<119>Natur, die jedem leichte Gunst gewährt,
Geizt doch mit Gaben, die von höherm Wert.
Wohl siegte am Gramkos, wie wir wissen,
Des Staatsmanns Einsicht und des Feldherrn Kunst,1
Cäsar gewann in Rom die Oberhand,
Weil Mut und Klugheit sich in ihm verband.
Auch Mohammed steigt aus der Zeiten Dunst
Und Wasa, gleichen Heldentums beflissen.
Doch aus Jahrtausenden, die hingegangen,
Mit all den großen Taten, die sie künden —
Wie wenig Namen konnten Ruhm erlangen,
Weil selten sich Verdienst und Glück verbünden!

Wer sieht ihn nicht, den ungeheuren Schwall
Von Namenlosen, Narren, Idioten,
Die dumm und faul, nie einen Wert geboten
Und doch zu Ansehn kamen überall,
Und die, verblendet von dem eignen Prunk,
Frech und voll Dünkel jede Huldigung
Der Unterdrückten sich gefallen lassen,
Indessen Klügre nirgends Boden fassen!

So, Schwester, ist die Welt des Zufalls Reich.
Er straft und segnet. Einem Dämon gleich
Vorsehung spielt er, und wir müssen's tragen.
Nicht soll es jene blinde Kraft besagen,
Die launisch, ohne Wahl und Plan, im trüben
Bereich des Zaubers Heidengötter üben.
Doch Zufall nennt sich das geheime Spiel,
Von Ursachen, das im Verborgnen waltet,
Nie oder doch zu spät sich uns entfaltet
Und irrführt, bis man ihm zum Opfer fiel.

Der Philosoph weiß: Aus dem Mutterschoß
Der Ursachen ringt jede Tat sich los,
Und erst, wenn das Ereignis sich vollzogen,
Wird Grund und Folge streng von ihm erwogen.
Der aufgeblasne Staatsmann glaubt, sein Licht


1 Alexander der Große besiegte 334 v. Chr. die Perser am Granilos.