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XXXIV. INSTRUCTION FÜR DIE INSPECTEURS DER CAVALLERIE.[Titelblatt]

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INSTRUCTION FÜR DIE INSPECTEURS DER CAVALLERIE.

AN DEN GENERAL-MAJOR VON BOSSE.

Potsdam, den 5. August 1781.



Mein lieber General-Major von Bosse,

Da Ich für nöthig befunden für die Inspecteurs der Cavallerie eine nähere Instruction zu ertheilen, welche hauptsächlich die Officiere bei den Regimentern angehet, dass sie nämlich fleissig sind, zum Dienst sich appliciren und vornehmlich auf alles was Patrouillen angehet völlig eingeschossen sein sollen, damit sie in den Sachen geübt und geschickt gemacht werden, um hiernächst im Kriege, wenn die Gelegenheit dazu ist, davon den besten Gebrauch mit Vortheil zu machen zu wissen, so übersende Ich Euch anliegend diese Instruction mit der Aufgabe, solche den Commandeurs der Cavallerie-Regimenter Eurer Inspection403-a in Abschrift mitzutheilen und sie darauf zu verweisen, dass sie sich darnach achten und auf das darin Vorgeschriebene ernstlich halten sollen; wie Ihr denn auch Eures Orts selbst dahin zu sehen, dass solcher gehörig nachgelebet wird, und wenn Ihr Officiere dabei findet, die sich distinguiren und vorzüglich fleissig sind und sich appliciren, so habt Ihr Mir solche bekannt zu machen. Ich bin übrigens Euer wohlaffectionirter König,

Friderich.

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INSTRUCTION.

Ich erneure nicht die vorigen Ordres, die Ich ihnen schon gegeben habe, welche ihnen schon längst bekannt sind, also die Ordres, den gemeinen Mann im Reiten zu dressiren, die Arten, wie die Attaquen müssen gemacht werden, dass die Pferde immer gradeaus geführt werden; die differenten Manœuvres müssen vor wie nach observiret werden. Was Ich hiebei hinzusetze, gehet vornehmlich die Zucht der jungen Officiere an, denn wenn auch die Regimenter in der besten Ordnung von der Welt sind und die Officiere nicht gut gezogen werden, so wissen sie nicht den gehörigen Gebrauch von ihrer Force zu machen. Eine Sache muss Ich dabei erinnern, die im vorigen Kriege ist negligirt worden, und die bestehet darin, dass die Officiere in währendem Lager gar keine Attention auf die Fütterung der Pferde gehabt haben, und so weit, dass der gemeine Mann, wenn er von Fouragirung zurückgekommen ist, das Futter an die Marketender verkauft hat, wodurch die Dienstpferde bei vielen Regimentern sind entkräftet worden. Um dieses zu verhüten, so müssen die Officiere in Friedenszeiten beständig darauf Acht haben, dass sie nach der Fütterung sehen. Dieses ist keine Kleinigkeit, nicht weil ein Regiment mit entkräfteten Pferden zu nichts zu gebrauchen ist, sondern unnütz und der Armee zur Last ist. Aber bei diesem muss man nicht stehen bleiben; wenn ein Officier von der Cavallerie vollkommen soll formiret werden, so muss er vornehmlich auf alles was Patrouillen angehet vollkommen eingeschossen sein. Ist es im Lager, so muss er sich alle Wege und Fussstege, so vor der Armee und auf beiden Flanken sind, bekannt machen, dass er sie alle kennt, damit, wenn er einen Weg gegen den Feind genommen hat, er den andern<405> wieder zurück nehmen kann. In Plainen werden die Patrouillen leicht, weil das Auge von nichts gehindert wird und nur dabei zu observiren ist, dass sie, so viel es möglich ist, die Dörfer umgehen, und zwar mit dem Klumpen, und nur einige Flanqueurs herein schicken, um zu wissen was darin ist, ihrer Sicherheit wegen. Durch hole Wege muss man nicht gehen, wenn nicht vorher hingeschickt um zu sehen ob was da ist. Durch Wälder sind die Patrouillen am beschwerlichsten; denn stehen Posten von der Infanterie darinnen, so muss die Patrouille nicht einmal schussmässig herankommen, indem sie sonst unnützerweise Leute oder Pferde blessiren lässt; ist keine Infanterie in dem Walde, so muss die Patrouille erstlich mit einzelnen Leuten visitiren lassen, um dass sie mit Sicherheit durchkommen kann, und im übrigen von allen Orten, wo Infanterie sein kann, so muss sie sich davor hüten, weil sie da nichts ausrichten kann. Bei den Feldwachen, die um die Armee stehen, müssen die Patrouillen, sobald wie der Tag fällt, von Viertel- zu Viertelstunde kreuzweis gehen, sowohl um die Desertion der Armee zu verhindern , als auch Espions feindlicherseits sofort zu arretiren und nach dem Hauptquartiere zu schicken. Ist es auf Postirung in den Winterquartieren, so müssen in der Nacht beständig Patrouillen gehen, damit der Posten bei Zeiten kann avertiret und vom Feind nicht kann überfallen werden. Wenn der Feldposten des Nachts unweit der Wache von der Infanterie gezogen worden, so haben sie nichts zu besorgen, wenn sie nur zu Pferde sind, um dass sie sich nicht zu Fusse überfallen lassen.

Bisher habe Ich nichts als vom defensiven Kriege gesprochen; nur muss Ich dabei hinzusetzen, dass absonderlich die Officiere sowohl als die Unter-Officiere, wenn die Patrouillen müssen angehalten werden, wahre, vernünftige und deutliche Rapports mitbringen, damit man auf ihre Rede Staat machen kann, und diejenigen, die sich am meisten distinguiren, müssen allezeit vorgezogen werden.<406> Alles dieses was den defensiven Krieg angehet ist so weit gut, aber damit ist es nicht ausgemacht, indem Mir die Officiere am liebsten sind, wenn sie sich mit offensiven Projecten um den Feind bekümmern, und es ist kein Lieutenant oder Cornet von der Cavallerie, dem die Gelegenheit nicht was dazu anbietet, wenn sie nur Lust zu ihrem Handwerke haben, sich zu distinguiren.

Mit den Patrouillen lernen sie Wege kennen und kriegen die wirklichen Ideen von Terrain in den Kopf, recognosciren des Feindes seinen Posten und sehen von welcher Disposition er sich gesetzt hat. Sie erfahren, in welche Oerter der Feind seine Patrouillen schickt und wo sie durchgehen.

Auf diese Kenntnisse können sie ihre Projecte formiren. Ist es dass der Feind seine Feldwachen exponirt hat, so entstehet das Project daraus sie zu alarmiren, und um das zu thun, muss man wohl wissen, wo der Feind seine Vedetten zu stehen hat und alle Précaution, die er zu seiner Sicherheit nimmt. Wer so einen Posten aufheben will, der muss nicht auf die Vedetten treffen, sonst wird er entdeckt; dieselben muss er umgehen. Der Ueberfall muss nächtlicher Zeit geschehen, damit man nicht entdeckt wird, und wo es möglich ist, so muss man ihnen in den Rücken kommen, welches immer am sichersten und leichtesten ist. Das Feuer entdeckt den Ort, wo die Wache steht, also kann man sich darnach richten. Wenn nur keine Infanterie dabei ist, so kann die Sache einen guten Ausschlag haben, ohngeachtet dass die Feldwache unter dem Feuer ihrer Kanonen stehet; denn des Nachts können die Kanonen nicht feuern, weil sie nichts sehen können und auf ihre Leute schiessen könnten. Solches Unternehmen muss geschwinde executiret werden und mit den Gefangenen gleich in der Geschwindigkeit zurückgegangen werden. Verfolgen geht gar nicht, denn man würde sich dem Feinde nähern, und diejenigen, die ihn verfolgten, würden durch die Uebermacht zurückgeschmissen werden und leicht dabei<407> verlieren. Wer dergleichen Projecte macht, muss dabei observiren die Stärke des Feindes, ohngefähr auf die Art : die Feldwache, die ich attaquiren will, ist fünfzig Mann stark, aber fünf hundert Schritt davon stehet eine andere Feldwache von hundert Pferden, also brauche ich zwei hundert Pferde; mit hundert Mann hebe ich die fünfzig auf und hundert Mann postire ich zur Reserve, wenn der Succurs käme, damit ich ihnen auf den Hals fallen kann; fünfzig Mann bringen die Gefangenen fort, also behalte ich noch hundert fünfzig Mann um den Feind zu repoussiren und die Retraite zu decken. Dergleichen Dispositions lassen sich auch auf eine andere Art machen, um dem Feinde seine Patrouille aufzuheben. Die Oerter, wo der Feind seine Patrouille macht, werden bekannt, denn es sind ohngefähr dieselben; die Stunde ist ordinär gegen Anbruch des Tages; die Stärke der Patrouillen ist leicht zu erfahren, wenn man nur Achtung giebt, welches einerlei ist, es seien dreissig, fünfzig oder hundert Pferde. Die Officiere, welche die weitesten Patrouillen machen von den Husaren und Dragonern, gehen ohngefähr den Weg, den der Feind kennt, also muss ihnen das Terrain, wo der Feind passiret, wohl bekannt sein; es sind keine Oerter, wo nicht entweder Gründe sind, Feldbrücken oder kleine Büsche, wo sie ein Versteck machen können. Macht der Feind seine Patrouille mit hundert Pferden, so ist immer besser zwei hundert dagegen zu gebrauchen, um sicher von seiner Sache zu sein. Des Abends nach der Sonnen Untergang muss sich das Corps in Versteck setzen; es muss kein Mensch allda durchgelassen werden, damit der Feind keine Nachricht bekommen kann. Es muss kein Taback geraucht und kein Feuer angemacht werden, damit der Feind von nichts Nachricht kriegt, und wenn er ankommt, so muss er sogleich mit fünfzig Mann in der Fronte und mit fünfzig Mann im Rücken attaquiret werden; die Avant- und Arrieregarde und die übrigen hundert Mann fallen ihm sogleich in die Flanke, und ist nicht zu fehlen, dass derjenige Offi<408>cier, der dergleichen Projecte macht, Ehre dabei erwirbt. Ueber dieses ist noch eine andere Art Patrouille zu machen, die man Mause-Patrouillen nennt, welche gut angebracht werden können, wenn der Feind in einem offenen Lager stehet, oder bei der Kette von den Winterquartieren. Dergleichen müssen nicht stark sein und bestehen solche nur von zwei bis drei Mann sichere und zuverlässige Leute, die wohl müssen ausgesucht werden. Dieselben werden vornehmlich gebraucht um zu wissen was in des Feindes Rücken passirt. Den Leuten giebt man des Feindes Montirung, damit sie gut durchkommen können, und muss der Officier gut böhmisch und ungarisch verstehen und sprechen können, dass er desto sicherer durchkommt.

Ist es im Felde, so werden dergleichen Patrouillen zwei Meilen rechts oder links um die feindliche Armee herum geschickt und geben sich für des Feindes Truppen aus; damit kommen sie überall durch, und kann man durch sie erfahren, entweder wo der Feind seine Lebensmittel her zieht oder gewisse Wege, wodurch man nach seinem Lager kommen kann, oder den Rücken seines Lagers zu besehen, ob er da attaquable ist. Ist es von den Winterquartieren, dass die Patrouillen ausgeschickt werden, so kann es nichts anders sein, als um zu sehen, wie die Posten von hinten sind, wie die Wege gehen und ob es angehet, dass man was gegen sie unternehmen kann; dabei müssen aber die Officiere, die dergleichen Commission kriegen, wohl auf ihrer Hut sein; sie müssen niemalen des Nachts in den Dörfern bleiben, sondern beständig in den Wäldern, wo es am sichersten ist, und wenn sie gesehen haben was sie haben sehen wollen, sich durch grosse Umwege wieder nach ihrem Corps ziehen. Bei den häufigen Patrouillen, wo die Officiere gebraucht werden, kriegen sie Gelegenheit von der feindlichen Armee ihre Beschaffenheit, ihre Umstände, ihre Verfassung und viele Particularitäten zu erfahren, die öfters ins Grosse gehen können und wodurch dem<409> commandirenden Generale Einsichten gegeben werden können, entweder von dem Feinde ein Corps zu überfallen, oder die Armee in ihrem Lager zu alarmiren, auch wohl gar den Feind zu schlagen. Dies sind Gelegenheiten, wodurch die Officiere die grösste Fortune machen können; aber wenn sie in Friedenszeiten nicht darauf denken, so werden ihnen dergleichen Fälle im Kriege nicht kommen. Man muss darauf denken, darauf raffiniren, damit, wenn der Krieg kommt, so wissen sie davon Gebrauch zu machen.

Im Herbst, wenn die Pferde von Grasung kommen und dass die Regimenter in Cantonnirungs-Quartiere zusammengezogen werden, so können sie in allen dergleichen Sachen geübt werden, wenn sich nur die Chefs und Commandeurs der Regimenter die gehörige Mühe geben.

Bei den Cuirassieren muss Ich noch eins hinzu setzen : die müssen die Sache eben so lernen und wissen, als die Officiere von den Husaren und Dragonern; nur muss Ich noch eine Sache dabei erinnern, dass, wenn eine Attaque gegen die Linie von der Cavallerie geschiehet, so muss allen Officieren von den Cuirassieren wohl imprimiret werden, dass sie ihre Leute wohl beisammen halten, damit sie, wenn sie im ersten Choc den Feind geschmissen haben, noch auf die zweite Linie choquiren können; ein Zug per Escadron kann ausfallen, die andern aber müssen geschlossen sein. Diejenigen Stabs-Officiere, die sich zum meisten appliciren werden, die jungen Officiere auf den Fuss zu formiren, werden sich bei Mir am meisten insinuiren, weil, wenn bei der Cavallerie Ordnung beim gemeinen Manne und muntere und intelligente Officiere sind, man alles mit ihnen machen kann, und wenn eins um das andere davon fehlet, es nur halbes Werk ist. Dabei müssen die Generale und Commandeurs sich erinnern, dass der Friede lange gedauert hat, und wenn wir nicht die Jugend abrichten, so kommt das Werk ins Stocken, und kann man<410> durch die Nachlässigkeit den Ruhm verlieren, den sie bis Dato mit Recht erhalten haben.410-a

Die Inspecteurs müssen an alle Commandeurs der Regimenter die Abschrift davon geben.

Signatum Potsdam, den 5. August 1781.

Friderich.


403-a Der General-Major Friedrich Leopold von Bosse (Band VI., S. 178) wurde den 16. Mai 1780 zum General-Inspecteur der Ober-Schlesischen Cavallerie ernannt.

410-a Siehe Band XXVIII., S. 4