<11> sehr kühl, indem er ihm versicherte, er werde stets der Freund der Russen, nie aber ihr Sklave sein.

Saldern war erbost, einen Fürsten angetroffen zu haben, der sich seinen Befehlen so wenig fügte, und reiste von Berlin nach Kopenhagen, wo er nach Herzenslust seinem Despotismus und seiner grenzenlosen Anmaßung freien Lauf ließ. Er schüchterte den König von Dänemark derart ein, daß dieser die ihm mißfälligen Minister und Generale entließ und sie durch seine Kreaturen ersetzte. Darauf schloß er einen Eventualvertrag1, durch den das Herzogtum Holstein an Dänemark überging. Als Entschädigung dafür erhielt das Haus Gottorp die Grafschaften Oldenburg und Delmenhorst.

Gegen Ende des Jahres 1766 versammelte sich wieder ein polnischer Reichstag. Die Zarin hatte sich zur Beschützerin der Dissidenten erklärt, die zum Teil griechischkatholisch waren. Sie verlangte für sie freie Religionsübung und das gleiche Recht zur Bekleidung von Ämtern, wie es die Römisch-Katholischen besaßen. Diese Forderung barg den Keim aller folgenden Unruhen und Kriege. Der preußische Gesandte überreichte dem Reichstag eine Denkschrift des Inhalts, daß sein Herr die Abschaft fung des liberum veto, die Auflage neuer Zölle und die Vermehrung der Krontruppen nicht gleichgültig ansehen könne, und die Republik berücksichtigte diese Vorstellung. Minder nachgiebig zeigte sie sich in betreff der für die Dissidenten geforderten Rechte. Weit entfernt, darauf einzugehen, bestätigte der Reichstag in einer Art von fanatischer Begeisterung die Bestimmungen, über die sich die Dissidenten am meisten zu beschweren hatten. Das einzige, was der russische Hof durchsetzen konnte, war die Auflösung des Reichstages und der Konföderation, die ihn gebildet hatte. Die Zarin war tief beleidigt über die unverschämte Grobheit der Polen gegen sie und beschloß, die Sache der Dissidenten mit offener Gewalt durchzusetzen. Sogleich lud sie den König zur Mitwirkung an den von ihr beabsichtigten Maßregeln ein, wozu er Kraft seines Bündnisvertrages ohnedies verpflichtet war.

Während all dieser Unruhen in Polen ward die Ehe des Prinzen von Preußen mit der Prinzessin Elisabeth von Braunschweig, der vierten Tochter des Herzogs, geschlossen2. Die Thronfolge ruhte damals nur auf acht Augen, dem Prinzen von Preußen und dem jüngeren Prinzen Heinrich; der letztere war sehr begabt und versprach ungleich mehr als sein Bruder, wurde aber bald darauf durch die Blattern hingerafft3. Prinz Heinrich, des Königs Bruder, und Prinz Ferdinand hatten damals keine männlichen Erben.

Doch kehren wir zu Polen zurück, von dem wir uns entfernt haben. Der Despotismus, mit dem der Petersburger Hof in der Republik austrat, brachte die Sarmaten


1 Im „Provisorischen Traktat“ vom 22. AprU 1767 entsagte das Haus Gottorp allen Ansprüchen auf Schleswig und vertauschte seinen Anteil an Holstein gegen die Grafschaften Oldenburg und Delmenhorst (vgl. Bd. I, S.88; IV, S. 125.128).

2 Am 14. Juli 1765.

3 Am 26. Mai 1767. Vgl. die Gedächtnisrede des Königs In Bd. VIII, S. 201 ff.