<86> die man den Kreis unsrer Kenntnisse erweitern, die Studien leichter und nützlicher machen und zugleich den Geschmack der Jugend bilden könnte.

Ich schlage erstens vor, eine überlegtere Wahl der Schullehrer zu treffen und ihnen eine verständige, sinnreiche Lehrmethode der Grammatik und Logik vorzuschreiben. Die fleißigen Kinder sollen kleine Auszeichnungen erhalten und die nachlässigen leichte Rügen. Ich glaube, das beste und klarste Handbuch der Logik ist das von Wolff.1 Man müßte also alle Schullehrer nötigen, danach zu lehren, zumal das Handbuch von Batteur2 nicht übersetzt und auch nicht besser ist. Für die Rhetorik halte man sich an Quintilian. Wer bei seinem Studium keine Beredsamkeit lernt, wird sie nie erlangen. Der StU seines Werkes ist klar; es enthält alle Regeln und Vorschriften der Rede, kunst. Daneben aber müssen die Lehrer auch die Aussätze ihrer Schüler sorgfältig durchsehen, ihnen die Gründe für die gemachten Verbesserungen angeben und die gelungenen Stellen loben.

Bei Befolgung der vorgeschlagenen Methode werden die Lehrer die Keime der natürlichen Anlagen entwickeln, das Urteil ihrer Schüler bilden, sie daran gewöhnen, nicht ohne Kenntnis des Grundes zu entscheiden und richtige Schlüsse aus ihren Regeln zu ziehen. Die Rhetorik wird ihren Geist methodisch machen. Sie werden die Kunst lernen, ihre Ideen zu ordnen, in Zusammenhang zu bringen und sie durch natürliche, unmerkliche und geschickte Übergänge zu verknüpfen. Sie werden den Stil dem Gegenstand anpassen lernen, richtige Bilder wählen, sowohl um Abwechslung hineinzubringen, wie um Blumen auf die geeigneten Stellen zu streuen. Sie werden es vermeiden, zwei bildliche Ausdrücke miteinander zu verquicken, was so leicht einen schiefen Sinn gibt. Durch die Rhetorik werden sie weiterhin lernen, die vorzubringenden Beweise dem Verständnis ihrer Zuhörer anzupassen, sich in die Geister einzuschmeicheln, zu gefallen und zu rühren, Abscheu und Mitleid zu erregen, zu überzeugen und den Beifall aller zu gewinnen. Welch göttliche Kunsi ist es, durch das bloße Wort, ohne äußere Macht und Gewalt, die Geister zu unterjochen, die Herzen zu beherrschen und in einer zahlreichen Gesellschaft die Leidenschaften zu erregen, die man ihr einflößen will!

Wären die guten Autoren ins Deutsche übersetzt, so würde ich ihre Lektüre als etwas Wichtiges und Notwendiges empfehlen. So gibt es zur Ausbildung der Logik nichts Besseres als Bayles Abhandlungen über die Kometen3 und über das „Nötige sie hereinzukommen4!“ Nach meiner schwachen Einsicht ist Bayle der erste


1 Christian Wolff (1679—1754), Professor in Halle, 1723 von Friedrich Wilhelm I. ausgewiesen, 1740 von König Friedrich zurückberufen. Sein Werk über Logik erschien 1712 unter dem Titel: „Vernünftige Gedanken von den Kräften des menschlichen Verstandes.“

2 Charles Batteux (1713 bis 1780), französischer Ästhetiker und Professor in Paris. Ein Handbuch der Logik gibt es von ihm nicht. Der König meint vielleicht das von Bayle, das er 1785 für sich und seinen Neffen Friedrich Wilhelm drucken ließ: „Système de philosophie, contenant la logique et la métaphysique.“

3 Vgl. S. 58.

4 Der vollständige Titel lautet: „Commentaire philosophique sur ces paroles de Jésus-Christ: Contrains-les d'entrer ou traité de la tolérance universelle.“ Vgl. Lukas XIV, 23. Den Anlaß für die Schrift bildete die Aufhebung des Edikts von Nantes (1685).