Anmerkungen zum Jahre 1760.

Es ist gewöhnlich, daß in Zeiten anhaltenden allgemeinen Unglücks Propheten aufstehen, die baldige Besserung und nahe Glücksfälle verkündigen 65-++, denn, wie der König selbst in seinem Briefe an d'Argens sagt: "Das Unglück macht zaghaft, und die Furcht aber<66>gläubig." So war es denn auch wahrend des siebenjährigen Krieges. Der hier von d'Argens erwähnte Berliner Prophet hieß Pfannenschmidt und war ein Leinweber. Er hatte bereits als Geselle sehr fleißig die Apokalypse, Pordädgens, Elsners und andere dergleichen Schriften gelesen, und sich daraus ein System gebildet, nach welchem er das künftige Schicksal der Welt und der Menschen vorher sagen zu können sich fähig glaubte. Es fehlte ihm nicht an Besuchern, die theils aus bloßer Neugier, theils aber auch in gutem Glauben ihn sowohl über ihre eigenen künftigen Schicksale, als über die, welche der Krieg über Stadt und Land herbeiführen würde, befragten. Er foderte Nichts für seine Prophezeiungen und trieb sein Handwerk sehr fleißig, gewöhnlich ertheilte er seine Orakelsprüche am offenen Fenster, während er dabei immer fort webte. Die meisten Fragenden ließen ihm ein kleines Geschenk an Gelde zurück, das man ihm aber bloß hinlegen mußte, ohne im mindesten den Zweck, warum es geschah, anzudeuten. So geringschätzig der König sich gegen d'Argens über dergleichen Prophezeihungen ausspricht, haben doch Einige behaupten wollen, daß er einem andern Propheten in Schlesien, Namens Lukas, sein Ohr geliehen, und von dem General Tauenzien Alles sehr sorgfaltig habe protocolliren lassen, was dieser Seher in die Zukunft von dem Erfolge kriegerischer Unternehmungen vorhergesagt. Es erschienen damals auch mehrere Prophezeihungen im Druck, als: Sonderbare Prophezeihungen auf das Jahr 1757. Untrügliche Prophezeihungen wichtiger Begebenheiten auf jeden Monat des Jahres 1760. Auch die Prophezeiungen des Bruders von Lehnin wurden wieder hervorgesucht und fleißig gelesen und gedeutet.

Johann Ernst Gotskowsky, zu Conitz im jetzigen Westpreußen am 21 November 1710 geboren, war der Sohn eines Polnischen Edelmanns, der in dem damaligen großen Nordischen Kriege sein ganzes Vermögen und durch eine damals grassirende Pest nebst seiner Gattin auch das Leben verlor. Einige seiner Verwandten in Dresden nahmen ihn zu sich und erzogen ihn bis in sein 14tes Jahr, wo er nach Berlin kam und hier bei einem der bedeutendsten Kaufleute<67> (Sprögel) die Materialhandlung erlernte. Nach deren Beendigung (1730) nahm ihn sein Bruder, der hier schon seit einiger Zeit eine Galanteriewaaren-Handlung hatte, in sein Geschäft. Hier ward er dem damaligen Kronprinzen Friedrich bekannt, dem seine Redlichkeit, seine Kenntnisse und seine Gewandtheit in Geschäften nicht entgangewaren. Als dieser 1740 zur Regierung kam, munterte er ihn auf, Fabriken anzulegen und fremde Arbeiter ins Land zu ziehen, wobei er ihm seine Unterstützung versprach. G. heirathete in der Folge die Tochter des Kaufmanns und Hoflieferanten Blume, nach dessen Tode er ein ansehnliches Vermögen ererbte, welches er dazu anwandte, nach dem Wunsche des Königs das Fabrikwesen immer mehr empor zu bringen. Er setzte nicht allein die von seinem Schwiegervater errichtete Sammtmanufaktur fort, sondern erweiterte sie auch bedeutend, er unternahm nachher noch eine Seidenstoffmanufaktur und beschäftigte auf diese Art 1500 Arbeiter. Auch die jetzt noch bestehende Königl. Porzellanmanufaktur verdankt ihm ihren Ursprung. Dabei betrieb er noch sehr ausgebreitete Wechselgeschäfte und hatte sich durch seine Geschicklichkeit und Thätigkeit, verbunden mit der strengsten Rechtschaffenheit, auf allen Handelsplätzen ein unbedingtes Zutrauen und großen Credit erworben, vermöge dessen er, besonders in der Zeit des siebenjährigen Krieges, nicht allein der Stadt Berlin, sondern auch Leipzig die wichtigsten Dienste leistete. Wegen letzterer Stadt ertheilte ihm der damalige König von Polen, Churfürst von Sachsen, das Patent als geheimer Commerzienrath, wovon er aber nie Gebrauch gemacht hat. Friedrich d. G. bediente sich seiner auch beim Ankauf kostbarrer Gemälde etc. und in andern Negocien.
     

Wie er aus reinem, sich selbst aufopferndem Patriotismus die beschwerlichsten Reisen und gefährlichsten Unterhandlungen übernommen, ist ausführlich und documentirt dargestellt in der "Geschichte eines patriotischen Kaufmanns." Für die von der Stadt Leipzig zu bezahlende Contribution von 2 Millionen Thaler hatte er Wechsel ausgestellt; da aber unglücklicher Weise die erwarteten Deckungen nicht regelmäßig und einige gar nicht eingingen, er auch bei Fallissementen anderer Handlungshäuser ansehnliche Verluste erlitt, so führten diese<68> seinen eigenen Fall herbei. Es entstand ein Concurs, bei welchem seine Gläubiger nur 50 pCt. erhalten konnten. Er arbeitete jedoch mit unablässigem Eifer weiter fort und brachte es dahin, daß er den bedürftigsten seiner Gläubiger in den Jahren von 1764 bis 1766 noch 400000 Thaler nachzahlte, ungeachtet er dies nach dem geschlossenen Accord nicht schuldig war. Da aber bald nachher die auswärtigen, besonders die Französischen Sammt- und Seidenmanufakturen sich wieder erholt, mit neuer Thätigkeit arbeiteten, der Handel freier geworden war, und andere ungünstige Conjuncturen hinzukamen, sank der Absatz seiner eigenen Manufakta dermaßen, daß sein Geschäft gänzlich zum Stillstand kam, und er den Entschluß faßte, sein ganzes Vermögen seinen Gläubigern abzutreten. Indeß hatte bereits ein hartherziger Gläubiger einen Arrestbefehl gegen ihn ausgewirkt, der ihm am 12. März 1767 insinuirt wurde, und hätte nicht ein edler Menschenfreund für ihn Bürgschaft geleistet, so würde er noch die Kränkung haben erdulden müssen, in das Gefängniß abgeführt zu werden. Von da an war es ihm nicht mehr möglich, seine zerrütteten Vermögensumstände wieder herzustellen. Er verlebte nun seine übrigen Tage ganz in der Stille und starb am 9. August 1775.

Bogislav Friedrich von Tauenzien war geboren den 8. April 1710 zu Tauenzien in der Herrschaft Lauenburg. Er diente zuerst unter König Friedrich Wilhelm I (1728) in dem großen Potsdamer Leib-Regiment und war einer der Ersten, welcher von Friedrich d. G. den Orden pour les mérites erhielt. In der Schlacht bei Kollin kommandirte er als Oberst das erste Bataillon Leibgarden und vertheidigte sich gegen 4 ihn umringende feindliche Bat. und 2 Kavallerie-Regimenter auf das Aeußerste, wobei er höchst gefährlich verwundet wurde. Bei der oben erwähnten Vertheidigung Breslaus gegen Laudons 50000 Mann starkes Belagerungscorps hatte die Stadt nicht mehr als 3000Mann Besatzung, wovon zwei Drittel aus unsichern Leuten bestanden, dabei hatte er noch an 9000 Kriegsgefangene zu bewachen; dennoch dachte er an keine Uebergabe. Weil indessen seine Lage höchst gefährlich war, so versammelte er seine<69> Officiere und stellte ihnen vor, daß, wenn die Stadt von den Oestreichern erstürmt würde, er mit der Garde einen besondern Theil der Wälle besetzen und bis auf den letzten Blutstropfen vertheidigen wolle, "damit die Welt nicht das seltsame Schauspiel erlebe, Friedrichs Leibwache gefangen zu sehen."
     

Als er sich während dieser Belagerung und des Beschießens der Stadt auf dem Glacis befand, schlug eine Geschützkugel hart neben ihm nieder, daß nur ein äußerst kleiner Zwischenraum ihn vom sichern Tode rettete. Er bedeckte sogleich diesen Fleck mit seinem Hut, um ihn nachher genauer zu bezeichnen, und bestimmte diese Stelle, wo ihm der Tod so nahe gewesen, zu seinem Grabe. 1762 commandirte er die Belagerung der Festung Schweidnitz, welche sich den 9. Oktbr. desselben Jahres mit 9000 Mann, welche Kriegsgefangene wurden, ergab. Nach dem Kriege erhielt er ein Infanterie-Regiment, wurde Gouverneur von Breslau und General-Inspecteur der sämtlichen Schlesischen Infanterie. Er starb am 20. März 1791 und ward an der von ihm bestimmten Stelle auf dem Glacis, unweit des Schweidnitzer Thores, begraben, wo seine Familie ihm, auch ein Denkmal errichtete.

Gottlob Kurt Heinrich Graf von Tottleben stammte aus einem alten adeligen Geschlecht in Thüringen her, und war in Tottleben, dem Stammgute desselben, am 15. Dezbr. 1715 geboren. Er studirte auf der Universität zu Leipzig und trat als Hofjunker und Amtshauptmann zu Freiberg in die Dienste seines damaligen Landesherrn, des Herzogs von Weissenfels. Da nach dem Tode desselben seine Länder an das Churhaus Sachsen fielen, so ward er 1742 Hof- und Justizrath bei der Regierung zu Dresden. Hier wurde er während des Reichsvicariats nach Karl's VII Tode vom Churfürsten in den Reichsgrafenstand erhoben. Er verließ hierauf die Sächsischen Dienste und ging nach Holland, wo er zum Behuf des zwischen der Republik und Frankreich zu erwartenden Krieges als Oberst ein Regiment zu Fuß für die Republik errichtete. Nach dem Frieden wurde sein Regiment abgedankt; er selbst blieb aber unter dem Versprechen, ein anderes erle<70>digtes Regiment zu erhalten, in Holländischen Diensten. In Amsterdam machte er unterdessen die Bekanntschaft eines sehr reichen jungen Frauenzimmers aus Batavia 70-+, welches er, da ihr Vormund sie für seinen eigenen Sohn bestimmt hatte, heimlich entführte. Er ließ sich in Cleve mit ihr trauen und ging nun nach Weimar, um dort Schutz gegen die ihn verfolgenden Holländer zu suchen. Er wandte sich hernach in eben dieser Absicht an den König von Polen, August III. Da er aber mit dem Grafen von Brühl in Mißverständnis lebte, so konnte er die gesuchte Vermittelung nicht erhalten, und ging daher auf Antrag des Preußischen Ministers von Bülow nach Berlin, um den Schutz des Königs von Preußen nachzusuchen.
     

Hier lebte er mit seiner Frau und zwei Kindern eine geraume Zeit. Er kaufte sich unterdessen Güter in Schlesien (im Saganschen Hansdorf etc.) und ging hernach unter Vermittelung des Königs wieder nach Amsterdam, wo er nun auf dem Rathhause nochmals feierlich mit seiner Frau verbunden wurde. Jetzt reiste er nach Schlesien zurück, wo er bis zum Ausbruch des siebenjährigen Krieges blieb. Die Neigung zum Kriegsdienst veranlaßte ihn, dem Könige seine Dienste anzubieten. Da dieser ihn zwar als Oberst in die Armee aufnehmen, ihm aber kein Commando anvertrauen wollte, wandte er sich, nachdem er in Holland seinen Abschied als General-Major genommen hatte, nach Rußland. Hier erhielt er die Erlaubniß, als Volontair bei der Russischen Armee dienen zu können 70-++. In der Schlacht bei Zorndorf ward ihm ins Gesicht geschossen. Nach seiner Genesung trat er wieder als General-Major in Dienst. Die gelinde Behandlung der Einwohner Berlins, nach der Einnahme der Stadt (1760), seine öfters bezeigte Achtung gegen die Person des Königs und seine Besitzungen in Schlesien erregten den Verdacht der Treulosigkeit gegen ihn, so daß er am 31. August 1761 von 50 Kosacken gefangen nach Peters<71>burg geführt wurde. Hier blieb er, so lange die Kaiserin Elisabeth lebte, auf der Festung ohne Verhör und Untersuchung. Nach ihrem Tode (1762) erhielt er die Erlaubniß, seine Rechtfertigung einreichen und dazu ein eigenes Quartier in der Stadt miethen zu dürfen 71-+. Bei der Thronbesteigung der Kaiserin Katharina (1763) ward er völlig in Freiheit gesetzt. Er ging nun nach seinen Gütern in Sachsen zurück und bekam auch seine Besitzungen in Schlesien vom Könige wieder.

Hierauf machte er eine Reise nach Holland, um seine von Errichtung des Regiments noch habenden Foderungen nachzusuchen. Er nahm seinen Rückweg über Paris. Hier hatte er verschiedene Unterredungen mit dem damaligen Französischen Minister der auswärtigen Angelegenheiten, dem Herzoge von Choiseul.

Da der dortige Russische Gesandte dies seinen, Hofe anzeigte, so ward er auf Ansuchen desselben bei seiner Rückkunft in Schlesien nochmals verhaftet und nach Glogau gebracht. Man eröffnete ihm endlich, daß, da seine Unterredungen mit Choiseul bei dem eben entstehenden Kriege mit den Türken und der Conföderation der Polen, wobei Frankreich die Hände im Spiele hatte, fürchten ließen, daß er sich zu einen, oder dem andern Geschäfte gebrauchen lassen dürfte, so müsse man sich seiner, so lange der Krieg dauere, versichern. Er rechtfertigte sich indessen vollkommen und trat sogar wieder in Russische Kriegsdienste, wurde General-Lieutenant und erwarb sich den Alexander- und St. Annen-Orden. Er wurde nun mit einem eigenen Corps nach Georgien geschickt, um dem Prinzen Heraklius beizustehen. Er hielt sich sehr tapfer und that den Türken vielen Abbruch. Er fiel in ihre Länder ein und drang bis Trebisand vor. Hierauf ward er zurückgerufen und nach Polen geschickt, um den General Bibikof<72> in Warschau abzulösen, starb aber daselbst drei Tage nach seiner Ankunft an einer Entzündung des Bluts am 19. März 1773.

Hierdurch werden die über ihn verbreiteten Nachrichten von seinem schlechten und grausamen Charakter, und die Schmähungen und Lügen, welche die 1762 bei P. Marteau zu Cölln erschienene Schrift :

"Leben des Grafen von Tottleben" enthält, hinreichend widerlegt.

5) Dietrich Hubert Graf von Verelst, außerordentlicher Gesandter der Generalstaaten der vereinigten Niederlande am Preußischen Hofe, war 1720 zu Ter-Veere in Zeeland geboren, wo sein Vater Johann Ludwig Verelst Mitglied des Staatsraths war.
     

Durch seine Gesandtschaften am Sardinischen,, Neapolitanischen und Preußischen Hofe machte Ersterer sich rühmlich bekannt. In Berlin beförderte er die in Vorschlag gebrachte Vermählung (1767) des Erbstatthalters George Wilhelm V mit der Prinzessin Wilhelmine von Preußen (Schwester des damaligen Prinzen von Preußen, nachherigen Königs Friedrich Wilhelm II) und wurde um diese Zeit in den Preußischen Grafenstand erhoben. Er starb in Berlin am 26. Januar 1771. In der Dorotheenstädtischen Kirche zu Berlin ist ihm ein Denkmal errichtet.

Friedrich Reichsgraf von Anhalt, geboren zu Klöckwitz denn 15. März 1727, war der Sohn des Erbprinzen Wilhelm Gustav von Anhalt-Dessau und der von dem Kaiser zur Reichsgräfin erhobenen Johanna Sophie von Herr. Den 6. März 1744 trat er als Hauptmann in Preußische Dienste. Er machte als solcher den zweiten Schlesischen Krieg mit und erhielt den Orden pour les mérites. Im siebenjährigen Krieg wohnte er den Schlachten bei Lowositz, Prag und Roßbach bei. 1759 ernannte ihn der König zum Oberst-Lieutenant und Flügeladjutanten und übergab ihm 1760 ein Grenadierbataillon; mit diesem befand er sich in der Schlacht bei Torgau, wo er erschossen ward. Als sein Bruder den Orden des Verstorbenen, dem Herkommen gemäß, an den König zurücksandte, erhielt er folgendes Antwortschreiben :
     <73>

"Mein lieber Major Graf von Anhalt. Ich habe mit Eurem heutigen Schreiben den Orden pour les mérites, so Euer verstorbener Bruder getragen, erhalten, und condolire Euch um so mehr wegen des Verlustes dieses Eures Bruders, als ich an demselben einen sehr braven und qualificirten Officier verloren, dessen Verlust ich sehr zu regrettiren alle Ursach habe. Ich bin inzwischen Euer wohl affectionirter König.

Torgau, den 5. Novbr. 1760.
Friedrich."

7) Sophie Gräfin von Camas, geborne von Brand, war die Gemalin des am 14. April 1741 zu Breslau verstorbenen Oberst und Chefs eines Regiments zu Fuß Paul Henri de Tilio de Camas. Im Jahr 1742 ernannte sie der König zur Oberhofmeisterin bei der Königin seiner Gemalin, und erhob sie unter dem II. August desselben Jahres zur Gräfin. Sie wurde vom Könige, wie von dem gesamten Konigl. Hause wegen der vortrefflichen Eigenschaft ten ihres Geistes und Herzens allgemein geliebt und hochgeschätzt. Sie starb am 2. Juli 1766 im 80sten Jahre ihres Lebens.

Charles Theophile Guichard oder Guischardt (genannt Quintus Icilius) war 1724 zu Magdeburg geboren, und der zweite Sohn des Königl. Hofraths und Syndicus der Pfälzer Kolonie Philipp Guichard 73-+. Nach beendigten Schuljahren studirte er nach einander auf den Universitäten Halle, Marburg, Herborn und Leiden Theologie, Griechische und Lateinische Literatur und die morgenländischen Sprachen. Obgleich er schon zu Marburg und<74> Herborn öffentlich gepredigt hatte 74-+, scheint er doch nicht den Vorsatz gehabt zu haben, sich dem Predigerstande widmen zu wollen, vielmehr bestrebte er sich eifrigst, ein Lehramt an der Universität Utrecht zu erhalten, wozu ihm auch von dem Erbstatthalter große Hoffnung gemacht worden war. Als diese dennoch nicht in Erfüllung ging, entschloß er sich plötzlich zum Soldatenstand, wozu seine Studien der Römischen und Griechischen Geschichte in ihm die erste Lust erweckt haben mochten. Er trat daher 1747 in das Regiment Sachsen-Hildburghausen, welches damals zum Dienst der vereinigten Niederlande geworben wurde, als Fähnrich ein und wohnte nun dem letzten Feldzug vor dem Aachener Frieden bei. Hernach ward er Lieutenant im Regiment Baden-Durlach und schon 1751 Hauptmann und bekam eine Compagnie. Er setzte seine Studien, deren Gegenstand nun vorzüglich die Kriegsgeschichte der Alten wurde, eifrigst fort, und fing seine Memoires militaires sur Ies Grecs et les Romains an auszuarbeiten. Er beendigte sie in London, wohin er 1754 oder 1756 mit Urlaub gegangen war. Dieses Werk, welches seinem Verfasser hohen Ruhm verschaffte und in kurzer Zeit fünf Mal aufgelegt wurde, ward auch Friedrich d. Gr. bekannt 74-++ und bewog ihn, daß er G. zu sich berief und als Hauptmann in sein Gefolge aufnahm. Dies geschah, als der König im Anfang des Jahres 1758 sich in Breslau aufhielt. Die Unterhaltung, die G. nun sehr oft mit dem König hatte, bezog sich gewöhnlich und hauptsächlich auf die Kriegskunst der Griechen und Römer. Bei einer solchen Gelegenheit kam die Rede auf den Centurio der zehnten Legion, welchen der König Quintus Cäcilius nannte; G. aber behauptete, er habe nicht so, sondern Quintus Icilius geheißen, und als man darüber nachforschte, fand sich, daß<75> G. Recht hatte, worauf der König zu ihm sagte: "Nun, so soll Er auch zeitlebens Ouintus Icilius heißen." Der König nannte ihn von da an beständig bei diesem Namen, und als 1759 der Oberst. L. Du Verger in Ungnade fiel und nach Schweidnitz in Arrest gebracht wurde, ward bei der Parade bekannt gemacht : "das vacante Freibataillon Du Verger hat der Major Ouintus Icilius erhalten." Nun nahm, der Major diesen Namen für immer an und schrieb sich überall Ouintus Icilius.
     

Das Freibataillon vermehrte er bis zu einem Regiment von drei Bataillonen. Im Januar des Jahres 1761 hat er den Auftrag gehabt und vollzogen, das Churfürstl. Sächsische Lustschloß Hubertsburg "seiner Zierathen zu berauben," zur Vergeltung der Verwüstungen, welche die Feinde in den Königl. Lustschlössern zu Schönhausen, Friedrichsfelde, und besonders die Sächsischen Truppen in Charlottenburg ausgeübt hatten 75-+. Nähere Nachrichten darüber findet man in : Mosers Europäisches Völkerrecht in Kriegszeiten II. 324. Nach dem Frieden ward das Freiregiment aufgelöst, Ouintus Icilius aber blieb im Gefolge des Königs, dessen fast täglicher Gesellschafter er wurde. 1765 wurde er Oberste Lieutenant und 1772 Oberst. 1773 gab er ein neues Werk unter dem Titel : Memoires critiques et historiques sur plusieurs points d'antiquités militaires heraus, welches ebenfalls allgemeinen Beifall fand. Bei seinen Studien gab er sich auch mit mancherlei Projekten und Speculationen ab. Er war bei der damaligen Tabaksferme, bei der Bank etc. betheiligt und bei deren Einrichtung wirksam gewesen. 1770 hatte er sich mit der Tochter des General-Majors Gustav Albrecht von Schlabberndorf vermählt, nachdem der König nach langem vergeblichem Anhalten endlich seinen Consens dazu ertheilt hatte. Daß es wegen der anfängli<76>chen Verweigerung des Consenses zwischen dem König und dem Oberst zu einem förmlichen Zwist gekommen, ist wohl glaublich. Die Umstände aber und besonders die dabei statt gefundene Unterhaltung, wie sie in den oben erwähnten Anekdoten erzählt wird, sind sehr zu bezweifeln. (Vergl. Nicolai's Anekdoten VI. 140. 141. 144; doch irrt Nicolai, wenn er S. 145 sagt: "Nicht des Quintus Vater, sondern dessen Bruder oder Vetter sei Besitzer einer Fayance, Fabrik gewesen)."

Ouintus starb in Potsdam den 13. Mai 1773 76-+ und hinterließ eine Tochter und einen Sohn (geb. im Febr. 1773), welcher 1783 auf das Gymnasium zum grauen Kloster kam, und ein Jahr später laut Kabinetsordre des Königs vom 17. März 1784 in das Kadetten-Haus aufgenommen werden sollte. Den 1. Juli ging er zur damaligen Academie militaire über, welche er am 1. Mai 1788 mit der Ritterakademie in Liegnitz vertauschte. Bald darauf ward er Officier in einem Husaren-Regiment. Hier gerieth er eines Scherzes wegen über die Husaren-Mütze mit einem andern Officier in Wortwechsel, foderte ihn und ward erschossen.


65-++ Wie auch noch in neuester Zeit während des Befreiungskrieges der Prophet Joh. Ad. Müller. S. dessen Geschichte, Erscheinungen und Prophezeiungen. Frankfurt a. M. 1816.

70-+ Ihr Name war Maria Petronella Victor. Der Königl. Poln. und Churfürstl. Sächsische Resident zu Amsterdam, Peter Bock, war der Bruder ihrer Mutter.

70-++ Vorher soll er, wie mit seiner ersten, auch mit dieser zweiten Frau geschieden worden sein. (?)

71-+ Nach Einigen soll ihm am 11. April 1763 Ehre und Leben abgesprochen worden sein, wegen seiner langen Gefangenschaft aber aus Gnaden bloß des Landes verwiesen (?), endlich aber auf seine Bittschrift im Juni 1769 gänzlich begnadigt sein. (Fortgesetzte Geneal. Nachr. Band III. 103. IX, 473).

73-+ Nach zweien verfälschten, wenn nicht ganz unwahren Anekdoten in der Zeitung für die elegante Welt 1810 Nr. 231 und Anekdoten-Samml. VIII. 90 soll Quintus der Sohn eines Töpfers gewesen sein. Es ist dies aber ungegründet, und der Irrthum daher entstanden, daß sein Vater der Syndicus eine Fayance-Fabrik in Magdeburg anlegte, wofür er vom König im Jahr 1763 ein Privilegium privatum auf 15 Jahr erhielt. (Spenersche Zeitung 1763 Nr. 87.

74-+ S. Fortgesetzte Geneal. Nachrichten Thl. 164, S. 536.

74-++ Nach Einigen soll es der Verfasser ihm zugeschickt und dabei das Verlangen in des Königs Dienste zu treten geäußert haben. Andere sagen, er sei als Freiwilliger zur Armee der Alliirten gegangen, habe sich da die Gunst des Herzogs von Braunschweig erworben, und dieser habe ihn dem König empfohlen.

75-+ Circular-Rescript, So Ihro K. M. in Preußen an Dero Ministros an auswärtigen Höfen ergehen lassen, betreffend die von den Oestreichischen Kriegsvölkern und deren Alliirten in verschiedenen Königl. Provinzen wider alle Kriegs-Raison ausgeübte Gewaltlhaten und Grausamkeiten. Berlin bei dem Hofbuchdrucker Hennig 1760.

76-+ Die vortreffliche Bibliothek und Münzsammlung, welche er hinterließ, kaufte der König der Wittwe für 12000 Thlr. ab, schenkte ihr außerdem noch 3000 Thlr., und wies ihr eine Pension von 1200 Thlr. zur Erziehung ihrer Kinder an.