Januar 1775.

A.

1. Januar 1775

Der König in Berlin, besucht die Prinzessin Amalie, alsdann bei der Königin zur Tafel, so auch den 4ten und 8ten.

Der König läßt mehrere Tausend Thaler für die Armen auszahlen.

<111>

5. Januar 1775

Der König schickt Voltaire'n dessen Büste, welche in der Berliner Porzellanmanufaktur verfertigt worden.

6. Januar 1775

Der König an d'Alembert :

- etc. - "Ich gratulire den Franzosen, daß sie mit ihrem König (Ludwig XVI) zufrieden sein können; ich wünsche ihnen immer dergleichen. Der Posten, den dieser Fürst bekleidet, ist mißlich; er hat mit Tausenden von Menschen zu thun, welche die Absicht haben, ihn zu betriegen und ihn zu verführen, entwischt er auch diesen, so hält es doch schwer, nicht den andern in die Hände zu fallen. Doch wenn bei den Fürsten das Herz gut, und die Absichten gerecht sind; so muß man gegen sie mehr Nachsicht haben, als gegen andere Menschen, die den Fallstricken minder bloß gestellt sind, und sie daher leichter vermeiden können.

Sie sollen das verlangte Bildniß 111-+ erhalten, welches gewiß nicht der Mühe werth ist, Ihnen geschickt zu werden, und dessen ganzer Werth in der Materie besteht. etc."

11. Januar 1775

Der König besucht die Prinzessin Amalie und besieht nachher die Porzellanfabrik.

18. Januar 1775

Bei der Geburtstagsfeier des Prinzen Heinrich (bei der Königin), wo vom goldenen Service gespeist wird.

23. Januar 1775

Der König nach Potsdam.

24. Januar 1775

Das Geburtsfest des Königs wird in Berlin bei der Königin gefeiert.

27. Januar 1775

Der König an Voltaire:

- etc. - "Sie haben Recht, wenn Sie die praktische<112> Geometrie der höheren vorziehen. Jene ist nützlich und nothwendig diese aber ein bloßer Luxus des Geistes. Indessen machen doch ihre Abstractionen dem menschlichen Verstande Ehre. Wie es scheint, befreien sich die Genies, die sich mit ihr beschäftigen, so sehr sie nur können, von der Materie, und schwingen sich in eine Region auf, die außer dem Gebiet unserer Sinne liegt. Ich ehre das Genie, welche Bahnen es sich auch brechen mag; und obgleich ein Geometer ein Weiser ist, dessen Sprache ich nicht verstehe, so beklage ich mich doch nur über meine Unwissenheit, und achte ihn um nichts weniger, etc."

B.

3. Januar 1775

Stirbt in Berlin der Director der Deutschen Schauspielergesellschaft Heinrich Gottfried Koch, 71 Jahr alt.

25. Januar 1775

Stirbt der berühmte Hofkupferstecher George Friedrich Schmidt. Er war 1712 an demselben Tage in Berlin geboren worden.

Februar.

A.

Februar 1775

Der König in Potsdam

22. Februar 1775

Der König an d'Alembert :

- etc. - "Wir haben hier den Herzog von Lauzun und den Baron Montmorency-Laval aus der ältesten freiherrlichen Familie in ganz Europa gehabt. Solche Lichter kommen bisweilen, unsere dicke Deutsche Finsterniß zu erleuchten; aber sie eilen schnell, wie Kometen, vorbei. etc." Der Fürst Kurakin, Oberst-Lieutenant, und Fürst Apraxin,

?? Februar 1775

Capitain, beide in der Kaiserl. Russischen Garde, beim König in Potsdam.

B.

21. Februar 1775

Stirbt in Berlin der Oberst-Lieutenant Heinrich von Beville, 90 Jahr alt.

28. Februar 1775

Stirbt in Berlin der Banquier Johann Jacob Schickler, 64 Jahr alt.

<113>

März.

A.

März 1775

Der König in Potsdam, an Voltaire :

-etc.- "Die Polnischen Dialogen 113-+, deren Sie erwähnen, kenne ich nicht. Ich denke über die Satyren, wie Epictet: "Sagt man Böses von Dir, und es ist wahr, so bessere Dich; sind es Lügen, so lache darüber." Ich bin mit der Zeit ein gutes Postpferd geworden, lege meine Station zurück und bekümmere mich nicht um die Bullenbeißer, die auf der Landstraße bellen. Noch weniger werde ich meine Armseligkeiten drucken lassen. Ich mache nur zum Zeitvertreibe Verse. Man muß ein Boileau, Racine oder Voltaire sein, wenn man seine Werke auf die Nachwelt bringen will; und die Talente dieser Männer habe ich nicht. Was man von meinen Kleinigkeiten gedruckt hat, würde mit meiner Bewilligung nie zum Vorschein gekommen sein. Man stahl mir meine Manuskripte zu einer Zeit, da es Mode war, an mir zu zerren, und ließ sie gerade in dem Augenblicke drucken, wo sie mir hätten schädlich sein können. Erholung und Zeitvertreib durch litterarische Arbeiten sind erlaubt; aber man muß dem Publikum nicht mit seinen Albernheiten lästig fallen. etc."

9. März 1775

Der am 6ten aus Petersburg in Berlin angekommene Russische General-Feldzeugmeister, Reichsfürst von Orlow in Potsdam, wo ihn der König durch den Oberst von Görtz becomplimentiren und dann nebst dem in seinem Gefolge befindlichen General-Lieutenant von Bauer, Senator von Wolkow und anderen Offiziere, um 11 Uhr in Hofequipagen<114> zur Audienz nach dem Schlosse abholen laßt. Mittags speiste der Fürst beim König und die Personen seines Gefolges bei dem Prinzen von Preußen. Nachmittags fuhr der Fürst und sein Gefolge in Begleitung des Obersten von Görtz nach Sanssouci, wo sie die Gallerie und das neue Palais besahen. Des andern Tages kehrte der Fürst mit den übrigen Russischen Offizieren nach Berlin zurück, von wo er nach einigen Tagen über Wien nach Italien reiste.

12. März 1775

Der Prinz Friedrich von Braunschweig und der Prinz Peter von Holstein-Gottorp zum König nach Potsdam, desgl. der Minister von Finkenstein mit dem Sardinischen Gesandten Marquis Griselli.

23. März 1775

Der König unterzeichnet das General-Privilegium des Schauspielunternehmers Döbbelin.

26. März 1775

Der König an Voltaire :

- etc. - "Ich habe mir endlich die sieben Dialogen (siehe oben) verschafft, und weiß ihre Geschichte aus dem Grunde. Der Verfasser dieser Schrift ist ein Engländer, Namens Lindsey, ein Theologe von Profession und Hofmeister bei dem jungen Prinzen Poniatowsky, dem Neffen des Königs von Polen. Er schrieb seine Satyre auf Anstiften der Czartorisky's, der Oheime des Königs, und zwar Englisch. Als sie fertig war, dachte man erst daran, daß Niemand in Polen sie verstehen könne, wenn sie nicht ins Französische übersetzt würde. Dies geschah denn auch sogleich; aber da der Uebersetzer nicht der beste sein mochte; so schickte man die Dialogen nach Danzig an einen gewissen Gerard, der damals Französischer Cousul in Danzig war, und jetzt im Departement der auswärtigen Angelegenheiten unter Herrn von Vergennes steht. Dieser Gerard nun, dem es nicht an Witz fehlt, der mir aber die Ehre erzeigt, mich von ganzem Herzen zu hassen, hat sie durchgesehen und ihnen die Gestalt gegeben, in der sie zum Vorschein gekommen sind. Ich habe sehr dabei gelacht. Hin und wieder sind Grobheiten und<115> Plattitüden darin, aber auch wirklich witzige Einfälle. Uebrigens werde ich mich mit diesem Sykophanten in kein Federgefecht einlassen, man muß sich nach dem richten, was der Kardinal Mazarin sagte: "Mögen doch die Franzosen singen, wenn sie uns nur schalten lassen." etc. Das Portrait 115-+, das Sie verlangt haben, und mit dem ein Zimmer sich eher entstellen als verschönern läßt, werden Sie durch Michelet erhalten. etc."

Der Sardinische Gesandte von Rossignan, der Minister von Finkenstein und der Prinz Ferdinand beim König in Potsdam.

April.

A.

April 1775

Der König in Potsdam und Sanssouci.

13. April 1775

Kabinetsordre des Königs, darin befohlen wird, da in Bromberg jährlich 4 Jahrmärkte, die der Messe nahe kommen, gehalten weiden sollen.

?? April 1775

Der Fürst-Bischof von Ermeland von Krasicki, der Russische Fürst Dolgorucky, der Minister von Görne beim König in Potsdam, an verschiedenen Tagen.

Mai.

A.

Mai 1775

Der König in Potsdam (Sanssouci).

6. Mai 1775

Nach Charlottenburg und Berlin, wo er einige Regimenter mustert, die Prinzessin Amalie besucht und nach Charlottenburg zurückkehrt.

7. Mai 1775

Von Charlottenburg nach Berlin; nachdem der König hier die übrigen Regimenter besehen, kehrt er nach Potsdam zurück.

Der König an d'Alembert :

"Die Ihnen überschickte Büste haben Sie richtig errathen.<116> Das Verdienst dieses Stücks ist die Ähnlichkeit; es ist Voltaire selbst; nichts fehlt ihm als die Sprache. Gerade also das Beste, werden Sie sagen: allein Porzellan und Bildhauerkunst erreichen diese Vollkommenheit nicht. Will man das Ganze beisammen haben, so muß man die Büste ansehen und die Henriade dazu lesen. etc. Ich vermuthe, daß Sie die Lobeserhebungen für Scherz halten werden, die ich Ihnen von den Herren 116-+ gemacht habe, welche es nicht verschmähten, unsern ländlichen Heerd zu besuchen. Es sind wahre Christoph Columbe, welche die Hereynischen Wälder haben durchstreichen wollen, um die Wilden zu untersuchen, welche die Küsten des Baltischen Meeres bewohnen. Sie waren erstaunt, uns auf unsern zwei Hinterfüßen gehen zu sehen. etc."

19. Mai 1775

Der König nach Spandau, hält daselbst Revue, dann nach Charlottenburg.

20. Mai 1775

Der König nach Berlin, wo er (bis den 23sten) große Revue hält, und die Prinzessin Amalie in ihrem Palais unter den Linden besucht.

21. Mai 1775

Beim Könige Mittags große Cour, wo ihm unter andern der Herzog Hamilton, der Lord Forbescüe und der Dr. Moore 116-+, sämmtlich aus England, vorgestellt werden. Sie waren vorher schon in Potsdam gewesen, und der Dr. Moore erzählt, daß er hier mit großer Verwunderung gesehen, wie der König selbst, mit gezogenem Degen, die Truppen beim Manövriren Stunden lang commandirt habe. Das Londoner Political-Magazin vom Novbr. 1786, S. 379, theilt<117> Verschiedenes aus der Unterhaltung des Königs mit dem Herzog und Moore, die hauptsächlich die Engl. Staatsverfassung und den damaligen Amerikanischen Krieg betraf, mit.

23. Mai 1775

Der König nach Potsdam.

26. Mai 1775

Nach Cörbelitz und Pitzpuhl (bei Magedburg) zur Revue.

28. Mai 1775

Durch Magdeburg nach Salzthal.

29. Mai 1775

In Potsdam.

31. Mai 1775

Ueber Cüstrin nach Stargard zur Revue.

B.

13. Mai 1775

Stirbt in Potsdam der Oberst Quintus Icilius (s. oben Theil II. Seite 73), 51 Jahr alt.

15. Mai 1775

Stirbt in Berlin der General-Lieut. Hans Friedrich von Krusemark, Chef des Regiments Gensd'armes, 55 Jahr alt.

16. Mai 1775

Stirbt in Berlin der aus der Geschichte des Pr. Münzwesens zur Zeit des siebenjährigen Krieges wohl bekannte Hofjuwelier und Banquier Veitel Ephraim, 72 Jahr alt.

18. Mai 1775

Stirbt der Minister Reichsgraf Johann Gotthard von Schafgotsch, 62 Jahr alt.

22. Mai 1775

Der Geheime-Rath von Brenkenhof nimmt im Namen des Königs in Inowracklaw die Huldigung der Einwohner des Netzedistrikts an.

24. Mai 1775

Abschluß eines Conventions-Zolltarifs zwischen Preußen und Polen.

In Berlin waren angekommen : der Russische Fürst Galliezin aus Paris, der Kaiserl. Gesandte am Schwedischen Hofe Graf Kaunitz-Rittberg und der für den Dänischen Hof bestimmte Gesandte Graf von Cobenzl aus Wien, der Kaiserl. General-Major Graf Kaunitz aus Rittberg, der Erbprinz von Braunschweig etc.

Juni.

A.

3. Juni 1775

Der König kommt in Stargard an.

<118>

6. Juni 1775

Der König reist von Stargard ab.

7. Juni 1775

In Marienwerder.

8. Juni 1775

Besah der König zu Fuß die Stadt.

9. Juni 1775

Früh um 6 Uhr nach Mockerau.

9. Juni 1775 bis 11. Juni 1775

In Graudenz (Mockerau).

14. Juni 1775

In Potsdam (Sanssouci).

16. Juni 1775

Die sämmtlichen Minister aus Berlin zum König nach Potsdam.

17. Juni 1775

Der König an Voltaire :

"Ich habe in vier Wochen fünfhundert Französische Meilen gemacht, und damit müssen Sie mich entschuldigen, daß ich mit den Antworten zurückgeblieben bin. etc. Das Portrait 118-+, das Sie bekommen haben, ist von der Mad. Therbusch 118-++. Um ihren Pinsel nicht zu entehren, hat sie mein verzerrtes Gesicht wieder mit der Grazie der Jugend aufgeschmückt. Sie wissen, daß man nur etwas sein darf, um keinen Mangel an Schmeichlern zu haben. etc."

19. Juni 1775

Der König an d'Alembert:

- etc.- "Ich habe hier einen Herrn von Laval-Montmorenci und einen Herrn Clermont Gallerande gesehen, die mir sehr liebenswürdige, bescheidene junge Leute, ohne Geckerei, schienen. Sie sind mit mir in dem Lande gewesen, welches ich unser Canada nenne: Westpreußen. Ich denke, daß sie nach ihrer Zurückkunft den Parisern eine schöne Beschreibung davon machen werden. Schneider und Schuster sind Virtuosen, die in diesem Lande eifrig gesucht werden, weil es daran fehlt. Ich errichte jetzt hundert und achtzig theils protestantische, theils katholische Schulen, und betrachte mich als den Lykurg und Solon dieser Barbaren. Denken Sie, was das heißt; in diesem unglücklichen Lande<119> kennt man das Recht des Eigenthums nicht, statt aller Gesetze unterdrückt der Stärkere ungestraft den Schwächern; allein das hat ein Ende, und für die Zukunft wird man gute Maaßregeln dagegen nehmen. - Nur durch ziemlich lange Zeit und durch eine bessere Erziehung der Jugend wird man es dahin dringen, diese Irokesen gesittet zu machen. Jetzt, da ein Theil meiner Reisen geendigt ist, werfe ich mich wider ganz in die Wissenschaften, die einzige wahre Nahrung des Geistes und die einzige würdige Vergnügung der Weisen, die einige Ansprüche auf Vernunft machen, denn im Grunde scheint mir's, daß wir nur sehr wenig davon haben. etc."

Die Generale von Krockow, von Prittwitz, von Buddenbrock, der Prinz Friedrich von Braunschweig und der Minister von Finkenstein beim König, an verschiedenen Tagen.

In diesem Monat überarbeitete der Konig sein Werk : "Geschichte meiner Zeit" (s. des Königs Brief an Voltaire vom 12. Juli).

B.

23. Juni 1775

Stirbt der Baron von Pöllnitz, 83 Jahr alt.

Juli.

A.

Juli 1775

Der König in Potsdam und in Sanssouci.

10. Juli 1775

Die Prinzessin Amalie und die Gemalin des Prinzen Ferdinand zum König nach Potsdam (Sanssouci), wohin sich auch der König begeben hatte.

11. Juli 1775

Der Prinz Friedrich von Braunschweig mit Gemalin, der Prinz Ferdinand, Bruder des Königs, die regierende Landgräfin von Hessen-Kassel, der Prinz Friedrich Ludwig von Würtemberg, die Gemalin des Herzogs Eugen von Nürtemberg (Tochter des Markgrafen Friedrich Wilhelm<120> von Brandenburg-Schwedt) zum König nach Sanssouci. Hier wurden große Feste veranstaltet, und zu den zu gebenden Opern war der berühmte Schauspieler Le Kain aus Paris angelangt. Zu gleicher Zeit befanden sich auch in Potsdam die Generale von Prittwitz, von Lentulus etc., der Abt Bastiani, der Herzog Hamilton mit dem Dr. Moore aus England etc., welche alle an den Festen Theil nahmen, so wie der Prinz und die Prinzessin von Preußen, welche bekanntlich stets in Potsdam wohnten. Die Königin, die verwittwete Prinzessin von Preußen und die Gemalin des Prinzen Heinrich blieben in Berlin.

12. Juli 1775

Der König an Voltaire: "Sie glauben also, mein lieber Patriarch, ich habe immer den Degen gezogen? und doch fand mich Ihr Brief mit der Feder in der Hand, weil ich damit beschäftigt bin, gewisse alte historische Nachrichten 120-+ zu verbessern, die Sie ehemals, wie Sie Sich vielleicht noch erinnern, sehr incorrect gesehen haben. Ich lecke meine Jungen, um ihre Gestalt zu vollenden. Dreißig Jahre später ist es noch schwerer, sich zu befriedigen. Obgleich dies Werk dazu bestimmt ist, auf immer in irgend einem staubichten Archiv begraben zu bleiben, so wollte ich denn doch nicht gern, daß es schlecht geschrieben wäre. etc.

Wie mich dünkt, macht die Vernunft in Deutschland weit schnellere Fortschritte, als in Frankreich. Der Grund hiervon scheint mir darin zu liegen, daß die vielen einzelnen katholischen Geistlichen und Bischöfe in Deutschland sich nach und nach ihrer abergläubischen Gebräuche schämen. In Frankreich hingegen macht die Geistlichkeit ein besonderes Corps im Staate aus, und jede große Gesellschaft bleibt ja bei den alten Gebräuchen, selbst wenn sie einsieht, wie schädlich sie sind. etc.

<121>

Ich habe das ganze Haus voll Nichten und Neffen, und muß ihnen Schauspiele geben, damit ich sie für die Langeweile entschädige, die ihnen die Gesellschaft eines alten Mannes vielleicht verursacht. Man muß sich Gerechtigkeit widerfahren lassen, und sich der Jugend erträglich zu machen suchen. etc."

15. Juli 1775

Im neuen Schloß in Sanssouci Trauerspiel : Oedip (v. Voltaire).

16. Juli 1775

Trauerspiel: Mahomet (von Voltaire).

18. Juli 1775

Oper: Parthenope.

19. Juli 1775

Trauerspiel: Zaire von Voltaire.

20. Juli 1775

Oper : Parthenope.

21. Juli 1775

Oedip.

22. Juli 1775

Große Tafel in Sanssouci und Abreise der fremden Herrschaften.

24. Juli 1775

Der König an Voltaire:

- etc. - "Le Kain 121-+ hat den Oedip, den Mahomet und den Orosman gespielt. Dieser Schauspieler ist sehr geschickt etc., aber soll ich Ihnen aufrichtig sagen, was für Eindruck er auf mich gemacht hat? Ich wünschte, er übertriebe etwas weniger, dann, dünkt mich, würde er vollkommen sein. etc. Ich sehe bei diesem Urtheil auf die Natur, und nicht auf das, was vielleicht in Frankreich gebräuchlich sein mag, indeß habe ich mich weder im Oedip, noch in der Zaire der Thränen enthalten können, etc. O, wie nützlich sind doch die schönen Wissenschaften für die Menschheit! sie geben Erholung nach den Arbeiten des Tages, zerstreuen auf eine angenehme Art die politischen Dünste, die den Kopf einnehmen, machen den Geist milder, geben sogar dem weiblichen Geschlechte Vergnügen, trösten die Betrübten und sind endlich die einzigen<122> noch übrigen Freunde für den der sich schon unter der Last des Alters krümmt, und sich dann glücklich schätzt, daß er ihnen in seiner Jugend Geschmack abgewonne hat.

Meine Landsleute haben den Ehrgeiz, daß sie nun auch ihrerseits des Vortheils, den die schönen Künste gewähren, genießen wollen, und geben sich Mühe, Athen, Rom, Florenz und Paris zu erreichen. So sehr ich auch mein Vaterland liebe, so kann ich doch bis jetzt nicht sagen, daß es ihnen damit gelingt. Es fehlt ihnen an zwei Stücken: an einer guten Sprache und an Geschmack. Das Deutsche ist zu weitschweifig, und in guten Gesellschaften spricht man Französisch. Einige Magisterchen und Professoren sind nicht im Stande, der Sprache die Feinheit und die leichten Wendungen zu geben, die sie nur im Umgange der großen Welt erhalten kann. Dazu kommt noch die Verschiedenheit der Dialekte. Jede Provinz hat ihren eigenen, und es ist noch nicht ausgemacht, welcher den Vorzug verdient.

Besonders aber fehlt es den Deutschen an Geschmack. Sie können bis jetzt die Schriftsteller aus dem Jahrhumdert des Augustus noch nicht Nachahmen, und machen eine fehlerhafte Mischung von dem Römischen, Englischen, Französischen und ihrem eigenen Nationalgeschmack. Es fehlt ihnen noch an der feinen Unterscheidungskraft, die alle Schönheiten auffaßt, welche sie nur findet, um das Mittelmäßige von dem Vollkommenen, das Edle von dem Erhabenen zu unterscheiden und jedes an den schicklichsten Platz anzubringen weiß. Ob sie gleich viele R in ihrer Sprache haben, so halten sie ihre Verse doch für harmonisch; und gewöhnlich sind diese nichts als ein Galimatias von hochtrabenden Worten. In der Geschichte würden sie ja nicht den kleinsten Umstand auslassen, wenn er auch völlig unnütz wäre.

Die besten Werke haben sie noch im Fache des Staatsrechts. Mit der Philosophie giebt sich seit Leibnitzen's Genie und Wolf's dicker Monade Niemand mehr ab. Sie<123> glauben in der dramatischen Kunst Glück zu machen; aber bis jetzt ist noch kein Meisterstück zum Vorschein gekommen. Deutschland ist jetzt in diesem Fache gerade so weit, als Frankreich unter der Regierung Franz I 123-+. Der Geschmack an den Wissenschaften fängt an sich zu verbreiten, und man muß, nun erwarten, daß die Natur wahre Genies hervorbringen werde, wie unter Richelieu's und Mazarin's Ministerium 123-+. Der Boden, der einen Leibnitz hervorgebracht bat, kann auch wohl mehr seiner Art liefern. Ich werde die schönen Tage meines Vaterlandes nicht erleben; indeß sehe ich voraus, daß sie möglich sind. etc. 123-++.

?? Juli 1775

Der Englische Lord Dalrymple beim König.

29. Juli 1775

An diesem Tage erschoß sich in Sanssouci der Kammerhussar des Königs, Deesen (s. Moore's Abriß des gesellschaftlichen, Lebens etc. Seite 389, 390) und Nicolai's Anekdoten Heft, 2. Seite 218), weil ihn der König gewisser Vergehen wegen entlassen und zum Trommelschläger beim Regiment Garde machen wollte.

<124>

August.

A.

August 1775

Der König in Potsdam (Sanssouci).

5. August 1775

Der König an d'Alembert :

- etc. - "Ein Lord mit sonderbarem Namen (Dalrymple), aber liebenswürdigem Geist, hat mir Ihren Brief zugestellt. etc. - Ich habe Le Kain spielen sehen und seine Kunst bewundert. Dieser Mann würde der Roscius unsers Jahrhunderts sein, wenn er weniger übertriebe. Ich mag unsere Leidenschaften gern so vorstellen sehen, wie sie wirklich sind; dieses Schauspiel bewegt das Innere des Herzens, sobald aber die Kunst die Natur erstickt, so bin ich kalt. Ich wette, Sie denken: "so sind die Deutschen! sie haben bloß schwach angedeutete Leidenschaften; starke Ausdrücke sind ihnen zuwider, weil sie die niemals empfinden." Das kann sein; ich will mich nicht zum Lobredner meiner Landsleute aufwerfen. Auch ist es wahr, sie reißen keine Mühlen um und verderben keine Saat, wenn sie über Korntheuerung klagen; sie haben bis jetzt weder Sanct Bartholomäus-Nächte, noch rebellische Bürgerkriege ausgeübt. Indeß da die Welt nach und nach immer aufgeklärter wird, so hoffen unsere schönen Geister, daß alles dies mit der Zeit wohl kommen wird, zumal wenn die Welschen (die Franzosen) uns die Ehre erzeigen wollen, ihren Geist gegen den unsrigen zu reiben. etc."

13. August 1775

Der König an Voltaire :

- etc. - "Ich für mein Theil suche bloß in meinem Vaterlande zu verhindern, daß der Mächtige den Schwachen nicht unterdrücke, und bisweilen Sentenzen zu mildern, die mir zu streng scheinen. Dies ist zum Theil meine Beschäftigung, wenn ich die Provinzen durchreife. Jedermann hat Zutritt zu mir; alle Klagen werden entweder von mir selbst oder von Andern untersucht, und ich bin dadurch Personen nützlich, deren Existenz ich nicht einmal kannte, ehe ich ihre<125> Bittschrift erhielt. Diese Revision macht die Richter aufmerksam und verhütet zu harte und strenge Prozeduren. etc."

16. August 1775

Der König geht nach Schlesien zur Revue mit dem gewöhnlichen Gefolge und den beiden Prinzen von Würtemberg Friedrich und Ludwig.

18. August 1775

In Schweidnitz.

26. August 1775

Der König kommt aus Neisse in Breslau an.

29. August 1775

Besucht der König den Fürsten Hatzfeld.

30. August 1775

Der König nach dem Hauptquartier Puschwitz. Der Oestreich. Gesandte von Switen, der Minister von Finkenstein, die beiden Prinzen von Würtemberg und die Generale von Buddenbrock und von Prittwitz waren an verschiedenen Tagen in Potsdam beim König.

September.

A.

1. September 1775

Der König im Hauptquartier Puschwiß bei Breslau, wo bis den 3ten Kriegsübungen Statt finden.

3. September 1775

Abreise des Königs von Puschwitz.

4. September 1775

Ankunft in Potsdam (Sanssouci).

8. September 1775

Der König an Voltaire :

- etc. - "Sie behaupten mit Recht, daß unsere guten Deutschen erst die Morgenröthe ihrer Kenntnisse haben. Die schönen Wissenschaften stehen jetzt bei ihnen auf eben dem Punkt, wo sie in Frankreich unter Franz I standen. Man liebt sie, sucht sie auf, und sie werden von Fremden zu uns hin verpflanzt, aber der Boden ist noch nicht hinlänglich vorbereitet, daß er sie selber hervorbringen konnte. Der dreißigjährige Krieg ist für Deutschland schädlicher gewesen, als man auswärts glaubt. Man mußte mit dem Ackerbau anfangen, dann zu Manufakturen, und endlich zu einem kleinen Handel fortgehen. So wie diese festen Fuß gewinnen, entsteht Wohlstand, und auf den folgt Ueberfluß, ohne welchen die Künste nicht gedeihen können. Die Musen verlangen,<126> daß der Fuß des Parnasses von dem Pactolus benetzt werden soll. Erst muß man etwas zu leben haben, ehe man sich unterrichten und frei denken kann. Athen that es in den Wissenschaften und schönen Künsten den Spartanern zuvor.

Deutschland wird nicht eher Geschmack bekommen, als bis man die klassischen Schriftsteller der Griechen, Römer und Franzosen mit Nachdenken studirt. Dann werden zwei oder drei gute Köpfe die Sprache bestimmen, sie weniger barbarisch machen und die Meisterstücke der Fremden in ihrem Lande naturalisiren.

Ich für mein Theil werde, da meine Laufbahn zu Ende geht, diese glückliche Zeit nicht erleben. Gern hatte ich zu ihrem ersten Entstehen etwas beigetragen; aber was hat ein Geschöpf thun können, das zwei Drittel seines Lebens hindurch von unaufhörlichen Kriegen geplagt ward, oder die Uebel, die sie verursacht hatten, wieder gut machen mußte, und überdies zu einem so großen Unternehmen viel zu geringe Talente besitzt."

11. September 1775

12. September 1775

Der König auf dem Gesundbrunnen bei Berlin, bei dem Artilleriemanövre, wo er auch das Nachtlager hielt.

12. September 1775

Auf dem Wedding bei Berlin, dann nach der Stadt, wo er die Prinzessin Amalie besucht, und nachher nach Potsdam.

17. September 1775

Der Domherr Cornelius Pauw aus Tanten 126-+, welchen<127> der König zum Gesellschafter zu sich berufen, kommt in Potsdam an.

20. September 1775 bis 23. September 1775

Kriegsübungen bei Potsdam.

Die Generale von Apenberg, von Lossow, von Haak, von Lölhöfel, von Alvensleben und von Düringshofen an verschiedenen Tagen beim König in Potsdam.

Oktober.

A.

Oktober 1775

Der König in Potsdam (Sanssouci).

20. Oktober 1775

Kabinetsordre des Königs an den Minister von Zedlitz wegen Errichtung einer Ecole de Génie.

22. Oktober 1775

Der König an Voltaire :

"Das Podagra hat mich vier Wochen lang gebunden und geknebelt; ich habe es, wohl zu merken, in beiden Füßen, in beiden Knieen, in beiden Händen, und aus übergroßer Güte auch im Ellbogen gehabt. Gegenwärtig haben die Schmerzen und das Fieber nachgelassen, und ich fühle nur noch eine große Erschöpfung. Während dieser Krankheit habe ich zwei reizende Briefe aus Ferney bekommen, aber wären sie auch von dem Demiurgos gewesen, so hätte ich doch eine Antwort darauf nicht einmal diktiren können. etc. Ich warte darauf, daß meine Kräfte und meine Gedanken sich wieder einstellen sollen, um Ihnen weniger lakonisch zu schreiben. etc."

23. Oktober 1775

Der König an d'Alembert :

"Posidonius mag sagen, was er will, die Gicht ist dennoch ein sehr wesentliches Uebel. Vier Wochen lang hat<128> mir diese verwünschte Gicht alle meine Glieder gelähmt und mich gehindert, Ihnen zu antworten. Ihr letzter Brief hat mir Vergnügen gemacht, weil er mich hoffen läßt, noch einmal den weisen Anaxagoras 128-+ zu sehen und zu hören, ehe ich aus dem Fluß Lethe trinken werde. etc."

24. Oktober 1775

Der König an Voltaire: "Dieser Tage gerieth mir von ungefähr eine Kritik über die Henriade von La Beaumelle und Freron in die Hände. Ich hatte so viel Geduld, daß ich ihre Bemerkungen durchlief, ob sie gleich mehr Liebe zum Wehthun, als Gerechtigkeit und Unpartheilichkeit verrathen. etc."

B.

27. Oktober 1775

Stirbt der General-Lieutenant Karl Christoph Graf von Schmettau, 80 Jahr alt.

November.

A.

November 1775

Der König in Potsdam und in Sanssouci.

18. November 1775

Zweite Kabinetsordre an den Minister von Zedlitz, die Errichtung der Ecole de Génie betreffend.

Um diese Zeit hatte der König seine Schrift: "Geschichte meiner Zeit," revidirt, und statt der anfänglich (1746) vorgesetzten Einleitung jetzt eine andere verfaßt, wie sie in den hinterlassenen Werken steht. Beide hat auch der Minister von Herzberg in seinen Huit Dissertations p. 303-316 mitgetheilt; Deutsch stehen sie in dessen "Nachrichten von dem letzten Lebensjahr König Friedrich's II, vorgelesen in der Akademie d. W. am 25. Januar 1787 (S. 30-44)."

<129>

Dezember.

A.

Dezember 1775

Der König in Potsdam.

4. Dezember 1775

Der König an Voltaire :

- etc. - "Sie fragen mich, was der Geist sei? Ach! ich will Ihnen Alles sagen, was er nicht ist. Ich selbst habe so wenig, daß ich um eine Definition davon sehr verlegen sein würde. Wenn Sie indeß verlangen, daß ich, um Ihnen die Zeit zu vertreiben, meinen Roman so gut liefern soll, als ein Anderer, so halte ich mich an die Begriffe, die mir die Erfahrung giebt. Ich glaube mit vollkommener Ueberzeugung, daß ich nicht doppelt existire; daher sehe ich mich als ein einziges Wesen an. Ich weiß, daß ich ein materielles belebtes Geschöpf bin, das Organe hat und denkt; daraus schließe ich, daß die belebte Materie denken kann, so wie sie die Eigenschaft der Elektricität hat.

Ich sehe, daß das animalische Leben von der Wärme und der Bewegung abhängt, daher vermuthe ich, daß die Ursache von beiden wohl eine Partikel von dem Elementarfeuer sein könnte. Ich schreibe die Denkkraft den fünf Sinnen zu, die uns die Natur gegeben hat. Die Begriffe, die sie uns verschaffen, drücken sich in die Nerven ein, durch welche sie dann fortgepflanzt werden. Diese Eindrücke, die wir das Gedächtniß nennen, geben uns Ideen. Die Wärme des Elementarfeuers, die das Blut in einer beständigen Bewegung erhält, weckt diese Ideen auf und verursacht die Imagination. Wenn diese Bewegung leicht und schnell von Statten geht, so folgen die Gedanken schleunig auf einander; ist sie aber langsam und schwer, so kommen auch die Gedanken nur sehr einzeln. Der Schlaf bestätigt diese Meinung. Ist er gut, so zirkulirt das Blut so sanft, daß die Ideen gleichsam erstarrt sind, daß sich die Verstandesnerven abspannen, und daß die Seele gewissermaßen vernichtet scheint. Zirkulirt aber das<130> Blut in dem Gehirn zu heftig, wie bei berauschten Leuten, oder im hitzigen Fieber; so verwirrt und zerrüttet es die Ideen. Eine kleine Obstruktion in den Gehirnnerven verursacht Wahnsinn. Wenn ein Tropfen lymphatischer Feuchtigkeit in dem Cranium aus einander fließt, so zieht er den Verlust des Gedächtnisses nach sich; und wenn endlich ein Blutstropfen, der aus seinem Gefäße getreten ist, auf das Gehirn und dessen Nerven drückt, so verursacht er die Apoplexie.

Sie sehen, daß ich die Seele mehr medizinisch als metaphysisch untersuche. Ich begnüge mich mit diesen Wahrscheinlichkeiten, bis ich etwas Besseres bekomme, und schränke mich darauf ein, daß ich die Früchte Ihres Verstandes, Ihrer immer wieder auflebenden Imagination und Ihres herrlichen Genies benutze, ohne mich darum zu bekümmern, ob diese bewundernswürdigen Talente von angebornen Ideen herrühren, ob Gott Ihnen alle Ihre Gedanken inspirirt, oder ob Sie ein Uhrwerk sind, dessen Zeiger auf Heinrich IV steht, indeß Ihr Glockenspiel die Henriade hören läßt.etc. Ich habe Ihnen lange nicht schreiben können, so eben werde ich von dem vierzehnten Anfalle des Podagras frei. Nie hat es mich so gemißhandelt, ich bin an allen meinen Gliedern halb gelähmt. etc."

5. Dezember 1775

Der König an Voltaire :

- etc. - "Nur das ist wahrer Reichthum, was die Erde hervorbringt. Wer seine Ländereien verbessert, ungebautes Land urbar macht und Sümpfe austrocknet, der macht Eroberungen von der Barbarei und verschafft Kolonisten Unterhalt. Diese arbeiten dann, da sie nun heirathen können, ganz frohen Muthes an der Fortpflanzung des menschlichen Geschlechts und vermehren die Anzahl der betriebsamen Bürger.

Wir haben hier die künstlichen Wiesen der Engländer nachgeahmt, und es ist uns sehr gut damit gelungen, so daß wir<131> nun ein Drittheil Vieh mehr halten. Mit ihrem Pflug und ihrer Säemaschine ist es nicht so gut gegangen; für jenen ist unser Boden zum Theil zu leicht, und diese war für den gemeinen Mann und den Bauer zu theuer. Dafür haben wir es aber dahin gebracht, daß wir nun in unsern Gärten die Rhabarber ziehen. Sie behält alle ihre Eigenschaften und läßt sich eben so gebrauchen, wie die orientalische. Wir haben in diesem Jahre 10,000 Pfund Seide gewonnen, und die Bienenstöcke um ein Drittheil vermehrt.

Das sind meine Kinderklappern im Alter, denn solcher Freuden kann der Geist, wenn auch die Imagination erloschen ist, noch immer genießen. Nicht jeder hat das Glück, unsterblich zu sein, wie Sie. Unser guter Patriarch bleibt immer derselbe. Ich hingegen habe schon einen Theil meines Gedächtnisses, die geringe Imagination, die ich hatte, und meine Beine nach dem Ufer des Kozyts geschickt. Das schwere Gepäck geht voraus, bis dann die ganze Armee folgt. etc."

6. Dezember 1775

Kabinetsordre des Königs, mittelst welcher dem Großkanzler von Fürst der von dem Justizminister von Carmer eingereichte (zweite) ausführliche Entwurf einer neuen Prozeß-Ordnung unter dem Titel: Project des revidirten Codicis Friedericiani, zur reiflichen Erwägung mitgetheilt wird.

30. Dezember 1775

Der König an d'Alembert: "Ich gestehe Ihnen, daß ich kein so großer Stoiker bin, als Posidonius. Hätte Zeno aus Elea vierzehn auf einander folgende Anfälle von der Gicht gehabt, so weiß ich nicht, ob er die Gicht nicht sollte für ein sehr wesentliches Uebel gehalten haben. Der Körper sei nun das Futteral der Seele, oder er mache ihre organische Maschine aus; so ist es darum nicht minder gewiß, daß die Materie außerordentlich auf das Denken wirkt, und daß ihre Leiden in die Länge den Geist traurig machen und niederdrücken. Die Natur schuf uns zu empfindenden Wesen, und durch überraffinirtes Rai<132>sonniren kann uns der Portikus nicht gefühllos machen, wenn er nicht andere Wesen an unsere Stelle setzt. Ich habe sehr heftige Schmerzen erduldet; obgleich meine Krankheit nicht gefährlich war, so veranlaßte ihre Länge doch die Vermuthung, daß ich den Weg betreten würde, der in den Abgrund des Nichtseins führt. Aber meine Stunde war noch nicht gekommen, und noch lebe ich, um die Wissenschaften zu ehren und denen Beifall zuzurufen, die sich, wie ein gewisser Anaxagoras, durch ihren Glanz in denselben auszeichnen. etc."

Der König ging diesen Winter, Krankheits halber, nicht zum Carneval nach Berlin, obgleich er noch mittelst Kabinetsordre vom 28. Dezember 132-+ dem Großkanzler von Fürst angezeigt hatte, daß er auf die nöthige Justizreform einen Theil seines Winteraufenthalts in Berlin verwenden wolle, weshalb er auch den Justizminister von Carmer (aus Breslau) nach Berlin entboten habe.

In Potsdam waren in diesem Monat an verschiedenen Tagen : der Prinz Friedrich von Braunschweig, der General von Buddenbrock (dem der König eine prächtige Tabatiere schenkt), der General von Prittwitz, der Geheime-Rath von Brenkenhof (vom 15ten bis 20sten), die Minister von Finkenstein, von Blumenthal, von Derschau, von Schulenburg, von Gaudi, von Görne, und der Französische Gesandte Marquis de Ponts (vom 22sten bis 25sten), der Minister von Zedlitz (vom 25sten bis 29sten), der General von Ramin (bis den 24sten), dem der König eine prächtige Tabatiere schenkt und eine beträchtliche Summe Geld für die Berliner Garnison einhändigt; die verwittwete Prinzessin von Preußen erhielt vom König<133> ebenfalls eine kostbare Tabatiere von hohem Werth zum Geschenk.

Dem Minister von Zedlitz übergab der König namhafte Summen zur Vertheilung an die pauvre hontoux und andere bedürftige Hausarme.

B.

16. Dezember 1775

Verordnung wegen Armenverpflegung.

28. Dezember 1775

(Erstes) Patent und Reglement für die Allgemeine Wittwenversorgungs-Anstalt.

20. Dezember 1775

Anfang des Carnevals. Sonntag : Cour bei der verwittweten Prinzessin von Preußen; Montag: Oper; Dienstag : Redoute; Mittwoch : Französische Comödie; Donnerstag : Cour bei der Königin; Freitag : Oper; Sonnabend: Ruhe. Die beiden Opern waren: I) Orpheus und 2) Attilius Regulus. Die Französischen Comödien : le Philosophe marié, l'Avare, Tartuffe, Adelaide du Guescelin (beides Trauerspiele von Voltaire), Andromaque.

In diesem Jahre ward das Gebäude für die Königl. Bibliothek auf dem Opernplatz in Berlin zu bauen angefangen.


111-+ Aus d'Alembert's Antwortschreiben vom 7. Febr. ersieht man, daß der König ihm sein Bild überschickt hatte; es stellte den König, wie d'Alembert schreibt, in seinem Kabinette vor. (Man hat ein von F. Carstens gestochenes Blatt, auf welchem der König an einem Tische sitzend und schreibend abgebildet ist. Es hat die Überschrift : Le Philosophe de Sanssouci. Vielleicht ist dies eine Copie von jenem an d'Alembert übersandten Bilde). Zwölf Jahre früher hatte er ihm sein Bild, welches ihn an der Spitze seines Heeres darstellte, übersandt.

113-+ Le Partage de la Pologne en sept dialoques en forme de Drame ou conversation entre des personnages distinqué etc. par Gotlieb Pansmouser etc., traduit de l'anglois. A Londres 64 p. 8. Es existirt davon auch eine Deutsche Uebersetzung.

115-+ Des Königs.

116-+ Dem Herzog von Lauzun und Baron Montmorency-Laval (s. den Brief vom 22. Februar). In obigem Brief fährt der König auf eine höchst ergötzliche Weise fort, den Dünkel und die Eitelkeit der Franzosen, und besonders den Kleinigkeitssinn der Elegants und sogenannten Leute von gutem Ton, zu persifliren. (H. W. XI. 191-194).

118-+ Des Königs.

118-++ Anna Dorothea, geh. Liszewska, eine berühmte Historienmalerin in Berlin.

120-+ Geschichte meiner Zeit.

121-+ Dieser berühmte Schauspieler verdankte seine Ausbildung dem Herrn von Voltaire. Die Geschichte derselben findet man in Condorcet's Leben Voltaire's, S. 517, zugleich auch einige merkwürdige Nachrichten über Voltaire.

123-+ 1515-1547!

123-++ 1624-1660.

126-+ Pauw war den 9. August 1733 in Amsterdam geboren. Durch seine philosophischen Schriften über die Amerikaner, Aegypter und Chinesen hatte er sich Ruhm erworben. Bei seiner großen Vorliebe für Stille und Einsamkeit konnte es ihm an dem Hofe eines Königs nicht gefallen, so wenig geräuschvoll dieser auch sein mochte; er sehnte sich nach Westphalen zurück, und nahm deshalb eine Pension von 1000 Thlr., die ihm der König bot, nicht an, sondern ging, nachdem er kaum 6 Monat in Potsdam gewesen war, nach Xanten zurück. Hier verlebte er seine Tage in philosophischer Ruhe und Einsamkeit und beschäftigte sich mit seinen Schriften, die 1795 in Paris in 7 Theilen unter dem Titel: Recherches philosph. sur les Grecs et les Americains etc., erschienen. Auch hat er eine Geschichte der Deutschen geschrieben, aber nicht vollendet. Er starb den 7. Juli (nach Andern den 5ten) 1799 zu Xanten. Auf dem Kirchhofe daselbst hat ihm die Französische Regierung ein Monument errichten lassen.

128-+ Beiname, den der König d'Alembert zu geben pflegte.

132-+ Unsere Quelle (Mathis Monatsschrift XI. 267) giebt dies Datum an, es dürfte aber vielleicht wohl der 23. November heißen.