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19. An Voltaire
(12. Juni 1740)

Nicht vom Remusberge mehr,
Wo ein stiller, holder Frieden
Meinem Fleiße war beschieden,
Rührt dies Versgestammel her;
Denn der König und der Dichter
Sind in diesem Augenblick
Eines nur: mein herb Geschick
Hebt mich auf die Höhe jetzt,
Wo der Herrscher ward zum Richter
Über Hader und Verbrechen
Von den Völkern eingesetzt,
Streng des Frevlers Schuld zu rächen
Und den armen Menschenkindern
Alle Sorg' und Not zu lindern.
Meinem Volk, an dem ich hänge,
Diesem Gotte will ich dienen.
Lebt denn wohl, ihr heitren Klänge,
Verse, Flöte, fort mit ihnen!
Alle Kurzweil, selbst Voltaire,
Sei verbannt: die Pflicht allein
Soll mein Gott, mein höchster, sein!
Ach wie drückt die Krone schwer!
Welche Mühsal, Sorg' und Pein!
Doch geschah dem Gott genug,
Eil' ich, mein Voltaire, im Flug
Wiederum an Deine Brust:
Du getreuer Freund, Du mußt
Dann den Jünger unterrichten
In den hehren Königspfiichten.