<360>ihr noch immer keine Erwerbung so am Herzen lag, als die von Schlesien. Ebenso vergeblich waren die Versuche, Friedensunterhandlungen mit Frankreich ins Werk zu richten. Zwar hatte der Krieg, neben den übrigen Ausschweifungen des Hofes, die Finanzen des französischen Staates bereits im höchsten Grad zerrüttet, zwar bezeigte sich in der Tat der Hof von Versailles den Anerbietungen, welche England machte, nicht abgeneigt; als aber England erklärte, daß Preußens Integrität die unerläßliche Bedingung eines jeden Friedensschlusses sei, da ward alles wiederum abgebrochen. Noch spielte die Mätresse des Königs, die der fortgesetzten Verachtung von Seiten Friedrichs eben nur immer glühenderen Haß entgegenzusetzen wußte, frechen Mutes mit dem Glücke des französischen Volkes; noch gab sie auf alle warnenden Stimmen jene Antwort zurück, die in wahnsinnigem Übermut das Schicksal herausforderte und die dereinst so furchtbar in Erfüllung gehen sollte: « Nach uns die Sündflut! » — So konnte es nicht fehlen, daß, statt des ersehnten Friedens, das kriegerische Bündnis zwischen Frankreich, Österreich und Rußland, oder richtiger — denn es handelte sich ja nicht um die Interessen der Völker, sondern nur um die Befriedigung persönlicher Leidenschaften — das Bündnis zwischen der Pompadour, Maria Theresia und Elisabeth nur fester geschlossen ward.

Für Friedrich aber blieb somit, außer der Hilfe, die England ihm gewährte, keine weitere Hoffnung übrig, als die in der Überlegenheit seines eignen Geistes, in dem unerschrockenen Mute, den er seinen Scharen einzuflößen wußte, und in dem Umstande beruhte, daß er schon seither in den Unternehmungen der Gegner nicht eben allzu große Übereinstimmung bemerkt hatte. Alle Mittel, die ihm nun zu Gebote standen, wurden nunmehr zu neuen Rüstungen angewandt. Doch konnte er sich nicht entschließen, seinen eignen Untertanen, die schon genug durch den Krieg zu leiden hatten, besondre Abgaben zu diesem Zwecke aufzubürden; dagegen mußten Sachsen, Mecklenburg, auch die anhaltischen Fürstentümer außerordentliche Lieferungen machen und starke Kontributionen bezahlen. Sie mußten zugleich Rekruten stellen; doch reichten diese, auch die neuen Mannschaften, die aus dem eigenen Lande zur Armee stießen, lange nicht hin, um das zusammengeschmolzene Heer wieder vollzählig zu machen; über das ganze deutsche Reich ward zugleich ein förmliches Werbesystem für die preußischen Armeen ausgebreitet, und auch die kriegsgefangenen Österreicher mußten sich zum preußischen Dienste bequemen. Zu der letzten Maßregel schritt Friedrich, seit das Wiener Kabinett sich ermüßigt gesehen, die Auswechselung der Gefangenen zu verbieten. Bei alledem aber hatte Friedrich bei der Eröffnung des neuen Feldzuges kaum 90,000 Mann zusammengebracht, während seine unmittelbaren Gegner ihm mehr als 200,000 Mann entgegensetzen konnten. Zugleich waren es