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13. Kapitel Die Kenntnis der Regeln der Lagerkunst genügt nicht

Die oben aufgestellten Regeln sind gewiß gut und die einzigen, an die man sich halten muß. Es wäre aber ein großer Irrtum, zu glauben, daß diese Theorie allein hinreichte, um ein Meister in der Kunst zu sein. Die Schwierigkeiten merkt man erst, wenn man die Regeln in Anwendung bringen will.

Die Natur allein gibt Euch fast nie Stellungen, die allen Euren Wünschen entsprechen, sondern die Kunst muß ihnen immerfort zu Hilfe kommen, um die Mängel des Geländes zu verbessern. So bedient man sich, wie schon gesagt, eines Baches, um eine Überschwemmung herzustellen, legt an den schwächsten Punkten Redouten und Verschanzungen und in den Wäldern Verhaue an. Kurz, man nimmt die Kunst zu Hilfe, um die Natur zu vervollkommnen. Man stellt sich eine Viertelmeile vor-oder rückwärts auf, biegt einen Flügel zurück, schiebt den andern vor oder läßt die Mitte herausspringen. Mit einem Worte, man dreht und wendet sich hundertfach, um aus dem Gelände alle Vorteile zu ziehen, die es bieten kann. Dabei muß man aber tätig sein, alles mit eignen Augen sehen und Verstand haben, um alles zu benutzen. Der Offizier muß also stets fleißig und geschickt sein.

Oft findet man in der Nähe des Lagers kleine Berge, die zur Besetzung einladen. Ehe man sich aber dazu entschließt, überlege man reiflich, ob man sie besetzen soll oder nicht. Im vorigen Kapitel habe ich eine Probe davon gegeben, wie man ein Gelände beutteilen muß.

14. Kapitel Weitere Regeln über die Straßen und die vorgeschobenen Abteilungen, die bei der Wahl eines Lagers zu beachten sind

Alle oben angegebenen Regeln reichen noch nicht hin. Vor allem muß man die nach dem Lager führenden Straßen gut rekognoszieren lassen; denn auf ihnen muß der Feind gegen Euch anrücken, und nach ihrer Kenntnis regelt man die Lagerwachen und die Patrouillen, die man zur Erkundung verwendet.

Lagert man in der Ebene, so muß man notwendig leichte Truppen haben, die man vorschiebt und zur Beobachtung des Feindes hinter ein Defilee stellt. Auch sichelt man sich durch kleinere Detachements auf seinen Flanken gegen Überfälle.