<33>gab dem König das Recht, diese Hilfstruppen zurückzuziehen, falls er aus Groll über diesen Beistand von den Österreichern in seinen eigenen Staaten angegriffen würde. In dem Falle versprach Rußland ihm 6 000 Mann Infanterie und 4 000 Kosaken zu stellen, ja diese Zahl zu verdoppeln, sobald die Umstände es erlaubten. Außerdem verpflichtete sich Rußland, eine Armee von 50 000 Mann in Polen zu halten, um den König mit allen Kräften unterstützen zu können, sobald der Türkenkrieg beendigt wäre, und mit diesem Beistand so lange fortzufahren, bis es Preußen beim allgemeinen Friedensschluß eine angemessene Entschädigung verschaffen könne. Allen Artikeln wurde ein Separatvertrag zur Regelung des Unterhalts der gegenseitigen Hilfstruppen beigefügt.

Nach Beendigung dieses Werkes, das allen folgenden Projekten zur Grundlage diente, blieb nur noch übrig, den Wiener Hof zum Anschluß an die beiden kontrahierenden Mächte zu bewegen. Drei Parteien bildeten sich am Wiener Hofe, deren jede anderer Meinung war. Der Kaiser hätte gern die Provinzen in Ungarn wiedergewonnen, die sein Haus durch den Frieden von Belgrad verloren hatte. Die Kaiserin, seine Mutter, besaß nicht mehr jene Tatkraft und Entschlossenheit, die sie in ihrer Jugend so oft bewiesen hatte, und begann sich einer mystischen Frömmelei hinzugeben; sie machte sich Vorwürfe über das in den früheren Kriegen vergossene Blut, verabscheute den Krieg und wollte um jeden Preis Frieden halten. Fürst Kaunitz, ein Mann von geradem Urteil, der die Interessen der Monarchie mit der Neigung seiner Gebieterin vereinen wollte, war daher vor die Wahl zwischen dem Krieg und der polnischen Teilung gestellt und fürchtete zudem, wenn er sich zur letzteren entschloß, die Verbindung zwischen den Häusern Bourbon und Österreich, die er als sein Meisterstück betrachtete, zu zerstören. Einerseits zeigte ihm die rasche Nemonlierung der preußischen Kavallerie, daß der König einen endgültigen Entschluß gefaßt hatte; andrerseits sah er, daß der König nichts sehnlicher wünschte als einen allgemeinen Frieden, ja daß er eifrig daran arbeitete.

Endlich sagte der König in einer Audienz zum österreichischen Gesandten, er beglückwünsche die Kaiserin-Königin dazu, daß sie das Schicksal Europas jetzt in ihren Händen halte; denn tatsächlich hingen Krieg und Friede unter den damaligen Umständen davon ab, welchen Entschluß sie faßte. Der König fügte hinzu, er baue so sehr auf die anerkannte Weisheit dieser großen Fürstin, daß er nicht daran zweifle, sie werde die allgemeine Ruhe Europas den Wirren vorziehen, die leicht ausbrechen könnten und deren Folgen garnicht abzusehen seien. Diese Unterredung, die van Swieten seinem Hofe berichtete, machte den erwünschten Eindruck. Fürst Kaunitz war überzeugt, daß er dem Bündnis mit den Türken1 und allen darauf gegründeten Plänen entsagen müsse. Er begriff auch, daß die Teilung Polens nicht mehr aufzuhalten war, wollte er nicht Rußland und Preußen angreifen. Da er keinen Bundes-


1 Vgl. S. 29.