März.

A.

März 1763

Der König in Dahlen.

1. März 1763

Der König an d'Argens :

"Endlich ist im ganzen Ernst Friede, lieber Marquis. Diesmal werden Sie mit Recht Postillone und den ganzen Zug bekommen, der sie begleitet. Da wäre denn Gott sei Dank das Ende meiner militärischen Thaten!

Sie fragen, was ich hier thue? Täglich hält Cicero Reden vor mir; die gegen Verres habe ich schon lange geendigt, und jetzt bin ich bei seiner Rede über den Murena. Außerdem habe ich den Batteux ganz ausgelesen. Sie sehen also, daß ich nicht träge bin. Sie selbst, mein Lieber — Sie müssen nicht ungeduldig werden, der Strom ist schon schiffbar, und Sie werden Zeit genug haben, Ihre Sachen nach Potsdam zu schaffen, ehe ich dort ankomme. Bis zum 13ten werde ich hier oder in Torgau bleiben. Meine Reise<207> nach Schlesien wird 15 oder 17 Tage erfodern; und so kann ich erst den 31sten dieses Monats oder den 2. April in Berlin sein. Den ersten des künftigen Monats will ich nicht zu Ihnen kommen; die Spaßvogel könnten sich über mich lustig machen, und mich in den April schicken.

Der Friede macht also den Berlinern Freude? — Hier bei den Sachsen ist es ganz anders. Kaum verlassen wir die Städte, kaum räumen wir das Land, so erscheint sogleich die Sächsische Execution. Bezahlt, bezahlt, heißt es, der König von Polen braucht Geld. Das Volk fühlt das Unmenschliche in diesem Verfahren, es ist im Elende, und man beschleunigt sein Verderben, anstatt ihm Erleichterung zu verschaffen. Hier, mein Lieber, haben Sie ein Gemälde von Sachsen, das nach der Natur gezeichnet ist. Alle diese Executionen sehe ich für mein Theil als ein gleichgültiger Zuschauer an, aber als Weltbürger kann ich sie nicht billigen.

Ich arbeite hier im Stillen an der innern Einrichtung der Provinzen. Die Hauptverfügungen wegen der Armee sind bereits getroffen. Die Franzosen haben den Frieden 5 Tage früher unterzeichnet, als wir. etc. — etc.

Ich strebe nach Beruhigung meines Geistes und nach einer kleinen Entledigung von Geschäften, um mir frohe Tage zu machen, indeß meine Leidenschaften still sind, über mich selbst nachzudenken, in dem Innern meiner Seele verschlossen zu sein, und mich von allem Prunk zu entfernen, der mir, aufrichtig gesprochen, von Tag zu Tage unerträglicher wird. etc. — Gute Nacht, lieber Marquis, es ist spät. Morgen muß ich noch viele Geschäfte besorgen. etc."

3. März 1763

Der König an den General von Seydlitz :

"Mein lieber General-Lieutenant von Seydlitz. Nach völlig berichtigtem Frieden mit dem Wienerischen Hofe, und da nunmehr dazu geschritten wird, durch deshalb von beiden Theilen zu benennende Commissarien zu Dresden ein Concert über die Art und Orte der Auslieferung beiderseitiger Kriegsgefan<208>genen zu nehmen, hat der Oestreichische dazu benannte Commissaire der General-Lieutenant von Haddik bei Mir Ansuchung gethan, daß ihm seine Bagage, davon er den Werth auf 14000 Fl. rechnet, so ihm 1739 zu Tövlitz durch den jetzigen General-Major von Kleist enleviret worden, wieder restituiret werden möchte. Es will dabei verlauten, daß das erwähnte, dafür gelösete Geld annoch existiren solle. Da Mir davon nichts bekannt ist; so habt Ihr Mir dasjenige, so Euch davon bewust, und wo die Sachen geblieben zu berichten, auch zu melden, ob, und was Euch von dem deshalb vorhandenen Gelde und wo sich solches befindet bekannt sei, auf daß Ich Mich darüber weiter erklären könne. Ich bin etc."

6. März 1763

Der König an die Gräfin Camas :

"Ich werde Sie also wiedersehen, mein liebes Mütterchen, und ich hoffe, es soll zu Ende dieses Monats oder zu Anfange Aprils sein, und schmeichle mir, Sie eben so wohl und munter wieder zu finden, als ich Sie verlassen habe. Mich werden Sie freilich gealtert und fast schwachköpfig finden, grauschimmlig wie meine Maulesel, tagtäglich einen Zahn einbüßend, und von der Gicht zum halben Krüppel gemacht. Allein Ihre Nachsicht wird die Gebrechlichkeiten des Alters ertragen, und wir wollen über die gute alte Zeit plaudern.

Da ist also nun unser guter Markgraf von Baireuth ebenfalls todt, das schmerzt mich ungemein. Wir verlieren Freunde, und die Feinde scheinen sich eines ewigen Lebens erfreuen zu wollen. Ach, mein Gutmütterchen, wie ist mir bange vor Berlin und vor der Leere, welche ich antreffen werde! Allein ich will bloß an Sie denken, und über alles Uebrige mich zu täuschen suchen. Sein Sie davon überzeugt, wie innigst ich mich freue, Sie mündlich von der wahren Hochachtung und Freundschaft zu versichern, welche ich bis ins Grab Ihnen bewahren werde."

10. März 1763

Der König an d'Argens :

"Während, Sie Helden sehen, mein lieber Marquis, und<209> eine Menge von Volk um sich herum jauchzen hören, führe ich hier ein philosophisches Leben, das mir sehr wohl bekommt. Ich habe nun die Plage, meine Truppen abzuführen, womit es schwerer hält, als mit der Abführung Ihrer Reichthümer. Allein da gegenwärtig Alles im Zuge ist, so bin ich doch etwas ruhiger als zu Leipzig.

Ich bitte Sie, kommen Sie mir doch nicht zu Pferde entgegen; es kann Ihnen im Gedränge ein Unglück zustoßen, was mir unendlich nahe gehen würde. Ich bin doch überzeugt, daß Ihnen meine Rückkunft Vergnügen machen wird, wozu das Uebrige? wovon Sie nur Ungelegenheiten oder sonst was Uebles haben könnten. Ueberdies kann ich nicht eher als zwischen 7 und 8 Uhr Abends eintreffen, was wollen Sie so lange in freier Luft machen? Sie würden Sich nur Schnupfen, Husten und mehr dergleichen holen. Nein, mein lieber Marquis, erwarten Sie mich in meinem Zimmer, da werde ich Sie sehen und sprechen können, was für uns beide ein vernünftigeres und schicklicheres Vergnügen sein wird, als jene halsbrechende Reiterei, die mich Ihretwegen nur ängstigen würde.

Es ist freilich wider meinen Willen, daß ich so viel Truppen verabschiede, allein die Lage, in die ich durch den Frieden gerathe, erlaubt mir nicht, über 138000 Mann zu halten, und ich würde bloß an denen, die im Felde gewesen, 188000 haben. Das gesamte Militär, die Besatzungen mitgerechnet, belief sich dies Jahr auf 219000 Mann. Sie kommen aber doch alle ins Land, und nur einige Ueberläufer gehen verloren. Ich verabschiede die Eingebornen und behalte alle Ausländer. Man spricht auch zu Wien von Reformen; etwas davon weiß man schon, das Uebrige wird sich in Kurzem zeigen. Doch glaube ich nicht, daß man auch der Cousine 209-+<210> so geschwind den Abschied geben wird. Sollten im Staatssystem Umkehrungen vorgehen, so wird es doch nicht eher als nach einem Jahre geschehen. Ich für mein Theil werde mich nicht übereilen, denn wenn es irgend möglich ist, wünschte ich meine alten Knochen friedlich ins Grab zu legen, und meiner Seele die Ruhe wieder zu geben, die ich in diesem Kriege bei so vielen heftigen innern Bewegungen fast beständig entbehren müssen.

Catt ist mit einem Fieber hierher gekommen, ich habe ihn in der Kur und schmeichle mir, ihn gesund wieder nach Berlin zurückzusenden. Den 16ten werde ich die Kurprinzessin in Moritzburg besuchen, den 18ten in Schweidnitz sein und weiterhin meinen Weg so nehmen, daß ich den 2. April Abends zwischen 7 und 8 das Vergnügen haben kann, Sie auf dem Berliner Schlosse wieder zu sehen. Da haben Sie, mein lieber Marquis, die Reiseroute Ihres gehorsamen Dieners. Ich habe heute Ader gelassen, weil ich sehr mit meinen Krämpfen geplagt war. Doch was thut das! Bleiben Sie nur gesund und vergessen nicht einen Philosophen, der verdammt ist, ein so herumstreifendes Leben wie der ewige Jude zu führen. Leben Sie wohl."

16. März 1763

Der König in Moritzburg, wo er dem Kurprinzen Christian und dessen Gemalin einen Besuch abstattet.

Von Moritzburg geht der König über Bautzen nach Schlesien.

18. März 1763 bis 20. März 1763

Der König in Schweidnitz.

20. März 1763

Der König an das Geistliche Departement in Schlesien. "Da S. K. Maj. in Preußen etc. nach dem glücklich hergestellten Frieden die Aufrechthaltung der Schulen im Lande und die gute Ordnung bei solchen, Sich mit zum Hauptaugenmerk in Gnaden zu nehmen geruht, als hat das Departement der Evangelischen Sachen in Schlesien zu Erhaltung dieses Zwecks die Verordnung zu machen, daß Superintendenten in den ihnen untergebenen Distrikten dieserhalb die erfoderliche<211> Untersuchung anstellen, und von sechs zu sechs Monaten, oberwähnten Departement zu Erhaltung der guten Anstalten bei den Schulen, oder zu benöthigter Remedur ihre Berichte erstatten müssen. Auch hat das Departement dafür zu sorgen, daß die in Betracht der Katholischen Schulen dem Weih-Bischöfe zu Breßlau gestellte Ordre gehörig exekutirt werde. Schweidnitz, den 20. März 1763. Friedrich."

24. März 1763

Der König kommt in Breslau an und wird daselbst feierlich empfangen.

Von Breslau geht der König über Grüneberg nach Frankfurt a. d. O.

30. März 1763

Ankunft in Frankfurt. Der König besieht das Schlachtfeld bei Kunersdorf und setzt dann seine Reise nach Berlin fort. In Taßdorf empfing ihn der Geheime Nath von Nüßler als Landrath des Niederbarnimschcn Kreises, mit welchem er eine lange Unterredung über die Kriegsschäden hat, welche der Kreis erlitten, und wie den heruntergekommenen Einfassen desselben geholfen werden könne. Büsching's Beiträge zu den Lebensgeschichten denkwürdiger Personen I. 401).

30. März 1763

Der König kommt Abends zwischen 8 und 9 Uhr in Berlin an 211-+.

Sobald er auf dem Schlosse angelangt war, begab er sich zur<212> Königin, seiner Gemalin, wo er auf das Zärtlichste empfangen ward, und bei welcher er das Soupée einnahm.

31. März 1763

Der König macht seiner Familie verschiedene Geschenke. Die Königin erhielt 15000 Thaler, die Prinzessin Amalie 4000 Thlr. und eine kostbare Tabatiere etc.

An demselben Tage Vormittags empfing der König die Abgeordneten der Kaufmannschaft, der Französischen Kolonie, der Schlitzengilde, um von ihnen die Glückwünschungsgedichte, welche des Abends vorher, weil es schon zu spät gewesen, nicht hatten überreicht werden können, anzunehmen. Gleiche Ehre genossen die Abgeordneten des Schlachtergewerks. Auch ertheilte der König den Prinzen vom Geblüt, den in- und ausländischen Ministern und dem hiesigen hohen Adel Audienz, um von ihnen die Glückwünschungs-Complimente anzunehmen. Gegen Mittag war bei dem Könige große Cour, und Nachmittags stattete der König den Prinzen und Prinzessinnen des Königl. Hauses einen Besuch ab.

B.

1. März 1763

Die Friedens-Tractate werden ratisicirt ausgewechselt.

1. März 1763

Kabinetsordre des Königs an das Berlinische Staatsministerium und alle Collegien, daß und wie der mit Oestreich und Sachsen geschlossene Friede mit den üblichen Solennitäten und durch einen auf herkömmliche Art gekleideten Herold, nach dem beigefügten Proclamations-Formular, auf den vornehmsten Plätzen der Residenz ausgerufen werden soll.

3. März 1763

Die Preußen räumen Leipzig.

5. März 1763

Feierliche Proklamation des Friedens in Berlin.

11. März 1763 bis 12. März 1763

Die Franzosen übergeben Wesel, Geldern, Cleve etc. den Preußen.

18. März 1763

Die Oestreicher räumen Glatz.

20. März 1763

Kabinetsordres des Königs an das geistliche Departement in Schlesien und an den Weih-Bischof zu Breslau, betreffend die Verbesserung der evangelischen und katholischen Schulen.

<213>

27. März 1763

Das Zietensche Husaren-Regiment, geführt von seinem Chef, rückt in Berlin ein.

29. März 1763

Der Herzog Ferdinand von Braunschweig und der Markgraf von Schwedt treffen in Berlin ein.

31. März 1763

Der General-Lieutenant von Bülow, desgleichen der General-Major von Wunsch, aus Oestreichischer Kriegsgefangenschaft, treffen aus Inspruk in Berlin ein.


209-+ Die Pompadour, welcher die Kaiserin Maria Theresia in ihren Briefen die Benennung : Cousine gegeben hatte.

211-+ Eine umständliche Beschreibung der dabei stattgefundenen Feierlichkeiten und Freudensbezeigungen findet man nicht nur in den beiden Berliner Zeitungen vom 2. April, sondern auch in einer besondern Schrift unter dem Titel: Sammlung der Freudensbezeigungen und Illuminationen welche wegen der Ankunft Sr. Königl. Majestät von Preußen nach geendigtem dritten Schlesischen Kriege und geschlossenem Hubertsburgischen Frieden in Dero Residenz Berlin (bis) den 4. April angestellt worden sind. Berlin bei Voß. 149 Seiten in 4. mit einem Kupfer.
     Diese Schrift enthält auch noch die Beschreibung aller Ceremonien und Festlichkeiten bei der Bekanntmachung des Friedens, so wie bei der Einholung der Königin und der verwittweten Prinzessin von Preußen.