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XXXVIII. INSTRUCTION FÜR DIE SCHLESISCHE INFANTERIE-INSPECTION DES GENERAL-MAJORS VON GÖTZEN.[Titelblatt]

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INSTRUCTION FÜR DIE SCHLESISCHE INFANTERIE-INSPECTION DES GENERAL-MAJORS VON GÖTZEN.

AN DEN GENERAL-MAJOR VON GÖTZEN.

Breslau, den 27. August 1785.



MEIN LIEBER GENERAL-MAJOR VON GÖTZEN,

Da Ich den General von Tauentzien auf sein Ansuchen von der bisher gehabten Inspection über die schlesischen Infanterie-Regimenter degagiret und nun für gut gefunden habe, diese Inspection zwischen Euch und Meinem General-Lieutenant Grafen von Anhalt zu theilen, dergestalt, dass Ihr folgende Regimenter unter Eure Inspection bekommen sollet, nämlich Euer unterhabendes Regiment, ferner das Regiment von Hager, von Rothkirch, von Schwarte und von Zaremba, benebst den Garnison-Regimentern von Heyking, von Kenitz, und von Sass zu Cosel, so habe Ich Euch solches zu Eurer Achtung hiedurch bekannt machen wollen, um Euch deshalben zu arrangiren. Was das Regiment von Sass betrifft, so ist es genug, wenn Ihr des Jahres einmal dahin gehet nach Cosel, um es zu besehen, dagegen die andern Regimenter Euch näher an der Hand sind, die Ihr denn auch schon öfter, nachdem es nöthig ist, besehen könnet. Uebrigens aber werde Ich Euch wegen alles dessen, was bei der Inspection zu beachten und worauf Ihr dabei zu sehen habt, noch eine besondere Instruction ertheilen. Ich bin, u. s. w.

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INSTRUCTION.



MEIN LIEBER GENERAL-MAJOR VON GÖTZEN,

Gegenwärtig habe Ich Euch nunmehro die nähere Instruction in Ansehung der Eurer Inspection anvertrauten Regimenter und was dabei zu beobachten, hiedurch ertheilen wollen. Ihr wisset zum Theil, dass Ich mit den Regimentern sehr übel zufrieden gewesen bin;446-a aber der vornehmste Fehler ist, dass alle die soliden Sachen über den Dienst für Spielwerk genommen und nichts mit wahrem Ernste betrieben worden. Das Eigentliche der Inspection und was der Inspector zu thun hat, besteht nicht in Revision des Regiments, um zu sehen ob das Exerciren so gehet wie Ich es befohlen habe; es ist das freilich ein Theil mit was dazu gehöret, aber vornehmlich ist nöthig zu sehen auf die Officiere, ob sie einen jeden anhalten zu dem, was seine Schuldigkeit ist, und muss Mir sodann davon ein Rapport auf Ehre und Reputation gemacht werden, besonders von den Stabs-Officieren, die das ihrige nicht gehörig thun, entweder aus Religion446-b oder aus Flüchtigkeit, und wo es nöthig, andere in ihre Stelle zu setzen, die besser sind. Die besten Capitains in der Inspection und die zum mehresten versprechen gute Stabs-Officiere zu werden, müssen notiret werden; was hingegen niederträchtige Leute sind, die keine gute Conduite haben, müssen Mir angezeigt werden, dass man sie wegschaffen kann. Das vornehmste, worauf sodann bei den Regimentern zu sehen, ist die Égalité; ein Regiment muss sein wie das andere, dass man keinen anderen Unterschied siehet bei den Regimentern, wie den von der Montirung, und müssen<447> beide Inspectores, nämlich Ihr mit dem General-Lieutenant von Anhalt, mit einander bisweilen communiciren über das, was so vorzunehmen; absonderlich was die Schritte sind, das muss sein bei dem einen Regimente wie bei dem andern, denn alle machen nur eine Armee und müssen sich also vollkommen egal sein. Aber das vornehmste und wodurch sie sich den besten Verdienst bei Mir erwerben können, bestehet darin, dass eine bessere Zucht in die Officiere kommt, dass Ihr Euch bemühet, selbigen mehr Ehre und Ambition beizubringen, und absonderlich den jungen Schlesiern das flüchtige Wesen und die Leichtsinnigkeit benehmet, was selbigen jetzt so anhängt; denn kaum sind sie acht Tage Officiere, dann nehmen sie schon den Abschied aus einer vorgeblichen Krankheit, die nicht gegründet ist, und hernach, wenn sie ihr bischen Geld verzehret haben, so kommen sie wieder und verlangen grosse Belohnungen und Posten für die grossen Dienste, die sie geleistet haben. Also könnet Ihr den Leuten nur sagen, wer einmal aus dem Dienste weg ist und hat nicht vor dem Feinde Schaden genommen, dass er etwa stark blessiret ist, der hat kein Emplacement zu gewarten.

Ihr wisset alles, wie das sein soll und wie das befohlen worden, wie Ich bin im Lager gewesen, dass nämlich alle Sachen in der gehörigen Ordnung geführet und erhalten werden sollen, denn das ist nur pure Faulheit von den Officieren, wenn das nicht geschiehet. Die Generale müssen alle reiten, wie das ebenfalls im Lager befohlen worden, sonst macht sie das hernach unbequem, weil es ihnen dann zu schwer ist, in Schritt oder in Galopp zu kommen. Was im übrigen das weitere Detail ist, das habe Ich Euch schon gesagt und darf es nicht hier noch wiederholen. Ueberdem habe Ich jedem Regimente eine eigene Instruction zugeschickt,447-a wie sie sich nehmen<448> sollen; allein, wenn darnach nicht gesehen wird, so hilft das alles nichts. Desgleichen ist auch nöthig, dass hin und wieder die Officiere ein wenig gestraft werden, wenn sie nicht die gehörige Attention im Dienst bezeigen. Dieses ist alles, was Ich Euch zu Eurem Verhalten weiter sagen kann. Meine Intention, und wie Ich will, dass alles sein soll, ist Euch ohnedem schon bekannt. Ihr werdet also alles auf das beste besorgen und es darunter an keinem Fleisse und Mühe ermangeln lassen. Zugleich erfolgt hiebei ein Aufsatz, wie die Inspection getheilet worden, zu Eurer Nachricht, desgleichen auch ein Vorspannpass zu Eurem Gebrauche, auf dass Ihr die Regimenter Eurer Inspection nach Erfordern der Umstände bereisen könnet. Ich bin, u. s. w.

Breslau, den 28. August 1780.

AN DEN GENERAL-MAJOR VON GÖTZEN.

Potsdam, den 3. September 1785.



MEIN LIEBER GENERAL-MAJOR VON GÖTZEN,

In Gefolge Meiner Euch unterm 28. August wegen der Euch anvertrauten Inspection ertheilten Instruction habe Ich Euch noch nachstehendes zu erkennen geben wollen. Unter den Regimentern von Eurer Inspection, wozu auch das Bataillon von Troschke zu Silberberg annoch gehört, ist dasjenige, was Ich zum besten gefunden, das Regiment von Hager. Demselben könnt Ihr auch deshalben in Meinem Namen ein Compliment machen. Bei Eurem eigenen unterhabenden Regimente war es auch passable. Nur die Stabs-Officiere müssen nicht so herumlaufen und die Majors und Adjutanten auf die Distancen besser sehen. Das Regiment von Zaremba ist etwas besser gewesen wie vorm Jahre. Aber der grösste Fehler ist immer, dass sie nicht geschlossen bleiben und so aus einander laufen. Die schlechtesten beiden Regimenter sind die von Schwartz und von Rothkirch. Sonsten, wie Ich sie bei Neisse gesehen, habe Ich solche recht gut gefunden;<449> aber dieses Jahr haben sie denselben Fehler gehabt, dass sie aus einander liefen. Das macht, die Stabs-Officiere geben nicht Acht. Da ist der Oberst von Amaudruz von Rothkirch und es kann wohl sein, dass an dem was mit lieget, weil er nicht hier im Dienst erzogen worden. Dieses müsst Ihr also näher nachsehen, wie es damit eigentlich ist, und Mir sodann darüber berichten. Das übrige alles ist Euch in der vorgedachten Instruction bereits gesaget und Euch auch sonsten schon bekannt, wie Ich will, dass es bei den Regimentern sein soll. Vorzüglich muss auf Égalité bei den Schritten gesehen worden in den differenten Garnisonen, dass darunter alles gleich und der Schritt durchgehends egal ist, dass es ist wie ein einziges Regiment; denn wenn ein Regiment stark marschiret und das andere schwach, so muss das nothwendig Confusion machen.

Demnächst müssen wir auch, ob wir schon jetzt in Friedenszeiten leben, die Kriegsgedanken nicht einschläfern lassen; und aus dem Grunde ist nothwendig nöthig die Regimenter zu gewöhnen Seiten-Patrouillen zu machen, absonderlich wo Höhen und Wälder sind. Wenn Officiere Seiten-Patrouillen machen, so müssen sie drei hundert Schritt abbleiben von den Regimentern, und Unter-Officiere vier hundert Schritt. Wo Berge und Anhöhen sind, da müssen sie solche immer erst mit ein paar Pelotons besetzen lassen, ehe sie durchmarschiren; und wenn sie so was machen wollen, muss das immer im Herbst geschehen, wenn das Korn aus dem Felde weg ist; aber im Frühjahr geht das nicht an.

Hiernächst muss auch bei den Officieren, die sie auf Werbung schicken, darauf gesehen werden, dass das keine Windbeutel oder solche Leute sind, die viel Geld depensiren, sonsten bringen sie nur einen Haufen Geld durch und schaffen nur schlechtes Volk an. Aus dem Reiche müssen sie keine andere Leute nehmen, als die zum wenigsten sechs Fuss gross sind, nicht über zwei und vierzig Jahr alt sind; und wenn sie finden, dass die Officiere auf der Werbung nicht fleissig sind, so müssen sie solche zurückkommen lassen und bestrafen. Bei den Rapports, die sie Mir machen, müssen sie Mir bei jedem Regimente die besten Officiere anzeigen, es seien solche Capitaine, Lieutenants, und wenn es auch Fähnriche sind, die Fleiss und Munterkeit, auch Activität im Dienst bezeigen. Was aber solche Windbeutel sind von Officieren, die den Abschied haben wollen, so ohne alle Ueberlegung, muss man suchen solche zur Raison zu bringen. Wo aber das nicht hilft und sie darauf bestehen bleiben, so muss selbigen zu erkennen gegeben werden, dass sie nie auf eine Bedienung oder sonstige Versorgung Rechnung machen dürfen, es müsste denn sein, dass bei dem einen oder dem andern die Krankheit wirklich vorhanden und es nicht möglich wäre beim Regiment länger zu dienen. Wenn alte Unter-Officiere ausrangirt werden, so müssen sie besorgen und darauf dringen, bei der Regie, auch beim Salz- und Tabackswesen, dass sie mit solchen<450> Diensten versorget werden, denen sie vorstehen können. Desgleichen auch, wenn alle Bursche sind, die ausrangirt werden und etwas schreiben können, die müssen sie ebenfalls suchen unterzubringen. Und wenn Ihr damit nicht,450-a so habt Ihr nur an Mich davon zu berichten und Mir den Namen und die Sache anzuzeigen.

Dieses ist es, was Ich Euch zu Eurem Verhalten in Ansehung der Eurer Inspection anliegendermassen anvertrauten Regimenter annoch habe sagen wollen; wobei Ich Euch noch bekannt mache, dass die in den schlesischen Festungen stehende Artillerie-Garnison, Compagnien und Commando's unter der Inspection der jeden Orts befindlichen Gouverneurs oder Commandanten verbleiben. Wornach Ihr Euch also überall zu achten habt. Ich bin, u. s. w.

AN DENSELBEN.

Potsdam, den 5. October 1785.

.... Nämlich es müssen Mir immer von den Inspecteurs die Anzeigen geschehen, welches die besten Capitaine bei den Regimentern sind. Dazu wird erfordert ein Mensch, der Verstand hat, der exact in seinen Sachen ist, der Lust zum Dienst hat und einen gewissen Eifer besitzet vor der Welt sich Reputation zu machen. Wenn Ich solche Leute weiss, so kann Ich gute Stabs-Officiere behalten, denn Ich kriege sie wenn sie so sehr veraltert noch nicht sind, und sie werden Stabs-Officiere da sie in ihrer besten Force sind, dass man sie sodann mit Nutzen gebrauchen kann. Darauf muss also mit der grössten Attention gesehen und Mir nach der Wahrheit angezeigt werden, welches die besten Capitaine bei den Regimentern sind, und wenn ein solcher etwa der dritte Capitain ist, so setze Ich ihn bei vorkommender Gelegenheit wie Major bei einem andern Regimente hin; denn auf gute Stabs-Officiere kommt alles an; sind diese bei den Regimentern recht gut ausgesucht, so kann man versichert sein, dass die Regimenter dann auch gut sind. Hiernächst muss auch auf die Zucht der Officiere genau gesehen werden, vornehmlich bei den Jüngern Officieren und bei den Frei-Corporalen. Junge Leute sind immer etwas flüchtig und machen wohl Sottisen; das muss jedoch nicht allemal nach der grössten Rigueur genommen werden, sondern<451> das kommt immer auf die Umstände an. Wenn sie sich aber so sehr in Schulden verthun und sich nur zu liederlichen Sachen appliciren und das Gute negligiren, so ist gewiss sein Tage von solchen Leuten kein guter Dienst zu erwarten; denn wenn ein Officier seine Schulden nicht bezahlen kann, so zieht das immer sehr üble Folgen nach sich, und darum muss man auch auf das Spielen sehr scharf sein, dass das nicht einreisst. Was denn hingegen solche Officiere betrifft, die wahre Lust und Eifer zum Dienst bezeigen, fleissiger beim Exerciren sind wie andere, oder sonsten sich vor andern hervorthun, diese müssen von den Commandeurs der Regimenter und Bataillons auch vor andern distinguiret und immer den Inspecteurs angezeigt werden. Und wenn auch Leute sind, die sich vorzüglich über die andern distinguiren, die müssen ebenfalls auch an Mich gemeldet werden. Ueberhaupt ist das eine sehr wichtige Sache, auf die Zucht der Officiere ganz genaue Acht zu haben. Es müssen daher die Inspecteurs deshalben sehr fleissig nachsehen und im übrigen bei den Regimentern alles so einführen, wie Ich es hier befehle. Ich habe Euch also dieses hiedurch zu Eurer Achtung annoch zu erkennen geben wollen und bin, u. s. w.


446-a Der König hat die hier erwähnte Unzufriedenheit auf das schärfste ausgesprochen in einem Schreiben an den General von Tauentzien, Potsdam, den 7. September 1784. Siehe Annalen des Krieges und der Staatskunde. Berlin, 1806, Band III., S. 252-254.

446-b Das Wort Religion scheint in dem Texte, welchem wir folgen, ein Druckfehler zu sein.

447-a Damit ist die Instruction für die Infanterie-Regimenter, Breslau, den 24. August 1785, gemeint, welche sich in dem Militair-Wochenblatt vom 12. October 1833, Nr. 903, S. 5019, findet.

450-a Lücke im Original.