte seine schönsten Provinzen und blieb in der Nähe seiner Grenzen. Seine Siege waren glänzender, und Niederlagen konnten ihn nie in eine verzweifelte Lage bringen. Nahm er Petersburg, so zerstörte er die neue Gründung des Zaren, Rußlands Fenster nach Europa und die einzige Verbindung mit unserm Erdteil. Nach Beendigung dieses großen Zuges lag es in seiner Hand, seinen Vorteil noch weiter zu verfolgen. Was er aber auch tun mochte, der Friede, so scheint mir, war gesichert, ohne daß er ihn in Moskau hätte zu diktieren brauchen374-1.

Zu meiner Belehrung will ich nun die Regeln, die uns die großen Meister der Kriegskunst hinterlassen haben, mit der Handlungsweise des Königs in jenen beiden Feldzügen vergleichen.

Nach diesen Regeln dürfen Armeen nie aufs Spiel gesetzt werden. Vor allem müssen die Feldherren weite Vorstöße von der Grenze vermeiden374-2. Karl drang bis ins Gouvernement Smolensk, ohne die Verbindung mit Polen irgendwie zu sichern. Unsre Lehrmeister sagen, man müsse sich eine Operationsbasis schaffen, um sich den Rücken frei zu halten, seine Lebensmitteldepots zu sichern und sie durch die Armee zu decken. Die Schweden waren dicht bei Smolensk und hatten nur für vierzehn Tage Brot. Ihre ganze Kriegführung lief darauf hinaus, den Moskowitern auf den Fersen zu folgen, ihre Nachhut zu schlagen und ihnen auf gut Glück nachzujagen, ohne recht zu wissen, wohin der vor ihnen fliehende Feind sie führte. Die einzige Fürsorge, die der König für die Verpflegung traf, bestand darin, daß er den General Lewenhaupt der Armee mit einem starken Proviantzuge folgen ließ. Da man seiner so dringend bedurfte, mußte man ihn nicht so weit hinter sich zurücklassen. Ehe man in die Ukraine eindrang, mußte man auf Lewenhaupt warten; denn je mehr man sich von ihm entfernte, um so größeren Gefahren gab man ihn preis. Klüger wäre es gewesen, die Truppen nach Litauen zurückzuführen: der Zug nach der Ukraine bereitete der schwedischen Armee den Untergang.

Zu diesem planlosen Verhalten, das allein schon zum Scheitern des Zuges führen mußte, traten noch Unglücksfälle, die zum Teil vom Zufall herrühren mochten. Der Zar griff Lewenhaupt dreimal an und nahm den von ihm geführten Prooiantzug weg. Der Schwedenkönig muß also von den Absichten und Bewegungen der Russen keinerlei Kenntnis gehabt haben. Geschah das aus Nachlässigkeit, so hatte er sich schwere Vorwürfe zu machen. Konnte er sich infolge unüberwindlicher Hindernisse keine Nachrichten verschaffen, so muß man diese Hindernisse einem unentrinnbaren Verhängnis zurechnen.

Führt man Krieg in halbbarbarischen und wüsten Ländern, so muß man, um sich darin zu halten, feste Stützpunkte anlegen. Das sind Neuschöpfungen. Die Truppen<375> müssen bauen, Befestigungen errichten, Wege herstellen, Brücken und Dämme anlegen, an geeigneten Stellen Schanzen aufwerfen. Aber solche Zeit und Geduld erfordernden Arbeiten, solche langsame Methode paßte nicht zu dem ungestümen Charakter und dem ungeduldigen Geiste des Königs. Man sieht ihn bewunderungswürdig bei allen Gelegenheiten, wo es auf Tapferkeit und Schnelligkeit ankommt. Aber er ist nicht mehr derselbe, wo berechnete Maßregeln und Pläne erforderlich sind, die Zeit und Geduld zur Reife bringen müssen. Wie wahr ist es doch, daß der Krieger seine Leidenschaften bändigen soll, und wie schwer, alle Talente eines großen Feldherrn in sich zu vereinigen!

Ich übergehe hier das Treffen bei holowczyn375-1 und viele andre Gefechte, die während jener Feldzüge stattfanden, weil sie für den Ausgang des Krieges ebenso unnütz wie für die dabei Geopferten verderblich waren. Unser Held hätte bei mancher Gelegenheit sparsamer mit Menschenblut sein können. Es gibt freilich Lagen, wo eine Schlacht kaum zu vermeiden ist. Man soll sich aber nur dann schlagen, wenn man weniger zu verlieren als zu gewinnen hat, wenn der Feind, sei es beim Lagern oder auf dem Marsche, fahrlässig ist, oder wenn man ihn durch einen entscheidenden Schlag zum Frieden zwingen kann. Überhaupt bemerkt man, daß die meisten Feldherren, die immer eine Schlacht liefern wollen, dies nur tun, weil sie sich nicht anders zu helfen wissen. Statt ihnen das zum Verdienst anzurechnen, sieht man es vielmehr als ein Zeichen für die Unfruchtbarkeit ihres Geistes an.

Wir kommen nun zu dem unglücklichen Feldzuge von Pultawa. Die Fehler der Großen sind nachdrückliche Lehren für Leute von beschränkteren Anlagen. Europa hat wenige Feldherren, die nicht aus Karls XII. Mißgeschick Besonnenheit und Vorsicht lernen könnten.

Der verstorbene Feldmarschall Keith hat, als er in russischen Diensten in der Ukraine befehligte, Pultawa gesehen und untersucht. Er sagte mir, die Stadt hätte keine andren Verteidigungswerke als einen Erdwall und einen schlechten Graben gehabt. Er war überzeugt, die Schweden hätten sie gleich bei ihrem Eintreffen im ersten Anlauf nehmen können, aber Karl XII. hätte die Belagerung eigens in die Länge gezogen, um den Zaren herbeizulocken und zu schlagen. In der Tat gingen die Schweden anfangs nicht mit ihrem gewohnten Ungestüm und Eifer zu Werke. Ferner muß man zugeben, daß sie nicht eher zum Sturm schritten, als bis Menschikow Sukkurs hineingeworfen und sich in der Nähe der Stadt, auf dem andern Worskla-Ufer, gelagert hatte. Nun aber hatte der Zar in Pultawa ein beträchtliches Magazin. Mußten also die Schweden, denen es an allem fehlte, sich nicht so schnell wie möglich dieses Magazins bemächtigen, um den Russen ihre Vorräte zu nehmen und sich selbst Überfluß zu verschaffen? Karl XII. hatte zweifellos alle Ursache, die Belage<376>rung zu beschleunigen. Er hätte sich jenes Nestes um jeden Preis bemächtigen müssen, bevor es Verstärkung erhielt.

Rechnet man die umherschweifenden Kosaken Mazeppas ab, die an einem Schlachttage bloß eine last sind, so blieben dem König nur 18 000 Schweden. Was konnte ihn bei dieser Schwäche veranlassen, mit so wenig Truppen eine Belagerung zu unternehmen und zugleich eine Schlacht zu liefern? Beim Anrücken des Feindes mußte er die Belagerung entweder ganz aufheben oder ein starkes Korps zum Schutze der Laufgräben zurücklassen. Das eine war schimpflich; das andre verringerte die Zahl der Kämpfer fast auf Null. Karls Plan lief also dem Vorteil der Schweden zuwider, gab dem Zaren leichtes Spiel und scheint unsres Helden unwürdig. Dergleichen traut man kaum einem General zu, der nie mit Überlegung Krieg geführt hat.

Suchen wir indes keine Feinheiten, wo keine sind, und schieben wir dem Schwedenkönig keine Pläne unter, an die er wohl nie dachte. Erinnern wir uns vielmehr, daß er über die Bewegungen seiner Feinde oft schlecht unterrichtet war. Es ist also wahrscheinlicher anzunehmen, daß er vom Anmarsch Menschikows und des Zaren keine Nachricht hatte und sich daher einbildete, es sei garnicht eilig und er könne Pultawa in aller Gemächlichkeit einnehmen.

Hinzu kommt, daß Karl immer nur Feldkriege geführt hatte und im Belagerungskrieg ein völlig unerfahrener Neuling war. Bedenkt man ferner, daß die Schweden drei Monate vor Thorn lagen, dessen Festungswerke, beiläufig gesagt, nicht mehr taugen als die von Pultawa, so kann man von der Ungewandtheit der Schweden im Belagerungskrieg überzeugt sein. Wenn Mons und Tournai, Plätze, die ein Coehoorn und Vauban befestigt haben, dem Angriff der Franzosen kaum drei Wochen standhielten, aber Thorn und Pultawa sich gegen die Schweden monatelang behaupten konnten, folgt daraus nicht, daß diesen die Kunst, Festungen zu erobern, fremd war? Keine Stadt widerstand ihnen, wenn sie sie mit dem Säbel in der Faust erstürmen konnten, aber das elendeste Nest hielt sie auf, sobald Laufgräben angelegt werden mußten. Reichen aber alle diese Beweise noch nicht hin, so füge ich noch hinzu, daß Karl XII. bei seinem ungestümen und heftigen Charakter die Stadt Danzig gewiß belagert und eingenommen hätte, um sie für einige Anlässe zur Unzufriedenheit zu bestrafen. Da er aber der Meinung war, daß das Unternehmen seine Kräfte überstieg, so ließ er davon ab und begnügte sich mit einer starken Geldbuße.

Kehren wir nun zu unserm Gegenstand zurück. Da die Belagerung von Pultawa nun einmal im Gange war, konnte sich Karl bei der Annäherung des Zaren und seiner Armee noch immer den geeignetesten Ort auswählen, um sich mit seinem Nebenbuhler im Ruhme zu messen. Er konnte ihn am Worskla-Ufer erwarten, ihm den Übergang streitig machen oder ihn gleich danach angreifen. Die Lage der Schweden erforderte einen raschen Entschluß. Entweder mußten sie über die Russen gleich<377> nach ihrer Ankunft herfallen oder ganz auf eine Schlacht verzichten. Es war ein unverbesserlicher Fehler, dem Zaren die Wahl seiner Stellung zu überlassen und ihm Zeit zu geben, sich darin gut einzurichten. Er hatte schon den Vorteil der Überzahl: das war viel; Karl überließ ihm auch noch die Vorteile des Geländes und der Kunst: das war zu viel.

Wenige Tage vor der Ankunft des Zaren war der Schwedenlönig bei der Belagerung von Pultawa verwundet worden: diese Vorwürfe treffen also nur seine Generale. Indes scheint doch, daß er mit dem Augenblick, wo er sich zur Schlacht entschloß, seine Laufgräben hätte verlassen müssen, um dem Feinde mit voller Kraft entgegenzutreten. Er konnte sicher sein, daß Pultawa von selbst fiel, wenn er die Schlacht gewann; ging sie aber verloren, so mußte die Belagerung ohnedies aufgehoben werden. Eine solche Häufung von Fehlern auf schwedischer Seite verhieß für den Kampf, zu dem sich alles rüstete, nichts Gutes. Das Schicksal scheint schon im voraus alles zum Mißgeschick der Schweden vorbereitet zu haben. Die Verwundung des Königs, die seine gewöhnliche Tatkraft lähmte, die Nachlässigkeit der Generale, deren fehlerhafte Anordnungen beweisen, daß sie die Stellung der Russen garnicht rekognosziert hatten oder sich doch eine falsche Vorstellung davon machten: das alles waren Vorspiele der Katastrophe. Auch durfte die Kavallerie in diesem Falle die Schlacht nicht eröffnen. Die Hauptaufgabe mußte hier der Infanterie und einer zahlreichen, geschickt aufgestellten Artillerie zufallen.

Die Russen hatten ein vorteilhaftes Terrain inne, das sie durch Befestigungen noch verstärkten. Vor dem einzigen zugänglichen Teil ihrer Front dehnte sich eine kleine Ebene, die vom Kreuzfeuer einer dreifachen Reihe von Redouten bestrichen wurde. Ihr einer Flügel war durch einen Baumverhau gedeckt, hinter dem sich eine Verschanzung erhob; vor dem andren zog sich ein unüberschreitbarer Sumpf hin. Der verstorbene Feldmarschall Keith, der die so berühmt gewordene Gegend untersucht hatte, war überzeugt, daß Karl XII, den Zaren auch mit 100 000 Mann nicht aus seiner Stellung hätte vertreiben können. Denn die zahlreichen Hindernisse, die die Angreifer nach und nach überwinden mußten, hätten ihnen ungeheure Opfer gekostet, und schließlich werden selbst die tapfersten Truppen abgeschreckt, wenn sie nach langen, mörderischen Kämpfen immer wieder auf neue Schwierigkeiten stoßen. Ich weiß nicht, aus welchem Grunde die Schweden sich in ihrer kritischen läge auf ein so gewagtes Unternehmen einließen. Wurden sie durch die Notwendigkeit dazu gezwungen, so war es ein schwerer Fehler von ihnen, sich in eine Lage zu bringen, wo sie wider Willen und unter den ungünstigsten Verhältnissen eine Schlacht liefern mußten.

Kurz, alles kam, wie man es vorhersehen mußte. Eine durch Strapazen und Hunger, ja selbst durch ihre Siege geschwächte Armee wurde zur Schlacht geführt377-1.<378> General Creutz, der während des Kampfes den Russen in die Flanke fallen sollte, verirrte sich in den umliegenden Waldern und erreichte sein Ziel nicht. So griffen denn 12 000 Schweden 82 000 Russen in ihrer furchtgebietenden, verderbenspeienden Stellung an. Und das war nicht mehr eine Barbarenhorde wie die bei Narwa zersprengte, sondern wohlbewaffnete, gut postierte Soldaten, von geschickten ausländischen Generalen geführt, durch starke Schanzen gedeckt und durch verheerendes Artilleriefeuer geschützt. Die schwedische Kavallerie attackierte die Batterien, mußte aber trotz aller Tapferkeit dem Geschützfeuer weichen. Die nun vorrückende Infanterie wurde durch das Feuer der Schanzen niedergeschmettert; trotzdem eroberte sie die beiden ersten. Aber die Russen griffen sie nun in der Front, in den Flanken und von allen Seiten an, warfen sie wiederholt zurück und zwangen sie schließlich, das Feld zu räumen. Nach und nach riß Verwirrung bei den Schweden ein. Der verwundete König tonnte der Unordnung nicht steuern. Seine besten Generale waren schon zu Beginn der Schlacht gefangen genommen. Es war also niemand da, um die Truppen schnell genug wieder zu sammeln, und bald war die Flucht allgemein. Da man es verabsäumt hatte, die rückwärtigen Verbindungen der Armee durch Stützpunkte zu sichern, so hatte sie nun keinen Zufluchtsort und mußte sich, nachdem sie bis zum Dnjepr geflohen war, dem Sieger auf Gnade und Ungnade ergeben.

Ein höchst geistreicher Schriftsteller378-1, der aber seine militärischen Kenntnisse nur aus Homer und Virgil geschöpft hat, scheint den Schwedenkönig zu tadeln, weil er sich nicht an die Spitze der Flüchtlinge stellte, die Lewenhaupt zum Dnjepr führte. Den Grund dafür sieht er in dem Wundfieber, an dem der König damals litt und das nach seiner Behauptung den Mut schwächt. Ich erlaube mir aber zu entgegnen, daß ein solcher Entschluß passend sein mochte, als man noch mit blanker Waffe kämpfte. Heutzutage jedoch fehlt es der Infanterie nach einer Schlacht fast stets an Pulver. Die schwedische Munition war bei der Bagage geblieben, und diese war vom Feinde erbeutet worden. Wäre also Karl XII, so toll und eigensinnig gewesen, an der Spitze der Flüchtlinge zu bleiben, die weder Pulver noch Lebensmittel hatten (weshalb sich beiläufig die festen Plätze ergeben muffen), so hätte der Zar bald die Genugtuung gehabt, den so sehnlichst erwarteten Bruder Karl eintreffen zu sehen. Der König hätte also auch bei voller Gesundheit unter so verzweifelten Umständen nichts Klügeres tun können, als seine Zuflucht bei den Türken zu suchen378-2. Herrscher sollen zweifellos die Gefahr verachten, aber ihr Stand nötigt sie auch, sich sorgfältig vor Gefangennahme zu hüten, nicht um ihrer selbst willen, sondern wegen der verhängnisvollen Folgen, die daraus für ihre Staaten erwachsen. Die französischen Schriftsieller sollten sich erinnern, wie nachteilig für ihre Nation die Gefangennahme Franz' I. war378-3. Frankreich spürt noch heute ihre Wirkungen. Der Mißbrauch der<379> Käuflichkeit der Ämter, der damals zur Beschaffung des Lösegeldes für den König eingeführt werden mußte, ist ein Denkmal, das immerfort an jene schimpfliche Epoche erinnert.

In einer Lage, die jeden andren überwältigt hätte, zeigte sich unser flüchtiger Held noch immer bewundernswürdig im Ersinnen von Hilfsmitteln gegen sein Unglück. Während seines Rückzuges sann er auf Mittel, die Pforte gegen Rußland aufzustacheln. So zog er aus seinem Mißgeschick selbst die Mittel, sich wieder emporzuarbeiten. Allerdings sehe ich mit Betrübnis, wie der Held sich in der Türkei zum Höfling des Großherrn erniedrigt und um tausend Beutel bettelt. Welcher Eigensinn oder welch unbegreifliche Hartnäckigkeit, im Lande eines Fürsten zu bleiben, der ihn nicht mehr dulden wollte! Ich wünschte, man könnte aus seiner Geschichte den romanhaften Kampf von Bender auslöschen. Wieviel Zeit ging da unten in Bessarabien in Wahnhoffnungen verloren, während der Hilferuf Schwedens und das Pflichtgefühl den König zur Verteidigung seiner Staaten aufforderten, die in seiner Abwesenheit sozusagen verwaist waren und seit einiger Zeit auf allen Seiten von den Feinden verheert wurden!

Die Pläne, die man ihm seit seiner Rückkehr nach Pommern zuschreibt und die manche auf Rechnung von Görtz setzen379-1, erscheinen mir so umfassend, so außerordentlich, so wenig der Lage und Erschöpfung seines Landes angemessen, daß man mir zur Schonung seines Ruhmes gestatten möge, sie mit Stillschweigen zu übergehen.

Der an Erfolgen und Mißerfolgen so reiche Krieg war von Schwedens Feinden begonnen worden. Karl war also gezwungen, sich ihrer Angriffe zu erwehren, und im Zustande berechtigter Verteidigung. Seine Nachbarn kannten ihn nicht und griffen ihn an, weil sie ihn wegen seiner Jugend geringschätzten. Solange er Glück hatte und furchtgebietend erschien, beneidete ihn Europa. Sobald aber das Glück ihn verließ, fielen die verbündeten Mächte über ihn her, um ihn auszurauben. Hätte unser Held ebensoviel Mäßigung wie Mut besessen, hätte er seinen Triumphen selbst ein Ziel gesetzt und sich mit dem Zaren verständigt, solange es noch in seiner Hand lag, Frieden zu schließen, er hätte die Mißgunst seiner Neider erstickt. Nun aber, wo er ihnen nicht mehr furchtbar erschien, wollten sie sich mit den Trümmern seines Reiches vergrößern. Doch Karl war in seiner Leidenschaft keiner Mäßigung fähig. Er wollte alles ertrotzen und über andre Herrscher despotisch schalten. Er wähnte, Könige bekriegen und entthronen sei eins.

<380>

In allen Büchern über Karl X!l, finde ich prachtvolle Lobpreisungen seiner Mäßigkeit und Enthaltsamkeit. Trotzdem hätten zwanzig französische Köche, tausend Konkubinen in seinem Gefolge, zehn Schauspielerbanden bei seiner Armee seinem Lande nicht ein Hundertsiel soviel geschadet wie sein brennender Rachedurst und die ihn beherrschende maßlose Ruhmbegierde. Beleidigungen wirkten auf sein Gemüt so lebhaft und stark, daß die letzte Kränkung stets den Eindruck der vorhergehenden völlig auslöschte. Begleitet man ihn an der Spitze seiner Heere, so sieht man die verschiedenen Leidenschaften, die seine unversöhnliche Seele so gewaltsam durchtobten, sozusagen eine nach der andren aufblühen. Erst bedrängt er den König von Dänemark heftig; dann verfolgt er den König von Polen bis aufs äußerste; bald wendet sich sein ganzer Haß gegen den Zaren; schließlich hat sein Groll sich einzig auf König Georg I. von England geworfen. Er vergißt sich so weit, daß er den beständigen Feind seines Landes ganz aus den Augen verliert, um dem Phantom eines Feindes nachzujagen, der es nur gelegentlich oder besser gesagt zufällig mit ihm verdarb.

Faßt man die verschiedenen Charakterzüge dieses eigenartigen Königs zusammen, so findet man, daß er mehr tapfer als geschickt, mehr tätig als klug, mehr seinen Leidenschaften unterworfen als seinem wahren Vorteil zugetan war. Ebenso kühn wie Hannibal, aber weniger schlau, mehr dem Pyrrhus als Alexander ähnlich, glänzend wie Condé bei Rocroy (1643), Freiburg (1644) und Nördlingen (1645)380-1, aber niemals mit Turenne zu vergleichen, noch so bewundernswert wie dieser in den Schlachten bei Gien (1652), in den Dünen unweit Dünkirchen (1658), bei Kolmar380-2 und besonders in seinen beiden letzten Feldzügen380-3.

Welchen Glanz auch die Taten unsres berühmten Helden verbreiten, man darf ihn doch nur mit Vorsicht nachahmen. Je mehr er blendet, desto geeigneter ist er, die leichtfertige, brausende Jugend irrezuführen. Ihr kann man nicht genug einschärfen, daß Tapferkeit ohne Klugheit nichts ist und daß ein berechnender Kopf auf die Dauer über tollkühne Verwegenheit siegt.

Ein vollkommener Feldherr müßte den Mut, die Ausdauer und die Tatkraft Karls XII., den Blick und die politische Klugheit Marlboroughs, die Pläne, Hilfsmittel und Fähigkeiten des Prinzen Eugen, die List Luxemburgs, die Klugheit, Methode und Umsicht Montecuccolis mit der Gabe Turennes, den Augenblick zu erfassen, vereinigen. Aber ich glaube, dieser stolze Phönix wird nie erscheinen. Man behauptet, Karl XII. habe sich an Alexander gebildet. Trifft das zu, so hat Karl XII. den Prinzen Karl Eduard380-4 geschaffen. Sollte es der Zufall fügen, daß dieser einen andren hervorbringt, so kann das höchstens ein Don Quichotte sein.

<381>

Aber, wird man sagen, mit welchem Rechte wirfst du dich zum Richter der berühmtesten Krieger auf? Hast du, großer Kritiker, denn selbst die Lehren befolgt, die du so freigebig erteilst? Ach nein! Ich kann hierauf nur das eine antworten: Fremde Fehler fallen uns in die Augen, aber die eignen übersehen wir.

<382><383>

IV. Die Kriegskunst
Ein Lehrgedicht

Wofür noch keinem die Musen die Schläfe bekränztenLukrez,

Buch I

<384><385>

Erster Gesang
Ausbildung, Disziplin

Du, der einst mit dem Königszepter schalten,
Der Schwelt und Wage soll in Händen halten,
Du Heldensproß, auf den der Staat vertraut,
Fürstlicher Jüngling, laß Dich treu beraten
Von einem felderfahrenen Soldaten
Im Waffenbrauch, auf den der Ruhm sich baut.

Nicht Roß und Mann allein, Geschütz und Heere
Beschirmen eines Volkes Ruhm und Ehre.
Lern' erst den rechten Brauch, die Kunst verstehen,
Durch die der Kriegsmann hehre Tat vollbringt.
Ein neues Lied Dir meine Muse singt
Von Tugenden, die wir an Helden sehen,
Von Gaben, die ihr Fleiß erwirbt, von Mut
Und Umsicht, Wagclust und weiser Hut,
Und wie ein Krieger, den die Einsicht leitet,
Die Grenzen seiner Kunst noch überschreitet.

Doch glaube nicht, ich wollte schlimm Dich lehren,
Die unheilvolle Schlachttrompete blasen
Und wahnberauscht, lechzend nach Siegesehren,
<386>Entfachen Deinen Mut zu blindem Rasen.
Nicht Attila geb' ich zum Muster Dir,
Nein, echte Helden, Titus, Mark Aurel,
Trajan, voll Tapferkeit, doch ohne Fehl,
Der Menschheit Vorbild, ihres Ruhmes Zier.
Kein Lorbeer soll Viktorias Stirn bedecken,
Wenn Missetaten ihren Ruhm bestecken!

Wohltätiger Friede, hehre Geister droben,
Die Preußens Volk aus Himmelshöhen schirmen,
O scheucht von Flur und Stadt das blutige Toben,
Schützt unsre Grenzen vor des Krieges Stürmen!
Bewahrt uns vor der Menschheit grausen Plagen,
Und hört im Schicksalstempel Ihr mein Flehn,
So laßt dies Land bis zu den fernsten Tagen
Im heiß ersehnten Frieden fortbestehn!
Dann kann der Landmann seiner Fluren Segen
Zufrieden unterm trauten Dache hegen,
Kann Themis ungestört ihr Urteil sprechen,
Den Frevler strafen und die Unschuld rächen;
Die leichten Schiffe, die das Meer zerteilen,
Kein Feind als Sturm und Flut kann sie ereilen;
Minerva kann in unsrem Rate walten
Und Schild und Ölzweig in den Händen halten.
Doch reißt des Friedens hehres Band entzwei
Und lechzt der Feinde Übermut nach Krieg,
Dann, Könige, Völker, rüstet Euch! Dann leih,
O Himmel, der gerechten Sache Sieg!

Schrecklicher Schlachtengott, Du sollst mich führen;
Die Schranken öffne mir zu blutigen Kämpfen!
Euch holden Musen muß es wohl gebühren,
Des Kriegers rauhe Rede abzudämpfen.
O stimmt herab zu sanfter Melodie
Der Schlachttrompete schmetterndes Getön!
Verwegen setze meine Phantasie
Den grausen Mars auf des Parnasses Höhn.
Mit erznen Helmen wappn' ich Cure Stirn,
Nicht Liebes Lust und Leid will ich besingen,
Nicht Wonnetaumel, Kosen, List und Girrn,
<387>Noch Schwächen, die selbst Helden niederzwingen.
Des Pontus Sänger mag in süßem Wahn
Den Gott, der all sein Leid verschuldet, preisen387-1;
Die Grazien lauschen seinen holden Weisen,
Ich aber stimme grause Lieder an.
Tief in des Ätna Schoß, in Glut und Brand,
Lass' ich Vulkan mit Wucht die Blitze schmieden,
Die schrecklichen, die in der Helden Hand
Der Reiche Schicksal allezeit entschieden,
Die in der Schlachten Drang die Reihen mähn
Und stolzer Städte Wälle niederstrecken.
Auch jene grause Waffe sollt Ihr sehn,
Bajonnes Erfindung, jenen neuen Schrecken,
Der Spieß und Feuer eint und Tod um Tod
Den angsterfüllten Blicken droht.
Doch mitten im Gewühl des Mordens wird
Man Helden sehn, die rasch und unbeirrt
Die Reihen ordnen, tapfer vorwärts dringen,
Planvoll gebieten und das Schicksal zwingen.

Doch eh' zum Höchsten wir den Blick erheben,
Sei er den ersten Regeln zugekehrt,
Gleichwie der Adler seine Jungen lehrt,
Dem Wind zum Trotz im Ätherreich zu schweben,
Wenn sie, befiedert kaum, mit starken Schwingen
Empor die Mutter aus dem Horste trägt.
Kriegsfrohe Jugend, deren Mut sich regt,
Die es schon drängt, sich Ehre zu erringen —
O wähnet nicht, daß Euch der Ruhm schon krönt,
Wenn Ihr, im Krieg noch unerprobt und neu,
Ins Feld zieht, kaum der Mutterbrust entwöhnt!
Beginnet mit dem kleinsten ohne Scheu!

Drohend mit der Muskete Last bewehrt,
Durchlauft des harten Dienstes schwere Zeit.
Behend in jeglicher Bewegung seid,

<388>

Wie sie der Kriegsgott seinen Söhnen lehrt.
Fest sieht in Reihn, wie siumm, kein Glied gerührt!
Den Blick am Führer und gespitzt das Ohr.
Was er befiehlt, sei hurtig ausgeführt!
Geschwind zu laden lernt das Feuerrohr.
Gleichmäßig sei und pünktlich Griff und Tritt.
Rückt mannhaft vor, in festem, sichrem Schritt,
Kein Wanken und kein Schwanken, Mann an Mann!
In Zügen feuert, wahrt die Tempos gut,
Seid rasch in allem, doch mit kaltem Blut.
Harrt des Signals, dann stürmt verwegen an!
Steht Ihr auf Posten, habt des Feindes acht.
Wer nicht gehorchen kann, lernt nie befehlen.
So ließ sich Finck388-1 den Mut im Kriege stählen
Und hat der Helden Lehrzeit durchgemacht.

Wie furchtbar eines Heeres Größe sei,
Die Triebkraft sind die niederen Soldaten,
Die in des Dienstes strengem Einerlei
Zusammenwirken zu den großen Taten.
Gleichwie zum Spiel manch prächtiger Fontäne,
Die zu Versailles in weiten Gärten springt,
Mit Macht sich regt bei Marly an der Seine
Das große Triebwerk, das den Strom bezwingt:
Da pressen hundert Pumpen allesamt
Den unterjochten Fluß in die Kanäle;
Jedwedes Rad hat sein bestimmtes Amt.
Versagt ein Hebel, ist die kleinste Fehle,
Gleich stockt das Ganze, hört die Ordnung auf: —
So muß auch in der Heere Ruhmeslauf
Ein jeder unterordnen seinen Mut;
Kühnheit auf eigne Faust ist selten gut.
Ob vorschnell Euer Tun, ob's lässig war —
Der schon erraffte Lorbeer Euch entsinkt.
Liebt drum das Kleine, nicht des Ruhmes bar:
Es ist das erste, das den Sieg Euch bringt.

<389>

Doch sollt Ihr nicht im niedren Rang veralten:
Lernt als Soldat über Soldaten schalten;
Führt unverzagte Mannschaft mit Bedacht.
Klimmt Grad um Grad, stets Eurer Pflicht getreuer.
Bald sieht ein Bataillon in Eurer Macht.
Lenkt seinen Marsch und leitet es im Feuer.
Lehrt es in Ordnung laden, schießen, streiten,
Haltmachen und beherzt zum Angriff schreiten.

Drei Glieder hoch, so werden Preußens Krieger,
Straff, nervig, hoch an Wuchs, des Feindes Herr.
In dichtren Reihen räumt er doch dem Sieger
Das Feld nach kurzer, tapfrer Gegenwehr.
Im Gleichschritt soll das Bataillon anrücken
Und seinen Blitz und Donner nicht verschwenden;
Die Front soll ihre Bajonette zücken,
Daß sich entsetzt zur Flucht die Feinde wenden.

Mit Fleiß müßt Ihr die Heldenschar ergänzen,
Wenn nach der Schlacht so manche Lücke klafft,
Und strebt Ihr fürder nach des Sieges Kränzen,
Wählt große Männer aus voll Nerv und Kraft.
Mars bürdet ihnen auf die schwersten Lasten;
Nachzüglern grollt er, die am Wege rasten.
Schwächliche Körper, von Beschwer erschlafft,
Sind, eh der Feldzug endet, hingerafft.
Gleichwie im Wald die Eichen nur, die zähen,
Des Sturmes Toben trotzig widerstehen,
Doch neben ihnen in den Ungewittern
Der Fichten schlanke Schäfte splittern,
So müßt auch Ihr mit Männern, stark wie Leuen,
Die tapfren Bataillone stets erneuen.

Wenn Euch nach Feldherrnruhm der Wunsch durchdringt,
Der Ehrgeiz, daß Euch Dauerndes gelingt,
Beherrscht der Waffen mannigfachen Brauch,
Und habt Ihr Gaben, wohl, so übt sie auch!
Lernt, wie mit des Lapithen Kampfesart
Die Kriegskunst des Zentauren klug sich paart.
<390>Geht bei den Jüngern Pluvinels390-1 zur Lehre,
Wie man dem wilden Roß den Zaum anlegt,
Daß Euch sein Sprung kühn über Gräben trägt;
Gewöhnt die Lenden an des Panzers Schwere.
Kein Laut der Klage, wenn der Helm Euch schmückt,
Daß er Euch Furchen in die Stirne drückt!
Ein ungeschickter Mut, er scheitert bald.
Habt Euren Säbel gut in der Gewalt,
Den raschen Stahl, der Eure Feinde schreckt
Und ihre flüchtigen Reihen niederstreckt.
So will es Mars, daß Cure scharfen Klingen
Entscheidung in das Los der Schlachten bringen.
Das Schießen unterlaßt im Reiterkampf,
Denn wirkungslos verfliegt der Pulverdampf;
Zum Halten bringt die Pferde kurzerhand.
Lernt, wie man im Gefild die Truppe stellt,
Die Kürassiere fest zusammenhält,
Schwadron dicht an Schwadron, ein grades Band.
Bei Führern von Erfahrung und Geschick
Lernt tummeln Eure Schar. Im Augenblick
Abschwenken soll sie, flugs in Stellung stehn
Und rasch zu einer andern übergehn,
Sie plötzlich wechseln, hurtig aufmarschieren,
Gewandt in jeder Gegend manövrieren.
Gehorsam, des Befehls gewärtig, sprengt
Mit Windeseile in des Feindes Reihn.
In starkem Anprall werft sie, dicht gedrängt;
Sind sie zerstreut, setzt hitzig hinterdrein.

Hellas war einst des Lorbeers Heimatland,
Der Helden Schule Sparta, ihre Wiege;
Ordnung und Mannszucht herrschten da im Kriege,
Und Thebens Kunst der Phalanx Wucht erfand.
Der letzte Krieger zeigte sich als Held,
Wo Kimon, wo Miltiades befahl.
Gestählter Mut und Kunst vertrat die Zahl
Und schlug der Perser Dünkel aus dem Feld.

<391>

O Tag von Salamis und Marathon,
Der Griechen Ruhm an Euch auf ewig hängt!
Seht, wie der Held auf Mazedoniens Thron391-1
An seine Freunde Hab und Gut verschenkt,
Doch hoffnungsreich, auf seine Mannheit bauend,
Die Perser überfällt, Darms schlägt,
Asien bezwingt und seiner Phalanx trauend,
Den Sieg bis zu des Ganges Ufern trägt!

Mars brachte von den östlichen Gefilden
Sein Kriegspanier zum Römischen Senat;
Ein Volk von Männern wußt' er dort zu bilden,
Das kampfesfreudig schritt von Tat zu Tat.
Mit krieggewohnten Nachbarn lange ringend
Und selbst das Schicksal sich zu Willen zwingend,
Ward es Italiens Herr und wuchs an Macht
Durch jedes Volk, dem es sein Joch gebracht.
Der siegesstolze Aar der Legionen
Schwang sich zu immer höheren Regionen.
Der Feinde Kunst erlernte man in Rom,
Benutzte ihre List zum eignen Fall.
Zwingburgen wurden aus dem Lagerwall;
Vor ihrem Dräun erschrak der Donaustrom.
Iberer und Germanen unterlagen,
Die rauhen Völker an Britanniens Strand,
Karthagos List, die Kunst von Griechenland,
Des Pontus Macht391-2, der Gallier keckes Wagen;
Der ganze Erdkreis Rom zu Füßen sank.
Doch seine Mannszucht, die, an Siegen trächtig,
Es herrschend einst gemacht und übermächtig,
Sie fiel zuletzt: das war sein Untergang.
Da brachen Hunnen, Gothen und Gepiden —
Nicht Krieger, beutegierige Räuberhorden —
Ins weite Reich mit Sengen, Plündern, Morden.
Umsonst rief nun das Volk: Wer schafft uns Frieden?
Zu spät ward ihm der Fall der Mannszucht leid:
Das stolze Rom war dem Verfall geweiht!

<392>

Nach langem Schlaf ward neu die Kunst beseelt:
Der fünfte Karl erweckte sie zum Leben.
Sein Feldherrngenius ließ die Welt erbeben
Vor Spaniens Fußvolk, kühn und krieggestählt.
Karl gab ihm Ordnung, schrieb Gesetze vor —
Bis es bei Rocroy Schlacht und Ruhm verlor392-1.
Doch der Bataver seine Fesseln brach,
Das schnöde Joch der fremden Tyrannei.
Geschult von Moritz392-2, rächt' er seine Schmach,
Und durch Gehorsam ward er frei.
In seinen sieggewohnten Heeren
Gedieh Turennes bestaunte Feldherrnkunst392-3.
Der große Ludwig schenkt' ihm seine Gunst;
Die Franken folgten seinen Heldenlehren.
Des Krieges Regeln prägten sie uns klar;
Doch blind war Ludwig für den jungen Aar,
Des Mars und der Minerva Lieblingssohn:
Da ward Eugen zum Hort dem Kaiserthron392-4.
Der junge Dessau focht in Süd und Norden
In seiner Zucht und wurde kriegserfahren.
So sind die Götter, die mit Östreich waren,
Durch ihn zu Preußens Göttern nun geworden.

Sieh, wie die Kunst, die Dir mein Lied verkündet,
Die Throne stets gestützt, wohin ich schaue.
Und ist sie auf die Mannszucht fest gegründet,
Und waltet Kraft in ihrem großen Baue —
Ermiß, wie weit dann ihre Wirkung greift!
Doch durch Erfahrung wird sie nur gereift.
Dem Neuling wehe, den der Wahn umfinge,
Daß man die Stufen mühlos überspringe!
Als Phaeton den Vater einst beschwor,
Den Wagen ihm zu leihn — der junge Tor! —
Verstand er nicht der Rosse Mut zu zähmen;
Fremd war die Bahn, die sie am Himmel nehmen;
Doch dreist griff er zum Zügel, sie zu leiten.
So irrt' er auf verschlungnem Pfad einher;

<393>

Da flammt' ein Blitz und aus des Himmels Weiten
Zerschmettert stürzt er jählings in das Meer.
Verwegne, bangt, Euch gleichem Los zu weihn!
Durch Vorwitz stürzte Phaeton allein.
Lenkt Ihr zu früh des Mars ehernen Wagen,
So muß der ganze Staat das Wagnis tragen.

<394>

Zweiter Gesang
Ausbruch des Krieges, Lagerkunst, Schlachtordnungen, Stellungen, Märsche.

Wenn sich die Zwietracht, Unheil auszusäen,
Von ihren Ketten reißt am Höllenstrand,
Wenn aufgeschreckt sich ihre Schlangen blähen
Und sie die Fackel schwingt in ihrer Hand,
Daß Funken auf der Fürsten Dächer fallen,
Dann stammt ihr Hader fürchterlich empor.
Neid, Dünkel, Haß, sie finden fiugs ein Ohr,
Und Maß und Eintracht fiiehn aus ihren Hallen.
Vor ihren Augen lockend sieht die Rache;
Zum Kriege spitzt sich die geringste Sache.

Durch das Gelingen schwillt des Scheusals Mut:
Noch trunken, lechzt es schon nach frischem Blut.
Die Kriegesfurien lockt sein schriller Schrei;
Der Menschheit Plagen eilen fiugs herbei.
Mars öffnet rings im Land sein Arsenal;
Von Feuerschlünden starrt der Wall der Festen.
Auf schwerem Amboß ächzt der grause Stahl,
Und Pech und Schwefeldunst die Luft verpesten.
Der sanfte Bürger sieht die großen Städte,
Wo er des Friedens Künste froh genoß,
Erfüllt mit Kriegern, Waffen, Heerestroß,
Und durch die Lüfte schmettert die Trompete.
Man harrt nur, daß der Frühling wiederkehre.

Die Wonnezeit der friedlichen Cythere,
Die alle Welt mit Liebesdrang erfüllt,
Birgt nun für kühne Herzen nur Gefahr,
Die Ruhmesdurst noch ihrem Blick verhüllt.
Schon taut der Schnee und linder wird das Jahr.
Vom Bergeshang die Silberbäche fließen
Und schlängeln sich durch die geblümte Au.
Die jungen Gräser auf den Triften sprießen;
<395>Mit frischen Saaten schmückt sich rings der Gau.
Doch will auch Floras Huld uns Lust bescheren,
Gerüstet ziehen, Unheil abzuwehren,
Die Krieger in der Ehre Feld hinaus,
Vom Drang erfüllt, mit Ruhm sich zu bedecken,
Die Königsrache blutig zu vollstrecken;
Mit leichten Zelten tauschen sie das Haus.
Die Nachbarn zittern vor des Krieges Schrecken.
Der Landmann flieht; die Flur verödet sieht;
Von fremden Armen wird die Saat gemäht.

Zum Sammelplatze ziehn die Heeresmassen,
Zum Lager, das sie alle soll umfassen.
Ist nun der Platz gewählt und abgesteckt,
Siehst Du ihn bald wie eine Stadt bedeckt
Mit Häusern, Straßen und Palästen; hier
Wohnt nun des Staates Kraft und Zier.
Reg ist die Arbeit; bald die Dächer ragen,
Doch ohne Mörtel, Holz und Stein errichtet.
Jeder Soldat ist Maurer; aufgeschlagen
Ist rasch die Wanderstadt und flugs vernichtet.
Gar manches Wissen heischt die schwere Kunst,
Geländ' und Lagerplatz geschickt zu wählen;
Gar nützlich ist sie, sieht in hoher Gunst.

Soll es dem Heer an Sicherheit nicht fehlen,
So übt den Blick und lest in der Natur!
Lernt jegliches Gelände gut zu nützen:
Hier steile Höhn, die Eure Flanken schützen,
Dort Täler, Felder, wechselreiche Flur.
Je nach der Zeit und nach der Dinge Lauf
Schlagt hier und dort bedacht das Lager auf:
An seiner Wahl das Los des Kampfes hängt!
Ihr seid das Haupt, das für den Körper denkt,
Wacht, wenn er schläft, und handelt, wenn er ruht.
Auf Eure Weisheit jeder Krieger baut,
Und aller Schicksal liegt in Eurer Hut:
Lohnt's Eurem Heer, daß es auf Euch vertraut!
<396>Wollt Ihr das falsche Schlachtenglück erproben,
So schlagt das Lager auf im blachen Feld,
Wo sich kein Hemmnis Euch entgegenstellt,
Doch habt ein Korps zur Wache vorgeschoben.
Sorgt, daß ein Wald, ein Fluß Euch nahe liegt;
Deckt mit dem Lager Städte, die Euch nähren.
Zwei Treffen tief, so sieht in den Gewehren,
Klug dem Gelände angeschmiegt;
Das Fußvolk in der Mitte; an die Flügel
Stellt die Dragoner; sie sind rasch im Bügel.
Der Leib des Heeres ist die Infantrie;
Die Reiter sind die Arme: haltet sie
Zu beiden Seiten zwanglos ausgebreitet.

Der Art gemäß, wie jede Waffe streitet,
Stellt sie in günstigem Gelände auf.
Ein widriges Gefild die Kräfte bindet.
Blachfeld erheischt der Reiter schneller Lauf;
Die Erde unter ihren Hufen schwindet,
Und Wolken Staubes folgen ihrer Spur.
Doch ins Gebirge paßt ihr Stürmen schlecht.
Das Fußvolk nur wird jedem Ort gerecht,
Berg, Engweg, Hügel, Wald und Wiesenflur.
Mit kühnem Schritt durchmißt es ebnes Land,
Erklimmt den Bergeshang, der Schanzen Wall,
Stürmt und verteidigt, nutzbar überall,
Die festen Höhn, um die der Kampf entbrannt.

Wie wenn im Lenz die Wetterwolken grollen
Und plötzlich sich ihr dunkler Schoß entlädt,
Die Blitze zucken und die Donner rollen
Und Hagelschlag die Saaten niedermäht,
So schlägt der Wettersturm aus Euren Reihn
Verheerend in des Feindes Scharen ein.

Seid Ihr mit Schlacht und Stürmen wohl vertraut,
So lehnt Ihr klug des Heeres Flanken an.
Ein Wald, ein Fluß, ein Sumpf, ein Dorf, es kann
Dem Damme gleich, woran die Flut sich staut,
Dem Ansturm gegen Eure Stellung wehren;
Der Feind wird stutzen und die Schranke ehren.
<397>Der Stier, auf seiner Hörner Kraft vertrauend,
Streckt Rosse, Bären, Löwen in den Sand.
Trotzig und scharf auf ihre Sprünge schauend,
Stürmt in die Schranken er, hält plötzlich stand,
Deckt sich die Flanken, bietet stets die Stirn:
Prägt Euch dies Bild, Ihr Krieger, fest ins Hirn.
Achill, unsterblich in der Sänger Munde,
Trug an der Ferse seine Todeswunde.
Die Flanken sind bei Euch die schwächste Stelle;
Drum lehnt sie an, daß Euch der Feind nicht fälle!

Fortuna kann dem Gegner Hilfe senden
Und wider Euch den Lauf der Dinge wenden.
Tritt der verstärkte Feind Euch nun entgegen,
Dürft Ihr das Heer nicht in die Ebne legen.
Durch Kunst ersetzt die Minderzahl der Waffen;
Sucht Stellungen, zum Widerstand geschaffen.
Im Waldesdickicht, auf der Berge Kuppen
Und hinter Flüssen sammelt Eure Truppen.
Doch nicht genug! Sorgt auch, um Euch zu retten,
Daß Euch verborgne Rückzugsstraßen bleiben;
Dann seid Ihr sicher, das Geschick zu ketten,
Vermögt dem Feinde Regeln vorzuschreiben.

Doch nun erfahrt, wie nach des Mars Gesetzen
Ihr recht die Lagerstätte sollt besetzen.
Dem Feind müßt Ihr durch Feuer widerstehn;
Drum laßt verderbenspeiende Kanonen,
Die Tod und Schrecken in die Stürmer sän,
Auffahren zwischen Euren Bataillonen.
Doch hinter diesem Feuergürtel stellt
Der Kürassiere blanke Scharen auf.
Dringt dann der Gegner auch im Siegeslauf
Durch Cure Reihn und schlägt sie aus dem Feld,
So schickt die Reiter vor, den Schimpf zu rächen
Und seines Ansturms Wucht zu brechen.
So zwingt die Kunst das fügsame Gelände,
Euch in der Not gewissen Schutz zu leihn.
Geschicklichkeit ist alles Unglücks Wende,
<398>Doch selten ist sie und der Mut gemein.
Varro war nur Soldat, Fabius ein Held398-1.

Hoch ragt des Athos Gipfel ob der Welt,
Sieht drunten sich im Sturm die Wolken ballen,
Hört sich zu Füßen laut den Donner hallen.
Doch seine heitre Stirn die Winde bricht,
Und ihr ohnmächtig Wüten schreckt ihn nicht.
So von des Lagers Höhe schaut in Ruh
Der Held dem Ansturm seines Gegners zu,
Der seine Wut umsonst an ihm verschwendet.

Hat Mars Euch seine ganze Huld gespendet,
Flammt Euch der Blitz des Genius im Gemüte,
So findet Ihr der festen Burgen viel,
Die Menschenhand zu baun umsonst sich mühte,
Doch die Natur erschuf sie wie im Spiel.
Wohl sieht der Tor sie, doch mit trübem Blick;
Der Held benutzt sie flugs zum Meisterstück.

So trotzte einst mit seinem Häuflein lange
Leonidas beherzt dem wilden Drange
Der Perserscharen: ihre plumpe Kraft
Ward in der Thermopylen Enge hingerafft.
So setzten Xerres' raschem Siegeslauf
Durch ihre Kunst die Griechen einst ein Ziel.
So hielt Epirus einst das Schicksal auf,
Eh' um die Herrschaft Roms der Würfel fiel.
Dyrrhachiums Höhn, auf die des Volkes Held,
Der Abgott des Senates sich gestellt:
Ihr hieltet lange Cäsars Glück im Schach,
Und ohne Schwertschlag blieb Pompejus Sieger!
Doch unbesonnen, müd des Wartens stieg er
Von Euch herab, gab seiner Jugend nach.
Da ließ ihn Mars, der strenge Gott, im Stich;
Bezwungen ward er und sein Stern verblich!
O einzige Schlacht398-2, o schicksalsvoller Tag,
Da Rom besiegt zu Cäsars Füßen lag!

<399>

Du, Montecuccoli399-1, dem Römer gleich,
Der klug Du schirmtest Rhein und Kaiserreich,
Durch feste Lager hieltst Du mit Bedacht
Turenne in Schach trotz seiner Übermacht.
Versagt' ich Dir den Namen eines Helden,
Mars hieße selbst mich. Deinen Ruhm zu melden.
Staunt, junge Krieger, jenen Feldzug an,
Wo er durch Märsche, Lager Deutschland schützt,
Auf immer neue Stellung klug sich stützt
Und scheitern läßt dem Feinde Plan um Plan.
Wähnt nicht, daß er auf einem Fleck verweilt!
Wenn auch ein Lager einer Festung gleicht,
Mars will, daß Ihr von Ort zu Orte eilt,
Die Höhn und Pässe vor dem Feind erreicht,
Nach ihm Euch richtet, was Ihr auch beginnt,
Flugs Euren Vorteil wahrnehmt, schnell marschiert,
Vordringt zur Zeit, beim Rückzug nichts verliert
Und immer neue Pläne Euch ersinnt,
Durch die Ihr Euren Feind verwirrt.

Wenn nun das Lager abgebrochen wird,
So rückt ein jedes Korps für sich ins Feld;
Dann werden vier Kolonnen hergestellt,
Die Reiter seitwärts und das Fußvolk mitten.
Staubwolken wirbeln unter ihren Schritten.
Sieht waffenblinkend sie der Feind vom weiten
Sich in gewundnem Zug durchs Land verbreiten,
Wie Riesenschlangen fern am Tropenstrand In ihrer Schuppen blankem Panzerkleid,
So steht er starr und wie vor Schreck gebannt,
Und dem Verderben fühlt er sich geweiht.

Rückt Ihr in Ordnung vor, bereit zur Schlacht,
So muß, damit Bellonas Blick Euch lacht,
Dem Heer voraus ein starker Vortrab gehen.
Verlaßt ihn nie, wißt stets ihm beizustehen,
Sonst straft der Feind Euch! Gleich der Feuerwolke,

<400>

Die Herzog vor dem auserwählten Volke,
Schirmt Euch die Vorhut vor des Feindes Tücken.

's gibt manche Art, vom Lager abzurücken:
Die Treffen ziehn in parallelen Reihn,
Schlagt Ihr nach rechts, nach links die Richtung ein.

Das Schicksal kann dem Sieger sich versagen;
Turenne traf Unglück, Conde ward geschlagen.
Dann muß man seinem Mißgeschick sich fügen
Und kann im Rückzug doch den Gegner trügen.
Das ist des Feldherrn wahres Meisterstück,
Marschiert in guter Ordnung er zurück,
Voran der Troß, entrückt dem Untergang,
Das Heer durch starke Nachhut wohl geschützt.
Indes er sich auf Bergeshöhen stützt,
Zieht ungestört sein Heer das Tal entlang.
Also gewinnt mit gutem Ruf ein Held
Ein sichres Lager, wo er Ruhe hält.

Beim Zuge durch Germaniens Waldesnacht
War Varus schlecht auf seinen Schutz bedacht.
Den sichren Regeln handelt' er entgegen;
Die Lager waren falsch, sein Marsch verwegen.
In Schluchten mußten sich die Römer schlagen,
Wo sie den Scharen Hermanns bald erlagen400-1.
Schwer traf der Schlag den friedlichen August.
Er rief — und Tränen füllten seine Lider —
„O Varus, gib mir die Legionen wieder!“
Hätt' er der Römer falschen Stand gewußt,
„Tor“, rief' er, „was hieltst du die Höhen nicht,“
„Von wo der Feind auf Dich herniederbricht!“


Das sind der Kriegskunst bleibende Gesetze,
Wollt Ihr Euch lagern, zieht Ihr aus zur Schlacht.
Geschickte Märsche, gute Lagerplätze,
Planvoll besetzt, ein Rückzug, klug vollbracht:
Das ist's, woran der Staaten Schicksal hängt!

<401>

Ihr hohen Krieger, die Ihr Heere lenkt,
Lernt durch mein Lied die Regeln, wie man streitet,
Und von der Theorie zur Praxis schreitet.
Wollt Ihr durch des Triumphes Pforte gehn,
Und soll Euch einst der Heldenlorbeer zieren,
So müßt Ihr Fabius' Lagerkunst verstehn
Und Hannibal es gleichtun im Marschieren!

401

<402>

Dritter Gesang
Heerführung im Großen

Des Krieges Rüstzeug ward Dir wohlbekannt.
Doch wer nur eines Tapfren Ruf erringt,
Gilt mehr als andre nicht im Kriegerstand:
Des Meisters Blick nach höhern Sphären dringt.
Folg in den Tempel mir; dort wirst Du schauen
Das Heiligste, dem Pöbel unbekannt.
Siehst Du die Pfade dort, die steilen, rauhen,
Von Heldenblut gefärbt, am Abgrundsrand,
Und auf dem Felsenhaupt im Wolkenflor
Die stolzen Dächer und das hohe Tor?
Bis zum Olymp ragt ihrer Hallen Pracht,
Wo die Unsterblichen zu Rate sitzen;
Ihr ehrner Fuß taucht in des Orkus Nacht.
Bedräun Dich auch mit ihrer Augen Blitzen
Alekto dort, die Zwietracht und der Tod,
Die grimmen Hüter an dem Schreckensorte —
Dich ruft der Ruhm; Dir gilt nur sein Gebot:
So folg ihm nach; er öffnet Dir die Pforte.

Der keuschen Schwestern Sitz im Vorhof ist:
Ihr nützlich Schaffen wird dort hoch geehrt.
Den Zirkel in der Hand, Urania lehrt,
Wie man der Erde Kugelfläche mißt.
Mit kundigem Griffel bildet sie die Welt
Im kleinen nach auf jeder Hemisphäre,
Umzieht der Länder Grenzen und der Meere,
Und jeder Punkt wird treulich festgestellt.
Vauban402-1 und Sanson402-2, würdig ihrer Gunst,
Belehren dort die Jugend in der Kunst
Und zeigen auf der Kriegestarten Plan

<403>

Die Länder, Städte, die Gebirge, Flüsse,
Der Heeresstraßen wohlvertraute Bahn,
Die Festen, die ein Sturm bezwingen müsse,
Und jene, die zu brechen eitler Wahn.

Kalliope umringt ein andrer Kreis.
Der Helden und der Könige Geschichte
Lauscht jedes Ohr, und ihrer Taten Preis
Entstammt der Hörer Sinn. Zum Weltgerichte
Erhebt ihr Urteil sich in Lob und Tadel.
Sieh dort das Recht mit königlichem Adel
Den Eigendünkel aus dem Vorhof jagen!
Mit strengem Munde predigt es der Jugend
Der Ehre Pflichten und der lautren Tugend,
Heißt sie der Selbstsucht und dem Grimm entsagen,
Erdrückt des Neides grausen Schlangenknäul,
Lehrt menschlich sein in all dem Mord und Gräul,
Nur für das Vaterland das Leben wagen.

Tritt näher! In der Hand ein blitzend Schwert,
Tut Dir Bellona auf die Eisenpforte,
Die sie den niedren Kriegern streng verwehrt.
Sie führt Dich zu dem scheu verehrten Orte,
Den sie Erwählten nur zu schaun gewährt.

In dieses Tempels Schoß, von Licht umwoben,
Auf güldnem Thron von hehrer Majestät,
Von Flügelgeistern in die Luft erhoben,
Der grause Gott in seinem Glanze steht.
Und neben ihm der unverzagte Mut,
Der feste Sinn, beherzt und ewig gleich,
Die emsige Arbeit, sie, die nimmer ruht,
Die List mit schlauem Blick, an Ränken reich,
Die immer neue Hilfe sich ersinnt,
In klug erborgter Form der Not entrinnt
Und Proteus gleich sich ewig neu gestaltet,
Erfindungsgabe, deren Auge sprüht,
Des Gottes voll, der ihr im Busen wallet:
Ihr rascher Geist von tausend Plänen glüht,
Die dann Minervas weiser Sinn erwägt; —
<404>Und sie, die scheu die Blicke niederschlägt:
Verschwiegenheit, den Finger auf dem Wund,
Des Mars Vertraute: ihr ist alles kund.

Des Lorbeers Immergrün umsprießt den Thron.
Ihn spendet selbst der Gott als Heldenlohn
Den Auserwählten, die den Sieg erzwangen —
Der Lorbeer, der mit zaubervoller Macht
Die Krieger reißt in das Gewühl der Schlacht,
Ertötend jedes irdische Verlangen.

In diesem Tempel, glänzend von Trophäen,
Darin der Weltgeschichte Würfel fallen,
Siehst Du in erzgeschmückten Säulenhallen
Ringsum der Göttersöhne Bilder stehen.
Dort jene beiden404-1, wohl an Ehren gleich,
Doch ungleich in der Bahn, die sie betraten:
Der schlug Pompejus, der bezwang das Perserreich;
Noch ist die Welt erfüllt von ihren Taten.
Miltiades und Kimon dort, sein Sohn404-2,
Dort Romas Heldenschar am Götterthron:
Ämilius404-3, Scipio, Fabius; dort sieh
Ludwig von Baden404-4, Montecuccoli.
Dort der Franzosen reiche Heldenschar,
Condé und Heinrich404-5, Turenne und Villars;
Der Große Kurfürst, Schwedens Siegesheld404-6,
Eugen und Anhalt; hier, jüngst aufgestellt,
Ein neues Denkmal in der Schönheit Glanz;
Die Stirn umschlingt ein frischer Lorbeerkranz:
Moritz von Sachsen, Frankreichs beste Kraft,
Von Mars auf weichen Kissen hingerafft404-7.

Hierher nun tretet, junge Krieger, seht!
Das Haupt umwallt von langem Silberhaare,
Gebeugt die Glieder von der Last der Jahre:

<405>

Erfahrung ist's, die Euch vor Augen steht,
Den Leib bedeckt mit Narben und mit Wunden,
Doch ungebrochen von der Flucht der Stunden,
Vor denen alles Menschenwerk vergeht.
Was je sich zutrug — ihr ist es bekannt.
Heimisch in jeder Zeit, in jedem Land,
Erzählt sie, was sie weiß. Vernehmt, wie klug
Scipio nach Afrika die Waffen trug
Und Rom bewahrte vor dem nahen Fall;
Fort lockt' er so den grausen Hannibal
Zum Strand Karthagos, zwang ihn dort zum Streit405-1
Ein kleinrer Geist, ein Feldherr, minder groß,
Wär' ihm begegnet in Italiens Schoß
Und hätte kaum sein eignes Land befreit.
Und ward auch der verheerte Staat gerettet,
Doch nie gerächt und nie der Feind gekettet.

Die Zwietracht, neidisch auf der Römer Glück,
Erschuf der Helden viel im weiten Reiche.
Sertorius seht, gewachsen jedem Streiche;
Bald dringt er vor, bald weicht er klug zurück,
Und in Iberiens Felfenburgen hält
Er trotzig stand der Herrscherin der Welt405-2.
So weiß ein Held, in seiner Kunst erfahren,
Sich vor des Zufalls Tücken zu bewahren!
Doch wär' er hitziger und unbedacht
Von seinem Bergeswall herabgestiegen,
Erlegen wär' er bald der Übermacht
Und dem Pompejus, der gewohnt zu siegen.

Seht, wie Conde, Bellonas Lieblingssohn,
Der kühnen Feinde wandellosem Glück
Die Wage hält durch manches Meisterstück
Und Rettung bringt der Franken schwachem Thron!
Doch an dem Tag, der Frankreichs Los entschieden,
Gewann er nur durch Wagemut die Schlacht405-3.
Ein andrer, minder kühn und mehr bedacht,

<406>

Er hätte den verwegnen Kampf gemieden,
Und Spanien hätte, keck durch Frankreichs Zagen,
Die Siegesbanner nach Paris getragen.

Tief aus des Nordens winterlichem Schoß
Naht eine Flotte sich den deutschen Küsten:
Sie trägt in Schwedens König Deutschlands Los.
Germaniens Zwietracht und das Herrschgelüsten
Des Kaiserhofes lockte sie herbei.
Trotz bieten will sie seiner Tyrannei,
Den unterdrückten Völkern Freiheit bringen.
Die Klugheit lenkt sie; Mars gibt ihr Gelingen;
Am Ostseestrand nistet sich Gustav ein:
Dort bietet ihm Stralsund den offnen Hafen.
Mag nun das Glück mit seinen Fahnen sein,
Mag Mißgeschick sein kühnes Wagnis strafen —
Stets kann die Heimat neue Kraft ihm leihn,
Sei's, um des Unglücks Schmach zu rächen, sei's,
Um festzuhalten seinen Siegespreis.
Erobernd dringt er vor, vom Ruhm verklärt.
Deutschland erlösend, macht er's sich zum Knechte,
Setzt hundert Fürsten ein in ihre Rechte;
Zum Zepter wandelt sich das Racheschwert.
Sein Ruhm wird seiner Ehrsucht Untertan:
Hätt' ihn die Parze aus der Siegesbahn Nicht fortgerafft und früh ins Grab gesenkt,
Zwei Herren hätten Deutschland dann gelenkt406-1.

Seht dort Eugen auf seinem kühnen Zuge
Die Franken jagen aus der Lombardei.
Die Alpen bahnen ihm den Weg; im Fluge
Eilt er hinüber, und Turin ist frei.
Marsin in seiner Schanzen weitem Feld
Ist rings zu schwach zu zähem Widerstand.
So bringt durch eine Schlacht406-2 der rasche Held
Italien wieder in des Kaisers Hand.
Folgt ihm nach Ungarns weitem Steppenlande:
Vor Belgrad rückt er längs dem Donaustrande.

<407>

Der Muselman, der seine Schwäche sieht,
Um Eugens Gräben seine Wälle zieht.
Doch er umschnürt die Stadt mit engren Ringen,
Verachtet des Wesirs Verwegenheit,
Läßt furchtlos sich vom Eisenband umschlingen,
Gibt ihm den Fluß zu überschreiten Zeit.
Dann plötzlich stürzt der Held sich ohne Zagen
Mit seinen Panzerreitern in die Schlacht407-1.
Der Türke sticht entsetzt in wildem Jagen,
Und Belgrad beugt sich Eugens Siegermacht.

Du hehrer Schatten, heißgeliebtes Bild,
Steig nieder aus Elysiums Gefild
Und zeige Dich Den Deinen als ein Vater!
Wie man den Sieg erficht, sei ihr Berater.
Dein Vorbild, kein geringres, soll sie mahnen:
Seid, Heldensöhne, würdig Eurer Ahnen!

Preis, edler Kurfürst, Deinem Ruhm, der tief
Sich eingegraben Deinem Vaterlande,
Als von des Rheines blutgetränktem Strande
Zur Elbe Deines Volkes Not Dich rief 407-2!
Gleich Tigern, Wölfen Hausten dort mit Morden
Und Sengen Schwedens zügellose Horden.
Auf leicht errungnem Lorbeer war die Kraft
Des sieggewissen Wrangel schon erschlafft —
Da weckt der Blitzstrahl ihn am Abgrundsrande:
Ein Rachegott erscheint dem Vaterlande.
Er kommt und sieht und siegt an einem Tag.
Die Schweden, taumelnd von dem Wetterschlag,
Der jäh in ihre Lager drang,
Trotzen umsonst dem Sturm, dem ungestümen:
Du, Fehrbellin, kannst Friedrich Wilhelm rühmen!
Dein Feld sah unsrer Feinde Untergang!
So war es, als Iehovas Rachebote,
Der Todesengel, einst herniederdrohte
Auf der Assyrer frevlen Übermut407-3.

<408>

Doch höher noch auf seinem Ruhmespfade
Steigt Friedrich Wilhelm, übt im Siege Gnade:
Homburg verzeiht er, dessen Jugendglut
Zum unerlaubten Kampfe sich erkühnt408-1,
Und läßt die Gräul der Räuber ungesühnt,
Die seinen Staat mit Mord und Brand verheerten.
Doch nicht nur Milde braucht er statt der Strenge:
Die Horden, die vom Mark des Landes zehrten,
Verscheucht er rastlos, treibt sie in die Enge
Und jagt in wilder Flucht sie vor sich her,
Von wo sie sich ergossen, bis ins Meer.

Zu neuen Taten wappnet sich der Held:
Nach Preußen eilt er, wo der Notschrei gellt.
Des Winters Strenge, die vereiste Flut
Schreckt ihn nicht ab, nein, dient dem Wagemut,
Und Thetis sieht, was nie sich zugetragen,
Feldlager auf des Eises Rinde schlagen.
Er kommt und siegt: sein bloßer Name schreckt;
Den frechen Räubern all ihr Mut entfällt;
Fast ohne Schwertstreich züchtigt sie der Held
Und ruht nicht, bis das Strafgericht vollstreckt408-2.

Ihm strebe nach, Du Heldensproß! Erringe
Durch hehre Taten Dir Unsterblichkeit!
Erwäge jeden Plan, daß er gelinge;
Die Phantasie ist allzu rasch bereit.
Mit jedem Lande mache Dich vertraut,
Wohin die Ehre ruft. Am Feinde miß,
Was immer Du entwirfst. Vorausgeschaut
Sei jedes Dir getürmte Hindernis.
Dein Plan muß scheitern, hast Du mit Bedacht
Des Heeres Unterhalt nicht aufgebracht.
Neun Jahre, reich an Siegeslorbeer, büßte
Der zwölfte Karl mit seinem Untergang
In der Ukraine schauerlicher Wüste,
Wo ihn der Hunger und der Zar bezwang408-3.

<409>

Dem Blitze gleich, der in der Wetterwolke
Verborgen ist dem ahnungslosen Volke,
Fahr nieder auf den Feind, eh er's gedacht.
Sei rasch bereit, doch nimmer unbesonnen.
Frohlocke nie zu früh: nichts ist gewonnen,
Bevor Du nicht das ganze Werk vollbracht.
Als unsre Welt durch Gottes Schöpfertat
Einst aus der Nacht des Chaos trat,
Sah er sie an, und siehe, sie war gut;
Von seinem Werke hat er da geruht.

409

<410>

Vierter Gesang
Festungskrieg

Als in die Welt einst, in der ehrnen Zeit,
Das Laster trat und Recht der Stärke wich,
Umhüllten vor des Feindes Raubgier sich Die ersten Städte mit dem Mauerkleid,
Und bald erhoben sich mit starken Wällen Die Königsburgen wider die Rebellen.
Auf steiler Höh', wo Flüsse sich vereinen,
Ragte das Bollwerk, stand im Zinnenkranze
Die Feste, hochgetürmt aus Quadersteinen,
Und um die Grenzen zog sich Wall und Schanze.
Gleichwie der Leu dem Wüstensohn, dem scheuen,
Der Zähne grause Doppelreihe weist,
So trotzt die starke Grenzwehr nun dem Dräuen
Der Feindesschar, die wütend sie umkreist
Und sich umsonst sie zu bezwingen müht.

Die erste Kunst, die allerotten blüht,
Ist die des Krieges; mählich reift sie aus.
Hellas und Rom beschirmen Hab' und Haus
Mit starken Mauern und mit hohen Türmen;
Von ihren Zinnen trotzen sie den Stürmen.
Bogen und Schleuder senden Todesgruß,
Und wenn der Feind schon eng den Mauerfuß
Umstellt und gegen ihn der Widder rennt,
Ergießt sich von der Wand ein Feuerbach
Von Pech und Harz, der sein Gerät verbrennt.
Das Wurfgeschoß schlägt durch der Schilde Dach,
Und Steine hageln, die den Feind zermalmen.
Schon mancher Feldherr hat den Siegespalmen
Entsagt und kriegesmüd sich abgewendet...

Seht, wie Marcellus, listenreich und kühn,
An Syrakus410-1 umsonst die Kraft verschwendet:

<411>

Des Archimedes Kunst trotzt allen Mühn!
Sie richtet die gestürzten Mauern auf,
Verbrennt sein Kriegsgerät, raubt ihm den Sieg.
Massilias Wall, den nie ein Feind erstieg,
Hemmt Cäsars stets erneuten Sturmeslauf,
Bis er, des Mühens satt, doch wagemutig,
Vom offnen Hafen in die Feste dringt411-1.
Lang ist der Kampf um jede Stadt und blutig;
Der größte Feldherr mit dem Schicksal ringt.


Da raubte — längst lag Cäsar in der Gruft —
Die Kriegesfurie aus Iovis Hand
Den Blitz, und eine neue Kunst entstand.
In weitem Bogen schleudern durch die Luft
Die Feuerrohre nun den Elsenball,
Und seine Wucht verdoppelt sich im Fall.
Die Mauer sinkt, es wankt der Städte First,
Wenn seine todesschwangre Weiche birst.
Von hohen Wällen donnert das Geschütz;
Die Flamme loht, und jählings wie der Blitz,
Im Augenblick, wo sich der Schlund entlädt,
Sein Eisenhagel Tod und Schrecken sät.
Doch immer stärker an die Mauern pocht
Der Bombenwurf und reißt die Bresche weit, —
Und'dieses Wunder einer neuen Zeit
Hat doch ein schwarzes Pulver nur vermocht.

Seit dies Geheimnis sich uns offenbart,
Ersann der Mensch, um Mittel nie verlegen,
Zum Schutz der Städte eine neue Art.
Vielfache Schranken schoben sich entgegen
Der neuen Kraft; die hohen Türme sanken.
Du, großer Vauban411-2, Schirm und Hort der Franken,
Und Meister jener neuen Festungskunst,
Von Mars begnadet mit der höchsten Gunst,
Steig nieder, unsre Jugend zu belehren!
Du schirmtest, unerschöpflich an Gedanken,
Vor englischem Geschütz und deutschen Heeren
Die Städte Frankreichs mit gehäuften Schranken
Und wußtest ihre Schrecken stets zu mehren.

<412>

Von vorgerückten Werken unterstützt,
Entsteigt der hohe Wall des Grabens Breite
Und birgt die Werke, die sein Mantel schützt:
Kein Schuß kann sie versehren aus der Weite.
Bastion bestreicht Bastion; zur Kehle biegt
Der Flanke runde Schulter sich zurück,
Und Lauf an Lauf, ein rechtes Meisterstück,
Das Ravelin sich in den Graben schmiegt.
Ein zweiter Wall schließt sich um diese Werke,
Und rings umgürtet sie mit neuer Stärke
Die Enveloppe, die den Platz umspannt;
Davor die Wassergräben und am Rand
Der Gegenmauer die gedeckten Wege,
Von Palisaden starrend, und das schräge
Glacis, das blutgetränkte Todesfeld,
Wo Mann dem Mann sich kühn entgegenstellt.

Wie ist der Menschengeist an Mitteln reich!
Wer riefe nicht, hat er den Bau durchdacht:
Hier hat die Kunst ihr Meisterwerk vollbracht!
Du sahst nicht alles! Steig ins Höhlenreich,
Das schaurig unter dem Glacis sich dehnt!
Die Hölle hat sich mit dem Haß verbündet;
Die Mine harrt des Funkens, der sie zündet,
Und Opfer fallen, wenn ihr Rachen gähnt.
Blut, Leichen, abgerißne Glieder, Waffen
Bedecken rings den Hang und Schlünde klaffen.

Trotz aller Schrecken sind in unsrer Zeit
Die Festen vor dem Falle nicht gefeit.
Zweischneidig sind die Waffen, die sie schützen;
Auch der Belagrer kann sie trefflich nützen.
Der Angriff geht nach Regeln. Kluger Sinn
Bricht freie Bahn sich durch Gefahren hin.
Erst ziehe um die Feste weite Kreise;
Und fürchtest Du, es werde, sie zu retten,
Ein Heer sich nahen, so beschirme weise
Mit Wall und Graben Deine Lagerstätten.
Dann dringe wühlend mit dem Spaten vor,
Und wenn Dich Mars zu seinem Sohn erkor,
Zieh Deine Linien eng. Ein leerer Graben,
<413>Nicht Mann an Mann besetzt, ist wirkungslos.
Der Feind muß sehen: Deine Zahl ist groß,
Und auch Reserven mußt Du reichlich haben.

Damit der Feind Dir nicht das Werk verleide,
Schaff Vorrat an von Kost und von Getreide;
Dann spotte sein: Du bist der Sorgen quitt!
Erspäh des Platzes Mängel, seine Stärke;
Den Angriff richte auf die schwächsten Werke;
Bau Dein Depot; dann weiter Schritt für Schritt.
Den Zirkel und die Richtschnur in der Hand,
Nah Dich im Zickzackweg den hohen Wällen
Und zieh um ihren Fuß die Parallelen;
Bau kugelsicher der Geschütze Stand.
Nun schleudern ihre Blitze die Kanonen;
Bollwerk auf Bollwerk sinkt; auf ihren Kronen
Verstummt die Antwort auf den Eisengruß.
Der Feind von dem gedeckten Weg entweicht,
Wie Dein Geschoß in seine Flanke streicht;
Du fassest auf dem Gegenwalle Fuß.


Doch unter Dir schläft tückisch ein Vulkan.
Hier mußt Du klug der Sonde Dich bedienen:
Such und zerstöre die versteckten Minen;
Mit tollem Wagemut ist nichts getan.
Eile mit Weile! Schone Deine Streiter;
Laß den Mineur sich wühlen in den Schacht.
Ist drunten erst dem Krieg ein End' gemacht,
Dringst Du gesichert mit der Sappe weiter
Bis zum Glacis auf wohlgebahntem Pfade.
Doch stürme dicht erst vor der Palisade
Mit den Kolonnen aus der Deckung vor.
Gar mancher Ruf und Ehre schon verlor
Auf diesem falschen, blutgedüngten Grund.

Nun bist Du seiner Herr! In dichtem Rund
Sind hurtig die Geschütze aufgestellt,
Die Schuß um Schuß das Mauerwerk zerstören,
Und unterwühlt von emsigen Mineuren
Der hohe Wall in sich zusammenfällt.
Quer durch den Graben bahnen sie die Gasse:
<414>Zum Sturme geht es; eine dichte Masse
Dringt durch die Bresche hinterm Feinde drein.
Verzweiflung packt ihn — und die Stadt ist Dein!
So war's, als der Franzosen Siegesdrang,
Planvoll geleitet, Valenciennes bezwang 414-1.

Gelingt der Sturm, so halte Deine Krieger
In strenger Zucht: denn wilder als ein Tiger
Ist der Soldat, vom Siegesrausch verblendet.
Nach Beute lüstern, jeder Zucht enthoben,
Reißt seine Wut ihn fort zu blindem Toben,
Und durch Verbrechen wird Dein Sieg geschändet.
Es welkt der Lorbeer auf des Feldherrn Haupt,
Und hätt' er auch die halbe Welt bezähmt,
Wenn er sich selber nicht des Plünderns schämt
Und duldet, daß der Krieger brennt und raubt.
Der ganzen Menschheit Fluch gen Himmel gellt: Du bist verfemt; vergessen ist der Held.
Umsonst hat Tilly sich mit Ruhm bedeckt
In Kaisers Dienst — sein Name ward entweiht
Und aus dem Buche der Unsterblichkeit
Getilgt durch eine Tat, die ihn befleckt.
O Magdeburg, Du Denkmal seiner Schmach414-2,
Es weiß die Welt, was er an Dir verbrach!
Mög' Euch mein Lied dies grause Bild enthüllen,
Mit Abscheu Eure Seele zu erfüllen!

Durch Tillys heuchlerische Friedenskunde,
Die leicht geglaubt von Mund zu Munde stiegt,
Ist Magdeburg in sichre Ruh gewiegt.
Die Wache auf des starken Walles Runde
Sinkt müd ins Gras; die harte Lagerstätte
Der Mauer tauscht so mancher mit dem Bette.
Ein Trugbild mit der Friedenspalme winkt; Die ganze Stadt in tiefen Schlummer sinkt.
Rings Ruhe, Schlaf; — nur Tillys Tücke wacht.
Er ordnet seine Scharen in der Nacht
Und naht der Stadt, noch eh der Morgen graut.
Mühlos erklimmt er die verlaßnen Schanzen,

<415>

Um Östreichs Banner auf den Wall zu pflanzen.
Unselig Volk, das einem Trugbild traut!
Dir droht Verrat! Der Friede flieht; es naht
Der Tod, der grause Tod im nächtigen Dunkel.
Siehst Du in Mörderhand das Schwertgesunkel
Und Gier und Wut, bereit zur Freveltat?
Die Erde bebt; des Himmels Zorn erfüllt
Die Luft mit Blitzen, und der Donner brüllt.
Umsonst! Nichts schreckt den grimmen Würger,
Schon wälzen sich die zügellosen Horden
Rings durch die Stadt mit Plündern, Rauben, Morden;
Die Mauern rauchen von dem Blut der Bürger.

Befriedigt von dem Werk, mit kalter Ruh
Sieht Tilly diesen Freveltaten zu,
Spornt selber an, und auch den sanftren Sinn
Reißt solches Vorbild zum Verbrechen hin.
Nicht Häuser schonen sie, nicht heilige Stätten.
Wer widersteht, wer flieht, nichts kann ihn retten
Vor ihrem Grimm: sie kennen kein Erbarmen!
Es stirbt der Säugling in der Mutter Armen
Und sie mit ihm. Den Knaben trifft das Schwert
Mitsamt dem Vater, der den Mördern wehrt.
Nur Gräul und Frevel sieht man allerwärts;
Klein Flehn erweicht der Ungeheuer Herz.
Sie schlachten eine todesbleiche Schar
Hilfloser Greise ruchlos am Altar.
Man sagt, um sichrer Schande zu entgehn,
Daß Jungfraun vor den Lüsten der Verruchten
Den Tod im bluterfüllten Elbstrom suchten.


Doch welchen neuen Schrecken muß ich sehn?
Wo eilt Ihr hin, von welchem Wahn berückt,
Der Euch die Fackel in die Hände drückt?
Dämonen seid Ihr, Helden nimmermehr!
Rot von den Dächern schon die Flamme loht.
Unselige Stadt, der Trojas Schicksal droht!
Rasch wächst der Brand; schon wogt ein Feuermeer,
Und aus dem Flammenschoß dringt das Gewimmer
Der Opfer, hingerafft von Schwert und Glut.
<416>Verbrechen, unnatürlich, sinnt die Wut.
Dem finstren Abgrund ohne Hoffnungsschimmer,
Dem Ort der Flammen und der ewgen Pein,
Gleicht Magdeburg in dieser Schreckensstunde,
Ja grauser noch als dort im Höllenschlunde
Rings Henker, Glut und der Gequälten Schrein.
Entweihte Tempel und zerstörte Mauern,
Erleuchtet von dem Schein der Feuersbrünsie,
Und leere Gassen rings — zum Ort der Trauer,
Zur Wüste ward die Stadt, wo jüngst die Künste
Des Friedens blühten. Des Gemetzels satt,
Ruht, sich des Frevels brüstend, der Soldat.
Die Elbe flieht entsetzt den Ort der Schrecken,
Wo blutige Leichen ihren Strand bedecken.

Ward Tilly Glück durch diesen Sieg beschert?
Was er gewann, die Flamme hat's verzehrt,
Und Magdeburg war nur ein großes Grab,
Das Zeugnis für des Siegers Frevel gab.
Den Trümmern sah er Furien entsteigen
Und ihm die himmlische Vergeltung zeigen.

<417>

Fünfter Gesang
Winterquartiere

Minerva, die auf mannigfachem Pfad
Zum Ruhm Euch leitete mit weisem Rat
Und die für jeden Zeitlauf Helden zieht,
Gibt Euch nun Kunde durch mein Lied,
Wie Ihr nach überstandenen Gefahren
Des Sieges Früchte klüglich sollt bewahren.

Schon naht der Winter sich im Silberhaar,
Und Äolus entläßt der Winde Schar.
Den Zephyr scheuchend, schnaubt aus rauhem Nord
Boreas' Wut, und Halm und Frucht verdorrt.
Der Reif umspinnt der Wälder welkes Laub;
Den Winden fällt Pomonas Reich zum Raub.
Vom Frost gebannt, des Stromes Wellen stehn;
Die Herden die verwelkte Trift verlassen,
Und durch des Lagers hochgebaute Gassen
Die rauhen Winterstürme wehn.
Abbrechen muß der Krieger nun sein Zelt
Und Einhalt seinem Siegeslaufe tun.
Wie hoch auch Tatendrang die Herzen schwellt,
Der Winter zwingt die Feldherrn auszuruhn.
Bei Freund und Feind die Heere sich zerteilen,
Um in der Städte sichrem Schutz zu weilen.

Der Winter soll dem mühereichen Leben
Des Kriegers die ersehnte Ruhe geben
Und die erschöpfte Kraft erneun.
Doch will das Ganze sich der Rast erfreun,
So muß ein Teil, zum Kampfe stets bereit,
Geschäftig sein für seine Sicherheit
Und es wie ein lebendiger Wall umfassen.
Erprobten, klugen Führern unterstellt,
Die Postenkette rings die Grenzwacht hält.
<418>Die Wälder sind besetzt, die großen Straßen
Und Pässe; hurtige Dragoner und Husaren
Erspähn den Feind und warnen vor Gefahren
Und stören ihn und geben keine Rast.
Sein kleinster Schritt wird von den raschen Reitern
Dir hinterbracht, und seine Pläne scheitern
An ihrer Hut, kaum daß er sie gefaßt.

Hast Du der Vorsicht Rat Dich nun gefügt
Und bis ins kleinste Deiner Pflicht genügt,
Gleich siehst Du eine neue Dir erstehn.
Schenkt auch Orions kalter Stern dem Heer
Ein Weilchen Frieden, Du darfst nimmermehr
In dieser kurzen Spanne müßig gehn!
Wenig vollbringt, wer einzig vor Gefahren
Sein Heer beschirmt und Zucht und Ordnung schafft.
Ergänzen mußt Du Deine Heldenscharen,
Die Dir der Schlachtentod dahingerafft.
Der Sieg war teuer; der Gefallnen Ruhm
Heischt Erben, ihnen gleich an Heldentum.
In neuen Truppen suche drum Dein Heil:
Dem Fische gleich, der nach dem Köder drängt
Und bald am schnöden Angelhaken hängt,
Ist um gelingen Sold der Arme feil.
Den Landmann lockt von seinem kargen Feld
Das klingende Metall; er ficht für Geld,

Weiß nicht, ob Deine Sache gut, ob schlecht;
Doch an die Fahne fesselt ihn mit Macht
Die sirenge Zucht; sein Mannesmut erwacht
Und zum Soldaten wird ein blöder Knecht.

Des Heeres Zahl entscheidet oft die Schlacht;
Vor Deiner Stärke packt den Feind ein Zagen.
Auf Rosse, stark und feurig, sei bedacht,
Die willig ihre schwere Bürde tragen:
An Jahren jung soll Roß und Reiter sein.

Sorgfältig sammle Ceres' Gaben ein:
Der Sieg ist fruchtlos, wenn Dir Mangel droht418-1.

<419>

Dein Heer, ein treues Volk, verlangt nach Brot:
Du gibst es täglich einer Krankheit preis,
Die keines Arztes Kunst zu heilen weiß;
Durch Überfluß nur wird's von ihr befreit.
Versäumst Du diese Pflicht, so schleicht ins Lager
Aus ihrer Höhle öder Einsamkeit
Ein Ungeheuer, bleich und hager:
Der Hunger mit dem schrecklichen Geleit
Von Seuchen, Schwäche, Furcht und bittrer Not,
Verzweiflung, Aufruhr und gewissem Tod.
In diesem Lager, das von Leichen starrt,
Hältst Du allein dem Feinde Widerpart?
Drum beug dem Unheil vor! Versorg Dein Heer
Mit Nahrung vor des Lenzes Wiederkehr,
So wirst Du jetzt schon, in des Winters Schoß,
Besiegeln Deiner künftigen Schlachten Los.

Indes der Feldherr, sorgend für das Ganze,
Zum neuen Feldzug rüstet im Quartier,
Lohnt stilles Glück den tapfren Offizier
Und eint die Myrte mit dem Lorbeerkranze.
Die treue Gattin, deren liebend Herz
Sich oft nach ihm gesehnt in bangen Stunden,
Vergißt in seinem Arm der Trennung Schmerz.
O holde Zeit, da Sorg' und Not entschwunden!
O Wiedersehn, entrückt dem Waffenklang!
Er stillt die Tränen, lindert ihren Harm;
Sie windet ihm die Waffen aus dem Arm
Und hört mit Stolz, wie er den Feind bezwang.
O süßes Glück, wenn sie das Herze rührt,
Das unverzagt im Schlachtengraus geblieben,
Wenn sie den Mund küßt, der den Mut geschürt,
Der Tod entfesselt und zum Sieg getrieben!

Indes das Haupt des Helden frohgemut
Am Busen der geliebten Gattin ruht,
Umspielen ihn, die ihrem Bund entsprungen.
Begeistert küßt des Vaters Hand der Sohn,
Voll Ungeduld, den gleichen Heldenlohn
Zu ernten, den der Tapfre sich errungen.
<420>Die Kleinen lehnen an des Vaters Knie,
Umkosen ihn mit froher Zärtlichkeit,
Und in den zarten Händen halten sie
Das Schwert, das er geführt im blutigen Streit,
Den Panzer und den Helm von blankem Erz:
Bald strebt dem Vater nach ihr junges Herz.

Doch solche Freuden, solche holde Lust Gießt Amor nur in eine keusche Brust.
Geteilte Liebe schlingt ein festes Band,
Und Liebe geht mit Achtung Hand in Hand —
Ein Glück, das fremd den wilden Herzen bleibt,
Die nur der Sinne Brand zur Wollust treibt.
Sein liebend Herz ist zärtlich, doch nicht schwach.
Vom Gift der Wollust, das am Leben zehrt,
Blieb sein gesunder Körper unversehrt,
Und ruft die Pflicht — ihr folgt er einzig nach.
Ja, diese keusche Lust, der Pflicht gesellt,
Beschert ihm ftische Kraft und stählt den Mut.
Bald siehst Du ihn voll neuer Kampfesglut
Dem Ruf der Ehre folgen in das Feld.

Noch ehe vor dem Lenz der Winter flieht,
Eilen die Führer zu den Postenketten,
Ersinnen Pläne, wählen Lagerstätten;
Das Land vermessen Schüler des Euklid
Und weisen zu dem Sammelplatz die Wege.
Der Feldherr über ihre Arbeit wacht,
Entwirft den Plan, berechnet seine Schläge.
Doch nicht allein auf Künftiges bedacht,
Ist auch sein Sinn dem Heute zugewandt.
Das weise Mißtraun, des Erfolges Pfand,
Mehrt seine Wachsamkeit und spornt ihn an,
Reißt ihn vom Lager aus des Schlafes Bann,
Belebt den müden Geist in dunkler Nacht
Und raunt ihm zu: Hab Deines Feindes acht!
Erwäge, was er tut und was er kann.
Im Lager, überall, laß ihn umringen
Von Spähern, die in sein Geheimnis dringen.
Für sichre Nachricht geize nicht mit Sold:
<421>Feil ist der Menschen Sinn für blankes Gold.
Mit fremden Augen prüfe Deinen Plan
Und wieg Dich nie in selbstgewissem Wahn!
Du glaubst in voller Sicherheit zu sein?
Die Berge flößen Dir Vertrauen ein?
Wie, wenn der Feind die Truppen überfällt,
Die Du am Fluß als Grenzwacht aufgestellt?
Und ist auch Deine Stellung noch so gut,
Vertrau nicht ihr allein! Sei auf der Hut!

Der Alpen wolkenhoher Felsenwall,
Der Romas Reich gleich einem Bollwerk deckte
Und unersteiglich schier die Feinde schreckte,
Hemmt nicht den unverzagten Hannibal.
Er übersteigt ihn mit verwegnem Mut421-1;
Denn Heldenkühnheit große Wunder tut.
Er kommt, er naht auf unbetretnen Wegen,
Und bald ist ihm das Römerheer erlegen.

Vendôme sich auf die Felsenkette stützt,
Die der Lombarden reiche Flur beschützt.
Keck wagt Eugen die Etsch zu überschreiten421-2;
Wie er besonnen, aber plötzlich naht,
Wird frei der Po durch eine tapfre Tat
Vom Joch, das die Franzosen ihm bereiten.

Bedenke, daß der Ströme Flut zu Eis gerann
Und daß der Frost dem Feinde Brücken schlug,
Darüberhin er in beherztem Zug
In die verstreuten Lager brechen kann:
Verwirrung, Schrecken reißt zu wilder Flucht
Die Deinen hin. Mühvoller Jahre Frucht
Zerstört ein Tag. Der Feind raubt Deinem Heere
Den Siegeslohn und Dir die Waffenehre.
Weh Dir, bricht er in die Quartiere ein!
Verderben bringt nicht der Verlust allein:
Dein Kriegsvolk wird rebellisch und versagt

<422>

Die Achtung Dir, verliert die Zuversicht,
Die frische Kampflust, die den Sieg erficht,
Und Führer wie Soldat verzagt.
Ein Unheil wird vom andern rasch geboren:
Verfolgt der Feind Dich hart, bist Du verloren.

Geschlagen, doch durch Nachschub kühn gemacht,
Geht Bournonville über den breiten Rhein.
Turenne, sein Feind, vermeidet klug die Schlacht
Und weicht in Lothringens Gebirg hinein.
Da teilt der Deutsche, unbedacht und dreist,
Sein Heer, eh noch der Frost das Land vereist:
Im Elsaß lagernd, sorglos und verstreut,
Beschwört er selbst den Sturm, der ihn bedräut.
Indes er so in Sicherheit sich wiegt,
Der Kaiseraar in tiefem Schlummer liegt,
Vereint Turenne im Bergesschutz sein Heer,
Dringt vor, stürmt durch die Ebne unentwegt,
Fällt über Bournonvilles Quartiere her,
Macht Scharen von Gefangenen und schlägt
Den Deutschen, der in regelloser Flucht
Am andern Ufer seine Rettung sucht422-1.

Der Winter kann Euch rasches Glück bescheren,
Die Ruhezeit Euch reichen Lohn gewähren.
Wenn auf den weitverstreuten Feind mit Macht
Ihr fallt und es gelingt, ihn zu verjagen,
Dann siegt Ihr, ohne eine Schlacht zu wagen:
Dem Kühnen hat das Glück noch stets gelacht!

So naht den Sachsen jener kühne Held,
Der Stanislaus beschirmt, mit raschem Mut,
Als August in der Liebe heißer Glut
Ein junges Weib in seinen Armen hält
Und froh ums Haupt den Rebenkranz sich flicht,
Sein Heer vergessend, Polen, seine Pflicht.
Karl eilt herbei in ungestümem Laufe
Und stört das Bacchanal, das Liebesfest422-2.

<423>

Zur feigen Flucht kehrt sich der Söldnerhaufe.
Und der geschlagne Sachse überläßt
Dem neuen Abdolonymos423-1 den Thron.

So sieht aus Höhen, wo die Blitze drohn,
Der Aar das WUd sich tummeln durch den Forst,
Nicht ahnend, daß Gefahr ihm nahe sei.
Pfeilschnell schießt er herab mit frohem Schrei
Und trägt die blutige Beute in den Horst.

<424>

Sechster Gesang
Die Schlacht

Der Gott des Sieges tat durch meinen Mund
Die strengen Regeln seiner Kunst Euch kund.
Den schlichten Anfang hab' ich Euch erzählt
Und wie der Feldherr seine Lager wählt,
Wie er sein Heer in Zucht erhält und Pflicht,
Wie er der Städte stolze Wälle bricht
Und Winters sich vor Überfällen wahrt.
Doch Größtes sei zuletzt Euch offenbart.
Mein Lied malt Euch der Schlachten grauses Bild;
Hier wogt ein Meer, gefahrenreich und wild,
Voll Klippen, die allein die Kunst vermeidet:
Auf denn zur Schlacht! Lernt, was den Sieg entscheidet!

Schon tut die Bahn sich auf, in deren Schranken So viele Helden zeitig niedersanken,
<425>Wo Wilhelm425-1 strauchelte und Marsin fiel425-2
Und andre hilflos, atemlos, erschlafft,
Niemals erreichten ihres Laufes Ziel.
Dort ward Pompejus, Pyrrhus hingerafft,
Dort Mithridates, Crassus, Hannibal.
Die Länder weisen ihre blutigen Spuren,
Und Trümmerhaufen künden ihren Fall.
Doch Sieger bleiben auf den gleichen Fluren
Geschicktre Läufer, die ihr Ziel erreichen.
Kann Cäsars, Alexanders Ruhm verwehn?
Sieg krönt Conde, Turenne, den listenreichen,
Und Gustav425-3, Luxemburg, Villars, Eugen.

Ihr jungen Krieger, die der Ruhm begeistert,
Sorgt, daß Euch nicht das Ungestüm bemeistert!
So viele Krieger um den Sieg sich mühn,
Fortuna hat nur wenige erkoren.
Wie manchem ging, nach Taten, groß und kühn,
An einem Tag sein ganzes Werk verloren!

Gedenkt an Trojas Fall! Es widersteht
Der Griechen Scharen, hält sich unversehrt.
Der Feind erlahmt; besiegt ist Diomed;
Ajax entflieht in Wut; der Brand verzehrt
Der Schiffe viel; umsonst sich opfernd stellt
Patroklos sich dem Gegner. Hektor fällt
Den Freund Achills und raubt ihm dessen Waffen.
Dem Rächer muß Hephästos neue schaffen;
Da flieht das Glück Den, der so oft gesiegt:
Achilles kämpft und Trojas Held erliegt.
Werft auf den zwölften Karl nun Euren Blick:
Neun Jahre Sieg, neun Jahre Mißgeschick!
Blieb solchen Helden nicht der Sturz erspart,
Hat alle Kunst sie nicht vor Schmach bewahrt,
Was träumt dann Ihr, Bellonas Schüler, kaum
Im Lager heimisch, schon den Siegestraum?

<426>

Und doch: trotz meinem Rat reißt zu Beginn
Des Laufes kecker Jugendmut Euch hin;
Gleich wilden Rossen stürmt Ihr in die Bahn.
Fürchtet den Ehrgeiz, der Euch leicht verblendet;
Mißtraut des Eigendünkels holdem Wahn;
Die Gaben prüft, die Euch Natur gespendet!
Nehmt nie der Ruhmsucht eitle Träumerein
Für Eures Geistes allerhöchste Kraft.
Mögt Ihr so stark auch wie der Ringer sein
In London, den das dumme Volk begafft, —
Der Pöbel jauchzt und die Trompete klingt,
Wenn er den Gegner kraftvoll niederzwingt —
Ja, wärt an Kraft Ihr den Titanen gleich,
Die sich empörten wider Jovis Reich,
Die frevlen Muts die Göttersitze stürmten
Und die den Pelion auf den Ossa türmten, —
Besäßt Ihr selbst des Schlachtengottes Mut,
Wähnt dennoch nicht, ich hieße so Euch gut!
Kraft, Tapferkeit und Größe reicht nicht hin:
Von Helden heischt Minerva größern Sinn.

Dem Feldherrn gebe Weisheit das Geleit.
Klug sei er, doch nicht schwach, gedankenvoll,
Doch nie phantastisch; stets zur rechten Zeit
Geschehe, was sich ziemt; gehorchen soll
Sein Heer ihm blindlings, auch im Schlachtendrange.
Entsteht Verwirrung, weiß er ihr zu steuern,
Die Weichenden, Erschlafften anzufeuern.
Wes auch das Heer bedarf, er sieht es lange
Voraus und zeitig wird's herbeigeschafft.
Ist er an Mitteln reich und an Geduld,
So trifft kein Schicksal ihn durch eigne Schuld.

Drum bildet Euren Geist, die Urteilskraft.
Baut nur auf Euch; vom Glück erwartet nichts.
Langsam und kühl besonnen seid im Rat,
Doch kühn entschlossen zeigt Euch bei der Tat.
Und ohne Gründe reichlichen Gewichts
Führt nie das Heer zur mörderischen Schlacht.
<427>Des Staates Kräfte sind in Eurer Macht:
Furchtlos und willig folgt die Heldenschar
Beim ersten Zeichen Euch in die Gefahr
Und stürzt sich auf den Feind, dem Tiger gleich,
Der auf den Löwen springt in grimmer Wut:
Er wirft ihn um, reißt ihm mit einem Streich
Die Flanken auf und schlürft des Opfers Blut.

Am Tag darauf, o Gott! welch grauses Bild!
Von leichenhügeln strotzt das Schlachtgefild.
Dein bester Freund liegt blutend mit dem Feind,
Den er bezwang, in einem Grab vereint.
Schaut, wie der Tod der Tapfren Aug' umnachtet,
Die Euer Ehrgeiz grausam hingeschlachtet!
Seht Ihr der Eltern Harm, die Tränenfiut
Der Witwen? Fluch gellt Euch im Siegesglanze.
Nein! eh Ihr ruchlos fließen laßt das Blut
Und als ein Mörder kommt zum Lorbeerkranze,
Laßt lieber all die Ehrenmale schwinden,
Die Euren Ruf an Freveltaten binden!
Um solchen Preis begehrt den Nachruhm nicht.

Übt stets an Eurem Heer die Vaterpfiicht.
Seht Euren Sohn auch in dem letzten Fechter:
Den Hirten liebt die Herde, nicht den Schlächter.
Dem Staat gehören sie; in Euren Händen ruht
Ihr Glück, drum schonet ihr, nicht Euer Blut,
Ja geizt mit ihm, solang es Mars gefällt.
Doch wenn das Wohl des Vaterlands gebeut,
Daß zwischen Freund und Feind der Würfel fällt.
Dann zaudert nicht und opfert ungescheut
Ihr Leben hin! Dann mag ihr Mut sich zeigen,
Und über Leichen sollt zum Sieg Ihr steigen!

Ein Feldherr, der Bellonas Geist verspürt,
Kämpft, wann er will, nicht, wenn's dem Feind behagt.
Des Heeres sicher, das er weise führt,
Pariert er jeden Schlag, den jener wagt.
Er denkt als Weiser, handelt als ein Held,
<428>Der statt zu warten, selbst den Gegner stellt:
Dem Angriff war das Glück noch stets geneigt.
Des Widders Wucht die stärksten Mauern bricht
Und schafft Euch freie Bahn; sein Schwergewicht
Zerstört die Türme, die der Feind besteigt
Zum letzten Widerstand. Greift immer an:
Bellonas Huld lächelt dem kühnen Mann!

Doch wenn das falsche Glück Euch nun verrät
Und zu des Feindes Fahnen übergeht,
So zeigt dem Unheil eine heitre Stirn!
Durch kluges Walten macht den Schaden gut,
Befeuert des besiegten Heeres Mut
Und findet Mittel in dem eignen Hirn.
Die Nacht erhöht der Steine lichten Schein:
So sollt Ihr groß und stark im Unglück sein;
Dann wird ein Fehlschlag Eures Ruhmes Glanz
So gut vermehren wie der Siegeskranz.
Verzweifelt nie, vertraut auf Eure Kunst:
Klugheit erzwang noch stets Fortunas Gunst!
Villars, bei Malplaquet428-1 aufs Haupt geschlagen,
Hat bei Denain428-2 den Sieg davongetragen.
Ein Tag bringt Euch das Glück, das lang Euch floh:
So wurde Villars auch des Sieges froh.

Des Kampfes Art ist mannigfach: Ihr kennt
Die großen Schläge, die man Schlachten nennt;
Da ficht bei Freund und Feind das ganze Heer.
Verschanzte Posten, Höhen, Flüsse sind
Der Schauplatz, wenn ein Treffen sich entspinnt;
Der Stellung Stärke macht sie lang und schwer.
Seht Ihr die beiden Heere dort im Feld?
In guter Ordnung ziehen sie zum Streite;
Die Front entfaltet sich zu voller Breite.
Das eine, rasch entwickelt, überfällt
Den Feind. Auf seine Flügel stürzt mit Wucht
Die Reiterei; sie wenden sich zur Flucht.

<429>

Durch Staub und Pulverdampf blitzen die Klingen;
Bald sind sie rot von Blut. Nach kurzem Ringen
Sind weit und breit die Fliehenden zerstreut.
Die Schlachtfront, der des Fußvolks Angriff dräut,
Hat keine Flügel mehr, die sie beschützen.
Schon sprüht der Tod aus hundert Feldgeschützen.
Im Sturmschritt kommt der Sieger angerückt,
Die Fahnen hoch, das Bajonett gezückt.
Der Feind verzagt und seine Reihen wanken;
Da fällt ein starkes Korps in seine Flanken!
Er weicht, er flieht; die Erde trinkt sein Blut.
Das Feuerrohr, entflammt von Blitzesglut,
Schickt Tod um Tod in die entsetzten Reihn;
In kleinen Haufen fliehn sie querfeldein;
Haupt, Ordnung, Fahnen, alles ist dahin!
Vollenden will der Sieger den Gewinn,
Den er so leichten Kaufs davongetragen,
Nicht goldne Brücken seinem Feinde schlagen;
Drum wird das Werk an einem Tag vollbracht.


So griff Eugen mit seiner ganzen Macht
Bei Höchstädt429-1 an, wo Marsin und Tallard
In schlechtgewählter Stellung standen. Er
Durchbrach ihr Zentrum und zerschnitt ihr Heer.
Die Waffen strecken mußte Schar um Schar,
Und bis zum Rheine ging die wilde Flucht:
Reich war, 0 Höchstädt, Deines Sieges Frucht!
Als bei Almansa mit dem Leun der Britten
Die Lilien kämpften und den Sieg erstritten — Dank Berwick ward der glückliche Bourbon
Herr von Castilien und Aragon429-2.

Schaut andre Treffen! Auf dem Höhenkranze,
Der herrisch aus der Ebne sich erhebt,
Steht fest ein Heer, geschützt durch Wall und Schanze.
Doch sieh den Staub, der in die Lüfte strebt!

<430>

Der Feind rückt an und rüstet sich zur Schlacht;
In einem Treffen ordnet er die Streiter.
Die Höhen sind für Rosse nicht gemacht:
Ins Hintertreffen stellt er drum die Reiter.
Der Führer sprengt, um selber zu erkunden,
Weit vor die Front. An seinem Feldherrnblick,
An Wahl von Ort und Zeit hängt das Geschick;
Schon ist des Gegners schwacher Punkt gefunden
Und sein der Sieg! Rechts dringt ein starkes Korps
Im Eisenhagel der Geschütze vor
Und stürmt bergan. Im eignen Bau gefaßt,
Entflieht der Feind verstört, in wirrer Hast.
Der Sieger nimmt geschwind den Vorteil wahr,
Und zur Verfolgung sprengt die Reiterschar.


So zwang Conde bei Freiburg430-1 das Geschick;
So siegte unter seines Königs Blick
Moritz bei Laveld, wo er heldenhaft
Die Britten, Deutschen und Bataver schlug
Und auf die Höhen seine Fahnen trug:
Viel Opfer wurden da hinweggerafft430-2.

Dies ist die Art, wie Ihr den Sieg erringt
Und Eures Feindes feste Lager zwingt.
Oft sind sie nur von regellosen Gräben,
Von schlechtgebauten Schanzen schwach umgeben.
Falsch aufgestellt, an einen Punkt gebannt,
Bleibt oft ein Teil des Heeres unverwandt,
Indes, Ihr selbst, den keine Stellung bindet,
Euch frei bewegt und Euren Vorteil findet.

Nichts hemmt den Feldherrn, dem Bellona lacht,
Wenn sich der Feind, vom Unglück scheu gemacht,
Aus Furcht, das er ihm Leid zum Leide füge,
In eines festen Lagers Schutz vergräbt.
Dann zwingt der Held ihn durch geschickte Züge,
Die Schlacht zu liefern, der er widerstrebt.

<431>

Die großen Städte nimmt er sich zum Ziel
Und schafft dem Gegner immer neue Not,
Erscheint bald hier, bald dort, führt irr, bedroht
Zugleich drei Plätze durch sein wechselnd Spiel.
Indes er Schrecken in die Herzen sät,
Der Feind in immer größre Not gerät.
Von keinem Orte kommt ihm Zufuhr mehr
Und kämpfen muß das eingeschloßne Heer.
Sieg oder Tod — dies Schicksal bleibt ihm nur.
Das junge Reh folgt stets der Mutter Spur:
So wagt der Feldherr lieber auch sein Leben,
Als seine Vorratskammern preiszugeben.

Sucht Euch der Feind die Tatkraft einzudämmen
Und Euch durch eines Stromes Lauf zu hemmen,
Mögt Ihr bei Hannibal zur Lehre gehn.
Die Römer an dem Rhoneufer siehn;
Der Konsul wähnt, nun sei der Feind gebannt;
Der aber täuscht ihn, geht an andrer Stelle
Über den Fluß431-1, eint so die List mit Schnelle,
Verspottend seines Gegners Widerstand.

Du würdiger Ritter Deiner Königin,
Mein Gegner Karl: mit unbefangnem Sinn,
Den Rache nicht und schnöder Haß verblenden,
Will ich das wohlverdiente Lob Dir spenden.
Dich hemmte nicht der Rhein, der meeresgleich
Frankreich auf ewig trennt vom Deutschen Reich.
Der Feinde Scharen an dem Strom entlang
Verwehrten Dir umsonst den Übergang.
Ein kluger Feldherr wird mit allem fertig!
Rhein, Feind, Gefahren, nichts hemmt seinen Lauf:
Karl blicht geteilt in vier Kolonnen auf
Und schlägt, wo Coigny keines Feinds gewärtig,
Kühn seine Brücke, überrascht den Feind
Und dringt ins Elsaß, eh' man es vermeint431-2.

<432>

Auch jenen Ruhmestag vergess' ich nicht,
O Ludwig, da in Deinem Angesicht
Dein Heer bei Tolhuys in den Rheinstrom sprang
Und kämpfend ihn durchschwamm, den Feind bezwang
Und aus verschanzter Stellung ihn vertrieb432-1.

Habt Ihr den Ruhm aus tiefster Seele lieb,
So strebt nach Sieg, doch seid im Sieg nicht hart!
Cäsar hat seiner Feinde Blut gespart,
Als bei Pharsalos ihm die Welt erlag.
Seht Ludwig voller Edelmut im Siege
Bei Fontenoy432-2: er lindert selbst den Schlag.
Wie wenn ein Gott vom Himmel niederstiege,
Küßt ihm der Feind die Hand, die ihn bemeistert;
Sein Mut bezwang ihn, seine Huld begeistert.
Die Güte blüht in all der Grausamkeit:
Es siegt ein Held; ein Gott allein verzeiht.

Dahin, Ihr jungen Krieger, sollt Ihr streben!
Dann werden Eure Namen auf den Schwingen
Des Ruhmes in die fernsten Zonen dringen,
Und ewig werden Eure Taten leben.
Dann steigt die Tugend aus des Himmels Höhn
Herab, beglückt, wie zu Asträas432-3 Zeit,
Helden zu finden voller Menschlichkeit,
Um zur Unsterblichkeit Euch zu erhöhn.
In ihrem Tempel, wo die Unschuld wohnt,
Wird alle Menschentugend reich belohnt.
Dort findet Ihr die Dichter und die Denker,
Die Volksbeglücker, weise Staatenlenker
Und gute Herrscher, wenig Weltbesieger,
Doch alle guten und gerechten Krieger.

Wenn Euer Geist sich einst gen Himmel schwingt
Und Ihr in jene lichten Höhen dringt,

<433>

Gedenkt des Kriegers, der zur Heldenbahn
Die Schranke durch sein Lied Euch aufgetan,
Der Euch den Weg zum Ruhmestempel wies,
Indem er Euch den Reiz der Tugend pries.


VI-1 Später in gleicher Weise dem Testament von 1768.

VI-2 Sie war im Jahre 1748 lediglich dem Thronfolger Prinz August Wilhelm mitgeteilt worden.

VI-3 Vgl. Bd. VII, S. 168 ff.

VII-1 Vgl. Bd. VII, S. VIII und 210 ff.

VII-2 Zur Erleichterung des Verständnisses ist bei den deutsch abgefaßten „Instruktionen“ usw. den vielfach französisch lautenden Fachausdrucken die deutsche Übersetzung in Fußnoten beigefügt.

VIII-1 Vgl. Bd. l, S. 173 ff.

3-1 Anspielung auf die Schrift von Flavius Vegetius, „De re militari“.

4-1 Die vier in deutscher Sprache geschriebenen und 1743 veröffentlichten Reglements für die Infanterie, die Kavallerie (Kürassiere), Dragoner und Husaren.

6-1 Die Truppen marschierten meist in Zugkolonne und mußten daher bei Wegengen abbrechen.

8-1 Zusatz von 1752: „Alle Unternehmungen der Franzosen von Ludwig XII. bis auf Franz I. gegen das Königreich Neapel sind unglücklich verlaufen. Die Kreuzzüge nach Ibumäa haben das gleiche Schicksal gehabt.“

8-2 Vgl. Bd. l, 112.

8-3 Als spanischer Kronprätendent während des Spanischen Erbfolgekrieges (vgl. Bd. l, S. 115).

9-1 Bei Kesselsdorf (vgl. Bd. II, S. 259 ff.).

10-1 Vgl. Bd. II, S. 232.

10-2 Vgl. Bd. II, S. 189.

11-1 Vgl. Bd. I I, S. 108 ff.

13-1 Vielmehr Ungarisch-Hradisch.

14-1 Vgl, dazu unter den „Einzelschriften“ den „Plan der Verteidigung Schlesiens gegen Böhmen“.

14-2 Der 1746 vollendete Finowkanal.

14-3 Vgl. Bd. II, S. 24; ff.

14-4 So plante der König im Frühjahr 1749, als ein neuer Krieg mit Österreich, Rußland und England drohte, Ostpreußen und die westfälischen Provinzen zu räumen.

15-1 Vgl. Bd. VII, S. 180 f.

15-2 Vgl. Bd. II, S. 189.

15-3 Die auf dem platten Lande erhobene Steuer.

17-1 Reglement vor die königl. Preußische Infanterie, S. 340—344: „Wie es bei den Escortes und bei Bedeckung der Armee soll gehalten werden.“

17-2 Zusatz von 1752: „Eine gute Art, Proviantzüge zu decken, besieht darin, daß man im Voraus die Defileen besetzt, durch die der Zug hindurch muß, und die Bedeckungstruppen eine halbe Meile vorwärts nach dem Feinde zu aufstellt; dadurch bleibt der Zug verborgen und sein Marsch in gewisser Weise maskiert,“

19-1 Zusatz von 1752: „Man fouragiert nur ein Dorf auf einmal, hernach ein anderes, damit die Bedeckungsmannschaften nicht verzettelt werden.“

20-1 Zusatz von 1752: „Bei großen Fouragierungen rate ich, ein allzu ausgedehntes Gebiet nicht auf einmal auszufouragieren, sondern es zweimal gleich nacheinander zu tun. Dadurch bleibt Eure Postenkette stärker und die Fourageure sind vor einem Angriff mehr gesichert, als wenn Ihr ein zu weitläufiges Gebiet wählt; dann ist Eure Postenkette überall schwach und daher der Gefahr ausgesetzt, vom Feinde durchbrochen zu werden.“

22-1 Zusatz von 1752: „Dazu bemerke ich, ein Heerführer wird gut daran tun, wofern er Zeit dazu hat, nach Wahl seiner Stellung das Gelände selber von einem Ende bis zum andren abzuschreiten und auszumessen.“

23-1 Zusatz von 1752: „Die große Kunst bei der Besetzung des Geländes besieht barin, die Truppen so aufzustellen, baß sie volle Bewegungsfteiheit haben und nach Belieben verwandt werden können. Als Villeroy sich in der Ebene von Ramillies aufsiellte, beraubte er sich, vielleicht in Unkenntnis dieser Regel, seines linken Flügels, indem er ihm seinen Platz hinter einem Sumpf anwies, wo er weder fechten noch auch den rechten Flügel unterstützen konnte.“ Villeroy wurde am 23. Mai 1706 bei Ramillies von Marlborough geschlagen.

23-2 In der Fassung von 1752 ist diesem Kapitel der folgende Absatz vorausgeschickt: „Wollt Ihr wissen, ob das von Euch gewählte Lager gut ist, so seht zu, ob Ihr den Feind zu einer großen Bewegung zwingen könnt, wenn Ihr eine kleine macht, oder ob der Feind durch einen Marsch, den er macht. Euch zu mehreren nötigt. Wer am wenigsten Märsche zu machen hat, ist am besten gelagert,“

24-1 Reglement vor die König!. Preußische Infanterie, S. 248—255: „Wie das Lager aufgeschlagen werden soll.“

24-2 Am 27. Juni 1743 (vgl. Bd. II, S. 140 ff.).

24-3 Im Sommer 1741 (vgl. Bd. II, S. 81).

25-1 Zusatz von 1752: „Man darf sich jedoch nicht darauf verlassen; denn der Feind kann bemerken, daß Ihr gleichzeitig mit ihm fouragieren wollt. Er kann die Fouragierung befehlen, die teute aber sogleich wieder zurückkommen lassen und Euch überfallen.“

25-2 Im Sommer 1745 (vgl. Bd. !I, S. 223 und 225).

26-1 Zusatz von 1752: „Indessen würde ich für die Deckung einer Belagerung eine Observationsarmee einem verschanzten Lager vorziehen; denn die Erfahrung lehrt, daß die Verschanzungen, wie die alte Methode sie kennt, zu gefährlich sind. Turenne nahm die Verschanzungen Condés vor Arras (1654), Condé die von Turenne, wenn ich nicht irre, um Valenciennes errichteten (1656). Seitdem haben diese beiden großen Meister der Kriegskunst ihre Belagerungen nicht mehr mit verschanzten lagern, sondern mit Observationsheeren gedeckt.“

27-1 Im Herbst 1744 (vgl. Bd. II, S. 180).

27-2 Vgl. Bd. II. S. 180.

27-3 Die sogenannten Zentral-stellungen.

27-4 Die sogenannten Flankenstellungen.

28-1 Vgl. S. 13 f.

28-2 Zusatz von 1752: „Vor allem ist noch zu bemerken, daß man Bäche und Moraste bei einem lager stets sofort untersuchen lassen muß, damit man keine falsche Anlehnung nimmt, falls sie durchschreitbar sind. Villars ward zum Teil deshalb bei Malplaquet (1709) geschlagen, weil er einen Morast zu seiner linken, der eine trockene Wiese war, für unwegsam hielt. Über diese Wiese fielen ihm unsre Truppen in die Flanke. Man muß alles mit eignen Augen sehen und solche beachtenswerten Dinge nicht für Kleinigkeiten halten.“

29-1 Das Reglement vor die königl. Preußische Infanterie bestimmt (S. 256), daß die Piletts Feldschanzen (Redans) auswerfen oder sich wenigstens mit spanischen Reitern umgeben sollen. „Wann man einige Zeit im Lager gestanden, so werden die Redans aneinandergehangen“, d. h. durch Wall und Graben miteinander verbunden.

29-2 Reglement vor die König!. Preußische Cvallerie-Regimenter, S. 149 ff.

29-3 Im November 1745 (vgl. Bd. l l, S. 249 f.).

30-1 Am 24. Juli 1712 (vgl. Bd. I, S. 116).

30-2 Am 10. Dezember 1710.

30-3 Am 14. August 1737 (vgl. Bd. I, S. 159).

30-4 Nicht Wallis, sondern Feldmarschall Khevenhüller wurde am 28. September 1737 am Timok geschlagen (vgl. Bd. I, S. 159).

30-5 Am 15. Dezember 1745 (vgl. Bd. II, S. 259 ff.).

30-6 Am 30. September 1745 (vgl. Bd. II, S. 235 ff.).

30-7 Vgl. S. 10.

31-1 Vgl. Bd. II, S. 209 ff.

31-2 Eugen nahm Cremona am 1. Februar 1702, konnte es aber nicht behaupten (vgl. Bd. VII, S. 103).

31-3 Am 5. Januar 1675 (vgl. Bd. I, S. 73).

33-1 Zusatz von 1752: „Und zieht selbst Vorteil aus seinen eigenen Fehlern.“

35-1 Zusatz von 1752: „Aus diesem Grunde darf der Führer einer Armee sich bei einer Attacke niemals an die Spitze seiner Kavallerie setzen.“

37-1 Vgl. Bd. 11, S. 212.

37-2 Vgl. Bd. 11, S. 22.

38-1 Mazeppa.

38-2 Demetrius Cantemir, Fürst der Moldau.

38-3 Reglement vor die Königl. Preußische Kavallerie-Regiment, S. 258—262: „Was die Offiziers, wann sie auf Parteien ausgeschicket werden, zu observiren haben.“

38-4 Zusatz von 1752: „Will man aus neuerer Zeit ein Beispiel dafür haben, wie man den Feind zu Detachierungen zwingt, so lest man den schönen Feldzug nach, den der Marschall von luxemburg in Flandern gegen König Wilhelm fühtte und der 1693 mit der Schlacht von landen oder Neerwinden endete.“ Gemeint ist das Wert von Charles Sevin Marquis de Quincy (1666—1736): „Histoire militaire du règne de Louis le Grand“ (Paris 1726).

39-1 Vgl. Bd. II, V. 211 f. und 2l6.

39-2 Am 3. August 1692.

40-1 Vgl. Bd. II, S. 225.

40-2 1745; (vgl. Bd. II, S. 245 ff.).

40-3 Gemeint sind die Österreicher, Engländer und Holländer, denen die Franzosen im Österreichischen Erbfolgekrieg gegenüberstanden.

41-1 Vgl. Bd. IV, S. 51. — Zusatz von 1752: „Zieht Ihr das Land wohl in Betracht, das als Kriegsschauplatz dient, die von Euch befehligte Armee, die Sicherheit ihrer Magazine, die Stärke der Festungen und die Mittel, die der Feind für ihren Angriff besitzt oder nicht besitzt, all das Übel, das die feindlichen leichten Truppen Euch in den Flanken, im Rücken oder bei einer Diversion zufügen können — erwägt Ihr, sage ich, all dies sorgsam und ohne Selbstbescheinigung, dann kinnt Ihr darauf rechnen, daß ein geschickter Feind gerade das tun wird, was Euch am meisten schaden kann, daß dies seine Absicht ist, und daß man ihr, wenn möglich, sofort entgegentreten muß.“

41-2 Vgl. Bd. I, S. 76.

41-3 Vgl. Bd. II, S. 222.

42-1 Zusatz von 1752: „Seit der Niederschrift dieses Weckes hat die Königin von Ungarn die Steuerlast in Mähren und Böhmen erhöht. Man könnte vielleicht die dortigen Einwohner durch die Zusicherung gewinnen, sie nach Eroberung dieser Lande schonender zu behandeln.“

45-1 Vgl. S. 29.

45-2 Zusatz von 1752: „Man muß bei solchen Märschen nur darauf achten, dem Feinde nicht die Flanke zu bieten.“

45-3 Zusatz von 1752: „Man öffnet sich den Weg dazu durch alle leichten Truppen, die man vor der Avantgarde vorausrücken läßt.“

46-1 En échiquier, d. h. mit Abständen von Frontbreite, das zweite Treffen gerade hinter diesen Lücken. Siehe Plan A.

48-1 Vgl. Bd. II, S. 183.

48-2 Siehe Plan B (S.47).

48-3 Zusatz von 1752: „Man kann auch Flatterminen an den Winkeln der Verschanzungen legen, die die letzten Grenadiere auffliegen lassen, wenn sie über den Fluß gehen.“

49-1 Vgl. Bd. II, S. 233 f, und 242. VI

51-1 Vgl. S. 37 und Bd. I I, S. 225.

51-2 Vgl. Bd. I I, S. 169 f.

52-1 De bello gallicco, IV, kap.l6—18.

52-2 Vgl.Bd.II, S.169 f.

52-3 Vielmehr über die Etsch (1701).

54-1 Die Franzosen, Bayern und Sachsen erstürmten in der Nacht zum 26. November 1741 Prag (vgl. Bd. II, S. 93 f).

54-2 Glogau wurde am 9. März 1741 erstürmt (vgl. Bd. II, S. 71).

54-3 Vgl. S. 31.

54-4 Kosel fiel am 26. Mai 1745 (vgl. Bd. II, S. 224).

55-1 Die Demontierbatterien. Die Reihenfolge war aber umgekehrt: Zuerst wurden Rikoschettbatteiien errichtet, dann bei der zweiten Parallele Demontierbatterien, auf die vor der dritten Parallele die Wurfbatterien und schließlich auf dem Glacis die Breschbatterien folgten.

55-2 Die Breschbatterien,

55-3 In seinem Werke: „Deutliche und ausführliche Beschreibung, wie eine Stadt soll belagert und nachher die Belagerung mit gutem Succeß bis zur Übergabe geführet werden“ (1738).

56-1 Für das sogenannte „präparierte Feuer“ vgl. die Instruktion an Lattorff.

57-1 Zusatz von 1752: „Ohne die Garnison zu ermüden, schützt man sich vor Überfällen, indem man im gedeckten Weg und in den einspringenden Winkeln der Wallinie Kaponnieren anlegt, die man mit 12 Mann besetzt.“

59-1 Vgl. Plan c und Bd. II, S. 74 ff.

60-1 Vgl. Bd. I, S. 128 f.

60-2 Zusatz von 1752: „Die Hauptregel im Kriege bei allen Kämpfen und Gefechten besieht darin, daß man sich selbst in Flanke und Rücken sichert, dem Feinde aber die Flanke abgewinnt. Dies geschieht auf verschiedene Weise, läuft aber alles auf eins hinaus.“

60-3 Vgl. Bd. I, S. 129.

61-1 Vgl. Bd, I, S. 128; II, S. 192 f.

64-1 Markgraf Ludwig von Baden, Heerführer der Kaiserlichen im Spanischen Erbfolgekrieg, legte die sogenannten Stollhofener linien an, die sich vom Abfall des Schwarzwaldes bei Bühl bis an den Rhein Straßburg gegenüber zogen. Villars griff sie 1703 mehrmals vergeblich an.

67-1 Vgl. Bd. II, S. 236 ff. und 259 ff.

68-1 Vgl. Bd. II, S. 81.

68-2 Vgl. S. 23, Anm. 1.

69-1 Siehe Plan VII.

70-1 Vgl. Bd. II, S. 74 ff.

72-1 Vgl. Bd. II, S. 220.

72-2 D. h. in Kolonnen (vgl. S. 45).

74-1 Nach dem Reglement stand die Infanterie drei Glieder tief.

74-2 Der berühmte Rückug des Grafen Mathias Johann von der Schulenburg erfolgte nach dem Gefecht bei Punitz am 7. November 1704. Vgl. Bd. II, S. 41; IV, S. 21.

74-3 20. September 1703. Vgl. Bd. I, S. 107.

76-1 Zusatz von 1752: „Oder endlich, um den Feind für einen von ihm begangenen Fehler zu strafen.“

76-2 Vgl. Bd. II, S. 235 ff.

77-1 Evangelium Johannis XI, 50. — Zusatz von 1752: „Dafür endlich, wie man den Feind wegen eines von ihm begangenen Fehlers straft, lese man den Bericht über die Schlacht bei Senef (1674). Dort begann Prinz Condé ein Arrieregardengefecht mit dem Prinzen von Oranien oder mit Waldeck, weil dieser die Besetzung des Eingangs der Defileen versäumt hatte, die er passieren mußte, um seine Arrieregarde an sich zu ziehen. Man lese ferner den Bericht über die vom Marschall von Luxemburg gewonnene Schlacht bei Leuze (1691) und über die Schlacht bei Rocour“ (1746).

77-2 In der Fassung von 1752 sendet der König dem Folgenden die Bemerkung vorauf: „Dieser Abschnitt würde sehr lang, wollte ich das ganze Kapitel der Zufälle behandeln; ich will mich hier auf weniges beschränken, um zu zeigen, daß Geschicklichkeit und Glück beim Kriege erforderlich sind.“

77-3 Vgl. Bd. II, S. 174 f. 183.186 f.

78-1 Vgl. Bd. II, S. 82.84 f.

78-2 Vgl. Bd. II, S. 221.

79-1 Vgl. Bd. II, S. 74.

79-2 In der Nacht zum 19. November 1744 (vgl. Bd. II, S. 184).

79-3 Vgl. S. 53.

79-4 Vgl. S. 54.

80-1 Flavius Vegetius, „De re militari“, I,I. Vgl. S. 3 und Bd. l, S. 188.

81-1 Zusatz von 1752: „Ferner müssen hinter der Infanteriepostenkette in gewissen Abständen Infanterie- und Kavalleriebrigaden bereit stehen, um Hilfe zu bringen, wo es nötig ist.“

83-1 Zusatz von 1752: „Man erinnere sich stets dessen, was dem Großen Kurfürsten Im Elsaß widerfuhr, als Turenne über Thann und Belfort her in seine Winterquartiere einfiel.“ Vgl. S. 31 und Bd. I, S. 73.

84-1 Vgl. Bd. II, S. 59 ff.

84-2 Vgl. Bd. II, S. 100 ff.

84-3 Vgl. Bd. II, E. 209 ff.

85-1 Vgl. Bd. II, S. 245 ff.

87-1 Im Festungskrieg.

91-1 Die vom König selbst gezeichneten Pläne sind im folgenden mit den französischen Beischriften wiedergegeben.

91-2 Vgl. S. 65.

92-1 Vgl. S. 123.

92-2 D. h. wenn der Angriff stockt und durch frische Truppen wieder in Fluß gebracht werden muß.

92-3 Vgl. S. 70.

99-1 Die Karrees.

106-1 Vgl. S. 8 ff.

107-1 Vgl. Bd. II, S. 52 und 269 f.; VII, S. 158.

107-2 Vgl. S. 8f. und Bd. II, S. 176 und 199.

108-1 Vgl. S. 31.54.

109-1 Am 15. August 1702 und am 16. August 1705.

109-2 Vgl. S. 31. 83.

109-3 Vgl. S. 38.

110-1 Die Errichtung solcher Freitruppen erfolgte während des Siebenjährigen Krieges. Vgl. S. 114.

110-2 Vgl. S. 41.

112-1 Vgl. S. 108.

113-1 Vgl. S. 6.

113-2 Vgl. S. 98 f.

113-3 Vgl. „Grundsätze der Lagerkunst und der Taktik“, Kap. 38 (S. 182).

113-4 Vgl. Bd. I. S. 72.

117-1 Antoine de Pas, Marquis de Feuquières (1648—1711), Verfasser des Werkes „Mémoires de M. le marquis de Feuquières, contenant ses maximes sur la guerre et l'application des exemples aux maximes“ (Amsterdam 1731).

118-1 Vgl. Bd. III, S. 13.

118-2 1644 und 1645.

122-1 Vgl. S. 77, Anm. I.

123-1 Vgl. S. 109f. 114.

123-2 Vgl. Bd. III, S. 142ff.

127-1 Dem Siebenjährigen Kriege.

127-2 Die „Generalprinzipien des Krieges“.

127-3 Den Schlesischen kriegen.

127-4 Vgl. S. 118 ff.

131-1 Von den 37 Plänen der Originalausgabe sind hier nur die zum Verständnis des Textes unerläßlichsten in verkleinertem Maßstabe wiedergegeben.

133-1 Das Lager von Bärsdorf, südlich von Schweidnitz, bezog der König am 18. September 1760 nach der Schlacht von Liegnitz (vgl. Bd. IV, S, 60f.). Das von Steinseifersdorf, ebenfalls bei Schweidnitz, wurde mehrfach besetzt, zuletzt 1762 während der Belagerung von Lchweidnitz (vgl. Bd. IV, S. 156f.).

140-1 Zwischen Löwenberg und Greiffenberg. Vgl. Bd. III, S. 5 und 89: IV, S. II. 13.

140-2 Vgl. Bd. IV, S. 20. Hier folgt der Plan eines Lagers, dessen Verteidigungsanlage zwischen Fluß und Wald sich mit Plan II der „Generalprinzipien“ (vgl. S. 63) deckt.

141-1 Vgl. Bd. VII, S. 177.

141-2 Vgl. Bd. III, S. 5.

141-3 Vgl. Bd. IV S. 10.

141-4 Vgl. S. 140.

142-1 Vgl. Bd. IV, S. 10.

142-2 Vgl. Bd. IV, S. 25.

143-1 Vgl. Bd. IV, S. 21 f.

143-2 Siehe Plan 5.

143-3 Vgl. Bd. III, S. 134 ff.

145-1 Bei Potsdam.

148-1 Der hier nicht wiedergegebene Plan zeigt das gleiche Gelände wie Plan 7 (S. 150), nur die Truppeneinzeichnung ist verändert: die Armee parallel mit der feindlichen Stellung anmarschierend und die Avantgarde, die gerade in das Gehilz einrückt, von Kavallerie gedeckt. Die Erläuterung sagt: „Es ist ein allgemeiner Grundsatz, daß eine Infanterieabteilung, die durch die Ebene rückt, von Kavallerie gedeckt wird. Noch nötiger ist dies, wenn sie zur Unterstützung der Armee vorgeht, um ein Gehölz, ein Dorf, eine Anhöhe zu besetzen; denn griffe der Feind sie unterwegs mit seiner Kavallerie an, so hielte er sie zum mindesten auf und fände derweilen Zeit, eine starke Infanterieabteilung an die Stelle zu werfen, die Ihr besetzen wolltet. Dadurch wäre Euer ganzer Angriffsplan vereitelt.“

163-1 Vgl. S. 65. 121. 152.

165-1 Vgl. Kapitel 22 der „Generalprinzipien des Krieges“ (S. 53 f.), das die alte Methode wiedergibt.

166-1 Vgl. S. 48.

168-1 D. h. die Bedeckung der Founerschützen.

170-1 Vgl. S. 77, Anm. 1.

171-1 Vgl. Bd. III, S. 135;.

171-2 Vgl. S. 113 und 182.

176-1 Vgl. S. 118 ff.

176-2 Für die Kolonnen-Attacke, d. h, für den Angriff mit Schwadronen in Linie hintereinander, vgl. die „Instruktion für die Generalmajore der Kavallerie“ vom 16. März 1759 (S. 312).

177-1 Vgl. Bd. III, S. 90 f.

177-2 Vgl. Bd. III, S. 105 f.

178-1 Freitruppen wurden erst nach Eröffnung des Krieges ausgehoben. Vgl. S. 129 f. und 114.

179-1 Vgl. dazu die Schilderung des Lagers bei Bunzelwitz von 1761 (Bd. IV, S. 100).

182-1 Vgl. Bd. IV, S. 24 f.

182-2 Nach der Übersetzung von 1771. Im Original steht Guerre de¼ue,-re äe , d, h. standhafte Kriegführung,

184-1 Der obige Aufsatz ist vom König auf Bitte seiner Quartiermeister verfaßt und am 22. Oktober 1777 abgeschlossen worden.

188-1 Vgl. S. 77, Anm. 1.

191-1 1747 (vgl. Bd. III, S. 16).

193-1 Vgl. S. 83.109.

193-2 Vgl. Bd. III, S. 66 ff.

193-3 Im Siebenjährigen Kriege. VI 13

194-1 Zur Abwehr feindlicher Angriffe (vgl. S. 256).

195-1 Vgl. Bd. II, S. 126.

195-2 Vgl. Bd. II, S. 245 ff.

195-3 Vgl. Bd. II, S. 250 f.

196-1 Vgl. Bd. II, S. 191.

196-2 Vgl. S. 34f. 45.

198-1 Vgl. Bd. II, S. 242.

201-1 Vgl. dazu S. 8 ff. und 106 ff.

202-1 Vgl. S. 15.

202-2 Vgl. Bd. VII, S. 215.

203-1 Vgl. S. 38. Anm. 4.

206-1 Auf Grund des 1764 mit Preußen geschlossenen und 1769 erneuerten Defensivbündnisses.

206-2 Vgl. S. 10 f. und Bd. II, S. 189.

209-1 Vgl. S.31. VI 14

210-1 13. August 1704.

210-2 Schlacht bei Belgrad, 16. August 1717, und Friedensschluß zu Paffarowitz (1718).

210-3 Vgl. den Aufsatz „Betrachtungen über die militärischen Talente und den Charakter Karls XII,“ (S. 367 ff.).

211-1 Vgl. S. 8 f. 107.

211-2 Vgl. Bd. I. S. 158 ff.

212-1 Vgl. Bd. II, S, 84 93. 101 f.

213-1 Vgl. S. 41 und 110.

213-2 Vgl. S. 83 und 192 f.

213-3 Vgl. S. 38, Anm. 4.

213-4 Der 1711 gestorbene Dauphin Ludwig.

213-5 Die Abtei Du Parc bei Löwen.

214-1 Prinz Ferdinand Wilhelm von Württemberg-Neustadt.

214-2 Vgl. S. 38 und 109,

214-3 Vgl. Bd. II, S. 138 f.

215-1 Die Konvention von Kloster Zeven vom 8. September 1757 (vgl. Bd. III, S. 91).

215-2 Vgl. S. 165 f.

216-1 Vgl. Bd. III, S. 123 ff.

216-2 Erbprinz Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig (vgl. Bd. III, S. 87. 123).

216-3 Vgl. Bd. III, S. 17.

222-1 Das militärische Testament ist ein Bestandteil des politischen Testaments von 1768, von dem uns sonst nur Bruchstücke bekannt sind. Vgl. zu dem obigen den entsprechenden Abschnitt „Das Heerwesen“ des politischen Testaments von 1752 und den „Abriß der preußischen Regierung“ von 1776 (Bd. VII, S. 168 ff. und 210 ff.).

222-2 Vgl. S. 15 ff. und Bd. VII, S. 180 ff.

222-3 Die angezogene Stelle des Testaments von 1768 liegt uns nicht vor. Aus dem „Abriß der preußischen Regierung“ von 1776 (Bd. VII, S. 211) ergibt sich, daß in Breslau und Magdeburg Geld zum Ankauf von Fourage bereit lag, dort 4 200 000 Taler für ein Heer von 60 000 Mann, hier 900 000 Taler zur Beschaffung von Fourage für 6 Wochen.

223-1 Westpreußen kam erst 1772 an Preußen.

224-1 Oberst Friedrich Wilhelm von Wartenberg leitete die Bekleidungs-, Ausrüstungs- und Ersatzangelegenheiten. Er war der Nachfolger des Generalleutnants von Massow (vgl. Bd. VII, S. 182 und 212).

224-2 Bisher hatte der Kompagniechef die Löhnung für die im Frieden jährlich auf neun bis zehn Monate beurlaubten Landeskinder einbehalten, aus dieser Ersparnis die Kosten der ausländischen Werbung bestritten und noch einen Überschuß für sich persönlich zurückgelegt. Vgl. S. 226.

226-1 Vgl. Bd. I, S. 186.

226-2 Das Füsilierregiment Prinz Wilhelm von Braunschweig.

226-3 Die Regimenter Hessen-Kassel, Britzke und Eichmann.

227-1 Vgl. S.234.

227-2 Vgl. S. 118 ff. und 127.

228-1 Silberberg wurde als Festung neu ausgebaut.

230-1 Eie wurde erst 1759 und 1760 errichtet.

230-2 16. August 1762 (vgl. Bd. IV, S. 159).

230-3 Zwei Dörfer an der Wublitz nordwestlich von Bornim im Potsdamer Herbstmanövergelände. Die erwähnte Übung hatte am 24. September 1768 dort stattgefunden.

232-1 Vgl. Bd. I. S. 182.

233-1 Ein schlesisches Feldbataillon wurde neu errichtet, und durch Verstärkung der Kompagnie um 40 Köpfe wurden 12 märkische Musketieregimenter auf den Kriegsfuß gebracht. Diese Vermehrung betrug rund 7 000 Mann.

234-1 Für alle nicht beurlaubte Mannschaften fand täglich Exerzieren während der Wachtparaden statt.

234-2 Diese Einrichtung erfolgte 1763 sofort nach Friedensschluß, und zwar provinzweise und in den Provinzen nach den beiden Hauptwaffen. Vgl. die Instruktionen von 1780 und 1781 (S. 287ff).

236-1 Vgl. den Abschnitt „Die Grundprinzipien des Krieges“ (S. 246 ff.).

236-2 Die Generalprinzipien des Krieges (vgl. S. 3 ff.).

236-3 Vgl. S. 222 f.

236-4 Vgl. S. 11 f. 206 ff.

236-5 Vgl. S. 24 f.

237-1 Vgl. Bd. l, S. 186 f.; II, S. 78 und 213.

239-1 Vgl. S. 234.

239-2 Vgl. die Instruktion von 1779 (S. 318 ff.).

240-1 Die schlesischen Exerzierübungen begannen erst im Juli, und die Revuen fanden erst im August und Anfang September statt.

240-2 Die Kürassierregimenter hatten Kompagnien; je zwei bildeten eine Schwadron, sodaß das Regiment aus 12 Kompagnien in 5 Schwadronen bestand.

241-1 Vgl. S. 248 f.

241-2 Die Husarenregimenter hatten je 10 Schwadronen, die übrige Kavallerie mit Ausnahme von zwei Dragonerregimentern nur je 5.

241-3 Vgl. S. 233, Anm. 1.

242-1 Unterrichtskurse für Offiziere (seit 1763) am Sitz der Inspektionen, die während der vier Winter monate stattfanden und sich namentlich auf Fortifikation und Geographie erstrecken. Vgl. S. 276 f.

243-1 Graf Ignaz Pinto, Major und Quartiermeister.

243-2 Vgl. S. 228.

243-3 Die Österreicher hatten am 24. November 1757 Breslau genommen und im Sommer 1760 belagert (vgl. Bd. III, S. 103 f.; IV, S. 47 f.).

244-1 Die am rechten Oderufer liegende Schiffervorstadt von Stettin.

244-2 Vgl. Bd. VII, S. 281.

244-3 Eine offene Mallinie, die die Verbindung des Forts Beigen mit der Stadtbefestigung nur ungenügend sicherte.

244-4 Das mit der bekannten Inschrift „Laeso, sed invicto militi“ geschmückte Invalidenhaus wurde in den Jahren 1746 bis 1748 erbaut.

246-1 Vgl. Bd. VII, S. 250 ff.

247-1 Vgl. S. 202.

247-2 Vgl. S. 229 f.

247-3 Vgl. S. 118 ff. und 127

248-1 Vgl. S. 158.

248-2 Vgl. S. 152. 163.

249-1 Vgl. S. 176. 312. Sie wurde zuerst ausgeführt von Seydlitz bei Zorndorf.

249-2 Vgl. S. 229.

249-3 Vgl. S. 230.

250-1 Vgl. S. 213 f.

250-2 Vgl. S. 38, Anm. 4.

250-3 Vgl. S. 117,

251-1 Rückzugsgefecht am 1. November 1758 (vgl. Bd. III, S. 148).

251-2 Vgl. Bd, III, S, 135

252-1 Vgl. S. 165 f. -

252-2 1758. Vgl. S. 216.

252-3 Westlich von Schweidnitz. Sie spielten im Feldzug von 1760, während des Lagers von Bunzelwitz (1761) und im Feldzuge von 1762 mehrfach eine Rolle als Stellungen der Österreicher und der Preußen (vgl. Bd. IV, S, 60 f. 96.145 f. 155).

254-1 80-72 v. Chr.

254-2 Vgl. S. 109 f. 114. 178.

255-1 Vgl. S. 231.

256-1 Vgl. S. 194,

256-2 Die Generalprinzipien des Krieges (vgl. S. 3 ff.).

256-3 Vgl. S. 118 ff.

257-1 In Friedenszeiten gab es nur fünf stehende Grenadierbataillone; die übrigen wurden erst bei Kriegsausbruch aus den einzelnen Grenadierlompagnien, die den Infanterieregimentern angegliedert waren, gebildet.

257-2 So waren 1756 zahlreiche Infanteriehauptleute unter Beförderung zum Major als Kommandeure zu den Grenadierbataillonen versetzt worden. Auch der Regiments- und selbständige Bataillonslommandeur war gleichzeitig Chef einer Kompagnie.

257-3 Der König hatte 1768 sieben Flügeladjutanten.

257-4 Heinrich Wilhelm von Anhalt, Oberst und Generalquartiermeister.

257-5 Ludwig Wilhelm von Regler, Oberstleutnant im Ingenieurkorps,

257-6 Gemeint sind Quartiermeister bzw. Quartiermeisterleutnants (4 Hauptleute) und die Leutnants in der Suite des Königs (vgl. S. 242).

258-1 François Jarry de la Villette, Major im Ingenieurkorps.

258-2 Johann Friedrich Wilhelm von Schöler, Hauptmann im Ingenieurkorps, leitete den Fortifikationsunterricht in Wesel.

258-3 Simon Deodat Lefebvre, Major im Ingenieurlorps (vgl. Bd. I V, S. 160).

258-4 Magdelaine Touros d'Heinze, Oberstleutnant im Ingenienrkorps.

258-5 Guillaume Louis Auguste d'Arletan, Oberstleutnant im Mineurkorps.

258-6 Der eine, Graf Ignaz Pinto, war Major und Quartiermeister (vgl. S. 243); der andre, gleichen Namens und Vornamens, war Hauptmann und Flügeladjutant.

259-1 Vgl. S. 257.

259-2 Friedlich Ehrentreich von Ramin, Generalleutnant.

259-3 Johann Jakob von Wunsch, Generalmajor.

259-4 Joachim Friedrich von Alt-Stutterheim, Generalleutnant.

259-5 Wichard Joachim Heinrich von Wöllendorff, Generalmajor.

259-6 Johann Sigismund von Lesiwitz, General, major (vgl. Bd. IV, V. 73).

259-7 Karl Friedrich von Wolfersdorff, Generalmajor.

259-8 Bogislav Friedrich von Tauentzien, Generalleutnant (vgl. Bd. IV, S. 48).

259-9 Georg Karl Gottlob von der Gablentz, Generalleutnant.

259-10 Hans Christoph von Rothkirch.

259-11 Ernst Julius von Koschenbahr.

259-12 Georg Reinhold von Thadden, Generalmajor.

259-13 Prinz Friedrich von Braunschweig, der zweite Sohn Herzog Karls, seit 1763 preußischer Generalleutnant (vgl. Bd. IV, S. 115 und 144).

259-14 Prinz Wilhelm von Braunschweig, Bruder des voranstehenden, seit 1763 preußischer Generalmajor.

259-15 Friedrich Wilhelm von Seydlitz, General der Kavallerie (vgl. Bd. III, S. 94 f. 98. 138; IV, S. 64. 166).

259-16 Qie Generalmajore Hans Friedlich von Krusemarck, Georg Ludwig von Dalwig: Oberst Friedrich Wilhelm von Röder.

259-17 Christoph Karl von Bülow, Generalmajor (vgl. Bd. IV, S. 72).

259-18 Leopold Sebastian von Manstein, Generalmajor.

260-1 Freiherr Reinhold Friedlich von hoverbeck, Oberst.

260-2 Prinz Friedlich Engen von Württemberg, Generalleutnant.

260-3 Karl Erdmann von Reitzenstein, Oberst.

260-4 Freiherr Ernst Heinrich von Czettritz, Generalleutnant.

260-5 Johann Wenzel von Zastrow, Generalmajor.

260-6 Ächaz Heinrich von Alvensleben, Generalmajor.

260-7 Der Name ist durch ein Versehen wiederholt (vgl. S. 259, Anm. 18).

260-8 Daniel Friedrich von Lossow, Generalmajor.

260-9 Paul von Werner, Generalleutnant.

260-10 Christian von Möhring, Generalmajor.

260-11 Joachim Bernhard von Prittwitz und Gaffron, Oberst (vgl. Bd. IV, S. 17).

260-12 Gemeint ist „Die Geschichte meiner Zeit“ (in der Fassung von 1746) und „Die Geschichte des Siebenjährigen Krieges“.

265-1 Die Vorlage ist deutsch abgefaßt,

265-2 zusammengesetzt.

265-3 Soldaten,

266-1 Überschwemmung.

266-2 Furten.

266-3 schachbrettförmig,

266-4 Transporte.

266-5 Ebene.

267-1 Streifkorps.

267-2 Die Postenketten der Winterquartiere.

267-3 durchschreitbare.

268-1 Nachrichten.

268-2 Absichten.

269-1 Die Vorlage ist deutsch abgefaßt.

269-2 Vgl. S. 26; ff.

269-3 Wenn sie den Tagesdienst haben.

270-1 Die Richtung.

270-2 Vgl. S. 65. 121. 152.

270-3 gestaffelt.

270-4 Anlehnung.

270-5 aus den Zügen, d. h. aus Reih und Glied.

270-6 Hall machen und sich ordnen.

270-7 das äußerste Ende des Angriffsflügels.

271-1 zurückgeworfen.

271-2 sich anlehnen.

271-3 Verhaue.

271-4 Vgl. S. 178.

271-5 kühnsten.

272-1 verbirgt.

272-2 verrät.

272-3 Stellungen.

272-4 daß der Angriff von mehr als einem Treffen unterstützt wird.

272-5 zurückbehält.

272-6 wenn.

273-1 erschossen

274-1 Die Vorlage ist deutsch abgefaßt.

275-1 Vgl S. 234.

276-1 hinreichend.

276-2 ihren Beruf besser als andre auszufüllen.

277-1 Mißbräuche

278-1 nach dem Dienstalter.

280-1 Vgl. V. 65.

282-1 Vgl. S. 242. 276 f.

283-1 Eine Art von kommandiertem Schützenfeuer.

284-1 Vgl. S. 353 f.

287-1 Die Vorlage ist deutsch, abgefaßt. Für die Einrichtung der Inspekteure vgl. S, 234.

287-2 Der Bayrische Erbfolgekieg.

287-3 Gemeint sind die Überfälle von Dittersbach am 8. November 1778, von Cämmerswalde am 7. Februar und von Habelschwerdt am 18. Januar 1779.

287-4 Überfall.

289-1 umgehen.

291-1 Vgl. E. 287 ff. Die Vorlage ist deutsch abgefaßt.

291-2 Aufmärsche.

291-3 Transsportbedeckungen.

292-1 Postenkette der Winterquartiere,

292-2 ihn aus seiner Stellung zu vertreiben.

292-3 Arrieregadengefecht.

293-1 Sich ein Urteil über die Stellung zu bilden.

293-2 Vgl. die „Generalprinzipien des Krieges“ (S. 65 ff.).

293-3 Angriffspunkt.

293-4 verständig auszuwählen.

293-5 Gustav Adlerfeld, Histoire militaire cle Charles XII, roi de Suède, depuis l'an 1700 jusqu'à la bataille de Pultowa 1709 (Amsterdam 1740).

293-6 Vgl. S. 117.

295-1 Die Vorlage ist deutsch abgefaßt. Um dem Mangel an leichten Truppen (vgl. S. 109 f. 114.123. 178. 254) abzuhelfen, hatte der Kinig im Siebenjährigen Kriege und im Bayrischen Erbfolgekriege Freitruppen ausgehoben. Die 1783 geplante Errichtung von drei leichten Infanterieregimentern kam erst 1786 zum Abschluß.

297-1 d. h. Peloton-Feuer.

297-2 handgemein.

297-3 Kehle.

299-1 Wachtposten.

299-2 umgangen.

299-3 Kette der Winterquartiere.

299-4 zurückziehen.

299-5 absichtlich.

300-1 sinnen.

300-2 ausdehnen.

300-3 mit Auszeichnung ausführen.

301-1 Die Vorlage ist deutsch abgefaßt.

301-2 sich anlehnen.

301-3 Die ersten Schwadronen.

302-1 die Richtung.

303-1 rückt vor.

303-2 sich Hals über Kopf zurückwerfen.

303-3 in ihre Hand fallen.

304-1 wieder gesammelten,

304-2 überflügeln.

306-1 Die Vorlage ist deutsch abgefaßt.

306-2 Geschicklichkeit und Geistesgegenwart.

307-1 Ungestüm.

307-2 fortgesetzt.

308-1 entscheidet.

308-2 unsicher.

308-3 feste Stellungen.

308-4 verschanzte.

308-5 Vgl. Bd. II, S. 220.

308-6 treiben.

308-7 umgekehrt.

309-1 Die folgenden Absätze über die Wahl vorteilhafter Lager und die Aufgaben der Detachements, sowie der Schluß decken sich ganz mit den Weisungen in der Instruktion für die Generalmajore der Infanterie vom 14. August 1748 (vgl. S. 266 ff.).

309-2 vorhat.

309-3 d. h. wie es ihrer Fechtart entspricht,

309-4 Bedeckungen und Streitkorps.

311-1 Vgl. S. 306 ff.

312-1 Vgl. S. 176. 249.

312-2 Vgl. Bd. III, S. 99. 138. 144.

314-1 Die Vorlage ist deutsch abgefaßt,

314-2 erschossen.

314-3 Epitzbülereien versuchten.

316-1 Vgl. S. 176 f.

316-2 Hinterhalten.

316-3 auszugleichen.

317-1 Vgl. E. 260.

317-2 Vgl. S. 278.

317-3 Vgl. S. 239.

318-1 Die Vorlage ist deutsch abgefaßt. Für die Einrichtung der Inspekteure vgl. S. 239.

318-2 Im Bayrischen Erbfolgekrieg.

322-1 Die Vorlage ist deutsch abgefaßt.

323-1 Siehe den umstehenden Plan.

323-2 geworfen.

325-1 zu einem Streifzug.

325-2 Bezug.

326-1 in Hinterhalt legen.

328-1 Die Instruktion von 1741 liegt nicht vor

330-1 Die Vorlage ist deutsch abgefaßt.

330-2 Generalleutnant Christian von Linger, Chef der Artillerie.

332-1 Die Vorlage ist deutsch abgefaßt.

332-2 Laufgräben.

332-3 umfaßt.

332-4 Siehe Plan.

332-5 Lunette.

332-6 Schießschalte.

334-1 Mauerzinnen.

334-2 Mörsern.

334-3 Lafetten.

334-4 ununterbrochen.

334-5 Wallinien.

334-6 bestreicht.

334-7 Seitenwerke und vorgeschobene Werke.

335-1 d. h. in sägeförmig gebrochener Linie.

335-2 vorgetrieben.

335-3 Hauptlinien.

335-4 Grabenverkleidung.

336-1 tief schießen.

337-1 Die Vorlage ist deutsch abgefaßt.

337-2 Bitten.

337-3 Züge.

337-4 gefällig zu erweisen.
VI 22

338-1 Stückkugel.

338-2 Der Chef der Artillerie, an den die Instruktion erging.

339-1 Geistesgegenwart.

339-2 Schlachtfeld.

339-3 Rücken.

341-1 Die Vorlage ist eigenhändig und deutsch abgefaßt. Christoph Friedrich von Lattorff war Chef eines Garnisonregiments.

341-2 Die auf dem platten Lande erhobene Steuer.

342-1 Brückenkopf.

342-2 Übersandt mit Kabinettserlaß vom 25. Januar 1755.

342-3 sparsam gebraucht.

343-1 förmlich belagert.

343-2 Laffetten.

343-3 Laufgraben.

343-4 Nassau nahm Kosel, das am 26. Mai 1745 durch Verrat in Feindeshand gefallen war, am 6. September. Er unternahm die Belagerung auf der unteren Oberseite. Vgl. S. 54 und Bd. II, S. 224 und 230.

343-5 Eröffnung.

344-1 Pergament.

344-2 Ausfällen.

344-3 gedeckte Weg.

345-1 Reiter (erhöhtes Bastion).

345-2 Hauptlinien,

345-3 Hauptwall.

345-4 Faschinenbrücke.

345-5 Seitenwerken.

345-6 verkleidet.

345-7 brennbare,

345-8 darauf versteifen.

345-9 Gegenwehr.

346-1 es aufs Äußerste anlommen lassen.

346-2 Vergünstigungen.

347-1 Der obige „Plan“ ist um dieselbe Zeit entstanden wie die „Generalplinzipien des Krieges“; er bildet das Gegenstück zu dem dort entwickelten Defensivplan (vgl. S.13 f.).

347-2 Vgl. Bd. II, S.217.

349-1 Vgl. Bd. III, S. 90.

349-2 Vgl. Bd. IV. S. 48 ff.

350-1 Der Plan liegt nicht vor.

351-1 2er französische Militärschriftsteller Jean Charles de Folard (1669—1752) hatte 1729 eine Übersetzung der Geschichte des Polybios mit Kommentaren veröffentlicht. Aus ihnen ließ König Friedrich einen Auszug herstellen, für den er die obige Vorrede schrieb. Von dem Auszug wurde 1753 nur eine beschränkte Anzahl von Exemplaren gedruckt, die er persönlich verteilte; erst 1760 kam das Werk durch Nachdruck in den Handel. Der Titel lautet: „Extrait tiré des Commentaires du chevalier Folard sur l'histoire de Polybe, pour l'usage d'un officier.“ -

351-2 eine Lieblingstheorie Folards.

352-1 In den Generalprinzipien (S. 52) führt der König Cäsars Rheinübergang als Muster an, im Militärischen Testament (S,2;4) auch den Krieg des Sertorius in Spanien.

352-2 Die Memoiren von Turenne (1611—1675) umfassen nur die Jahre 1643—1658. Das vom König angeführte Werk „Mémoires des deux dernières campagnes de M. de Turenne en Allemagne“ (Paris 1678) wird Qeschamps zugeschrieben.

352-3 Vgl. S. 117, Anm. 1.

352-4 R´flexions militaires et politiques, traduites de I'espagnol de M. le marquis de Santa Cruz de Marzenado, par M. de Vergy, Paris 1738.

352-5 Vgl. für das Werk des Marquis de Quincy S. 353.

352-6 Vgl. S. 203.

353-1 Der Titel des Werkes lautet: „Auszug derer gegen das Ende des verwichenen und im Anfange des gegenwärtigen Seculi angegriffenen und vertheidigten Städte, nebst einigen Lehrsätzen und Unterricht in der Kriegskunst, durch 16 Tabellen erläutert und mit nöthigen Kupfern versehen. Aus der Kriegsgeschichte ludewigs XIV., die der Herr Marquis de Quincy 1726 beschrieben, auf Allerhöchsten Könige lichen Befehl ins Deutsche übersetzt durch G. A. v. Clair, Königl. Preuß. Ingenieur-Capitain“ (Berlin, 1771). Der erste Teil behandelt die lehre vom Angriff und der Verteidigung fester Plätze, der zweite bringt 9 Belagerungen aus den Jahren 1677 bis 1713 zur Darstellung. Der König ließ den „Auszug“ 1772 den Regimentern zum Studium durch die Offiziere zugehen. Vgl. S. 38 und 293 f.

358-1 Vgl. Bd. I, S. 155 f.

358-2 Vgl. Bd. II, S. 65.

358-3 Vgl. Bd. II, S. 71.

358-4 Vgl. Bd. II, S. 76.

359-1 Golß diente als Unterhändler beim Abschluß der Konvention von Kleinschnellendorf am 9. Oktober 1741 (vgl. Bd. II, S. 89).

360-1 Vgl. Bd.II, S.225.

361-1 In der Nacht zum 30. September 1745, am Vorabend der Schlacht bei Soor (vgl. Bd. 11, S. 235 ff.).

361-2 Vgl. Bd. II, S. 245 ff.

362-1 Vgl. S. 222 f. und Bd. VII, S. 139.

362-2 Vgl. S. 244.

363-1 Vgl. Jean Baptiste Rousseau, Oden, Buch II, Ode 10.

365-1 Am 22. Mai 1745 (vgl. Bd. II, S. 212).

365-2 Die rühmende Erwähnung Maupertuis' erfolgte im Hinblick auf die Schmähangriffe, die Voltaire damals gegen ihn richtete (vgl. Bd. VIII, S. 227ff.).

365-3 Das Manuskript ist ungedruckt geblieben; dagegen wurde 1762 sein nachgelassenes Werk „Les Campagnes du Roi, avec des réflexions sur les causes des évènements“ veröffentlicht.

367-1 Vgl. S. 210. f. An der Gicht daniederliegend, begann der König im Oktober 1759 in Kiben (vgl. Bd. IV, L. 22) mit der Abfassung dieser Abhandlung, deren (noch unveröffentlichter) erster Entwurf von der Druckausgabe, die unsre Vorlage bildet, stark abweicht. Angeregt wurde Friedrich zu dieser Schrift, wie er dem Marquis d'Argens erklärt, durch den Umstand, daß er sich damals „genau an dem Orte befand, der durch Schulenburgs Rückzug (vgl. S. 74 und Bd. II, S. 41) berühmt geworden ist“, Die Abhandlung, nur in wenigen Exemplaren gedruckt, gelangte bloß an einen kleinen Kreis zur Mitteilung.

368-1 Im Jahre 1650 während der Kämpfe der Fronde.

369-1 Vgl. „Antimachiavell“, Kap. VIII (Bd. VII, S. 33), wo Friedrich, auf Voltaires „Geschichte Karls XII,“ gestützt, erzählt, Karl XII. habe von zartester Jugend an das „Leben Alexanders“ von Quintus Curtius bei sich getragen. Indes wurde diese romanhafte Darstellung des spätlateinischen Schriftstellers erst Mährend seiner eignen Feldzüge seine Lieblingslektüre.

369-2 König Friedlich IV. von Dänemark, der nach dem Besitze Schleswigs trachtete (vgl. Bd. I, S. 88), hatte sich 1699 mit Zar Peter dem Großen und König August II. von Polen, der die Hand nach Livland ausstreckte, gegen Karl XII. und dessen Schwager, Herzog Friedrich IV. von Holstein-Gottorp, verbündet.

370-1 Friede von Travendal, 18. August 1700.

370-2 Bei Narwa am 20. November 1700.

370-3 Die Zahl der Russen betrug vielmehr nur 40 000 Mann.

370-4 Schlacht an der Düna am 18. Juli 1701.

371-1 Graf Oginski. In Litauen standen sich damals die Partei des Fürsten Sapieha und die des Grafen Oginski feindlich gegenüber.

371-2 In der Ebene von Klissow zwischen Warschau und Krakau siegte Karl XII. am 19. Juli 1702 über die doppelt so starke polnisch-sächsische Armee unter August II.

371-3 „Les Rêveries, ou Mémoires sur I'art de Ia guerre, de Maurice, comte de Saxe, duc de Courlande“, Haag 1756.

373-1 Vgl. S. 15 und 202.

373-2 „Auch ich bin ein Maler.“ Correggios Worte angesichts der Gemälde on Raffael.

374-1 Vgl. Bd. I, S. 111 f.

374-2 Vgl. S. 8 f. 107. 211.

375-1 Karls XII, letzter großer Sieg am 13. Juli 1708.

377-1 Am 27. Juni 1709 (vgl. Bd. I, S. 112).

378-1 Voltaire, Geschichte Karls XII,, Buch 4.

378-2 Karl XII, flüchtete nach Bender.

378-3 In der Schlacht bei Pavia 1525 (vgl. Bd. VII. S. 252 f.; VIII, 77).

379-1 Nach seiner Rückkehr aus derTürkei (1715) plante Karl XII, aus Haß gegen Georg!,, der ihm die Herzogtümer Bremen und Nerden entrissen hatte, ein Bündnis mit Rußland und die Wiedererhebung der Stuarts auf den englischen Thron (vgl. Bd. I, S. 135). Er fiel 1718 im Kampfe gegen Norwegen Vor Friedrichshall, während sein Minister Görtz 1719 auf dem Schaffott endete.

380-1 Die Schlacht wird meist nach dem bei Nördlingen gelegenen Altersheim benannt.

380-2 Vgl. S. 83 .192f. 213.

380-3 Vgl. S. 352.

380-4 Karl Eduard, Sohn des Prätendenten Jakob Eduard Stuart, fiel 1745 tollkühn in Schottland ein, ward aber 1746 bei Culloden geschlagen (vgl. Bd. II, S. 244 f.).

387-1 Ovid wurde im Jahre 9 n. Chr. vom Kaiser Augustus wegen seiner Dichtung „Die Liebeskunst“ und wegen einer Liebesaffäre am Kaiserhof, in die er, wie es scheint, verstrickt war, nach Tom: am Schwarzen Meere verbannt, wo er seine „Epistolae ex Ponto“ und seine „Tristia“ schrieb.

388-1 Fußnote des Königs: „Feldmarschall Finck, gestorben 1735.“ Gemeint ist Graf Albrecht Konrad Finck von Finckenstein, der frühere Oberhofmeister und Erzieher des Königs. Vgl. Bd. I, S. 114 und 183.

390-1 Berühmter französischer Reitlehrer († 1620), Verfasser der Schrift „Le Menège Royal“ (Paris 1623).

391-1 Alexander der Große.

391-2 Gemeint ist Mithridates, König von Pontus.

392-1 Am 19. Mai 1643 siegten die Franzosen unter Condé bei Rocroy über die Spanier.

392-2 Prinz Moritz von Oranien (1567—1625), der zweite Sohn Wilhelms des Schweigers, Statthalter und Generalkapitän von Holland.

392-3 Vgl. S. 352.

392-4 Vgl. Bd. II, S. 19.

398-1 Cajus Terentius Varro wurde bei Cannä (216 v. Chr.) von Hannibal geschlagen, Quintus Fabius Maximus hielt diesen durch Vermeidung jeder Schlacht und durch Wahl fester lager auf Bergeshöhen in Schach.

398-2 Die Schlacht bei Pharsalos, 48 v. Chr.

399-1 Graf Raimund Montecuccoli, 1672/73 Heerführer der Kaiserlichen am Rhein. Vgl.Bd.I, S.70

400-1 Schlacht lm Teutoburger Wald, 9 n. Chr.

402-1 Sebastien le Prestre de Vauban (1633—1707), der Schöpfer der neueren Befestigungskunst. Vgl. S. 411.

402-2 Nicolas Sanson (1600—1667), berühmter französischer Geograph.

404-1 Cäsar und Alexander der Große.

404-2 Miltiades schlug die Perser bei Marathon (490 v. Chr.), sein Sohn Kimon sie am Eurymedon (465 v. Chr.).

404-3 Lucius Ämilius Paullus, der durch den Sieg bei Pydna (168 v. Chr.) die mazedonische Monarchie vernichtete.

404-4 Vgl. S. 64.

404-5 König Heinrich IV. von Frankreich.

404-6 König Gustav Adolf.

404-7 Moritz von Sachsen, geb. 1696, starb am 30. November 1750. Vgl. Bd. I, S. 147; II, S. 207 f.; III, S. 16.

405-1 Schlacht bei Zama (202 v. Chr.).

405-2 Vgl. S. 254.

405-3 Die Schlacht bei Rocroy (vgl. S. 380 und 392).

406-1 Vgl. Bd. I, S. 41 ff.

406-2 Die Schlacht bei Turin, 7. September 1706 (vgl. S. 209 und Bd. I, S. 109).

407-1 Am 16, August 1717 (vgl. S. 210 und Bd. I, S. 132).

407-2 Vgl. Bd.1, S. 74 ff.

407-3 2. Buch der Könige, Kap. 19, Vers 35 f.

408-1 Vgl. Bd. I, S. 75 f.

408-2 Vgl. Bd. I, S. 81ff.

408-3 Vgl. S. 210 f. und 367 ff.

410-1 Eyrakus fiel 212 v.Chr. nach langer Belagerung durch die Römer unter Marcus Claudius Marcellus.

411-1 Massilia, das heutige Marseille, fiel 49 v. Chr.

411-2 Vgl. S. 402.

414-1 1677. -

414-2 Für die Eroberung Magdeburgs am 20. Mai 1631 vgl. Bd. I, S. 44f.

418-1 Vgl. S. 15. 202. 373.

421-1 218 v. Chr.

421-2 Im Frühling 1701 (vgl. S. 52). Der französische Heerführer, der dem Prinzen Eugen gegenüberstand, war Marschall Catinat und nicht der Herzog von Vendöme, der erst 1702 das Kommando übernahm.

422-1 Im Winter 1674/75 (vgl> S. 83.192 f. 213 und Bd. I, S. 72 f.).

422-2 Gemeint ist der Sieg Karls XII, bei Klissow (1722) über August II. (vgl. S. 371).

423-1 Wie Alexander der Große nach der Eroberung Sidons Abdolonymos, so erhob Karl XII. 1704 Stanislaus Leszczynski auf den Thron (vgl. Bd. l, S. 107 und Bd. VII, S. 33).

425-1 Wilhelm III., Statthalter der Niederlande und König von England, kämpfte seit 1691 in den Niederlanden unglücklich gegen die Franzosen,

425-2 Bei Turin (1706),

425-3 König Gustav Adolf von Schweden (vgl. S. 406).

428-1 1709.

428-2 1712.

429-1 1704.

429-2 Der Sieg der Spanier und Franzosen unter Marschall Berwick über die Engländer bei Almansa am 25. April 1707 entschied den Erbfolgekrieg in Spanien zugunsten des französischen Prätendenten, Herzog Philipps von Anjou, der als Philipp V, den spanischen Thron bestieg (vgl. Bd.I, S. 102 f. und 115).

430-1 1644. -

430-2 Für den Sieg des Grafen Moritz von Sachsen bei Laveld am 2. Juli 1747 vgl. S. 191 und Bd. III, S. 16.

431-1 Hannibal täuschte 218 v. Chr. den Konsul Publius Cornelius Scipio und ging über die Rhone,

431-2 Der Rheinübergang des Prinzen Karl von Lothringen erfolgte bei Germersheim zu Anfang Juli 1744 (vgl. S. 52 und Bd. II, S. 169 f.).

432-1 Durch den Übergang über den Niederrhein bei Tolhuys am 12. Juni 1672 eröffneten die Franzosen den Krieg gegen Holland (vgl. Bd. I, S. 91; Bd. VII, S. 90).

432-2 11. Mai 1745 (vgl. Bd. II, S. 206 f.),

432-3 Göttin der Gerechtigkeit, die nach dem Goldenen Zeitalter die Erde verließ und als Sternbild an den Himmel versetzt wurde.