<88> über Rotenburg und Bremervörde nach Stade. Durch dies ungeschickte Manöver gab er den Franzosen das ganze Land preis. Hameln wurde sofort vom Herzog von Fitz-James besetzt. Aber das sonderbarste und merkwürdigste war, daß d'Estrées zurückberufen wurde, weil er einen Sieg davongetragen hatte.

Am 7. August traf der Herzog von Richelieu, dem der Hof den Oberbefehl über die Armee übertragen hatte, in Münder ein. Er besetzte Hannover, indes der Herzog von Ayen in Braunschweig und Voyer in Wolfenbüttel einrückten. Den Prinzen Soubise schickte er mit einem Detachement von 25 000 Mann nach Erfurt, wo er sich mit der Reichsarmee und einer Abteilung Österreicher vereinigen sollte. Richelieu selbst machte sich an die Verfolgung der Verbündeten, überschritt die Aller und lagerte bei Verden. Zugleich nahm Armentières am 29. August Bremen. Dann rückte die französische Armee auf Rotenburg, um den Herzog von Cumberland anzugreifen, fand ihn dort aber nicht mehr; denn der Herzog hatte sich bereits auf Bremervörde zurückgezogen und vermied seit der Schlacht von Hastenbeck jedes Zusammentreffen mit dem Feinde. Als der König aus den Bewegungen des Herzogs von Cumberland erkannte, daß er sich lediglich auf die Verteidigung der Weser beschränken wollte, sah er alle üblen Folgen voraus, rief seine 6 Bataillone, die er bei der Armee hatte, zurück und warf sie gerade noch rechtzeitig nach Magdeburg, wie wir im folgenden sehen werden.

Nach der obigen Schilderung leuchtet es ein, daß dem Herzogtum Magdeburg ein Einfall der Franzosen und der Stadt selbst eine Belagerung bevorstand. Sachsen drohte eine Beute des sich bei Erfurt versammelnden Heeres zu werden, und dann waren die Besatzungen von Dresden und Torgau verloren. Auch die Hauptstadt Berlin war unverteidigt und konnte jeden Augenblick von den Schweden eingenommen werden. Sie waren bereits bis zur Uckermark vorgedrungen, wo sich nur eine Handvoll Leute ihrem Vordringen widersetzte. Unter solchen Umständen war es dringend geboten, so vielen Feinden entgegenzutreten. Der König übernahm selbst die Führung der dazu bestimmten Truppen. Es war nur ein kleines Häuflein; denn er wollte seine schlesische Armee, die einen weit schlimmeren Feind zu bekämpfen hatte, nicht zu sehr schwächen.

Der Herzog von Bevern, der über 50 Bataillone und 110 Schwadronen verfügte, bezog nach dem Abmarsch des Königs ein Lager auf der Landeskrone bei Görlitz. Am andern Neißeufer, auf dem Holzberg1 bei Moys, setzte sich Winterfeldt mit seinem Detachement fest. Der Herzog ließ sein Magazin von Bautzen nach Görlitz schaffen, und die vereinigten Heere des Feldmarschalls Daun und des Prinzen von Lothringen lagerten sich ihm gegenüber bei Ossig, von wo sie Nadasdy zur Beobachtung Winterfeldts nach Schönberg vorschoben. Inzwischen war Graf Kaunitz zur Besprechung mit den Generalen und zur Beschlußfassung über die weiteren Operationen im österreichi-


1 Oder Jäckelsberg.