<277>wird; dann werden sie mittanzen. König Stanislaus (22), der nur Polonaisen kann, hält sich abseits und wird keine Sprünge mehr machen, wofern man ihn nicht dazu zwingt. Der extravagante König Theodor von Korsika (23) erschien als Harlekin und machte solche Fratzen und Luftsprünge, daß mehrere der Herrschaften sich vor Lachen ausschütteten; so belustigten sie sich darüber. Plötzlich verschwand er; man glaubt aber, ihn bald mit einer andern Maske auf dem Balle wiederzusehen.

Der Papst (24), der Tanz, Spiel und andere Eitelkeiten für Sünde hält, predigt gewaltig dagegen, aber niemand hört ihm zu, und als man ihm zuflüsterte, am Schlusse des Balles würde der König von Preußen mit der Königin von Ungarn vielleicht die Restitution1 tanzen, was viel Staub aufwirbeln dürfte, schlug er ein Kreuz. Der Türkenkaiser (25) hätte gern an dem Balle teilgenommen, hätte er nicht noch einen großen Tanz mit dem Luftspringer Chouli-Kan (26) zu bestehen gehabt, wozu er alle seine Kräfte braucht. Sonst hätte er wahrscheinlich der Königin von Ungarn und der Regentin von Rußland eine orientalische Verbeugung gemacht.

Im Nebensaal halten die Venezianer (27) die Bank, an der, wie man glaubt, der König von Sardinien beteiligt ist; und obgleich der Herzog von Modena (28) als Croupier fungierte, so merkte man doch an der Anordnung des Spieles, daß die Bank weder verlor noch gewann. Unter den Personen, die setzten, verlor der König von Frankreich beträchtlich; man sah seine Louisdors den andern Spielern zurollen, zu denen sich einige englische, schwedische, holländische und polnische Minister gesellt hatten; die schwedischen hatten erkleckliche Summen vor sich liegen. Trotzdem hofft der König von Frankreich, ohne Einbuße aus dem Spiele davonzukommen oder seine Verluste bei einem neuen Balle einzubringen, der diesem folgen soll und der weit prächtiger ausfallen wird. Zu diesem Zweck wird er selbst die Bank halten, oder der Oberzeremonienmeister Fleury (ein halber Geschäftsmann und schlau bis in die Fingerspitzen) wird die Karten auflegen. Man zweifelt daher nicht, daß er sie so gut mischen wird, daß sein König das Verlorene mit Wucherzins zurückgewinnt.

Man weiß noch nicht, wer das nächste Mal Ballkönig sein und die Musik bezahlen wird.

Wie es heißt, nimmt der Herzog von Holstein (29) gegenwärtig in Petersburg Tanzstunden, um beim nächsten Balle mitmachen zu können. Die russischen Tanzlehrer haben freilich bisher keine regelrechten Tanzstunden gegeben; das hat die Regentin Anna erfahren, die nur in Rußland tanzen gelernt und sich durch einen Fehltritt arg verletzt hat. Deshalb soll ihr kleiner Sohn Iwan bis zu seiner Großjährigkeit in Deutschland tanzen lernen.


1 Anspielung auf Säkularisation der Kirchengüter.