<22> zur Intrige: Seckendorff und der Prinz von Hildburghausen stützten sich auf den Einfluß der Kaiserin1 und eines Ministers namens Bartenstein, eines geborenen Elsässers aus niedrigem Stande, der aber arbeitsam war und mit zwei Genossen, Knorr und Weber, ein Triumvirat bildete, das damals die kaiserlichen Angelegenheiten besorgte. Khevenhüller besaß Anhang im Hofkriegsrate, und Wallis, der seine Ehre darein setzte, jedermann zu hassen und von jedermann gehaßt zu werden, hatte nirgends Freunde.

Die Russen führten damals Krieg mit den Türken2, und das russische Glück machte den Österreichern Mut. Bartenstein wähnte, man könnte die Türken aus Europa verjagen, und Seckendorff strebte nach dem Oberbefehl. Unter dem Vorwand, der Kaiser müßte seinen Bundesgenossen, den Russen, gegen den Erbfeind der Christenheit beistehen, stürzten die beiden das Haus Österreich ins tiefste Unglück. Jedermann wollte den Kaiser beraten: seine Minister, die Kaiserin, der Herzog von Lothringen, jeder setzte ihm auf seine Weise zu. Aus dem kaiserlichen Hofkriegsrate gingen täglich neue Operationspläne hervor; durch die höfischen Kabalen und durch die Eifersucht der Generale scheiterten alle Unternehmungen. Die Befehle, die sie vom Hofe erhielten, widersprachen einer dem andern oder forderten unausführbare Dinge. Diese Verwirrung daheim brachte den österreichischen Waffen mehr Unglück als die Macht der Ungläubigen. Man stellte in Wien das Venerabile aus, indes man in Ungarn Schlachten verlor, und abergläubisch hoffte man auf Wunder, um die Fehler der Ungeschicklichkeit wettzumachen. Seckendorff kam am Ende seines ersten Feldzuges auf Festung, weil, wie man sagte, seine Ketzerei den Zorn des Himmels herbeigezogen hätte. Königsegg befehligte das zweite Jahr und ward darauf Oberhofmeister der Kaiserin. Daher sagte Wallis, der im dritten Jahre das Kommando führte, sein erster Vorgänger sei eingesperrt, der zweite sei Eunuch im Serail geworden, und ihm selbst würde man wohl den Kopf abschlagen. Er irrte nicht, denn nach dem Verlust der Schlacht von Grocka wurde er in Brünn auf die Festung gesetzt. Neipperg, den der Kaiser und der Herzog von Lothringen um Beschleunigung des Friedens angefleht hatten, wurde, nachdem er den Frieden von Belgrad mit den Türken geschlossen hatte, zum Lohne dafür auf die Festung Raab geschickt. So wagte der Wiener Hof es nicht, bis zur Quelle seines Unglücks vorzudringen, zu dem alles Hohe und Höchste beigetragen hatte, sondern er tröstete sich damit, die Werkzeuge seines Mißgeschicks zu strafen.

Nach diesem Friedensschlusse (1739) befand sich das österreichische Heer in gänzlich zerrüttetem Zustande. Bei Widdin, Mehadia, Pancsowa, am Timok und bei Grocka hatte es große Verluste erlitten; die ungesunde Luft und das Sumpfwasser hatten ansteckende Krankheiten verbreitet, und die Nähe der Türken hatte ihm die Pest gebracht. Das Heer war sowohl aufgerieben wie entmutigt. Nach dem Frieden


1 Elisabeth, Gemahlin Karls VI.

2 1736—1739, beendet durch den Frieden zu Belgrad.