Anmerkungen zum Jahre 1740.

1) In Betreff der verschiedenen Angaben von der Ankunft des damaligen Kronprinzen Friedrich in Potsdam und der Richtigkeit des hier bezeichneten Tages, findet man (außer was davon schon oben S. 9 gesagt worden) auch in den Oeuvres de Voltaire Nachrichten.

Jaques Egide Duhan de Jandun, geboren den 14. März 1685 in Champagne auf dem väterlichen Gute Jandun, war der Sohn eines Staatsrats des Königs von Frankreich. Der Vater verließ, in Folge des Edikts von Nantes 1687, sein Vaterland und ging nach Berlin, wo er Sekretair bei dem großen Churfürsten, Friedrich Wilhelm, ward. Ihm folgten 1690 seine Gattin und der junge Jaques, welcher nun in Berlin seine Erziehung erhielt und sich mit allem Fleiß den Wissenschaften widmete. Im Jahre 1716 wurde er zum Gehülfen bei der Erziehung des Kronprinzen Friedrich erwählt. Als diese nach 10 Jahren beendigt war, wurde er 1727 bei der Kammer und dem französischen Obergericht als Rath angestellt. 1730 fiel er, wie alle Freunde des Kronprinzen, in Ungnade und wurde nach Memel verwiesen. Später gelang es den Bemühungen des Kronprinzen, daß er zurückgerufen wurde und an dem Braunschweig-Wolfenbüttelschen Hofe eine freundliche Aufnahme fand. Hier<32> blieb er bis zu Friedrichs Thronbesteigung. Sein Tod erfolgte in Berlin den 4. Januar 1746.

3) Um diese Zeit müßte die sehr merkwürdige Anrede statt gefunden haben, welche der König an seine Gemalin gehalten haben soll, als er sie dem versammelten Hof als ihre Königin vorstellte, und in welcher er, nachdem er gesagt, daß dem ganzen Königreich bekannt sei, auf welche Art er sie zum Altar geführt etc., ihr alle deshalb hegende Besorgnisse benimmt und ihre Tugenden und liebenswürdigen Eigenschaften auf das Schmeichelhafteste anerkennt. Zuerst wurde diese Rede in dem Buche: Gelehrte Geschichte des Weltweisen zu Sanssouci s. l. 1763, S. 50 mitgetheilt, hernach hat sie auch Fischer in seiner Geschichte Friedrichs II., Berlin 1787, Thl. I, S. 48 gegeben. Es soll aber auch schon früher, gleich nach Friedrichs Regierungsantritt in den Annales of Europe 1740, S. 466 und in La Spectatrice Thl. I, S. 408 etwas davon gestanden haben. Beider Werke haben wir aber nicht habhaft werden können. In Koßmann und Heinsius Denkwürdigkeiten der Mark Brandenburg 1797, I. S. 262 kommt dieselbe Rede vor, jedoch als ein Brief, den der König bei'm Antritt seiner Regierung an seine Gemalin geschrieben haben soll.

François Marie Arouet de Voltaire, war der Sohn eines Schatzmeisters bei der Rechenkammer in Paris. Er war zu Chatenay am 20. Febr. 1694 geboren aber erst den 22. November zu Paris getauft.
     

Sein, an wechselnden Begebenheiten so reichhaltiges, Leben auch nur in einer Skizze zu entwerfen, würde dennoch hier zu viel Raum erfordern, und bei den vielen vorhandenen und allgemein bekannten Schriften über ihn auch überflüssig sein und um so mehr, da wohl vorauszusetzen ist, daß allen Verehrern Friedrichs die wichtigsten Lebensumstände dieses seines vorzüglichsten Gesellschafters und Korrespondenten nicht unbekannt sein werden.

Daher hier nur noch die Bemerkung, daß den Namen Voltaire sein Vater nicht geführt hatte, sondern daß er diesen selbst erst annahm. Als Grund oder Veranlassung dazu erzählt man Folgendes: Voltaire habe in seiner Jugend eine kleine Reise nach Italien gemacht und sei zu Voltera (im Pisanischen), welche<33> man in Frankreich gewöhnlich Voltaire übersetzt, gefährlich erkrankt. Hier habe er die Bekanntschaft einer jungen Italienerin gemacht, welche große Sorgfalt für ihn in seiner Krankheit gehabt und ihm Wartung und Pflege habe angedeihen lassen. Da er nun an diesem Ort gleichsam ein neues Leben erhalten, so habe er davon den Namen Voltaire angenommen. Nach einer andern Erzählung soll er es gethan haben, um mit einem andern Dichter seiner Zeit, der sich durch seine Satyren viel Feindschaft zuzog und Roi hieß, nicht verwechselt zu werden, da dieser Name mit Arouet in der flüchtigen Aussprache einige Ähnlichkeit hat. Voltaire starb den 30. Mai 1778.

5) Jakob Friedrich, Baron von Bielfeld, geboren zu Hamburg den 31. März 1717, war dem König schon als Kronprinz bei einer Reise nach Braunschweig bekannt geworden. Er hatte ihn lieb gewonnen und lud ihn im Sommer 1739 zu einem Besuch nach Rheinsberg ein, welcher auch im August desselben Jahres statt fand und sich bis in's andere Jahr, wo Friedrich den Thron bestieg, verlängerte. Bielfeld trat nun als Legationsrath in des Königs Dienst, 1741 ward er zweiter Hofmeister des Prinzen Ferdinand. 1748 wurde er in den Freiherrnstand, erhoben. In spätern Jahren verließ er den preußischen Dienst und starb den 5. April 1770 auf seinem Gute Troben im Altenburgschen. Seine Gemalin, eine Geborne von Boden, war Gouvernante bei der Gemalin des Prinzen Ferdinand und hatte sich deren Achtung und Liebe in sehr hohem Grade erworben. Nach ihrem Tode ließ ihr diese Fürstin in dem Park von Bellevue ein ehrendes Denkmal errichten. Da frevelnde Hände von demselben die Platte mit der Inschrift entwandt haben; so möge diese hier aufbehalten werden! Sie lautet wie folgt:
     

"Aux mânes Dorothée Baronne Douairière de Bielefeld née de Boden Gouvernante de S. A. R. Madame la Princesse Louise de Prusse née le 18. Dec. 1742, morte le 1. Octbr. 1781.

Passant, quelque tu puisse être, apprends, que les regrets sincèrers des gens de bien que l'ont connue, sont le plus bel éloge qu'on puisse consacrer a sa mémoire."

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6) Ulrich Friedrich von Suhm, geboren zu Dresden den 29. April 1691, war der Sohn des Geheimen Raths Burkhards von Suhm, welcher als sächsischer Gesandte in Frankreich lebte. Er hatte in Genf studirt und wurde nachher in Dresden bei dem Departement der auswärtigen Angelegenheiten angestellt. 1720 kam er als sächsischer Gesandte nach Berlin und blieb hier bis 1730 34-+. Während dieser Zeit hatte er sich die Freundschaft des Kronprinzen in einem hohen Grade erworben. 1737 ging er an den russischen Hof, von wo ihn Friedrich gleich nach seiner Thronbesteigung zu sich berief; allein Suhm starb auf der Reise nach Berlin zum großen Bedauern des Königs.

Es ist allgemein die Meinung verbreitet, daß eine Mordthat, welche in Berlin in dem sogenannten Stelzenkrug (dem ehemaligen Klägerschen Grundstücke an der jetzigen neuen Königs- und Alexanderstraßenecke) geschehen, und wobei ein Kandidat unschuldig als Thäter verhaftet und mit der Folter bedroht worden, die nächste Veranlassung zur Aufhebung der Tortur gewesen sei. Dem ist aber nicht so, denn die Tortur bestand noch 4 Jahr nach diesem Vorfall, der auch nicht, wie man ebenfalls glaubt, um die Zeit des Regierungsantritts Friedrichs stattfand sondern lange vorher, nämlich im Jahre 1736.
     

Die Geschichte dieser Mordthat ist weitläufig erzählt im Rheinisch-Westphälischen Anzeiger vom Jahr 1822, No. 72, auch in dem Berliner historisch-genealogischen Kalender auf das Jahr 1825, S. 197. Schon viel früher aber ist ihrer erwähnt in (Faßmanns) Leben und Thaten des Königs in Preußen, Fried<35>rich Wilhelms I. 2r. Theil, Hamburg 1741, S. 715. Hier wird gesagt, daß die Mordthat am 23. Juni 1736 geschehen, und daß die Thäter, zwei Scharfrichterknechte, am 27. Januar 1737 hingerichtet worden sind.

8) 7 Francesce Algarotti ist (nach Michelessi Memoires concernant la vie et les écrits du Comte François Algarotti etc.) den 11. Dezbr. 1712 zu Venedig von reichen bürgerlichen Eltern geboren, nach andern aber zu Padua im Jahre 1713. Er hatte in Bologna studirt und ging 1735 nach Paris, wo er die Bekanntschaft mit Fontenelle, Maupertuis, Voltaire etc. machte. Im Jahr 1739 machte er eine Reise mit dem Lord Baltimore nach Petersburg, und auf der Rückkehr besuchte er den Kronprinzen in Rheinsberg, der ihn sehr lieb gewann und ihn schon den 4. Tag nach seiner Thronbesteigung zu sich nach Berlin einlud, ihm bald nachher den Orden pour les Merites und den Kammerherrnschlüssel verlieh und ihn, nebst seinem Bruder, in den Grafenstand erhob. 1751 kehrte Algarotti nach Italien zurück, und lebte anfangs in Venedig, dann zu Bologna, und seit 1762 in Pisa, wo er 1764 starb. Friedrich lies ihm auf dem dasigen Kirchhofe ein schönes Denkmal setzen, welches der berühmte Bildhauer Biancone aus Bologna verfertigt hat. Es hat die Inschrift: Algarotto, Ovidii aemulo Newtoni discipulo, und unter dieser: Algorottus, non omnis. (S. Björnstahls Reisen, Theil 2, S. 198.)

Für die Erlaubniß zum Druck dieser Zeitung bestand die Rekognition, welche Haude und Spener jährlich an die Rekrutenkasse zu zahlen hatten, in 20 Thlr. Der erste Verfasser hieß Lamprecht, er war auch Verfasser des Wochenblattes: Der Menschenfreund.
     

Der König befahl, daß alle Nachrichten aus den Depeschen des auswärtigen Departements, welche nicht geheim gehalten werden müßten, für die Zeitung mitgetheilt werden sollten. Die Mittheilung unterblieb aber bald, weil Niemand die Verantwortlichkeit der Auswahl übernehmen wollte. Im siebenjährigen Krieg war der bekannte Gelegenheitsdichter Krause Redakteur, welcher, als die Russen nach Berlin kamen, Spießruthen laufen<36> sollte. (S. Koßmann und Heinsius Denkwürdigkeiten der Mark Brandenburg, Jahrg. 1776. I. S. 477).

Vor Haude und Spener hatte schon der Buchhändler Rüdiger unter dem 22. Februar 1722 ein ausschließliches Privilegium zur Herausgabe einer Zeitung gegen einen, jährlich an die Rekrutenkasse zu erlegenden, Kanon von 200 Thlr. erhalten.

Dieses merkwürdige und sehr lesenswürdige Privilegium von Friedrich Wilhelm I. nebst einigen andern Nachrichten von der jetzt Vossischen Zeitung, ist am hundertjährigen Jubelfest derselben in ihrem Blatte vom 23. Febr. 1822, No. 24 neuerdings wieder abgedruckt.

Daß Rüdiger wegen einiger Inserate das ausschließliche Privilegium verloren und dem zufolge Haude und Spener auch ein Privilegium erhalten haben sollen, wie in Preuß Lebensgeschichte Friedrichs d. Gr., Thl. I, S. 51 gesagt wird, ist irrig. (S. bei'm August 1740).

1796 entstand noch eine dritte Zeitung in Berlin. Das erste Stück, welches am 6. Januar erschien, hatte an seiner Fronte einen Adler auf einem, mit Attributen des Krieges und des Ackerbaues umgebenen, Steinblock ruhend, auf welchem man die Inschrift: "Mit Königlicher Freiheit" las.

Der Titel war: Neue Berlinische Zeitung von den merkwürdigsten Sachen aus dem Gebiet der Staaten, dent Reiche der Natur und der Wissenschaft. Die nächstfolgenden Stücke hatten den Adler nicht mehr, jedoch das: "Mit Königl. Preuß. allergnädigstem Privilegio" an der Spitze. Diese Zeitung sollte alle Mitwoche im Verlage der Real-Schulbuchhandlung und bei dem Buchhändler Felisch erscheinen. Der Preis war jährlich 1 1/3 Thlr. Sie hat aber nur sehr kurze Zeit Bestand gehabt.

Michael Gabriel Fredersdorf war nicht, wie in der, von Burchardt neulich herausgegebenen, Korrespondenz desselben mit Friedrich d. Gr. gesagt wird, der Sohn eines Kaufmanns in Franken sondern der Sohn eines Stadtmusikanten in Garz. Dieser Ort gehörte zum Kanton des Regiments v. Schwerin, bei welchem auch Fredersdorf als Musketier eintreten mußte. Es hatte sein Standquartier in Frankfurt an der Oder. Hier nahm er Urlaub und trat bei dem dasigen Stadtmusikus<37> in Dienst. Als Friedrich einst als Kronprinz durch Frankfurt reisete, brachten ihm die Studenten eine Abendmusik, bei welcher Fredersdorf die Flöte blies. Friedrich bemerkte ihn, lies ihn zu sich kommen, und da er ihm gefiel, bat er sich ihn von dem General von Schwerin aus und machte ihn zum Lakay, bald nachher aber zum Kammerdiener etc. 1750 lies ihn der König nach Frankreich reisen. Nach seiner Rückkunft verheirathete er sich mit einer Tochter des reichen Banquiers Daum, wozu er die Erlaubniß des Königs nur sehr schwer, und erst, als er aus Gram darüber gefährlich krank ward, erhielt.
     

Nachher bekam er den Hang Gold machen zu wollen, baute ein großes Laboratorium und trieb diese Kunst sehr eifrig mit einer gewissen Düsterhaupt. In Berlin soll er in dem Hause, gr. Friedrichsstraße No. 210, auch ein Laboratorium gehabt haben. Er starb 1758.

11) Charles Rollin, der Sohn eines Messerschmied's zu Paris, daselbst am 30. Januar 1661 geboren, war zu dem Gewerbe seines Vaters bestimmt, aber ein Benediktinermönch, der die ausgezeichneten Fähigkeiten des Knaben bemerkt hatte, verschaffte ihm Gelegenheit und die Mittel, sich den Wissenschaften widmen zu können, was er denn auch mit eben so vielem Glück als Fleiß that. Seine allgemein bekannten Geschichten alter Zeiten und Völker und seine Anweisung, die schönen Wissenschaften zu studiren, haben ihn besonders berühmt gemacht und ihm auch die Achtung und Freundschaft Friedrichs erworben, welcher seinem literarischen Correspondenten in Paris, Thiriot, auftrug, dem Herrn Roll in in seinem Namen zu danken für das Vergnügen, welches er beim Lesen seiner Schriften gehabt habe. Hierdurch wurde der Briefwechsel zwischen ihm und dem König eingeleitet. Rollin starb den 14. Septbr. 1741.

Charles Etienne Jordan, geboren zu Berlin den 27. August 1700, war der Sohn achtbarer bürgerlicher Eltern, die ihn für den geistlichen Stand bestimmten. Seine Studien begann er in Magdeburg, 1719 ging er nach Genf, wo er sie beendigte. 1721 kam er nach Berlin zurück, und 4 Jahre nachher ward er Prediger in Potzlow, einem Dorfe in der Ukermark. 1727 erhielt er die Predigerstelle bei der französischen Gemeine<38> in Prenzlow. Hier verheirathete er sich in demselben Jahr mit Susanne Perreault, hatte aber das Unglück, diese im Jahr 1732 durch den Tod zu verlieren. Der Schmerz über diesen Verlust wirkte nachtheilig auf seine Gesundheit, so daß er seine Stelle als Prediger aufgeben mußte. Er ging nach Berlin und machte 1733 eine Reise nach Frankreich, England und Holland, die jedoch nicht länger als etwa 6 Monate dauerte. Nach Berlin zurückgekehrt, widmete er sich nun vorzüglich dem Studium der Literatur. 1735 hielt er sich ungefähr ein Jahr in Frankfurt a. d. O. auf, wo er bei einem Herrn von Kniphausen Gouverneur war. Um diese Zeit suchte der Kronprinz einen gelehrten Gesellschafter, es wurde ihm Jordan vorgeschlagen, und nachdem der Prinz durch den Grafen von Manteufel sich nähere Nachricht über Jordan verschafft hatte, berief er ihn zu sich nach Rheinsberg. Als er zur Regierung kam, machte er ihn zum Curator der Akademieen, übertrug ihm die Direktion der neuen Polizei in Berlin und legte ihm den Geheimenrathstitel bei. 1744 ward er Vice-Präsident der Akademieen der Wissenschaften. Er starb 1745 den 24. Mai.

13) Pierre Louis Moreau de Maupertuis war 1698 zu St. Malo geboren. Er hat sich besonders durch die Reise berühmt gemacht, welche er 1736 mit den Gelehrten Le Damus, Monnier, Outhier, Somereur und d'Herbelat nach Lappland zur Messung der Mittagslinie und Bestimmung der Gestalt der Erde unternommen hatte. Der König gab ihm den Orden p. l. mérites und machte ihn zum Präsidenten der Akademie der Wissenschaften. 1756 ging er, seiner Gesundheit wegen, nach Frankreich zurück, 2 Jahr nachher nach Basel, wo er 1759 starb.


34-+ Suhm hatte bereits 1727, geschreckt durch eine Drohung Friedrich Wilhelms I., der an ihn Repressalien nehmen wollte, wegen eines, in Dresden arretirten, preußischen Werbers, dem man den Prozeß machte, Berlin auf das Schleunigste verlassen. Als aber die Sache ausgeglichen war, kehrte er auf seinen Posten nach Berlin zurück. Gallus in seiner Brandenburgischen Geschichte, Theil 5, S. 141 erzählt diesen Vorfall nicht ganz richtig. Wir werden weiterhin Gelegenheit haben, seine Erzählung zu berichtigen und die, zwischen den König von Polen, Churfürsten von Sachsen und Friedrich Wilhelm I. dadurch veranlaßte, sehr ernste Korrespondenz mitzutheilen.