<21> allen Wegen erkundigen, sowohl um zu wissen, in wieviel Kolonnen man marschieren kann, wie auch, um im voraus Pläne zu machen, auf welchem Wege sich das feindliche Lager umgehen ließe, wenn es sich an der und der Stelle befände, oder wie man ihm in die Flanke kommen könnte, wenn es wo anders läge. Insbesondere muß man sorgfältig die Stellen auskundschaften, wo man defensive Lager beziehen könnte, falls das nötig wird, ferner Schlachtfelder und Orter, die der Feind besetzen könnte.

Vor allem aber muß man sich die wichtigsten Stellungen, die Schluchten gewisser Defileen und die günstigsten Positionen jener Gegenden einprägen und zugleich über alle Kriegsoperationen nachdenken, die dort stattfinden könnten, damit sich diese Vorstellungen so deutlich im Geiste ordnen, daß man nie in Verlegenheit kommt, wenn der Krieg sich dorthin zieht. Solche Betrachtungen müssen gründlich angestellt und wohl verarbeitet weiden, und man muß sich die nötige Zeit nehmen, die ein so wichtiger Gegenstand beansprucht. Hat man das erstemal nicht alles gut gesehen, so muß man zum zweitenmal hingehen und alles von neuem betrachten und prüfen.

Ich füge noch eine allgemeine Regel hinzu. Alle Lager, die man aussucht, mögen sie defensiv oder offensiv sein, müssen Holz und Wasser in der Nachbarschaft haben, und wenn auch die Front des Lagers stark ist, muß der Rücken doch offen bleiben, damit man leicht hinauskann.

Ist es erforderlich, die Kenntnis eines Nachbarlandes zu erwerben, wo man mit Anstand nichtderart reisen kann, so muß man geschickte Offiziere hinsenden, unter verschiedenen Vorwänden oder auch, wenn nötig, in Verkleidung. Man gibt ihnen an, worauf sie ihr Augenmerk richten sollen, und verzeichnet auf der Karte die Orte und Lager, über die sie Meldung abstatten. Kann man aber mit seinen eignen Augen sehen, soll man es stets tun.

7. Kapitel Das Augenmaß

Der sogenannte Feldherrnblick besteht in zweierlei. Das erste ist das Talent, auf der Stelle zu beurteilen, wieviel Truppen ein Gelände fassen kann. Das lernt sich nur durch Übung. Hat man selbst ein paar Lager abgesteckt, so bildet sich das Auge derart, daß man sich in den Maßen nur ganz wenig täuscht. Das andre weit höhere Talent besieht darin, beim ersten Blick alle Vorteile zu erkennen, die ein Gelände bieten kann. Dies Talent läßt sich erwerben und vervollkommnen, wofern man mit einer glücklichen Anlage zum Kriegführen geboren ist. Die Grundlage für diese Art Blick bildet unstreitig die Befestigungskunst. Für sie bestehen Regeln, die man auf die Stellung der Armeen anwendet. Daher wird ein geschickter Heerführer die ge-