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21. AN DEN KÖNIG FRIEDRICH WILHELM I.

Cüstrin, den 1. September 1731.



Allergnädigster König und Vater,

Ich danke meinem allergnädigsten Vater ganz unterthänigst für den Brief, so Sie die Gnade gehabt, mir zu schreiben; ich gestehe, dass ich solche Gnade nicht verdient habe, und schätze sie desto höher derowegen. Was meine vorige Conduite angehet, so muss zu meiner Scham gestehen, dass ich solche nicht excusiren kann, und bitte nur ganz unterthänigst, Sie haben die Gnade, solche zu vergessen. Dieses Andenken ist mir so schmerzhaft, dass ich es nicht genug bereuen kann; was aber das Zukünftige anlanget, so versichere meinem allergnädigsten Vater ganz unterthänigst und aufrichtig, dass, da ich Ihn gebeten, Soldat zu werden, solches nicht aus Flatterie, sondern recht von Grund meines Herzens gegangen sei, und versichere, dass ich keine der Mittel, so Sie mir gnädigst indiquiret, um darzu zu gelangen, aus der Acht lassen kann. Nichts kränket mich aber in der Welt mehr, als dass ich Manchen durch voriges mein unglückseliges Project mag geärgert haben. Wollte Gott, ich hätte sobald Gelegenheit, als ich es wünschte, diesen Flecken aus meinem Leben zu vertilgen! Und da jetzo das Spargement hier gehet, als wenn die Polen, an die sechs tausend Mann stark, hier einfallen würden, so hoffe, mein allergnädigster Vater werden mir, falls diese Rede wahr sei, erlauben, einige Gelegenheit um mich zu distinguiren, zu suchen; übrigens werde, so viel möglich, mich auf die Wirthschaft und Menage zu appliciren suchen. Vergangenen Montag bin auf der Entenjagd beim Obersten Wreech gewesen,3_24-a habe aber oft gefehlet und nichts geschossen, und Mittwoch bin nach dem Wollup gewesen, woselbst ich mich sehr verwundert, dass er vor diesem nicht mehr als sechzehn hundert Thaler getragen hat und jetzo <22>auf zwei und zwanzig tausend Thaler gestiegen ist; glaube aber, dass noch ein Haufen Verbesserungen daselbst zu machen wären, woferne die Brücher noch geräumet würden, die jetzo keinem Menschen Vortheil schaffen und so dick sind, dass es zu keiner Weide, noch zu nichts dienen kann, und ist ohnedem nichts als Elsen- und Birkenholz, was dar stehet; ich glaube gewiss, dass diese Verbesserung ein tausend Thaler zehn mehr einbringen sollte, denn dieses ist lauter Weizenland. Ich habe alle Anstalten des Oberamtmanns gesehen, welche man für die regulirteste Wirthschaft hier hält; er lässt wieder eine Scheune mehr bauen, als dar gewesen, und übrigens hat er das verstorbene Vieh alles wieder angeschaffet. Ich habe auch nachgehends nach einem Hirsch und nach einem Schmalthier geschossen; weilen mir aber die Büchse in der Hand ein paar Mal los gegangen, so habe nichts getroffen; jetzunder aber werde fleissig nach dem Ziel schiessen, um wieder in Uebung zu kommen.3_24-b Donnerstag bin beim Director3_25-a zu Gaste gewesen, wo wir allezeit die Freiheit genommen haben, meines allergnädigsten Vaters Gesundheit zu trinken, und gestern bin etwas ausgefahren gewesen, da mir der Oberst Wreech seine Haushaltung gewiesen, und ich mich etwas daselbst aufgehalten. Uebrigens empfehle mich in meines allergnädigsten Vaters beständige Gnade, und verspreche nochmalen ganz unterthänigst, Dero Willen, so viel in meinen Kräften stehet, nachzuleben, und übrigens mit ewiger Treue und unaufhörlichem Respect bis an mein Ende zu verbleiben, u. s. w.


3_24-a Der Oberst von Wreech, auf Tamsel bei Cüstrin, war mit einer Enkelin des sächsischen Feldmarschalls von Schöning vermählt, welche eine Frau von grosser Liebenswürdigkeit war. Friedrich hat damals mehrere Briefe und Gedichte an Frau von Wreech gerichtet, welche sich Band XVI., S. 7-20 finden.

3_24-b Es ist bekannt, dass Friedrich niemals Vergnügen an der Jagd gefunden hat. Siehe besonders das vierzehnte Capitel seines Antimachiavels, Band VIII., S. 119-123, auch Bd. XXIII., S. 241. Der Brief, vom 2. März 1740, in welchem König Friedrich Wilhelm I. dem Fürsten Leopold von Anhalt-Dessau seine besten Jagdhunde zum Geschenk anbietet, fängt an : « Weil ich in dieser Welt ausgejaget habe, und also die Parforce-Jagd ganz aufgeben will, um die unnützen Kosten einzuziehen, indem mein ältester Sohn auch kein Liebhaber der Jagd ist, noch werden wird, so, u. s. w. » Siehe L. von Orlich, Geschichte der schlesischen Kriege, Band I., Seite 286.

3_25-a Friedrich meint den Kammer-Director Hille. Siehe J. D. E. Preuss, Friedrichs des Grossen Jugend und Thronbesteigung. S. 123 und 124-127.