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Unter diesen Umständen war die Stellung bei Beneschau von größter Wichtigkeit. Man mußte sie vor dem Prinzen von Lothringen besetzen, denn sie war unangreifbar und konnte im Besitz des Feindes über das Schicksal der Armee entscheiden. Der einzige Ausweg wäre dann gewesen, bei Rattay über die Sazawa zu gehen und seinen Proviant aus Pardubitz zu beziehen. Feldmarschall Schwerin nahm also mit 15 000 Mann die Stellung bei Beneschau ein und bemächtigte sich auch der ansehnlichen Magazine, die dort für die Österreicher errichtet waren. Am 18. Oktober stieß der König mit der Hauptarmee zu ihm. Die feindliche Avantgarde war schon im Vormarsch auf Beneschau. Die Armee blieb acht Tage zwischen Beneschau und Konopischt stehen. Hier erhielt man eine unangenehme Nachricht, auf die man freilich gefaßt sein mußte: 10 000 Ungarn hatten das Regiment Kreytzen in Budweis und das Pionierregiment in Labor gefangen genommen.1 So verlor man 3 000 Mann, um 300 Kranke zu retten. Den König gereute es längst, die beiden Regimenter gewissermaßen preisgegeben zu haben. Er hatte dem Kommandanten von Budweis, General Kreytzen, durch acht verschiedene Boten den Befehl übersandt, die Stadt zu räumen und der Armee zu folgen, aber keiner dieser Befehle hatte ihn erreicht. Budweis ergab sich nach achttägiger Belagerung, nachdem aller Vorrat, den man dort zurückgelassen hatte, verzehrt war. Tabor wurde mit offenem Laufgraben angegriffen und nach viertägiger Belagerung durch eine in die Mauer gelegte Bresche gestürmt. Frauenberg ergab sich2, weil die Österreicher die einzige Wasserleitung der Stadt abgeschnitten hatten. Da die Lebensmittel der Armee auszugehen drohten, so wurde Winterfeldt mit einigen Bataillonen und einem Husarenregiment detachiert, um das Magazin von Leitmeritz nach Prag zu schaffen. Als aber die obenerwähnte Avantgarde des Prinzen von Lothringen merkte, daß die Preußen ihr bei Beneschau zuvorgekommen waren, zog sie sich nach Neweklau und von da nach Marschowitz zurück, wo sie sich mit der österreichisch-sächsischen Hauptarmee vereinigte.

Der König war über diese Nachricht hocherfreut. Nun schien ihm der Augenblick gekommen, den bei Tabor und Budweils erlittenen Schimpf zu rächen. Am 24. Oktober nachmittags ließ er die Armee in acht Kolonnen gegen den Feind vorrücken, auf einem Wege, den wohl nie ein Heer betreten hat. Gegen Abend langte er auf einer Höhe, nur eine Viertelmeile vom österreichischen Lager entfernt an. Die Preußen besetzten sie und blieben die ganze Nacht dort stehen. Am nächsten Morgen bei Tagesanbruch ritt der König mit den hohen Offizieren auf Rekognoszierung. Es ergab sich, daß der Feind sein Lager gewechselt hatte und sich jetzt dem rechten preußischen Flügel gegenüber auf einer steilen Anhöhe befand. Davor zog sich, beide Heere trennend, ein Morast hin, den ein sumpfiger Bach durchfloß. Von dieser Seite war der Feind unangreifbar. Man stellte ein paar Grenadierbataillone in ein dichtes Gehölz, von wo man den rechten Flügel des Feindes sehen konnte, fand ihn aber


1 Am 22. und 23. Oktober.

2 23. Oktober.