Anmerkungen zum Jahre 1757.

Obgleich eine ausführliche Lebensgeschichte des Feldmarschalls von Schwerin, eines, als Mensch wie als Feldherr gleich hochachtungswürdigen Helden, noch nicht erschienen ist, so fehlt es doch nicht an allgemein bekannten Nachrichten von den merkwürdigsten Ereignissen aus seinem Privat, und öffentlichen Leben. Eine interessante biographische Skizze befindet sich in des Dr. Pauli Allg. Preuß. Personal-Chronik. Berlin, 1820. Nr. 35 u. 36. Wir begnügen uns daher, nur einige, theils nicht sehr bekannte, theils an andern Orten nicht ganz richtig gegebene Nachrichten hier aus sichern Quellen aufzunehmen.
     

Bei dem Östreichischen Campement, im Jahre 1776, ließ der Kaiser Joseph von den Truppen die Manövres ausführen, wie sie in der denkwürdigen Schlacht am 6. Mai 1757 bei Prag Statt gefunden hatten, und zwar geschah dies auf dem nämlichen Terrain, welches damals Östreicher und Preußen mit ihrem Blute getränkt hatten. Der Kaiser befehligte das Armeecorps, welches die Preußen vorstellte, und der General Laudon das andere der Östreicher. Nach beendigtem Manövre - es war am 7. September - sagte der Kaiser: "Nun müssen wir auch noch dem Schwerin die letzte Ehre erweisen." Er ritt nun mit seinen Generalen nach der Stelle, wo Schwerin erschossen worden war; hier ließ er von 5 Grenadier-Bataillons ein Quarré formiren, und aus dem kleinen Gewehr und der Artillerie eine dreimalige Salve abfeuern, wobei er jedesmal zum Zeichen der Achtung für den gebliebenen Helden den Hut abnahm.

<337>

Im Jahr 1824 ließen Preußische Officiere auf ihre Kosten dem Helden, auf derselben Stelle, wo er erschossen ward, ein Denkmal errichten. Man findet eine Beschreibung und Abbildung davon in Gubitz Gesellschafter, 1832, Nr. 19, Bemerker Nr. 2. Es trägt die Inschrift: Hier fiel und starb den 6. Mai 1757 als Held Curt Christoph Graf von Schwein, Königlicher Preussischer General-Feldmarschall. Geboren im Jahre 1684. Auf der Rückseite steht: Errichtet im Jahre 1824.

Zehn Jahr später ward in der Königl. Eisengießerei zu Berlin ein neues Denkmal Schwerin's nach Schinkel's Zeichnung verfertigt, und nach Böhmen zur Aufstellung gesandt.

Wer vermag die Folgen zu berechnen, die eingetreten sein würden, wenn nicht der Scharfblick und die Entschlossenheit des Sächsischen Officiers der Schlacht eine solche Wendung gegeben, Daun sich wirklich zurückgezogen und die Preußen das Feld behauptet hätten! - Höchst wahrscheinlich hätte sich Prag mit der eingeschlossenen Armee von 50000 Mann ergeben müssen, und der Friede wäre vielleicht noch in demselben Jahre erfolgt. - Es wird daher wohl nicht unerwünscht sein, mit dem Mann, durch den ganz andere Ereignisse herbeigeführt wurden, etwas näher bekannt zu werden.
     

Ernst Ludwig von Benkendorf war eigentlich ein geborner Unterthan des Brandenburgischen Hauses; er war nämlich den 5. Juni 1711 zu Anspach geboren, wo sein Vater Hofmarschall am Markgraflichen Hofe war. Einer seiner Brüder, Johann Friedrich, diente auch in der Preußischen Armee, wurde 1757 Major, commandirte ein Grenadier-Bataillon, und nahm als Oberslieutenant seinen Abschied. Jener war in Sächsische Dienste getreten, wo er im Juli 1733 bei der Kursächsischen Garde du Corps als Souslieutenant angestellt wurde. Vorher hatte er - da ihn sein Vater anfänglich für den Civildienst bestimmt - von seinem 16. bis zum 19. Jahre in Jena siudirt. Als die Garde du Corps von 12 Compagnien auf 8 gesetzt wurde, mußte Benkendorf einstweilen ausscheiden, und erhielt auf ein Paar Jahr Urlaub, mit Beibehaltung von 36 Thlr. monatl. Tractament. Bei An<338>fang des ersten Schleichen Krieges, wo Sachsen mit Preußen verbündet war, würde er bei dem Kürassier-Regiment Maffei als Rittmeister wieder angestellt (1741), und bald nachher zu dem Regiment Chevaurlegers des Prinzen Karl versetzt, bei welchem er den zweiten Schlesischen Krieg, wo die Sachsen auf Östreichischer Seite standen, mitmachte. Beim Ausbruch des siebenjährigen Krieges stand das Regiment mit noch drei andern Kavallerie-Regimentern in Polen, und entging also der Katastrophe bei Pirna, wo sich die ganze Sächsische Armee dem König von Preußen ergeben mußte.

Diese 4 Regimenter erhielten nun Befehl, Polen zu verlassen, und nach dem Östreichischen zu marschiren. Im Mai 1757 trafen sie in dem Östreichischen Lager bei Olmütz ein, mußten aber gleich nach Eingang der Nachricht von der verlornen Schlacht bei Prag weiter gehen, um die von Daun zusammengezogene Armee zu verstärken. Ende Mai rückten sie in das Lager bei Malleschau zu dem Corps des Grafen Nadasti. Die nun Statt gehabten Operationen der Östreicher, und auch Benkendorf's (der inzwischen Oberstlieutenant geworden war) Thätigkeit dabei, erzählt Tempelhof I. 207, 216 etc., wo Benkendorf immer mit B. bezeichnet ist.

Benkendorf zeichnete sich während des ganzen Krieges bei allen Gelegenheiten sehr aus, und erhielt 1765, nachdem er 26 Jahr bei dem Prinz Karlschen Regiment gestanden, und mehrere Jahre dessen Commandeur gewesen war, das Bitzthumsche Kürassier-Regiment als wirklicher Chef. Nachdem er auch den Feldzug von 1778 mitgemacht hatte, wurde er (1788) zum Chef der Garde du Corps ernannt. Er starb als General der Kavallerie in seinem 90. Jahre am 5. Mai 1801.