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ANHANG. AN DEN OBERST-LIEUTENANT VOM CORPS CADETS DEN VON OELSNITZ.

Charlottenburg, den 28. Juni 1740.



Mein lieber Oberst-Lieutenant von Oelsnitz,

Den mit Eurer Vorstellung vom 19. dieses eingesandten Verpflegungs-Etat vom Corps Cadets habe Ich erhalten, und, nachdem Ich dessen Einrichtung mit mehrerm ersehen, darauf resolviret, dass zuvörderst der bisherige Profoss abgeschaffet und dessen Tractament und Montirungs-Gelder von nächstkünftigem Monat an gänzlich cessiren sollen.

Die für die Speisung der Cadets ausgesetzte Summe im Etat beträget jährlich über zehn tausend Thaler; weil aber verlauten will, als ob die Cadets für solches Geld nur schlecht gespeiset würden, so sollet Ihr auf Eure Pflicht wohl überlegen, ob nicht für dieses so considerable Geld die Cadets besser gespeiset werden können; zu welchem Ende Ihr einen ordentlichen Tageszettel machen sollet, was für Essen den Cadets an jedem Tage der Woche gegeben werden muss, und sollet Ihr Mir insbesondere dafür responsable sein, dass die Cadets jedesmal gut, auch propre und reinlich gespeiset werden. So muss auch bei der Küche wohl auf die Propreté gesehen und das Zimmer reinlich gehalten und öfters gescheuert werden.

Bei den Maitres urtheile Ich, dass deren von der einen Art zu viel, von andern aber zu wenig sind. Es ist nämlich ohnmöglich, dass der eine Ingenieur-Major Frauendorff die Cadets hinlänglich mit Information versehen könne, dahero Ich dem Obersten von Walrave9-a bereits Ordre gegeben habe, noch zwei Conducteurs vorzuschlagen, <10>welche unter dem Major Frauendorff mit informiren, jeder von ihnen aber das gewöhnliche Conducteur-Tractament, à acht Thaler monatlich, auf den Etat des Corps des Cadets bekommen soll. Hergegen sollet Ihr wohl examiniren, ob nicht zu viel Schreib- und Schulmeister10-a bisher gehalten worden. und für das künftige einige von ihnen retranchiret werden können. Zu französischen Sprachmeistern müssen keine schlechte Leute und die man dadurch etwa nur zu versorgen gedenket, sondern recht tüchtige und fleissige Leute genommen werden, und muss bei jeder Compagnie ein Sprachmeister sein, damit die Cadets in dieser Sprache hinfüro mehr profitiren, als bisher nicht geschehen. Zu der noch unbesetzten Tanzmeisterstelle sollet Ihr Mir nächstens ein geschicktes Subjectum vorschlagen. Ueberhaupt desiderire Ich bei der ganzen Information, dass solche mit den Cadets pêle-mêle geschehen und darunter kein genügsamer Unterschied gemachet worden; daher denn Mein Wille ist, dass hinfüro jede Compagnie bei der Information in gewisse Classen eingetheilet werden soll, so wie solches in andern Schulen gebräuchlich ist, und müssen diejenigen, so in einer Wissenschaft schon was erlernet haben, oder welche ein besonderes Genie dazu bezeigen, in einer besondern Classe informiret werden, diejenigen aber so nur mittelmässige Profectus haben, in einer aparten Classe instruiret, und endlich die Anfänger wieder besonders in einer Classe angeführet werden, bis sie weiter kommen und in die folgende Classe gesetzet werden können.

Mit den kleinen Montirungs-Stücken und demjenigen, so zur Unterhaltung des Gewehres, imgleichen was den Pauvren zur Beihülfe gegeben worden, soll auch von nun an mehrere Ordnung gehalten werden, dergestalt dass jeder Cadet sein eigenes Buch haben soll, in welches, so oft er etwas an kleinen Montirungs-Stücken oder sonst etwas bekommet, solches jedesmal sogleich eingeschrieben werden soll; der Capitain von der Compagnie aber soll ein Buch dagegen halten und alles richtig eintragen, mit welchen Büchern hiernächst diese Ausgaben in der jährlichen Rechnung beleget werden sollen. Die Rechnung aber soll alle Jahre den 1. oder 2. October durch einen Stabs-Officier abgenommen werden, welchen Ich dazu beordern will, und weswegen jedesmal zur rechten Zeit von Euch Erinnerung geschehen muss.

Zur Reparation des Exercitien-Hauses10-b sind im Etat bisher vier <11>hundert drei und fünfzig Thaler ausgesetzet worden; hinfüro aber soll deshalb nicht mehr passiren als hundert drei und fünfzig Thaler jährlich, mit welcher Summe, ein Jahr in das andere gerechnet, gedachte Reparation bestritten werden muss. Endlich sollet Ihr auch die Disposition machen, damit auf jede Kammer der Cadets ein Gewisses an Puder und was sonsten zur Reinlichkeit und zur Propreté gehöret gegeben werde, denn die Cadets in allen Stücken propre sein müssen, damit die Eltern Lust bekommen, ihre Kinder unter das Corps zu schicken. Nur gedachte Ausgabe aber für Puder und dergleichen soll aus dem Bestande bezahlet werden, und die Cadets von ihrem Gelde nichts dazu geben.

Uebrigens ist Meine Intention, dass die Cadets wohl und durch Ambition gezogen, nicht aber durch die Feldwebel auf brutale Art, wie bisher wohl geschehen sein mag, tractiret werden sollen, und wird zu deren guten Erziehung vieles beitragen, wenn die Feldwebel sich gegen selbige vernünftig conduisiren, die Capitains aber mit guten Manieren und geschickter Aufführung ihnen zum Exempel dienen.

Ihr habt demnach alles Vorstehendermassen einzurichten, über dasjenige aber, so zu völliger Regulirung des Etats annoch desideriret worden, zu seiner Zeit Euren Bericht einzuschicken. Ich bin

Euer wohlaffectionirter König.
Friderich.


10-a Die Kalligraphen unterrichteten auch in wissenschaftlichen Gegenständen, z. B. in der Geschichte und Geographie; die drei Schulmeister hatten es nur mit den vielen Anfängern zu thun, welche lesen und schreiben lernten. So ist es wesentlich bis 1765 geblieben. Siehe Bd. VI., S. 110 und 111.

10-b Damit ist das Cadetten-Haus gemeint. Im Jahre 1776 wurde das jetzige Cadetten-Haus, mit der Inschrift Martis Et Minervae Alumnis, erbaut.

9-a Siehe Bd. XXVI., S. 116.