August.

A.

1. August 1760

Der König in Dallwitz (im Amte Großen-Hayn).

1. August 1760

Der König an d'Argens (der Brief ist überschrieben großen-Hayn) :

"Die Belagerung von Dresden, lieber Marquis, ist uns zu Wasser geworden. Jetzt sind wir in vollem Marsche nach Schlesien. Ganz gewiß werden wir uns an der Grenze schlagen, und das könnte zwischen dem 7ten und 10ten d. M. geschehen. Glatz ist verloren, Neisse ist belagert. Nun ist kein Augenblick zu verlieren. Sind wir glücklich, so werde ich es Ihnen schreiben; sind wir unglücklich, so nehme ich im Voraus von Ihnen und von allen unsern Freunden Abschied.

Der arme Foresta hat das Leben verloren, und sein Opfer hilft mir nichts. Kurz, mein Lieber, der ganze Kram geht zum Teufel. Uebermorgen marschiren wir. Ich sehe die schreckliche Lage, die mich erwartet, ganz voraus, und habe meinen Entschluß mit Standhaftigkeit gefaßt. Leben Sie wohl. Ich umarme Sie. Denken Sie bisweilen an mich, und sein Sie von meiner Achtung überzeugt."

3. August 1760

Der König in Koitsch (nicht Loitsch, wie Tempelhof und Andere es nennen, auch nicht Roitsch, wie es auf manchen Karten genannt wird; es heißt urkundlich Koytsch, und liegt in der Ober-Lausitz unweit Königsbrück).

4. August 1760

In Ratibor bei Bautzen.

5. August 1760

In Arnsdorf.

6. August 1760

Ueber Lissa bei Görlitz in Riedel - Rothwasser.

<27>

7. August 1760

In der Vorstadt von Bunzlau (Schlesien).

9. August 1760

Von Bunzlau auf Adelsdorf, wo der König aber den Marsch ändert und bei Kroitsch das Lager nimmt, Hptq. Hohendorf.

10. August 1760

In Liegnitz (in der Goldberger Vorstadt).

11. August 1760

In Seichau.

13. August 1760

In Liegnitz.

14. August 1760 bis 15. August 1760

Nachts, Abmarsch. Der König bei dem Wachtfeuer hinter Pfaffendorf erhält von dem Major von Hund die Nachricht von der Annäherung des Laudonschen Corps, läßt sogleich die Truppen das Gewehr aufnehmen und trifft Anordnung zur Schlacht.

15. August 1760

Schlacht bei Liegnitz. Der König greift Laudon an und schlägt ihn. Von der Königlichen, 30000 Mann starken Armee waren nur 14000 Mann zum Gefecht gekommen, von Laudons 35000 Mann 31 bis 32000. Den Preussen kostete der Sieg (nach Gaudi) :

 an Todten12 Officiere und763 Mann,
  Verwundeten74 2415
  Gefangenen10 242
  96 Officiere und3420 Mann,
 

auch gingen 10 Fahnen verloren. Der König selbst hatte einen Prellschuß erhalten, und ein Pferd ward unter ihm todtgeschossen.

 Die Oestreicher verloren : an Todten2000 Mann,
 an Verwundeten 4000
 an Gefangenen : 86 Offfciere und 4000
  86 Officiere und 10000 Mann,
 

82 Kanonen, 23 Fahnen und Standarten.

Nach der Schlacht redet der Flügelmann des Regiments Anhalt-Bernburg 27-+, welches sich bei Dresden die Ungnade<28> des Königs zugezogen, in dieser Schlacht aber mit aufgezeichneter Tapferkeit, wie sonst immer, gefochten und viel zum Siege beigetragen hatte, den König an und bittet um die verlorne Gnade, welche der König auch dem Regiment mit den Worten zusichert: Ja, Kinder, ihr sollt sie wieder haben, und Alles soll vergessen sein. Noch an demselben Tage erhielt das Regiment die Degen wieder.

Der König erließ nach der Schlacht eine Danksagung an die Armee 28-+ und theilte Orden und Geld aus. Jede eroberte Fahne oder Standarte ließ er mit 56 Thlr. und jede eroberte Kanone mit 137½ Thlr. bezahlen.

15. August 1760

Nach der Schlacht nahm der König sein Hauptq. in Parchwitz.

16. August 1760

In Parchwitz und in Neumark.

17. August 1760

Der König an d'Argens : "Gott ist in den Schwachen mächtig, wiederholte der alte Bülow jedes Mal, wenn er uns die Schwangerschaft seiner Kurfürstin anzeigte. Diesen schönen Spruch kann ich nun auf unsere Armee anwenden. Die Oestreicher, 80000 Mann stark 28-++, wollten 35000 Preußen umzingeln. Wir haben Laudon geschlagen, und die Uebrigen haben es bleiben las<29>sen, uns anzugreifen. Das ist ein großer Vortheil, auf den wir nicht rechnen konnten. Doch ist es damit nicht gethan, wir müssen noch klettern und eine steile Höhe gewinnen, um das Werk zu krönen. Mein Rock und meine Pferde sind verwundet, ich selbst aber bin bis jetzt unverwundlich. Nie haben wir größere Gefahren bestanden, nie hat es uns solche schreckliche Mühe gekostet. Was wird aber das Ende unserer Arbeiten sein? Immer komme ich auf den schönen Vers des Lukrez zurück : Glücklich, wer einsam im Tempel der Weisen etc.

Haben Sie Mitleid, mein lieber Marquis, mit einem armen Philosophen, der auf die sonderbarste Weise aus seiner Sphäre gerissen worden, und lieben Sie mich jederzeit. Leben Sie wohl."

19. August 1760

Der König in Hermannsdorf bei Breslau.

27. August 1760

Der König an d'Argens :

"Ehemals, lieber Marquis, hätte das Treffen am 15ten den Feldzug entschieden; jetzt ist es nur eine Streifwunde. Um unser Schicksal zu entscheiden, ist eine Hauptschlacht nöthig. Allem Anscheine nach liefern wir sie bald, und dann werden wir, wenn sie zu unserm Vortheil ausfällt, uns freuen können. Indeß danke ich Ihnen für Ihre aufrichtige Theilnahme an diesem Vortheil. Es war viele List und Geschicklichkeit nöthig, um so weit zu kommen.

Sagen Sie mir nichts von Gefahren; das letzte Gefecht kostet mir nur ein Kleid und ein Pferd, und dafür ist ein Sieg wohlfeil erkauft.

Den andern Brief, den Sie erwähnen, habe ich nicht erhalten, in Ansehung der Correspondenz sind wir einigermaßen blockirt, auf der einen Seite der Oder von den Russen und auf der andern von den Oestreichern. Um Cocceji 29-+ durch,<30> zubringen, war erst ein kleines Gefecht nöthig. Hoffentlich wird er Ihnen meinen Brief zugestellt haben.

So lange ich lebe, bin ich in keiner so mißlichen Lage gewesen, als in diesem Feldzuge. Glauben Sie mir, noch immer gehören Wunder dazu, wenn ich alle die Schwierigkeiten überwinden soll, die ich vorhersehe. Ich werde, wenn sich Gelegenheit ereignet, ganz gewiß meine Pflicht thun, aber, lieber Marquis, vergessen Sie nicht, daß ich nicht über das Glück gebiete, und daß ich genöthigt bin, in meinen Planen dem Zufall zu viel zu überlassen, da es mir an Mitteln fehlt, gründlichere zu entwerfen. Ich soll herkulische Arbeiten in einem Alter endigen, worin mich die Kräfte verlassen, meine Schwachheiten zunehmen, und, aufrichtig zu reden, selbst Hoffnung, der einzige Trost der Unglücklichen, mir zu mangeln anfängt. Sie kennen die Umstände nicht genug, um sich einen deutlichen Begriff von den Gefahren zu machen, die dem Staate drohen, ich kenne und verschweige sie. Alle Besorgnisse behatte ich für mich, und theile dem Publikum bloß die Hoffnungen und die wenigen guten Nachrichten mit, die ich ihm geben kann. Gelingt der Streich, auf den ich denke, dann, lieber Marquis, wird es Zeit sein, der Freude freien Lauf zu lassen. Allem bis dahin wollen wir uns mit Nichts schmeicheln, aus Furcht, daß eine unerwartete üble Nachsicht uns zu sehr niederschlagen möchte.

Ich lebe hier wie ein kriegerischer Karthäuser. Ich muß viel an meine Geschäfte denken; die übrige Zeit widme ich den Wissenschaften, die mich trösten wie jenen Consul, den Redner, den Vater des Vaterlandes und der Beredsamkeit. Ob ich diesen Krieg überleben werde, weiß ich nicht; aber wenn es geschehen sollte, so bin ich fest entschlossen, den Ueberrest meiner Tage in der Einsamkeit, im Schooße der Philosophie und der Freundschaft zuzubringen. Sobald der Briefwechsel ungehinderter ist, werden Sie mir ein Vergnügen machen? wenn Sie mir öfter schreiben. Wo wir diesmal<31> unsere Winterquartiere haben werden, weiß ich noch nicht. Mein Haus in Breslau ist bei dem Bombardement zerstört worden. Unsere Feinde mißgönnen uns Alles, selbst das Tageslicht und die Luft, die wir athmen. Indeß werden sie uns doch einen Platz lassen müssen, und wenn der sicher ist, so wird es mir eine wahre Freude sein Sie bei mir zu sehen. etc."31-+

30. August 1760

Der König in Prschiedrowitz.

31. August 1760

In Költschen.

B.

1. August 1760

Die Franzosen besetzen Hannöverisch-Minden.

1. August 1760

Breslau wird von Laudon bombardirt, vom General von Tauenzien 3) vertheidigt.

4. August 1760

Prinz Heinrich trifft mit seiner Armee bei Breslau ein.

4. August 1760

Laudon hebt die Belagerung von Breslau auf, und zieht sich nach Canth.

6. August 1760

Die Russische Hauptarmee unter Soltikof trifft über Kobylin und Militsch bei Breslau ein, und bezieht ein Lager bei Hundsfeld.

8. August 1760

Die Franzosen erobern Schloß Bentheim.

15. August 1760

Schlacht bei Liegnitz. Sieg des Königs über Laudon.

16. August 1760

Die Schweden fangen ihre Operationen wieder an und dringen bis Prenzlow vor.

20. August 1760

Gefecht bei Strehla. Generall von Hülfen gegen den Prin<32>zen von Stolberg, wobei die Preußen ein ganzes feindliches Corps unter General Kleefeld zerstreuen, eine Kanone und 5 Fahnen erbeuten, und 40 Officiere, darunter den Prinzen von Usingen, Obersten des Zweibrückschen Regiments, und 1178 Gemeine gefangen nehmen.

22. August 1760

Die Alliirten nehmen das Schloß Bentheim wieder.

26. August 1760

Vor Colberg erscheint eine Russische Kriegsflotte von 24 Linienschiffen und Fregatten, 9 kleinern Kriegsfahrzeugen und 40 Transportschiffen.

28. August 1760

Anfang des Bombardements von Colberg.

29. August 1760

Es treffen noch 6 Schwedische Linienschiffe und Fregatten zur Verstärkung der Russischen Flotte vor Colberg ein.


27-+ Sein Name war Fauser. Der König ernannte ihn zum Sergeanten. Nach dem Frieden erhielt er als Bote eine Versorgung bei der Kammerdeputation in Halle.

28-+ Sie lautete wie folgt : "Se. Maj. der König lassen allen Officiers von der ganzen Armee danken vor die heute bezeigte Bravoure, und vor den Eifer, mit welchen sie für das Haus Preußen gefochten haben. Der Flecken des Bernburgschen Regiments soll von heute an auf immer vergessen sein. Se. Maj. wollen ihnen in Breslau die Treffen selbst wieder kaufen und ihnen ihre Pallasche wiedergeben lassen und damit die Herren Officiers von der ganzen Armee wissen und sich imprimiren können, daß wenn sich Jemand distinguirt er auch in allen Stücken distinguirt wird so lassen Ihre Maj. hierdurch folgendes Avancement und Begnadigung bekannt machen." Hier folgen die verschiedenen Be» förerlungen. Die Begnadigungen bestanden in Orden und Geschenken an Gelde. Die General Lieutenants Graf von Neuwied und von Bülow erhielten den schwarzen Adlerorden andere Officiere den Orden pour les mérites und Geschenke von 500 und 1000 Thlr.

28-++ Laudon mit Daun.

29-+ Flügeladjutant, den der König als Kourier nach Berlin schickte.

31-+ Dieser Brief ward von den Feinden aufgefangen. d'Argens meldet dies aus Berlin dem König unter dem 19. Oktbr. mit den Worten :
     "Die Oestreicher haben einen Brief aufgefangen, den Ew. Maj. mir aus Herrmannsdorf am 27. Aug. zu schreiben die Ehre erzeigten. Sie haben das Original nach Wien geschickt und hier mehrere Abschriften davon gemacht; ich fand Mittel, eine der letzteren zu erhalten, die ich Ew. M. überschicke. Es steht Nichts als Großes, Edles und Tugendhaftes in diesem Brief. Er hat bei mehreren Oestreichischen Generalen die Lust erweckt, mich kennen zu lernen, allein ich fand dazu keinen Beruf bei mir. etc."