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Und doch: trotz meinem Rat reißt zu Beginn
Des Laufes kecker Jugendmut Euch hin;
Gleich wilden Rossen stürmt Ihr in die Bahn.
Fürchtet den Ehrgeiz, der Euch leicht verblendet;
Mißtraut des Eigendünkels holdem Wahn;
Die Gaben prüft, die Euch Natur gespendet!
Nehmt nie der Ruhmsucht eitle Träumerein
Für Eures Geistes allerhöchste Kraft.
Mögt Ihr so stark auch wie der Ringer sein
In London, den das dumme Volk begafft, —
Der Pöbel jauchzt und die Trompete klingt,
Wenn er den Gegner kraftvoll niederzwingt —
Ja, wärt an Kraft Ihr den Titanen gleich,
Die sich empörten wider Jovis Reich,
Die frevlen Muts die Göttersitze stürmten
Und die den Pelion auf den Ossa türmten, —
Besäßt Ihr selbst des Schlachtengottes Mut,
Wähnt dennoch nicht, ich hieße so Euch gut!
Kraft, Tapferkeit und Größe reicht nicht hin:
Von Helden heischt Minerva größern Sinn.

Dem Feldherrn gebe Weisheit das Geleit.
Klug sei er, doch nicht schwach, gedankenvoll,
Doch nie phantastisch; stets zur rechten Zeit
Geschehe, was sich ziemt; gehorchen soll
Sein Heer ihm blindlings, auch im Schlachtendrange.
Entsteht Verwirrung, weiß er ihr zu steuern,
Die Weichenden, Erschlafften anzufeuern.
Wes auch das Heer bedarf, er sieht es lange
Voraus und zeitig wird's herbeigeschafft.
Ist er an Mitteln reich und an Geduld,
So trifft kein Schicksal ihn durch eigne Schuld.

Drum bildet Euren Geist, die Urteilskraft.
Baut nur auf Euch; vom Glück erwartet nichts.
Langsam und kühl besonnen seid im Rat,
Doch kühn entschlossen zeigt Euch bei der Tat.
Und ohne Gründe reichlichen Gewichts
Führt nie das Heer zur mörderischen Schlacht.