<217> sich nach einer Niederlage so wenig wie möglich zurückzuziehen. Es ist sehr selten, daß man keine Stellung eine halbe Meile hinter dem Schlachtfelde findet. Dort muß man Halt machen, und zwar aus folgenden Gründen. Je weiter Ihr flieht, um so größer werden Eure Verluste. Verwundete, die sich mit Mühe eine halbe Meile weit schleppen, können Euch nicht zwei Meilen folgen und fallen somit in Feindeshand. Je mehr Ihr Euren Rückzug abkürzt, um so weniger werden Eure Soldaten auseinanderlaufen. Hinzu kommt, daß, wenn Ihr dem Feinde wenig Terrain überlaßt, Ihr seinen Sieg bedeutend schmälert; denn man führt nur Krieg, um Land zu gewinnen. Vor allem aber ist zu bedenken, daß eine Armee nie weniger kampflustig ist als unmittelbar nach einem Siege. Jedermann frohlockt und prahlt mit seinen großen Heldentaten. Die breite Masse ist heilsfroh, den großen Gefahren, denen man sie ausgesetzt hat, glücklich entronnen zu sein, und niemand hat Lust, ihnen sofort wieder die Stirn zu bieten. Kein General wird siegreiche Truppen am nächsten Tage nochmals ins Feuer führen. Ihr könnt also ruhig in Eurem Lager bleiben und Euren Truppen Zeit geben, wieder zur Besinnung zu kommen. Die Soldaten gewöhnen sich wieder an den Anblick des Feindes, und bald kommen die Gemüter ins Gleichgewicht.

Ist Euer Gegner 60 000 Mann stark und bleiben Euch nur 45 000 Mann, so darf Euch das keineswegs entmutigen; denn Ihr habt noch hundert Mittel, um Euch für den erlittenen Schimpf zu rächen. 45 000 Mann sind bei guter Führung mehr wert als 60 000 unter einem mäßigen Feldherrn. Bleiben Euch nur 30 000 Mann gegenüber 60 000, was wir als die Stärke des Feindes annehmen, so wird Cure Lage schon schwieriger, und es bedarf sicherlich viel größerer Geschicklichkeit, um ein folgenschweres Unglück zu vermeiden. Es ist unmöglich, mit 30 000 Mann eine Art von Gleichgewicht zwischen beiden Armeen wiederherzustellen. Selbst wenn Ihr dem Feinde ein Detachement von 10 000 Mann vernichtet, sieht Ihr ihm an Zahl doch viel zu weit nach, um ihm Gesetze vorzuschreiben, es sei denn, daß der Euch gegenüberstehende General der dümmste und unfähigste Mensch ist. Mithin bleibt Euch nur übrig, uneinnehmbare Stellungen zu beziehen, wo solche vorhanden sind, Euch vor allem die Ausgänge und den Rücken frei zu halten, mehr als Parteigänger, denn als Feldherr zu verfahren, die Stellung nach Bedarf zu wechseln, besonders wenn der Feind Miene macht, sie anzugreifen, mehr einen Scheinkrieg als einen wirklichen Krieg zu führen, möglichst viele kleine Erfolge zu erringen, um Euch Respekt zu verschaffen und das Ungestüm des Feindes zu dämpfen, kurz, alle Mittel und Auswege zu benutzen, die Eure Gewandtheit, Eure Einbildungskraft und die Hilfsquellen Eures Geistes Euch liefern.

Am nachteiligsten für kleine Heere sind die Detachements, die der Feind abschicken kann. Stellt man ihnen ein Detachement aus der eignen schwachen Armee entgegen, so kann es ihnen keinen Widerstand leisten, und man schwächt sich dadurch noch mehr. Stellt man ihnen aber garnichts entgegen, so läuft man Gefahr, von seinen Lebens-