April.

A.

April 1761

Der König in Meissen.

?? April 1761

Der König an d'Argens :

"Lieber wünschte ich mit Ihnen vom Frieden zu reden, als von unsern Zurüstungen zum Feldzuge, indeß, um Sie nicht zu täuschen, erzähle ich Ihnen die Umstände ganz nach der Wahrheit. Ich werde durch viele Kennzeichen und Anekdoten überzeugt, daß die Königin von Ungarn nicht Frieden schließen will. Man hat aufs Neue den Waffenstillstand gebrechen, ungeachtet man sich feierlich gegen uns verbindlich gemacht hatte, ihn zu halten. Etwas so starkes, wie dies, eine so offenbare Treulosigkeit beweist deutlich, daß die Königin von Ungarn ihr Glück in diesem Feldzuge zu versuchen entschlossen ist, und daß sie glaubt, es sei ihrem Vortheil angemessen, mir meine in Kriegsgefangenschaft gerathenen Truppen so lange als möglich vorzuenthalten. Mein Urtheil gründet sich nicht auf diesem Zug allein; es giebt noch meh<84>rere, die mir alle einstimmig ihre schwarzen Absichten verrathen. Lassen Sie also dem Volke die schmeichelhafte Hoffnung zu einem nahen Frieden, und, ohne daß Sie Sich mit ihm fortreißen lassen, benehmen Sie ihm seinen Wahn nicht.

Ich erwarte ungefähr eben die Vorfälle, die uns im vorigen Jahre begegneten, ohne zu wissen, ob wir eben so glücklich sein werden. Ein unglücklicher Augenblick kann das Gebäude umstürzen, das wir bisher durch ungeheure Arbeit, so gut wir konnten, gestützt haben. Es gehe nun, wie der Himmel will. Ich unternehme diesen Feldzug wie ein Mensch, der sich Kopf über in die Fluthen stürzt. Will man Alles voraus sehen — das ist der nächste Weg zur Hypochondrie; denkt man an Nichts, so setzt man sich durch seine Schuld in Gefahr, überrascht zu werden. Ich sage zu mir selbst: Alles Böse, das man fürchtet, und alles Gute, das man hofft, kommen nicht gerade so, wie man es sich dachte; von beiden muß man vieles abrechnen. Uebrigens bleibt mir bei der Menge meiner Feinde nichts übrig, als stets wachsam zu sein, und immer nur von einem Tag zum andern die Gelegenheit zu nutzen. Genug von Kriegsangelegenheiten.

Nun komme ich auf die Stelle in Ihrem Briefe, worin Sie von Voltaire's neuem Trauerspiel reden. Ich habe es noch einmal gelesen. Es sind rührende Situationen darin, die er sich zu Nutze gemacht hat, aber gewiß werde ich nie ein Anhänger seiner Verse mit abwechselnden Reimen werden. etc.

In der That, lieber Marquis, ich schäme mich dieses Briefes. Ich sollte an Schlachten und an meinen Feldzug denken, und analysire Ihnen neue Werke, die zum Vorschein kommen. Das erinnert mich an einen Einfall, den eine Hofdame bei Anna von Oestreich zu Ludwig XIII sagte, als er Perlen aufreihte: "Sire, Sie können Alles, nur nicht, was Sie sollten." Verzeihen Sie mir diesen kleinen Zug von Gelehrsamkeit, so wie meinen langen und langweiligen<85> Brief um der Freundschaft und Achtung willen, die ich stets für Sie haben werde. Leben Sie wohl."

?? April 1761

An Ebendenselben :

"Ich danke Ihnen, Marquis, für Ihren Brief. Heute habe ich Ihnen nichts Unangenehmes zu schreiben; vielmehr kann ich Ihnen etwas mittheilen, was Trost und Aussichten zu Hoffnungen giebt. Broglio ist über den Main zurückgegangen, und hat nur 2000 Mann in Cassel zurückgelassen. Diese Mäßigung giebt aufs Neue Frankreichs friedfertige Gesinnungen zu erkennen.

Die Oestreicher habein noch immer gegründete Besorgnisse wegen ihrer Besitzungen in Italien, die Empörung in Ungarn dauert fort; der Hof fängt an, friedlichere Gesinnungen anzunehmen, und allem Anschein nach neigt sich dieser grausame und verderbliche Krieg zu Ende. Das giebt mir wieder einige Hoffnung, wenigstens eine vorübergehende Fröhlichkeit, und damit ist immer etwas über den Feind gewonnen. Ich beschäftige mich hier damit, mein Gedächtniß voll zu pfropfen und dem Lastthiere, das die Ehre hat, meinen litterarischen Schatz zu tragen, seine Bürde zu erleichtern. Mit dem de Thou bin ich fast zu Ende. Dies Buch ist sehr gut geschrieben und verdient meine ganze Zufriedenheit.

Voltaire's Beurtheiler hat ihn, dünkt mich, ziemlich gut getroffen; doch ist er zu strenge. Wenn auch Voltaire's Geschichte nicht belehrend ist, so bleibt sie, was man auch sagen mag, doch wenigstens artig. Es ist ein Scherz, ein Miniaturgemälde von einem Correggio; und von uns würde gewiß keiner wünschen, daß dies Werk unterdrückt würde.

In Kurzem denke ich Ihnen noch einige gute Nachrichten von unsern Zuge nach dem Voigtlande geben zu können, von dem ich alle Augenblicke Bericht erwarte. Leben Sie wohl, mein lieber Marquis. Schlafen Sie ruhig; binnen einigen Wochen wird Ihre Sicherheit durch Nichts gestört werden;<86> und — kommt Zeit, kommt Rath. Ich umarme Sie. Leben Sie wohl."

B.

3. April 1761

Der Preuß. Major von Hundt (von den Zietenschen Husaren) treibt die Reichstruppen bei Saalfeld zurück, welche dabei 8 Kanonen und 400 Mann verlieren.

5. April 1761

General von Linden vertreibt die Reichstruppen aus Planen und nimmt ihnen 4 Kanonen. Bei diesem Gefecht wird der Major von Hundt erschossen.

19. April 1761

Die Oestreicher kündigen den zu Ende des vorigen Feldzugs zwischen Laudon und von Golz geschlossenen Waffenstillstand, daß dem zufolge die Feindseligkeiten den 23sten wieder anfangen können.

23. April 1761

Laudon rückt in Schlesien ein und nimmt sein Lager bei Waldenburg.