<129>zeugt, die Dänen würden nie in so schimpfliche Bedingungen willigen, und unter diesem Vorwand wollte er ihnen den Krieg erklären. 60 000 Russen, zu denen noch 6 000 Preußen stoßen sollten, waren zu diesem Kriegszuge bestimmt.

Der König von Dänemark1, der das Ungewitter aufziehen und über sich hereinbrechen sah, hatte den Oberbefehl über seine Truppen einem Offizier von Ruf, St. Germain, anvertraut. Der war eben wegen Mißhelligkeiten mit Broglie aus französischen Diensten getreten. Nun aber stand St. Germain an der Spitze einer ganz undisziplinierten Armee, die keine zum Kommandieren befähigten Generale, keine Ingenieure, Artilleristen, keine Provianttrains, kurz, nichts besaß. Er allein wußte all diese Mängel zu beheben. Da die Kriegskasse schlecht versehen war, brandschatzte er Hamburg, das ihm die nötigen Summen gab. Die dänischen Minister entschuldigten dies seltsame Vorgehen mit der Not, die kein Gebot kennt. Dann rückte St. Germain auf Lübeck, um es sofort nach der Kriegserklärung zu besetzen. Um den Kriegsschauplatz noch weiter von den Grenzen seines Gebieters zu entfernen, drang er auch mit einem Teil seiner Truppen in Mecklenburg ein und lagerte sich zwischen Sümpfen und Teichen in einer vorteilhaften Stellung. Dort hätte er den Russen wahrscheinlich den Einmarsch in Holstein eine Zeitlang verwehren können. Verlassen wir ihn hier mitten in seinen Vorbereitungen. Eine ausführlichere Beschreibung wäre überflüssig, da der von Dänemark mit Recht so sehr gefürchtete Krieg garnicht zum Ausbruch kam und eine neue Umwälzung in Petersburg alles umwarf.

Von allen europäischen Mächten war Österreich am meisten über die Ereignisse in Rußland bestürzt. Nie war die Kaiserin-Königin hoffnungsfroher gewesen als am Ende des letzten Feldzuges. Alles verkündete ihr den Untergang Preußens, die Eroberung Schlesiens und die Erfüllung all ihrer Plane. Ihre Überzeugung war so stark, ihre Zuversicht so vollkommen, daß sie den Krieg auch bei Entlassung eines Teils ihrer Truppen beendigen zu können glaubte. Indessen erwies sich die befohlene Entlassung von 20 000 Mann als sehr übel angebrachte Sparsamkeit. Denn gerade jetzt starb die Zarin Elisabeth, und kurz darauf trennte sich das Tschernyschewsche Korps von Laudons Armee und zog sich nach Polen zurück. Nun wollte der Wiener Hof die eben abgedankten 20 000 Mann wieder zusammenziehen, aber es war zu spät! Sie hatten sich schon in alle Welt zerstreut, und ein Ersatz war in so kurzer Zeit nicht zu beschaffen. Dann kam die Nachricht von dem Friedensschluß zwischen Preußen und Rußland, bald darauf auch die von dem Allianzvertrag zwischen beiden Mächten und schließlich die Kunde von der Vereinigung des Tschernyschewschen Korps mit der Armee des Königs. Um das Maß des Unglücks voll zu machen, richtete eine ansteckende Krankheit in der Laudonschen Armee große Verheerungen an. Es war eine Art Aussatz, der sehr schnell um sich griff, das Lager


1 Friedrich V.