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8. Vorrede zum Auszug aus den Kommentaren des Chevalier Folard zur Geschichte des Polybios (1753)1

Das vorliegende Werk kann sich der „Geist Folards“ nennen. Unter den Visionen und Maßlosigkeiten des berühmten Militärschriftstellers finden sich Schätze. Er hat Diamanten im Dunghaufen vergraben. Wir haben sie ans Licht gezogen, und statt sechs dicker Quartbände bieten wir den vierten Teil eines dieser Bände. Das Kolonnensystem2 ist ausgemerzt. Beibehalten sind nur die Kriegsoperationen, die er richtig beschreibt, die weise Kritik, die er an der Heerführung einiger französischer Feldherren übt, verschiedene taktische Regeln, Beispiele merkwürdiger und genialer Verteidigungen und schließlich einige nützliche Projekte, die Anlaß zu noch nützlicheren Betrachtungen geben. Man darf den Chevalier Folard nicht verwerfen, weil er sich ein besonderes System des Krieges gezimmert hat; vielmehr muß man es loben, daß sein Werk Stoff zu einem so nützlichen Auszuge wie der nachfolgende geliefert hat. Unter der Unzahl der gedruckten Bücher sind nur sehr wenige aus lauterem Gold und auch nur wenige, aus denen man so Gutes lernen kann wie aus den Kommentaren zu Polybios.

Es wäre für den Fortschritt des menschlichen Wissens zu wünschen, daß man, statt neue Bücher zu schreiben, vielmehr gute Auszüge aus den schon vorhandenen machte. Dann brauchte man nicht zu fürchten, seine Zeit mit unnützer Lektüre zu verlieren. Die Militärs werden uns hoffentlich Dank wissen, daß wir ihnen die Lektüre der sechs Bände ersparen und ihnen nur die Quintessenz bieten.

Die Kriegskunst verdient gewiß ebenso gründlich studiert zu werden wie jede andre Kunst. Aber es fehlt ihr noch an Klassikern. Wir haben nur wenige. Cäsar lehrt uns


1 2er französische Militärschriftsteller Jean Charles de Folard (1669—1752) hatte 1729 eine Übersetzung der Geschichte des Polybios mit Kommentaren veröffentlicht. Aus ihnen ließ König Friedrich einen Auszug herstellen, für den er die obige Vorrede schrieb. Von dem Auszug wurde 1753 nur eine beschränkte Anzahl von Exemplaren gedruckt, die er persönlich verteilte; erst 1760 kam das Werk durch Nachdruck in den Handel. Der Titel lautet: „Extrait tiré des Commentaires du chevalier Folard sur l'histoire de Polybe, pour l'usage d'un officier.“ -

2 eine Lieblingstheorie Folards.