Februar.

A.

21. Februar 1762

Der König in Breslau ertheilt dem, Tags zuvor angekommenen General-Adjutanten des Russischen Kaisers, Andr. von Gudowitsch Audienz.

?? Februar 1762

Der König an d'Argens :

— etc. — "Wir haben hier jetzt einen Russen, eben den, der als Kourier durch Berlin gegangen ist. Ich bin sehr wohl mit ihm zufrieden, und wenn anders nicht alle Grundsätze des menschlichen Denkens Ungereimheiten sind, so muß der Friede mit Rußland und Schweden noch vor der Eröffnung des Feldzugs zu Stande kommen.

In Rücksicht anderer Hoffnungen kann ich erst zu Anfang des künftigen Monats gewisse Nachrichten erhalten. Wir hätten sie wohl verdient, denn wie kummervoll, wie schmerzhaft haben wir nicht seit sechs Jahren gelebt! Der Brand bedarf Salbe, glauben Sie mir, sie ist nöthig und heilsam.

Ich freue mich, daß Sie durch mich gesund geworden sind. Es ist wohl das Beste, was ich mein ganzes Leben hindurch im politischen Fache gethan habe. Ich wünsche, daß dieser Brief ein neues Stärkungsmittel für Sie sein und Sie vollends beruhigen mag.

Ich habe den Einfall gehabt, eine Fabel zu machen, und schicke sie Ihnen zu Ihrem Zeitvertreibe. Es wird bald eine<135> zweite folgen. Mein Geist ist nicht ruhig genug, um etwas Ernsthaftes zu schreiben, daher beschäftige ich mich mit Fabeln.

Ach, lieber Marquis! wann werde ich nicht mehr auf dieser verwünschten Galeere sein! Hier unter dem Monde kann mann wie ich gern zugebe, keine närrischere Rolle spielen, als wenn man politischer Steuermann oder ein General-Romanenheld ist. Epicur hat Recht; ein Weiser sollte sich nie in Staatsangelegenheiten mischen. Wir würden es vielleicht besser machen, wenn wir unsern Platz in der Welt selbst wählten; allein Alles hängt vom Geschick ab; dies wirft uns auf eine Stelle hin, und dann müssen wir darauf aushalten. Schreiben Sie mir, ob man in Berlin froh ist, und sein Sie überzeugt, daß ich Sie immer liebe. Leben Sie wohl."

In diesem Monat schrieb der König die Fabel : die zwei Hunde und der Mensch. (H. W. VII. 149).

B.

Februar 1762

Der nunmehrige Kaiser von Rußland Peter III hatte schon längst als Großfürst eine außerordentliche Zuneigung zum Könige gehabt und bei allen Gelegenheiten, wo es seine Stellung irgend gestattete, große Verehrung und Hochachtung für ihn zu erkennen gegeben. Sobald er den Thron bestiegen, säumte er nicht, davon die überzeugendsten Beweise zu geben. Er gab nicht nur sogleich dem in Russischer Gefangenschaft sich befindenden Preuß. Oberst und Chef eines Freiregiments Graf von Haerd und dem General Werner die Freiheit und behandelte sie mit großer Auszeichnung 135-+; sondern gab auch seinem Günstling, dem General-Adjutanten und Oberst Gudowitsch 135-++, welchen er unter dem Verwände nach Zerbst<136> schickte, dem Bruder seiner Gemalin, dem Fürsten von Anhalt-Zerbst, seine Thronbesteigung zu melden, den geheimen Auftrag, seinen Rückweg über Breslau zu nehmen, und daselbst dem Könige die stärksten Versicherungen der Achtung und Freundschaft des Kaisers zu überbringen. Diesem folgte bald der Befehl, daß alle im Russischen Reiche befindlichen Preuß. Kriegsgefangene nach Petersburg geschickt, daselbst mit allem Nöthigen versehen und zu ihren Fahnen zurückgesandt werden sollten. Mit diesen kamen auch die von Tottleben aus Berlin mit fortgeführten 95 Cadetten wieder zurück.

Der König sandte den Oberst und Kammerherrn Wilhelm Berend Baron von Golz nach Petersburg, dem Kaiser zu seiner Thronbesteigung Glück zu wünschen etc. Ihm folgte bald der Flügel-Adjutant Graf Wilhelm Karl v. Schwerin, um über eine nähere Verbindung beider Höfe zu unterhandeln.

23. Februar 1762

Am 12/13. Febr. ließ der Kaiser den Gesandten der mit Rußland verbundenen Mächte einen Aufsatz übergeben, worin er erklärte, daß er bereit sei, die in diesem Kriege durch die Russischen Waffen gemachten Eroberungen aufzuopfern, in der Hoffnung, daß sämtliche alliirten Höfe ihrerseits die Rückkehr der Ruhe und des Friedens den Vortheilen vorziehen würden, die sie von dem Kriege erwarten könnten, und die nicht anders, als durch fortgesetzte Vergießung von Menschenblut zu erhalten wären.


135-+ S. Bartholdi Mémoires d'un Gentilhomme Suedois etc. Berl. 1788.

135-++ Er ging über Stettin, wo er mit dem Gouverneuer, Herzog von Nevern, eine Unterredung hatte, von da nach Berlin und Magdeburg.