Januar 1770.

A.

Januar 1770

Der König in Berlin.

2. Januar 1770

Speist bei der Königin, desgl. den 7ten, 14ten und 21sten.

4. Januar 1770

Der König an Voltaire :

- etc. - "Jeder wird mit einem gewissen Talent geboren. Sie haben Alles von der Natur bekommen, aber diese gute Mutter ist nicht gegen jedermann eben so freigebig gewesen. Sie schreiben Ihre Werke für den Ruhm, ich zu meinem Zeitvertreibe. Es glückt uns Beiden, obgleich auf eine ganz verschiedene Art. Denn so lange die Sonne die Welt erleuchtet, so lange sich nur ein Anstrich von Wissenschaft, ein Funken von Geschmack erhält etc., so lange werden Ihre Werke dauern, und Ihr Name wird die weite Reihe von Jahrhunderten erfüllen, die zur Ewigkeit führt. Von den meinigen wird man sagen : "es ist viel, daß dieser König doch nicht ganz und gar ein Schwachkopf gewesen ist; das ist noch ganz erträglich; wenn er als Privatmann geboren worden wäre, so hätte er wenigstens mit Korrigiren in irgend einer Buchdruckerei sein Brodt verdienen können." Dann wirft man das Buch hin, dann macht man Papilloten daraus, und dann ist nicht mehr die Rede davon. etc. - Ich schicke Ihnen einen Aufsatz, den ich für die Akademie bestimmt habe 3-+. Der Gegenstand ist wichtig, die Materie<4> philosophisch, und ich schmeichle mir, Sie werden mit mir über das Princip einverstanden sein, das ich nach meinen besten Kräften darin zu entwickeln suche. etc." Der König läßt wieder mehrere Tausend Thaler für die Armen auszahlen.

4. Januar 1770

Der König an d'Alembert :

"Der Norden, mein Herr Protagoras, ist jetzt ruhiger, als Sie glauben; im Osten aber, da herrschen Unruhe, Krieg und Verwirrung. Wir sogenannten Greise von Europa sind zu unbehülflich, um Händel anzufangen, wie eine gewisse südliche Nation thut, welche man die Welschen 4-+ nennt. Diese muntere Nation steckt ihr Näschen überall hin, oft auch da, wo sie nichts zu suchen hat, und verbreitet die Unruhe, welche sie selbst innerlich verzehrt, von einem Pol der Erdkugel zum andern 4-+. Sie glaubt wahrscheinlich, durch das Mittheilen den ihr zugefallenen Antheil zu vermindern und künftig nicht mehr so viel eigene Unruhe zu haben, allein man sagt, das Alles sei nur verlorne Mühe, und um sie ruhiger zu machen (vernünftiger erkühne ich mich nicht zu sagen), müsse man den Teufel, der sie besitzt, durch Exorcismus austreiben. etc." - Der König überschickt ihm zugleich seine Abhandlung über die Selbstliebe, und erbittet sich sein Urtheil.

6. Januar 1770

Der König speist mit dem General von Lentulus bei der Prinzessin Amalie.

11. Januar 1770

Die Abhandlung des Königs: "Ueber die Selbstliebe," wird in der Akademie vorgelesen. Feier des Geburtsfestes des Prinzen Heinrich. Große Mit<5>tagstafel bei der Königin wo auch der König gegenwärtig ist. Der Prinz erhält vom Könige eine Tabatiere von hohem Werth zum Geschenk.

23. Januar 1770

In Begleitung des Generals von Lentulus besieht der König das Zeughaus.

24. Januar 1770

Feier des Geburtstags des Königs, welcher mit der Königin und dem übrigen Königlichen Hause das Mittagsmahl bei em Prinzen Heinrich einnimmt, und dann mit dem General von Lentulus nach Potsdam geht.

Um diese Zeit schrieb der König das eben so merkwürdige als bittere Gedicht über die Regenten seiner Zeit, darin er auch sich selbst erwähnt. Es hat die Überschrift "Codicill" und steht in den H. W. VII. 178.


3-+ Es war die Abhandlung: "Versuch über die Selbstliebe, als ein Grundsatz der Moral betrachtet." Sie ward am 11. Januar in der Akademie der Wissenschaften von Thiebault vorgelesen. (Siehe davon weiterhin unter dem 16. März).

4-+ Der König und Voltaire bezeichnen die Franzosen öfters mit diesem ihrem alten Namen.