<398>spornen; der Klang seiner Stimme, die Gewalt seines Auges waren es allein, was ihre Sinne noch frisch, ihr Gemüt noch kräftig erhielt. Aber er selbst erkannte die Gefahr seiner Lage nur zu gut; er sah es ein, daß seine Truppen einem ernstlichen Angriff der übermächtigen Feinde nicht mehr würden widerstehen können. Den Vertrautesten offenbarte er wohl zuweilen seine Stimmung; besonders bei dem alten Zieten, der mit seinen Scharen die Pein des Lagers teilte, suchte er gern Trost. Zieten war ungebeugt und sprach mit Überzeugung seine Hoffnung aus, daß man doch noch einst alles zum guten Ende bringen werde. Friedrich aber, der seine ganze Lage besser überschaute als jener, mochte auf eine so freudige Zukunft kaum noch hinblicken. Einst fragte er Zieten ironisch, ob er sich etwa einen neuen Alliierten verschafft habe. « Nein », antwortete Zieten, « nur den alten da oben, und der verläßt uns nicht. » — « Ach », seufzte der König, « der tut keine Wunder mehr! » — « Deren braucht's auch nicht », erwiderte Zieten, « er streitet dennoch für uns und läßt uns nicht sinken! » — Nur wenige schwere Monden sollten noch vorübergehen und Zietens Wort sich auf eine unerwartete Weise erfüllen.

Die kühne Entschlossenheit, mit der Friedrich seine Stellung im Angesicht der Feinde behauptete, hatte deren Entschlüsse wankend gemacht, so daß sie sich nicht über den Angriff vereinigen konnten. Dazu kam, daß die alte Mißstimmung zwischen Russen und sterreichern aufs neue hemmend hervortrat. Schon war Butturlin empfindlich darüber, daß sich Loudon nicht eher mit ihm vereinigt, daß er ihn bis dahin der Gefahr bloßgestellt hatte, allein von den Preußen angegriffen zu werden; auch mochte er wohl, da die Kaiserin krank lag, dem preußisch gesinnten Thronfolger zu Gefallen, entscheidende Unternehmungen gegen Friedrich vermeiden. Vergebens bemühte sich Loudon, ihn zu einem gemeinschaftlichen Angriff auf das feste Lager der Preußen zu bewegen. Es wird erzählt, daß es ihm nur einmal, bei der Tafel, als der Wein die Gemüter erhitzt hatte, gelungen sei, den russischen Heerführer zum Entschlusse zu bewegen, daß derselbe aber auch diesmal, nachdem er den Rausch ausgeschlafen, alle Befehle zum Angriff widerrufen habe. Aber schon machte sich im feindlichen Heere der Mangel an Nahrungsmitteln, ebenso wie im preußischen Lager, auf eine drückende Weise bemerklich. Noch einmal versuchte Loudon einen entscheidenden Entschluß von seinem Bundesgenossen zu erzwingen; er entwarf eigenmächtig einen Plan zum Angriff und teilte den Russen die nötigen Rollen darin zu. Dies aber verletzte Butturlins Empfindlichkeit im höchsten Maße; er benutzte den Vorwand, den ihm der ausgebrochene Mangel an die Hand geben mußte, und ging, am 10. September, mit seiner Armee nach der Oder ab. Nur