<264> neuen Hindernisse erwüchsen. Hierauf ließ er alle sächsischen Minister zu sich entbieten, rekapitulierte alles, was geschehen war, legte ihnen offen und ehrlich seine Ansichten dar und teilte ihnen die maßvollen Friedensbedingungen mit, die er seinen Feinden machte. Es gelang ihm, sie davon zu überzeugen, daß sie selbst keine vorteilhafteren Bedingungen sich wünschen oder stellen und daß ihr König nichts Besseres tun könnte, als sie zu unterzeichnen.

Zugleich wurde Vorsorge für die Aufrechterhaltung der strengsten Ordnung getroffen. Der König ließ in allem die größte Milde walten, um dem unglücklichen Nachbarlande die Last eines Krieges, für den das Volk nichts konnte, möglichst zu erleichtern. Wie üblich, wurde in den Kirchen ein Tedeum gesungen, und die städtische Artillerie schoß dreimal Salut. Am Abend wurde in der Oper „Arminius“1 gespielt. Diese Kleinigkeiten werden hier nur wegen der damit verknüpften bezeichnenden Züge erwähnt. Alles, auch die Oper, war in Brühls Händen ein Werkzeug zur Beherrschung seines Königs. Nach dem Sturze des Grafen Sulkowski2 wurde in der Oper die „Güte des Titus“ gegeben, um die Nachsicht des Königs gegen die angeblichen Verbrechen jenes Günstlings zu preisen. Während des letzten Krieges kam „Arminius“ zur Aufführung. Die Geschichte des Arminius sollte eine symbolische Verherrlichung des Beistandes sein, den August III. der Königin von Ungarn gegen die Franzosen und Preußen leistete, denen man vorwarf, die ganze Welt unterjochen zu wollen. Die schmeichelnden Lobsprüche der italienischen Dichtkunst, erhöht durch den Zauber der Töne und von den geschmeidigen Kehlen der Kastraten gesungen, brachten dem König von Polen die Überzeugung bei, daß er das Muster eines Fürsten und ein Vorbild der Menschheit sei. Die Sänger unterdrückten in Gegenwart der Preußen einen Chor, den sie unter den jetzigen Umständen nicht vorzutragen wagten. Konnten die Worte doch ebensogut auch auf die jüngsten Ereignisse in Sachsen bezogen werden. Sie lauteten:

Sulle rovine altrui alzar non pensi il soglio,
Colui che al sol' orgoglio riduce ogni virtù3.

Die Opernchöre waren für August III. dasselbe, was die Vorspiele zu den Opern für Ludwig XIV.

Während in Dresden Tedeums und Opern gesungen wurden, kam aus Prag der mit Ungeduld erwartete Villiers mit Vollmachten und allen zum Friedensschluß nötigen Ermächtigungen für die sächsischen Minister. Ihm folgte Graf Friedrich Harrach im Auftrage der Kaiserin-Königin.


1 Diese Oper ist ebenso wie die weiter unten genannte „La Clemenza di Tito“ von Hasse komponiert; der Text stammt von Metastasio.

2 Vgl. S. 37.

3 Auf andrer Umsturz baue der nicht seinen Thron, Der bloß in kecken Übermut all seine Tugend setzt.