<118> sie gegen den König von Preußen leidenschaftlich verblendet gemacht hatten. Ungefähr in der gleichen Absicht begab sich Goodrick nach Schweden. Aber die französische Partei, die den Reichsrat in Stockholm despotisch beherrschte, setzte alle Hebel in Bewegung, um dem Engländer den Eintritt in das Königreich zu verwehren. Goodrick mußte also in Dänemark bleiben, und die Reichsräte freuten sich, verhindert zu haben, daß englisches Geld ihr System über den Haufen warf.

Während Pitt so wichtige politische Maßnahmen traf, füllten sich auch die Häfen Großbritanniens mit Schiffen. Die Pläne für den Feldzug zu Wasser und zu Lande wurden festgesetzt, und neue Tatkraft beseelte alle Zweige der Regierung.

Inzwischen war Keith in Petersburg angelangt. Er fand den Hof in einer ungünstigen Stimmung für seine Aufträge. Die Gesandten Österreichs, Frankreichs und Sachsens1 waren durch ihre Ränke und Bestechungen allmächtig und hatten auch den Günstling Elisabeths, den Grafen Iwan Schuwalow, für sich gewonnen. Der beherrschte damals die Kaiserin und somit auch das Reich. Unzufrieden mit den geringen Erfolgen der russischen Armee und besonders mit dem Rückzug im letzten Feldzuge, bemühten sich die Gesandten, ihre Kriegsbegeisterung auch der Kaiserin einzuimpfen. Sie stachelten sie auf, im nächsten Feldzug größere Anstrengungen zu machen. Da sie aber merkten, daß der Großkanzler Bestushew ihre Bemühungen insgeheim hintertrieb, so beschlossen sie, ihn zu stürzen, und das gelang ihnen nach Wunsch.

Wir haben den Grafen Bestushew in unserem Buche als einen geschworenen Feind Preußens aus Leidenschaft geschildert. Aber zwei Dinge dämpften seinen Haß und führten eine Veränderung seiner Haltung herbei: erstens die hohe Pension, die ihm die Engländer nach wie vor zahlten, und zweitens der Umstand, daß der König in den Besitz des Dresdener Archivs gekommen war2. Dabei hatte man nämlich einen Brief gefunden, worin Bestushew dem Grafen Brühl riet, einen russischen Residenten in Warschau, mit dem beide Minister gleichermaßen unzufrieden waren, durch Gift zu beseitigen. So habe er sich ja auch, hieß es in dem Briefe, des Herrn von Castéras entledigt, dessen Verschlagenheit er fürchtete. Bestushew scheute zwar vor keinem Verbrechen zurück, wollte aber nicht, daß man davon erführe. Aus Furcht, man könne diesen schändlichen Brief veröffentlichen, versprach er, dem König wichtige Dienste zu leisten, falls er den Brief unterdrückte. Das fiel dem König nicht schwer, und der Minister erfüllte sein Versprechen prompt3. Denn er erteilte dem Feldmarschall Apraxin Verhaltungsbefehle, die, soviel es die Umstände erlaubten, den


1 Graf Esterhazy, Marquis L'Hôpital und Prasse.

2 Vgl. S. 43.

3 Lediglich in der Hoffnung, mit Englands Hilfe die Russen noch vom Kriege fernhalten zu können, hatte König Friedrich befohlen, bei der Veröffentlichung der Dresdener Dokumente Rußland und Bestushew zu „menagieren“. In einer Unterredung mit Williams, dem englischen Gesandten in Petersburg, erkannte Bestushew diese Rücksicht dankbar an, mit der Bitte, sie auch ferner zu üben. Über irgend welche direkte Schritte bei dem König, sowie über den Brief an Brühl und die darin erwähnte Beseitigung Castéras' ist nichts bekannt.