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54. An d'Argens
Nach Erscheinen des Nachdrucks der „Œuvres du philososophe de Sanssouci“ in Frankreich1
(März 1760)

Die Frucht meines Dichtens ist herbe!
Ich weiß nicht, durch welche Niedertracht
Ein Schuft vom Gewerbe,
Ein Dieb meine Verse herausgebracht!
Mnemosynes Töchter Hab' ich verehrt;
Klio hat mir ihre Gunst gewährt,
Auch war ich immer des Ruhmes froh —
Doch ein Poet nur inkognito.

Nie mocht' ich als Dichter mich ausposaunen,
Mich sollten nicht Hinz und Kunz bestaunen.
Meine Verse wollt' ich zur Schau nicht stellen
Dem Pöbel, der auf der Lebensbahn
Blöd einhertrollt; mich plagt nicht der Wahn,
Seinen kargen Verstand zu erhellen
Mit der Leuchte der Philosophie.
Was fängt er mit Versen an,
Die zum Zauber der Phantasie
Witz und Verstand gesellen?
Er ist verdammt zur Dumpfheit;
Ich laß ihn in seiner Stumpfheit:
Der Irrtum — das ist sein Gott!
Die überhäuft er mit Spott,
Die ihm die Wahrheit zeigen.


1 Vgl. Bd. IX, S. VII. Der Anfang des Gedichts ist fortgelassen.