<207>Das dumme Zeug geht mir ans Leben!
Ich magre ab, ich möcht' vergehn
Bloß wegen dieser Kerle eben,
Die abgefeimt nur danach streben,
Daß ihre Kurse pari stehn.

Ihr Schufte, schmutzig wie Chinesen
Und noch verschmitzter, habt ihr mal
Den Aristoteles gelesen?
Wißt ihr, wer Locke, La Motte1 gewesen?
Nein, dazu seid ihr viel zu schal —
Die Geistesnahrung wär' euch Qual.
Die Wissenschaft geht in die Binsen,
Und nur, wo's was zu rechnen gibt,
Da seh' ich die Gesichter grinsen.
Das einzige ist, was euch beliebt,
Fünfzehn Prozent an Wucherzinsen...

O welch ein lächerliches Los
Ist uns Monarchen aufgezwungen!
Man zieht sich solche Lumpen groß!
Ihr Treiben schon ist sittenlos;
Doch brauchen sie noch ihre Zungen,
O welche Marter für mein Ohr!
Noch eben waren mir erklungen
Gesänge aus dem Dichterchor,
Das Lied Homers, das uns begeistert,
Das Lied Virgils, das Herzen meistert —
Kaum steigt der Wunderborn empor,
Wird er durch Pöbelschlamm verkleistert.

Rasch flücht' ich mich zum Musenhain,
Um froh beseligt nah zu sein
Deinen neun Töchtern, Mnemosyne!
Dort sog ich einst die Hoffnung ein,
Daß mir des Ruhmes Lorbeer grüne.
Die Sünden büßen will ich dort,
Abschwören meine Frevelpläne!


1 Antoine Houdar de La Motte (1672—1731), französischer tragischer Dichter.