<289>

XXVII. INSTRUCTION FÜR DIE COMMANDEURS DER INFANTERIE-REGIMENTER, WIE SICH SOLCHE WEGEN DES KLEINEN DIENSTES IN DEN GARNISONEN, WEGEN DER MANNSZUCHT DES GEMEINEN MANNES, DER SCHARFEN DISCIPLIN, DES EXERCIRENS DER REGIMENTER, GUTEN AUFSICHT UND ZUCHT DER OFFICIERE UND DER ÖKONOMIE ZU VERHALTEN HABEN.[Titelblatt]

<290><291>

INSTRUCTION FÜR DIE COMMANDEURS DER INFANTERIE-REGIMENTER, WIE SICH SOLCHE WEGEN DES KLEINEN DIENSTES IN DEN GARNISONEN, WEGEN DER MANNSZUCHT DES GEMEINEN MANNES, DER SCHARFEN DISCIPLIN, DES EXERCIRENS DER REGIMENTER, GUTEN AUFSICHT UND ZUCHT DER OFFICIERE UND DER ÖKONOMIE ZU VERHALTEN HABEN.

I. VOM KLEINEN DIENSTE IN DEN GARNISONEN. (Vide Beilage.317-a)

NB. Vom Commandeur an bis zum geringsten Tambour soll sich keiner unterstehen dem Bürger Ueberlast zu thun. Derjenige Officier oder Unter-Officier, so dergleichen vornimmt, soll sogleich arretirt und bestraft werden. Ist es ein Gemeiner, der dem Bürger Ueberlast thut, muss selbiger mit Stockschlägen bestraft werden.

Da die Gouverneurs und Commandanten in den Festungen Ordre haben dem Bürger verschiedene Sachen nicht zu gestatten, die den Festungswerken Schaden thun könnten, so muss solcher Ordre von den Bürgern aufs exacteste nachgelebet werden, und wenn dieselben sich dawider opponiren, müssen selbige zur Strafe gezogen werden. <292>Wenn die Regimenter gegen die Bürger zu klagen haben, so muss man die Klagen bei dem regierenden Bürgermeister anbringen, der solche auf bürgerlicher Seite untersuchen und nach Beschaffenheit der Umstände die Bürger bestrafen wird.

II. VON DER DISCIPLIN UND MANNSZUCHT DER GEMEINEN SOLDATEN. (Vide Beilage.)

III. VOM EXERCIREN. (Vide Beilage)

IV. VON DER AUFSICHT UND ZUCHT DER OFFICIERE.

Weil Seine Königliche Majestät ein nobles und respectables Corps Officiere bei der Armee haben wollen, so müssen 1. sämmtliche Officiere zu einer sehr guten Conduite angehalten werden, keine niederträchtige Streiche ausüben und von dem Commandeur geduldet werden, als Schulden machen und nicht bezahlen, sich dem Soffe ergeben und eine schlechte Conduite führen, liederliche Häuser und Cafes frequentiren und dergleichen mehr, so einem Officiere ungeziemend sind. Das Spielen wird den Officieren sowohl, als Unter-Officieren und Gemeinen auf das schärfste verboten; und weil sich viele Officiere dadurch ruiniren und derangiren, so muss sehr darauf gesehen werden, dass solches nicht geschehe.

2. Den Officieren muss nicht gestattet werden mit gemeinen Leuten und Bürgern umzugehen, sondern sie müssen ihren Umgang immer mit höheren Officieren und ihren Cameraden, so sich gut conduisiren und Ambition besitzen, haben. Wenn man siehet, dass Officiere mit dergleichen Leuten Umgang haben, so ihnen nicht anständig, und dass sie sich nicht corrigiren und von selbigen abhalten lassen wollen, so muss man suchen solche junge Leute, indem sie niemals rechte Ambition kriegen werden, vom Regiment zu schaffen, und weil aus allen denen, welche ohne Lust dienen und keinen wahren Eifer zum Dienst bezeigen, nichts wird, so müssen solche Officiere gemeldet werden, worauf sie <293>ihre Abschiede ohne grosse Resistance bekommen können. Die Officiere sollen nicht beurlaubt werden ohne dieserhalb bei Seiner Königlichen Majestät geschehene Anfrage. Sind aber die Commissaires-Inspecleurs in den Provinzen, so können sie den Officieren auf drei bis vier Tage Urlaub gehen.

Hauptsächlich müssen die Commandeurs darauf halten, sich ein Corps guter und ansehnlicher Officiere zu formiren. Sollten sich auch Edelleute aus fremden Landen finden, so Verstand, Ambition und einen wahren Diensteiler zeigten, so können solche wieder bei den Regimentern als Officiere Seiner Königlichen Majestät in Vorschlag gebracht werden.

Was Jugendfehler, so von Leuten aus Dummheit und nicht genügsamer Ueberlegung geschehen, betrifft, so muss man solche zuerst nicht mit der grössten Rigueur bestrafen, sondern, wenn es Leute von Ambition sind, so ist die Correction von einem Stabs-Officiere und der Arrest von einigen Tagen süffisant, solche junge Leute zu corrigiren.

3. Da Seine Königliche Majestät wegen der Gefreiten-Corporale gefunden, dass der Umgang, den sie in ihrer Jugend mit dem gemeinen Manne zu viel haben, ihnen immer anklebet, so wollen Höchstdieselben den fünf ältesten Gefreiten-Corporalen von nun an bei den Regimentern Fähnrichs-Patente ertheilen, um ihnen dadurch Ambition beizubringen, dass sie mit Officieren und nicht mit Unter-Officieren und Gemeinen, ausser was im Dienst nöthig ist, Umgang haben. Auf den Wachen, Commando's, bei dem Exerciren, u. s. w., thun aber solche nach wie vor Gefreiten-Corporalsdienste.

Alle junge Edelleute und Officiere, so nicht Ehre und Ambition zum Grunde legen, sondern durch beständige Strafen zu ihrem Devoir sich anhalten lassen, aus solchen ist es schwer, tüchtige und capable Generale zu formiren; da sich aber findet, dass nicht alle Leute egale Talente haben, so müssen diejenigen, welche die wenigste Einsicht und nicht die genügsamen Talente und Ambition besitzen, zum kleinen Dienste, als Visitirung der Quartiere und Lazarethe, zu Exercirung der Recruten (wie solches im Reglement genau detailliret ist) angehalten werden, damit selbige bei den Regimentern doch einigermassen zu gebrau<294>chen sind; diejenigen aber, so am meisten Verstand und Ambition besitzen, die sie dringet, sich von ihrem Metier besser als andere zu acquittiren, deren Conduite gut und vernünftig ist, die keine Faulheit und Schläfrigkeit spüren lassen, sondern sich mit Lust zu allen Stücken ihres Metier appliciren, solche müssen nicht allein das Visitiren der Quartiere und Lazarethe, Exerciren der Recruten und was alles zum kleinen Dienste gehöret, so gut wie die andern thun, sondern sich auch noch mehr auf die Fortification, Geographie, Sprachen, Kenntniss der Länder und deren Beschaffenheit und anderer einem Generale nöthigen Wissenschaften befleissigen. Da nun ohne Zweifel solche Leute ihr künftiges Glück machen können und bei diesem Metier noch das allervornehmste, die Fortification, zu verstehen ist, ohne welche ein General von der Infanterie nie ein rechter General sein kann, so werden Seine Königliche Majestät, um den Officieren ein Mittel an die Hand zu geben, dass sie die gehörige Kenntniss von der Fortification bekommen und sich die Länder und deren Beschaffenheit bekannt machen, in verschiedenen Städten Schulen etabliren, um die Fortification zu erlernen, als, eine in Wesel, wo alle Officiere von der cleveschen Garnison und die vom Regiment von Schenckendorff alle Winter vier Monate, als November, December, Januar und Februar informiret werden können; ferner eine in Magdeburg für die magdeburgische Garnison, ungleichen für die Regimenter Lindstedt, Hülsen, Grabow, Bernburg, Wied und Mosel; eine in Berlin für die märkischen und neumärkischen Regimenter; eine in Breslau für die schlesischen Regimenter; eine in Königsberg für die preussischen Regimenter. Die Gouverneurs und Commandanten in den Festungen werden Ordres bekommen, die von den Regimentern hingeschickten Officiere, so lange sie in ihren Gouvernements sind, zur gehörigen Application anzuhalten, auf derer Conduite mit Acht zu geben, und sollte es etwa sein, dass solche Officiere dem Spiele oder dem Gesöffe nachgingen, oder auch andere liederliche Häuser und Cafés, anstatt sich zu demjenigen zu appliciren, warum sie hingeschickt sind, frequentirten, so wird der Gouverneur oder Commandant in solcher Stadt dergleichen Officiere, so solche unanständige Dinge vornehmen, mit einem Commando arretirt <295>wieder an das Regiment schicken, und sollen dergleichen Leute künftig nicht wieder nach den Städten, um was zu lernen, geschickt werden; und damit dergleichen Abus nicht mehr geschehen mögen, so befehlen Seine Königliche Majestät, dass solchen Officieren zwei jüngere im Rang vorgezogen werden. Seine Königliche Majestät werden in jede dieser militairischen Schulen in vorbenannten Städten Karten von Deutschland geben, welche die Officiere mit grösster Attention nachsehen und sich nicht allein die Festungen, Haupt- und andere Städte und Flüsse, sondern auch die Lage der Länder und deren Beschaffenheit, als bergige Terrains, Plainen und Wege, so viel möglich, bestens bekannt machen müssen, welches das vornehmste ist, was ein Officier und General wissen muss und ausser dem keiner ein rechter General werden kann.

Da die französische Sprache anjetzo unentbehrlich ist und der, so sich darauf befleissiget, in England, Holland, Italien, Polen, Russland und allerwärts fortkommen kann, wenn er auch gleich die andern National-Sprachen nicht verstehet, so recommandiren Seine Königliche Majestät solche einem jeden Officiere bei den Regimentern sehr, damit sich selbige und auch die jungen Edelleute, wo sie Gelegenheit haben, befleissigen solche zu erlernen. Die Officiere bei den schlesischen und preussischen Regimentern können sich auch zugleich, wo nicht alle, doch einige, auf die Erlernung der polnischen Sprache legen.

Da Seine Königliche Majestät gefunden, dass die mehresten Officiere in ihren Garnisonen so viele Faulheit besitzen und sich nicht einmal das Terrain um ihre Garnison bekanntmachen, welches doch sämmtlichen Officieren zu wissen höchst nöthig ist, wenn sie Deserteurs nachgeschickt werden, so befehlen Seine Königliche Majestät den Commandeurs der Regimenter, den Officieren Urlaub zu geben, zu sagen auf einen Tag, um von den bergigen Terrains Kenntniss zu erlangen, sich die Défilés, enge und hole Wege und dergleichen sehr genau bekannt zu machen, welches in allen Garnisonen, wenn die Regimenter ihre Quartiere verändern, geschehen muss.

Seine Königliche Majestät werden zu Revue-Zeiten sich bei den Regimentern genau nach den Officieren erkundigen, die sich <296>am meisten auf die Erlernung der Fortification,322-a Geographie, Sprachen und Kenntniss der Länder beflissen haben. Diejenigen, deren Application und Conduite gut ist, die die wahre Ambition besitzen noch General-Feldmarschälle und commandirende Generale zu werden, haben sich alsdann Gnadenbezeigungen und Avancements zu versprechen. Im übrigen declariren Seine Königliche Majestät hiebei, dass es bei dem Avancement in der Tour bis inclusive zum Oberst-Lieutenant bleiben soll, wofern nicht hin und wieder Officiere durch ihre üble Conduite und andere Fehler Ursache geben, dass ihnen andere vorgezogen werden.

V. VON DER ÖKONOMIE.

1. Bleibt selbige laut des Reglements.

2. Die Regimenter, so keine Beurlaubte berechnen, müssen selbst werben und die Anzahl der Ausländer, so wie ihnen solche durch die Inspecteurs-Commissaires bekannt gemacht werden und complet gegeben, beständig erhalten, künftig keine Recruten unter sechs Zoll anwerben und nicht mehr als zwölf Thaler Handgeld für einen Recruten geben; auch werden jährlich drei Mann per Regiment, nicht unter, wohl aber über neun Zoll, zur Garde abgegeben.

Die Regimenter, so Beurlaubte berechnen, bekommen den Abgang der Ausländer durch die grosse Werbung ersetzt, die Seine Königliche Majestät thun lassen.

Aus den Cantons sollen eigenmächtigerweise keine Leute ohne Seiner Königlichen Majestät expresse Permission genommen werden, und ist die vorgeschriebene Regel, worauf die Commissaires-Inspecteurs zu halten haben, dass, wenn ein beurlaubtes Landeskind stirbt oder dass ein Kerl lahm und invalide beim Regiment wird, von solchen abgegangenen Leuten alle Jahre, Ende Februar, eine Liste an Seine Königliche Majestät eingeschicket werde, welcher Abgang dem Regimente, um die gesetzte Anzahl Landeskinder complet zu haben, wie es die Inspecteurs-Commissaires festgesetzet haben, nämlich per Musketier-Compagnie ein <297>und fünfzig Ausländer und ein und siebzig Inländer, inclusive der Ueber-Completen, per Grenadier-Compagnie acht und fünfzig Ausländer und zwei und siebzig Inländer,323-a vermöge einer desfalls von Seiner Königlichen Majestät zu ertheilenden Ordre, durch Cantonnisten ersetzet werden wird, worüber alsdann die Landräthe auch Ordres erhalten werden, solche Leute an die Regimenter verabfolgen zu lassen.

Es befehlen aber auch Seine Königliche Majestät auf das schärfste und bei viermonatlichem Arreste, dass kein Ausländer eigenmächtigerweise verabschiedet werden soll, sondern wenn grosse Ausländer zu dem Regimente geschickt werden, so soll alsdann eine Liste von solcher Anzahl kleiner Leute an Seine Königliche Majestät eingesandt werden, und soll alsdann an die Regimenter Ordre ergehen, wohin solche Leute zu verwenden sein werden. Die kleinen Leute, Ausländer zu sagen, so unter sechs Zoll sind, werden mit der Zeit bei den Regimentern, so Beurlaubte berechnen, durch grössere ersetzt werden.

Die Chefs und Commandeurs der Regimenter müssen darauf halten, dass die Bursche dasjenige richtig bekommen was ihnen gehört und zukommt; auch müssen alle Jahre die Compagnie-Rechnungen vom Stabs-Officier abgenommen werden, damit dem Soldaten hierunter kein Unrecht geschehe.

Auch wird den Commandeurs bei harter Strafe verboten, dass keine Leinwand für die schlesischen, märkischen, pommerschen und magdeburgischen Regimenter aus Sachsen oder Mecklenburg angekauft, sondern dass selbige in unsern Landen gekauft und genommen werde.

Es soll der Capitain keinen Rock, Hut oder Mütze für den Soldaten in duplo, sondern es soll selbiger alles nur einfach, zu sagen den Rock, Hut oder Mütze, so er trägt, und nichts weiter haben.

Weil gar unnöthig ist, dass die Bataillons ein gar so grosses Geschleppe bei sich führen, so sollen von nun an bei einem Bataillon Infanterie nicht mehr als zwei Compagnie-Wagen gut gethan werden. Die Brodwagen, so den Regimentern für eisern gegeben, müssen beständig in gutem Stande erhalten werden.

<298>Seine Königliche Majestät befehlen, dass das Tuch zu den Montirungen, das Gewehr und Lederzeug für die Augmentation, wenn Seine Königliche Majestät die Regimenter auf den Kriegsfuss setzen wollen, welches Tuch, Gewehr und Lederzeug durch den Obersten von Wartenberg,


alles in Vorrath angeschafft wird, in gutem Stande gehalten werden soll, damit, wenn Seine Königliche Majestät befehlen, dass die Regimenter augmentirt werden sollen, die Montirungen gleich angefertigt werden können und das Gewehr und Lederzeug keiner Reparatur bedarf.

Die Commissaires-Inspecteurs müssen, wenn sie die Regimenter visitiren, alles genau nachsehen, ob zur Augmentation auch alles für jede Provinz in den obbenannten Städten vorhanden und ob solches in gutem Stande sei.

Alle Listen, so an Seine Königliche Majestät von den Regimentern eingeschickt werden, müssen exact und richtig sein, und befehlen Seine Königliche Majestät bei Cassation, dass die Commandeurs solche vorhero genau nachsehen und examiniren sollen. Derjenige Commandeur, so hierunter etwas verabsäumt und nicht vorher untersuchet, ob alles seine Richtigkeit hat, soll sogleich ins Kriegsrecht und auf das härteste bestraft werden.

Potsdam, den 11. Mai 1763.

Friderich.

Seine Königliche Majestät befehlen dem Regimente, dass solches alle Anfragen, Vorschläge und auch alle Rapports, ohne Ausnahme, an den Commissaire-Inspecteur thun soll, welcher davon alle Monate einen General-Rapport an Seine Königliche Majestät einsenden wird.


317-a Die bei Artikel I., II. und III. genannten Beilagen bilden die Artikel I., II. und III. des Anhangs zu dem Reglement. gegeben 1779.

322-a Siehe Bd. XXIX. S. 67.

323-a Siehe oben, S. 125, Art. 9.