"<263> nicht, daß ich Vapeurs habe, ich versichere Sie, daß dem nicht so ist. Ich sehe in den Händen der Parzen den Faden meiner Tage sich kürzen, ohne daß es mich rührt. Die tägliche Erfahrung ist meine Schule, die uns den Wechsel unsers Wesens lehrt; die feinen Theilchen, die wir durch die unmerkliche Ausdünstung verlieren, die verschiedenen Absonderungen des Körpers, so wie die Aderlässe, gewöhnen uns, theilweis zu sterben; so werden wir mit dem Gedanken vertraut, einzelne Theite unsers Selbst zu verlieren, und gewinnen Muth, mit stoischem Blick die gänzliche Auflösung der Materie, woraus wir zusammengesetzt sind, zu sehen. Aber, wenn nun die Einbildungskraft erlischt, wenn das Gedächtniß untreu wird, wenn das Gesicht abnimmt oder sich verdunkelt, dann lehnt sich bei den meisten Menschen die Eigenliebe wider die Zeit auf, welche ihnen Eigenschaften raubt, die sie unzerstörbar wähnten. Die Bewunderung, die sie für ihre vermeinten Vollkommenheitten hegten, verursacht bei ihnen die lächerlichsten Klagen über den Verlust einiger vergänglicher Eigenschaften ihres Wesens, und sie denken nicht daran, daß sie im vorigen Jahrhundert nichts waren, und im künftigen nichts sein werden. Noch könnten die Greise einen Trost darin finden, wenn sie bedenken wollten, daß nur Zeitgenossen wahre Freunde sind, und daß dieses unschätzbare Gut des Weisen, die Freundschaft, für ihn verloren geht, wenn er seine Laufbahn bis in die zweite oder dritte Generation fortsetzt. Die so verschiedenen Arten zu denken und zu handeln lassen sich nicht zusammen schmelzen; alte Leute stehen daher einzeln in der Gesellschaft; so wie man unter dem Schlagholz einige alte Eichen antrifft, die dem Ungemach des Wetters widerstanden haben, und deren verdorrter und gelber Gipfel über die Spitzen der jungen Bäume um Vieles hervorragt. etc."

15. Juli 1781

Die Prinzessin Amalie, der Prinz Friedrich von Braunschweig und dessen Gemalin nach Potsdam, wo zu gleicher Zeit die verwittwete Herzogin von Braunschweig, Schwester