<432>Ein andermal erwies sich Friedrich noch nachsichtiger. Ein Soldat in einer schlesischen Garnison, dem bis dahin der Krieg manche willkommene Beute zugeführt hatte, fand bei seinem geringen Traktament wenig Behagen; er suchte sich, seiner alten Gewohnheit treu, auf andere Weise zu helfen. Bald jedoch ward er überführt, daß er mehreres von den silbernen Opferspenden auf einem Muttergottesaltar entwendet habe. Er leugnete indes den Diebstahl hartnäckig und behauptete, die Mutter Gottes, der er seine Not geklagt, habe ihm geheißen, dies oder jenes Stück vom Altar zu nehmen. Das Kriegsgericht fand die Entschuldigung nicht zulässig und verurteilte ihn zu zwölfmaligem Gassenlaufen. Friedrich erhielt das Urteil zur Bestätigung, fand aber — um dem Aberglauben eine kleine Lehre zu geben — für gut, zuvor bei einigen katholischen Geistlichen anzufragen, ob ein solcher Fall möglich sei. Die guten Geistlichen sahen sich, um den Mirakelglauben nicht ganz zu verleugnen, zu der Erklärung genötigt, daß allerdings ein solcher Fall, wie unwahrscheinlich und unglaublich auch das Vorgeben des Soldaten sei, doch wohl geschehen könne. Friedrich schrieb somit zurück, der vorgebliche Dieb solle aus diesen Gründen von seiner Strafe freigesprochen sein: er verbiete ihm aber aufs nachdrücklichste, in Zukunft je wieder ein Geschenk, sei es von der heiligen Jungfrau, sei es von sonst irgendeinem Heiligen, anzunehmen.

Für die Befreiung von all jenen Übeln, welche der Krieg hinterlassen, für die Ausführung der mannigfachen Pläne zum Wohl seines Landes, die Friedrich im Sinne hatte, für die Erhaltung des zahlreichen Kriegsheeres, endlich auch, um neben dem letzteren die nötigen baren Geldmittel auf den Fall eines neuen Krieges stets vorrätig zu haben, waren größere Einkünfte erforderlich, als diejenigen, aus denen Friedrich seither all seine Unternehmungen bestritten hatte. Er wünschte dringend, seine Einkünfte um zwei Millionen Taler zu erhöhen; da aber im Ministerrate die Ansicht ausgesprochen ward, das Land sei zu erschöpft, um mit erhöhten Abgaben belastet zu werden, so entschloß er sich zu der Einführung neuer Einrichtungen, deren Folgen er sich vielleicht nicht in ihrer ganzen Ausdehnung klargemacht hatte, die aber leider nicht geeignet waren, neue Liebe für ihn und Freude bei seinen Untertanen hervorzurufen. Friedrich hatte sich überzeugt, daß die aus den Zöllen fließende Einnahme vorzüglich geeignet sei, einen höheren Ertrag zu gewähren, und daß durch dieselbe, in andern Ländern, der Krone in der Tat ein Gewinn von ungleich größerer Bedeutung zuteil werde. In Frankreich namentlich hatte man damals die Zollkünste zu einer hohen Vollendung gebracht. Dies Beispiel schien zu guten Erfolg zu versprechen, als daß Friedrich sich nicht hätte entschließen sollen, etwas Ähnliches zu versuchen. Da es aber im eigenen Lande an geübten Leuten für die