<238>Preußen sei selbst in dem Falle anzugreifen, wenn einer der russischen Verbündeten den ersten Angriff mache.

Für einen solchen Entschluß hatten, neben jenen Ränken, auch die englischen Guineen vorteilhaft mitgewirkt. Das Verhältnis Österreichs zu England war zwar bereits loser geworden, da die erstere Macht die Schuld der Abtretungen, zu denen sie genötigt worden war, vorzüglich auf England schob. Aber England stand seit früherer Zeit mit Rußland im Bunde, und jetzt glaubte es ebenfalls, sich durch solche Verbindung gegen Preußen verstärken zu müssen, vornehmlich deshalb, weil es Preußen noch als den Bundesgenossen von Frankreich betrachtete. Zwischen Frankreich und England aber drohte, wegen gewisser Streitigkeiten in Nordamerika, ein Seekrieg auszubrechen, und in diesem Falle wünschte man nichts mehr, als Hannover gegen einen Angriff von preußischer Seite in solcher Weise geschützt zu wissen.

Friedrich war nicht ohne Kunde über all diese Umtriebe geblieben. Der russische Thronfolger war sein feuriger Bewunderer und hatte ihm manche wichtige Nachricht aus Rußland mitgeteilt, ohne jedoch selbst, da er von der Kaiserin absichtlich zurückgesetzt ward, in die russischen Verhältnisse wirksam eingreifen zu können. Noch manche andere Kanäle hatte sich Friedrich geöffnet, um zur Kenntnis jener geheimen Verhandlungen zu kommen; besonders wichtig war es, daß er durch den Verrat eines sächsischen Kabinettskanzelisten Abschriften der sämtlichen Verhandlungen, die zwischen Sachsen und den Kaiserhöfen von Wien und Petersburg stattfanden, zugesandt erhielt. So konnte er, bei näherem Andringen der Gefahr, seine vollständigen Maßregeln treffen. Vorerst aber schaute er noch heiteren Mutes in das verworrene Getreibe. Er schrieb, im Jahre 1753, — eben als jener phantastische Bericht über das große Manöver bei Spandau erschien — seine anonymen « Briefe an das Publikum », in welchen er die diplomatischen Umtriebe der Zeit auf ergötzliche Weise parodierte. Der Berliner Hof, so berichtete er in diesen Briefen, hätte sich geweigert, bei seinen Festen die Menuetts eines Musikanten aus Aix spielen zu lassen, da er lieber nach eignen Tönen tanze; darauf hätten sich allerlei barbarische Staaten des Musikanten angenommen, es seien Bündnisse und Gegenbündnisse geschlossen worden, und es sei der fürchterlichste Krieg zu erwarten. Voltaire meinte damals, in resignierter Selbstgefälligkeit, Friedrich habe die Briefe nur geschrieben, um zu beweisen, daß er seiner Hilfe entbehren könne; und allerdings sieht man sehr deutlich, daß, wer eine so überaus anmutige, eine so klassische Satire, wie diese Briefe in der Tat enthalten, zu schreiben wußte, selbst eines Voltaire nicht bedurfte. Aber Friedrich hatte dabei wohl mehr im Sinne, als den französischen Poeten.