<134> gegen unsre Brüder ergriffen, und gerechte Furcht läßt uns für uns selbst das gleiche unselige Schicksal befürchten. Aber das ist noch nicht alles! Die bisher blühenden Hügel, deren dankbaren Boden fleißige Hände bestellten, die Weinberge und Ölbäume, der Quell und die Ursache unsres Wohlstands, sind von der rauhen Witterung zerstört und fortan unfruchtbar, wie der Feigenbaum im Evangelium, der verflucht ward, keine Früchte zu tragen.

Das sind die starken Zeichen, die der Ewige sendet, um den Völkern seinen göttlichen Willen kundzutun. Ein wildes Tier, das die Menschen verschlingt, das ist der Feind Eures Heils, der Eure Seelen in ewiges Verderben zu stürzen sucht. Strenger Frost, der die Glieder erstarren läßt und Elende ins Grab wirft, das sind die Werke der Ungläubigen, durch die der Glaube der Frommen erkaltet, erstarrt und erlischt. Die verdorrten Ölbäume, das sind die Unglücklichen, die vom Irrtum verderbt, keine Früchte der Gerechtigkeit und Helligkeit mehr tragen werden.

Daß doch der Schleier, der Eure Augen bedeckt, abfiele und zerrisse! Hephata, daß der Blinde wieder sehe1! Wisset, liebe Brüder, der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs zürnt Euch, wie er einst seinem Volke gezürnt hat, da die Stadt seines Tempels entweiht ward und verruchte Greuel an der heiligen Stätte herrschten. Ja, solche Greuel sind auch mitten unter uns. Der Gifthauch eines Ungeheuers verpestet unsre reine Luft; er erregt den Zorn Gottes und lenkt ihn auf uns. Wie der gottlose Ahab alle Geißeln, die ihn trafen, auf sein Geschlecht brachte, so bringt dieser Höllenbrand alle Plagen auf uns. Ein Mensch ist gekommen, mit unendlicher Geschmeidigkeit des Geistes und tiefer Boshaftigkeit, die durch die Philosophie noch listiger ward. Durch hartnäckigen Unglauben und mit Hilfe eines verführerischen Geistes hat er sich zum Feinde der Sache Gottes aufgeworfen. Wie ein neuer Proteus verwandelt er sich und nimmt immerfort neue Gestalt an. Bald als Jude, bald als Chinese, bald wie ein Eingeweihter der Kabbala, speit er seine schrecklichen Gotteslästerungen aus. Dann läßt er unter der Maske eines Kommentators den Okellos und Timäus von Lokri anstößige Dinge sagen und schreiben, an die sie niemals gedacht haben2. Eben dieser Mensch ist jetzt von den nordischen Ländern ausgespieen, aus dem tiefsten Preußen, wo Unglaube und Afterphilosophie ihren Sitz aufgeschlagen haben. Er ist mitten unter uns und spannt gleich dem Feinde des Menschengeschlechts allerorten seine Netze, auf daß seine Beute in die Schlingen falle, die er ihr gestellt hat.

Gott sprach zu seinem Volke: „Brechet jeden Bund mit den Gottlosen, oder ich breche meinen Bund mit Euch und Euren Kindern. Rottet die Tempelschänder und“


1 Markus VII, Vers 34.

2 D'Argens war Verfasser der „Lettres chinoises“ (1739), „Lettres cabalistiques“ (1741), „Lettres juives“ (1742), der „Philosophie du bon sens“ (1737). Ferner gab er in Übersetzung und mit Kommentar heraus: „Ocellus Lucanus, Sur I'univers“ (1762), „Timée de Locres, Traité de la nature et I'âme du monde“ (1763) und die „Défense du par l'empereur Julien“ (1764).