<79> bei einiger Beschleunigung glücken können, und die Einnahme der Stadt und der Zitadelle wäre durch einen kecken Handstreich wohl möglich gewesen. Man hätte zu dem Zweck die Truppen mit Sturmleitern versehen und die Stadt während eines Scheinangriffs auf das Berliner Tor von der Rheinseite aus überrumpeln müssen. Vielleicht aber schien der Ausgang des Unternehmens zu ungewiß, oder der Erbprinz hatte sonst Gründe, die gewöhnliche Belagerungsart vorzuziehen. Mit einem Teil seiner Truppen ging er über den Rhein, bemächtigte sich Kleves und machte dort 600 Gefangene. Dann zog er gegen Roermond und nahm es ohne jeden Widerstand ein. Darauf kehrte er nach Büderich zurück, verschanzte sich zwischen der Stadt und dem Rhein und schlug oberhalb und unterhalb von Wesel seine Verbindungsbrücken über den Strom. Am 11. wurden die Laufgräben vor der Stadt eröffnet.

Auch auf der feindlichen Seite war man nicht untätig. Aus dem Wege, den der Erbprinz eingeschlagen hatte, erriet Broglie die Absicht des feindlichen Zuges und sandte sofort Castries mit 20 000 Mann nach dem Niederrhein. Der General ging durch die Wetterau und marschierte so schnell, daß er schon am 14. des Monats in Neuß eintraf. Dort stießen noch 10 000 Mann zu ihm, die er teils aus dem Kölnischen, teils aus den niederländischen Besatzungen herangezogen hatte. Nach ihrem Eintreffen rückte er gegen Rheinberg vor und nahm Stellung hinter dem Eugengraben, einem Kanal zwischen Rheinberg und Geldern. Seinen linken Flügel schob er von dort bis Kloster Camp vor. Der Erbprinz war über die Stärke der feindlichen Streitkräfte schlecht unterrichtet und glaubte sich einem nicht zu starken Gegner gegenüber. Darum hielt er es für vorteilhaft, dem Feind entgegenzugehen, da ihm Wesel nach einem Sieg über das französische Hilfskorps von selbst in die Hände fallen mußte. Ließ er jedoch Castries zur Verstärkung seiner Truppen Zeit, so war er vielleicht auch ohne eine Schlacht zur Aufhebung der Belagerung genötigt. Daraufhin rückte also der Erbprinz gegen Rheinberg vor und brach in der Nacht vom 15. auf den 16. Oktober zum Angriff auf den feindlichen linken Flügel bei Kloster Camp auf. Er wußte nicht, daß vor den Franzosen das Freikorps Fischer stand. Da er es unbedingt vertreiben mußte, wurde das ganze Castriessche Korps durch das Feuern alarmiert, und es kam sofort zum Gefecht. Der Kampf war erbittert und dauerte von 5 Uhr früh bis 9 Uhr vormittags. Die Alliierten warfen ein feindliches Treffen, aber schließlich trug die Überzahl der Feinde den Sieg davon. Die Franzosen zogen immer neue, noch völlig frische Truppen vor und überflügelten die Angreifer auf beiden Seiten. Die Verbündeten konnten nicht länger widerstehen. Als der Erbprinz die Niederlage seiner Truppen sah, entschloß er sich zum Rückzug auf Büderich. Das Gefecht kostete ihm 1 200 Mann. Die Franzosen verfolgten ihn nicht, aber bei seiner Rückkehr ins Lager fand der Erbprinz seine Brücken vom Hochwasser fortgeschwemmt. Er konnte sie nicht vor dem 18. wiederherstellen. Dann hob er die Belagerung von Wesel auf, ging über den Rhein zurück und lagerte bei Brünen, nur eine Meile von der Festung. Eine Zeitlang beobachtete er von dort die Franzosen. Sie schienen ihm nicht folgen