Oktober.

A.

Oktober 1757

Der König in Buttelstädt (Weimarisch). (Der König in den hinterl. Werken III. 185 spricht hier, als sei er um diese Zeit in Erfurt gewesen, doch sind alle seine Briefe an den Herzog von Braunschweig bis zum 10. aus Buttelstädt datirt. S. Denkwürdigkeiten IV. So ist auch die Epistel an d'Argens: Erfurt, den 23. September, datirt, obgleich der König damals in Kerschleben war, wie alle seine übrigen Briefe beweisen).

9. Oktober 1757

Der König an Voltaire (als Antwort auf dessen bekannte Epistel: O Salomon du Nord, o Philosophe Roi etc.):

"Genug, ich bin ein Mensch, zum Leiden nur bestimmt. Der Strenge des Geschicks trotzt meine Festigkeit. Aber bei diesen Gesinnungen bin ich weit davon entfernt, den Cato und Otho zu verdammen. Der Letztere hatte in seinem Leben weiter keinen schönen Augenblick, als den, in welchem er starb.

Ja, glaube, wär' ich Arouet,
Und ein Privatmann, so wie er,
Dann g'nügte mir das Nöthige;
Fortunens Flattern sah' ich dann,
Und triebe meinen Spott damit.
Ich kenne ja der Pflichten Last,
Die Sorgen, welche Ehre giebt,
Und das Geschwätz der Schmeichelei,
Die langen Leiden aller Art,<322>Der Kleinigkeiten ganze Schaar,
An die man in der Größe Schooß,
Ob gern, ob ungern, denken muß.
Verächtlich ist mir eitler Ruhm,
Und ob ich Fürst und Dichter bin.
Wenn Atropos mit ihrem Stahl
Des Lebens Faden mir verkürzt,
Und mich zum Orkus sinken sieht -
Was kümmert mich die Ehre dann,
(Auch ist sie ungewiß) ob ich
Im Tempel der Unsterblichkeit
Nach meinem Tode lebend bin.
Nur ein Moment des Glückes wiegt
Wohl tausend Jahre Nachruhm auf.

In einem Lande, dem noch jetzt
Die alte Biedertreue blieb,
Kann Arouet, der Eremit,
In Frieden solch ein Weiser sein,
Wie Platon ihn gezeichnet hat;
Doch ich, vom Schiffbruch schon bedroht,
Ich trotze, weil ich muß, dem Sturm,
Und denke, leb' und sterb' als Fürst."

10. Oktober 1757

Erhält der König die Nachricht von dem Marsch des Östreichischen Generals Haddick nach Berlin.

11. Oktober 1757

Der König bricht nach Sachsen auf u. kommt in Eckartsberge an.

?? Oktober 1757

Der König an den Prinzen Heinrich. Ode:

- Dir, Volk Borussiens, tönt des Orakels Ruf,
Dir, das des Schicksals Hand mit ungemess'ner Noth
So schwer belastet hat.
O wisse, daß ein Staat, wenn seine Größe keimt,
Ganz ohne Wissen nie, die siegerfüllte Bahn
Von seinem Glück vollbringt.
<323> Dies widrige Geschick von Unglück und von Ruhm
Erfüllt das große Buch der Zeiten tausendfach
Mit Wechsel, reich an Schmerz,
Ein Glück, das ewig sich in seinem Glanz erhält.
Entfliehet unserm Wunsch, und das Geschick bewahrt
Es den Unsterblichen.

Dem festen Muthe weicht ein jeder Widerstand,
Verzweiflung rettet nur, mit Edelmuth vereint,
In hoffnungsloser Noth.
Was endet nicht die Zeit? Was bleibt am Gipfel stehn?
Und oftmals wird ja selbst das Unglück schon der Quell
Von heiß ersehntem Glück, etc.

Diese Ode ist zwar in den hinterlass. Werken VI. 184: "Eckartsberge, den 6. Oktbr." unterschrieben, allein an diesem Tage war der König bestimmt in Buttelstädt. Daß er sie aber nicht hier, sondern in Eckartsberge geschrieben, scheint aus dem Schlusse der Ode hervorzugehen, wo er von der nahen Saale spricht.

13. Oktober 1757

Von Eckartsberge nach Naumburg an der Saale (in den Denkwürdigk. für Kriegsgesch. IV. 154 steht irrig der 23. Oktbr.)

14. Oktober 1757

In Weissenfels.

15. Oktober 1757

In Leipzig angekommen, Mittags nach 11 Uhr; um 3 Uhr ließ er den Professor Gottsched zu sich rufen, und unter, hielt sich mit ihm über verschiedene Materien, besonders über Deutsche Sprache, und äußerte, indem er in Rousseau's Schriften eine Ode aufschlug, daß es sehr schwer sein würde, dieselbe mit gleicher Schönheit und Kürze, Deutsch zu geben etc. Gottsched erbot sich zu dem Versuch, und sandte dem König am andern Tage gegen Abend die Übersetzung. Eine Stunde später erhielt er eine Antwort von des Königs Hand in Versen. (Diese, so wie die Gottschedsche Übersetzung der Ode, und eine Erzählung sowohl von dieser ersten Unterredung des Königs mit Gottsched, als von der zweiten<324> am 26. Oktbr., findet man in der Zeitschrift: "Das Neueste aus der anmuthigen Gelehrsamkeit." Leipzig, 1758. Februar 4, 5 u. 6, desgleichen auch in der: "Vollständige Gelehrtengeschichte des Philosophen auf dem Thron." Leipzig, 1764. II. 255 etc., und in: "Denkwürdigkeiten Friedrich's d. Gr." 1759. III. 254 etc., 264 etc. Damit ist zu vergleichen:

"Nicolai's Anecdoten." Heft III. 286).

Als der König in Leipzig angekommen, bezog er das Apelsche Haus, wo der Prinz von Preußen gewohnt hatte, der nun in den Gasthof zum blauen Engel gezogen war, dann aber seine Wohnung im Hohmannschen Hause nahm. Als der König erfuhr, daß der Prinz krank sei, besuchte er ihn mehrere Male, und ordnete ihm auch zwei der geschicktesten Ärzte zu, nämlich die Doctoren Ludwig und Hebenstreit. ES wurden auf Befehl des Königs zwei Schildwachen vor das Haus gestellt, damit der Prinz vor dem Getümmel mehr geschützt werden könnte.

Elegie.

"In dieser Welt ist alles Eitelkeit!

Mir schmeichelt Eigenliebe wahrlich nicht,
Doch seh' ich ohne Furcht den Wechsel, den
Das undankbare Glück mich treffen läßt.
Zu viel ertrug ich, müde bin ich nun.
Das Beispiel mehr als Eines Sokrates
Zeigt mir den offnen Pfad zur Unterwelt. etc."

17. Oktober 1757

Der König früh von Leipzig nach Eulenburg.

18. Oktober 1757

In Torgau.

19. Oktober 1757

In Annaberg bis zum 20.

Auf diesem Marsch wurde dem König der Rückzug der Östreicher unter Haddick von Berlin gemeldet. (1te Handschrift).

20. Oktober 1757

In Groswig bis zum 24.

25. Oktober 1757

In Eulenburg.

<325>

26. Oktober 1757

In Leipzig. An diesem und den folgenden Tagen unterhält sich der König wieder mit dem Professor Gottsched (s. oben) bis den 30ten.

30. Oktober 1757

In Lützen.

31. Oktober 1757

In Weissenfels.

In diesem Monat schrieb der König die Jeremiade über die Convention von Kloster Zeven, doch kann es nicht, wie in den Deutschen Suppl. Bd. I. 196 angegeben ist, am 4. Oktbr. in Rötha geschehen sein, denn die Convention wurde erst am 8ten geschlossen

B.

3. Oktober 1757

Der Prinz Moritz von Dessau und Markgraf Karl rücken in Leipzig ein; mit ihnen kam auch der Prinz von Preußen an, welcher die Königl. Zimmer (im Apelschen Hause) bezog. Markgraf Karl logirte in der hohen Linde.

5. Oktober 1757

Verließ der Prinz Moritz mit seinem Corps Leipzig.

14. Oktober 1757

Der Doctor April in Regensburg will dem Preuß. Gesandten von Plotho die fiscalische Citation insinuiren, der sie aber anzunehmen sich weigert. Das (höchst komische) Notariats-Instrument, welches Dr. April über den Hergang dieses Vorfalls in breitem, altjuristischem Stil aufgesetzt hat, findet man in dem Buche: Gesammelte Nachrichten und Urkunden über den im Jahr 1756 in Deutschland entstandenen Krieg. o. O. 1759. 4. Bd. S. 587-592.

16. Oktober 1757

Der Hof von Berlin begiebt sich der Sicherheit wegen nach Spandau.

16. Oktober 1757

Der Östreichische General Haddick rückt, nach einigen kurzen Gefechten mit der sehr schwachen Besatzung, in Berlin ein.

17. Oktober 1757

Haddick verläßt, nachdem er 200000 Thlr. Brandschatzung erhalten, Berlin.

Die interessantesten Nachrichten über diesen Vorfall findet man in: Biester's Berliner Blätter, 1797, Dezember-Stück, und 1798, Februar-Stück, desgl. in: Neue Berliner Monatsschrift, 1803, August-Stück.

<326>

18. Oktober 1757

Der Prinz Moritz von Dessau trifft mit seinem Corps in Berlin ein.

18. Oktober 1757

Der Hof kehrt aus Spandau nach Berlin zurück.

19. Oktober 1757

Geht der Hof nach Magdeburg.

24. Oktober 1757

Der Prinz von Hildburghausen fodert den Feldmarschall Keith in Leipzig auf, die Stadt zu übergeben, was dieser abschlug.

26. Oktober 1757

Die Engländer annulliren die Convention von Kloster Zeven.

27. Oktober 1757

Schweidnitz von den Östreichern belagert.