15. Wintermärsche und Winterquartiere

Solche Unternehmungen müssen mit großer Vorsicht ausgeführt werden, oder man läuft Gefahr, seine Armee fast ohne Schwertschlag zugrunde zu richten. Winterfeldzüge führt man entweder, um sich in den Besitz eines Landes zu setzen, in dem der Feind nicht viele Truppen hat, oder um über seine Quartiere herzufallen. Von der ersten Art waren unsre Feldzüge von 1740 und 1741 in Schlesien und Mähren.

Nach Schlesien marschierten wir in zwei Kolonnen, die eine längs der Berge, die andre an der Oder entlang, um das Land vom Feinde zu säubern und die Festungen einzuschließen oder womöglich zu erobern. Das geschah auch, nachdem der Marsch der beiden Kolonnen so geregelt war, daß beide stets auf gleicher Höhe marschierten<195> und sich gegenseitig unterstützen konnten. Die Festungen blieben bis zum Frühjahr blockiert. Glogau wurde überrumpelt; Breslau erfuhr bald das gleiche Schicksal; Brieg fiel nach der Schlacht von Mollwitz und Neiße am Ende des Feldzuges.

Im Jahre 1741 rückten wir in einer Kolonne in Mähren ein, die Olmütz eroberte. Wir begnügten uns, Brünn einzuschließen, da es die Sachsen im Frühjahr 1742 belagern sollten. Aber der Feldzug wurde durch den Rückzug der Sachsen und die Untätigkeit der Franzosen gestört. Wir verließen Mähren, nachdem wir bis Stockerau in Österreich vorgedrungen waren195-1 und in Ungarn ein Korps Insurrektionstruppen aufgehoben hatten, die der Wiener Hof in unfern Rücken werfen wollte.

Solche Unternehmungen erfordern die größtmögliche Wachsamkeit, um nicht überfallen zu werden. Aus diesem Grunde hatten wir stets ein detachiertes Korps vor der Front der Armee und je eines in der rechten und linken Flanke. Ihre Patrouillen gaben uns über alle Bewegungen des Feindes Nachricht. Ferner waren die Kantonnementsquartiere eng gelegt. Zwei bis drei Bataillone mußten sich mit einem Dorfe begnügen, während die Bagage draußen parkierte und durch eine Verschanzung geschützt wurde. Daher stieß uns auch kein Unglück zu.

Gegen Ende des Jahres 1745 unternahm der Prinz von Lothringen einen ähnlichen Zug. Im Dezember wollte er von Böhmen her durch die Lausitz in die Mark Brandenburg eindringen195-2. Er beging aber folgende Fehler:

1. Er marschierte ohne Avantgarde und ohne Kavallerie, die längs der schlesichen Grenze hätte vorrücken müssen, um ihm Nachricht von den Preußen zu geben.

2. Er schleppte zu viel Bagage mit.

3. Seine Kantonnements breiteten sich in der Front und in der Tiefe auf drei Meilen aus, da die Truppen nicht so eng zusammenlagen, wie es hätte sein müssen. Man hätte mehr an ihre Sicherheit als an ihre Bequemlichkeit denken sollen.

4. In der Nähe unsrer Grenze formierte er weder Kolonnen, noch hatte er überhaupt eine Marschordnung. Wir benutzten das, wie billig, gingen über den Queis, überfielen seine Quartiere bei Katholisch-Hennersdorf und nahmen ihm 4 000 Mann weg195-3. Unsre Armee bezog an Ort und Stelle ein Lager, und Prinz Karl mußte, um nicht im Rücken gefaßt zu werden, nach Böhmen zurückgehen. Sein Abmarsch glich mehr einer Flucht als einem Rückzuge. Er verlor dabei seine Bagage und gegen 2Q Kanonen.

Die Unternehmung des Marschalls von Sachsen gegen Brüssel fand im März 1746 statt. Er fiel über die Quartiere der Verbündeten her, zersprengte sie, begann die Belagerung von Brüssel und nahm die Stadt ein. Er ließ seine Truppen größtenteils lagern und schob vorsichtshalber starke Detachements zwischen sich und den Feind, um dessen geringste Bewegungen rechtzeitig zu erfahren. So sehr trifft es zu, daß jeder Feldherr, der sich nicht von den Grundsätzen der Klugheit und Vorsicht<196> entfernt, fast immer Erfolg haben muß, wogegen planlose Unternehmungen nur durch den größten Zufall gelingen können. Denn gewöhnlich scheitert der Tor, wo der Weise Glück hat.

Als der Fürst von Anhalt im Januar 1745 die Österreicher aus Oberschlesien vertrieb196-1, herrschte bittre Kälte. Das aber hinderte ihn nicht, die Armee allmorgendlich in Schlachtordnung zu versammeln und in Kolonnen zum Angriff zu marschieren. So zwang er den Feind durch seine Umsicht und seine guten Maßregeln nicht nur zur Räumung der Provinz, sondern er vernichtete auch noch einen Teil der feindlichen Truppen und bezog seine eignen Winterquartiere in den Orten, die diese besetzt hatten.


195-1 Vgl. Bd. II, S. 126.

195-2 Vgl. Bd. II, S. 245 ff.

195-3 Vgl. Bd. II, S. 250 f.

196-1 Vgl. Bd. II, S. 191.