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XIX. INSTRUCTION FÜR DEN OBERSTEN LATTORFF, ALS COMMANDANTEN IN COSEL.[Titelblatt]

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INSTRUCTION FÜR DEN OBERSTEN LATTORFF, ALS COMMANDANTEN IN COSEL.

Diese Instruction berühret zwei Hauptpuncte : erstlich was der Commandant zu observiren hat bei einem feindlichen Anfalle in Schlesien, und zweitens bei einer wirklichen Belagerung.

Wenn es Krieg wird, so bestehet die ordentliche Garnison von der Stadt in dem Bosseschen Regimente, die nach den Umständen mit einem Grenadier-Bataillon kann verstärket werden. In Zeiten vom Krieg muss etwas Husaren in die Festung geschmissen werden. Sind die Umstände so, dass die Armee nicht Ober-Schlesien decken kann und dass sich also die Festung allein halten muss, so muss der Commandant sogleich alle Lebensmittel von den nächsten Dörfern beitreiben lassen, als Vieh, Speck, Malz, Getreide, Hafer, wofür er den Bauern Quittungen giebt, die statt Contribution von den Kammern sollen angenommen werden. Den Bürgern wird imgleichen angesagt, dass sie sich für sechs Monate verprovidiren sollen. Er muss ausrechnen, wie viel Menschen und Soldaten in der Stadt sind, um dass er für solche alle seinen Vorrath auf sechs Monate kriegt, und muss lieber auf längere als wenigere Zeit rechnen. Das Salz kann er aus dem nächstbelegenen Salz-Magazine kriegen.

Wenn er die Stadt dermassen mit allem behörigen Vorrathe besorget hat, so müssen alle Anstalten vorgekehret werden, dass <186>er gegen eine Surprise sicher ist; die bestehen in folgenden Puncten : 1. müssen die Wachen alle alerte sein und die Ronden und Patrouillen ordentlich und ohne Negligence verrichtet werden; 2. müssen niemalen die Thore geöffnet werden, bevor nicht eine Patrouille zu Pferde vor allen Thoren und um die Festung herum recognosciret hat, sowohl diesseits, als jenseits der Oder. Die Redoute muss mit einem Lieutenant und sechzig Mann besetzet sein; in jeder Caponniere muss ein Unter-Officier und zwölf Mann Wache halten; die Kanonen müssen hauptsächlich auf den Werken der Ober- und Unter-Oder aufgefahren werden; die Pallisaden um den bedeckten Weg an der Ober- und Unter-Oder und Tête de pont gesetzt werden; es müssen Prahme gemacht werden, um die Wachen nach dem bedeckten Wege überzuschiffen. Wenn Markttage sind, so müssen die Wachen an den Thoren und Hauptwache verdoppelt werden, die Wagen und Marktleute müssen einzeln einpassiren und vorhero an den Thoren wohl examiniret werden, um dass keine Leute mit Gewehr, noch verkleidete Soldaten sich in die Stadt einschleichen, und müssen vor nächtlicher Weile die Marktleute alle wieder aus der Stadt geschafft werden. Auf die Einwohner, sonderlich Pfaffen, muss der Commandant ein wachsames Auge haben, dass sie nicht spioniren und mit dem Feinde correspondiren, und derowegen alle Leute, die aus den Thoren gehen, genau examiniren lassen, um dass keine Boten mit Briefen herauskommen mögen. Wofern sich leichte Truppen vom Feinde nahe bei der Festung sehen lassen, so muss er sich in Respect setzen und sie, wenn derer wenige sind, von seinen Husaren wegjagen lassen. Kann er durch die Schulzen aus der Nachbarschaft erfahren, dass etwa kleine Commando's vom Feinde sich in der Nachbarschaft hallen, so muss er solche nächtlicher Weile überfallen lassen, die Husaren mit etwas Infanterie souteniren, um ihnen bei Défilés den Rücken frei zu halten, und den Commando's, so er ausschicket, immer zwei Wege anzeigen, um den einen hin, den andern zurück zu kommen, und um dieses desto besser ins Werk zu richten, so muss er eine Meile und mehr in die Runde sich die Gegenden wohl bekannt machen, auch Officiere vom Regiment mitnehmen, dass sie sich alle Wege und Stege wohl notiren.

<187>Dieses sind ohngefähr die Hauptpuncte, welche wegen eines vorkommenden Krieges zu observiren sind; imgleichen dem commandirenden Generale, so viel es sich thun lässet, von des Feindes Mouvements und von dem Zustande der Festung alle acht Tage seinen Bericht abzustatten; damit aber der Bericht dem Feinde nicht nützen könnte wenn er in dessen Hände käme, so muss solches in Chiffre geschehen, welchen er gleich fordern muss und den Ich ihm schicken werde.

Bei einer Blockade ist weiteres auch nichts zu observiren, als dass er einen Officier über die Lebensmittel setzen muss, solche zu repartiren, und sich alle Tage einen Zettel davon muss geben lassen und wohl Acht haben, dass sie gut menagiret werden. Kanonen müssen nicht nach einzelnen Leuten schiessen, sondern kleines Gewehr und Wall-Musketen sind dazu gut genug; es muss nur nicht gelitten werden, dass keiner vom Feinde der Festung zu nahe komme, um solche zu recognosciren. Siehet der Commandant nichts als Husaren und Panduren, so kann er gewiss sein, dass er nicht in Form wird attaquiret werden; siehet er aber Infanterie und Grenadiere, so ist es auf den Ernst angesehen. Wegen der Belagerung, so ist die erste Disposition, die das Innerliche der Festung angehet; dar muss die Garnison in drei Theile eingetheilet werden, um dass eines auf der Wache ist, das zweite ruhet aus, das dritte ist des Nachts auf dem Piquet oder hilft die Kanonen auf die Werke bringen und die Werke, so beschädiget sind, repariren. Alles was Schmiede sind müssen angehalten werden Affuten zu repariren, Waffenschmiede die Gewehre zu repariren; die Bürger müssen mithelfen Faschinen machen, Schanzkörbe machen und den bedeckten Weg mit Schanzkörben zu besetzen; Faschinen müssen in der Menge und kleine Schanzkörbe in Vorrath gemacht werden. Bürgerweiber müssen Charpie machen und Bandagen um die Blessirten zu verbinden; auch können sie mit die Blessirten warten. Alle Arbeit, so nicht unter dem Feuer vom Feinde gemacht wird, müssen die Bürger mitthun; damit schonet der Commandant seine Garnison. Er muss imgleichen die Bürger gebrauchen um Feuer zu löschen, wenn solches durch Bomben in der Stadt auskäme; er muss im bedeckten Wege von Gegend zu Gegend kleine <188>Pulver-Magazine in der Erde machen lassen, um das Pulver bei der Hand zu haben, aber nicht stärker ein jedes als zwanzig Centner. Die Bursche, die von der Wache kommen, können ihre Betten in den Casematten haben, wo sie geruhig schlafen können und nichts zu besorgen haben; in den Casernen wären sie vor Bomben nicht sicher.

Was nun die Defension der Werke angehet, so ist das erste zu observiren, wo der Feind die Tranchée öffnen wird. Dieses kann nicht anders als nach dem Ratiborer Thore oder auf der Seite sein, wo der General Nassau die Stadt belagert hat.204-a Um dass der Commandant sich nicht die Ouvertüren der Tranchée surpreniren lässet, muss er des Nachts vor jeder Seite einen Officier und dreissig Mann ohngefähr hundert Schritt vor dem bedeckten Wege heraushaben und kleine Patrouillen Cavallerie von drei Mann zwei hundert Schritt weiter vorschicken; sowie die Lärm hören, müssen die Husaren heranreiten und schiessen, da wird der Feind bald antworten, so ist er entdecket. Alsdann ziehet der Commandant seine Detachements zurück, und muss er auf der Seite, wo der Feind die Tranchée öffnet, welches ohngefähr acht hundert Schritt von dem bedeckten Wege zu sein pfleget, in dem bedeckten Wege drei- oder sechspfündige Kanonen auffahren lassen und aus solchen mit Kugeln auf den Feind feuern, auch aus Doppelhaken nach ihm schiessen lassen, ungleichen Pechkränze weit von dem Glacis werfen lassen, um dass er sehen kann, wo der Feind ist und dass man desto mehr und besser auf ihn schiessen kann. Wenn sich der Feind also declariret hat, so muss er seine Defension auf der Seite darnach einrichten, dergestalt, dass er das Polygon, so attaquiret wird, mit Kanonen besetzet und den bedeckten Weg einen Mann hoch besetzet. Das Kanonenfeuer muss des Tages pur auf den Ort gerichtet sein, wo der Feind seine Batterien machet, um dass die ruiniret werden ehe er sie fertig kriegt und die Arbeit von neuem wieder muss angefangen werden. NB. Zu den eisernen Kanonen müssen die Cartouchen von Parchemin gemachet werden. Die Nacht darauf muss wieder mit Doppelhaken und kleinen Kanonen nach des Feindes Arbeitern gefeuert werden, und einige Ka<189>nonen müssen des Tages so gerichtet werden nach des Feindes Batterie, dass sie des Nachts noch darnach schiessen können. Wenn der Feind so nahe ist, dass er an die zweite Parallele kommt, welches ohngefähr fünf hundert Schritt von dem bedeckten Wege zu sein pfleget, so muss der Commandant kleine Ausfälle thun, von einem Fähnrich und zwanzig Mann, und lassen solche zu unterschiedenen Malen des Nachts ausfallen und auf des Feindes Arbeiter ein paarmal zufeuern und sich dann gleich wieder in die Festung hereinziehen. Wenn er das des Nachts zu unterschiedenen Malen thut, so wird er damit des Feindes Arbeiter dermassen stören, dass nichts die Nacht geschehen wird, und er muss auf nichts bedacht sein, als Zeit zu gewinnen. Wenn solche Ausfälle geschehen, muss der bedeckte Weg wohl besetzet sein; die den Ausfall thun, werden avertiret an welchem Orte sie wieder in den bedeckten Weg herein sollen, und gelüstete es den Feind sie zu verfolgen, so muss ihm ein starkes Feuer von kleinem Gewehr und von Kanonen, mit Kartätschen geladen, entgegen gegeben werden. Mit kleinen Sortien gewinnt der Commandant mehr als mit grossen, er störet den Feind und kann nicht viel dabei verlieren: wenn er aber grosse Ausfälle thun wollte und solche misslingen, so würde er so schwach werden, dass er seine Festung nicht bis zuletzt würde vertheidigen können. Mit dergleichen kleinen Ausfällen und beständigem Feuern der groben Kanonen nach den Batterien muss continuiret werden, bis der Feind seine dritte Parallele gemacht hat. Alsdann vermuthlich wird der Feind die Tête de pont attaquiren, um dass er nachdem eine Batterie jenseits der Oder machen kann, um das attaquirte Polygon von da mit zu beschiessen. Alsdann muss die Tête de pont auf gleiche Art wie die grosse Attaque defendiret werden, nur mit wenigeren Kanonen und Leuten. NB. Wenn die dritte Parallele gemachet ist, so muss er des Tages und Nachts mit den Dreipfündern aus dem kleinen Chemin couvert nach der Parallele, und nach den Sappen mit Kartätschen feuern lassen und mit kleinem Gewehr desgleichen, bis die Sappen gegen den Chemin couvert kommen, alsdann kann er seine Minen gebrauchen, und muss er sehen, wenn ohngefähr der Feind mit seiner Arbeit darauf kommt, dass er sie alsdann <190>springen lässet. NB. Den nächsten Ort vom bedeckten Wege an der Mine ziehet man seine Leute zurück, wenn die Mine soll gesprenget werden, und lässet sie den bedeckten Weg besetzen, sowie sie ihren Effect gethan hat. Wenn endlich der Feind so weit kommt, dass er den Chemin couvert couronniret und Cavaliers auf die Capitalen anfängt zu bauen, so müssen Soldat und Kanonen aus dem bedeckten Wege gezogen werden. Alsdann muss er ein präparirtes Feuer machen; doch können die Lunetten und Caponnieren noch besetzet bleiben. Das präparirte Feuer bestehet hierin, dass er das Ravelin stark mit Infanterie besetzet, zwei Mann hoch, und wie sich der Feind Meister machet vom bedeckten Wege, dass er daraus stark auf ihn feuern lässet, die Kanonen des Hauptwalles gleichmässig, und dann kriegt er dazu das Feuer aus der Caponniere und Lunette in die Flanke, welches ihn sehr incommodiren muss. Ausfälle kann er nicht thun um den bedeckten Weg wieder einzunehmen, wegen des Wassergrabens. Dann muss bei Nacht die Caponniere geräumet werden, wenn man siehet, dass sie nicht weiter haltbar ist; mit Stein-Mortieren wird aus der Stadt nach dem bedeckten Wege die Nacht geworfen, und der Feind arbeitet, um die Batterie nach dem Ravelin und den beiden Hauptfacen des Corps de la place zu machen; da müssen die Kanoniere vom Hauptwalle und das kleine Gewehr aus dem Ravelin alles anwenden um die Arbeit ihm schwer zu machen. Wenn die Batterien des Feindes anfangen zu gehen, so wird viel Geschütz in der Stadt ruiniret werden, und muss der Commandant brav arbeiten lassen, dass er wieder Affuten machen lässet und des Nachts wieder Kanonen auf den Wall aufbringet und frische Schiessscharten einschneidet. Dann wird der Feind anfangen seine Gallerie über den Hauptgraben zu machen; die kann der Commandant mit beständigem Feuer aus den Collateral-Werken aufhalten, auch des Nachts Prahme, die blindiret sind aufs Feindes Seite, mit Mannschaft auf die Gallerie schicken, die auf die Arbeiter feuern, und mit Haken und andern Instrumenten die Gallerie verderben, auch Pech und combustible Materien darauf schmeissen, um die Faschinen damit zu verbrennen, auf dass der Feind gezwungen wird die Arbeit von vorn anzufangen. Wenn die Gallerie auf dem Ravelin fertig <191>ist, so muss der Commandant sein präparirtes Feuer im Abschnitt vom Ravelin fertig haben, die Leute aus dem Werke, das da wird gestürmet werden, zurückziehen und aus dem Abschnitte und vom Wall stark auf die Stürmer feuern lassen. Ist seine Garnison noch stark, so kann er aus dem Abschnitte eine Sortie von beiden Seiten thun und schmeissen den Feind aus dem Werke heraus; er muss sich aber nicht zu sehr opiniatriren das Vordertheil des Ravelins zu behaupten. Wenn das der Feind eingenommen hat und etabliret sich darauf, so bauet er seine Batterien, um auf den Abschnitt zu feuern. Die währen208-a continuiret der Commandant, wie vorhero ist gesaget worden, bis er siehet, dass die Bresche beinahe fertig ist; dann ziehet er des Nachts seine Leute aus dem Wege zurück und retiriret sie in den Wall, lässet nur einzelne Leute, die auf den Feind Granaten werfen, auf dem Corps de la place. Macht er dann von neuem sein präparirtes Feuer nach dem Ravelin zu und, sowie es der Feind stürmet, so lässet er mit kleinem Gewehr, mit Kanonen, mit Kartätschen geladen, darnach schiessen und mit Bomben darnach werfen. Wenn dann der Feind sich endlich hierauf etabliret hat und seine Gallerie nach dem Hauptwalle beinahe fertig hat, so muss der Commandant seine ganze Garnison in den innern Abschnitt ziehen und den stark mit Kanonen und Infanterie-Feuer besetzen, auf dass, wenn der Feind den Wall stürmet, er ihm noch ein präparirtes Feuer aus dem Abschnitte geben kann. Wenn der Sturm vorbei ist und der Commandant hat keine Hoffnung zum Succurs, so muss er sich ergeben und die beste Capitulation mit Honneurs vom Feinde zu bekommen suchen; dabei, nicht zu vergessen, muss er stipuliren den Abzug und den nächsten Weg nach Brieg oder Neisse zu marschiren. Hat er aber Succurs zu hoffen, so muss er alle Extremitäten erwarten, und sowie er siehet, dass das Hülfs-Corps mit dem Feinde an einander ist, so muss er mit dem Meisten seiner Garnison einen starken Ausfall auf die feindlichen Tranchéen thun, um dass der Feind von allen Seiten die Hände voll zu thun hat.

Weil auch die Garnison, wor sie eine gute Gegenwehr thut, pfleget geschwächet zu werden, so muss der Commandant doch <192>dafür sorgen, dass doch immer ein Theil der Garnison zehn Stunden Ruhe hat, sonst werden die Leute von der Müdigkeit so unbrauchbar, dass er nichts mit ihnen anfangen kann.

NB. Sowie Lärm wird und dass der Commandant vermuthen kann, dass er belagert wird, so muss ihm die Breslauer Kriegscasse drei Monate Tractament für die Garnison vorschiessen. Die Bursche kriegen das Brod umsonst, und wenn sie sich gut halten, so ist auch der Commandant auctorisiret, ihnen nach Gutfinden einige Douceurs widerfahren zu lassen.

Fch.


204-a Siehe Band III., S. 144.

208-a Während der Zeit.