<114>Therese fühlt sich vom Erfolg gehoben
Und will die Fülle ihrer Macht erproben:
In ihren Ländern regt sich's sonderbar,
Östreich gebiert Soldaten, Schar auf Schar,
Und Böhmen, von des Feldzugs blutigen Spuren
Noch rot, sieht neues Kriegsvolk auf den Fluren.
Not folgt dem Schreck, der durch die Lande jagt,
Der Friede stirbt, und das Gesetz versagt.
Für Mord und Totschlag ist die Zeit geschaffen,
Das Feld liegt brach, das Volk sieht unter Waffen.

Und jener Geist, der alle Schlachten lenkt,
Er, der des Todes Sense hebt und senkt,
Der uns verderben kann und Siege bahnen,
Gab eine schwanke Stütze unsern Fahnen.
Er straft die Tapferkeit durch Überzahl:
Der Feind, den wir besiegt so manches Mal,
Besetzt die schroffen Höhn mit seinen Rotten
Und wagt es, unsrer tapfern Wehr zu spotten.
Was jemals Heldensinn und Todesmut
Vermocht hat, reizte das Soldatenblut
In meinem Heer. Nie war ein Kampf verwegner!
Der Sturm gelingt, schon weichen unsre Gegner,
Doch fehlt der Nachschub, der zu Hilfe stiegt —
Der Feind erholt sich, seine Masse siegte!1

Man glaubte, Preußen stürb' an dieser Wunde,
Und prophezeite schon die Todesstunde.
Die Fürsien, die bis zu dem schlimmen Streich
Dem Kampf noch müßig zusahn, wurden gleich
Von schändlicher Begehrlichkeit geblendet
Und haben rasch dem Feind sich zugewendet,
Mit ihm zu teilen unsre arme Haut.

Selbst die sich nah dem Nordpol angebaut,
Die einst um Kriegsruhm heldenhaft geworben
Doch jetzt vom käuflichen Senat verdorben:
Die Schweden sieht man schon gerüstet siehn,
Um nun bei uns auf Beute auszugehn.


1 Schlacht bei Kolin, 18. Juni 1757 (vgl. Bd. III, S. 78 ff.).