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7. Denkschrift, wie man den Gegner zwingt, seine Stellung an der Katzbach zu verlassen (nach 1763)

Wie man im letzten Kriege gesehen hat, setzten die Österreicher das größte Vertrauen in den Plan, sich hinter der Katzbach zu lagern, um die Preußen von den schlesischen Festungen abzuschneiden und diese in aller Gemächlichkeit zu belagern, während sie uns hindern, ihnen zu Hilft zu kommen.

Als im Jahre 1757 Feldmarschall Dann die Lausitz verließ, bezog er sofort die Stellung bei Wahlstatt. Der Herzog von Bevern, der damals gegen ihn befehligte, entschloß sich, bei Parchwitz über die Oder zu gehen, nach Breslau zu marschieren, dort abermals die Oder zu überschreiten und am Lohe-Ufer eine Stellung zu nehmen349-1.

Im Jahre 1760, nach der Aufhebung der Belagerung von Dresden, als der König dem Feldmarschall Daun nachfolgte, bezogen die Österreicher die gleiche Stellung an der Katzbach. Sie waren zu stark, um vom König umgangen zu werden; die Oder zu überschreiten, verbot ihm die Nähe der Russen. Trotzdem befreite er sich aus dieser schwierigen Lage durch den Sieg bei Liegnitz349-2.

Nun aber sieht es fest, daß man nie auf den Gewinn einer Schlacht rechnen darf, wenn man einem dreifach überlegenen Feinde gegenübersteht, besonders wenn sich dessen Absichten durch zuverlässigere und bequemere Mittel vereiteln lassen. Daran habe ich wohl gedacht. Da nun wahrscheinlich jedesmal, wo die Häuser Brandenburg und Österreich sich bekriegen, Sachsen einen Teil des Kriegsschauplatzes bilden wird und die österreichischen Heerführer, sobald die Armeen in der Gegend von Dresden stehen, allemal auf diesen Lieblingsplan einer vorteilhaften Stellung an der Katzbach zurückkommen werden, so habe ich mich dadurch zu genauerer Kenntnisnahme dieses Geländes anregen lassen, um den bestmöglichen Plan zur Durchkreuzung der feindlichen Absichten zu ersinnen, ja den Gegner selbst in die größte Bedrängnis zu bringen.

Ich setze zunächst voraus, daß beide Armeen aus der Lausitz kommen. Die österreichische muß notwendig den Rücken nach Böhmen haben; sie kann nur von Bautzen über Lauban auf Löwenberg marschieren und ihr Hauptdepot nur in Hirsch<350>berg anlegen, während ihre Hauptmagazine sich in Schatzlar und Braunau befinden. Die preußische Armee, die ihr zur Seite bleibt, kann nur auf Bunzlau rücken; denn sie muß auf diesem Marsch ihre Lebensmittel gleichfalls decken und ihnen mit zwei Meilen Abstand zur Seite bleiben.

Damit sind wir auf dem Kriegsschauplatz. Mit der Einnahme von Löwenberg haben die Österreicher noch nichts gewonnen; sie müssen über Goldberg marschieren, wo sie ihr erstes Lager beziehen, um dann über Wahlstatt, Hochkirch und Parchwitz weiterzurücken. In diesem Falle rate ich dem preußischen Heerführer, jenseits des Bober bei Bunzlau zu lagern. Er läßt, wie es der Plan angibt350-1, seine Nachhut und Lebensmittel diesseits, zeigt sich höchst eifersüchtig auf die Stellungen an der Katzdach, die der Feind beziehen will, schickt ein Detachement hin und macht alle möglichen Demonstrationen, als wollte er zugleich mit dem Feinde dorthin marschieren. Sobald er aber erfährt, daß die Österreicher Löwenberg verlassen haben, muß er schleunigst über den Bober zurückgehen und sich in Marsch setzen, die Armee rechts, die Lebensmittel links, um das Lager bei Wiesenthal zu erreichen.

Diese Bewegung ist, wie ich bereits sagte, entscheidend. Da es indes möglich wäre, daß hinter den Österreichern eine Arrieregarde herzöge, die sich in der Lausitz verspätet hat, so ist eine Stelle, die der Feind passieren kann, angegeben, an der man aufmarschieren und die Arrieregarde angreifen könnte, da sie von Goldberg zu weit entfernt ist, um von dort die geringste Hilfe zu erhalten. Die Stellung bei Wiesenthal ist entscheidend, weil sie den Feind von Hirschberg abschneidet. Dahin müssen sofort leichte Truppen abgeschickt werden, um sich der dortigen Magazine zu bemächtigen. Am nächsten Tage macht die Armee eine Bewegung auf Ludwigsdorf. Dadurch kommt sie Hirschberg näher und erhält Zeit genug, um die feindlichen Magazine vollends zu zerstören. Zugleich werden die Straßen und das für die Lebensmittel bestimmte Lager erkundet.

Nach Ausführung dieses Planes ist die femdliche Armee, ihrer Lebensmittel beraubt, zur Räumung von Schlesien gezwungen und kann nichts weiter tun, als sich in die Lausitz werfen, sei es, um die Straße über Friedland nach Böhmen einzuschlagen, sei es, um neue Lebensmittel für eine zweite Unternehmung zu sammeln. In diesem Falle würde ich den Preußen raten, jeden Kampf zu vermeiden. Die für sie angegebenen Lagersiellungen sind unbezwinglich, wenn man sie nach dem beiliegenden Plane besetzt. Auch bei Seifersdorf sind welche eingezeichnet: der Heerführer kann sie je nach den Umständen besetzen und je nachdem, welche Richtung er bei seinem Marsch einschlagen zu müssen glaubt; denn es hängt dann nur von ihm ab, ob er sich gegen Schweidnitz oder Landeshut wenden will.


349-1 Vgl. Bd. III, S. 90.

349-2 Vgl. Bd. IV. S. 48 ff.

350-1 Der Plan liegt nicht vor.