4. Kapitel Lager in der Ebene und in durchschnittenem Gelände

Bei der Wahl Eures Lagers müßt Ihr zuerst darauf sehen, ein beherrschendes oder wenigstens nicht beherrschtes Gelände zu besetzen. Danach habt Ihr an die Anlehnung Eurer Flügel zu denken, sei es durch einen Wald, Morast, Bach, Fluß, Abgrund oder eine Anhöhe.

Habt Ihr einen Wald in der Flanke, so laßt Ihr darin einen starten Verhau anlegen, aber nicht aus planlos durcheinandergeworfenen Bäumen, sondern die Stämme müssen aufgeschichtet werden, derart, daß der Schaft Euch zugekehrt ist, der abgestutzte Wipfel aber dem Feinde entgegenstarrt. Vor diesem kunstgerechten Verhau laßt Ihr bis auf 500 Schritt Entfernung alle Bäume fällen, damit vor Eurer Flanke alles licht ist und der Feind sich nicht in dem Gehölz verstecken kann, um Euch auf 200 bis 300 Schritt mit Infanteriefeuer zu beschießen.

Befindet sich in Eurer Flanke ein Morast, so laßt ihn genau untersuchen, ob er auch wirklich unpassierbar ist. Dann könnt Ihr Euch daran anlehnen. Traut aber nie dem bloßen Augenschein.

Lehnt sich Eure Flanke an eine Anhöhe, so befestigt sie mit einigen durch eine Wallinie verbundene Schanzen, die aber sorgfältig angelegt und mit breitem und tiefem Graben versehen sein müssen. Legt darin starte Batterien an, die stets Flankenfeuer abgeben können. Erlaubt es das Gelände, so verstärkt die Stellung durch eine dahinter angelegte Redoute, die sie unterstützen kann, falls der Feind sie durchbricht. Die Redoute ist dann wie ein Ravelin, das den gedeckten Weg verteidigt.

Habt Ihr vor der Front ein Dorf, dessen Besetzung bei der Art Eurer Stellung erforderlich ist, so laßt die Front des Dorfes in einigem Abstand von den Häusern verschanzen. Habt Ihr aber keinen triftigen Grund zu seiner Besetzung, so legt nur ein paar Freibataillone hinein, um das Lager gegen Überfälle zu sichern. Dann muß der Feind sie vertreiben und somit schießen, und das ist für Euch sehr vorteilhaft; denn jede Infanterie, die schon geschossen hat, kann sich mit einer noch ganz frischen beim Angriff nicht messen.

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Bevorzugt stets ein Gelände, das in sanfter Abdachung glacisartig abfällt; denn es bietet die größten Votteile für das Infanteriefeuer, und ein geschickter Heerführer muß alles benutzen. Beobachtet stets die Regel der Befestigungskunst, daß alle auf Eure Stellung zulaufenden Hohlwege unter Eurem Feuer liegen.

Habt Ihr nun alles in Eurem Lager angeordnet und eingerichtet, so reitet außen rings herum und stellt Euch die Aufgabe, es selbst anzugreifen. Dann werdet Ihr seine schwachen Punkte entdecken, die nötigen Verbesserungen vornehmen und die Verteidigungseinrichtungen verstärken. Dadurch kann Eure Stellung nur gewinnen.

Bei allen festen Stellungen gehört die Kavallerie ins dritte Treffen und muß möglichst vor dem Geschützfeuer gedeckt sein. Das hindert aber nicht, daß Ihr sie im Bedarfsfalle gebraucht, indem Ihr sie durch die Zwischenräume der Infanterie nach der Stelle vorgehen laßt, wo sie kämpfen soll. (Siehe Plan 2.)

2 Plan eines Lagers in der Ebene

Erläuterungen zu Plan 2

Hier ein Lager in der Ebene, das an sich nicht schlecht ist, aber künstlich verstärkt werden muß; denn die Überschwemmung ist mittels des aufgeworfenen Dammes hergestellt. Die vorgesandte Kavallerie A beobachtet den Feind. Um an Euch heranzukommen, muß er dies Korps über den Haufen werfen, eine doppelte Kavalleriekette durchbrechen und<136> zwei mit Freibataillonen besetzte Dörfer erobern. Diese leichten Truppen müssen beim Verlassen ihrer Stellung Feuer anlegen. Seht, wie die brennenden Dörfer B und C seine Angriffsfront einschränlen. Ihr könnt auf keiner Seile überflügelt werden und habt noch eine gute Reserve D, die Ihr nach Bedarf verwenden könnt. Die als Angriffspunkt zu betrachtende Stelle Eures Lagers ist Eure linke E. Demgemäß müßt Ihr eine starke Redoute hinter dem Gehölz F und in dem Gehölz selbst Verhaue anlegen.